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Der plötzliche Tod des Firmengründers Erhard Junghans sen. im Jahr 1870 trifft die Firma mitten in der kritischen Aufbauphase. Beherzt nimmt die Witwe Luise Tobler die Firmengeschicke in die Hand. Da ihre Söhne Erhard und Arthur noch zu jung für die Geschäftsleitung sind, ernennt sie kurzerhand den bisherigen Assistenten Ihres Mannes Paul Landenberger zum Prokuristen. Der erweist sich als Glückgriff. Zumal er sich wenig später in Frida Junghans verliebt und bald zur Familie gehört. Erhard, der auch noch eine Strohhutfabrik leitet muss parallel schon im kaufmännischen Bereich von Junghans mitarbeiten. Arthur, dessen geniales technisches Talent sich schon früh zeigt, wird erst einmal nach Amerika geschickt um dort die neuesten Produktionstechniken auszuspionieren. Als er von dort zurückkommt hat er große Pläne für die Massenfertigung von Uhren und Weckern in der Tasche. Der Grundstein für die Entwicklung zur größten Uhrenfabrik der Welt ist gelegt. Denn nichts Geringeres hat Arthur Junghans im Sinn. Der Weg dorthin ist jedoch gepflastert mit wirtschaftlichen Rückschlägen, wachsenden Streitigkeiten zwischen den Brüdern und einem gnadenlosen Wettlauf um Marktanteile und die besten Produkte. Denn der größte Wettbewerber sitzt keine 500 Meter entfernt. Es ist Paul Landenberger der Junghans im Streit verlassen hat und nun selbst eine Uhrenfabrik im großen Stil aufbaut.
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Seitenzahl: 76
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Luise Junghans-Tobler (Frau von Erhard I, Mutter von Erhard II, Arthur und Frida), hatte insgesamt 4 Söhne und 4 Töchter.
Erhard Junghans II, geb. 1849, jung Geschäftsführer Strohhutfabrik, später kaufmännischer Geschäftsleiter Junghans Uhrenfabrik.
Arthur Junghans, geb. 1852, jung technischer Geschäftsführer, später Gesamtdirektor Junghans Uhrenfabrik.
Frida Junghans, geb. 1851, jung Schwester von Arthur und Erhard II, später Frau von Paul Landenberger.
Paul Landenberger, geb. 1848, jung Prokurist Junghans Uhrenfabrik, später Direktor der Hamburg-Amerikanischen Uhrenfabrik und Ehemann von Frida Junghans.
Erwin Junghans, ältester Sohn von Arthur Junghans.
Oskar Junghans, Sohn von Arthur Junghans.
Melchior, jung erst Schuhmacher, dann später Privatchauffeur von Arthur Junghans.
Christoph, ein junger Bursche aus Tennenbronn auf dem Weg an den Rhein.
Speckhart, berühmter Uhrmacher aus Nürnberg.
Schankmädchen aus der Braustube.
5 Ausrufer auf der Weltausstellung.
Verschiedene Laudatoren.
Vorspiel 1870, Geißhalde
1. Szene, 1870
2. Szene, 1872
3. Szene, 1874
4. Szene, 1875
5. Szene, 1876
6. Szene, 1882
7. Szene
Pause. Zeitsprung. Ab hier ältere Schauspieler.
8. Szene, 1893
9. Szene, 1896
10. Szene
11. Szene, 1900
12. Szene, 1901
13. Szene, 1904
14. Szene, 1908
15. Szene
16. Szene, 1910
17. Szene, 1914
18. Szene, 1918
19. Szene, 1920
Melchior sitzt mit einem Krug Bier vor seinem Laden und wartet auf Kundschaft. Christoph aus Tennenbronn kommt vorbei, hockt sich auf die Bank neben ihm um kurz zu verschnaufen. Seine Trinkflasche ist leer. Er starrt auf Melchior, der sich entspannt ein Glas eingießt (groß spielen) und es komplett runterkippt.
Melchior:
Ahhh!
Christoph rückt etwas näher. Man sieht ihm den Durst an. Er tupft sich den Schweiß von der Stirn. Melchior gießt sich erneut ein, sehr genüsslich, reagiert nicht auf Christoph. Der rückt noch näher, spielt mit seiner Flasche herum, dreht sie auf den Kopf. Es kommt nichts heraus. Jetzt bemerkt Melchior seinen Durst, schiebt ihm den Krug hin. Christoph nimmt den Krug und trinkt direkt daraus, schüttet es in sich hinein. Beim ersten absetzen – immer wenn Christoph trinken will stellt Melchior eine Frage.
Melchior:
Langen Weg gehabt?
Christoph:
Mhh mhh (
Setzt kurz ab, setzt wieder an zu trinken).
Melchior:
Wo kommsch denn her?
Christoph:
Tnnnbrn (
Setzt kurz ab, setzt wieder an zu trinken).
Melchior:
Wo willsch na?
Christoph:
Weiter Richtung Rhein (
Setzt wieder an zu trinken).
Melchior:
Was, zu de Gelbfiassler! Warum?
(Entsetzt).
Christoph:
Will mi zur Armee melda. Mei Bruder hat da Hof übernomma und kei Platz me für mi. In Wolfach solls a Meldestell geba.
Melchior:
Warum willsch di totschieße lasse, wenn d net muscht. Bischt no ganz bacha? Den Krieg hat uns der Bismarck mit seine Preuße eibrockt den soll der jetzt selber zu end bringa.
Christoph:
Aber i brauch was im Maga und dafür brauch i Geld.
Melchior:
Wenn de tot bisch kannsch es nemme ausgeba. Für aa anständiga lohn muscht net so weit hatsche. In Schramberg gibt’s gnug zom schaffe.
Christoph:
Wo? Ufm Baurahof? Was soll ma hier sonscht macha als Bäum fälla? Was anneres hen ihr hier doch et.
Melchior:
Denksch du! Jetzt drehsch dich mal um und liesch was da an dem Haus stoht.
Christoph:
Gedrüber Junghaus.
Melchior:
Gebrüder Junghans.
Christoph:
Un nu?
Melchior:
Die machet Uhre!
Christoph:
Sind des Uhrmacher? I ka it schnitze.
Melchior:
Brauchsch net schnitze. Des isch a Fabrik und koi Heimarbeit. Die drehat a ganz großes Rad. Die verkaufet Uhra von England bis nach Italien.
Christoph: .
Und die brauchet so eun wie mi? I hab doch nix glernt.
Melchior:
(Nimmt zwei Gläser)
Stapel die amol uffanander!
Christoph:
Häh?
(Er stapelt sie aufeinander).
Melchior:
Wenn de des nabringsch, kannsch au a Uhr zammastecka.
Christoph:
Na, i weiß net. Und wenn i da was falsch mach? Dann läuft d‘Uhr rückwärts.
Elisabeth kommt des Wegs mit einer großen Bierkanne.
Christoph kriegt große Augen.
Elisabeth:
Na, Melchior, brauchscht Nachschub?
Melchior:
Ja gib her, der Kerl da hat n Durscht wie a Gaul.
Elisabeth füllt etwas in den Krug von Melchior.
Elisabeth:
Da Rescht isch für die Farbrikarbeiter, ischt ja glei Schichtwechsel.
Geht los. Christoph starrt ihr hinterher.
Christoph:
Wer war etzt des?
Melchior:
Des isch d‘Tochter vom Braumeischter aus em Schraivogel.
Christoph:
Wenn i mirs recht überleg. Vielleicht könnt is amol oa, zwoa Täg probiera do drüba.
Melchior:
Glei kommt einer im Anzug naus, des isch da Landenberger, der stellt die Leut hier ei.
(Gespräche der Arbeiter im Hintergrund, erzählen was sie so machen. Landenberger kommt raus
.)
Landenberger:
Seid a mal ruhig. Hey. Ruhe bitte jetzt.
Die Gespräche verstummen.
Landenberger:
Die Fabrik schließt für heute. Ich muss euch leider mitteilen, dass unser hoch verehrter Herr Direktor Erhard Junghans soeben nach kurzer schwerer Krankheit verstorben ist.
Betroffenes Schweigen. Vorhang.
Wohnzimmer der Familie Erhard Junghans sen.
Luise Tobler in Trauerkleidung am Tisch, sie blättert in Bilanz-Büchern und macht sich Notizen. Tochter Frida kommt dazu ebenfalls in Trauerkleidung.
Frida:
Mutter was machst du da? Warum bist du so früh wach, noch vor dem Personal?
(Luise sieht nur kurz auf und wendet sich dann wieder den Büchern zu)
Hast du schon wieder die Nacht durchgearbeitet? Die Beerdigung von Papa ist noch keine drei Wochen her. (Wieder keine Antwort) Soll ich dir einen Kaffee bringen?
Luise:
Das wäre nett. Danke.
Frida ab. Luise arbeitet weiter. Frida mit einer Kanne Kaffee zurück.
Frida:
Was wird jetzt aus der Uhrenfabrik? Ohne Papa? Müssen wir uns große Sorgen machen, Mutter?
Luise:
Ja, das müssen wir - die Lage ist ernst. Wir haben zu wenig Rücklagen. Eine Unterbrechung der Uhrenproduktion können wir uns nicht erlauben. Und
Erhard und Arthur sind noch zu jung und zu unerfahren, um so eine Verantwortung zu übernehmen. Außerdem musste Arthur seine Ausbildung abbrechen um seinen Kriegsdienst zu verrichten. Wenn wir keinen technisch versierten Nachfolger finden, der das Geschäft weiterführt, verlieren wir alles.
Frida:
Das ist ja schrecklich!
Luise:
Aber ich habe einen Plan.
Frida:
Verrätst du ihn mir?
Luise:
Du wirst es noch früh genug erfahren. Aber jetzt schick mir Paul Landenberger herein. Er müsste schon draußen warten.
Frida:
Paul ist schon… äh Herr Landenberger ist schon hier im Haus? Und ich weiß nichts davon?
Luise:
Jetzt weißt du es ja.
Frida geht nach draußen und kommt kurz darauf mit einem jungen, stattlichen Mann zurück. Sie tauschen vielsagende Blicke.
Luise:
Danke Frida, du kannst uns jetzt alleine lassen.
(Betont)
Danke Frida!
(Nachdem Frida gegangen ist)
Setzen sie sich, Herr Landenberger.
Landenberger:
Grüß Gott, Frau Junghans, ich bin gekommen so schnell ich konnte.
Luise (ernst):
Herr Landenberger. Sie arbeiten jetzt schon seit 1868, also seit zwei Jahren für Junghans. Davon ein Jahr im technischen Bereich als rechte Hand meines Mannes.
Landenberger:
Das stimmt. Mein Beileid nochmal.
Luise:
Mein Mann hat sie sehr geschätzt, das weiß ich.
Landenberger:
Vielen Dank.
Luise:
Wie sie wissen, habe ich jetzt die Geschäftsleitung übernommen. Die letzten Tage habe ich genutzt, um mich ausgiebig mit den Büchern und Bilanzen zu befassen. Sorge bereiten mir die dünne Kapitaldecke und der große Kostenblock unserer Löhne. Bei ihnen sind es jeden Monat vierundachtzig Gulden.
Landenberger:
(Erschrocken)
Werden meine Bezüge gekürzt?
Luise schweigt.
Landenberger:
Werde ich jetzt entlassen?
Luise:
Ich glaube, dass wir keinen Mitarbeiter verlieren werden, auch sie nicht, wenn es uns gelingt, einen technisch versierten Mann zu finden, der unsere Fertigung weiter verbessert und vor allem schneller macht. Die Nachfrage ist da, nur können wir oft nicht liefern.
Landenberger:
An wen haben sie gedacht, Frau Junghans?
Luise:
Kennen sie jemanden?
Landenberger:
(Verunsichert)
Es müsste jemand sein, der sich mit Mechanik auskennt und der schon Erfahrung aus der Uhrenfertigung mitbringt und in einer Führungsposition gearbeitet hat.
Luise:
Unbedingt!
Landenberger:
Es sollte ein untadeliger, vertrauenswürdiger Mann sein, der loyal ist und sich ganz in den Dienst der Firma stellt.
Luise:
Das würde ich erwarten.
Landenberger:
Er müsste sofort verfügbar sein und sollte nicht von allzu weit herkommen.
Luise:
Das wäre von Vorteil.
Landenberger:
Ehrlich gesagt, so jemand kenne ich nicht.
Luise:
Ehrlich gesagt, ich kenne jemand, dem ich es zutrauen würde und den auch sie kennen.
Landenberger:
Wen meinen sie? Spannen sie mich nicht länger auf die Folter.
Luise:
Aber er ist zu bescheiden um sich selbst zu empfehlen.
Landenberger:
(Verblüfft)
Sie. Sie meinen mich? Aber ich bin erst 23.
Luise:
Genau. Drei Jahre älter als meine Söhne. Also wollen sie?
Landenberger:
Aber natürlich. Ja! Selbstverständlich.
Luise:
Sie bekommen außerdem Prokura. Ich vertraue ihnen. Und wenn ich mich nicht in ihnen getäuscht habe, können wir ihr Gehalt bald auf 500 Gulden erhöhen.
Landenberger:
Vielen Dank. Sie sind zu freundlich, Frau Junghans. Vielen Dank. Ich werde sie nicht enttäuschen.
Luise:
Dann ist es abgemacht. Sie übernehmen die technische Leitung und berichten immer mir direkt. Und jetzt seien sie so gut und schicken sie mir Erhard herein.
Landenberger ab. Erhard Junghans ein zweiundzwanzigjähriger, lässig gekleideter junger Bursche mit Strohhut kommt herein. Er hat mehrere Strohhüte dabei.
Erhard:
Mutter, da bin ich!
Luise: