Die verbotene Sehnsucht der Wüstenprinzessin - Annie West - E-Book

Die verbotene Sehnsucht der Wüstenprinzessin E-Book

Annie West

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Beschreibung

Einzige Bedingung: kein Sex! Prinzessin Samira vereinbart eine reine Zweckehe mit ihrem guten Freund Prinz Tariq. Denn sie wünscht sich sehnlichst Kinder, er braucht eine Mutter für seine Zwillinge – mehr nicht. Bis unerwartet sinnliches Verlangen in Samira erwacht …

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Seitenzahl: 176

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IMPRESSUM

Die verbotene Sehnsucht der Wüstenprinzessin erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Annie West Originaltitel: „The Sheikh’s Princess Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 411 - 2016 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Dorothea Ghasemi

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2021.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751513241

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

Samira konnte den Blick nicht von den beiden dunkelhaarigen Kleinkindern abwenden, die auf der anderen Seite des luxuriösen Hotelfoyers spielten. Unter dem aufmerksamen Blick einer Frau mittleren Alters hatte sich einer der kleinen Zwillingsjungen gerade an einem Sofa hochgezogen. Auf wackeligen Beinchen stand er da und strahlte stolz über sein ganzes Gesicht. Prompt versuchte sein Brüderchen, sich ebenfalls hinzustellen …

Es fiel Samira schwer, sich auf Celeste zu konzentrieren, die ihr gerade von dem neuen Sternerestaurant mit dem fantastischen Blick auf den Eiffelturm erzählte.

Im Augenblick krampfte sich allein bei dem Gedanken an Essen ihr Magen zusammen.

Samira beobachtete, wie eines der Kleinkinder unsanft auf dem Po landete und sofort fürsorglich von der Frau hochgehoben wurde. Samira blinzelte und wandte sich ab.

Leer. Genauso fühlte sie sich. Sie würde nie eigene Kinder haben, das hatte der Arzt ihr unmissverständlich zu verstehen gegeben. In den vergangenen vier Jahren hatte sie sich erfolgreich bemüht, ihr Leben neu zu ordnen, doch nichts vermochte den Schmerz in ihr auszulöschen.

„Ich freue mich so, dass Sie heute Abend zur Auktion kommen können.“ Celeste beugte sich zu ihr herüber, und Samira widmete ihre Aufmerksamkeit wieder der hübschen Pariserin. „Die Bieter werden begeistert sein, die Prinzessin kennenzulernen, die hinter dem fantastischen neuen Modelabel steht. Und Ihre Schenkung wird bestimmt eine hohe Summe erzielen.“

Samira lächelte routiniert, obwohl es ihr schwerfiel, bei der Anspielung auf ihre gesellschaftliche Stellung nicht zusammenzuzucken. Als Tochter des ehemaligen und Schwester des jetzigen Sultans von Jazeer wusste sie nur zu gut, dass man als Mitglied eines Königshauses nicht automatisch glücklich sein musste.

Dann rief sie sich ins Gedächtnis, dass sie ein Vernunftmensch war. Ihr erfolgreiches Modelabel profitierte natürlich von ihrer aristokratischen Herkunft. Ihre Kundinnen zählten zu den reichsten der Welt und schätzten ihre Diskretion und die Exklusivität ihrer Modelle. Sie hatte also viel mehr, als die meisten Frauen sich erträumten – Unabhängigkeit, Erfolg, Geld. Also, warum sehnte sie sich nach mehr?

Aber sooft sie sich auch vor Augen führte, dass sie sich glücklich schätzen konnte, der tiefe Schmerz ließ sich nicht vertreiben. Samira biss sich auf die Lippe. Sie würde damit fertig werden!

„Ich freue mich auf die Wohltätigkeitsgala, Celeste“, erklärte sie energisch. „Wie läuft die Auktion ab, und was soll ich tun?“

Celeste erklärte es ihr und fügte dann hinzu, dass es für sie die ideale Gelegenheit wäre, die gesellschaftliche Elite Europas kennenzulernen. Die Aussicht darauf konnte Samira allerdings nicht begeistern. War das etwa alles? Lange Arbeitstage, gefolgt von gesellschaftlichen Ereignissen, auf denen sie Kontakte knüpfte, sich für karitative Zwecke engagierte und sich trotzdem leer und einsam fühlte?

Energisch verdrängte Samira die trüben Gedanken, die schon so lange ihr Leben beherrschten, und lehnte sich in ihrem Sessel zurück. Zum ersten Mal seit Tagen, wie es ihr schien, entspannte sie sich ein wenig.

Das musste es sein. Sie war erschöpft. Am Vortag hatte sie eine Kundin in Südamerika besucht, anschließend einen Zwischenstopp in New York eingelegt und war erst vor einer Stunde in Paris gelandet.

Im nächsten Moment registrierte sie eine Bewegung, und ihr Blick fiel auf eine große Gestalt, die mit energischen Schritten das Foyer durchquerte. Obwohl der Mann einen eleganten Maßanzug trug, merkte Samira ihm sofort an, dass er nicht in die Luxuswelt dieses Pariser Hotels passte. Dieser Fremde schien einer ursprünglicheren Welt anzugehören, in der Kristalllüster und filigrane Beistelltische nur überflüssiger Tand waren. Er überragte alle anderen Männer, war unglaublich breitschultrig und bewegte sich dennoch geschmeidig wie ein Athlet.

Gerade als Samira sich wieder zu ihrer Gesprächspartnerin umdrehen wollte, stieß einer der kleinen Jungen einen Freudenschrei aus und krabbelte auf den Fremden zu. Lachend beugte der Mann sich hinunter und hob beide Kinder hoch, um sie dann an sich zu drücken und ihnen etwas ins Ohr zu murmeln. Erneut lachte der fremde Mann laut auf, und etwas in diesem Lachen bahnte sich den Weg in Samiras Herz und vertrieb einen Teil der Kälte in ihrem Inneren.

Im nächsten Augenblick durchzuckte sie ein heftiger Schmerz, und unwillkürlich umklammerte sie die Sessellehnen. Sie würde nie Kinder, nie eine Familie haben. Und was einen Partner betraf … Das erschien ihr so absurd, dass sie scharf ausatmete.

„Alles in Ordnung, Samira?“

„Ja.“ Samira schenkte Celeste ein strahlendes Lächeln. „Der Abend wird bestimmt ein großer Erfolg.“

„Dank Ihnen und den anderen Spendern.“ Celeste machte eine Pause und blickte sich im Foyer um. „Ah, da ist einer von ihnen.“ Schnell strich sie sich das blonde Haar aus dem Gesicht und ihren kurzen Rock glatt, bevor sie sich zu ihr herüberbeugte. „Wenn wir eine Nacht mit ihm versteigern könnten, würden wir ein Vermögen einnehmen. Da würde ich sogar das Höchstgebot abgeben.“

Samira wusste sofort, wen Celeste meinte. Es konnte nur der fantastische Vater der beiden Jungen sein, der in dem eleganten Anzug so lässig wirkte, dass sogar ihre schlummernde Libido erwachte. Trotzdem traf es sie unvorbereitet, als er sich umwandte und sie sein Gesicht sah, das mit der hohen Stirn, den scharfen Wangenknochen, der markanten Nase und dem energischen Kinn gleichermaßen gefährlich und sexy wirkte.

Und ihr bekannt vorkam. Wieder atmete sie scharf ein, als sie den Mann erkannte, den sie schon seit Jahren nicht mehr gesehen hatte, den Mann, der ihr einmal fast so nahegestanden hatte wie ihr Bruder Asim.

Die unterschiedlichsten Gefühle wallten in ihr auf. Aufregung und Freude, Bedauern und Schmerz und schließlich so etwas wie unverhohlenes Verlangen, was sie seit vier Jahren nicht mehr verspürt hatte.

„Ach, ich hatte ganz vergessen, dass Sie ihn bestimmt kennen“, riss der Klang von Celestes Stimme sie aus ihren Gedanken. „Scheich Tariq von Al Sarath.“ Sie seufzte tief. „Für einen Mann wie den würde ich sogar ein paar Kinder aufnehmen. Nicht, dass ich irgendeine Chance hätte. Angeblich hat er seit dem Tod seiner Frau keine andere mehr angesehen.“

Nachdem sie Tariq und seine Söhne mit einem letzten Blick bedacht hatte, drehte Samira sich ganz bewusst zu ihrer Gesprächspartnerin um, ohne deren Geplauder jedoch richtig wahrzunehmen. Früher einmal hatte sie Tariq für ihren Freund gehalten. Sie hatte zu ihm aufgeblickt und ihm vertraut. Aber dann hatte er sich so plötzlich von ihr abgewandt, dass sie sich gefragt hatte, was sie getan hatte oder ob er sie einfach nur vergessen hatte, als er Scheich geworden war. Auch als sie vor vier Jahren durch die Hölle ging, hatte sie kein Wort von ihm gehört.

Seltsam, wie sehr es sie immer noch verletzte.

Tariq befand sich erst wenige Minuten in dem Festsaal, als sein sechster Sinn plötzlich Alarm schlug. Noch während er die anderen Gäste begrüßte, ließ er den Blick über die Menge schweifen. Er hatte schon seit seiner Rückkehr ins Hotel am frühen Nachmittag das unbestimmte Gefühl gehabt, dass irgendetwas nicht stimmte, und das gefiel ihm nicht, denn er hatte gern alles unter Kontrolle.

Plötzlich entstand eine Lücke, und sein Blick fiel auf etwas Rotes: ein umwerfendes Kleid, das weibliche Hüften und einen herrlich runden Po betonte. Der tiefe Rückenausschnitt offenbarte goldbraune Haut, die Tariq an die Wüste bei Sonnenaufgang erinnerte. Das glänzende schwarze Haar war zu einer kunstvoll lässigen Frisur hochgesteckt, die einen eleganten Nacken unterstrich.

Instinktiv reagierte sein Körper auf den Anblick der rot gekleideten Fremden, was Tariq schockierte. Er schluckte, während sein Herz schneller zu pochen begann. So ungestüm hatte er schon seit Jahren nicht mehr empfunden. Irritiert runzelte er die Stirn.

Als die Frau sich nun umwandte, betrachtete er noch einmal das bodenlange, enganliegende Kleid, das die Fantasie jedes Mannes anregte. Unwillkürlich machte Tariq einen Schritt auf sie zu. Als sein Blick dabei zu ihrem Gesicht glitt, blieb er unvermittelt stehen und hielt den Atem an.

Samira.

Langsam atmete er wieder aus. Dies war allerdings nicht die Samira, die er kannte, sondern eine ganz andere Frau – selbstsicher, erfahren und sexy. Eine Frau, die Spuren hinterließ.

Wider besseres Wissen fühlte er sich zu ihr hingezogen. Dann rief er sich allerdings all die Gründe ins Gedächtnis, warum sie nicht zu ihm passte, und wandte sich zu der hübschen Blondine zu seiner Rechten um, die ein knappes goldenes Paillettenkleid trug und ihn hoffnungsvoll ansah.

Minuten später schmiegte die Blondine sich an ihn, die Hand besitzergreifend auf seinem Arm und einen unmissverständlichen Ausdruck in den Augen. Tariq rang sich ein Lächeln ab, doch seine Aufmerksamkeit galt einer anderen.

Von der anderen Seite des Saals betrachtete Samira heimlich Tariq. Dass man ihn auf dieser Wohltätigkeitsveranstaltung für die Kinderhilfsorganisation zum Redner ernannt hatte, lag nahe, denn er war der geborene Anführer. Selbstsicher, redegewandt und witzig, schlug er die Gäste in seinen Bann. Die Männer hingen an seinen Lippen, während die Frauen ihn fasziniert betrachteten.

Samira erinnerte sich an den schlaksigen Jugendlichen, der immer so nett zu ihr, der kleinen Schwester seines Freundes, gewesen war. Dieser Tariq jedoch hatte ein unglaubliches Charisma und war von einer Aura der Macht umgeben, die er zweifellos während seiner Amtszeit als Scheich erworben hatte. Er trug einen Smoking, der seine muskulöse Statur betonte, und sie konnte den Blick nicht von ihm abwenden.

Als plötzlich heftiges Verlangen in ihr aufwallte, schluckte sie und ließ den Blick zu seinem markanten, attraktiven Gesicht gleiten. Das humorvolle Funkeln in seinen Augen erinnerte sie daran, wie er mit seinen kleinen Söhnen umgegangen war – liebevoll und geduldig.

In dem Moment wurde ihr schlagartig klar, was sie wollte. Was sie brauchte. Sie sehnte sich nach einer Familie. Nach Kindern, die sie lieben und umsorgen konnte. Einem Partner, dem sie vertraute und den sie respektierte und mit dem sie ihr Leben teilte.

Während sie Tariq betrachtete, wurde ihr bewusst, dass es für sie eine Möglichkeit gab, Teil einer Familie zu werden. Es war die perfekte Lösung für ihre unerträgliche Situation, und das nicht nur für sie, sondern für alle Beteiligten. Wenn sie den Mut hatte, es umzusetzen.

Die Vorstellung war so ungeheuerlich, dass Samira plötzlich schwankte und sich ihr die Kehle zuschnürte.

„Ist alles in Ordnung?“ Celeste, die neben ihr stand, umfasste besorgt ihren Ellbogen.

„Ich …“ Wieder schluckte Samira. „Ja, danke. Ich bin nur etwas erschöpft.“

Celeste nickte und betrachtete wieder Tariq. „Er ist wirklich beeindruckend, stimmt’s? Wenn er kein König wäre, hätte man ihn bestimmt längst als Model entdeckt.“

Samira presste sich die Hand auf den Bauch und hörte nur mit halbem Ohr zu. Die innere Stimme des Selbstzweifels, die die ersten fünfundzwanzig Jahre ihres Lebens bestimmt hatte, sagte ihr, dass sie verrückt war, weil sie etwas haben wollte, was sie nie bekommen würde. Dann besann Samira sich jedoch auf ihre Stärke, die sie nicht zuletzt dank ihrer Familie in den vergangenen vier Jahren entwickelt hatte.

Sie wusste, was sie wollte. Warum sollte sie es sich nicht holen? Instinktiv schreckte sie allerdings davor zurück. Es war nicht ihr Stil. Sie hatte schon einmal ihre Herkunft geleugnet und gegen alle Konventionen verstoßen, und es hatte in einer Katastrophe geendet.

Aber was hatte sie zu verlieren?

Samira betrachtete sich in der verspiegelten Wand des Aufzugs und strich erst ihre braune Kostümjacke und dann den Rock glatt. Die cremefarbene Bluse, die sie dazu trug, war eher geschäftsmäßig als feminin, doch sie befand sich auf dem Weg zu einem Geschäftstreffen.

Dem wichtigsten Geschäftstermin ihres Lebens.

Wenige Minuten später stand sie vor der Tür der Präsidentensuite, die von einem Sicherheitsbeamten in dunklem Anzug bewacht wurde.

„Hoheit.“ Er verneigte sich, bevor er die Tür zum Foyer der Suite öffnete.

Ein weiterer Sicherheitsbeamter begrüßte sie und führte sie in ein elegantes Wohnzimmer mit einem herrlichen Blick auf Paris. Nachdem sie sein Angebot, Platz zu nehmen und etwas zu trinken, höflich abgelehnt hatte, zog er sich diskret zurück, und sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. Sie war pünktlich. Um ihre Nervosität zu bekämpfen, atmete sie tief durch – vergeblich, denn ihre Zukunft hing von diesem Gespräch ab.

Wenn sie scheiterte … Nein, das wollte sie sich nicht einmal vorstellen. Sie würde Tariq klarmachen, wie vernünftig ihre Idee war. Energisch vertrieb sie ihre Zweifel und ging zu der Fensterfront.

„Samira.“

Erschrocken wirbelte sie herum. Das Herz klopfte ihr bis zum Hals. Da stand er. Ihr stockte der Atem und sie fühlte sich plötzlich zurückversetzt in jenes letzte Jahr, bevor sich Tariq aus ihrem Leben zurückgezogen hatte. Damals war sie fast eine Frau gewesen und hatte den besten Freund ihres Bruders plötzlich als Mann wahrgenommen. Als Mann, der beängstigende Reaktionen in ihr weckte …

Samira atmete tief ein, schockiert über das erregende Prickeln, das sie nun überlief. Sie war nicht mehr der naive Teenager von damals.

„Tariq.“

Wie hatte sie je seine unergründlichen dunkelgrünen Augen vergessen können? Tariqs Miene war schwer zu deuten.

Freute er sich über ihr Kommen oder war er verärgert, weil sie es geschafft hatte, so kurzfristig ein Treffen mit ihm zu arrangieren? Ihre Schläfen begannen zu pochen. Der Tariq, an den sie sich erinnerte, war unendlich geduldig und freundlich gewesen, obwohl sie ihn und Asim bestimmt oft genervt hatte.

„Wie geht es dir, Samira?“ Er kam herein und betrachtete sie forschend, als würde er ihre routinierte Fassade durchschauen und ihre Nervosität erahnen.

„Sehr gut, danke.“ Als er ihr bedeutete, sich zu setzen, nahm sie erleichtert auf dem eleganten Sofa Platz, denn sie hatte ganz weiche Knie.

Tariq brachte sie noch mehr aus der Fassung, als sie befürchtet hatte. Nicht nur, weil er ihren Vorschlag annehmen oder ablehnen konnte, sondern weil er längst verschüttete Gefühle in ihr weckte. Als wären die vergangenen vier Jahre nicht gewesen, mehr noch, als wäre sie wieder siebzehn und würde gerade erst ihre Sexualität entdecken. Das Blut stieg ihr ins Gesicht.

„Und wie geht es dir, Tariq? Die Gäste haben deine Rede gestern Abend sehr positiv aufgenommen.“ Sie verstummte, als ihr bewusst wurde, dass sie drauflosredete, um ihre Nervosität zu überspielen.

„Auch gut. Der Abend war wirklich ein voller Erfolg. Hast du dich amüsiert?“ Er setzte sich auf das Sofa ihr gegenüber und streckte die langen muskulösen Beine aus, sodass sie fast versucht war, ihre eigenen Beine ein Stück zurückzuziehen.

Samira setzte ihr charmantestes Lächeln auf. „Es war sehr viel los, aber das Ergebnis war es wert.“ Ihre Spende – zwei Abendkleider – hatten viel höhere Gebote erzielt, als Celeste zu hoffen gewagt hatte.

„Bleibst du lange in Paris?“ Sein forschender Blick verlieh der eigentlich harmlosen Frage eine tiefere Bedeutung.

Samira erschauerte. Und plötzlich stieg Panik in ihr auf bei der Vorstellung, wie er reagieren würde. Aber sie musste den Mut aufbringen, für das zu kämpfen, was sie sich ersehnte. Schließlich stammte sie von Kriegern ab, das durfte sie nicht vergessen.

„Ich weiß nicht, wie lange ich bleiben kann.“ Mit zittrigen Fingern strich sie ihren Rock glatt. „Es kommt darauf an.“ Da er nicht darauf einging, veränderte sie nervös ihre Position. „Das mit deiner Frau tut mir sehr leid.“ Sie hatte einige Zeilen zu Asims Beileidsschreiben hinzugefügt, nachdem Tariqs Frau bei der Geburt gestorben war, doch sie war ihm danach noch nicht persönlich begegnet.

Sie hatte ihn seit zwölf Jahren nicht mehr gesehen. Seit jenem Winter, als sie siebzehn geworden war und seine plötzliche Abreise ihr den Boden unter den Füßen weggerissen hatte. Er hatte sogar Asims Hochzeit vor drei Jahren verpasst, weil er mit einer akuten Blinddarmentzündung im Krankenhaus gelegen hatte.

Nun nickte Tariq, ohne den Blickkontakt zu unterbrechen. „Danke.“

Einen Moment lang herrschte Schweigen. „Ich habe deine Jungen gestern im Foyer gesehen“, sagte Samira, die plötzlich ihre einstudierten Worte vergaß. „Sie scheinen sehr glücklich zu sein.“

Wieder nickte er. „Das sind sie.“

„Und sehr lebhaft.“

„Ja, sie sind immer in Bewegung, es sei denn, sie schlafen.“ Ein Lächeln umspielte seine Lippen, und auf einmal wirkte er nicht mehr wie ein Fremder, sondern wie der Freund von damals.

Mit einem Freund konnte sie umgehen. Es war der überaus maskuline Tariq, der sie nervös machte. Der Mann, dessen tiefes Lachen und beeindruckender Körper Sehnsüchte in ihr weckten, für die in ihrem Leben kein Platz war.

„Bestimmt halten sie dich ganz schön auf Trab.“

„Anders möchte ich es gar nicht haben.“

Samira nickte. Der Tariq, den sie kannte, nahm seine Pflichten sehr ernst, aber mehr noch, er war nett, ein Mann, dem man vertrauen konnte. Wieder schluckte sie. Bisher war sie nur einem einzigen vertrauenswürdigen Mann begegnet, ihrem Bruder Asim. Die anderen Männer in ihrem Leben, auch ihr Vater, hatten sie im Stich gelassen. Konnte sie sich darauf verlassen, dass Tariq es nicht auch tun würde?

„Was ist los, Samira?“

Als sie aufblickte, wirkte er ganz entspannt. „Nichts.“ Sie musste sich auf ihre Stärken besinnen. „Nein. Im Gegenteil.“ Dann beugte sie sich vor und gab sich so selbstsicher, wie sie es auch bei ihren geschäftlichen Besprechungen tat. „Ich möchte dir einen Vorschlag machen. Er ist ungewöhnlich, aber die Vorteile werden dir bestimmt einleuchten.“

„Das glaube ich.“ Nach einer Pause fügte er hinzu: „Wenn du mir sagst, worum es geht.“ Fragend betrachtete er sie.

Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, befeuchtete sie sich die Lippen. „Ich möchte dich heiraten.“

2. KAPITEL

„Ich soll dich heiraten?“ Heißer Zorn entflammte in Tariq. Wie konnte Samira es wagen, sich über ihn lustig zu machen? „Was sollen diese Spielchen?“ Wenn es um die Ehe ging, machte man keine Scherze, auch nicht unter alten Freunden!

Aber Samira war mehr als eine alte Freundin, oder nicht? Früher einmal hatte er viel mehr von ihr gewollt. Lange verschüttete Empfindungen stürmten auf ihn ein – Verlangen, Reue, vor allem aber Schuldgefühle. Denn obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten und er inzwischen verheiratet gewesen war, hatte er sie nie ganz vergessen können. Sein einziger Trost war, dass niemand davon gewusst hatte.

„Ich spiele keine Spielchen“, verkündete Samira energisch und blickte ihm dabei entschlossen in die Augen.

Tariq atmete tief durch, während heiße Begierde in ihm aufflammte. Er hatte ihre sanften bernsteinfarbenen Augen schon immer faszinierend gefunden, und nun lag ein bezwingender Ausdruck darin. Doch er war stark und würde sich nicht von den großen Augen einer schönen Frau beeinflussen lassen, selbst wenn es sich um Samira handelte, die beeindruckendste Frau, die ihm je begegnet war, die Frau, die er einmal über alles begehrt hatte.

„Und was ist es dann?“, fuhr er sie an. Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen, denn er hatte diese Begegnung von Anfang an meiden wollen.

„Ein Heiratsantrag“, erklärte sie ruhig.

Langsam schüttelte Tariq den Kopf. Hatte er sich etwa verhört? Wusste Asims kleine Schwester etwa nicht, dass immer der Mann den Heiratsantrag machte? Wofür hielt sie ihn eigentlich? Sie kannte ihn überhaupt nicht.

Er sprang auf und ging zu der Fensterfront, um starr auf die Stadt zu blicken. „Egal, was es ist, es gefällt mir nicht, Samira.“ Dann wirbelte er zu Samira herum. „Weiß dein Bruder davon?“

„Es hat nichts mit ihm zu tun.“ Sie faltete die Hände im Schoß, als würden sie übers Wetter sprechen.

Als Samira ihn wieder mit ihren strahlenden Augen ansah, krampfte sein Magen sich zusammen. Offenbar meinte sie es wirklich ernst. Einen beunruhigenden Moment lang spürte Tariq Verlangen und Besitzdenken in sich aufsteigen, als er sie betrachtete – ihren honigfarbenen Teint, das volle, glänzende Haar und die verführerischsten Lippen, die er je gesehen hatte.

Damals hatten dieser Mund und diese Augen ihn in sein Heimatland zurückkehren lassen, und er war gleichermaßen schockiert und beschämt über die Gedanken gewesen, die ihm bei ihrem Anblick durch den Kopf gegangen waren. Obwohl er schon damals gewusst hatte, dass sie einmal genauso atemberaubend schön sein würde wie ihre Mutter, und er zwischendurch Fotos von ihr in Zeitschriften gesehen hatte – Samiras bezaubernder Anblick brachte ihn völlig durcheinander.

Doch Tariq zwang sich, die Reaktion seines Körpers zu unterdrücken. „Ich habe keine Ahnung, wie du auf diese verrückte Idee kommst, Samira. Aber gerade du müsstest wissen, dass Ehen in Königshäusern sorgfältig arrangiert werden. Du kannst hier nicht einfach reinkommen und …“

„Warum nicht?“, fiel sie ihm ins Wort, und ihm wurde bewusst, dass niemand, nicht einmal Jasmin zu ihren Lebzeiten, ihn je unterbrochen hatte. Das Wort eines Scheichs war Gesetz, man hatte Respekt vor ihm – mit Ausnahme der Prinzessin von Jazeer, wie es schien.