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Sigurd tritt an die Stelle von Commander RReggchrah. Mit dem Mutterschiff KO und der gesamten Besatzung fliegt er zur Erde. Begleitet von den beiden Spezial Agent Lieutenant Colonel James Maxwell und Major Rooster Cogburn nimmt er den Kampf gegen den feindlichen, außerirdischen Aggressor auf. In der ehemaligen AREA 51 stößt Sigurd auf die fremden Aliens. Gesichter, die irgendwie keine waren. Bewegungen, die steif und ungelenk wirken. Sie sahen aus, wie Untote aus einem Gruselfilm. Ihre Köpfe waren mit schwarzen, sehr grob gearbeiteten Leinentüchern umwickelt, ja regelrecht bandagiert. Nur die blutunterlaufenden Augen waren noch zu erkennen. Sie waren dabei, den ‚Raum der Dimensionen‘ nachzubauen, um die Vergangenheit zu verändern. In einer anderen, alternierenden Welt erwacht im honduranischen Regenwald, in der Region La Mosquitia das riesige Standbild des Affengottes zu neuem Leben. Die Figur besteht aus Ur-Xxiin. Niemand bemerkt, wie über die Figur, deren Korpus noch über eine Restmenge ‚Magische Energie‘ verfügt, das in Teneriffa unter dem Vulkan Teide-Pico Viejo vergrabene Schiff Paurusheya einen telepathisch-magischen Impuls erhält.
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Seitenzahl: 290
EXO-TERRESTRIAL-FORCES
Vermächtnis der OUTER-SPACE-Naniten
Band 8
Die vergangene Zukunft
© 2024 Jens F. Simon
Illustration: S. Verlag JG
Verlag: S. Verlag JG, 35767 Breitscheid,
Alle Rechte vorbehalten
STAR-DUST Sammelband Bände 29- 32
ISBN: 978-3-96674-715-8
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Newton hat behauptet, dass Zeit absolut sei und überall im Universum gleich verlaufe, unabhängig von einem äußeren Beobachter. Gemäß der einsteinschen Relativitätstheorie ist die Zeit jedoch vom Raum nicht zu trennen.
Inhaltsverzeichnis:
Prolog
Im Erdsystem des Jahres 2269
Ishtar City Planet Venus
Schwarze Löscher
Reinkarnation
Das Raumschiff Paurusheya
Der Affengott lebt
Cellas Vermächtnis
Paranormale Magie
Fremde
Takaarraths Entscheidung
Eine Seele, zwei Leben
Takaarrath
Commander RReggchrahs Ende
Der neue Commander der KO
Seitenwechsel
Machtwechsel
Kampfgebiet AREA 51
Schatten auf Erden
Die letzte Schlacht
Die 5. Kolonne
‚Raum der Dimensionen‘ mal 2
Nicht von dieser Welt
Raum-Zeit Verwirbelungen
Aliens der Apokalypse
Aufbruch nach GAR
Alternierende Wirklichkeit
Aletheas Ankunft
Das Xxiin Raumschiff
Die Suche beginnt
Verhärtete Seiten
Extraterrestrial Possibility
Extraterrestrial Alert
Unidentifiziertes Flugobjekt
Sigurds Tod
Das ganze organische Raumschiff durchdrang ein besonderes Vibrieren. Intensive, rhythmische Klänge ließen die Naniten euphorisch werden. Seit Ewigkeiten war der Ruf wieder erklungen. Das Schiffsgehirn wurde aus seiner Lethargie gerissen.
Energie begann durch die stillgelegten Leitern zu fließen. Die Schiffszentrale wurde von taghellen Lichtfluten überschüttet, als sich nacheinander die gesamte Beleuchtung aktivierte.
Das Schiffsgehirn hatte in Sekundenschnelle eruiert, woher der Ruf der ‚Alten‘ gekommen war. Dann realisierte es die Quasi-Anwesenheit zweier Entitäten.
Es dauerte nochmals nur den Bruchteil einer Sekunde, und das Schiff erkannte in einem der Zwei den mentalen Abdruck seines ehemaligen Avatars, Alethea.
Der hadronisch-positronische Schiffscomputer zeigte weder Erstaunen noch Erschrecken. Laut seiner Altspeicher handelte es sich nur um eine Kontaktaufnahme über eine sehr große Entfernung hinweg. „Ich grüße dich Alethea und auch dich Fremdling. Was ist euer Begehr?“
„Starte sofort“, halte es noch in Paurusheyas Quasibewusstsein nach.
Dann hatte sich das holografische Abbild von Alethea, ihres ehemaligen mentalen Abdrucks und Avatars und der Fremden wieder verflüchtigt. Ziel des Fluges sollte ein kleines Sonnensystem am Rande des übriggebliebenen Kerns der ehemaligen Zwerggalaxie Omega Centauri, in den Sternenkatalogen der Erdbewohner auch als NGC 5139 verzeichnet, sein.
Die Entfernung dorthin betrug 15790 Lichtjahre.
Die genauen Koordinaten lagen bereits verarbeitet und abrufbereit in der Datenbank des Steuersystems.
Die Entfernung zum Erdsystem stellte für das Xxiin Schiff keine große Herausforderung dar.
Das organische Raumschiff ging sofort auf Notstart. Die Dringlichkeit seiner Mission war von Anfang an klar definiert worden.
Sämtliche Energiemeiler und Speichereinheiten fuhren auf höchstmögliche Energieabgabe.
Unvermittelt herrschte im Innern des Schiffs ein akustisches Chaos, das sich erst langsam wieder zurückbildete, als das Schiff Paurusheya innerhalb des Hangars etwa zwei Meter vom Stahlboden abhob.
Das Hangartor begann sich viel zu langsam zu öffnen und das Schiffsgehirn überlegte bereits, das Tor durch gezielten Beschuss zu sprengen.
Der Kollateralschaden an der Station MAITRI stand jedoch in keinem Verhältnis zu dem dadurch gewonnen, zeitlichen Vorteil.
Ein kurzer Funkspruch ging an Calgulla, den Chef der neuen MBF, sowie an Elrik Merkler, amtierende Vorsitzender der kleinen Menschengemeinschaft innerhalb der Xxiin- Station MAITRI.
Das Raumschiff schoss mit zunehmender Geschwindigkeit durch die Hemisphäre der Magier und ging noch innerhalb der ehemaligen Zetschn’cha Halbwelt in Überlicht.
Der mit dringend ausgewiesene Funkanruf von Calgulla, welcher gerade mit dem MBF-Schiff RECON den Raumhafen MIRACLE auf der Venus anflog, ging genauso ins Leere, wie Merklers Versuch, Paurusheya zu kontaktieren.
Das Xxiin-Raumschiff befand sich bereits auf dem Weg zu Alethea.
Alethea blickte immer noch in die gebrochenen Augen der alten Krsutnerin. Cella war gestorben noch während sie im Geiste mit Paurusheya sprach.
Die Verbindung war augenblicklich zusammengebrochen.
Alethea fühlte sich plötzlich mehr als unwohl in der kleinen Kabine auf dem Flaggschiff von Mullokk.
Die MOOR war eines von insgesamt noch 13 Schiffen des selbstständigen Händlers. Das vierzehnte Schiff MARSCH war im Kampf um das Sternen-Zikkurat vernichtet worden.
Dort, tief unterhalb der Planetenoberfläche, in den Katakomben des riesigen, turmförmigen Gebildes, hatte man Cella gefunden.
Sie war die letzte, noch lebende Angehörige der uralten Spezies der Krsutner.
Sie galten als die Ur-Ahnen der Ur- Xxiin und der organischen Weltraumnaniten.
Alethea starrte immer noch auf die gleiche Stelle, als sich der Körper von Cella bereits vollständig aufgelöst hatte.
Er war in minutenschnelle zu Staub zerfallen. „Starte sofort“, war das Letzte, was Cella zu Paurusheya sagte.
Es war die letzte, wirkliche Hoffnung, die Alethea nunmehr noch hatte. Die Hoffnung, dass das Xxiin-Raumschiff diese letzte Anweisung der alten Krsutnerin auszuführen gedachte.
Die Hoffnung stirbt zuletzt“, dachte sie mit Wehmut. Das war ein Spruch der Menschen.
So saß sie eine Zeitlang völlig regungslos und starrte vor sich hin.
Ihre Gedanken schienen sich aufgelöst zu haben, schwebten frei durch Raum und Zeit. Irgendwann öffnete sich das Kabinenschott.
Zwei Besatzungsmitglieder der MOOR standen davor, traten jedoch nicht ein. Sie wirkten etwas nervös.
„Der Patron will die Fremde sehen. Du sollst sie begleiten. Sofort!“
Aletheas Gedanken kamen langsam, wie aus weiter Ferne, zurück. Sie blieb völlig gelassen. Ihr Aufenthalt hier an Bord war sowieso nur noch temporär.
Als Mullokk sie an Saviier hatte übergeben wollen, hatte dies Cella mit ihren mentalen Kräften verhindert.
Cella war nicht mehr und wie es jetzt mit ihr weiterging, konnte sie nur erahnen.
„Cella ist dahingegangen. Auch Mullokk wird sie nicht mehr belästigen können!“
Ihre Antwort schien den beiden Maul’aaf überhaupt nicht zu gefallen.
„Du hast uns wohl nicht verstanden. Ihr beide werdet augenblicklich mitkommen!“
Der eine sprach noch, als ihn der andere bereits mit der Faust leicht in die Seite stieß.
„Sie ist tatsächlich allein in der Kabine, siehst du das nicht?“
Er ging vorsichtig zwei Schritte weiter und lugte um die Ecke des Kabinenschotts.
„Auch gut, dann wird nur sie mitkommen!“ Sein Kollege war da eher der pragmatische Typ.
„Der Patron wird ungehalten sein!“
„Was können wir dafür? Hier ist nur die eine, also können wir auch nur sie mitnehmen!“
Alethea war inzwischen aufgestanden und beobachtete die beiden während ihres kurzen Disputs.
Sie waren nicht die hellsten, das hatte sie sofort bemerkt. Auf dem Weg zu Mullokks Arbeitszimmer beschlich Alethea ein ungutes Gefühl.
Sie hoffte nur, nicht schon wieder dem Akkattarier Saviier zu begegnen.
Wieso ließ sie sich eigentlich wie eine Gefangene behandeln? Schließlich hatte sie Mullokk bereits mehrmals einen Dienst erwiesen.
Als sie jetzt die Korridorbiegung vor dem Arbeitszimmer erreichten und mehrere Besatzungsmitglieder ihnen entgegenkamen, entschloss sich Alethea dazu, sich den Anweisungen des Händlers zu widersetzen.
Beim Ausweichen sprang sie blitzschnell durch das sich gerade wieder schließende Kabinenschott, aus dem gerade ein Maul’aaf getreten war.
Ihre beiden Begleiter sahen sich plötzlich allein im Korridor stehen, ohne bemerkt zu haben, wohin sie verschwunden war. Der Raum, der sich vor Alethea auftat, war bar jeglicher Einrichtung.
Lediglich zwei weitere Schotts zeigten, dass es sich hierbei wohl um einen Durchgangsraum handelte.
Sie bemerkte jedoch schnell, dass die beiden Durchgänge an der Wandseite vor ihr besonders gesichert waren.
Ein spezielles Code-Display war in der Mitte eines Schotts angebracht. Ihr blieb nichts anders übrig, als wieder umzukehren.
Andererseits war sie hier zunächst vor Mullokk sicher. Kurz entschlossen ließ sie sich an der rechten Seitenwand zu Boden sinken und blieb dort mit dem Rücken an die Wand gelehnt, sitzen.
Sie schloss die Augen und versuchte an nichts zu denken.
Sie musste wohl eingeschlafen sein, denn als sie die Augen wieder öffnete, lag sie den Oberkörper leicht gebeugt auf der Seite. Unvermittelt erschallte in allen Abteilungen ein lautes Sirenengeheul.
In der Zentrale der MOOR verdunkelte sich die Beleuchtung und wich einem düsteren Rot.
„Kollisionsalarm! Fremdes Raumschiff verlässt soeben Überlicht mit einer Restgeschwindigkeit von 112.000 Kilometern/Sekunde. Entfernung zur Moor 520.000 Kilometer. Kollisionsalarm! Ausweichkurs wird gesetzt!“
Die ruhige Stimme des Positronengehirns der MOOR passte so gar nicht zur aktuellen Gefahrensituation.
Sämtliche Energiemeiler wurden unter Missachtung der Sicherheit auf Volllast hochgefahren.
Es dauerte ganze drei Sekunden, bis das Schiff zu reagieren begann, aber immer noch zu langsam versuchte, dem Kurs des heranbrechenden Fremdschiffes auszuweichen.
Es verblieben weniger als zwei Sekunden, um einen Frontalzusammenstoß zu verhindern, und das war viel zu wenig.
Mullokk blickte mit eisernem Blick auf den sich hastig über seinem Schreibtisch stabilisierenden Holoschirm, der das ganze Ausmaß des sich abzeichnenden Unglücks sehr plastisch wiedergab.
Seine Augäpfel begannen zu tränen, als Paurusheya die Fahrt mit Extremwerten von 1200 Kilometer pro Sekundenquadrat reduzierte und gleichzeitig einen kleinen Schwenk einleitete, die das Xxiin-Raumschiff direkt nach Backbord zur MOOR brachte.
Auch für einen Angehörigen einer fremden Spezies wie der Maul’aaf, sie wiesen eine gewisse Ähnlichkeiten zu den Pavianen der Erde auf, war es ein mehr als befremdender Anblick, als sich krakenähnliche Tentakel von Paurusheyas Rumpf lösten und peitschenartig auf die MOOR zueilten.
„Der Kontakt wird hergestellt. Bitte Fahrt zurücknehmen, damit der Passagier übernommen werden kann!“
Die fremde, weibliche Stimme wurde in alle Abteilungen der MOOR übertragen. Sie kam direkt aus dem fremden Schiff.
Mullokk sah sich unvermittelt in die Defensive gedrängt. Bevor er jedoch auf dumme Gedanken kommen und seinerseits Abwehrmaßnahmen ergreifen konnte, öffnete sich das Schott zu seinem Arbeitsraum und Alethea trat sehr selbstbewusst und unaufgefordert ein.
„Ich werde abgeholt, du hast es gehört. Ich werde deine Gastfreundschaft nicht länger in Anspruch nehmen müssen!“
Alethea befand sich tatsächlich auf dem Rückflug zur Erde.
Alles erschien ihr zunächst wie ein Traum. Sie würde in weniger als 25 Stunden Sigurd wiedersehen. Nur das zählte.
Sie wollte schnellstmöglich Kontakt zur MBF aufnehmen. Nachdem sie Paurusheya durch eine der Behelfsschleusen eines Tentakels betreten hatte, ging das Xxiin-Raumschiff sofort auf Überlicht.
Alethea betrat die Zentrale nur wenige Minuten später.
„Eine Subraumverbindung zur Erde ist frühstens in 20 Stunden erfolgreich“, kam die Antwort des Schiffgehirns auf Aletheas erste Frage.
Die Frage nach Sigurds Aufenthalt hatte das Schiff nicht beantworten können. Das war für Alethea schon außergewöhnlich.
Sie hatte natürlich damit gerechnet, dass er sofort nach seiner Ankunft Kontakt zu Paurusheya aufnehmen würde.
Irgendetwas in ihren Überlegungen war faul. Sie musste sich also noch etwa 20 Stunden gedulden.
Das fiel ihr teuflisch schwer. Nach der langen Zeit, die nach Sigurds Verschwinden vergangen war, schienen sich die letzten Stunden bis zum Wiedersehen wie Gummi zu ziehen. Sie musste sich ablenken.
„Wie sieht es im Erdensystem aus? Wie ist die politische, wirtschaftliche Situation? Wie sieht es auf MAITRI aus?“
Das Schiff begann ihr eine ganze Wust an Daten zu übermitteln.
Alethea stürzte sich regelrecht auf die Informationen. Dabei bemerkte sie selbst nicht einmal, dass sie unbewusst darauf hoffte, Sigurds Namen irgendwo in den Meldungen und Ausführungen zu entdecken.
Calgulla atmete kurz und tief durch. Nachdem das Xxiin-Raumschiff Paurusheya die MAITRI Station auf dem Mond Serk ohne Abgabe einer Erklärung in einer Art ‚Nacht und Nebelaktion‘ wie die Menschen sagen würden, vor mehr als einem Tag verlassen hatte, kam der Funkruf jetzt mehr als unerwartet.
Alethea meldete sich so selbstverständlich, als hätte sie das Erdensystem niemals verlassen.
„Calgulla, ich freue mich dich wohlbehalten wiederzusehen. Ich befinde mich auf dem Weg ins Sonnensystem der Erde und werde in etwa fünf Stunden eintreffen. Kann ich Sigurd sprechen? Leider konnte mir das Schiffsgehirn der Paurusheya keine näheren Informationen über Sigurds Verbleib nennen. Ich nehme an, du bist besser darüber informiert.“
Calgulla kräuselte die Stirn. Das war eine Angewohnheit, die er sich bei den Menschen abgeguckt hatte.
Bei seinem Haarlosen Schädel wirkte es jedoch sehr übertrieben.
„Auch ich grüße dich Alethea. Schön zu wissen, dass es dir gut geht. Deine Frage nach Sigurd kann ich jedoch nicht logisch einordnen. Er war mit dir zusammen nach der gewaltigen Explosion der Hemisphäre der Magier verschollen und ich nehme an, dass du besser über seinen Verbleib Bescheid weißt.“
Die Kommunikation lief über den Zentralschirm des MBF-Schiffs RECON, sodass Calgulla Aletheas nun ebenfalls gekräuselte Stirn in Übergröße deutlich sehen konnte.
„Du weißt nichts über Sigurds Rückkehr ins Sonnensystem?“
„Nein, wieso sollte ich? Was geht hier vor sich, Alethea? Ich dachte, ihr würdet zusammen auf der Paurusheya sein.“
Es dauerte eine Weile, bis Alethea diese Information verdaut und sich wieder gefangen hatte.
Calgulla konnte deutlich an ihren Gesichtszügen erkennen, dass sie regelrecht bestürzt war.
„Paurusheya wird auf dem Raumhafen MIRACLE landen. Bitte sei so freundlich, und hole mich dort ab. Wir müssen dringend reden. Sigurd ist durch ein Schwarzen Loch gestürzt und anscheinend seitdem verschollen.“
Die Verbindung wurde von ihrer Seite unterbrochen, der Zentralschirm der RECON war kurz dunkel geworden, bevor er sich wieder erhellte und die Gebäudefront von MIRACLE wiedergab, wo das Schiff zurzeit stand.
In Calgullas Geist halten noch ihre letzten Worte nach.
Es schien, als wären Alethea und Sigurd zwar dem hinterhältigen Anschlag des Lebenden Programms entkommen, aber danach hatte sie eine Odyssee erwartet, die wohl nicht so glimpflich ausgegangen war, jedenfalls nicht für Sigurd Westall.
„Wir werden eine Neuauflage herausbringen, auch wenn dieser Mellraner mit dem merkwürdigen Namen Calgulla etwas dagegen hat!“
Francis Eron Fuller, Chefredakteur im SORAYYE Verlag, donnerte mit seiner Faust auf den aus Leichtmetall bestehenden Schreibtisch, dass es laut und vernehmlich durch den gesamten Raum tönte.
Sein Büro befand sich im höchsten Tower der Hauptstadt des Zentralkontinents Ištar, Ishtar City auf dem Planeten der Erd-Union mit der Bezeichnung Venus. Fuller war ein typischer Choleriker.
Er sprang unvermittelt von seinem Stuhl auf, stampfte mit beiden Füßen fest auf den Boden und bewegte sich ruckartig in Richtung der Fensterfront.
Das Büro befand sich im 36. Stock und damit im oberen Drittel des Gebäudes.
„Von wegen Geheimnisverrat. Schließlich waren die Abenteuer von Sigurd Westall bereits in der 1. Auflage erschienen. Die MAF-Serie war ein voller Erfolg gewesen. Und das Beste kam jetzt noch dazu; es waren unveröffentlichte Manuskripte aufgetaucht. Anscheinend hatte die damalige Eigentümerin des SORAYYE Verlags ihre Redakteure nicht richtig im Griff gehabt. Für die Neuauflage war der Fund jedoch ein außerordentlicher Glücksfall.“
Fullers Gedankengänge liefen auf Hochtouren. Leider hatte er bisher nicht herausfinden können, wo sich der Autor momentan aufhielt.
Auch über die MbF war nicht in Erfahrung zu bringen und der Chef dieses Vereins schien sowieso zu mauern.
Mittlerweile hatte er bereits zweiundzwanzig Reporter auf Sigurd Westall angesetzt, jedoch auch nach zwei Wochen immer noch ohne Erfolgsmeldung.
Er trommelte mit beiden Händen, die zu Fäusten geballt waren, mehrmals gegen die energetisch verstärkte Fensterscheibe.
„Ich lasse mir doch nicht so ein Geschäft einfach durch die Lappen gehen.“
Ein Bild-Anruf längte ihn ab. Es war Kreztma, ein sehr fähiger und ihm besonders ergebener Reporter.
Sofort blitzte es in Fullers Augen hoffnungsvoll auf.
„Ja, was gibt es?“
„Ich habe Informationen erhalten, dass das ehemalige Raumschiff von Sigurd Westall auf dem Raumhafen MIRACLE gelandet ist. Der einzige Passagier soll eine gewisse Alethea sein!“
Fuller horchte auf. Diese Alethea, war das nicht Sigurds Partnerin in seinen Geschichten?
„Bleiben Sie dran. Ich will, dass Sie mit ihr ein Interview vereinbaren. Vielleicht bekommen wir so heraus, wo sich dieser Westall aufhält.“
Die Dinge entwickelten sich genau in die richtige Richtung.
Calgulla nahm Alethea an der unteren Einmannschleuse des Xxiin-Schiffs in Empfang.
Als Alethea ihn erkannte, blieb sie kurz stehen und atmete kräftig durch.
„Calgulla, du glaubst nicht, wie froh ich bin, ein bekanntes Gesicht zu sehen!“
Calgulla nickte kurz. Diese Gestik hatte er sich bei den Menschen abgeschaut.
„Wir waren alle sehr betroffen, nachdem es zu dem Anschlag gekommen war. Wir wussten nicht, was mit dir und Sigurd überhaupt geschehen war.“
„Ja, das ist eine lange Geschichte. Leider scheint ihr Ausgang nicht wirklich glücklich geworden zu sein; zumindest nicht für Sigurd. Er ist wohl verschollen. Das muss ich zunächst erst einmal verdauen. Ich hatte so sehr damit gerechnet, ihn wohlbehalten hier im Erdensystem wiederzutreffen. Aber wenn ich mir das Ganze genau überlege, sprachen die Fakten von vornherein dagegen, nur wollte ich es nicht wahrhaben.“
Alethea war regelrecht am Boden zerstört, das Calgulla deutlich an ihrer Körpersprache ablesen.
„Wir sollten zunächst über alles sprechen. Komm mit mir hinüber zur RECON. Dort kannst du mir eure gemeinsamen Erlebnisse schildern. Wir haben gute Wissenschaftler in der MBF Organisation, die wir auf Sigurds Spuren ansetzen können, wenn es sie gibt.“
Calgulla zeigte mit ausgestrecktem Arm auf das in etwa 250 Metern Entfernung stehende MBF-Schiff.
Alethea folgte ihm schweigend. Normalerweise war es nicht erlaubt, das Landefeld per Fuß zu überqueren.
Calgulla genoss jedoch eine Sonderstellung und er galt ebenfalls als sehr verantwortungsbewusst. Schließlich war er der Chef der MFG in diesem Sonnensystem.
Der Fußmarsch tat Alethea gut und die frische Brise auf dem Landungsfeld förderte ihr Wohlergehen.
Etwa einen Kilometer östlich landete gerade ein Passagierraumer.
Der dadurch entstehende Luftwirbel erreichte sie tatsächlich nur wenige Sekunden, nachdem das Schiff aufgesetzt hatte. Es war nicht ganz ungefährlich, aber dann standen sie bereits im Windschatten der RECON.
Der Fußmarsch war schweigsam verlaufen.
Als sie an der untersten Luftschleuse des MBF-Schiffs standen, sagte Calgulla: „Die RECON dient der Organisation zurzeit als Hauptquartier. Der Bürotrakt in Ishtar City wird umgebaut, das heißt man könnte auch sagen aufgerüstet.“
Das Außenschott öffnete sich und sie betraten das Schiff.
„Was meinst du damit?“
„Nach einer ganzen Anschlagsserie auf das Büro der MBF im letzten Jahr hat sich unser Physiker Doktor Ravel ein paar technische Spielereien ausgedacht, um die Mitarbeiter besser zu schützen.“
Alethea war kurz stehengeblieben und blickte Calgulla irritiert an.
„Es gab Anschläge? Wer, wie…?“ Calgulla unterbrach sie bereits im Ansatz.
„Das ist Schnee von gestern. Aber ich würde zumindest Doktor Jesaja Ravel zu unserer Unterhaltung dazu bitten, wenn du nichts dagegen hast. Er könnte sogar wertvolle physikalische Daten liefern. Außerdem sollte auch mein Stellvertreter Saalbuck dabei sein. In Ordnung?“
„Ja, ja, kein Problem!“
Alethea war gedanklich nicht bei der Sache, das bemerkte Calgulla sofort.
Er war jetzt wirklich mehr als gespannt, was sie zu berichten hatte, insbesondere über Sigurds Verbleib.
Calgulla Bürotrakt lag direkt auf dem Deck über der Brücke. Von hier aus gab es auch eine Notverbindung, die ihn per Antigrav sofort nach unten zum zentralen Steuerpult befördern konnte.
Kurz vor dem Eingangsschott trafen sie auf die MBF-Agentin Severin Kotchesko.
Sie grüßte sofort respektvoll und erwiderte auf Calgullas erstaunten Gesichtsausdruck: „Saalbuck hat mich gebeten dazuzukommen!“
Der Genannte wartete bereits in Calgullas Arbeitszimmer auf die Eintretenden. Ebenfalls anwesend war Doktor Jesaja Ravel, seines Zeichens Wissenschaftler und Physiker.
„Darf ich euch bitten, Platz zu nehmen.“
Calgulla deutete auf die im Raum neben seinem Schreibtisch-Pult befindliche Sitzmöbel, welche um eine holografische Protektionsplatte gruppiert waren.
Der Holo-Projektor war deaktiviert, so dass alle Anwesenden sich in die Augen blicken konnten.
„Der Anlass dieser kurzfristig anberaumten Zusammenkunft ist kurz gesagt die Information von Alethea über das Verschwinden von Sigurd Westall“, eröffnete Calgulla die Gesprächsrunde.
„Ich weiß, es klingt wie Wunschdenken, aber Sigurd lebt, da bin ich mir ganz sicher. Wir müssen nur einen Weg finden, der uns zu ihm bringt!“
Aletheas Gedanken waren momentan wieder sehr sprunghaft.
Calgulla versuchte zunächst für alle verständlich gemeinsame Grundinformationen zu bekommen.
„Alethea, das Beste wird sein, du berichtest uns zunächst grob über die Ereignisse eures Verschwindens.“
Während die MBF Agentin und Calgullas Vertreter nur gespannt den Ausführungen lauschten, begann Doktor Ravel bereits nach wenigen Minuten sich auf dem mitgebrachten Digital-Memory Notizen zu machen.
Für ihn waren die beschriebenen physikalischen Abläufe mehr oder weniger Neuland und er wollte keine einzige noch so geringe Angabe wieder verlieren.
„Dieser sogenannte Gravo-Designer hat tatsächlich ein Schwarzes Loch künstlich erzeugt, und das in seinem Labor?“
Doktor Ravel war regelrecht fassungslos, als Alethea von Saviier berichtete.
„Ja, hat er. Ich denke, diesbezüglich war er selbst den Wissenschaftlern seines Volkes um Jahrzehnte voraus. Das war auch einer der Gründe, weswegen wir seinen Aussagen widerspruchslos akzeptierten!“
„Das ist unvorstellbar. Welche Art von Energie hat er denn verwendet, um das extreme Gravitationsgefüge einzudämmen? Die Massenanziehung muss doch so gewaltig sein, dass das Schwarze Loch alles um sich herum verschlingt.“
„Es gab eine Art energetisches Schutzfeld, mehr kann ich dazu auch nicht sagen!“
Alethea blickte von dem einen zum anderen.
„Und Sigurd hat sich tatsächlich einfach solch einem Moloch anvertraut?“
Saalbuck konnte es nicht fassen. Es war doch für jeden gesunden Menschenverstand sofort ersichtlich, dass ein Schwarzes Loch eine ernstzunehmende Gefahrenquelle darstellt. Niemand würde sich freiwillig in solch eine Gefahr begeben.
„Wir waren verzweifelt. Sigurds Körper stand kurz vor dem Exitus, das musst du verstehen. Seine Körpernaniten waren in Auflösung begriffen. Sie konnten bereits wichtige Organfunktionen nicht mehr richtig wahrnehmen. Es war nur noch eine Frage von Stunden, bis Sigurd unweigerlich sterben würde.“
Alethea versuchte eine Rechtfertigung darzulegen, wo es überhaupt keiner bedurfte. Das stellte auch Calgulla sofort klar.
„Ich denke, in solch einer Situation handelt man nicht mehr rational, sondern klammert sich an jeden noch so kleinen Strohhalm. Es ging dabei ja nicht nur um eine Ortsversetzung, sondern auch um den Erhalt beziehungsweise die Erneuerung von Sigurds Körper, oder liege ich da völlig falsch?“
„Nein, du triffst damit genau den Kern der Problematik. Ich denke, Saviier hat auch genau diese Hoffnung in uns geweckt, dass nach dem Durchgang durch das Schwarze Loch Sigurds Körper sich wieder stabilisieren würde.“
Aletheas Aussage verursachte Gänsehaut auf Severin Kotcheskos Rücken.
„Wäre es denn dann nicht angebracht, mit der Paurusheya zurückzufliegen und mit Saviier Tacheles zu reden?“
Calgulla blickte die Agentin fragend an.
„Ich meinte, mit ihm Klartext reden, ihn ohne Umschweife auf die damalige Situation ansprechen, um mehr Informationen bezüglich des Schwarzen Lochs zu bekommen“, ergänzte sie ihre lockere Anmerkung.
„Ja, das wäre eine Möglichkeit, um an mehr Wissen zu gelangen“, bekräftigte Doktor Ravel.
„Was soll das wirklich bringen? Ich sehe hierbei keinen Mehrwert, um Sigurds Verbleib zu klären. Außerdem wird mir Saviier freiwillig keine weiteren Informationen liefern, als er es bereits getan hat. Das Verhältnis zwischen uns ist dermaßen zerrütte, dass wohl auch kein vernünftiges Gespräch zustande käme. Obendrein könnten wir seine möglichen Erläuterungen wohl kaum überprüfen und würden genau dort wieder stehen, wo wir jetzt sind.“
Alethea schaute in die Runde. Aber niemand schien weitere Vorschläge zu haben.
Die betretene Gesichter aller Anwesenden sprachen Bände.
„Es steht wohl außer Zweifel, dass Sigurd nicht auf der Erde oder irgendwo sonst im Sonnensystem angekommen ist. Damit steht und fällt die ganze Problematik seines Verschwindens mit dem Durchgang durch das Schwarze Loch, das heißt mit der physikalischen Beschaffenheit des benutzten Schwarzen Lochs“, fasste Severin Kotchesko nochmals zusammen.
„Ich bleibe dabei, Alethea. Du musst zurück nach Omega Centauri und mehr Informationen von diesem Saviier hinsichtlich des von ihm künstlich erzeugten Schwarze Lochs einholen.“
Die Diskussion begann sich im Kreis zu drehen. Alethea wurde jedoch von einer anderen Seite abgelenkt. Paurusheya meldete sich über die zwischen ihnen beiden bestehende mental-telepathische Genetik direkt in ihrem Kopf.
„Kontaktaufnahme durch Prinzessin Xyaala ist erfolgt. Sie bittet dich um eine Unterredung.“
Alethea dachte sofort an Sigurd. Wussten die Xxiin vielleicht, wo er sich befand?
Hatte er zu ihnen Kontakt aufgenommen, weil er sich in einer misslichen Lage befand und nur sie ihm helfen konnten? Ihre Fantasie begann mit ihr durchzugehen.
„Teile ihr mit, dass wir uns in einer halben Stunde Erdzeit im Schiff treffen“, gab sie die mental-telepathische Anweisung.
Niemand der Anwesenden bekam etwas von der kurzen Kommunikation auf mentaler Ebene mit.
Umso erstaunter waren sie, als Alethea ohne Umschweife die Unterredung für beendet erklärte und aufstand.
„Gibst du so leicht auf? Alethea, lass uns doch nach weitere Möglichkeiten suchen. Ich denke, es gibt bestimmt noch andere Wege. Wir müssen uns nur etwas mehr anstrengen und jede kleinste Kleinigkeit durchdenken.“
Calgullas hatte sich ebenfalls erhoben und sein starre Blick streifte kurz Severin Kotchesko. „Nein, so kommen wir nicht weiter. Aber ich gebe dir recht. Es muss andere Möglichkeiten geben. Ich habe sie nur noch nicht gefunden.“
Nahe der Hauptstadt des Zentralkontinents Ištar lag New Paradise, das größte Erholungsgebiet des Planeten Venus.
Hier stand auch die Festung TRISHARANA. Sie wurde mittlerweile vollständig vom Volk der Xxiin bevölkert.
Als das Raumschiff Paurusheya in das heimische Sonnensystem der Erde zurückkam, wurden die Ankunft von ihr natürlich sofort an die ehemaligen Xxiin-Stationen TRISHARANA und MAITRI gemeldet, einschließlich Aletheas Anwesenheit an Bord.
So erhielt auch die Xxiin Prinzessin Xyaala diese Information.
Sie war begierig, mehr über die Erlebnisse von Alethea und Sigurd zu erfahren.
Insbesondere interessierten sie die Ereignisse um Ish’all, dem Hüter der unbegreiflichen Kraft, wie Sigurd immer noch von den Xxiin-Stationen und ebenso von der dort ansässigen Population der Xxiin genannt wurde.
Er hatte ihnen einst zusammen mit den Weltraumnaniten hier im Erdensystem eine neue Heimat gegeben, nachdem ihr Heimatplanet Xelio von überlegenen Feinden verwüstet worden war.
Nunmehr schien es so, dass er selbst in großer Gefahr geraden war und seinerseits Hilfe benötigte.
Das Volk der Xxiin stand immer noch in seiner Schuld und jetzt war es an der Zeit, zumindest einen Teil davon zurückzuzahlen. Prinzessin Xyaala nahm umgehend Kontakt zur Paurusheya auf.
Alethea hatte eher ein etwas gespaltenes Verhältnis zu den Xxiin und dies, obwohl ihr Körper aus organischen Naniten bestand, wie es auch die Xxiin waren. Sie hatte gerade erst wieder die Paurusheya betreten, als auch schon Prinzessin Xyaala eintraf. Alethea begann ohne Umschweife nochmals, wenn auch in abgespeckter Form, ihre Erlebnisse im Planetensystem ANUN’HA zu erzählen.
„Ish’all ist also durch das Schwarze Loch gegangen und verschollen“, fasste die Xxiin kurzerhand die fast eine halbe Stunde andauernde Erzählung zusammen.
„Wie kommst du darauf, dass ein künstlich erschaffenes Schwarzes Loch, einen direkten Weg in dieses Sonnensystem bedeuten könnte?“
Prinzessin Xyaalas Frage traf Alethea vollkommen unvorbereitet.
„Diese Annahme basierte hauptsächlich auf den Ausführungen von Gravo-Designer Saviier, einem namhaften akkattarischen Wissenschaftler.“
Die Annahme eines Fremden hat genügt, um Sigurds Leben einer völlig unbekannten Gefahr auszusetzten?“
„Nein, nicht nur. Sigurd war fast schon verzweifelt, als seine Körpernaniten begannen, abzusterben. Sie stellten nach und nach wichtige Körperfunktionen ein. Der Durchgang sollte dem Verfall entgegenwirken.“
Alethea sah sich mehr und mehr in die Enge getrieben, so, als würde Prinzessin Xyaala sie allein für das Verschwinden oder womöglich den Tod von Sigurd verantwortlich machen wollen.
„Auch wieder bloß so eine Annahme, nicht wahr?“
„Es blieben ihm in der Kürze der Zeit keine weiteren Optionen.“
Alethea musste versuchen, aus der Defensive herauszukommen. Sie fragte sich mittlerweile sowieso, weshalb Prinzessin Xyaala sie überhaupt aufsuchte, wenn doch von ihrer Seite nur Vorwürfe kamen.
„Können die Xxiin mir weiterhelfen? Gibt es verlässliche Datensätze, Analysen oder sonstige wissenschaftlichen Quellen, welche mehr Informationen über die Funktionsweise eines Schwarzen Lochs liefern können?“
Alethea erwartete von der Prinzessin eine klare Stellungnahme und war mehr als erstaunt, als stattdessen vom Eingangsschott her ein Kommentar ertönte: „Kohraoll, ein namhafter Astronom meines Volkes kann dir hierzu vielleicht mehr sagen. Er weilt zurzeit auf der Erde und hält an verschiedenen Universitäten Vorträge. Ich habe ihn auf die RECON eingeladen. Sein Spezialgebiet sind Schwarze Löcher.“
Calgulla hatte die Zentrale unbemerkt betreten und ging jetzt weiter in Richtung ihres Sitzplatzes.
Es handelte sich dabei um eine kleine Vertiefung neben dem Commander-Steuerpult.
Hier waren in einem Halbkreis hellbeige Sitzmöbel gruppiert. Alethea und Prinzessin Xyaala saßen sich dort gegenüber.
Die Xxiin ignorierte Calgullas Erscheinen und gab ihrerseits zur Antwort: „Das Volk der Xxiin hat sich nie mit solch profanen Dingen befasst. Unsere Stärken liegen vielmehr in geistig, mentalen Dimensionen.“
Alethea ignorierte ihrerseits Xyaalas Äußerung und wandte sich Calgulla zu.
„Auf die MBF ist immer verlass. Ich danke dir, Calgulla. Ich möchte so schnell wie möglich mehr über Schwarze Löcher lernen.“
Sie war froh, dass Calgulla nicht lockerließ und von sich aus die Initiative ergriffen hatte, und natürlich, dass er hier und jetzt erschienen war.
„Das ist verlorene Zeit, die du besser verwenden solltest. Ich glaube nicht, dass du Sigurd auf diese Weise finden wirst. Du solltest viel mehr Wert auf die Tatsache legen, dass seinem Geist besondere Fähigkeiten innewohnen, die ihn leiten. Nur diese Fähigkeiten sind in der Lage, ihn vor dem endgültigen Untergang zu bewahren. Hier ist der Ansatzpunkt für eine mögliche Vorgehensweise zum Auffinden seiner Person. Das Schwarze Loch ist bedeutungslos.“
Prinzessin Xyaala hatte sich, während sie noch sprach, von ihrem Platz erhoben.
„Ich werde zunächst Calgullas Einladung folgen“, erwiderte Alethea. Damit waren die Fronten geklärt. Die Xxiin verließ grußlos den Raum.
Kreztma, Reporter des SORAYYE Verlags, befand sich auf dem Weg zum Verwaltungsgebäude des Raumhafens.
Von der langen, bodentiefen Fensterfront des Foyers, das er gerade betrat, konnte er bereits das Raumschiff Paurusheya erkennen.
Er hatte sich natürlich zuvor über das Xxiin-Schiff kundig gemacht. Seine typischen tentarkelartigen Fortsätze waren auch in eingefahrener und zusammengerollter Form noch deutlich zu erkennen.
„Ich benötige dringend Informationen über den Aufenthaltsort des Piloten des Raumschiffs Paurusheya!“
Die menschliche Mitarbeiterin hinter dem Informationsschalter blickte erstaunt auf.
„Was wollen Sie? Wer sind Sie überhaupt? Welche Berechtigung haben Sie, um solche Informationen einholen zu dürfen?“
Jetzt war es an Kreztma, erstaunt dreinzublicken.
„Ich wusste nicht, dass dies militärisches Sperrgebiet ist“, versuchte er zu scherzen, dann zeigte er seinen digitalen Reporterausweis.
„Ich möchte die Xxiin Alethea sprechen!“
Die Mitarbeiterin hinter dem Schalter zog die Augenbrauen hoch. „Das ist nicht so einfach. Sie wurde zur RECON gebracht. Die MBF hat hier wohl die Initiative übernommen. Ich kann versuchen, Kontakt aufzunehmen, aber mehr auch nicht. Warten Sie bitte!“
Kreztma schnaufte etwas resigniert.
Er wusste, dass mit dem Chef der MBF nicht gut Kirschen essen war. Dies wurde ihm auch sogleich bestätigt.
„Es tut mir leid, aber die MBF lehnt eine Zusammenkunft mit Alethea zurzeit ab. Sie sollen sich in ein paar Tagen wieder melden!“
Der Reporter des SORAYYE Verlags gab jedoch nicht so leicht auf.
Kreztma schimpfte mehrfach leise vor sich hin, ging aber bereits auf dem Weg nach draußen in Gedanken weitere Möglichkeiten durch, um doch noch an Alethea heranzukommen.
Chefredakteur Fuller verlangte von ihm eine Erfolgsmeldung.
„Nur ein kleines Interview“, wie es sich ausgedrückt hatte.
Es blieb ihm gar nichts anderes übrig, als die Legalität etwas zu verbiegen. Jedenfalls wusste er jetzt, wo sich diese Alethea aufhielt.
Er begab sich umgehend zur Betriebsstätte der Abteilung ‚Versorgungstechnik‘ des Raumhafens.
Dort kannte er einen Techniker, dessen Hilfe er jetzt in Anspruch zu nehmen beabsichtigte.
Es wäre doch gelacht, wenn er nicht auch ohne eine Einladung erhalten zu haben, on Bord der RECON gelangte.
Alles was dazu von Nöten war, konnte ihm Mark Slowak, der Techniker, besorgen. Es dauerte keine Stunde und er hatte die Arbeitskleidung inklusiv des gesamten Equipments eines Technikers der Raumhafenbetriebsstätte am Körper; selbstverständlich mit der dazugehörigen ID-Kennung.
Diese war integrierter Bestandteil der Workwear und Voraussetzung, dass er sich frei innerhalb des Raumhafengeländes bewegen konnte.
Tatsächlich konnte er nunmehr ungehindert die digitale Zugangssperre zum Landefeld ohne Probleme passieren.
Von dem Tower, dem zentralen Verwaltungsgebäude aus, war das Landefeld gut zu überblicken gewesen.
Jetzt jedoch, nachdem er die ersten Schritte auf das Start,- und Landefeld setzte, zeigte sich erst das wirkliche Ausmaß und die Größe.
Die durchschnittliche Raumschiffsgröße der hier in Parkposition befindlichen Schiffe betrug etwa 250 Meter Länge und 150 Meter Breite.
Es gab auch Kugelformen mit abgeflachten Polen, zylinderartig geformte Rümpfe sowie kegelförmige Schiffe.
Gerade setzte eines dieser Kegelschiffe zur Landung an. Kreztma wusste nicht, welche Spezies solch ein Raumschiff erbaut hatte.
Jedenfalls gehörte es nicht der terranischen Flotte an, das wusste er mit Sicherheit.
Das Start,- und Landefeld war für ihn tabu. Dort war es sowieso viel zu gefährlich. Seine Augen schweiften über das riesige Raumhafengelände, während er versuchte, sich zu orientieren.
Die RECON musste sich auf dem gesonderten Parkfeld befinden.
Es war das eine, zu wissen, wie das Schiff auf einem digitalen Monitor aussah und welche Maße es hatte.
Das andere war die Realität. Diese Raumschiffe erzielten im Durchschnitt eine Höhe von über 250 Metern.
Er musste ja bereits aus einer Entfernung von zwei Kilometern den Kopf in den Nacken legen, um solch ein Schiff vom Boden aus zu betrachten.
Wie sollte er da erkennen können, welches die RECON war, wenn er von seinem jetzigen Standort aus höchstens die Außenwandungen von einem weiteren Schiff sehen konnte.
Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zurückzugehen und an einem Info-Terminal den genauen Standort abzufragen.
Er benötigte weiterhin einen genauen Lageplan des Parkfeldes mit Angaben der aktuell belegten Plätze. So kompliziert hatte er sich das Ganze nicht vorgestellt.
„Die gesamte Masse eines Schwarzen Lochs konzentriert sich in einem einzigen Punkt mit unendlich hoher Dichte und unendlich starkem Gravitationsfeld, einer sogenannten Singularität. Solch ein Objekt wird auch als Ereignishorizont bezeichnet. Jenseits dieser Grenze kann weder Licht noch Materie dem Schwarzen Loch entkommen.“
Kohraoll, ein namhafter Astronom und ein Mellraner wie Calgulla, der Chef der MbF Organisation im hiesigen Sonnensystem, blickte Alethea erwartungsvoll an.
Sie war felsenfest davon überzeugt, dass bei der Suche nach Sigurd das Schwarze Loch, das er als Transportmedium benutzt hatte, der Schlüssel zu seinem jetzigen Aufenthaltsort war.
Sie musste nur verstehen lernen, was genau geschehen war, um zunächst einen Ansatzpunkt zu finden.
Sie hatte über Calgulla Kontakt zu dem Astronomen Kohraoll aufgenommen, um über die komplexe Materie eines Schwarzen Lochs mehr zu erfahren.
Es war ein grundlegendes Versäumnis gewesen, dass Sigurd und sie damals Saviier, dem Spezialist und Gravo-Designer, einfach nur vertraut hatten, ohne sich näher mit der wissenschaftlichen Problematik eines Schwarzen Lochs zu beschäftigen.
Einzig und allein dem Umstand war es geschuldet, dass Sigurds Körper am Ende gewesen war und er quasi bereits im Sterben lag, dass sie so vertrauensselig gewesen waren.
„Die Frage ist, kann solch ein Schwarzes Loch überhaupt als Transportmedium in Anspruch genommen werden?“
Aletheas Hoffnung hing an einem seidenen Faden, dass Sigurd überhaupt noch lebte.
Aber irgendetwas in ihrem tiefsten Inneren sagte ihr, er war am Leben.
„Das lässt sich nicht so einfach sagen. Es müssen ganz bestimmte physikalische Umstände vorliegen, um überhaupt solch eine Möglichkeit in Betracht zu ziehen. Leider ist auch die mellranische Wissenschaft noch nicht so weit, um hier bestimmte Konstanten zu erkennen.“
Alethea hatte sich mehr Informationen erhofft. Plötzlich wurde ihr heiß und kalt zugleich.
Sigurd war zwar in ein Schwarzes Loch eingetreten, aber wer sagt ihr, dass er es auch wieder verlassen hatte und wenn ja, dann wo?
„Es ist nach meinem Wissensstand nicht möglich, dass lebende oder auch tote Materie die Singularität eines Schwarzen Lochs überhaupt überstehen kann. Alles, was sich hinter den Ereignishorizont begibt, wird vernichtet!“
Kohraolls Äußerung stürzte Alethea noch tiefer in eine seelische Krise.
Sie hatte selbst bereits diesbezüglich Erwägungen angestellt.
Aber wenn auch Sigurds Körper nicht mehr existent sein sollte, musste nicht automatisch auch sein Geist vergangen sein.
Sie zwang sich augenblicklich zur Ruhe. Panik brachte hier überhaupt nichts. Sie musste rational vorgehen.
„Wo befindet sich das erdnächste Schwarze Loch?“
„Im Sternbild Telescopium“, entfuhr es Kohraoll spontan.
Dann ergänzte er seine Bemerkung: „Das ist im östlichen Teil des offiziellen Sternbildes Fuhrmann, sowie nordwestlich von Castor und Pollux, im Sternbild Zwillinge. Die Entfernung zur Erde beträgt etwa tausend Lichtjahre. Wenn man bedenkt, dass unsere Galaxie, von der menschlichen Spezies Milchstraße genannt, einen Durchmesser von etwa hunderttausend Lichtjahren hat, ist das nicht viel!“
Alethea klammerte sich immer stärker an die Hoffnung, dass zumindest Sigurds Geist die Reise wohlbehalten überstanden hatte.
„Es handelt sich hierbei um ein stellares Schwarzes Loch. Dieses unterscheidet sich von den herkömmlichen Schwarzen Löchern dadurch, dass es entsteht, wenn ein massereicher Stern am Ende seiner Lebenszeit als Supernova explodiert. Dabei wird die Sternhülle abgestoßen und der Kern des Sterns kollabiert zu einem Schwarzen Loch. Die gesamte Masse dieses Schwarzen Lochs konzentriert sich in seinem Zentrum und seine Gravitation ist so stark, dass selbst Licht ihm nicht mehr entweichen kann.“
Man merkte Kohraoll an, dass er sich in seinem Metier befand.
„In dem Planetensystem mit der Bezeichnung HR 6819 befindet sich noch ein zweiter Stern, der mit dem ersten Stern um ein gemeinsames Zentrum kreist. Dieser zweiter Stern umrundet noch ein weiteres Objekt, und zwar auf einem viel kleineren Orbit und mit einer Geschwindigkeit von etwa sechzig Kilometern pro Sekunde. Der Stern wird durch das stille Schwarzes Loch über dessen Gravitation auf seine Kreisbahn gezwungen.“
Alethea hörte gespannt zu und auch Calgulla, der gerade den Raum betrat, war regelrecht angetan von den Ausführungen des namhaften mellranischen Astronomen.
„Hat das System Planeten?“
Aufgrund der Informationen über das System HR 6819 war Alethea felsenfest davon überzeugt, dass der Transfer von Sigurd funktioniert hatte.
Dieses stille Schwarze Loch war anders und wenn es in dem Sonnensystem auch noch Planeten gab, dann würde sie nichts mehr aufhalten, um dem System einen Besuch abzustatten.
Womöglich irrte Sigurd bereits seit einiger Zeit auf der Oberfläche eines unwirtlichen Planeten umher.
Sie würde jedenfalls keine weitere Zeit vergeuden. „Ja. Um den ersten Stern bewegt sich ein Planet. Die Konstellation ist schon verblüffend, da er sich eindeutig auch noch in der habitablen Zone bewegt.“
Jetzt war Alethea nicht mehr aufzuhalten.
„Ich muss zu ihm“, hörten die beiden Mellraner sie noch aufstöhnen, dann hatte sie bereits den Raum verlassen.
„Sie wird doch nicht so unvernünftig sein, und dieses System anfliegen?“
Calgulla blickte Kohraoll fragend an.
„Die Gravitation des Schwarzen Lochs ist so stark, dass der einzige Planet, der sich um die erste Sonne dreht, selbst mit einem Raumschiff nicht erreichbar ist. Das Schiff würde unweigerlich in das Schwarze Loch gezogen werden, da der Planet sich unmittelbar vor dem Ereignishorizont befindet.“
Nun war es Calgulla, der schnellstens den Raum verließ und Alethea hinterherrannte.
Leider war er nicht schnell genug, um sie noch vor dem Verlassen der RECON einzuholen.
Als er die Zentrale betrat, um die Paurusheya anzufunken, hob das Xxiin-Raumschiff bereits vom Boden ab.
Aletheas Abbild erschien nur kurz auf dem Zentralschirm.
„Du wirst mich nicht aufhalten. Ich werde das Schwarze Loch anfliegen und dort nach Sigurd suchen.“
Sie war überzeugt, dass Sigurd sich auf dem einzigen Planeten im System HR 6819, in der Nähe des Schwarzen Lochs, befand.
Paurusheya beschleunigte mit Höchstwerten, nachdem sie die letzten Schichten der Erdatmosphäre verlassen hatte.
Die Entfernung zum dem Dreifachsystem aus zwei Sternen und dem Schwarzen Loch betrug 1109 Lichtjahre.
Für das Xxiin Raumschiff eher ein Katzensprung. Die geschätzte Flugdauer betrug mit Maximalwerten weniger als eine Stunde. Da kam die RECON leider nicht mit.
Das Schiff der MBF benötigte für die gleiche Strecke etwa 2,5 Stunden.
Calgulla hatte versucht, nochmals Kontakt zu Alethea aufzunehmen, jedoch ohne Erfolg. Er fragte sich, wie weit sie wohl gehen würde.
Die Annahme, dass sich Sigurd tatsächlich auf dem einzigen Planeten des Dreifachsystems aufhielt, entsprang seiner Meinung nach lediglich ihrer Fantasie.
Es gab überhaupt keine wissenschaftliche Belege dafür, noch eine rationale Erklärung. Alethea brachte lediglich sich und das Schiff in Gefahr.
Die Paurusheya erreichte das Zielgebiet in genau 56 Minuten. Genug Zeit für Alethea, um über einiges nachzudenken.
Sie hoffte tatsächlich inbrünstig, dass Sigurd sich auf dem einzigen Planeten des Dreifachsystems befand.
Wie er dort hingekommen sein könnte, darüber hatte sie sich bisher überhaupt keine Gedanken gemacht.
Ihr Unterbewusstsein gaukelte ihr einfach vor, dass Sigurd durch das Schwarze Loch heraus, direkt auf die Planetenoberfläche transferiert worden war.
Aletheas Ratio war hinsichtlich dieser Vorstellung einfach übergangen, beziehungsweise ausgeschaltet worden.
Dass solch ein Verlauf weit weg von jedweden, astronomisch- physikalischen Vorgängen lag, war ihr überhaupt nicht bewusst.
Ihre Gedanken kreisten nur noch um Sigurd.
„Entfernung zum äußeren Stern 85 Millionen Kilometer. Entfernung zum Schwarzen Loch etwa 150 Millionen Kilometer“, riss sie das Schiffsgehirn aus ihren Überlegungen.
„Wo befindet sich der Planet? Kannst du ihn mir auf dem Zentralschirm zeigen?“