Die Wahrheit über Donald Trump - Michael D'Antonio - E-Book

Die Wahrheit über Donald Trump E-Book

Michael D'Antonio

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Beschreibung

Er ist der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Spätestens jetzt ist es ist höchste Zeit, sich ernsthaft mit Donald Trump auseinanderzusetzen. Michael D'Antonios brillant geschriebene Biographie zeigt Trump in seinem ganzen Größenwahn, Narzissmus und seiner unfassbaren Selbstverliebtheit. Gleichzeitig wird deutlich, wie erschreckend dünnhäutig und aggressiv Trump auf jede Kritik und Provokation reagiert und wie emotional instabil er ist. Es lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nur erahnen, wie schwierig die außenpolitische Abstimmung mit ihm als Präsidenten werden wird. D'Antonio erklärt aber auch, warum Trumps Beliebtheit bei den Wählern kein Zufall ist. Dass er Trumps Aufstieg, Fall und Comeback auch in den Kontext größerer soziologischer und politischer Entwicklungen in den USA einordnet, macht seine Biographie gerade für ein nicht amerikanisches Publikum außerordentlich lesenswert.

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Das Buch

Schon vor seiner Bewerbung als Präsidentschaftskandidat war Donald Trump in den USA eine Legende. Sein Name steht für Erfolg und unverfrorene Selbstdarstellung. Der Pulitzer-Preisträger Michael D’Antonio blickt hinter die Fassaden des Medienphänomens Trump. Für seine fundierte Biographie recherchierte er monatelang und sprach mit Trump selbst, seinen Ex-Ehefrauen und erwachsenen Kindern ebenso wie mit ehemaligen Kollegen, Lehrern und Wegbegleitern. Er zeichnet das so faszinierende wie verstörende Bild eines Mannes, der sich in jeder Hinsicht für überlegen hält und niemals genug bekommt. D‘Antonio erklärt aber auch, warum Trumps Beliebtheit bei den Wählern kein Zufall ist. Dass er Trumps Aufstieg, Fall und Comeback in den Kontext größerer gesellschaftlicher und politischer Entwicklungen einordnet, macht seine Biographie auch für ein nicht-amerikanisches Publikum lesenswert.

Der Autor

Der Journalist und Autor Michael D’Antonio schrieb u.a. für Esquire, The New York Times Magazine, The Times of London Magazine und Politico. Gemeinsam mit einem Journalisten-Team von Newsday wurde er mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Mehrfach wurden seine Bücher von der amerikanischen Presse zum jeweils »besten Buch des Jahres« gekürt. D’Antonio lebt in New York.

Michael D’Antonio

Die Wahrheit über Donald Trump

Aus dem amerikanischen Englisch von Bettina Engels, Norbert Juraschitz, Karsten Petersen und Thorsten Schmidt

Econ

Die Originalausgabe erschien 2015unter dem Titel Never Enough. Donald Trump and the Pursuit of Successbei St. Martin’s Press, New York

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ISBN: 978-3-8437-1368-9

NEVER ENOUGH© 2015 Michael D’AntonioPublished by arrangement with St. Martin’s Press, LL: All rights reserved.© der deutschsprachigen AusgabeUllstein Buchverlage GmbH, Berlin 2016Covergestaltung: FHCM GRAPHICS, BerlinCoverfoto: © Erik Tanner/Contour by Getty Images

E-Book: Pinkuin Satz und Datentechnik, Berlin

Alle Rechte vorbehalten

Für Toni

INHALT

Über das Buch und den Autor

Titelseite

Impressum

Widmung

Vorwort

Einleitung

1. Die Trumps von Brooklyn, Queens und dem Klondike

2. Der kleine König

3. Der Lehrling

4. Stadt der Angst

5. Donald rettet Midtown

6. Turmbauer Trump

7. Medienstar Donald

8. Donald im Land der Spieler

9. Das Glück schwindet

10. Das Spektakel Trump

11. Der neue Trump

12. Der Kandidat Trump

13. Trump, die Fernsehshow

14. »Das Schöne an mir«

15. Ein nicht ganz Unschuldiger auf Reisen

Epilog. Donald Trump verstehen

Danksagung

Anmerkungen

Vorwort

Einleitung

1. Die Trumps von Brooklyn, Queens und dem Klondike

2. Der kleine König

3. Der Lehrling

4. Stadt der Angst

5. Donald rettet Midtown

6. Turmbauer Trump

7. Medienstar Donald

8. Donald im Land der Spieler

9. Das Glück schwindet

10. Das Spektakel Trump

11. Der neue Trump

12. Der Kandidat Trump

13. Trump, die Fernsehshow

14. »Das Schöne an mir«

15. Ein nicht ganz Unschuldiger auf Reisen

Epilog. Donald Trump verstehen

Bibliographie

Feedback an den Verlag

Empfehlung

VORWORT

Wie ein beleidigter Teenager hatte Donald Trump beschlossen, nie wieder mit mir zu reden. Nachdem wir fünf der vereinbarten sieben Interviews absolviert hatten, ließ der große Geschäftemacher unseren Deal durch einen Assistenten aufkündigen – er wollte nie wieder ein Wort mit mir wechseln. Und warum? Ich hatte mit jemandem gesprochen, den er hasst. Da ich ihn kannte, konnte mich das nicht wirklich überraschen. Don – so musste ich ihn nennen, er bestand darauf – fühlt sich gekränkt, wenn ihm jemand nicht zu Diensten steht. Und wenn er gekränkt ist, dann ist die betreffende Person für ihn gestorben, ein für alle Mal. Er hat mir einmal erzählt: »Wenn jemand etwas gegen mich unternimmt, ist er für mich gestorben. Es ist vorbei. Es gibt kein Zurück. Das ist okay. Es gibt Milliarden von Menschen auf der Welt. Du brauchst sie nicht.«

Es vergingen einige Monate, dann zeigte mein klingelndes Telefon mir einen Anruf aus dem »Trump Tower« an. Einer seiner Anwälte – von denen er eine ganze Menge beschäftigt – namens Michael Cohen war am Apparat. Er wollte das Manuskript für dieses Buch sehen, weil er davon ausging, dass es von Fehlern nur so strotzt. Er wollte mir »helfen« zu verhindern, dass ich unrichtige Informationen veröffentliche. Ich erklärte ihm, wie der Inhalt eines Buches vor seiner Veröffentlichung überprüft wird, und dass der Leser sich auf die Unabhängigkeit des Autors verlässt. Wenn ein Mensch, über den ein Buch geschrieben wird, das Recht bekäme, das Manuskript zu redigieren, könnte er genauso gut als dessen Koautor genannt werden, da er seine subjektiven Ansichten und Voreingenommenheiten einbringen würde. Bei Trump, der Gerichtsprozesse wie Waffen einsetzt, wäre außerdem damit zu rechnen, dass er mich wegen meiner Aussagen vor Gericht zerren würde.

Als Cohen allmählich klarwurde, dass er den Text nicht bekommen würde, fing er an, Fragen zu stellen. Ob in dem Buch bestimmte prominente Damen erwähnt würden? Werde darin behauptet, Trump sei ein Rassist? Als ich mich weigerte, seine Fragen zu beantworten, wurde sein Ton immer rauer und bedrohlicher, bis er sich anhörte wie der fiktive Gangster Tony Soprano aus der Serie The Sopranos, wenn auch mit Jura-Abschluss. Als Cohen schließlich erkannte, dass er nichts erreichen würde, ließ er diese Rolle wieder fallen.

»Sie wollen mir überhaupt nichts sagen«, stellte er entgeistert fest.

»Michael, das darf ich auch nicht«, antwortete ich.

Ich glaube, an dieser Stelle hat er leise in sich hineingekichert.

Nach diesem etwas kontroversen Gespräch legte Cohen nach, indem er mehrfach die Rechtsabteilung meines Verlages anrief und ihr mindestens einen Brief schickte. Irgendwann verkündete er: »Jetzt habt ihr euch eine verdammte Klage eingehandelt.« Dies war ein klassisches Trump-Manöver. In seiner gesamten Karriere hat Trump so häufig Journalisten angedroht, sie zu verklagen, dass jeder Reporter, dem er nicht mit so etwas droht, sich vernachlässigt fühlen muss. Schon bei unserem allerersten Gespräch, zwischen Small Talk und scherzhaftem Geplänkel, hatte er darüber spekuliert, dass er mich eines Tages verklagen würde.

Aber es kam zu keiner Klage, was ebenfalls nicht überraschend war. Einige Wochen später, an einem sonnigen Tag im Juni 2015, lud Cohens Boss zu einer Pressekonferenz in die Lobby des Trump Tower ein. Zur angekündigten Zeit fuhr er eine Rolltreppe hinab, etliche Stufen hinter seiner Frau Melania, und verkündete dann, er wolle sich als Präsidentschaftskandidat aufstellen lassen. Ich hatte den Verdacht, dass dies der Grund für Cohens Anruf gewesen war – er befürchtete, Trump werde unvorteilhaft dargestellt und dachte sich, zur Verteidigung könne er mich mit einer kleinen Drohung unter Druck setzen.

Solche Drohgebärden waren schon von jeher ein charakteristisches Merkmal des trumpschen Modus Operandi gewesen. Dazu gehört zum Beispiel, dass er stämmige bewaffnete Männer beschäftigt, die unübersehbar im Vorzimmer seines Büros postiert sind – sie haben nichts anderes zu tun, als ihre Muskeln spielen zu lassen und ihre Waffen zur Schau zu stellen – und ihn zu begleiten, wenn er geht. Dieses Schauspiel, das Trump seit Jahrzehnten in Szene setzt, ist vielleicht eine seiner ganz individuellen Marotten; jedenfalls ist es bei mächtigen Managern keineswegs gang und gäbe. Trump indessen macht oft und gern auf die Mitglieder seiner Sicherheitsbrigade aufmerksam und gibt damit an, wie gut sie ausgebildet seien, als frühere Polizisten und Kriminalbeamte. Damit will er natürlich erreichen, dass andere sich körperlich schwach oder gar bedroht fühlen.

Häufig lag etwas Bedrohliches in der Luft, als Trump den vielleicht bizarrsten Präsidentschaftswahlkampf führte, den Amerika jemals erlebt hat. Er zog über Immigranten ohne Aufenthaltsgenehmigung her und drohte ihnen, sie millionenweise abzuschieben. Er entrüstete sich über Muslime, denen er generell die Einreise in die USA verwehren wollte. Der Kandidat Trump war sich für kaum etwas zu schade; so retweetete er zum Beispiel eine rassistische Falschmeldung über Morde in Amerika. Laut den falschen, von einem nicht existierenden »Crime Statistic Bureau« stammenden »Daten«, waren für 81 Prozent der Morde an weißen Amerikanern schwarze Täter verantwortlich. (Tatsächlich zeigt die vom FBI veröffentlichte Kriminalstatistik für 2014, dass 82 Prozent der weißen Opfer von Gewaltverbrechen von weißen Tätern getötet wurden.) Trump verbreitete diese rassistisch motivierte Lüge nur wenige Tage nachdem ein schwarzer Protestierender ihn bei einer Wahlkampfrede in Birmingham, Alabama, unterbrochen hatte und dafür von einigen Trump-Anhängern getreten und geschlagen worden war. Trump rief ins Publikum (und meinte damit anscheinend alle und jeden): »Schafft ihn hier raus, verdammt noch mal, würdet ihr ihn bitte rausbringen? Schafft ihn raus, schmeißt ihn raus!« Einer seiner Sprecher sagte später zu CNN, das Trump-Wahlkampfteam würde »ein solches Verhalten nicht dulden«, aber Trump selbst formulierte es etwas anders: »Vielleicht hätte man ihn etwas rauer anfassen sollen, weil es absolut widerwärtig war, wie er sich verhalten hat.« Bei einem anderen Wahlkampfauftritt benutzte er sein Mikrophon, um zu kommentieren, wie ein einsamer Kritiker hinausgeführt wurde: »Die Ordner gehen sehr sanft mit ihm um«, sagte er bei dieser Gelegenheit, »ich würde ihm am liebsten eine runterhauen, mitten ins Gesicht, das kann ich euch sagen.«1

Trumps Wahlkampfreden, die er ohne Manuskript und anscheinend völlig unvorbereitet hielt, waren frei von tiefergreifenden politischen Inhalten und glichen Comedy-Auftritten für begeisterte Fans, die im Übrigen ihre Eintrittskarten kostenlos bekamen. Er verunglimpfte andere Politiker, dämonisierte Journalisten und bejubelte Umfrageergebnisse, die zeigten, dass er vor seinen Rivalen lag. Das alles und mehr lieferte er ab im Stakkato-Stil einer »insult comedy« (Beleidigungscomedy). Hier ein Auszug aus einem Bericht der Zeitung The Kansas City Star über Trumps Wahlkampfauftritt am 20. Januar 2016 in South Carolina:

Seht euch nur mal diesen Burschen Jeb Bush an. Er hat 59 Millionen Dollar für seinen Wahlkampf ausgegeben und ist so gut wie tot. Er ist erledigt. Nein, nein, denkt mal drüber nach – eigentlich muss er viel mehr ausgegeben haben. Es ist schon eine Weile her, dass es 59 Millionen waren.

Jedes Mal, wenn ich Werbung von ihm sehe, geht es darin um Trump. Und ich finde, die Werbung ist gar nicht mal schlecht. Sie ist – na ja, ihr wisst schon.

(Lachen im Publikum)

Wenn du Werbung für dich machen willst, dann mach Werbung. Aber er ist ein Mensch, der zu wenig Energie hat, das müssen wir uns klarmachen. Wir brauchen keine schlaffen Leute – wir brauchen jemanden mit viel Energie.

(Applaus)

Aber er hat – denkt nur mal drüber nach. Denkt mal drüber nach. Er hat 59 Millionen Dollar ausgegeben. Ich habe keinen Cent ausgegeben, oder? Keinen Cent.

(Applaus)

Aber ich werde jetzt anfangen, Geld auszugeben. Wahrscheinlich habt ihr schon gemerkt, dass ich jetzt Geld ausgeben werde – wir werden jetzt anfangen, eine Menge Geld auszugeben, weil ich kein Risiko eingehen will. Wisst ihr, es ist – ich liebe es, voranzukommen – und in den letzten Monaten habe ich praktisch immer vorn gelegen, seit ich meine Kandidatur angekündigt habe, oder? Und im letzten – sogar mit großem Abstand vorn gelegen. Darüber will ich reden, weil bei mir alles über Meinungsumfragen läuft. Ich liebe Umfragen. Ich liebe Umfragen.2

Trumps Kampagne, ein Spektakel von Verfälschungen, bruchstückhaften Wortfetzen und einem extrem emotional aufgeheizten Stil, trotzte den üblichen Arten politischer Analyse. Wenn er über seinen immensen Reichtum, seine überlegene Intelligenz und seine angeborene Fähigkeit sprach, bei allem und jedem zu »gewinnen«, wirkte er eher wie eine Figur aus einer Hollywood-Farce denn als legitimer Kandidat. Er setzte sein gummiartiges Gesicht ein, um Abscheu, Verärgerung, Wut und Selbstzufriedenheit zum Ausdruck zu bringen. Und er setzte seinen Körper ein, um Aussagen zu unterstreichen, die er betonen wollte. Als er über einen Reporter sprach, der zufällig körperlich behindert war, machte er sich über ihn lustig, indem er seine Bewegungen nachäffte. Um seine Behauptung zu unterstreichen, dass ein anderer Kandidat – Marco Rubio – während einer Debatte geschwitzt hatte, verspritzte er Wasser und tat dann so, als würde er gierig aus einer Plastikflasche trinken.

Das zustimmende Gelächter und die Beifallsbekundungen, die er für seine Show mit der Wasserflasche erntete, gingen auf den Umstand zurück, dass Rubio – ein amtierender Senator der Vereinigten Staaten – mit dem ganzen Gerede über Körperflüssigkeiten begonnen hatte. Von Trump – der bereits in drei Bundesstaaten die Vorwahlen gewonnen hatte – im Wahlkampf deklassiert, übernahm Rubio im Februar 2016 dessen Stil. Bei einem seiner Auftritte erzählte er seinem Publikum, Trump habe während einer Pause bei einer im Fernsehen übertragenen Debatte »nach einem Ganzkörperspiegel verlangt … vielleicht, um sich davon zu überzeugen, dass seine Hose nicht nass ist«. So weit war der Präsidentschaftswahlkampf schon heruntergekommen: Zwei erwachsene Männer, die darüber redeten, wer wie stark geschwitzt oder sich in die Hose gemacht haben könnte. Aber dann wurde es noch schlimmer.

Als Trump und seine Rivalen um die Gunst der Wähler im tiefen Süden der Vereinigten Staaten buhlten, sagte der bekannteste Rassist der US-Politik, wenn weiße Amerikaner Trump ablehnen, sei das »ein Verrat an eurem Erbe«. David Duke ist ein ehemaliger Chef des Ku Klux Klan, einer Gruppe, die fanatisch an die Überlegenheit der weißen Rasse glaubt und in ihren diversen Inkarnationen Schwarze, Juden, Katholiken und andere Minderheiten in Schrecken versetzt und terrorisiert hat. Im Jahr 2000 hatte Trump selbst Dukes Namen erwähnt, als er die Gründe aufzählte, warum er, Trump, die Reform Party verlassen hat. (Er sagte damals, Duke sei »eine bigotte Person, ein Rassist, ein Problem«.) Als jedoch im Jahr 2016 die Vorwahlen im tiefen Süden näher rückten, schien Trump sich nicht mehr daran erinnern zu können, wer Duke ist. Er sagte außerdem, er könne das Wesen der Bewegung, die sich die Überlegenheit der weißen Rasse auf die Fahnen geschrieben habe, nicht verstehen. In einem live ausgestrahlten Interview mit CNN-Reporter Jake Tapper sagte Trump: »Ich weiß überhaupt nicht, wovon Sie reden – weiße Überlegenheit oder deren Verfechter? … Also, ich weiß nicht. Ich weiß es wirklich nicht – hat der sich hinter mich gestellt oder was? Ich weiß nichts von einem David Duke; ich weiß nichts von weißer Überlegenheit und deren Verfechtern.«3

Als Trump es nicht hinbekam, ganz einfach die Unterstützung rassistischer Organisationen abzulehnen und behauptete, nichts zu wissen von einem Mann, den er zuvor als bigotte Person verdammt hatte, waren viele seiner Genossen in der Republikanischen Partei entsetzt. Paul Ryan aus Wisconsin, Sprecher des Repräsentantenhauses, sagte: »Wenn jemand zum Präsidentschaftskandidaten der Republikanischen Partei nominiert werden will, darf es kein Ausweichen und keine Spielchen geben. Er muss jede Gruppe und jede Sache, die sich auf Intoleranz gründet, ohne Wenn und Aber ablehnen. Unsere Partei lehnt es ab, sich die Vorurteile der Menschen zunutze machen zu wollen.« In der erhitzten Kontroverse um diese Sache wies Trump auf andere Gelegenheiten hin, bei denen er sich von Duke distanziert hatte.4

Diese Debatte löste eine Lawine an Presseberichten aus, bei denen Trump nicht gut wegkam. Dessen ungeachtet hielt er auch weiterhin Reden vor großen Menschenmengen, und am sogenannten »Super Tuesday«, an dem Vorwahlen in elf Bundesstaaten stattfinden, gewann er sieben davon. Führende Persönlichkeiten aus der politischen Mitte der Republikanischen Partei mussten sich mit dem Gedanken vertraut machen, dem polarisierendsten Kandidaten seit Jahrzehnten in die Präsidentschaftswahl im November folgen zu müssen. Sie mussten befürchten, dabei nicht nur das Rennen ums Weiße Haus zu verlieren, sondern auch die Mehrheit im Senat der Vereinigten Staaten. In dieser albtraumhaften Vision der Zukunft war es durchaus denkbar, dass die Partei selbst auseinanderbrechen und untergehen würde wie ein Schiff, das sich gegen die Gewalt einer sturmgepeitschten See nicht behaupten kann.

Trumps Wahlkampf war ein sorgfältig geplanter und durchaus erfolgreicher Versuch, die Sorgen und den Zorn verunsicherter Menschen auszunutzen, denen ein politisches System zutiefst suspekt war, das von Menschen dominiert wurde, die den Parteien riesige Wahlkampfspenden zukommen ließen.

Zu den Ängsten, die Trump für sich ausnutzte, zählten (neben anderen) die folgenden:

Angst vor islamistischen Terroristen – Trump drang darauf, allen Muslimen vorübergehend die Einreise in die Vereinigten Staaten zu verwehren und massive militärische Operationen im Nahen Osten in die Wege zu leiten.Angst vor Arbeitslosigkeit – er schlug vor, elf Millionen mexikanische Einwanderer ohne Aufenthaltsgenehmigung abzuschieben, eine riesige Mauer an der Grenze zu Mexiko zu bauen und das Nachbarland zu zwingen, für die Kosten aufzukommen.Angst vor Kriminalität – Trump machte sich dafür stark, dass die Todesstrafe häufiger verhängt wird; das ist etwas, was ein US-Präsident nicht durch Erlass verfügen kann.Angst vor der Globalisierung – er befürwortete Handelskriege mit China und Mexiko.

Trump nutzte die Wut und das Misstrauen der Menschen aus, indem er:

sich über die militärischen Verdienste des früheren Kriegsgefangenen und jetzigen Senators John McCain lustig machte;verkündete, der Klimawandel sei ein Schwindel;die Lüge verbreitete, dass »Abertausende von Menschen« in New Jersey den Einsturz der Türme des World Trade Centers nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 bejubelt hätten;Reporter dämonisierte als »totalen Abschaum. Sie sind zutiefst verlogen.«

Die Quintessenz von Trumps Attraktivität war im Titel seines schnell zusammengestückelten Wahlkampfprogramms wiederzufinden, einem Buch mit dem Namen Crippled America: How to Make America Great Again (Verkrüppeltes Amerika: Wie wir Amerika wieder zu alter Größe führen). Bei seinen Wahlkampfveranstaltungen schwenkten die Menschen Plakate, die sich auf die Wendung »Schweigende Mehrheit« der Nixon-Ära bezogen, und die Formel »Wir müssen unser Land zurückerobern« war ein häufig zu hörender Refrain. Die implizite Botschaft war, dass Millionen von Amerikanern sich machtlos und sogar geknebelt gefühlt hatten durch eine fremde Macht, die das Land übernommen hatte – aber mit Trump hätten sie eine Stimme gefunden. Die Trump-Wählerin Patricia Aguilar aus Everett, Massachusetts, sagte der New York Times, Trump würde ausdrücken, was »die Menschen wirklich fühlen«, aber »was wir uns alle nicht zu sagen trauen«.5

Inspiriert durch Trumps Rhetorik und seinen pompösen Stil, durch den er sich von der Masse abhob, liefen die Menschen in Scharen in seine Reden und Wahlkampfauftritte. Die TV-Produzenten räumten ihm in ihren Programmen wesentlich mehr Zeit ein als den anderen Kandidaten. Wann immer er im Fernsehen auftrat, schossen die Einschaltquoten derart in die Höhe, dass Trump begann, sich über diese sprudelnde Einnahmequelle für die Fernsehsender zu beklagen. In der Online-Welt fanden sich Trump-Unterstützer zu Tausenden in Gruppen zusammen und verbreiteten Falschmeldungen und Solidaritätsbekundungen. Es tauchten mit Bildbearbeitungssoftware gefälschte Bilder von Trump-Unterstützern auf. (Eines dieser manipulierten Fotos zeigte einen schwarzen Mann, der ein T-Shirt mit einem Pro-Trump-Slogan trägt.) Manche Blogger fälschten Artikel unter den Namen etablierter Autoren, die für The Wall Street Journal und The New Yorker schreiben. Im gesetzlosen Raum des Internets wurden solche Lügen weithin für akzeptabel gehalten, und sie standen im Einklang mit Trumps eigenen Botschaften in sozialen Medien, die häufig Verunglimpfungen, Wutausbrüche und Verfälschungen enthielten. Im Online-Portal Reddit beschrieb es einer seiner Anhänger – anscheinend voller Bewunderung – so: »Er betreibt ›shitposting‹, ganz so, wie er es jeden Tag und den ganzen Tag lang macht.«6

Konventionelle Politiker verstanden nicht, dass Trump durch sein »shitposting« (Scheiße posten) seine Jünger zusammenschweißen und sie gegen den störenden Einfluss von Fakten, die von außen in die Diskussion getragen werden, immunisieren konnte. In solchen Trump-Fangruppen wurde kein Außenseiter angehört, und interne Abweichler wurden mit einer Flut beleidigender Kommentare abgestraft. Meinungsforscher und politische Strippenzieher, die blind waren für die Macht, die diesem alternativen Universum innewohnt, unterschätzten Trump monatelang. Im Juni 2015 sagte Mara Liasson vom National Public Radio: »Ich glaube, dies ist Donald Trumps größter Tag. Und von heute an wird man ihn ignorieren.« Im November sagte der angesehenste politische Jounalist des U.S. News & World Report voraus, dass »Trumps Vorsprung schrumpfen wird«, und der Meinungsforscher Nate Silver riet der Presse, »sich wieder einzukriegen«, da Trumps Stammgefolge kaum acht Prozent der Wählerschaft ausmache. Noch im Januar 2016 setzten die Buchmacher, die Wetten auf den Ausgang des Nominierungsverfahrens für den Präsidentschaftskandidaten anboten, auf Marco Rubio.7,8

Die Wahrheit über Trumps Anziehungskraft begann solchen Experten zu dämmern, als er die Vorwahlen in New Hampshire mit einem Vorsprung von fast 20 Prozent gewann. Dann kamen die Siege in South Carolina und Nevada. Am ersten Dienstag im März gewann Trump sieben von elf Vorwahlen und schien auf dem besten Weg zu seiner Nominierung zu sein. Diese Realität, die ihnen noch wenige Monate zuvor unvorstellbar erschien, war so alarmierend für das Partei-Establishment, dass sie in ein kopfloses Gerangel verfielen, um Wege zu finden, Trumps Nominierung zu verhindern. Ihre Sorge war, dass es ihm trotz der Unbeirrbarkeit seiner Hardcore-Unterstützer womöglich nicht gelingen würde, genug Wechselwähler und Demokraten auf seine Seite zu ziehen, um gegen die wahrscheinliche Kandidatin der anderen Partei, Hillary Clinton, das Rennen zu machen.

Die Führer der »Grand Old Party« (GOP, gebräuchliche Bezeichnung für die Republikanische Partei) hatten durchaus Anlass zur Sorge, weil bei einer offiziellen Wahlanalyse nach der Wahl 2012 festgestellt worden war, dass die Partei es sich mit bestimmten großen Wählergruppen – Latinos, Schwarzen, Frauen, Asiatischstämmigen und anderen – verscherzt hatte, die ausschlaggebend für den Wahlerfolg eines Kandidaten auf der nationalen Ebene sind. Je mehr Trump diese Wähler von der GOP entfremdete, desto alarmierter wurden langjährige Parteiführer, vor allem jene, die im Präsidentschaftswahlkampf des Kandidaten Mitt Romney im Jahre 2012 eine Rolle gespielt hatten. Einer von ihnen, Kevin Madden, meinte, man müsse Trumps Kandidatur als »Charakter-Lackmustest« ansehen und jeder, der ihn unterstütze, sei bei diesem Test durchgefallen. Ein anderer, Stuart Stevens, beschwor seine Parteifreunde, Hillary Clinton zu wählen, die Kandidatin der Demokratischen Partei, weil sie eine bessere Präsidentin abgeben würde. Meg Whitman, eine frühere Kandidatin für den US-Senat, hat Trump als »unehrlichen Demagogen« bezeichnet.9

Als Trump immer weiter gewann, kamen die besonneneren Mitglieder des GOP-Establishments zusammen, um ihn davon abzuhalten, der Führer ihrer Partei zu werden. Es bildete sich eine von Romney und anderen geführte Koalition unter dem Motto »Jeder, bloß nicht Trump«, um ihn entweder im weiteren Verlauf der Vorwahlen zu stoppen, oder, falls das misslingen sollte, auf dem Parteikonvent, wo die Regeln des Auswahlverfahrens für die Vereitelung seiner Kandidatur genutzt werden konnten. »Trumps charakteristisches Merkmal ist Unehrlichkeit«, sagte Romney. (Worauf Trump mit der scherzhaften Bemerkung reagierte, Romney hätte ihn, als die beiden sich 2012 begegneten, sogar oral befriedigt, um seine Unterstützung zu gewinnen.) William Kristol, der Herausgeber des konservativen Weekly Standard, sagte, er würde im Rennen ums Weiße Haus einen alternativen unabhängigen Kandidaten oder den Kandidaten einer anderen Partei unterstützen. Der GOP-Kongressabgeordnete Scott Rigell aus Virginia erklärte: »Ich sehe mich nicht nur außerstande, für ihn zu stimmen, sondern ich kann auch nicht stillsitzen und zusehen, wie er seinen Vorsprung immer weiter ausbaut.« Ganz ähnlich äußerten sich die sechzig Außenpolitik-Experten der Republikanischen Partei, viele von ihnen ehemalige Diplomaten und Berater des jeweiligen Präsidenten, die Trump als Bedrohung für das Ansehen der Vereinigten Staaten in der Welt anprangerten.10,11

Diese außenpolitischen Experten, die endlich erkannt hatten, welch ein Problem Trump für die Interessen der Vereinigten Staaten auf der weltpolitischen Bühne darstellte, bezogen ihre Informationen von den TV-Nachrichtenteams und Auslandskorrespondenten, die seit Anfang 2016 ihre Bedenken wegen Trump in meine Heimat in den Vororten von New York mitgebracht hatten. Viele von ihnen, etwa Suh Yong Ha vom Korean Broadcasting System, waren bei Trumps Wahlkampfauftritten dabei gewesen, bei denen er mit dem Finger auf Reporter gezeigt und sie als »Abschaum« bezeichnet hatte, worauf seine Unterstützer mit Buhrufen und Pfiffen reagiert hatten. Andere hatten miterlebt, wie Trump-Fans Protestierende packten und sie mit Gewalt aus solchen Veranstaltungen entfernten. In ihren Gesprächen mit mir verwendeten drei verschiedene Reporter aus Deutschland das Wort »Nazi«, um zu beschreiben, was sie in Trump sahen. Jeder Einzelne von ihnen bedrängte mich, ihm zu erklären, was hier vor sich gehe und wie dieser Mann zu verstehen sei.

Ist er ein Rassist?

Ist er geisteskrank?

Ist er böse?

Im Gegensatz zu Trump weigere ich mich, mit Plattitüden zu antworten – das ist sein Stil. Allerdings ist es durchaus möglich, Trumps Verhalten zu beobachten und dadurch zu begründeten Erkenntnissen zu kommen. Ich habe drei Jahre dafür aufgewendet, sein Privatleben, seine geschäftlichen Unternehmungen und vieles mehr zu recherchieren. Ich habe die Einflüsse und Erlebnisse ausfindig gemacht, die augenscheinlich seine Neigung erklären können, andere Menschen zu schikanieren, zu manipulieren und zu täuschen – und auch seinen Größenwahn.

Trump glaubt, das vieles von dem, was eine Persönlichkeit ausmacht, in den Genen und in der frühen Kindheit der betreffenden Person zu finden ist. Er wurde als Kind einer Mutter geboren, die süchtig nach Aufmerksamkeit war, zwanghaft auf sozialen Status achtete und so knickerig war, dass sie persönlich in die Waschkeller der trumpschen Gebäude hinunterging, um dort die Münzen aus Waschmaschinen und Trocknern einzusammeln. Außerdem war sie über ausgedehnte Zeiträume im frühen Leben des jungen Donald krank. Sein Vater Fred war zahlreichen Berichten zufolge extrem streng und fordernd, aber auch eingebildet, manipulativ und heuchlerisch. Zwei von der Regierung angestrengte Untersuchungen ergaben, dass er ständig die Gesetze beugte, um exzessive Profite aus staatlichen Programmen zu schlagen, die darauf ausgelegt waren, Kriegsveteranen und Mittelklasse-Amerikaner mit erschwinglichem Wohnraum zu versorgen.

Fred Trumps kreativste geschäftliche Aktivität war nicht etwa das Errichten seiner Nullachtfünfzehn-Wohnblocks, sondern vielmehr das Spinnen eines Firmennetzwerks, mit dem er verschleiern wollte, was er mit seinen staatlich subventionierten Finanzen anstellte. Als man ihn zur Rechenschaft zog, stand er zu seinem gierigen und unschicklichen Verhalten und bot dafür die unmoralische Erklärung an, das System habe sein Verhalten überhaupt erst ermöglicht – es sei nichts verwerflich daran, den Geist staatlich finanzierter Wohnungsbauprogramme mit den Füßen zu treten, solange es denn legal sei.

Zu Hause führte Trump senior seine Methoden und Prioritäten vor, wenn er bis spät in die Nacht seine Geschäfte machte. Einer seiner Tricks am Telefon bestand darin, seine Identität zu verleugnen – er pflegte sich als »Mr Green« zu melden –, um sich irgendeinen Vorteil über den Angerufenen zu verschaffen. Wenn er sich denn tatsächlich einmal mit seinen Sprösslingen beschäftigte, brachte er ihnen bei, sich ebenso skrupellos, ehrgeizig und aggressiv zu verhalten. Von Donald erwartete er, sowohl zu einem »Killer« als auch zum »King« zu werden. Statusgemäß wurde Donald in einer großen Limousine auf seine tägliche Routinerunde chauffiert – und so ist es kein Wunder, dass er sich zu einem streitsüchtigen, tyrannischen und körperlich aggressiven kleinen Jungen entwickelte.

Donald besuchte eine vornehme Privatschule, wo er jeden Tag ein kleines Jackett und einen Schlips tragen musste. Er störte ständig den Unterricht und war ausgesprochen aufsässig, und der Kew-Forest School gelang es nicht, ihm diese Unarten abzugewöhnen. Trump ließ sich auch durch die geistlichen Lehren nicht bändigen, die in der Marble Collegiate Church gepredigt wurden und denen er hin und wieder mit seiner Familie beiwohnte. Diese Kirchengemeinde war der Sprengel des bekannten Reverend Norman Vincent Peale, der lehrte, dass Geschäftstüchtigkeit gottgefällig sei und Ehrgeiz praktisch eine Art Gottesdienst. Peale sprach so gut wie nie von Sünde oder moralischen Pflichten; als eingefleischter Anti-Katholizist lehnte er die Bewerbung des römisch-katholischen John F. Kennedy um das Präsidentenamt zutiefst ab. Die Gefolgschaft dieses Priesters begründete so etwas wie einen Kult, der sich um die Botschaften seines Buches The Power of Positive Thinking (Die Kraft positiven Denkens) scharte.

Da so vieles von dem, was er außerhalb der Schule erlebte, ihn darin bestärkte, sich anderen Menschen überlegen zu fühlen, schikanierte Donald Trump seine Schulkameraden und Lehrer. Für die achte Klasse wurde er deswegen fortgeschickt an die weit entfernte New York Military Academy (NYMA), wo man ihn in eine Uniform steckte und in einer leerstehenden kleinen Kammer unterbrachte – fort waren die Familie und Freunde und die Opulenz der Trump-Villa, und an ihre Stelle waren ein hierarchisches System und autoritäre Disziplin getreten. Die Erwachsenen an der NYMA – viele von ihnen Veteranen aus dem Zweiten Weltkrieg – herrschten mit körperlicher und psychischer Brutalität; Donald hat es mir so geschildert: »Sie prügelten dir die Knochen aus dem Leib.«

Die NYMA bestätigte nicht nur, dass Tyrannei die Welt beherrscht, sondern bestärkte Trump auch in seiner Vorstellung, dass es ausschließlich auf Wettbewerb und Ehrgeiz ankommt. Sein alter Mentor in der militärischen Anstalt, »Colonel« Theodore Dobias, hat mir erzählt, dass Trump bei allem, was er tat, der Erste sein musste – auch der Erste, der in der Warteschlange vor der Essensausgabe im Speisesaal vordrängelt. Außerdem erinnert er sich, dass Donalds Vater »sehr streng mit dem Jungen umging. Er war sehr deutsch.«

Zum Corps der Kadetten an der NYMA zählten auch Söhne von Mafiabossen und Sprösslinge, deren Väter einem lateinamerikanischen Diktator dienten – aber kein einziger schwarzer oder asiatischstämmiger Schüler. In Donalds letztem Schuljahr wurden die Demütigungsrituale unter den Schülern der Abschlussklasse so schlimm, dass ein jüngerer Schüler ins Krankenhaus musste, nachdem er von einem älteren mit einer schweren Kette zusammengeschlagen worden war. Als die brutalen Umgangsformen an der Akademie öffentlich bekannt wurden, traten drei führende Offiziere an der Schule zurück.12

Nachdem er sich an der NYMA durchgesetzt hatte, ging Donald Trump ans College heran, als sei es eine Handelsschule. Jedes Wochenende fuhr er nach Haus, um im Geschäft der Familie zu lernen. Dort konnte er beobachten, wie sein Vater diverse Politiker durch Spenden für seine Zwecke einspannte und seine Beziehungen spielen ließ, um immer reicher zu werden. Während junge Männer aus armen Bevölkerungsschichten und aus Minderheiten in Vietnam kämpften und starben, konnte er sich mit einem kleinen gesundheitlichen Problem um den Militärdienst drücken. (Seine Fersenbeinsporne hinderten ihn keineswegs daran, Sport zu treiben, aber irgendwie machten sie es ihm unmöglich, als Soldat zu kämpfen.)

Nach seinem Studium am College ließ Donald sich in Manhattan nieder, wo er sich in den Niederungen von Gier, Täuschung und Verworfenheit herumtrieb. Nach eigenem Bekunden beobachtete er Orgien im Hauptquartier der Prominenz, der angesagten Diskothek Studio 54, und wurde zum Augenzeugen der in der politischen Szene von New York grassierenden Korruption. (Später äußerte er einmal, dass Gouverneur Hugh Carey für eine Wahlkampspende »alles« tun würde.) Einer von Trumps frühesten engen Kumpanen war Roy Cohn, Gangster-Advokat und politischer Mann fürs Grobe, der berüchtigt war für seine rassistischen und antisemitischen Statements (obwohl er selbst Jude war). Unter Cohns Anleitung perfektionierte Trump bald die Kunst, die Presse zu benutzen, um ein falsches Image von Erfolg aufzubauen. Mit ein bisschen Manipulation errang er das Wohlwollen der New York Times, die ihn als attraktiv und brillant darstellte, und die Produzenten der wichtigsten TV-Talkshow der Stadt wurden auf ihn aufmerksam. Die Presse brauchte gute Storys, ob sie nun ganz stimmten oder nicht, und dabei konnte es auch nicht schaden, dass Donald durchaus fotogen war.

An jeder Weggabelung sah der junge Trump, ob er nun danach Ausschau hielt oder nicht, dass jeder, der bereit war, altmodische Vorstellungen von Recht und Anstand zu missachten, sich bereichern konnte. In seinem New York der Siebzigerjahre gewährten Zeitungskolumnisten ihre Gunst gegen gewisse Gefälligkeiten, Gangster genossen eine Prominenz, die mit derjenigen von Sport-Stars vergleichbar war, und Werte wie Treue und Redlichkeit waren Relikte der Vergangenheit. Seine Welt war eine vergoldete Gosse, in der er zu der Überzeugung gelangte, dass der Mensch im Wesentlichen eine käufliche Kreatur ist. Je gieriger und egozentrischer er sich zeigte, desto mehr Menschen schien das zu gefallen. Er hatte jemanden angeheuert, um ein Buch zu schreiben, gerierte sich daraufhin als Schriftsteller, und das Buch wurde zu einem Bestseller. In aller Öffentlichkeit betrog er seine erste Frau, und im darauffolgenden Skandal wurden seine Kinder mit Spott und Verachtung überzogen. Seine Firmen machten vier massive Insolvenzen durch, und er scheiterte mit unzähligen Unternehmungen. Und zahllosen Klagen, Zeitungsreportagen und persönlichen Berichten zufolge haben er und seine Unternehmen Tausende von Investoren, Konsumenten und Unbeteiligte zu Opfern gemacht.

Und heute, im Jahr 2016, ist Trump ein Kandidat für das Amt des US-Präsidenten, der keine Ideale kennt und der sich außer seinem Machtwillen kaum etwas verpflichtet fühlt. Ohne ein solides Fundament aus Mitgefühl und Ethos zu besitzen, macht er sich rassistischen Hass zunutze, ergeht sich in Frauenfeindlichkeit und ermutigt stillschweigend gewalttätiges Verhalten. Je näher die Wahl heranrückt, desto häufiger bestätigt sich seine abscheuliche Sicht des menschlichen Wesens. Und die wichtigen Fragen, die sich uns stellen, drehen sich nicht etwa um Trump – was in ihm lauert, ist offensichtlich. Weniger gewiss ist dagegen, was in uns selbst zu finden ist.

EINLEITUNG

Meistenteils kann man die Menschen nicht respektieren, weil die meisten Leute keinen Respekt verdienen.

Donald Trump

Im Profil – und so sahen ihn die Fernsehzuschauer an jenem Abend – erinnerte Donald Trump am ehesten an einen Gockel im Smoking. Seine Körperhaltung, die er sich in der Militärschule angewöhnt hatte, war so aufrecht und steif, als habe er einen Ladestock verschluckt. Sein Blick war konzentriert und intensiv, mit zusammengekniffenen Augen, als nehme er einen fernen Gegner ins Visier. Und mit seinem von der Stirn bis zum Nacken geschwungenen Bogen erinnerte sein berühmter Helm aus goldenem Haar an den Kamm eines Hahns der Sorte Rhode Island Red. Bei diesem Hahn soll jenes markante Signal das Interesse von weiblichen Tieren auf sich ziehen und Feinde abschrecken. Bei Trump, der 2011 beim Korrespondenten-Dinner des Weißen Hauses zwischen Bewunderern und Kritikern saß, zog die Frisur nur den Blick der Fernsehkameras auf sich. Sie fingen seine Reaktion auf den öffentlichen Spott ein, mit dem er zur Unterhaltung des Publikums überzogen wurde, sowohl von dem Comedian Seth Meyers als auch vom Präsidenten der Vereinigten Staaten.

Das einzige Anzeichen, dass Trump darunter litt, zeigte sich, als Meyers volle zweieinhalb Minuten über ihn herzog. Als die Leute lachten und die Hälse reckten, um einen Blick auf Trump zu erhaschen, fixierte er den Comedian bitterböse – »Wenn Blicke töten könnten«. Sein Gesichtsausdruck blieb unbewegt und grimmig, als selbst die Dinnergäste an seinem eigenen Tisch es nicht schafften, dem allgemeinen Drang zu widerstehen, sich vor Lachen auszuschütten. Anlass für all diesen Spott gab Meyers, als er von einer Umfrage erzählte, die ergeben hatte, dass nur 38 Prozent der Amerikaner sicher waren, dass Präsident Obama in den Vereinigten Staaten geboren worden war. Da die Verfassung vorschreibt, dass der Präsident im Land geboren worden sein muss, war diese – von Verschwörungstheoretikern konstruierte – Frage ein plumper Versuch, Obama als einen »Andersartigen« darzustellen, dessen Anspruch aufs Präsidentenamt nicht legitim sei. Durch seine anhaltenden, angestrengten Bemühungen, dieses Geburtlertum (»birtherism«) zu fördern, hatte Trump sich zum Ziel von Kritikern gemacht, die meinten, solches Gerede sei spalterisch, destruktiv und womöglich eine verdeckte Form von Rassismus. Trump wies solcherlei Kritik zurück und bestand darauf, keineswegs voreingenommen zu sein, sondern vielmehr wichtige Fragen zu stellen. »Wenn es um Rassismus und Rassisten geht«, so Trump, »bin ich die am wenigsten rassistische Person, die es überhaupt gibt.«

Als er an der Reihe war, zu den Korrespondenten und ihren Gästen zu sprechen, ging der Präsident die »birthers« frontal an, aber mit bemerkenswertem Humor. Er präsentierte sogar einen Ausschnitt aus dem Zeichentrickfilm Der König der Löwen als »das offizielle Video meiner Geburt«. Dann erwähnte Obama Trump namentlich, lobte seine Führungsqualitäten als Moderator der TV-Realityshow The Apprentice (Der Lehrling), wo er »Entscheidungen treffen muss, die mir nachts den Schlaf rauben würden«. Obama fuhr fort, da ja nun das Birther-Problem geklärt sei, könne Trump »sich wieder auf die Dinge konzentrieren, die wirklich wichtig sind – zum Beispiel, ob wir vielleicht die Mondlandung gefälscht haben?« Von einem Kritiker angegriffen, der in der Statushierarchie mehrere Stufen über ihm stand, verzichtete Trump auf seinen »Killer-Blick«; stattdessen ließ er es zu, dass seine Mundwinkel sich ein winziges bisschen hoben, wodurch die Krähenfüße rings um seine Augen noch deutlicher sichtbar wurden. Er winkte dem Präsidenten zu – ja, er konnte einen Witz auf seine Kosten vertragen. Anschließend gab er sich Mühe, unbeeindruckt zu wirken und tat so, als sei es eine Leistung, die Aufmerksamkeit des Präsidenten zu gewinnen. »Ich fühlte mich tatsächlich sehr geehrt durch die Art, wie ich behandelt wurde«, sagte er. »Sie haben mich mit großem Respekt behandelt. Sie haben Witze gemacht und herumgealbert, aber ich war das Gesprächsthema, und das ist vielleicht gar nicht so schlecht.«1

In vielerlei Hinsicht ist Donald Trump seit fast vierzig Jahren ein Gesprächsthema gewesen. Niemand in der Geschäftswelt ist schon seit so langer Zeit so bekannt – weder Bill Gates noch Steve Jobs noch Warren Buffett. Sein Name, der zuerst mit publicityträchtigen Immobilienprojekten im Manhattan der Siebzigerjahre in Verbindung gebracht wurde, entwickelte sich bald zu einem Synonym für Erfolg, der sich durch Wohlstand und Luxus definierte. Der Schriftzug TRUMP, den er auf Wolkenkratzer, Casinos und Linienflugzeuge malen ließ (meist in goldenen Großbuchstaben), wurde zu einer echten persönlichen Marke, die einen einzigen Mann mit einer scheinbar endlosen Zahl von Angeboten verknüpfte. Nach und nach wurde dieses Markenzeichen auch für Hotels, Möbel, Krawatten und Fleischprodukte verwendet – also für fast alles, was man als hochwertig, teuer und erstklassig verkaufen kann.

Die Art von Klasse, die Trump bieten wollte, definierte sich nicht über sozialen Status, sondern über Geld. In seinem Eifer, sich mit seinen Angeboten an Neureiche und Möchtegerne zu wenden, ließ er diejenigen links liegen, die Mitglieder des von ihm so genannten »lucky sperm club« (sinngemäß etwa: Club der durch Geburt Privilegierten) waren. Dabei ignorierte er den Umstand, dass er selbst in eine der reichsten Familien des Landes hineingeboren worden war. Trump stellte sich als der reiche Freund eines jeden Normalbürgers dar, der Mitglieder der High Society mied – wenn er sie nicht gerade brauchte, um teure Apartments zu verkaufen. Bei solchen Gelegenheiten ließ er die Rolle des Anti-Snobs fallen und bezog sich bereitwillig auf die Astors, Whitneys, Vanderbilts und andere Mitglieder des Geldadels eines vergangenen Zeitalters. Es verstand sich jedoch von selbst, dass er diese Namen aus kommerziellem Interesse im Munde führte und sein Herz eigentlich für die Mittelklasse schlug – also für die Menschen, die seine Fernsehsendungen sahen, seine Produkte kauften und ihn vielleicht sogar wählen würden, falls er sich jemals für die Präsidentschaftskandidatur entscheiden sollte.

Nach den besten verfügbaren Daten kennen heute 96 Prozent der US-Bevölkerung den Namen »Trump«, aber die meisten mögen ihn nicht. Henry Shafer von der Firma, die Prominente mit dem »Q Score« einstuft, bezeichnet Trump als einen »Quasi-Prominenten, den zu hassen die Leute lieben«. Im Jahr 2014 hatten 61 Prozent der in Trumps Heimatstadt New York befragten Umfrageteilnehmer eine negative Meinung von ihm. Für Comedians ist er eine unwiderstehliche Zielscheibe. Jon Stewart, der ehemalige Star der jahrelang ausgestrahlten satirischen Nachrichtensendung The Daily Show, machte ihn routinemäßig zum Ziel seiner Attacken – so nannte er ihn zum Beispiel einmal »Fuckface von Clownstick«. Bekanntlich hat der Fernsehmoderator und Comedian Bill Maher Trump fünf Millionen Dollar angeboten, falls er beweisen könne, dass er nicht »das Ergebnis einer sexuellen Begegnung zwischen seiner Mutter und einem Orang-Utan« sei.2

Das Niveau der Kommentare von Stewart und Maher sagt eine Menge darüber aus, wie boshaft die Umgangsformen heutzutage geworden sind. Es fällt schwer, sich Äußerungen von Mark Twain vorzustellen, die durch solche Pieptöne zensiert werden müssten, wie sie Stewarts Tiraden begleiten. Natürlich kann es gut sein, dass Twain nie einem Menschen wie Trump begegnet ist. In seiner hämisch-aggressiven Art sucht Trump ständig nach Gelegenheiten, sich beleidigt zu fühlen und dann mit seinem vermeintlichen Gegner eine Schlammschlacht zu beginnen. Als Stewart einmal eine allgemeingehaltene spöttische Bemerkung auf Teenager-Niveau über ihn machte, antwortete Trump, als habe er sich zutiefst persönlich angegriffen gefühlt: »Wenn er so über den Dingen steht und wenn er so cool ist, warum hat er dann seinen ursprünglichen Namen Jonathan Liebowitz geändert? Er sollte stolz sein auf sein Erbe! Jon Stewart @TheDailyShow ist ein totaler Blender. Er sollte seine Herkunft in Ehren halten, nicht vor ihr davonlaufen.« Nach Mahers Kommentar reichte Trump eine Klage über fünf Millionen Dollar ein; obwohl er sie letztlich wieder zurückzog, erforderte sie die Bearbeitung durch ein Gericht, auf Kosten des Steuerzahlers, und eine Verteidigung von Maher.3

Aber selbst, als er mit seinen Kritikern wieder Frieden geschlossen zu haben schien, machten Trumps Ansichten und seine rabaukenhafte Persönlichkeit ihn bei jenen Menschen extrem beliebt, die in ihm wichtige Ideale sahen, vor allem das amerikanische Versprechen, durch großen Wohlstand repräsentierten Erfolg erreichen zu können. Dieses Image wurde noch verstärkt, als er als Gastgeber der TV-Gameshow The Apprentice auftrat und im sozialen Netzwerk Twitter sehr aktiv wurde, wo Millionen seinen Kommentaren folgten und zahlreiche Fans ihn bedrängten, sich um die US-Präsidentschaft zu bewerben.4

Trump provozierte ständig und erregte Aufmerksamkeit, indem er rohe und ungehobelte Ideen statt differenzierter Überlegungen von sich gab. Aus seiner Sicht kommt Ehrlichkeit aus jener Ecke des Herzens, die auch Beleidigungen hinausschleudert und die Welt in Freund und Feind aufteilt. In den Augen der altgedienten Klatschkolumnistin Liz Smith wird Trump häufig von dem bedürftigen Kind gesteuert, das in seiner Psyche wohnt und lieber negative Aufmerksamkeit bekommt, als völlig ignoriert zu werden. Natürlich profitiert Trump auch finanziell, wenn er diesen Teil seiner Persönlichkeit von der Leine lässt, und fürs Nachdenken oder Analysieren bringt er kaum die Geduld auf. Er redet einfach weiter und ignoriert wissenschaftliche Erkenntnisse, wenn er Impfungen für Kinder kritisiert oder die Fakten zum Klimawandel bestreitet.

Trump hat zeit seines langen und hyperaktiven Lebens immer wieder Tatsachen bestritten, die allgemein anerkannt sind, und sich dabei hart an den Grenzen des Anstands bewegt. Im Elternhaus, in der Schule und in der Welt von Wirtschaft und Politik hat er ständig seine Überlegenheit behauptet, kaum jemals von einem Anflug von Zweifel getrübt. Vielleicht ist nichts in der Natur unersättlicher als der Hunger dieses Mannes nach Reichtum, Macht und Ruhm. Und es ist diese Kraft, die ihn in die Lage versetzt, allerlei Spott und schmerzliche geschäftliche Rückschläge zu ertragen, sich aber immer wieder aufzurappeln und noch mehr zu wollen. In der Tat, nach den Demütigungen beim Korrespondenten-Dinner im Weißen Haus nährte Trump seinen Ehrgeiz, eine Kampagne für seine eigene Bewerbung um die US-Präsidentschaft auf die Beine zu stellen – eine echte Kampagne, nicht nur eine weitere seiner oberflächlichen Spielereien – und so das höchste Ziel anzustreben, das ein normaler Sterblicher im 21. Jahrhundert erreichen kann.

Trumps Kandidatur sollte für 2016 geplant und organisiert werden; er wollte sie seinen Unterstützern und zahlreichen Journalisten bei einer Pressekonferenz in der Lobby seines Wolkenkratzers Trump Tower in Manhattan offiziell ankündigen. Trumps Ansprache war seit vielen Wahlperioden der unkonventionellste Auftakt eines Wahlkampfs – vor allem mit seiner Behauptung, Mexiko würde scharenweise Kriminelle über die US-Grenze »schicken« – und bildete den Start eines rapiden Aufstiegs an die Spitze der Kandidatenriege der Republikanischen Partei. Fortan würde Trump über viele Wochen immer wieder seine Kritiker empören und seine Gegner verblüffen, indem er die Aufmerksamkeit der Nation mit einem ungeheuerlichen Statement nach dem anderen fesselte. Während manche Republikaner spekulierten, er sei ein Agent der Demokratischen Partei, sagten viele Liberale, Trumps Beliebtheit reflektiere die irrationalen Ängste der GOP-Parteibasis. Sie alle konnten sich jedoch darauf einigen, dass seine Fähigkeit, den Status quo zu stören, atemberaubend war in ihrer Wirksamkeit und Effizienz. Trump war, so schien es, konkurrenzlos in seiner Fähigkeit, das Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit auf sich zu ziehen und zu fesseln.

Obwohl er wie eine einzigartige und völlig moderne Figur wirkt, entstammt Donald Trump tatsächlich der langen Tradition des Landes mit ihren reichen, aber rauen Leistungsmenschen, über die Alexis de Tocqueville 1831 schrieb: »Die Liebe zum Geld ist entweder das Hauptmotiv oder der Hintergedanke bei allem, was ein Amerikaner tut.« Gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren die Reichen in den Vereinigten Staaten dermaßen wohlhabend geworden, dass ihre Macht und ihr Einfluss der europäischen Aristokratie gleichkamen. Dank der massenhaften Verbreitung von Zeitungen wurden die Superreichen zu einer Quelle allgemeiner Faszination; die Presse war voll von Geschichten aus dem Alltagsleben der Carnegies, Rockefellers, Goulds und anderen, die enormes Vermögen in die Lage versetzte, einen unglaublichen Luxus zur Schau zu stellen. (Daher auch Mark Twains Bezeichnung für diese Ära, die aus seinem Buch The Gilded Age [Das vergoldete Zeitalter] stammt.) J. P. Morgan legte sich immer größere Yachten zu, die stets auf den Namen Corsair getauft und in bedrohlichem Schwarz lackiert wurden, um mit seinem ständig wachsenden Reichtum zu prahlen. Auch die Vanderbilts besaßen riesige Yachten, waren allerdings besser bekannt für ihre Villen. Im Jahr 1883 erstaunten sie das Land mit dem größten Haus, das jemals in New York City gebaut worden war. Dieser Familie gehörte außerdem ein »Ferienhaus« in Newport, das immerhin 70 Zimmer hatte und »The Breakers« genannt wurde, sowie Biltmore Estate in North Carolina mit seinen über 220 Zimmern.

Die reichen Männer dieses vergoldeten Zeitalters wussten, dass ihre Landsleute zwar das Geld liebten, aber auch die Exzesse der High Society als fremdartig und suspekt empfanden. Wilbur Fisk Crafts, ein beliebter Schriftsteller aus dieser Zeit, hat es so ausgedrückt: »Gibt es etwas Unamerikanischeres als die Gesellschaft, die wir ›High Society‹ nennen und deren aristokratisches Gebaren aus Paris und London nach New York importiert und von dort aus über die anderen großen Städte unseres Landes verbreitet wurde?« Um diesem Eindruck entgegenzuwirken, sorgten die großen Männer des Landes dafür, dass die großen Bälle und Galen von der Öffentlichkeit als Sache der Damen wahrgenommen wurden, an denen sie nur teilnahmen, um ihre Frauen und Töchter zu erfreuen. In ihren Biographien und öffentlichen Äußerungen stützten sie sich auf Tugenden wie Fleiß und Entschlossenheit. Andrew Carnegie gab den Rat, dass Erfolg eher auf Motivation denn auf Talent beruhe, und John D. Rockefeller, der Gründer von Standard Oil, empfahl »Zielstrebigkeit«.

In ähnlicher Weise spielten die Führungspersönlichkeiten der Geschäfts- und Finanzwelt ihre intellektuellen Beschäftigungen und ihre gute Bildung herunter. Es war genug für einen Mann, das College besucht zu haben – wenn er das denn hatte –, aber es musste nicht sein. Wenn jemand seine Schulbildung oder sein Studium beendet hatte, tat er gut daran, über praktische Dinge zu reden und die Welt der Kunst und Literatur jenen zu überlassen, die mit dem Chaos der Geschäftswelt überfordert waren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als Elbert Hubbard den Begriff »school of hard knocks« (etwa: Die harte Schule des Lebens) prägte, wurden praktische Erfahrungen und gesunder Menschenverstand weithin als ebenso gut – oder sogar besser – wie das Lernen aus Büchern angesehen. Diese Sicht der Dinge stand sowohl mit einem amerikanischen Gefühl von Gleichheit in Einklang als auch mit der immer beliebter werdenden Idee, dass das Anhäufen von Reichtümern das erfolgreiche Leben eines Menschen ausmacht.5

Über kurz oder lang brachte Amerikas erste große Ära des Reichtums zahllose Bücher hervor, die sich ums Geldverdienen drehten. Im Jahr 1914 stellte der Prediger und Schriftsteller William Woodbridge die Frage des Tages: »Was ist es, was die oberen Zehn besitzen, die unteren Zehntausend dagegen nicht?« In seinem Buch That Something (Das gewisse Etwas) ging es um eine fiktive Begegnung zwischen einem Bettler und einem Finanzier, der dem Bettler seine Visitenkarte gibt und ihm sagt, er brauche kein Essen, sondern vielmehr »jenes gewisse Etwas«, das alle erfolgreichen Männer besitzen. Der junge Bettler fühlt sich inspiriert und entdeckt den Wert von »Glaube, Selbstbewusstsein, Macht, Ehrgeiz …« – und, zu guter Letzt, die Macht seines eigenen Willens: »Den Talisman des Erfolgs«. Es sei die Willenskraft der Seele, so schrieb Woodbridge, die erkläre, warum einige wenige Männer dazu berufen seien, »auf unser aller Muskeln« getragen zu werden, wie ein Mann auf dem Rücken eines Pferdes. In einem weiteren Buch dieser Art, Letters from a Self-Made Merchant to His Son (Briefe eines Dollar-Königs an seinen Sohn), betonte der Chicagoer Fleischgroßhändler John Graham die Wichtigkeit von Persönlichkeit und Aussehen und erklärte: »Zwei Drittel deines Erfolgs sind, die Leute glauben zu machen, dass es dir gut geht.«

Während die Massen versuchten, hinter die Geheimnisse des Erfolgs zu kommen – Willenskraft? Persönlichkeit? Glaube? Selbstbewusstsein? –, gelangten einige an der Spitze zu der Überzeugung, ihr Erfolg sei von Gott gesandt oder eine Frage ihrer überlegenen Moral. John D. Rockefeller behauptete: »Gott hat mir mein Geld gegeben.« Als J. P. Morgan nach seinem Imperium gefragt wurde – das er zum großen Teil durch Aktien-Manipulationen aufgebaut hatte –, sagte er, dessen Fundament sei »Charakter«.

Das erste Gilded Age schwand in diversen Rezessionen und Börsenpaniken und verging schließlich, als es ungefähr 65 Jahre alt war, nach dem Börsencrash von 1929. Aus den Ruinen der darauffolgenden Weltwirtschaftskrise erwuchs ein sichereres Finanzsystem, ein progressiveres Steuersystem und die US-Sozialversicherung. In den nachfolgenden Jahrzehnten wuchs die Mittelklasse mit beispielloser Geschwindigkeit. Eine neue Ära des Wohlstands brach 1946 an, also dem Jahr, in dem Donald Trump geboren wurde. (Was ihn zu einem Gründungsmitglied der Babyboomer-Generation macht.) Als der Zweite Weltkrieg beendet war, lagen die wirtschaftlichen Konkurrenten der Vereinigten Staaten in Ruinen, und über zehn Millionen US-Soldaten kehrten heim, um sich wieder in einem zivilen Leben einzurichten. Als die Exportmärkte nach immer mehr Waren verlangten und die inländische Nachfrage nach Konsumgütern explodierte, begann eine goldene Ära. Millionen von heimgekehrten Soldaten gründeten Familien, die Wohnungen brauchten, und Immobilienentwickler wie Trumps Vater Fred wurden reich, indem sie sie bauten. Durch clevere Geschäftspraktiken und schiere Entschlossenheit hatte Fred es bis 1975 – dem Jahr, in dem er siebzig wurde – zu einem Vermögen von schätzungsweise 100 Millionen Dollar gebracht.6

Die goldenen Nachkriegsjahre, die es Männern wie Fred Trump ermöglicht hatten, ein finanzielles Wunder zu erleben, waren gekennzeichnet durch ein beispielloses Maß an Gleichheit, da die verschiedenen Einkommensgruppen – Ober-, Mittel- und Unterschicht – jeweils einen angemessenen Anteil der expandierenden Wirtschaft für sich beanspruchen konnten und die Einkommensunterschiede, die sie trennten, weitgehend konstant blieben. Dieser erfreuliche Zustand hielt bis zur Rezession der Jahre 1973–75 an. Dann ließen jahrelange wirtschaftliche Stagnation und Krisen eine konservative politische Bewegung erstarken, die entschlossen war, durch Steuersenkungen und Deregulierung das Entstehen neuer großer Vermögen zu fördern. Theoretisch sollte eine Flut des Wohlstands, die einigen wenigen zufloss, »alle Boote heben« und so die Mittelschicht retten.

Als Ronald Reagan 1980 zum Präsidenten gewählt wurde, bekamen zündelnde Konservative, was sie wollten. Washington begann die Steuersätze, die Reichen auferlegt wurden, zu senken und die Regulierungen für Industriebetriebe und Finanzinstitutionen zu lockern. Das alles wurde im Namen von Wachstum und Gerechtigkeit für die Reichen getan. Um den letzteren Punkt zu betonen, schenkte Präsident Reagans Budgetdirektor David Stockman jedem Kabinettsmitglied ein Exemplar seines neuen Lieblingsbuches Wealth and Poverty (Reichtum und Armut) von George Gilder, das die moralische Rechtfertigung für das Anhäufen großer Reichtümer verkündete. Gilder feierte die Unternehmer und verunglimpfte die Armen mit der Behauptung, »die heutigen Armen – die Weißen noch mehr als die Schwarzen – weigern sich, hart zu arbeiten«. Um Gilders Überzeugungen in praktische Politik umzusetzen, beschnitt die Reagan-Regierung soziale Programme, senkte Steuern und strebte danach, die Unternehmen von lästigen Regulierungen zu befreien. So begann das zweite Gilded Age der Vereinigten Staaten.7

Zunächst bemerkte kaum jemand, dass irgendetwas Wichtiges geschah. Anfang der Achtzigerjahre machten dem US-Normalbürger hauptsächlich zweistellige Inflationsraten und Arbeitslosenquoten um die zehn Prozent zu schaffen. Als diese Probleme allmählich zurückgingen, wurde das von vielen Beobachtern auf eine Politik zugunsten der Reichen zurückgeführt, und trotz diverser Finanzkrisen, die zumeist auf Spekulation und lasche Regulierung zurückzuführen waren, wurde das »zweite Gilded Age« erst 1990 als solches bezeichnet, als Kevin Phillips sein Buch The Politics of Rich and Poor (Die Politik von arm und reich) veröffentlichte. Phillips verkündete, über die Vereinigten Staaten sei »eine plutographische Revolution hinweggefegt, die derjenigen des späten 19. Jahrhunderts vergleichbar ist«, und obwohl er vorhersagte, dass dieser Trend früher oder später zu seinem Ende kommen würde, konnte er nicht sagen, wann das geschehen würde – bis 2015 war es jedenfalls noch nicht so weit. Im ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts gingen die Einkommen der Mittelschicht sogar zurück, und das oberste ein Prozent gewann die Kontrolle über mehr Wohlstand als die unteren 90 Prozent. Im Jahr 2014 besaßen die 500 reichsten Menschen der Welt 4,4 Billionen Dollar an Vermögenswerten. Dieser Betrag übersteigt die Summe der jährlichen Wirtschaftsleistung von Indien (Bevölkerung: 1,2 Milliarden Menschen) und Brasilien (Bevölkerung: 200 Millionen Menschen).

Wie bereits in der Vergangenheit finden große Vermögen ihren Ausdruck in großen Villen – in »Mega«- oder »Monster«-Villen – und opulenten Partys, zum Beispiel der drei Millionen Dollar teuren Geburtstagsfeier, die Investor Stephen Schwarzman sich 2007 gönnte. Erneut zeigen gigantische Yachten wirtschaftlichen Erfolg; ein hervorragendes Beispiel ist die stahlgepanzerte Rising Sun, die 2004 zu Wasser gelassen wurde. Ihre Eigner sind Larry Ellison und David Geffen. Das Schiff hat 83 Räume, einen überdachten Swimmingpool und einen Schacht für ein privates U-Boot. Im Vergleich dazu ist Donald Trumps Yacht ein bescheidener, gut 90 Meter langer, traditioneller Dampfer. Da Trump für Luxusreisen seinen Privatjet bevorzugt, verbringt er nur wenig Zeit an Bord der Trump Princess. Heutzutage ziehen private Flugzeuge, die wohlhabende Amerikaner mit Hilfe großzügiger Steuererleichterungen erwerben, mehr öffentliches Interesse auf sich. Immer häufiger staut sich der Verkehr privater Jets auf Flughäfen in der Nähe von Urlaubsorten wie East Hampton, New York, oder Aspen, Colorado, und Milliardäre versuchen, sich gegenseitig zu übertrumpfen, indem sie immer schnellere und immer luxuriösere Flugzeuge kaufen. Donald Trump machte sein Statement mit einer 100 Millionen Dollar teuren Boeing 757. Ein solches Flugzeug ist darauf ausgelegt, im Liniendienst 200 oder mehr Passagiere zu befördern; in Trumps Fall wurde es für nur 43 Personen ausgestattet, deren Sitzgurte mit vergoldeten Verschlüssen zusammenklicken.

Trumps Boeing 757, die oft am LaGuardia-Flughafen an einer Stelle geparkt wird, wo sie so auffällig ist wie ein Werbeplakat, verkündet seinen Status als reicher und erfolgreicher Mann. Kaum jemand würde heute bestreiten, dass Reichtum gleichbedeutend mit Erfolg ist. Im neuen Gilded Age haben im Jahr 2006 in einer von der Pew Organization durchgeführten Umfrage 81 Prozent der befragten Studenten, die ein College-Studium beginnen, angegeben, ihr wichtigstes Ziel im Leben sei es, reich zu werden; das ist ein ungefähr doppelt so hoher Anteil wie in den Sechzigerjahren. In derselben Umfrage antwortete über die Hälfte der Teilnehmer, eines ihrer wichtigsten Ziele sei es, berühmt zu werden. Weniger als ein Drittel gaben an, sie wollten »anderen Menschen helfen, die Hilfe brauchen«.8

Begabung und Intelligenz werden im Streben nach Erfolg nach wie vor für notwendig gehalten, aber wie schon in der Vergangenheit wird höherer Bildung und Intellektualität weit weniger Wert beigemessen. Unternehmer und Erfinder, die ihr Studium abbrachen und unglaublich erfolgreich wurden, werden bewundert. (Microsoft-Gründer Bill Gates ist einer von ihnen.) Mit noch mehr Aufmerksamkeit werden Menschen überhäuft, die nicht nur Reichtum, sondern auch großen Ruhm erlangen. Niemand hat diese Ziele in so hohem Maße erreicht wie Donald Trump, der – fast buchstäblich – zum Gesicht des modernen Erfolgs wurde.

Dutzende von Männern und Frauen, deren Vermögen um ein Vielfaches größer ist als jenes von Trump, sind außerhalb der Welt der Milliardäre völlig unbekannt. Donald Bren, Dan Duncan und Leonard Blavatnik waren im Jahr 2014 allesamt über 50 Ränge weiter oben auf der Forbes-Liste der reichsten Menschen der Welt zu finden, aber sie können in jeder amerikanischen Stadt durch die Straßen gehen, ohne bemerkt oder behelligt zu werden. Trump kann nirgendwo hingehen, ohne Aufmerksamkeit zu erregen. Bemerkenswerter ist jedoch, dass seine Berühmtheit bereits seit über vier Jahrzehnten anhält, über diverse Phasen von Erfolg, Versagen, Schande und Triumph hinweg. Indem er sich in ein Problem nach dem anderen stürzt und sich mit beispielloser Unverfrorenheit äußert, hat er sich zu einem der meistzitierten Männer seiner Zeit gemacht. In den frühen Jahren seiner Bekanntheit genoss Trump so breite öffentliche Zustimmung, dass die US-Gallup-Umfrage ergab, dass er in der Liste der meistbewunderten Männer der Achtzigerjahre an siebter Stelle landete – nur der Papst, der polnische Volksheld Lech Walesa und die vier noch lebenden US-Präsidenten liefen ihm den Rang ab.

Obwohl er häufig versucht hat, seine Prominenz zu nutzen, um Einfluss auf öffentliche Angelegenheiten auszuüben, hat Trump immer wieder behauptet, dass seine Allbekanntheit auch einen echten finanziellen Wert hat. Seiner Meinung nach macht der Name Trump – wie der von Disney oder Ford – die Produkte, Leistungen und Vermögenswerte, die er auf dem Markt anbietet, wertvoller. Markennamen sind viel Geld wert. Apple ist der wertvollste Markenname der Welt, der 2013 nach einer Schätzung des Meinungsforschungsinstituts Interbrand 28 Milliarden Dollar wert war. Gleichzeitig bezifferte Interbrand den Wert der Bekleidungsmarke Gap auf 3,9 Milliarden Dollar. Der Name Trump taucht in den veröffentlichten Interbrand-Ranglisten mit wertvollen Namen nicht auf, aber in einem Schriftsatz von 2010 gab Trump an, eine unabhängige Einschätzung habe dessen Wert bei drei Milliarden Dollar angesetzt. Dieser Betrag würde seinen Namen zum wertvollsten Einzelposten in seinem Portfolio machen.9

Trump hat betont, dass seine Marke am ehesten für »Luxus« steht. Allerdings hat er sich stets Mühe gegeben, nicht als zu elitär wahrgenommen zu werden, um auch für die Massen attraktiv zu bleiben. Diese Sensibilität, die ihm gute Dienste leistete, als er Angebote für Spielsüchtige in Atlantic City machte, lässt sich zurückführen auf Trumps Vater Frederick, der sich stets »Fred« nennen ließ. Er war ein Mann, der durch die harte Schule des Lebens gegangen war und der ein privates Vermögen von über 100 Millionen Dollar anhäufte, indem er Wohnungen an Menschen aus der New Yorker Arbeiterklasse verkaufte und vermietete. Trump senior wollte, dass seine Kinder College-Abschlüsse machen. Allerdings waren ihm Intellektuelle generell suspekt, harte Arbeit bedeutete ihm mehr als alles andere. Donald Trump, ganz der Vater, entwickelte eine exquisite Kombination von Eigenschaften, die es ihm erlaubte, mit seinem Ivy-League-Abschluss zu prahlen, aber auch nach dem Vorbild des Vaters seine Ellenbogen einzusetzen, um sich gegen Konkurrenten und Gegner durchzusetzen.

Anscheinend überzeugt von der Idee, dass jede Form von Publicity gute Publicity sei, zeigte Trump eine Persönlichkeit, die praktisch nur aus dem freudschen »Es« bestand – und zwar immer –, und ein echter Ausdruck des amerikanischen Drangs war, aus Ehrgeiz ein Imperium zu formen. Er flog in seinem Trump-Hubschrauber und seinem Trump-Jet von Ort zu Ort, äußerte ungefragt seine Meinung zu allem und jedem, von Politik bis Sex, und verkündete ständig, in jeder Hinsicht überlegen zu sein. Häufig erwähnte er die vielen Menschen, die meinten, er solle sich ums Präsidentenamt bewerben, und manchmal benahm er sich, als sei er ein echter Kandidat. In einem besonders angespannten Moment des Kalten Krieges bot er sich der Welt gar als Vermittler für einen Atomwaffensperrvertrag an. Sein Argument? Nun, ein Mann, der erfolgreich Geschäfte mit Luxus-Immobilien abschließen kann, sollte auch in der Lage sein, die Vereinigten Staaten und die Sowjetunion zu einer Einigung zu bringen.

Hätte er etwas mehr Humor an den Tag gelegt, hätte Donald Trump zu einem P. T. Barnum seiner Zeit werden können, der trotz seiner pompösen Art von allen geliebt wurde, weil jeder verstand, welch ein Witz er war. Aber die Zeitgenossen, die ihn mit dieser Show-Persönlichkeit des 19. Jahrhunderts verglichen – die bekannter war als jeder Präsident ihrer Zeit –, lagen um einiges daneben. Trump lächelte zwar hin und wieder auf eine Art, die den Eindruck erweckte, er wisse, wie lächerlich er ist, aber es fehlte ihm Barnums sonnige Verspieltheit. Stattdessen war er oft streitlustig und manchmal richtiggehend fies. Er verklagte alle, die ihm zu nahe traten (oder drohte es an), und er erklärte, bestimmte weibliche Kritiker seien unwürdig, weil sie »grotesk« oder »fett« oder »hässlich« seien. Einmal schickte er der New York Times-Journalistin Gail Collins eine Kopie ihrer Kolumne, auf der ihr Foto eingekreist und von Hand danebengekritzelt worden war: »Das Gesicht eines Hundes!«10

Wenn man ihn zu solchem Verhalten befragt, rechtfertigt Trump es wie ein Junge, der sich prügelt und darüber klagt, der andere habe angefangen. Comedians, Politiker und andere haben sich tatsächlich über vieles an ihm lustig gemacht, von seinem Ego bis hin zu seiner extravaganten hellblonden Windkanal-Frisur. Aber seine Angewohnheit, jede kleine Spitze mit einem K.-o.-Schlag zu beantworten, zeigt eine erstaunliche Empfindlichkeit für jemanden, der verbale Gefechte so gewohnt ist. Als ein Mann, der sagt, für ihn sei Geld eine Methode, um »den Punktestand« im Leben festzuhalten, hat er sich besonders an Personen gerieben, die behauptet haben, er sei gar nicht so immens reich. Gail Collins erhielt den Hundegesicht-Zeitungsausschnitt, nachdem sie ihn als »Tausendär in finanzieller Bedrängnis« bezeichnet hatte. Als der Schriftsteller Timothy L. O’Brien ein Buch veröffentlichte, in dem er ungenannte Quellen zitierte, die Trumps Nettovermögen auf unter 250 Millionen Dollar geschätzt hatten, verklagte Trump Buchautor und Verlag und verlangte fünf Milliarden Dollar Schadensersatz. Trumps große Bekanntheit macht es schwierig für ihn, in solchen Fällen zu gewinnen, weil ihn das Gesetz als »Person des öffentlichen Lebens« nicht vor solchen Angriffen schützt. Das Gericht wies Trumps Klage ab, nachdem es zu dem Schluss gekommen war, dass Trump nicht genügend Beweise dafür geliefert hatte, dass O’Brien wusste, dass die Informationen von seinen Quellen falsch waren oder dass er ernsthafte Zweifel an ihrer Richtigkeit hatte. Aber schon das Einreichen einer Klage verursacht dem Gegner finanzielle – und womöglich auch emotionale – Schmerzen, und daran delektiert Trump sich vermutlich. Natürlich will er am liebsten gewinnen, aber ein Sieg ist nicht notwendig. »Ich habe schon immer gern gekämpft«, hat er mir in einem Gespräch über seine Jugend erzählt, »auf alle möglichen Arten, auch körperlich.«

Was soll man nur von einem erwachsenen Mann halten, der, wenn er sich mit einer Frau streitet, so tief sinkt, dass er über ihr Aussehen spottet, und der so stolz von seiner früheren Kampflust spricht? Und welchen Schluss soll man daraus ziehen, wenn derselbe Mann einer der prominentesten Menschen der Welt ist und privat so großzügig, dass er einmal einem todgeweihten Kind einen Scheck über