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Unter der Leitung von Michael Kranish und Marc Fisher versammelte die "Washington Post" ein Team preisgekrönter Reporter, um jeden Aspekt von Trumps Leben zu durchleuchten: von seiner privilegierten Erziehung über seine Rechtsstreitigkeiten, seinem berüchtigten Womanizing, seiner sich ständig ändernden Parteizugehörigkeit bis hin zu seiner disruptiven Wahl zum Präsidenten im November 2016. Das Ergebnis ist das Porträt eines unentschlossenen Mannes mit einer Vorliebe für große Wetten – auf Immobilien, Markenunternehmen und letztendlich auf sich selbst. "Die Wahrheit über Trump" bietet detaillierte Einblicke in das Leben und die Denke dieses Milliardärs, Geschäftsmanns und TV-Stars, der heute der US-Präsident ist. Die unverzichtbare und aktualisierte Biografie des 45. Präsidenten der Vereinigten Staaten!
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Seitenzahl: 856
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Die Biografie des45. Präsidenten
MICHAEL KRANISHund MARC FISHER
Die Originalausgabe erschien unter dem Titel
Trump Revealed: The Definitive Biography of the 45th President
ISBN 978-1-5011-5577-2
Copyright der Originalausgabe 2016:
Copyright © 2016 by WP Company LLC.
All rights reserved.
Published by arrangement with the original publisher, Scribner,
a Division of Simon & Schuster, Inc.
Copyright der deutschen Ausgabe 2019:
© Börsenmedien AG, Kulmbach
Übersetzung: Philipp Seedorf
Gestaltung Cover: Holger Schiffelholz
Gestaltung, Satz und Herstellung: Martina Köhler
Lektorat: Karla Seedorf
Druck: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86470-616-5
eISBN 978-3-86470-617-2
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„Die umfassendste und detaillierteste Biografie über Trump, die bisher geschrieben wurde.“
– The Boston Globe
„Das bisher beste Buch über Trump.“
– Booklist
„Die talentierten Autoren Michael Kranish und Marc Fisher haben die Arbeit von Dutzenden Journalisten der Post zu einer spannenden Story verwoben … Die Essenz des investigativen Journalismus … Die Wähler können nicht behaupten, sie seien nicht gewarnt worden.“
– USA Today
„Die vielen Szenen, bei denen es einem wie Schuppen von den Augen fällt, verdichten sich zu einem faszinierenden Porträt … Der unglaubliche Selbstdarsteller Trump wird in diesem exzellenten Buch greifbarer und auch tragischer.“
– Evan Thomas, The Washington Post
„Erhellend und sorgfältig recherchiert … zeigt es überdeutlich [Trumps] zielgerichteten Aufbau seiner protzigen Marke und seine oft meisterliche Manipulation der Medien.“
– Michiko Kakutani, The New York Times
„Fünfhundertsechzehn gut recherchierte Seiten.“
– VICE
„Alle, die willens und mutig genug sind, diese Seiten zu lesen, werden sehen, dass der Autor einen sehr ausgeglichenen Ansatz verfolgt hat … er gab Trump jede Menge Spielraum – und man kann wohl sagen, dass dieser ihn komplett ausnutzt.“
– Kirkus Reviews
„Auch wenn ich gewütet, geschäumt und gewettert habe, ist mir nun klar, dass ich ehrlich gesagt nicht alles verstanden habe, was es an Mr. Trump zu verstehen gibt … Ich garantiere Ihnen, dass es unglaublich ist, über dieses besondere Leben zu lesen. Dafür war tatsächlich clevere Recherche nötig. Seite um Seite überzeugt. Ich denke, Sie werden erstaunt sein über die zusammengetragenen Fakten … Ich wünschte, ich hätte es schon vorher gelesen, denn ich wusste nicht mal die Hälfte davon.“
– Liz Smith, New York Social Diary
Alle vier Jahre nehmen Reporter der Washington Post die Leben und die Karrieren der Präsidentschaftskandidaten unter die Lupe. Die Idee dahinter ist es, so viel wie möglich darüber zu lernen, wie die Kandidaten denken, entscheiden und handeln; ihre Vergangenheit zu untersuchen, um zu wissen, wie sie sich vielleicht in der Zukunft verhalten. Ende März 2016, als der Ausgang der Nominierung der Kandidaten noch unklar war, entschieden die Redakteure der Post, dass es an der Zeit war, mit der intensiven Recherche und journalistischen Arbeit zu beginnen, um umfassende biografische Studien jedes Kandidaten rechtzeitig zum Wahltermin vorliegen zu haben. Redakteure der Post stellten große Teams an Reportern zusammen, um sich die Arbeit und den Background der wahrscheinlichen Kandidaten, Donald Trump und Hillary Clinton, anzusehen. Beide Teams hatten dieselbe Aufgabe, aber Donald Trump stellte sie vor besondere Herausforderungen: Er würde der erste Präsidentschaftskandidat einer großen Partei seit mehr als einem halben Jahrhundert sein – der erste seit Dwight Eisenhower –, der diesen Status erreichte, ohne vorher in ein Amt gewählt worden zu sein.
Die Post hat mehr als 20 Reporter, zwei Faktenchecker und drei Redakteure abgestellt, um Trumps Leben unter die Lupe zu nehmen. In etwa drei Monaten schrieben sie dieses Buch und mehr als 30 Artikel für die Post mit dem Ziel, alles zu protokollieren und nachvollziehen zu können, von Trumps familiärem Hintergrund über seine Kindheit, Karriere und politische Entwicklung. Wir haben Reporter zu den Häusern seiner Vorfahren in Deutschland und Schottland geschickt, in das Viertel seiner Kindheit in Queens und sein Internat in der Nähe von New York, bis zu seinem Collegecampus in der Bronx und in Philadelphia und zu seinen Unternehmen in Atlantic City, Panama, Russland und Aserbaidschan. Wir besuchten und sprachen mit Trumps Verwandten, Klassenkameraden, Freunden, Konkurrenten, Geschäftspartnern, Vorständen und Angestellten, Förderern und Kritikern.
DIESES BUCH IST DIE ARBEIT einer besonders engagierten und talentierten Gruppe von Reportern und Redakteuren: Jemma Johnson und Frances Sellers sind weit gereist, um die familiären Wurzeln von Trump zu erforschen. Michael Miller und Paul Schwartzman haben sich sogar in Trumps Kindheit vergraben, um Spiel- und Klassenkameraden, Lehrer und Nachbarn ausfindig zu machen. Robert O’Harrow und Shawn Boburg haben Trumps komplizierte Finanzen durchleuchtet und seine Immobilientransaktionen in Atlantic City und New York, und Bob Woodward lieferte Schlüsselinterviews und Instruktion, während wir untersuchten, wie Trump seine Unternehmen aufgebaut hat. Drew Harwell hat die Wurzeln der Trump Organization in Manhattan zurückverfolgt und Will Hobson beschäftigte sich umfassend mit der Entwicklung der jahrzehntelangen Hassliebe zwischen Trump und den Medien sowie mit seinen Ausflügen in die Welt des Profisports. Mary Jordan und Karen Heller protokollierten Trumps Beziehung zu den Frauen, inklusive seiner Ehefrauen, Freundinnen und weiblichen Führungskräfte. Amy Goldstein und Jerry Markon untersuchten das Auf und Ab von Trumps Casinos und anderen Unternehmen während einer besonders schwierigen Phase seiner Karriere und Rosalind S. Helderman und Tom Harburger verfolgten, wie Trump sein Imperium zu einem Brand machte, der auf seinem Namen und seinem Bild in der Öffentlichkeit basierte. Robert Samuels erforschte Trumps Politik über die Jahre und Kevin Sullivan reiste um die Welt, um sich ein Bild über die internationalen Unternehmen zu machen. Dan Balz sah sich die Kampagne von 2016 ganz genau an, um nachzuvollziehen, wie und warum Trump aus der großen Gruppe der republikanischen Kandidaten herausstach. Fast jeder dieser Reporter recherchierte auch zu anderen Themen dieses Buches, das außerdem viel von der Arbeit der Post-Reporter Dan Zak, Ben Terris, Michael Birnbaum, Ian Shapira, Steve Hendrix, David A. Fahrenthold, Karen Tumulty, Robert Costa, Philip Rucker und Janell Ross profitierte sowie von den Bemühungen der Rechercheurin Alice Crites und des Finanzkolumnisten Allan Sloan. Die Rechercheure Julie Tate und Lucy Shackelford haben penibel die Fakten des Buches gecheckt und der Fotoredakteur Bronwen Latimer hat die Bildsektion des Buches organisiert. Die Redakteure Scott Wilson, Steven Ginsberg und Peter Wallsten hatten entscheidenden Einfluss auf die journalistische Arbeit und lasen jeden Entwurf, während das Buch Gestalt annahm. Der Chefredakteur der Post, Martin Baron, und Redaktionsleiter Cameron Barr waren von Anfang an eisern darauf bedacht, dass diese Biografie so umfassend und tief gehend wie möglich sein sollte, und sie setzten alle nötigen Ressourcen ein, um dieses Ziel zu erreichen.
Trump ließ sich für mehr als 20 Stunden von vielen der Reporter interviewen, die an diesem Buch gearbeitet haben. Er stellte außerdem seinen Anwalt und einige Leute seiner Kampagne zur Verfügung. Unsere Bitten, mit seinen Geschwistern reden zu dürfen oder das Redeverbot aufzuheben, das er seinen vielen gegenwärtigen und ehemaligen führenden Angestellten auferlegt hatte (sie hatten Schweigeklauseln unterschrieben, als sie für Trump arbeiteten), lehnte er ab. Er weigerte sich auch, uns Zugang zu seiner Steuererklärung zu geben, eine Information, die jeder andere Präsidentschaftskandidat der jüngeren Geschichte der Öffentlichkeit zur Verfügung stellte. Während des gesamten Prozesses brachte Trump zum Ausdruck, er hoffe und erwarte, dass dieses Buch genau und fair sein würde, und wir versicherten ihm, das sei in der Tat unser oberstes Ziel. Um den Lesern jede Möglichkeit zu geben, sich selbst mit dem Bericht über Trumps Leben zu beschäftigen, und zu zeigen, dass jede Behauptung in diesem Buch durch Dokumente, Interviews und andere Recherche gestützt wird, haben wir Tausende Seiten unseres Hintergrundmaterials online gestellt, damit alle es einsehen können. Dieses Archiv ist unter https://www.washingtonpost.com/graphics/politics/trump-revealed-book-reporting-archive/ abrufbar. Mehr als einmal sagte uns Trump auch, dass er nicht zögern würde, rechtliche Schritte einzuleiten oder das Buch runterzumachen, wenn es ihm nicht gefiele. Am selben Tag, an dem er zustimmte, sich für das Buch interviewen zu lassen, erzählte er der New York Times, das Projekt sei „lächerlich“. Dann, am Abend, bevor das Buch erscheinen sollte, twitterte Trump: „Die @WashingtonPost hat ein schnelles Buch gegen mich zusammengezimmert … Kauft es nicht, langweilig!“ Trump hatte das Buch noch nicht einmal gesehen, als er diesen Tweet absetzte. Soweit wir das beurteilen können, hat er sich an sein Versprechen gehalten, das Buch nicht zu lesen.
Donald Trump hat nach dem Glaubenssatz gelebt, alle Aufmerksamkeit, ob schmeichlerisch, kritisch oder irgendwas dazwischen, sei zu seinem Nutzen, sein persönliches Image definiere seinen Markennamen, er selbst sei sein Markenname. Wir begannen unsere journalistische Arbeit basierend auf der Theorie, dass Trump wie jeder andere sehr viel mehr ist als nur sein Ruf oder sein Brand. Auch nach Beendigung der Arbeit an diesem Buch sind wir noch immer dieser Meinung, da wir feststellten, der Mann, der zum 45. Präsidenten der Nation wurde, ist weitaus vielschichtiger, als seine schlichte Ausdrucksweise vielleicht andeuten würde. Seine Motive und Werte wurden von seinen Eltern geprägt, dadurch, wie er aufgewachsen ist, durch seine Siege und Niederlagen und seine lebenslange Suche nach Liebe und Anerkennung. Im Folgenden beschreiben wir den Mann so, wie wir ihn kennengelernt haben.
Prolog: „Präsidentenhaft“
Kapitel 1: Goldrausch: Das Gelobte Land
Kapitel 2: Stinkbomben, Schnappmesser und ein dreiteiliger Anzug
Kapitel 3: Vater und Sohn
Kapitel 4: Roy Cohn und die Kunst des Gegenangriffs
Kapitel 5: Die Brücke überqueren
Kapitel 6: „Der beste Sex, den ich je hatte“
Kapitel 7: Voller Einsatz
Kapitel 8: Gegenwind
Kapitel 9: Die Jagd
Kapitel 10: In seiner eigenen Liga
Kapitel 11: Der große Zusammenbruch
Kapitel 12: Der Quotenbringer
Kapitel 13: Das Namensspiel
Kapitel 14: Imperium
Kapitel 15: Showman
Kapitel 16: Politisches Chamäleon
Kapitel 17: Der Wert eines Mannes
Kapitel 18: „Trump! Trump! Trump!“
Epilog: Law and Order
Nachwort: Präsident Trump
Danksagungen
Endnoten
Er war nun der Favorit und für den nächsten Akt würde er präsidentenhaft werden. Sein Sohn und seine Tochter und seine Frau hatten ihm gesagt, er müsse es tun, müsse seine nachdenklichere, ruhigere Seite zeigen. Und er hatte ihnen geantwortet: „Ich kann sehr präsidentenhaft sein.“ Gelacht hatte er und gemeint: „Ich kann präsidentenhafter sein als jeder Präsident, den dieses Land jemals hatte, abgesehen von Abraham Lincoln, denn … Abraham Lincoln kann man nicht überbieten.“1 Und da war er nun, in der Hauptstadt der Nation, in der Höhle des Löwen, und zeigte ihnen allen, dass er das hinbekam. Er traf sich mit einem US-Senator – ein Senator, der ihn unterstützte, den Jungen aus Queens, den bösen Buben der New Yorker Immobilienbranche – in den Büroräumen einer der Top-Anwaltskanzleien der Hauptstadt. Er redete mit einem ganzen Zimmer voller hoher Tiere aus Washington über Außenpolitik. Er las eine Rede von einem Teleprompter ab, dem Gerät, über das er sich so lange lustig gemacht hatte, die Krücke, die nur politische Verlierer benutzten. Er nannte einige der Insider, die ihn im Weißen Haus beraten würden, auch wenn er natürlich sein eigener wichtigster Berater bliebe, denn er kannte die Materie besser als jeder andere. An einem kristallklaren Frühlingstag 2016 sollte sich der Führende im Rennen um den Platz als republikanischer Präsidentschaftskandidat jeder scharfsinnigen Frage stellen, die die Redakteure der Washington Post ihm vorlegen konnten. Er trat der kritischen Menge beim AIPAC gegenüber, dem American Israel Public Affairs Committee, eine der einflussreichsten Lobbygruppen in einer der wichtigsten Städte der Welt, eine Gruppe, deren Mitglieder seine Kampagne in zunehmendem Maße beängstigend, gar demagogisch nannten. Und weil er gerade in Washington war – wo sein Unternehmen nebenbei bemerkt eines seiner typischen Hotels errichtete –, führte er die Journalistenmeute durch die Baustelle und prahlte mit dem dicken Granit und dem teuren Marmor. Er strahlte und schob das Kinn nach vorne, während er verkündete, dass sein Hotel lange vor Termin unter dem Budget fertig werden würde, „und wir haben beinahe 300 Zimmer, superluxuriös“, und „wir werden weit über 500 Leute beschäftigen, mindestens 500 Leute“.
Es sollte ein wichtiger Tag der beeindruckenden Kampagne sein, Amerika wieder zu alter Größe zu führen. Er zeigte, wie viele Facetten er hatte, zuerst der populistische Mann des Moments, der riesige Massen in immer größeren Stadien anheizte, sie dafür lobte, dass sie nicht mehr nur die schweigende Mehrheit waren, sondern zu einer „sehr, sehr aggressiven, sehr, sehr lärmenden, lauten Mehrheit“ wurden, und dann war er einen Tag später der elegante, ernsthafte, prinzipientreue – ja sogar präsidentenhafte – Favorit. Das ist echt und authentisch, drückte er damit aus, und es wäre unmöglich, den Willen des Volkes zu ignorieren. Donald Trump – Nachkomme eines Selfmademan, der bescheidene Häuser für die Mittelklasse baute, ein vorlauter Junge, der die Brücke zur Innenstadt überquerte und Manhattan eroberte, ein prahlerischer Immobilienhai, der alles mit Gold beschichten ließ, der Mann, der Atlantic City zu alter Größe führte (bis es schließlich wieder zusammenbrach), der Entertainer, der sich selbst als „Einschaltquotenmaschine“ sah – stand nun im größten Raum der Hauptstadt des Landes, lieferte eine Rede ab, von der jedes Wort auf die Goldwaage gelegt werden würde, als sei er bereits Präsident. Trump – der Kandidat vom politischen Rand, der die republikanische Partei auf den Kopf gestellt hatte, der Milliardär, der Millionen Amerikaner davon überzeugte, er würde ihre Frustration und ihre Sehnsüchte am besten verstehen – dieser politische Novize, der stolze Außenseiter, hatte Experten, Berater und Insider überrumpelt, den gesamten Filz der Mächtigen und Selbstgerechten, die diese Stadt in eine beschämende Starre versetzt hatten. In wenigen Wochen war der Wanderzirkus zur Hauptattraktion geworden. Nun war er der Star genau eines solchen Tages, von denen es noch Hunderte geben würde, sobald er Präsident Trump wurde, Tage, die der Aufgabe gewidmet waren, „das wieder zu einem Land zu machen“, es zurückzuerobern, wieder groß zu machen, die Jobs zurückzuholen, die Mexikaner und die Muslime draußen zu halten, „gewinnen, gewinnen, gewinnen“. „Bumm!“, sagte er bei seinen aufgeheizten Wahlkampfveranstaltungen. Bumm! – die bösen Terroristen des IS würden ausgemerzt werden. Bumm! – dieselben Unternehmen, die die amerikanischen Jobs exportierten, würden sie wieder zurückverlegen. Bumm! – Mexiko würde für die Mauer zahlen, um die illegalen Migranten davon abzuhalten, in die Vereinigten Staaten zu kommen. Bumm! – endlich wieder ein großartiges Land.
FAST SEIN GESAMTES ERWACHSENENLEBEN hatte er im Rampenlicht gestanden. Noch in den Dreißigern war er bereits zu einer der Berühmtheiten geworden, bei denen man gar nicht mehr den ganzen Namen nannte, so wie bei Madonna oder Beyoncé, wie ein Rockstar oder Präsident, sein Name, IN GROSSBUCHSTABEN, vergoldet, auf Gebäuden und Flugzeugen und Hemden und Weinflaschen (auch wenn er selbst sagt, er habe noch nie getrunken). Er war einer der wenigen Milliardäre, denen Privatsphäre egal war, der die Kameras einlud, die Wand in seinem Büro abzulichten, auf der er sich selbst feierte. Er stellte seinen Reichtum zur Schau, gab das Geld mit beiden Händen aus, spielte mit den Medien, um in den Klatschspalten präsent zu sein, im Wirtschaftsteil, im Sportteil und auf dem Titelblatt. Böse Zungen behaupteten, er würde dafür, falls nötig, sogar die Eröffnung eines Kaninchenzüchtervereins besuchen.
Fast von Beginn an war er sein eigener Markenname, sein eigener Brand. Zu einem Gutteil schaffte er das, weil er genau auf alles achtete, was man über ihn sagte. Er begann seinen Tag damit, ein Bündel Zeitungsausschnitte durchzusehen, in denen er erwähnt wurde. Selbst jetzt, als er sich um den einflussreichsten Posten auf dem Planeten bemühte, ein Job, der sich fast völlig auf die Macht stützt, die anderen um sich herum zu überzeugen, ein Job, der darauf basierte, ein Team zu leiten und Loyalität hervorzurufen –, selbst jetzt meinte Donald J. Trump, die meisten Entscheidungen treffe er alleine, ohne sich mit jemandem zu beraten. „Ich verstehe was vom Leben“, sagte er „Und ich weiß, wie es im Leben läuft. Ich bin ein einsamer Rächer.“2
Er wusste, wie man berühmt wird, wie man Umfragen gewinnt, Einschaltquoten hochtreibt, die Leute auf sich aufmerksam macht. Mehr als drei Jahrzehnte, bevor er Präsident werden wollte, erschien er auf der Gallup-Liste der zehn am meisten bewunderten Amerikaner, knapp hinter dem Papst und einigen Präsidenten. Sein Leben lang hatte er sich der Frage gewidmet, wie man einen Hype schafft. Für ihn gab es eine ganze Hierarchie an Stufen der Aufmerksamkeit. „Glitz“ war eine Stufe höher als „Flash“, sagte er. Positive PR war besser als negative PR, aber beide waren gut. Er war ein interessanter, vielleicht einzigartiger Mix aus cleverem Showman und launischem, dünnhäutigem Straßenkämpfer. Schamlos machte er Werbung für sich selbst, rief damit sowohl Schmeichelei als auch Spott hervor. Es schien genauso wahrscheinlich, dass er seine Kritiker verklagte, wie dass er seine Errungenschaften herausposaunte. Er war der stolze, prahlerische Gewinnertyp, der andererseits mit mehr Unternehmen gescheitert war, als die meisten Moguln in einem Leben gründen. Respekteinflößend zu sein war etwas, worauf er stolz war. Selten sah man ihn ohne Jackett und Krawatte. Selbst die Menschen, die seit Jahrzehnten eng mit ihm zusammenarbeiteten, nannten ihn „Mr. Trump“.
Doch seine Ausdrucksweise stieß die Leute oft vor den Kopf und diejenigen, die er als Feinde wahrnahm – besonders Frauen – überzog er mit verletzenden, groben Beleidigungen. Wenn er etwas sagte, hörte sich das oft bloß wie aneinandergereihte Slogans und einfache Aussagesätze an, die simple Ideen ausdrückten. Einige Menschen folgerten daraus, er sei ungebildet und denke nicht viel nach. Das mochte er irgendwie: Es war genau das, was er von den Eliten erwartet hatte, die sein ganzes Leben auf ihn herabgesehen hatten. Er prahlte vielleicht mit einem guten Deal, aber er redete nicht darüber, was tief in ihm vorging. Das kam nur selten zum Vorschein, zum Beispiel, als er darüber sprach, welche Filme er mochte. Als man ihn nach Citizen Kane fragte, dem Klassiker von Orson Welles über einen idealistischen Zeitungsbesitzer, der sehr wohlhabend wird, dabei aber seine Seele verliert, sagte Trump: „Bei Citizen Kane geht es tatsächlich darum, Reichtum anzuhäufen. Man sieht, was passiert, wenn man genug angehäuft hat – und das ist nicht unbedingt nur positiv. Nicht positiv … Ich glaube, im echten Leben isoliert einen der Reichtum tatsächlich von anderen Menschen. Das ist ein Schutzmechanismus. Man ist ständig wachsam, sehr viel mehr, als wenn man nicht reich wäre.“3
Er sah sich selbst als Mann des Volkes, dem es wichtiger war, von Taxifahrern und Bauarbeitern gelobt zu werden, als Ehrungen von den Reichen und Mächtigen zu erhalten. Die Menschen kannten und bewunderten ihn, sagte er, daher hatte er schon immer gedacht, es wäre vielleicht das ultimative Ziel, ins Weiße Haus einzuziehen. „Weil ich großen Erfolg hatte“, sagte er. „Ich war für sehr lange Zeit sehr erfolgreich. Das hatte ich irgendwie immer im Hinterkopf … immer den Gedanken, das Land zu verbessern, oder, wie wir sagen, das Land wieder groß zu machen, nicht wahr? … Ein sehr guter Slogan, der mir da eingefallen ist.“4
AUF DEN TAG GENAU VOR EINEM JAHR war das alles noch ein Traum, eine Fantasie. Trump hatte getan, was er in fast jeder Wahlperiode schon seit Jahrzehnten getan hatte, mit den Reportern seine Spielchen getrieben, die Runden durch die Talkshows und Nachrichtensendungen gedreht, Andeutungen gemacht, gestichelt, über die inkompetenten Politiker gelächelt und das Publikum mit der Idee aufgezogen, er würde vielleicht sein Talent in die Waagschale werfen, um das Leid der Welt zu lindern. An diesem Märztag im Jahr 2015, genau ein Jahr, bevor er seine ersten „präsidentenhaften“ Runden in Washington, D.C., drehte, hatte die erste Welle republikanischer Kandidaten verkündet, antreten zu wollen. Trump wurde in der Presse 86 Mal erwähnt. Die Chicago Sun-Times bat ihn, seine Meinung zu einer Kontroverse vor Ort abzugeben, ob ein Wolkenkratzer zum Denkmal erklärt werden sollte. Trump hielt nichts davon, seine Kollegen aus der Immobilienbranche einzuengen. Wenn sie wie Trump vorhatten, an historischen Gebäuden etwas umzubauen, dann sollte es ihnen gestattet sein.5 In Palm Beach erklärte sich Trump solidarisch mit Hausbesitzern, die sich gegen eine Verlängerung einer Flughafenlandebahn wehrten, welche unter anderem dafür gesorgt hätte, dass lärmende Flugzeuge über sein Anwesen Mar-a-Lago röhrten.6 In Schottland änderte Trump seinen Kurs und erklärte, er wolle ein Hotel und einen Golfplatz bauen.7 Zu Hause in New York kündigte ein Unterhaltungskonzern eine Show in der Radio City Music Hall an mit Musik, Tanz und Mode. Zu der Performance gehöre auch der „Video-Cameo eines Prominenten“8, nämlich Donald Trump.
Im März 2015 wurde jedoch Trumps übliches Arrangement aus Geschäftskontroversen und Werbeauftritten durch einen aufziehenden Sturm an politischen Gerüchten und Beleidigungen verdrängt. Auf MSNBC bot Chris Matthews an diesem Tag ein wenig „humorvolle Entspannung“ in Form einer Diskussion über Trumps präsidiale Hoffnungen. „Wir sollten Donald Trump nicht als ernsthaften Kandidaten sehen“, erwiderte der Kolumnist Clarence Page vom Chicago Tribune. „Er ist ein Marketing-Genie, nicht mehr und nicht weniger.“9 Auf CNN hielt der Analyst Jeffrey Toobin das Ganze nicht für ein Thema: „Donald Trump beschäftigt sich gerade wieder mit einer seiner fiktiven Präsidentschaftskampagnen.“10 Eine Übersicht über die Kandidaten der Republikaner in der Washington Post sah Trump in einem „wachsenden Schwarm von Langzeitkandidaten“11, zu denen Carly Fiorina, Senator Lindsey Graham, der Gouverneur von Ohio, John Kasich, und der ehemalige Gouverneur von New York, George Pataki, gehörten. McKay Coppins von BuzzFeed hielt auf MSNBC Trumps Aussage, er wolle kandidieren, für Unsinn und nannte sie „einen Schönheitswettbewerb vorgespielter präsidialer Ambitionen“. Er meinte: „Ich würde mein Jahresgehalt darauf wetten, dass er auf keinem Wahlzettel in Iowa auftauchen wird“12. Und in den Online-Wettbüros setzten die Spieler auf eine unvermeidliche Kandidatur von Jeb Bush und hielten eine Kandidatur von Trump für absurd.13 Bush hatte an diesem Tag im Jahr 2016 eine Quote von 4:1. Trump war am unteren Ende der Liste mit 150:1.
Abseits der Pressezentren in New York und Washington wurden jedoch erste Stimmen laut, die anderer Meinung waren. Im New Hampshire Union Leader schrieb Herausgeber Joe McQuaid, dass die anderen Kandidaten und die Medien „Donald Trump zu ihrem eigenen Schaden unterschätzen. Die Menschen haben die schlagfertigen Reden, die aufpolierten Images und Positionspapiere so satt, dass sie vielleicht Gefallen finden an einem Mann, der gegen den Strom schwimmt und von den Besserwissern im Fernsehen runtergemacht wird.“14 Trump war Gast in Megyn Kellys Show auf Fox News. Sie fragte ihn, „ob das alles nur ein Scherz sei“15, und er erwiderte: „Ich ziehe das durch. Ich habe bisher alles in meinem Leben durchgezogen … Ich liebe meine Arbeit, aber mein Land liebe ich noch mehr. Und ich kann es wieder auf den richtigen Kurs bringen.“
Neun Monate später, Ende 2015, glaubte niemand mehr, dass Trump scherzte. An einem kalten, regnerischen Abend in Grand Rapids, Michigan, stand er in einem voll besetzten Stadion vor einer riesigen amerikanischen Flagge und strahlte, während seine Unterstützer – von denen viele seine „MAKE AMERICA GREAT AGAIN“-Baseballmützen trugen („made in USA“ und auf der Seite shop. donaldjtrump.com für 25 Dollar erhältlich) – seinen Namen skandierten. Die erste Primary war noch ein paar Wochen entfernt und Trumps Gegner blieben zum Teil bereits auf der Strecke. Zu Beginn seiner Wahlkampfrede erwähnte er, dass Lindsey Graham an diesem Tag ausgeschieden war: „Er hat hässliche Sachen über mich gesagt. Jeder, der sich mir entgegenstellt, X, X“ und er malte große X in die Luft, um anzudeuten, dass die Verlierer durchgestrichen werden, während die Delta-Plex-Arena tobte. „Das sollte auch für unser Land gelten“, sagte Trump. „Jeder, der sich uns in den Weg stellt, ab in den Mülleimer.“ Die Menge brüllte.
Nach Dutzenden von Wahlkampfreden hatte er Routine entwickelt. Es gab kein Skript, aber eine kleine Auswahl an Geschichten, die er zwischen Einsprengseln über tagesaktuelle Themen anbrachte, und Erzählungen darüber, wie Trump-Gegner aus Sälen entfernt worden waren. (Der Menge machte es nie etwas aus, eine Geschichte ein zweites Mal zu hören, etwa die, dass Ford ein großes Werk in Mexiko baute, und wie Präsident Trump diese Jobs zurückholen würde. „Kennt jemand schon diese Story?“, fragte Trump.
„Ja!“, riefen die Leute.
„Wollt ihr sie noch einmal hören?“
„Ja! Ja!“, schrien sie.)
An diesem Tag hatte Trump ein paar neue Granaten, neue fette Köder, die er der Menge hinwerfen konnte, welche jeden Schuss genoss, den er auf die Mächtigen und Wichtigtuer abfeuerte. Heute waren die Journalisten das Ziel. Trump merkte an, der russische Präsident Wladimir Putin habe gesagt, Trump sei brillant. Und er grinste über die Berichte der amerikanischen Medien, dass es vielleicht keine so große Sache für einen Präsidentschaftskandidaten sei, vom autokratischen Führer des Landes, das einer der größten Rivalen der USA war, gelobt zu werden. „Oh, ist es nicht furchtbar, dass Putin etwas Nettes gesagt hat?“, machte er sich lustig. „Das ist überhaupt nicht furchtbar, es ist gut … Wäre es nicht schön, wenn wir uns mit den Leuten verstehen würden?“ Die Reporter würden ihm die Worte im Mund herumdrehen und den Eindruck erwecken, Trump würde Putin unterstützen, sagte er. „Übrigens, ich hasse einige dieser ‚Reporter‘. Aber ich würde sie nicht töten. Ich hasse sie bloß.“ Der Jubel erreichte einen neuen Höhepunkt und Trump, der lauter wurde, um die Jubelschreie der Menge zu übertönen, fügte hinzu: „Einige von ihnen sind einfach verlogene, verabscheuungswürdige Personen, das stimmt, das stimmt. Aber ich würde sie nie töten.“
Er bestand auf seinem Recht, seiner Pflicht, zu sagen, was er denke. Seine Sprache, das herablassende kleine „Bye-bye!“-Winken, das er machte, wenn die Security Trump-Gegner hinauswarf, die „Heuchler!“ riefen – dafür würde sich Trump nie entschuldigen. Er erklärte der Menge: „Ich bin auf eine Elite-Uni gegangen. Ich bin hochgebildet … Ich muss mich nicht einfach ausdrücken. Ich habe ein riesiges Vokabular. Aber ehrlich gesagt, wie soll ich unsere politischen Anführer denn besser beschreiben als mit dem Wort dumm? … Früher habe ich sie ‚unglaublich inkompetent‘ genannt, aber dumm ist deutlicher, oder nicht?“
Die Menge war seiner Meinung und skandierte lautstark: „Trump, Trump, Trump“. „USA, USA, USA“. Der Kandidat stimmte ein. Dann befahl er den Nachrichtenleuten, dass sie „die Kameras umdrehen“ sollten, über den Saal schwenken und die Menge zeigen, denn „es ist so viel Liebe im Saal“. Er ließ nicht locker, drängte sie wieder und wieder dazu, ihre Kameras umzudrehen, und schließlich taten es einige davon. Die Menge tobte zustimmend. Ein weiterer Protestierender rief irgendetwas und Trump wies die Security an: „Schmeißt ihn raus!“ Mit einem verschmitzten Grinsen fügte er hinzu: „Tut ihm nicht weh! Seid ganz besonders freundlich!“
Er wandte sich wieder an das Publikum. „Wo hat man schon so viel Spaß wie bei einer Trump-Kundgebung?“
Die Menge schien glücklich, auch wenn sie sich stundenlang vor der Arena im Regen hatten anstellen müssen; selbst wenn ein paar Dutzend Protestierende als mahnende, schweigende Ankläger Schilder in die Höhe hielten, auf denen stand: „NEIN ZUM HASS, NEIN ZU TRUMP“ und „HEIL TRUMP, AMERIKANISCHER FASCHIST“. Die meisten Leute waren froh, Trump endlich einmal selbst zu hören, nicht weil sie den Kerl liebten oder auch nur glaubten, er würde einen prima Präsidenten abgeben, sondern weil sie froh waren, dass endlich jemand das aussprach, was er sagte. Kevin Steinke war 53 und hatte vor Kurzem festgestellt, dass er sich entscheiden musste – entweder er bezahlte seine Krankenversicherung oder er bediente seine Hypothek. Er brachte seine beiden Söhne im Teenageralter zur Wahlkampfveranstaltung mit, damit sie es selbst hören und verstehen konnten, dass andere Leute auch zu kämpfen hatten. Vielleicht gab es ja einen Weg, dass alles wieder so wurde, wie es einst war. Trumps Ausdrucksweise sei ein wenig drastisch, meinte Steinke, aber er „trifft einen Nerv. Die Menschen sind frustriert, weil wir als Land anscheinend nicht mehr wirklich vorankommen. Viele von uns haben das Gefühl, wir bewegen uns rückwärts“. Steinke, der einen Collegeabschluss hat, und seiner Frau, einer Musiklehrerin, ging es nicht mehr so gut wie früher. Er rechnete sich weder dem rechten noch dem linken Spektrum zu und war noch nie auf einer politischen Wahlkampfveranstaltung gewesen – doch die Vorstellung, Trump als CEO des Landes zu sehen, als einer, der nicht „wir gegen die“ forcieren und die Atmosphäre so verändern würde, dass die Leute „sagen können, was sie denken, und sich nicht islamophob oder homophob oder sonstwie-phob vorkommen müssen“, gefiel ihm. Trump verbreitete genügend Angst, dass „einige vom Establishment Panik kriegen, und das finde ich gut“, sagte Steinke. „Donald sagt einfach, wie es ist, manchmal vielleicht etwas zu einfach. Das ist doch mal was Neues.“
Steinke machte sich nicht die Illusion, dass Trump „eine saubere Weste hat – die hat niemand“. Und er dachte, dass einige der Dinge, die Trump sagte, „ein wenig grenzwertig waren und er kann das nicht immer zurücknehmen, wie er will“. Aber Steinke mochte es, wenn Trump Tacheles darüber redete, wie er mit den Führern anderer Länder umgehen wolle, denn Amerika müsse nicht jeden überzeugen, sondern sollte „die Bühne ein weniger energischer betreten und verkünden, dass wir die Anführer sein sollten. Wir sollten nicht sagen: ‚Sorry, dass wir Amerikaner sind‘. Denn ein bisschen kommt es mir so vor, als ob man als Eltern versagt hat und das global betrachtet keinerlei Konsequenzen hätte“. Trump, so Steinke, „weiß, wie man verhandelt: Eine Hand wäscht die andere. So sehr ich auch glaube, dass seine Rhetorik oft heiße Luft ist – wenn er hinter verschlossenen Türen sitzt, will er einen Deal machen“.
An diesem Tag brachte Trump auch einen neuen Spruch über Hillary Clinton, und was für eine Loserin sie sei, und dass sie von Barack Obama in den Primaries 2008 „genagelt“ worden war. Trump spottete über Clinton, weil sie mitten in der letzten Debatte der demokratischen Kandidaten aufs Klo musste, und nannte das „ekelhaft, ich will nicht mal drüber reden“. Er erklärte, dass er sich einst mir ihr gut verstanden habe, damals „in meinem alten Job“, wo „einem jemand fünf Millionen Dollar gibt und … na ja, Sie wissen schon, man fühlt sich irgendwie verpflichtet“. Jetzt jedoch nahm er keine großen Spenden an, er finanzierte seinen Wahlkampf selbst „und es ist sehr schwer für mich, nein zu sagen, denn ich habe mein ganzes Leben lang genommen. Ich habe Geld genommen, ich liebe Geld, ich nehme Geld. Jetzt sage ich diesen Leuten, ich will ihr Geld nicht. Denn ich weiß, was passiert“.
Und die Leute jubelten noch lauter, denn er sagte, was sie auch gesagt hatten, er gab zu, was diese händeschüttelnden, Plattitüden von sich gebenden Politiker niemals zugeben würden. Er sprach es einfach aus: „Die Wahrheit ist, der amerikanische Traum ist gestorben.“ Die Menschen jubelten – nicht, weil sie Pessimisten oder Zyniker waren, sondern weil sie sich verletzt fühlten und betrogen und das endlich jemand anerkannte. Er beendete seine Rede mit einem Versprechen, einem großen, einem, an das sie glauben wollten: dass der amerikanische Traum zwar gestorben war, aber wieder zum Leben erweckt werden könnte. „Ich werde dafür sorgen, dass wir größer und besser und stärker als jemals zuvor werden. Jemals zuvor. Größer und besser und stärker.“
UND NUN WAREN DREI MONATE vergangen, März 2016, es war ein schöner Frühlingstag in Washington und Trump hatte bereits Sieg über Sieg eingefahren und war zielstrebig auf dem Weg, zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner nominiert zu werden. Nur noch zwei seiner Gegner waren übrig. Die Parteibosse hielten geheime Treffen ab, wie sie die Parteiversammlung im Sommer gegen Trump aufstellen konnten, und einige Experten, die ihm im Jahr zuvor noch keine Chance eingeräumt hatten, meinten, seine Nominierung sei unvermeidlich. Er hielt immer noch mehrere Kundgebungen pro Woche ab und war den ganzen Tag im Fernsehen und Radio, vermischte seine üblichen Versprechen von Revival und Großartigkeit mit neuen Ausbrüchen politischer Inkorrektheit. Einmal forderte er, für Frauen, die abgetrieben haben, „sollte es eine Art Bestrafung geben“, um dann ein paar Stunden später wieder zurückzurudern. Mittlerweile glaubte er so fest an seinen Sieg, dass er behauptete, „Ich glaube, es würde Unruhen geben“, wenn die Partei ihm die Nominierung verweigerte. Er war sich seiner Sache sicher genug, dass er beschloss, den Wandel zu zeigen, den er angekündigt hatte, sobald die wilden Zeiten der Kampagne für die Primary vorbei waren. Laut eigener Aussage würde er schnell und einfach beweisen, „dass ich sehr präsidentenhaft sein kann“.
Und so trug Trump eine etwas konservativere marineblaue Krawatte, die dezenter war als die auffällige rote, die er bei den Wahlkampfveranstaltungen bevorzugt hatte. In der Redaktionsleitung der Washington Post klang er ruhiger, sanfter. Seine Rhetorik war gemäßigter – er lobte einen der politischen Reporter der Zeitung über den grünen Klee (wenngleich er anmerkte, „Ich bin von der Washington Post sehr, sehr schlecht behandelt worden“) und zollte sogar der Bundesbehörde seinen Respekt, die das DC-Gebäude verwaltete, welches neben dem IRS lag und das Trump in ein Hotel umbauen ließ. Trump hatte bereitwillig zugestimmt, das einstündige Interview ganz offiziell zu geben – ein Bruch mit dem normalen Vorgehen der Redaktionsleitung, die Unterhaltungen mit den Kandidaten privat zu halten, um eine offene Diskussion zu fördern bezüglich der Entscheidung, wen man unterstützen wolle. In Trumps Fall machte sich keiner in der Leitung falsche Hoffnungen, dass es nur die geringste Chance gab, die Post mit ihren traditionell demokratischen Leitartikeln würde es ernsthaft in Erwägung ziehen, einen Kandidaten zu unterstützen, den diese Leitartikel besonders harsch angegriffen und eine Gefahr für die amerikanische Demokratie genannt hatten. Also bestand der einzige Wert des Interviews darin, dass die Redakteure und Kolumnisten Trump bei seinen extremeren Aussagen auf den Zahn fühlen und sehen konnten, ob er wirklich wusste, wovon er redete.
Die Mitglieder der Redaktion hatten vorher eine Strategie diskutiert, die darauf angelegt war, Trumps Kenntnisse der großen außenpolitischen Probleme unter die Lupe zu nehmen und ihn zu fragen, wieso er so hetzerische Aussagen machte. Es war Showtime. Trump kam herein und streckte die Hand – teigig, mit überraschend rauer Haut – jedem Redakteur hin. Das war für die meisten Besucher völlig normal, aber etwas Neues für Trump, der es einen Großteil seines Lebens vermieden hatte, jemandem die Hand zu schütteln, denn, wie er sagte: „Leute kommen rein, sie haben eine schlimme Erkältung, man schüttelt ihnen die Hand und dann hat man selbst die Erkältung.“ (Kandidat zu werden, machte es erforderlich, daran etwas zu ändern, sagte er, denn die Menschen erwarten einen Handschlag: „Wissen Sie, es ist sehr unhöflich, wenn jemand kommt und will einem die Hand schütteln und man tut es nicht. Also macht man es, man schüttelt sie. Ich wasche mir die Hände so oft wie möglich … und das soll keine Beleidigung für irgendjemanden sein, es ist eine Tatsache: Man bekommt Keime über die Hände ab und erkältet sich.“16) Bei der Post blieb Trumps Ton ruhig und seine Sätze wurden länger und komplexer als in den Debatten oder bei Fernsehauftritten. Aber er ließ sich nicht bedrängen. Sechs Mal versuchten seine Interviewer, ihn zu einer Aussage zu bringen, ob die Polizei Schwarze grober behandelt als Weiße.
„Wissen Sie, die Durchsetzung von Recht und Gesetz ist mir sehr wichtig“, erwiderte Trump. „Die Durchsetzung von Recht und Gesetz muss eine wichtige Rolle spielen.“
Als er erneut gefragt wurde, ob er glaubte, dass es ethnisch bedingte Unterschiede beim Gesetzesvollzug gab, erwiderte Trump: „Ich habe gelesen, dass es so etwas gibt, und ich habe gelesen, dass es das nicht gibt. Ich meine, ich habe beide Meinungen gelesen. Und wissen Sie, ich habe dazu keine Meinung.“
Die Unterhaltung drehte sich danach um Trumps häufig hetzerischen Kommentare bei seinen Wahlkampfveranstaltungen, wenn er die Security dazu anwies, Protestler zu entfernen, und Anweisungen gab wie „Prügelt ihm die Scheiße aus dem Leib“. Ob solche Bemerkungen nicht Gewalt beförderten?
„Nein, denn worauf ich mich da beziehe: Wir hatten ein paar wirklich üble Typen, die zu den Veranstaltungen kamen. Wir hatten einen Kerl … der war vielleicht laut … und ich habe gesagt: ‚Junge, dem würde ich gerne eine reinhauen.‘ Wissen Sie, das habe ich gesagt. Ich meinte, ich würde ihm gerne eine verpassen. Der Kerl war unglaublich laut. Hatte eine Stimme wie Pavarotti. Ich habe gesagt, wenn ich sein Manager wäre, hätte ich für ihn eine Menge Geld machen können, denn er hatte eine tolle Stimme. Also wirklich, der Kerl war unglaublich, wie laut der war.“
Etwas Neues beim Meeting war Trumps Aussage, dass die USA vielleicht nicht mehr so viel Geld in die NATO stecken sollten, den Kern der europäisch-amerikanischen Sicherheitsallianz seit dem Kalten Krieg. Eine solche Aussage mochte ihm vielleicht zustimmendes Nicken oder Applaus bei einer Wahlkampfveranstaltung einbringen, löste jedoch Schockzustände und Gelächter in den Korridoren der Thinktanks und Politikwerkstätten in Washington aus. War das nur so dahingesagt? Zog er die sich selbst zu wichtig nehmenden Politikexperten auf? Oder hatte er wirklich eine faktenbasierte und durchdachte Position?
„Die NATO wurde geschaffen, als wir ein reicheres Land waren“, meinte Trump. „Wir sind kein reiches Land. Wir leihen uns alles, wir leihen uns all das Geld.“
Aber Sie wissen, wandte Leitartikelschreiber Charles Lane ein, dass Südkorea und Japan die Hälfte der Verwaltungskosten tragen, um das amerikanische Militär in diesen Ländern zu stationieren, oder?
„50 Prozent?“, fragte Trump.
„Ja“, bestätigte Lane.
„Wieso sind es nicht 100 Prozent?“
In dem Meeting klang er nie wütend. Sein Gesicht lief nicht rot an, wie in den hitzigen Momenten bei Debatten. Die Redakteure, die vor allem wissen wollten, wie viel von Trumps Benehmen in seiner Kampagne aufgesetzt war und wie viel echte Wut, die sich Bahn brach, gingen mit dem Eindruck aus dem Meeting, dass sie den echten Trump gesehen hatten – einen Mann, der sich seiner Perspektive sicher ist, viel Vertrauen in seine Fähigkeiten hat, nicht unbedingt gut informiert ist, der schnell beleidigt ist und aufrichtig verwundert über Verdächtigungen, er habe andere Motive als Amerika wieder zu alter Größe zu führen.
Ein paar Wochen später stellte Trump einen neuen Chefstrategen an, einen erfahrenen Lobbyisten aus Washington namens Paul Manafort, der sich beeilte, dem Republican National Committee zu versichern, Trump hätte während seines Wahlkampfes nur eine Rolle gespielt. „Die Rolle, die er gespielt hat, verwandelt sich nun in die Rolle, die Sie von ihm erwartet haben“17, verkündete Manafort. Aber Trump selbst kaufte ihm diesen Satz nicht ab und ebenso wenig die Chefredaktion der Post. Merkwürdigerweise überzeugten die am wenigsten präsidentenhaften Momente des Besuchs einige der Post-Redakteure, dass Trump ihnen nichts vorspielte. Fred Hiatt, der Redaktionsleiter, musste die Frage einfach stellen: Wie konnte ein Mann, der sich um die Präsidentschaft bewirbt, in einer landesweit ausgestrahlten Debatte über die Größe seines Penis reden? „Sie sind gebildet, haben eine gute Schule besucht“, sagte der Redakteur. „Und jetzt stehen Sie da oben und reden über ihre Hände und die Größe Ihres Geschlechtsteils.“
„Nein“, erwiderte Trump, Marco Rubio hätte Trumps Hände angesprochen. „Er hat damit angefangen.“
„Sie haben das Thema doch aufgebracht“, meinte der Kolumnist Ruth Marcus.
„Nein, ich entschied mich, darauf zu reagieren.“ Trump schob das Kinn vor. „Ich hatte keine Wahl.“
„Sie haben sich entschieden, das Thema während einer Debatte aufzugreifen“, beharrte Marcus. „Können Sie erklären, wieso Sie keine Wahl hatten?“
„Ich wollte nicht, dass die Leute auf die Idee kommen, ich hätte ein Problem.“
Er hat damit angefangen. Wie eine Balgerei auf dem Schulhof. Und Trump hatte reagiert. Er hatte keine andere Wahl. Er war nicht der Typ, der jemals in einem Kampf klein beigeben würde, nicht als Jugendlicher auf der Militärschule und sicher nicht auf nationaler Bühne. Ja, er war ein Kämpfer und ein Siegertyp, das erklärte er jedem, der es wissen wollte. Aber er war auch loyal, respektvoll, ritterlich.
Auf dem Weg aus dem Meeting blieb Trump stehen, um der Redakteurin Karen Attiah die Hand zu schütteln, die ihn nach seiner spalterischen Rhetorik und deren Auswirkungen auf ein Land gefragt hatte, in dem immer mehr dunkelhäutige Menschen leben. „Ich hoffe sehr, dass ich Ihre Frage beantwortet habe“, sagte Trump. Dann lächelte er, sah Attiah direkt an und fügte hinzu: „Wunderschön.“ Er meinte nicht ihre Frage.
Attiah reagierte nicht. Sie war verwundert, dass ein Präsidentschaftskandidat eine Bemerkung über ihr Aussehen machte, aber nicht verärgert, „nur perplex“, sagte sie. „Er war charmant gewesen und charismatisch, nicht verschlossen oder zögerlich. Ich dachte darüber nach, was er gesagt hatte, und erinnerte mich daran, das ist doch der Typ mit den Schönheitswettbewerben, der stolz allen seine Frau und seine Tochter präsentiert. Der gesagt hat, wenn sie nicht seine Tochter wäre, würde er vielleicht mit ihr ausgehen.18 Und ich kam zum Schluss, na ja, wir haben die volle Dosis Trump abgekriegt.“
Ein paar Blocks weiter, am Sportstadion, in dem die Washington Wizards und die Capitals spielen, versammelten sich Tausende jüdische Aktivisten, um Trumps lange erwartete Rede vor dem AIPAC zu hören, wie er mit der israelisch-palästinensischen Pattsituation umgehen wollte. Dutzende Rabbis und andere hatten angekündigt, die Veranstaltung zu boykottieren19, einerseits weil Trump versprochen hatte, sich bei Gesprächen zwischen Israel und den Palästinensern „neutral“ zu verhalten, und weil andererseits sein Aufruf, Muslime an der Einreise in die USA zu hindern, vielen Juden wie ein beängstigendes Echo der Gesetzgebung vorkam, mit der sich ihre eigenen Eltern und Großeltern in Europa konfrontiert sahen. Auch wenn Trumps Tochter Ivanka einen orthodoxen Juden geheiratet hatte und zum Judentum konvertiert war, hatte der Kandidat viele Juden mit einem Kommentar bei einem Treffen der Republican Jewish Coalition vor den Kopf gestoßen, bei dem er gesagt hatte, er würde vielleicht nicht die Unterstützung von vielen Leuten im Raum erhalten, weil er ihr Geld nicht wollte. Trump meinte, er sei in der besten Position, einen Friedensvertrag im Nahen Osten auszuhandeln, denn er sei ein guter Verhandlungsführer, „genau wie ihr auch, Leute“20.
Also hatte Trump einiges zu wiedergutzumachen. Er ging kein Risiko ein. Auch wenn er gesagt hatte, dass Teleprompter auf der Kampagne verbannt werden sollten, benutzte er nun einen, seine Blicke schossen von einem Bildschirm zum anderen. Dieses Mal war er vollkommen auf der Seite Israels. Er schimpfte gegen die Dämonisierung der Juden durch die Palästinenser. Er erinnerte die Leute daran, dass er dem Bürgermeister von New York, Rudy Guiliani, seinen Privatjet geliehen hatte, als dieser Wochen nach den Angriffen von 9/11 Israel besuchte, und dass er der Grand Marshal der Israelparade in New York 2004 gewesen war, auf dem Höhepunkt der Gewalt im Gazastreifen. Er erzählte jedem, dass Ivanka bald ein „wunderschönes jüdisches Baby“21 gebären würde.
Aber bevor Trumps Rede wiederholte stehende Ovationen erntete, stand zu Beginn seiner Bemerkungen, sechs Reihen von der Bühne entfernt, ein Rabbi mit einem jüdischen Gebetsschal auf und rief in einsamem Protest: „Dieser Mann ist böse. Er inspiriert Rassisten und Fanatiker. Er fördert Gewalt. Hört nicht auf ihn.“ Rabbi Shmuel Herzfeld, der eine orthodoxe Gemeinde in Washington leitet, erhob sich nicht aus einer spontanen Eingebung heraus. Tagelang hatte er mit der Entscheidung gerungen. Er hatte sich mit seinem eigenen Mentor, ebenfalls einem Rabbi, beraten, mit seinem Anwalt, mit seiner Frau und seinen sieben Kindern. Seinen Kindern gegenüber meinte er, er fühle sich verpflichtet, die Stimme zu erheben, „zu sagen, ‚wir wissen, wer du bist, wir durchschauen dich‘“. Sie baten ihn, seinen Protest nicht zum Ausdruck zu bringen, weil er verletzt werden könnte, aber Herzfeld kam zum Schluss, er habe keine Wahl. Er wusste, er würde Mitglieder seiner Synagoge verlieren (und das geschah auch). Er wusste, er würde beschuldigt werden, eine unangemessen politische Haltung einzunehmen (und das wurde er). Dennoch war er zum Schluss gekommen, dass Trump „eine existenzielle Bedrohung unseres Landes darstellte. Ich habe in meinem Leben noch nie eine solche Figur auf der politischen Bühne gesehen. Er ist schamlos, wenn es darum geht, zur Gewalt aufzustacheln. Er hat ekelhafte Sachen über Menschen aus anderen Ländern gesagt. Er hat einen Raum geschaffen für die Hässlichkeit, die sich aus ihren dunklen Ecken wagt.“
Herzfeld wurde sofort aus dem Stadion geschafft und Trump sprach ohne weitere Störungen weiter. Am nächsten Tag jedoch entschuldigte sich der Präsident des AIPAC, der sich die Tränen verkneifen musste, für Trumps Rede und sagte, sie habe die Regeln der Gruppe in Bezug auf persönliche Angriffe gebrochen. Trump war ungewöhnlich zurückhaltend in seiner Ausdrucksweise gewesen, aber er hatte Präsident Obama das „vielleicht Schlimmste, was Israel passiert ist“, genannt und ein spontanes „Yeah!“22 in den Teil seiner Rede einfließen lassen, in dem er anmerkte, dass dies Obamas letztes Jahr im Weißen Haus war. Er mochte vielleicht bei Veranstaltungen für Präsidenten auftreten, aber er war immer noch einfach Trump.
Der einzige Auftritt an diesem Tag, bei dem Trump wie im Wahlkampf aussah und sich anhörte wie der volksnahe Milliardär, der kein Blatt vor den Mund nahm – manchmal spielerisch, wütend, leidenschaftlich, überzeugend –, war ein ganz anderer Event, nämlich eine Werbeveranstaltung beim prunkvollen alten Postgebäude auf der Pennsylvania Avenue, das er mit hohem Tempo zum Trump International Hotel umbaute. Eine Stunde, bevor Trump erscheinen sollte, reichte die Schlange der Presseleute, die über den Event berichten sollten, bereits um den Block. Ein paar Hundert Reporter waren aufgetaucht. Vielleicht eine Handvoll davon interessierte sich für die Renovierung eines Regierungsgebäudes aus dem 19. Jahrhundert, das zu einem Luxushotel werden sollte, nur fünf Blocks vom Weißen Haus entfernt. Was sie alle hergelockt hatte, war die Aussicht, Trump ein paar Fragen an den Kopf zu werfen.
Das metallische Klingeln von Hämmern auf Stahl und der Lärm der Elektrowerkzeuge verstummte erst kurz, bevor Trump eintreffen sollte. Dann verschwanden die Männer mit den Bauarbeiterhelmen und orangen Westen und zurück blieb nur gedämpfte Pianomusik – ein auffallender Kontrast zu der aggressiven, den Puls hochtreibenden Playlist, die Trump bei seinen Wahlkampfveranstaltungen einsetzte, um die Menge anzuheizen. Trumps Autokorso traf ein, zwei glänzend schwarze SUV, vor denen vier Streifenwagen und mehrere Motorradpolizisten der Polizei von D.C. herfuhren. Trump – gefolgt von mehr als einem Dutzend Helfershelfern in dunklen Anzügen, einem fülligen Mann in weißer Kochkleidung, zwei Bauarbeitern und jeder Menge Hotelmitarbeitern – trat über einen Steg aus Bauholz in das Atrium und stellte sich vor zwei amerikanische Flaggen. Das Hotel, so versprach er, würde „unglaublich [werden], mit wunderschönem Marmor aus verschiedenen Teilen der Welt … ich glaube, das ist eine großartige Sache für das Land und eine großartige Sache für Washington.“
40 Minuten lang bombardierten die Reporter Trump mit Fragen, von denen keine mit dem Postgebäudeprojekt zu tun hatte. Sie wollten stattdessen über die Auszählung von Delegiertenstimmen reden, über die Politik im Nahen Osten, die NATO, die Gewalt bei seinen Wahlkampfveranstaltungen. Trump nahm alles stoisch hin und fragte dann, ob jemand den herrlichen Ballsaal sehen wollte. Ein pulsierender Klumpen aus Reportern und Kameraleuten, eine Masse, aus der Mikros und Kameras ragten, die in die Luft gehalten wurden, quetschte sich durch einen Durchgang und umgab Trump wie Amöben. Diesem schien es nichts auszumachen. Er blieb stehen, sah an der Fassade des Gebäudes im Stil der Neuromanik hinauf und deutete nach oben: „Das Fenster dort ist von 1880.23 Kaum zu glauben, oder? Das ist ganz besonderes Glas. Es hat eine Art Patina.“ Baumaterial war nicht das, was die Menge studieren wollte, aber damit kannte er sich aus. Das war sein Leben. Der Rest davon – die Menschenmengen, die Leute, die rhythmisch seinen Namen riefen, die Politik einer Nation, die ins Schlingern geraten ist – war neu und aufregend und auch beunruhigend. Er war jetzt der Spitzenkandidat und für den nächsten Akt, so hatten ihm einige Leute geraten, sollte er präsidentenhaft sein, aber er wusste, er würde der sein, der er immer war.
An einem Junitag 2008 an der Nordwestküste von Schottland blickte eine Gruppe von Dorfbewohnern auf den äußeren Hebriden in den Himmel auf ein herannahendes Flugzeug. Die Inseln, auf denen sie lebten, waren geformt wie ein mittelalterlicher Knüppel, schmal am südlichen Ende und breiter im Norden, hingestreckt im unruhigen graublauen Wasser. Ein Großteil des spärlich besiedelten Landes sah aus der Ferne wie eine endlose Rasenfläche aus, es gab Felder, die bis an zerklüftete Klippen reichten und an felsige Strände, jenseits derer eine Kette von Inselchen lag. Die Inselbewohner warteten, während die Boeing 727 in ihre Richtung drehte.
Der Jet war ein ungewöhnlicher Besucher, kein Vergleich zu den propellergetriebenen Pfützenspringern oder den klappernden Fliegern der Royal Mail, die normalerweise die Insel ansteuerten. Das Flugzeug, das den Atlantischen Ozean auf seiner Reise von Boston aus überquert hatte, schnitt durch die Winde, kam mit hüpfenden Reifen auf der Rollbahn auf und rollte dann langsam an den kleinen Terminal in Stornoway, der Hauptstadt der Isle of Lewis mit einer Bevölkerung von 8.000 Menschen. Das Flugzeug war nach den genauen Spezifikationen seines Besitzers aus Manhattan, Donald J. Trump, modifiziert worden. Es hatte ein großes Schlafzimmer, großzügig Platz zum Sitzen für 24 Passagiere, einen Essbereich für fünf Gäste mit dazugehörigem Porzellan und Kristallgläsern und, um das Ganze abzurunden, zwei vergoldete Waschbecken.1 Ein einzelnes Wort war in Großbuchstaben auf den Rumpf geschrieben: TRUMP. Als die Turbinen des Fliegers zum Stillstand kamen, luden Trumps Bedienstete die Kisten mit Büchern aus, die wie Talismane an die Inselbewohner ausgeteilt werden würden. Auf einer Kiste stand: TRUMP: WIE MAN REICH WIRD und auf einer anderen: GIB NIEMALS AUF. Trump, der einen dunklen Anzug, ein weißes Hemd und eine blaue Krawatte trug, die bis über seinen Gürtel hing, die blonden Haare im Wind wehend, begrüßte die Inselbewohner. Dann gingen er und seine Mitreisenden zu einem schwarzen Porsche Cayenne und zwei BMW X5. Die Entourage fuhr etwa zehn Kilometer an den sanften, grünen Hügeln vorbei, durch Siedlungen mit am Wasser gebauten Häusern und kleinen Industriegebäuden, bis sie an einem grauen Haus ankamen, das als 5 Tong bekannt war, benannt nach dem Dorf, in dem es lag. Das Haus war so bescheiden, dass Trump es nur 97 Sekunden besichtigte, Fotos wurden gemacht und die Angelegenheit schien an ein Ende gekommen. Trump besuchte den Geburtsort seiner Mutter, Mary Anne MacLeod.
„Ich fühle mich hier sehr wohl“2, erklärte Trump den versammelten Reportern. „Wenn die Mutter aus einer bestimmten Gegend kommt, neigt man dazu, diese Gegend zu mögen. Ich fühle mich schottisch, aber bitten Sie mich nicht, das zu definieren. Etwas von meiner Mutter hat sich bei mir sehr stark durchgesetzt.“ Falls irgendjemand es noch nicht bemerkt hatte, setzte er hinzu: „Ich habe eine Menge Geld“.3
Trump war vorher nur einmal hier gewesen, als er drei oder vier Jahre alt war, und dieser Aufenthalt schien so kurz wie möglich, kaum drei Stunden. Es gab ein Gespräch darüber, dass er ein Schloss vor Ort in ein Luxushotel4 verwandeln wollte. Dann ging es weiter in einen anderen Teil Schottlands, wo Trump hoffte, diese seltene Gelegenheit, auf seine Herkunft hinzuweisen, könnte dabei helfen, Politiker zu überzeugen, ihn ein riesiges Golfresort5 und mehrere Häuser in einem umweltschutztechnisch sensiblen Landstrich in der Nähe von Aberdeen bauen zu lassen.
Trumps Geschichte über seine Mutter war die klassische Erzählung des Wunsches nach einem neuen Leben in einem fremden Land, aufgeladen mit dem anscheinend unrealistischen Traum unvorstellbaren Reichtums. Der Reichtum stellte sich bei Trumps Familie eines Tages ein. Aber dieses Ergebnis wäre schwer vorstellbar gewesen, wenn man in der Zeit zurückgereist wäre bis zu einer Szene, die in einem grobkörnigen Foto festgehalten worden war, ganz in der Nähe des Ortes aufgenommen, den Trump an diesem Junitag so kurz besucht hatte.
DAS SCHWARZWEISSFOTO WAR 1930 in 5 Tong gemacht worden. Eine Frau, leicht gebeugt, mit einem langen Kleid, die Haare nach hinten gebunden, ein Strick über der Schulter. Der Strick ist an einem Bündel auf ihrem Rücken befestigt, das etwa zehn Mal so groß ist wie ihr Kopf. Laut der Bildunterschrift der Tong Historical Society ist sie eine Ahnin von Trump, möglicherweise Donalds Großmutter, die „eine Hummerreuse voller Seetang auf dem Rücken trägt“6. Im Hintergrund steht eine junge Dame, vermutlich Trumps Mutter Mary MacLeod, damals 18 Jahre alt, die bereits den Plan hat, ihr zunehmend bettelarmes Land zu verlassen und nach Amerika auszuwandern.
Mary wuchs an diesem entlegenen Ort auf und sprach den örtlichen gälischen Dialekt. Tong war die Heimat von Marys Eltern, Großeltern und Urgroßeltern gewesen sowie von zahllosen Cousinen und Cousins. Das Land um das Haus war bekannt als ein „Croft“, eine kleine Farm, für gewöhnlich von der Mutter bestellt, damit der Vater Zeit hatte, häufig fischen zu gehen. Es war eine karge Existenz und viele Häuser waren „unbeschreiblich schmutzig und die Türen so niedrig, dass man hinein und heraus kriechen musste“, wie ein Lokalhistoriker berichtet. Familien hatten zu kämpfen, ihr Auskommen zu finden, indem sie die saure Erde bestellten, Tiere hielten und in den nahegelegenen Buchten und Flüssen fischten. Außerdem sammelten sie Torf, welcher verkauft oder als Brennstoff benutzt wurde, und Seetang, der als Dünger auf dem schwierig zu bestellenden Land eingesetzt wurde. Es war nicht selten, dass die Männer mit ihren Segelschiffen untergingen, ein Schicksal, das 1868 auch Marys 34 Jahre alten Großvater Donald Smith7 ereilte, der denselben Vornamen hatte, den Mary Jahrzehnte später ihrem Sohn Donald Trump geben sollte.
Mary wurde 1912 geboren, während des Höhepunkts eines Booms der Heringfischerei. Dieser fetthaltige Fisch war in ganz Europa zu einer Delikatesse geworden. Viele junge Einwohner arbeiteten in dem Gewerbe, putzten den Fisch oder segelten mit den Fischerflotten hinaus. Im Ersten Weltkrieg, als die Fischindustrie der Insel zusammenbrach, war Mary noch ein Kind. Zehn Prozent der männlichen Bevölkerung starben. Eine Auswanderungswelle folgte, die Familien suchten anderswo nach neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten. Ein Mann aus Tong hatte angeblich so viel Erfolg, dass er bei einem Besuch in einem großen amerikanischen Wagen mit Weißwandreifen ankam und die Kinder des Ortes mitfahren ließ.
1918 zahlte einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner der Insel, Lord Leverhulme, der für das Lever-Seifenimperium seiner Familie bekannt war, 143.000 Pfund8, um die Isle of Lewis zu kaufen, auf der Tong lag. Er zog in das große Lews Castle und verkündete eine Reihe großer Pläne, inklusive des Verkaufs von vor Ort gefangenem Fisch in Hunderten von Geschäften9 im ganzen Vereinigten Königreich. Vor allem aber drängte er die Einwohner dazu, ihm zu trauen.
In dieser kurzen Periode der Hoffnung geschah eine weitere Tragödie. Am Neujahrstag 1919 kam ein Schiff mit britischen Soldaten an Bord vom Kurs ab, setzte auf Felsen auf und es starben 174 Männer10 aus Lewis, was erneut die männliche Bevölkerung dezimierte. Bald wurde offensichtlich, dass Leverhulmes große Versprechen sich nicht erfüllen würden. Die Inselbewohner rebellierten. Eine Gruppe von Männern aus Tong fiel auf einer Farm ein, die Leverhulme gehörte, und beanspruchte das Land für sich. 1912 hatte Leverhulme die Bautätigkeit auf Lewis eingestellt und konzentrierte sich auf das benachbarte Harris, das bekannt war für seine Wollfabrik mit Namen Harris Tweed. Seine Unternehmungen an anderen Orten kamen ins Straucheln, besonders angesichts der weltweiten Wirtschaftskrise, und 1923 war Leverhulmes Traum von einem Utopia auf Lewis geplatzt. Leverhulme starb11 zwei Jahre später, und als Mary ins Teenageralter kam, verließen Hunderte Menschen die Insel.
Die MacLeods waren stolz auf die robusten Tiere der Insel. Im Familienwappen fand sich ein Stierkopf und das Motto „DURCHHALTEN“12. Aber das wurde beinahe unmöglich mit dem Beginn der Weltwirtschaftskrise im Herbst 1929. Die Möglichkeiten für eine junge Frau, irgendetwas anderes zu werden als Bäuerin oder eine Kinder gebärende Sammlerin von Seetang, waren rar. Also bestieg Mary Anne MacLeod am 17. Februar 1930, nach dem Schwarzen Dienstag und all der weiteren Finsternis, die die Weltwirtschaftskrise gebracht hatte, die SS Transylvania13, ein Schiff mit drei Schloten, das vier Jahre zuvor gebaut worden war. Das Schiff war 175 Meter lang14, 21 Meter breit und konnte 1.432 Passagiere befördern. Mary, eine attraktive junge Frau mit heller Haut und blauen Augen, scheint alleine gewesen zu sein und steht in der Passagierliste zwischen den McIntoshes und McGraths und McBrides. Sie nannte sich selbst „Hausangestellte“, ein Sammelbegriff für „Hausmädchen“ und andere Arbeiten, die sie annehmen konnte, sobald sie in New York war. Gegenüber den Einwanderungsbeamten auf Ellis Island gab sie an, sie wolle mit ihrer älteren Schwester Catherine, die geheiratet und gerade einen kleinen Jungen geboren hatte, in Queens bleiben. Mary erklärte, sie wolle dauerhafte Einwohnerin werden, und hoffe, die Staatsbürgerschaft ihrer Wahlheimat zu erhalten.
DIE VEREINIGTEN STAATEN HATTEN den größten Teil ihrer Geschichte Einwanderer willkommen geheißen, Arbeitskräfte importiert und die Besiedlung des Westens gefördert. Eine Kombination aus ökonomischem Abschwung, Nationalismus und dem Erstarken der eugenischen Bewegung hatte es jedoch vor Kurzem zunehmend schwerer für bestimmte Menschengruppen gemacht, US-Bürger zu werden. Die Rückschläge begannen in den frühen 1920er-Jahren. Der Ku-Klux-Klan versuchte, die demokratische Nationalversammlung 1924 in New York zu übernehmen, erzwang extreme Beschränkungen bei der Zahl der Immigranten und diskriminierte Katholiken, was zu Schlägereien in den Sitzreihen des drückend heißen Madison Square Garden führte. Mehr als 20.000 Klan-Angehörige hielten eine politische Veranstaltung in der Nähe ab und feierten, als die Versammlung knapp daran scheiterte, einen Tagesordnungspunkt zu verabschieden, der die Gruppe ausschloss. Der daraus resultierende „Klanbake“15, wie die Tage des Zorns genannt wurden, brachte die Versammlung derart aus dem Tritt, dass es 103 Wahlgänge brauchte, um John W. Davis als Kandidaten aufzustellen, der die Wahl dann gegen den Republikaner Calvon Coolidge verlor. Trotzdem verfügte der KKK weiter über politische Macht, und als die Wirtschaft schwächelte, erfasste eine Anti-Immigrations-Stimmung das Land. Der Nominierte der Demokraten von 1928, Al Smith, wurde vom KKK an den Pranger gestellt, weil er katholisch war, und verlor gegen den Republikaner Herbert Hoover. 1929 verabschiedete der Kongress ein Gesetz, das die Immigrantenquoten für viele Länder reduzierte, inklusive europäischer Nationen wie Deutschland. Bald wurden Hunderttausende Mexikaner ausgewiesen. Menschen aus China, Japan, Afrika und Arabien hatten wenig Chancen, die US-Staatsbürgerschaft zu erhalten. Gleichzeitig verdoppelte der Kongress beinahe die Quote für Immigranten vom Großteil der britischen Inseln. Mary, die der bevorzugten Gruppe16 der britischen Weißen angehörte, wurde in einer Zeit willkommen geheißen, in der die Vereinigten Staaten für die meisten anderen die Tore schlossen.
Als Mary auf dem Weg über den Atlantik war, hatte die Transylvania mit einem schweren Sturm zu kämpfen. Das Schiff erreichte schließlich den Hafen von New York. Es schüttete wie aus Eimern und Blitze hatten für einen Stromausfall gesorgt17, unter anderem in der Flamme der Freiheitsstatue, die dennoch die Müden und Armen der Welt willkommen hieß. Die Schlagzeile auf der ersten Seite der New York Times am Tag von Marys Ankunft schien beruhigend: „Die schlimmste Wirtschaftskrise ist überstanden, sagt Hoover, und Zusammenarbeit mindert das Leid.“ Hoover setzte seine Hoffnungen auf einen Bauboom18 und insistierte, dieser Trend habe sich „über alle Hoffnungen hinaus“ beschleunigt. Seine Hoffnungen sollten sich als zu optimistisch erweisen. Im Weißen Haus wurde Hoover bald durch den Gouverneur von New York abgelöst, Franklin Delano Roosevelt, und es sollte Jahre der Regierungsintervention brauchen, bis Amerika sich selbst aus der Wirtschaftskrise gekämpft hatte. Einer von denen, die Hoovers Hoffnungen auf einen Bauboom teilten, war ein junger Mann namens Fred Trump. Er war der Sohn eines deutschen Einwanderers und gerade dabei, ein Vermögen zu machen, indem er bescheidene Eigenheime in derselben Gegend von New York City baute, in die Mary MacLeod unterwegs war.
DER TRUMP-TEIL DER AMERIKANISCHEN Familiensaga beginnt mit Donalds Großvater Friedrich. Er wuchs in dem Dorf Kallstadt auf, in einem südwestdeutschen Weinbaugebiet, das für den unbefangenen Beobachter prosperierend und wohlhabend wirkte, aber für den ehrgeizigen Teenager, der später Donald Trumps Großvater väterlicherseits werden sollte, kaum eine Zukunft bot.
Das zweistöckige Haus in der Freinsheimer Straße mit dem steilen Dach, in dem Friedrich aufwuchs, war nur ein paar Minuten Fußmarsch vom Glockenturm der protestantischen Kirche im Stadtzentrum von Kallstadt entfernt. Mit zwei oder drei Schlafzimmern19, um genug Platz für eine achtköpfige Familie zu bieten, war es nicht unbedingt das größte Winzerhaus. Aber auch wenn die Trumps nicht die reichsten Winzer im Kallstadt des späten 19. Jahrhunderts waren, so verfügten sie doch über ein anständiges Einkommen. Sie besaßen Land, auf dem man Wein anbauen konnte, und ihr Haus hatte mehrere Außengebäude für Vieh und einen großen Gewölbekeller direkt neben den Räumen des Erdgeschosses, in dem die jährliche Ernte fermentiert wurde.
Kallstadt liegt in der Pfalz, einer üppig bewachsenen, hügeligen Gegend im Rheintal, in der Millionen deutsch-amerikanische Familien wie die Trumps ihre Wurzeln haben und wo die Nazis später eine Weinstraße20 schufen, um Produkte zu vermarkten, nachdem sie die lokalen jüdischen Händler vertrieben hatten. Vom Harzgebirge im Westen abgeschirmt, schuf die sanfte Topografie ein fast mediterranes Klima, die sogenannte deutsche Toskana, wo Mandeln, Feigen und süße Walnüsse gediehen. Wein wurde hier schon seit mindestens 2.000 Jahren angebaut, seit die Römer eine Villa auf einem Hügel über dem Dorf errichtet hatten. Ordentliche Reihen von Riesling liefen kreuz und quer über Felder und füllten kleine Grundstücke zwischen Dorfhäusern.
Jahrelange Unruhen sorgten dafür, dass viele flohen und es zu einer Geschichte der Emigration21 kam, während gleichzeitig die wirtschaftlichen Abhängigkeiten der Familien, die dortblieben, zementiert wurden. Extrovertiert und stolz auf ihre gemeinsame Vergangenheit, wurden die Familien von Kallstadt als Brulljesmacher bekannt, als „Aufschneider“. Es ist nicht gesichert, wann die Trumps das erste Mal in die Pfalz kamen oder wann sie sich auf die Schreibweise des Familiennamens einigten. Ahnenforscher und Historiker haben verschiedene Schreibweisen gefunden, unter anderem Dromb, Drumb, Drumpf, Trum, Tromb, Trumpf und Trumpff.22 Jüngere Grabsteine in Kallstadt buchstabierten den Namen Trump, auch wenn im örtlichen Pfälzer Dialekt das p