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Ohne große Erwartungen betritt Claudio Graf Verra zu Auersbach den Maskenball seines Freundes auf Schloss Wolfenried, ahnungslos, dass diese Nacht sein Leben verändern wird. Inmitten der bunten Masken und festlichen Musik trifft ihn ein Blick - nachtschwarze Augen, verborgen hinter einer zarten, schwarzen Schmetterlingsmaske. Wie ein Blitz schlägt Amors Pfeil in sein Herz.
Im düsteren Park, unter funkelnden Sternen, begegnet er der geheimnisvollen Schönheit erneut. Ihr Ballkleid aus schwarzer Spitze flüstert im Wind, als sie sich vor ihm offenbart. Die Masken fallen, und ihre Blicke verschmelzen in einem stummen Versprechen. Ihr langes, seidig glänzendes Haar, ihr glutroter, verführerischer Mund - all das fesselt ihn, zieht ihn in einen Strudel aus Leidenschaft und Sehnsucht.
Doch plötzlich zerreißt ein scharfer Ruf die Magie des Augenblicks: "Marana!"
Sie zuckt zusammen, flüstert hastig: "Vergessen Sie mich nicht!", bevor sie in die Schatten der Nacht entgleitet, unerreichbar, wie ein Traum, der bei Sonnenaufgang verblasst. Von da an dreht sich Claudios ganze Welt nur noch um eine einzige Mission - die verzweifelte Suche nach seiner geheimnisvollen Ballkönigin ...
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Seitenzahl: 138
Cover
Die Fremde mit der schwarzen Maske
Vorschau
Impressum
Die Fremde mit der schwarzen Maske
Marana – das Schicksal einer Liebe1. Teil der Trilogie
Ohne große Erwartungen betritt Claudio Graf Verra zu Auersbach den Maskenball seines Freundes auf Schloss Wolfenried, ahnungslos, dass diese Nacht sein Leben verändern wird. Inmitten der bunten Masken und festlichen Musik trifft ihn ein Blick – nachtschwarze Augen, verborgen hinter einer zarten, schwarzen Schmetterlingsmaske. Wie ein Blitz schlägt Amors Pfeil in sein Herz.
Im düsteren Park, unter funkelnden Sternen, begegnet er der geheimnisvollen Schönheit erneut. Ihr Ballkleid aus schwarzer Spitze flüstert im Wind, als sie ihre Maske abnimmt und sich ihm offenbart.
Doch plötzlich zerreißt ein scharfer Ruf die Magie des Augenblicks: »Marana!«
Sie zuckt zusammen, flüstert hastig: »Vergessen Sie mich nicht!«, bevor sie in die Schatten der Nacht entgleitet, unerreichbar, wie ein Traum, der bei Sonnenaufgang verblasst. Von da an dreht sich Claudios ganze Welt nur noch um eine einzige Mission – die verzweifelte Suche nach seiner geheimnisvollen Ballkönigin ...
»Möchtest du mit mir tanzen, dunkelblauer Domino?« Eine zierliche Blonde war vor Graf Claudio in einen graziösen Knicks gesunken und schaute erwartungsvoll zu ihm auf.
»Mit Vergnügen, schöner Schmetterling«, erwiderte er lächelnd und verneigte sich galant vor seiner maskierten Tänzerin.
Dana schmiegte sich in seinen Arm. Für sie gab es nichts Schöneres, als in Claudios Nähe zu sein. Sie liebte ihn von ganzem Herzen und hatte nur den einen Wunsch, eines Tages seine Frau zu werden.
Aber Claudio Graf Verra zu Auersbach schien blind zu sein. Er bemerkte nicht, dass sie ihm ihr Herz schon seit Langem geschenkt hatte. Vielleicht hatte er nicht einmal bemerkt, dass aus dem Backfisch inzwischen eine junge Dame geworden war.
Für ihn schien sie noch immer die kleine Dana vom Nachbargut Kadenberg zu sein. Claudio war stets sehr nett zu ihr, und er nannte sie liebevoll »meine kleine Freundin«, doch mehr geschah nicht.
Claudio spürte auch jetzt nicht, dass er Dana in seinen Armen hielt. Sie hatte ihn auf den ersten Blick erkannt, obgleich er eine schwarze Augenmaske trug und eine silberweiße Perücke. Aber er sprach mit ihr wie mit einer Fremden und erkannte nicht einmal ihre Stimme!
Das war mehr, als Dana ertragen konnte.
»Ich bin's doch, Claudio! Dana!«, gab sie sich zu erkennen.
»Dana?« Claudio lächelte amüsiert. »Du hast eine hübsche Maske und eine sehr gute dazu. Ich hatte keine Ahnung, wer sich hinter diesem silbernen Schmetterling verbarg.«
»Ich habe dich sofort erkannt. Schon auf den ersten Blick.«
»Ach, wirklich?« Claudio zog verwundert die Augenbrauen hoch. »Wie ist das möglich? Ich trage doch auch eine Maske und ...«
»Ich würde dich in jeder Verkleidung und sogar in der Dunkelheit sofort erkennen«, unterbrach Dana ihn. »Ich fühle ganz einfach, dass du in der Nähe bist.«
»Wie nett du das gesagt hast!«, erwiderte Claudio. »Das ist ja beinahe ein Kompliment für mich.«
Ein Kompliment, dachte Dana bekümmert. Ich mache ihm eine Liebeserklärung, und er hält es für ein Kompliment!
»Gefällt dir der Maskenball?«, fragte Claudio nun.
»Es gefällt mir überall da, wo du bist, Claudio«, gestand Dana, und das zu sagen, kostete sie eine Menge Mut.
Der junge Graf jedoch nahm ihre Antwort kaum zur Kenntnis, denn er war im gleichen Moment einem Blick aus nachtschwarzen Augen begegnet, der sein Herz erbeben ließ. Dieser Blick dauerte nur eine Sekunde, und doch schien er eine ganze Welt zu verändern.
Graf Claudio schaute der schönen maskierten Frau nach, bis sie in dem wogenden Meer der tanzenden Paare untergetaucht war. Er war so verwirrt, dass er aus dem Rhythmus kam.
Dana war das kleine Zwischenspiel nicht entgangen, und die Erkenntnis, dass eine andere Frau Claudio so sehr zu verwirren vermochte, versetzte ihr einen Stich ins Herz.
»Tanzt du nicht gern mit mir, Claudio?«, fragte sie leise und hatte Mühe, die aufsteigenden Tränen zurückzuhalten.
Da erst begriff Claudio, dass er über der schönen Unbekannten Dana ganz vergessen hatte.
»Doch, gewiss«, versicherte er. »Bitte, entschuldige, wenn ich unaufmerksam war.«
Dana konnte nichts erwidern. Die Tränen, die in ihren Augen brannten, schnürten ihr die Kehle zu.
»Möchtest du etwas trinken?«, fragte Claudio, der jetzt nicht mehr tanzen mochte.
»Ja bitte«, hauchte Dana.
Claudio führte sie unter die Säulen der Schlosshalle. Dort winkte er einen der Lakaien herbei und nahm zwei Gläser Sekt von seinem Tablett.
»Bitte.« Er reichte Dana eines der Gläser. Dann trank er seines gedankenverloren leer. Dabei wanderte sein Blick suchend über die Tanzenden. Irgendwann musste die schöne Fremde doch wieder auftauchen.
Dana spürte, dass sich eine Wand zwischen Claudio und ihr aufgerichtet hatte, und sie glaubte auch zu wissen, woran er jetzt dachte. Sie hatte sich von diesem gemeinsamen Besuch auf Schloss Wolfenried so viel erhofft, aber in diesem Moment wurde ihr klar, dass sie von der Erfüllung ihrer geheimen Träume weiter entfernt war als je zuvor.
Ein wenig abseits stand Baron von Prox. Er beobachtete Dana und Claudio schon seit einer geraumen Weile.
Claudio liebt sie nicht, dachte er. Er wird sie niemals lieben. Wenn sie das doch endlich begreifen würde! Er bemerkt wohl nicht einmal, dass sie Tränen in den Augen hat!
Der Baron stellte sein Glas ab und ging auf Dana zu.
»Darf ich um diesen Tanz bitten, schöne Frau?«, fragte er und verneigte sich vor ihr.
Dana streifte Claudio mit einem fragenden Blick, als warte sie darauf, dass er sie als seine Tänzerin deklamierte.
Claudio hatte jedoch gar nicht bemerkt, dass ein anderer Mann Dana um einen Tanz bat. All seine Gedanken galten der schönen Fremden.
Baron von Prox lächelte Dana zu und begann mit ihr zu tanzen.
»Schauen Sie doch nicht so traurig drein, Dana«, sagte er, nachdem sie sich ein wenig von Claudio entfernt hatten. »Dies ist doch ein heiteres Fest.«
»Sie haben mich erkannt?«, fragte Dana verwundert.
»Ich würde Sie unter hundert Maskierten erkennen«, versicherte er.
Seltsam, dachte Dana, etwas Ähnliches habe ich vorhin zu Claudio gesagt, weil ich ihm damit zu verstehen geben wollte, dass ich ihn liebe. Ob Baron von Prox etwa mich liebt?
♥♥♥
Wolf Graf zu Wolfenried stand gegen das Geländer des Treppenabsatzes gelehnt und schaute hinunter auf das bunte Treiben in der Schlosshalle. Er war als dunkelgrüner Domino gekleidet, trug eine schwarze Augenmaske und eine silberweiße Perücke, damit niemand in ihm den Schlossherrn erkennen konnte.
Der Graf liebte diese ausgelassenen Maskenbälle, auf denen man sich so herrlich amüsieren konnte. Und diesem Fest hatte er einen ganz besonders prächtigen Rahmen gegeben, um seinem Freund, dem Grafen Verra zu Auersbach, zu imponieren. Er sollte sehen, dass man es nicht nur auf Auersbach verstand, Feste zu feiern.
Graf Wolf und Graf Claudio waren sich vor drei Jahren auf einer Jagdgesellschaft begegnet. Als Graf Claudio den Grafen Wolf bei einer Sauenjagd durch einen gezielten Blattschuss vor dem Angriff eines wütenden Keilers gerettet hatte, waren sie Freunde geworden.
Von Graf Wolfs erhöhter Position aus konnte man den Eindruck gewinnen, als wogte ein bunt schillerndes Meer durch die Schlosshalle hinaus auf die Terrasse und wieder zurück bis zu den beiden Treppen, die sich auf halber Höhe zum Obergeschoss zu einem breiten Absatz vereinten und zugleich erneut auseinanderstrebten, um in den linken und den rechten Schlossflügel zu führen.
Mit einem zufriedenen Lächeln wandte er sich ab, schritt die Treppe hinunter und mischte sich wieder unter seine Gäste. Er konnte überzeugt sein, dass dieses Fest noch großartiger war als das im vergangenen Jahr auf Schloss Auersbach! Und Claudio würde ihm das bestätigen müssen.
Nur gut, dass ich den Baron von Prox und die Komtess von Kadenberg mit eingeladen habe, dachte er. So wird Claudio seine Eindrücke auch zu Hause ehrlich schildern müssen.
Aber Claudio waren solche kleinlichen Gedanken völlig fremd. Er stellte auf Wolfenried keine Vergleiche zu Auersbach an. Das Leben in Glanz und Reichtum war ihm eine Selbstverständlichkeit, aber menschliche Beziehungen bedeuteten ihm viel mehr als Prunk und Pomp.
Und gerade an diesem Abend zählte für Claudio nur die schöne Unbekannte.
Als er sie in diesem Moment nur vier Säulen weiter erblickte, war es ihm, als durchfahre ihn ein elektrischer Schlag. Sein Herz begann hart gegen die Rippen zu pochen, und sein Atem ging schnell.
Die Maskierte mit dem Ballkleid aus schwarzen Spitzen wandte sich langsam zu ihm um, als spürte sie seinen bezwingenden Blick. Sie entdeckte ihn. Ihr Blick begegnete dem seinen, hielt ihn fest und versank in ihm.
Selbstvergessen stand Claudio da und schaute die bezaubernde junge Frau an, als sei ihm ein Wesen von einem anderen Stern begegnet. Der Festtrubel um ihn her schien plötzlich verstummt zu sein. Für ihn gab es nur noch zwei Menschen in der großen Schlosshalle – die schöne fremde Frau und ihn.
Wie unter einem inneren Zwang ging er auf sie zu und stellte beglückt fest, dass auch ihr Blick sich nicht aus dem seinen lösen konnte.
Nur noch Sekunden, und er würde den Arm um sie legen und mit ihr im Tanz über das Parkett schweben.
Doch ehe Claudio die andere Säule erreicht hatte, trat ein dunkelgrüner Domino auf die Fremde zu, legte seinen Arm ganz selbstverständlich um sie und führte sie fort.
Claudio versuchte den beiden zu folgen, aber er wurde schon nach wenigen Schritten von einer Gruppe ausgelassen Feiernder eingekreist und aufgehalten. Sie lachten und trieben ihre Scherze mit ihm.
Als Claudio sich endlich aus ihrer Mitte befreit hatte, war die schöne Unbekannte nicht mehr zu sehen.
Er begann sie zu suchen, in der Halle, auf der Terrasse, im Park. Doch er fand sie nirgendwo. Schließlich resignierte er.
Sie muss das Fest verlassen haben, dachte er enttäuscht. Vielleicht ist sie sogar mit dem dunkelgrünen Domino fortgegangen. Bei diesem Gedanken spürte er einen schmerzhaften Stich in der Brust.
Der Trubel der fröhlichen Menschen war Claudio auf einmal zuwider. Er steckte sich eine Zigarette an und ging tiefer in den Park hinein. Hier hingen keine bunten Lampions mehr unter den Bäumen, und der Lärm des ausgelassenen Festes verebbte allmählich.
Der Graf setzte sich auf eine einsame Bank und schaute hinauf in den Himmel. Es war eine laue Vollmondnacht, und unzählige Sterne glitzerten am Firmament.
Diese Nacht war wie geschaffen für zwei Liebende, dachte Claudio und seufzte. Wie herrlich könnte es sein, jetzt mit der schönen Fremden hier zu sitzen! Ob ich sie jemals wiedersehen werde?
Vielleicht werde ich ihr eines Tages begegnen und sie nicht erkennen?, überlegte er. Sie trug ja eine Maske. Und auch sie wird mich nicht wiedererkennen. Wir werden wie zwei Fremde voreinanderstehen, und das Glück, das wir vorhin empfunden haben, wird zerronnen sein, als habe es jenen seligen Augenblick niemals gegeben.
»Nein!«, stöhnte Claudio und riss sich die Maske vom Gesicht. Nein, das kann nicht sein, dachte er. Ihr Blick hat sich zu tief in mein Herz gebrannt. Ich werde sie immer und überall wiedererkennen!
Er sprang auf und wollte zum Schloss zurücklaufen, doch dann stockte sein Fuß. Vor ihm, im Schatten eines Jasminstrauches, stand sie! Die schöne Unbekannte! Und sie schaute ihn durch ihre Maske an und lächelte.
Claudio wollte auf sie zulaufen, sie in seine Arme ziehen und ihr sagen, wie sehr er sich nach ihr gesehnt und wie sehr er sie gesucht hatte, aber er stand da wie gelähmt und schaute sie nur an.
Im Mondlicht dieser verträumten Sommernacht ging ein rätselhafter Zauber von ihr aus, der ihn bannte.
Die schöne Fremde kam langsam näher. Da man ihre Schritte unter der bodenlangen Ballrobe nicht sehen konnte, war es, als schwebe sie auf Claudio zu. Sie hatte langes, seidig glänzendes Haar, das bis auf ihre schmalen weißen Schultern fiel. Ihre Lippen waren sanft geschwungen und glutrot, und ihr Lächeln zeigte Zähne, die wie Perlen schimmerten.
Claudio war noch immer nicht sicher, ob er träumte oder wachte. Er wagte sich nicht zu bewegen, aus Angst, dieses zauberhafte Bild könnte sich dann wie ein Spuk in nichts auflösen.
Jetzt hob die Fremde die Hand und nahm die schmetterlingsförmige schwarze Spitzenmaske ab, die bisher einen Teil ihres Gesichtes verdeckt hatte.
Sie war also keine Erscheinung, sondern stand leibhaftig vor ihm! Und sie lüftete ihre Maske, damit er ihr Gesicht sehen konnte!
Die schöne Fremde stand so dicht vor Claudio, dass er nur die Arme auszustrecken brauchte, um sie zu umfangen und an seine Brust zu ziehen. Doch ehe er dazu den Mut gefunden hatte, rief plötzlich ganz in der Nähe ein Mann nach ihr.
»Marana! Marana!«, klang es durch die Nacht.
Die zierliche junge Frau vor ihm zuckte erschrocken zusammen.
»Vergessen Sie mich nicht!«, flüsterte sie Claudio zu. Dann wandte sie sich um und war plötzlich im Dunkel der Nacht verschwunden.
Verwirrt starrte Claudio auf den Jasminstrauch, neben dem die Gestalt sich scheinbar in Nichts aufgelöst hatte. Wer hatte sie gerufen?
Minutenlang stand Claudio reglos da und versuchte vergebens, das Dunkel zwischen den Sträuchern zu durchdringen, bis sein Blick unvermittelt auf einen Gegenstand gelenkt wurde.
Mit wenigen Schritten war er am Jasminstrauch und löste eine Maske aus seinen Zweigen.
Es war ihre Maske! Sie musste sie auf der Flucht verloren haben. Oder hatte sie sie ihm als Unterpfand zurückgelassen?
Claudio presste sie selig an die Lippen. Gleichgültig, ob sie ihm dieses Unterpfand absichtlich oder durch ein Missgeschick zurückgelassen hatte, er würde es von nun an immer bei sich tragen.
♥♥♥
Baron von Prox war Dana während des ganzen Abends nicht von der Seite gewichen. Es schmerzte ihn zu sehen, wie unglücklich sie über Claudios Gleichgültigkeit war. Er versuchte sie mit allen Mitteln abzulenken. Doch Dana hatte kaum mehr als ein müdes Lächeln für ihn.
Eines Tages wird sie einsehen, dass ihre Liebe zu Graf zu Auersbach unerwidert bleiben wird, dachte er und tröstete sich mit dem Gedanken, dass Dana dann doch noch zu ihm finden und Baronin von Prox werden würde. Bis dahin wollte er sich in Geduld üben und in seiner Werbung um Dana nicht nachlassen.
»Wo Claudio nur ist?«, sagte sie gerade. »Ich habe ihn schon eine ganze Weile nicht mehr gesehen.«
»Keine Sorge, er wird nicht verloren gehen«, versuchte Oliver von Prox zu scherzen. Dana ging nicht darauf ein.
»Es könnte doch sein, dass er sich nicht gut fühlt«, gab sie besorgt zu bedenken.
»Liebe kleine Dana!« Baron von Prox zog sie fester in seinen Arm. »Claudio ist nicht der Mann, der ständig umsorgt sein möchte. Vielleicht hat er sich nur ein wenig zurückgezogen, um allein sein zu können.«
»Ich werde ihn trotzdem suchen«, beschloss Dana.
»Dann komme ich mit«, sagte Baron von Prox leise seufzend und bot Dana den Arm. »Was schlagen Sie vor, wo wir mit der Suche beginnen sollen?«
»Vielleicht im Park?«
»Gut, suchen wir ihn im Park«, stimmte Oliver von Prox zu.
Als er Dana über die Terrasse führte, zögerte er.
»Vielleicht sollten wir doch auf diese Suche verzichten«, meinte er. »Es könnte leicht sein, dass Claudio nicht sehr erfreut ist, wenn wir ihn aufspüren.«
»Wieso?« Dana schaute verwundert zu ihm auf. »Wir sind doch seine Freunde.«
»Schon, aber ...«
»Aber?«, fragte Dana und begriff noch immer nicht.
»Es könnte doch sein, dass Claudio und eine der schönen Maskierten ... Verwunderlich wäre es nicht ... Und vielleicht wäre es für alle Beteiligten besser, wenn eine solche Begegnung nicht stattfände.«
Da endlich hatte Dana verstanden.
»Sie meinen, wir könnten Claudio mit einer anderen Frau treffen?«, stammelte sie verwirrt.
Oliver legte ihr den Arm um die Schultern.
»Dana, ich fürchte, Sie werden sich eines Tages an den Gedanken gewöhnen müssen, dass Claudio zwar Ihr Freund ist, aber auch ein Mann, der andere schöne Frauen nicht nur gerne anschaut.«
Er spürte, dass Dana erbebte. Seine Worte mussten sie sehr getroffen haben. Er konnte im Schein der Terrassenlaternen erkennen, dass sie erbleichte. Sie riss sich los, lief wie gehetzt die Treppe hinunter und floh in den Park.
Baron von Prox sah ihr bestürzt nach. Vielleicht hätte ich das nicht sagen sollen, dachte er bekümmert. Ich hätte bedenken müssen, dass es sie sehr treffen würde.
Im ersten Impuls wollte er Dana folgen, doch schon auf der Treppe verhielt er den Schritt.
Vielleicht ist es besser, ich lasse sie jetzt allein, überlegte er. Sie muss erst wieder zu sich selbst finden. Am Ende wäre es sogar gut, wenn wir uns heute überhaupt nicht mehr sehen.
Der Baron kehrte ins Schloss zurück und begab sich auf sein Zimmer.
Er hatte von diesem Abend so viel für sich erhofft, und nichts von alledem hatte sich erfüllt. Im Gegenteil! Er musste einsehen, dass Dana für ihn zunächst unerreichbar war.
Oliver öffnete das Fenster und schaute hinaus in den Park. In diesem Teil des Schlosses hörte man kaum noch etwas von dem Festtrubel.
Zwei Tage würden sie noch auf Wolfenried zu Gast sein. Was würde in dieser Zeit noch alles geschehen?
♥♥♥
Komtess Dana war ein ganzes Stück in den Park hineingelaufen, ohne auf den Weg zu achten. Heiße Tränen rannen ihr über die Wangen, und ihr Herz brannte vor Kummer.