49,99 €
Der rasante technologische Wandel unserer Zeit, vorangetrieben durch Innovationen wie KI, führt bei vielen Menschen zu Verunsicherung. Andre Kiehne möchte ihnen die Angst nehmen, Mut machen und Lust auf Digitalisierung machen. Ihm geht es darum, eine Zukunft zu gestalten, in der Technologie als Ergänzung und nicht als Ersatz für menschliche Fähigkeiten fungiert. In seinem Buch stellt er den Menschen in den Mittelpunkt des technologischen Wandels und beschreibt, wie die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, Intuition und Empathie durch Technologie ergänzt und verstärkt werden können. Er geht auch darauf ein, wie sich Führung in einer digitalisierten Welt verändert - mit Fallbeispielen, praxiserprobten Methoden und Tools für den direkten Einsatz. Inhalte: - Welchen Einfluss Technologien, aber insbesondere wir Menschen auf unseren Erfolg haben - Technologischer Wandel: Herausforderungen und Chancen - Der Mensch im Mittelpunkt der Transformation - Transformation im digitalen Zeitalter - Unsere menschliche Superpower: Kreativität, Innovation, Gerechtigkeit, Intuition, Empathie und Emotionen - Mensch und Technologie als unschlagbares TeamDie digitale und kostenfreie Ergänzung zu Ihrem Buch auf myBook+: - E-Book direkt online lesen im BrowserJetzt nutzen auf mybookplus.de.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 313
Veröffentlichungsjahr: 2024
Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.
Bitte respektieren Sie die Rechte der Autorinnen und Autoren, indem sie keine ungenehmigten Kopien in Umlauf bringen.
Dafür vielen Dank!
Arbeitshilfen, die über ein normales Buch hinaus eine digitale Dimension eröffnen. Je nach Thema Vorlagen, Informationsgrafiken, Tutorials, Videos oder speziell entwickelte Rechner – all das bietet Ihnen die Plattform myBook+.
Gehen Sie auf https://mybookplus.de, registrieren Sie sich und geben Sie Ihren Buchcode ein, um auf die Online-Materialien Ihres Buches zu gelangen
Ihren individuellen Buchcode finden Sie am Buchende
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.
Print:
ISBN 978-3-648-18055-6
Bestell-Nr. 12085-0001
ePub:
ISBN 978-3-648-18063-1
Bestell-Nr. 12085-0100
ePDF:
ISBN 978-3-648-18070-9
Bestell-Nr. 12085-0150
Andre Kiehne
Digital Leadership Culture
1. Auflage, November 2024
© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG
Munzinger Str. 9, 79111 Freiburg
www.haufe.de | [email protected]
Bildnachweis (Cover): © Dilok Klaisataporn, iStock
Produktmanagement: Dr. Bernhard Landkammer
Lektorat: Maria Ronniger, Text + Design Jutta Cram
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Der Verlag behält sich auch eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.
Sofern diese Publikation ein ergänzendes Online-Angebot beinhaltet, stehen die Inhalte für 12 Monate nach Einstellen bzw. Abverkauf des Buches, mindestens aber für zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, online zur Verfügung. Ein Anspruch auf Nutzung darüber hinaus besteht nicht.
Sollte dieses Buch bzw. das Online-Angebot Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte und die Verfügbarkeit keine Haftung. Wir machen uns diese Inhalte nicht zu eigen und verweisen lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung.
Für meine große Liebe Sabine, die mich all die Jahre unterstützt und durch alle Höhen und Tiefen begleitet hat. Du bist mein Halt, meine Inspiration, meine Konstante.
Für meine Kinder Lisa und Lena, für die ich leider oft nicht da war. Ich bin wahnsinnig stolz auf euch, ihr seid das größte Glück für uns.
Für meine Unterstützer in all den Jahren, meine Vorgesetzen, meine Kollegen, meine Teams, meine Coaches. Ohne euch gäbe es keine Erfolge und auch keine Lernkurven. Danke für euer Feedback und euer Vertrauen.
Und für meine Kritiker – ihr habt mich stärker gemacht und mir immer wieder geholfen zu reflektieren.
Im vorliegenden Buch teile ich meine tiefgreifenden und praktischen Erkenntnisse aus über einem Vierteljahrhundert in der IT-Branche, davon mehr als 20 Jahre in Führungspositionen.
Das Buch beleuchtet die dynamische Beziehung zwischen Mensch und Technologie, insbesondere vor dem Hintergrund des rasanten technologischen Wandels, der durch Innovationen wie KI vorangetrieben wird. Jetzt ist der ideale Zeitpunkt, um eine harmonische Verbindung zwischen Mensch und Technologie wiederherzustellen. Durch die Erörterung der Rolle von Führung, Unternehmenskultur und der effizienten Nutzung von Technologie zielt das Buch darauf ab zu zeigen, wie die einzigartigen menschlichen Fähigkeiten wie Kreativität, Intuition und Empathie durch Technologie verstärkt werden können. Ziel ist es, eine Zukunft zu gestalten, in der Technologie als Ergänzung und nicht als Ersatz für menschliche Fähigkeiten fungiert.
Ich nehme meine Lesenden mit auf eine Reise – eine Reise gespickt mit persönlichen Geschichten, Erfahrungen, Erfolgen und Lernkurven. Beim Schreiben dieses Buches habe ich selbst ein paar Dinge über mich neu lernen dürfen, reflektieren können und neue Perspektiven erlangt. Ich möchte meine Leserinnen und Leser einladen, meine Erkenntnisse mit ihren eigenen Herausforderungen zu verproben, und will ihnen Methoden und Tools an die Hand geben, wie Mensch und Technologie zu einem unschlagbaren Team werden können.
Ich habe mich dazu entschieden, in diesem Buch als Anrede das einfache »Du« zu verwenden, und lade alle ein, sich damit angesprochen zu fühlen. Ich möchte damit keineswegs respektlos erscheinen – ganz im Gegenteil: Ich möchte euch Lesenden einen intimen Einblick vermitteln und es euch ermöglichen, eine enge Beziehung zu meinen Erfahrungen, Erlebnissen und Erkenntnissen aufzubauen. Ich habe zahlreiche Abbildungen eingefügt, die die relevanten Themen visualisieren und besser verständlich machen sollen. Da ich in vielen Vorträgen und Projekten die englische Sprache verwende, sind die Abbildungen ebenfalls überwiegend in Englisch gehalten. Last but not least würde ich mich sehr über Feedback freuen, entweder über die gängigen Portale bei Haufe, Amazon, LinkedIn oder auch über meine Internetseite www.decode-forward.com.
Im ersten Kapitel teile ich meine persönlichen Erfahrungen aus den letzten mehr als 30 Jahren anhand von verschiedenen Erlebnissen, die mich bis heute geprägt haben. Diese Beispiele sollen dazu dienen, die Wechselwirkungen zwischen Menschen, Leadership, Business und Technologie zu beschreiben und zu zeigen, wie diese sich im Laufe der Jahre verändert haben. Das Kapitel soll verdeutlichen, welchen Einfluss Technologien, aber insbesondere wir Menschen auf unseren Erfolg haben.
Im zweiten Kapitel gehe ich auf die technologischen Entwicklungen der letzten Jahre und Jahrzehnte ein und lege dabei einen besonderen Fokus auf KI (künstliche Intelligenz), da diese Innovation Unternehmen und das Leben von uns Menschen maßgeblich beeinflusst hat und weiterhin beeinflussen wird. Das Verständnis und die Einordnung der technologischen Innovationen ist wichtig, um insbesondere die Wechselwirkung zwischen Technologie, uns Menschen, dem Führungsverhalten und den Unternehmen zu verstehen.
Das dritte Kapitel habe ich uns Menschen – als Mitglieder der Gesellschaft, als Mitarbeitende und als Führungskräfte – gewidmet. Ich gehe auf die kulturellen Aspekte ein, die eine Transformation mit sich bringt, und verdeutliche die Rolle der Mitarbeitenden und der Führungskräfte im Rahmen von Veränderungen.
Im vierten Kapitel gehe ich auf die Grundlagen von Veränderung und Transformation ein und versuche die Frage zu beantworten, wie Unternehmen und Teams mithilfe passender kultureller und teamdynamischer Rahmenbedingungen Höchstleistungen erbringen können. Weiterhin gehe ich auf das sogenannte Growth Mindset ein, das heutzutage oft als Grundvoraussetzung für Transformation gesehen wird. Dies möchte ich gern etwas entschlüsseln und einordnen.
Unserer menschlichen Superpower, also dem, was uns als Menschen auszeichnet und auch in Zukunft auszeichnen wird, ist Kapitel 5 gewidmet. Dieses Kapitel ist mir ein besonderes Anliegen, da wir hier die Grundlage schaffen, um technologischen Fortschritt nicht als Bedrohung zu sehen. Es ist mir sehr wichtig, darauf aufmerksam zu machen, worauf wir uns als Menschen deutlich stärker konzentrieren sollten, um in Zeiten von Veränderungen weiterhin auf unsere Stärken zu vertrauen.
Im sechsten Kapitel bringe ich Menschen und Technologie zusammen, gehe auf das »unschlagbare Team« Mensch und Technologie ein und beleuchte die Auswirkungen und Chancen dieser Zusammenarbeit in den Dimensionen Leadership, Mitarbeitende und Unternehmen. Hierbei werde ich auch Risiken und ethische Fragestellungen beleuchten.
Ab Kapitel 3 werde ich die Erkenntnisse in sogenannten DLC(Digital.Leadership.Culture)-Checks zusammenfassen, um euch eine einfache Übersicht zu geben, welche Maßnahmen ihr in euren Organisationen überprüfen und ggf. direkt umsetzen könnt.
Ich würde mich über eine Diskussion, eine Auseinandersetzung mit den in diesem Buch enthaltenden Themen freuen und lade euch ein, eure Meinung über Rezensionen oder auch über LinkedIn kundzutun. Ihr dürft davon ausgehen, dass ich darauf reagieren werde, da mir andere Perspektiven und Feedback immer wichtig waren und sind. Und letztendlich lebt Transformation von Erfahrungen und Austausch, weshalb ich mich über jedes Feedback, jeden Kommentar freue.
Landshut, September 2024
In meinen über 25 Jahren in der IT-Branche habe ich die digitale Landschaft sich ständig verändern und wachsen sehen. Als Teil dieses Wandels habe ich Technologielösungen verkauft, implementiert und betreut, die nicht nur Geschäftsprozesse automatisierten, sondern auch neue Geschäftsmodelle schufen und die Effizienz in vielfältiger Weise steigerten. Doch hinter den technologischen Errungenschaften und faszinierenden Innovationen, die ich erleben und teilweise mitgestalten durfte, steht eine viel tiefere, persönlichere Geschichte – meine eigene Reise durch die sich ständig verändernde Welt der Technologie.
Auf meiner Reise habe ich viel gelernt, viele Fehler gemacht, aber auch viele Geschäfte zum Wachsen gebracht, Teams und Unternehmen transformiert und ganz persönliche Erfahrungen gemacht, die ich nun mit euch teilen möchte. Dieses Kapitel ist ein Erfahrungsbericht – ein Reisebericht und ein Reiseführer. Ich möchte die Führungskräften, Personalverantwortlichen, Geschäftsfeldentwicklerinnen und Aufsichtsräte unter euch inspirieren. Ich möchte euch eine Navigationshilfen an die Hand geben, damit es uns gemeinsam gelingt, diese immer komplexer werdende Welt menschlicher zu gestalten und die Digitalisierung zum Wohle unserer Kunden, unserer Partner, unserer Mitarbeitenden und vor allem für unsere globale Wettbewerbsfähigkeit zu nutzen. Ich werde Ängste und Sorgen adressieren und anhand praktischer Beispiele aufzeigen, wie diese Komplexität beherrschbar wird. Ich werde darlegen, warum Transformation, also Veränderung, zuerst von innen initiiert werden muss, bevor man extern wachsen und erfolgreich sein kann.
Mit diesem Buch möchte ich meine Erfahrungen und Erkenntnisse teilen, um eine Brücke zwischen Menschen und Technologie zu schlagen. Ich möchte zeigen, wie wichtig es ist, beide Seiten zu verstehen und zusammenzubringen. Dieses Buch ist eine Einladung an euch, gemeinsam mit mir auf eine Reise zu gehen – eine Reise, auf der wir lernen, Technologie so zu nutzen, dass sie unsere menschlichen Fähigkeiten erweitert, nicht ersetzt.
Indem wir diese Reise beginnen, öffnen wir uns für die unzähligen Möglichkeiten, die entstehen, wenn Mensch und Technologie Hand in Hand gehen. Lasst uns gemeinsam diese spannende Reise antreten.
Digitalisierung, Anfänge der DigitalisierungMeine Faszination für Technologie begann in meiner Jugend und beeinflusste meine weitere Karriere maßgeblich. Bereits mit 12 Jahren habe ich auf einem ZX80 erste Programmierversuche unternommen. Während meine Freunde die ersten Computer zum Spielen benutzten, wollte ich die Technologie dahinter verstehen. Ich wollte sie nutzen, um komplexe Dinge einfacher zu gestalten. Erste Gehversuche brachten einfache Spiele hervor, wie z. B. ASCII-basierte (einfache zeichenbasierte) Autorennen oder Ballspiele, wobei ich mit damals das Programmieren dieser Spiele selbst beibrachte. Ich lernte C++, Assembler, Pascal und konnte gar nicht genug davon bekommen, mich immer tiefer in diese Materien einzuarbeiten. Das Programmieren macht mir unglaublich viel Spaß, und schon bald stellte sich mir die Frage, wie mit Technologie auch alltägliche Probleme gelöst werden könnten.
Meine Mutter beschäftigte sich damals sehr intensiv mit Homöopathie, mit Bachblüten und Globuli. Die Wirkung der Präparate war vielfältig und das Zusammenstellen der passenden Mischungen erforderte viel Zeit und Erfahrung. Ich erstellte also ein Datenbankprogramm, das nach Eingabe von Symptomen transparent Auskunft darüber geben konnte, welche Präparate in welcher Dosierung und in welcher Kombination zur Linderung der Symptome beitragen würden. Dadurch erhielt meine Mutter einen wesentlich besseren Überblick über die unterschiedlichen Wirkungen – und sparte obendrein Zeit.
Mit 16 Jahren fing ich an, meine Kenntnisse und meine Leidenschaft zu kommerzialisieren. Ich schrieb Verwaltungsprogramme für Mensabetriebe, Handwerksbetriebe und Pizzabringdienste. Dabei lernte ich nicht nur die positiven Auswirkungen kennen, sondern auch die Herausforderungen bei der Einführung dieser neuen Tools: Berührungsängste, fehlende Kompetenzen.
Auf der menschlichen Seite zeigt die DiffusionstheorieDiffusionstheorie nach Rogers von Everett Rogers (Karnowski/Kümpel 2016), dass die Adoption neuer Technologien in verschiedenen Phasen und Geschwindigkeiten stattfindet. Dies erklärt die anfänglichen Berührungsängste und Anpassungsschwierigkeiten, die ich bei der Implementierung neuer Softwarelösungen erlebte. Die Theorie unterstreicht, wie wichtig es ist, individuelle Bedürfnisse und Fähigkeiten zu berücksichtigen, um eine erfolgreiche Technologieeinführung zu gewährleisten.
Diese Erkenntnisse untermauern meine damaligen persönlichen Erfahrungen recht gut und setzen sie in einen wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Kontext. Dadurch wird die Bedeutung einer ganzheitlichen Sichtweise auf Technologie und deren Implementierung nochmals deutlich unterstrichen.
Aber auch verschiedene Erwartungshaltungen bei den Auftraggebern und natürlich Fehler in der Programmierung brachten mich zum ersten Mal in die Situation, mich mit den Menschen, mit der Technologieadaption und mit dem Kundenservice zu beschäftigen. Ich lernte, dass Software weit mehr ist als nur ein paar Programmzeilen.
Ich zahlte Lehrgeld für Fehler in der Programmierung. Ich kann mich noch sehr gut an einen Samstagabend erinnern, an dem mich der Inhaber einer Pizzeria völlig aufgelöst anrief, weil die Software für die Pizzaauslieferung nicht mehr funktionierte und Kunden und Bestellungen durcheinanderbrachte. Ich war zu dem Zeitpunkt – als junger Mensch – auf einer Party und hatte wirklich keine Lust, mich sofort um dieses Problem zu kümmern. Ich vertröstete den Inhaber der Pizzeria auf den nächsten Tag. Als ich am Sonntagmittag in der Pizzeria ankam, bekam ich Kritik, Unzufriedenheit und Frust zu spüren. Ich war vollkommen fertig, schließlich hatte ich doch ein echt cooles Programm geschrieben – etwas, was es damals in der Form im Standard noch nicht gab. Ich konnte nicht verstehen, warum man das nicht honorierte und nur die Fehler sah.
Natürlich hatte der Inhaber der Pizzeria recht: Die Software funktionierte nicht. Aber das habe ich erst erkannt, als ich nach ca. einer Woche Debugging, schlafloser Nächte, komplettem Code-Review und dem Umschreiben großer Teile der Software das Problem lösen konnte und dann mit dem Inhaber bei einer Pizza am Tisch saß. Er sagte zu mir: »Ist diese Pizza nicht richtig lecker? Du musst verstehen: Wenn ich keine Pizza liefern kann, dann sind meine Kunden unzufrieden, denn ihre Erwartungen an eine leckere Pizza am Abend werden nicht erfüllt. Das macht mich unzufrieden. Und meine Leute haben weniger zu tun – das macht sie unzufrieden. Und wir verlieren Geld, weil wir die Zutaten nicht verarbeiten können, kein Geld dafür bekommen und sie dann wegschmeißen müssen.«
Mir wurde sofort klar: Software – egal in welchem Bereich, egal wie toll die Idee oder der Code ist – muss funktionieren. Funktioniert sie nicht, hat das massive Auswirkungen auf das Geschäft, auf die Mitarbeitenden und auf die Kundinnen und Kunden. So banal diese Erkenntnis für einige auch sein mag: Für mich war das damals eine große Lernkurve und ich danke Giovanni, dem Pizzabäcker aus Salzgitter, heute noch für die Lektion, die Chance für meine ersten Gehversuche in der Business-Welt und die gute Pizza.
Digitalisierung, Benefits der DigitalisierungTechnologie kann also ein entscheidender Faktor für den Erfolg sein kann – sowohl wirtschaftlich als auch persönlich. Die Balance zwischen technologischer Innovation und der Zuverlässigkeit der Systeme ist kritisch. Laut einer Studie der MIT Sloan Management Review aus dem Jahr 2013 können Unternehmen, die diese Balance meistern, eine um bis zu 26 % höhere Profitabilität erzielen als ihre Konkurrenten (MIT Initiative on the Digital Economy 2013).
Digitalisierung, GefahrenDer Fall der Pizzeria zeigt deutlich, dass Technologie nie isoliert betrachtet werden sollte. Sie ist Teil eines Systems, das Menschen, Prozesse und wirtschaftliche Erfordernisse einschließt. Laut einer gemeinsamen Studie der Universität Oxford und McKinsey über IT-Fehlschläge (Bloch/Blumberg/Laartz 2012) verursachen 17 % der IT-Projekte so schwere Probleme, dass sie das Überleben des Unternehmens bedrohen können. Das verdeutlicht, wie essenziell die Zuverlässigkeit von Software für den wirtschaftlichen Erfolg ist.
Diese Lektion, die ich von Giovanni lernte, war mehr als nur eine technische Herausforderung – es war eine fundamentale Erkenntnis über die Rolle und Bedeutung von Technologie im Geschäftsleben. Es war ein Wendepunkt, der die Grundlage für mein späteres Verständnis und meine Arbeit in der Welt der Technologie legte. Technologie allein ist nicht cool – erst die richtige Anwendung macht Menschen und Technologie cool. Im Fall der Pizzeria konnte Giovanni dank meiner nun fehlerfreien Software nicht nur mehr Pizzen verkaufen, indem er einen Bringdienst etablierte, sondern auch seine Mitarbeitenden und Kunden glücklich machen. Die Pizza schmeckte auch ohne Technologie, aber mithilfe der Technologie konnte die Pizza weit mehr Menschen schmecken als nur denen, die in die Pizzeria kamen.
Neben all der technologischen Fortschritten fiel mir etwas Wichtiges auf: der menschliche Aspekt. In all den Jahren, in denen ich Technologie verkaufte und implementierte, wurde mir klar, dass es nicht nur um die Technologie selbst geht. Es geht auch darum, wie Menschen diese Technologie nutzen und wie sie ihnen helfen kann, ihre Arbeit besser zu machen, ohne sie zu überfordern. So lernte ich auch, dass die Softwareeinführung und -schulung ein sehr wichtiger Aspekt ist, wenn man seine Kunden nachhaltig erfolgreich machen möchte. Die Endnutzerinnen und Endnutzer müssen bei der Einführung neuer Technologien unbedingt miteinbezogen und geschult werden.
In den 90er-Jahren schrieb ich ein Verwaltungsprogramm für einen Dachdeckerbetrieb, mit dessen Hilfe Rechnungen und Materialbestellungen automatisiert werden sollten. Die damalige Bürokraft machte einen hervorragenden Job – ohne Computer. Sie erklärte mir genau, welche Prozesse sie tagtäglich abarbeitet und welche Informationen sie benötigt. Mit diesem Wissen machte ich mich ans Programmieren und ließ zwei Monate lang nichts mehr von mir hören.
Digitalisierung, Umgang mit WiderständenDigitalisierung, Akzeptanz durch MitarbeitendeAkzeptanz neuer TechnologienNach zwei Monaten führte ich dann die fertige Software ein. Der Geschäftsführer war total begeistert – die Bürokraft allerdings nicht. Sie verstand einfach nicht, warum sie ihre Abläufe ändern sollte. Sie kannte sich auch sehr, sehr wenig mit Technologie aus und der Computer vor ihr machte ihr Angst, weil sie nicht wusste, wie sie mit ihm umgehen sollte. Ich tat das damals ab und dachte: Technologie ist doch sexy! Wenn man so mit der Maus über den Bildschirm klickt, keine Herstellerkataloge mehr wälzen muss, spart man doch Zeit. Falsch gedacht! Es schlichen sich Fehler in Rechnungen ein, Bestellungen wurden nicht rechtzeitig ausgelöst usw. Warum? Weil die Bürokraft die Software nicht richtig bediente – um ehrlich zu sein: nicht richtig bedienen konnte. Das führte zu Frust beim Geschäftsführer, den ich dann abbekam.
Dass Mitarbeitende so reagieren, ist nicht selten: Eine Studie von KPMG aus dem Jahr 2024 ergab, dass 54 % der Mitarbeitenden sich unzureichend auf Änderungen durch neue Technologien vorbereitet fühlen (KPMG 2024). Dieses Phänomen spiegelte sich in der anfänglichen Ablehnung und den daraus resultierenden Fehlern wider.
Meine zweite Lektion: Technologie mag noch so sexy sein – wenn du die Menschen nicht mitnimmst, nicht befähigst, dann wird die Technologie nicht oder nicht richtig genutzt. Also habe ich viele Stunden damit verbracht zu verstehen, warum die Software nicht genutzt wurde, habe die Software nach den Wünschen der Bürofachkraft angepasst und viele Tage gemeinsam mit ihr vor der Software gesessen und dabei gelernt – gelernt, ihre Herausforderungen zu verstehen, und gelernt, wie man sie motivieren kann, die Software zu nutzen. Am Ende war es ein Erfolg, aber sicherlich kein wirtschaftlicher Erfolg für mich, weil ich den Aufwand für die Adaption der Software unterschätzt hatte. Die oben schon erwähnte Untersuchung der University of Oxford betont, dass die effektive Schulung der Mitarbeitenden und die Anpassung der Software an die Bedürfnisse der Nutzenden für den erfolgreichen Technologieeinsatz eine Schlüsselrolle spielt.
Wir sprechen heute oft über »Technology Adoption«, meinen damit aber meist nur die Nutzung der Technologie – egal ob wir sie verstehen, gut finden und vor allem richtig einsetzen können oder nicht. Dabei bedeutet »richtig einsetzen« nicht, sämtliche Funktionen zu kennen und zu verstehen – es bedeutet vielmehr, die Auswirkungen dieser Funktionen auf die Arbeitsweise schätzen zu lernen. Es geht um Akzeptanz. Eine Studie von Deloitte aus dem Jahr 2020 zeigt, dass Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden effektiv in die Einführung neuer Technologien einbinden, eine bis zu sechsmal höhere Wahrscheinlichkeit haben, ihre Geschäftsziele zu erreichen (Hupfer 2020).
Ich habe oft erleben dürfen, wie der Einsatz von Technologie zu unglaublichen menschlichen Leistungen geführt hat. Ich habe aber auch erleben müssen, wie Menschen Technologie komplett ignoriert, sogar boykottiert haben. Oftmals führte die unvorbereitete Einführung von Technologien zumindest zur innerlichen und nicht selten auch zur tatsächlichen Kündigung. Ich werde später noch auf die Frage eingehen, wie Technologie dabei helfen kann, die Auswirkungen des Fachkräftemangels für das eigene Unternehmen zu lindern, und wie sich ein vermeintlicher Nachteil in einen Vorteil umwandeln lässt. Laut einer Erhebung des World Economic Forum (Future of Jobs Report aus 2018) können 54 % der Mitarbeitenden durch gezielte Schulung und den Einsatz neuer Technologien in ihren bestehenden Rollen weiterentwickelt werden, was den Fachkräftemangel signifikant reduzieren kann (World Economic Forum 2018).
Digitalisierung, Anpassung von Technologie an BedürfnisseDie Herausforderung bei der Technologieeinführung liegt immer darin, eine Technologie so anzupassen, dass sie dem Menschen dient. Wie können wir sicherstellen, dass die Technologie nicht nur effizient ist, sondern auch die einzigartigen Begabungen und Fähigkeiten (ich werde später noch auf die menschlichen Superkräfte eingehen, siehe Kapitel 5 »Unsere menschliche Superpower«) der Menschen unterstützt? Wie können wir die menschlichen Fähigkeiten mit den technologischen Fortschritten in Einklang bringen? Diese Fragen wurden zu meinem Antrieb, zu meiner Mission.
Eine Studie des MIT Center for Information Systems Research aus dem Jahr 2017 zeigt, dass Unternehmen, die ihre Technologien effektiv an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen, eine bis zu 23 % höhere Mitarbeiterzufriedenheit und eine 22 % höhere Rentabilität erreichen können (Dery/Sebastian 2017). Dies unterstreicht die Bedeutung der Anpassung von Technologie an die menschlichen Fähigkeiten.
Mit Anfang 20 startete ich meine Karriere in einem Großunternehmen. In den folgenden Jahren war ich Zeuge dessen, wie einfache digitale Werkzeuge zu komplexen Systemen heranwuchsen, die nicht nur Unternehmen, sondern ganze Branchen transformierten. Eine Analyse von Deloitte aus dem Jahr 2020 (Digital Transformation Survey) bestätigt, dass Unternehmen, die digitale Technologien erfolgreich einsetzen, oft eine um 20 % höhere Marktkapitalisierung erreichen (Gurumurthy/Camhi/Schatsky 2020). Dies verdeutlicht, wie tiefgreifend die Auswirkungen von Technologie auf Unternehmen und Branchen sind.
Vertrauen in technologische AnwendungenDigitalisierung, Akzeptanz durch MitarbeitendeAkzeptanz neuer TechnologienVon den ersten Tagen der Internet-Revolution bis hin zu den neuesten Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz war ich dabei und sah, wie Technologie die Art und Weise, wie wir arbeiten, kommunizieren und leben, neu definierte. Aber ich konnte auch die Vorbehalte, Sorgen und Ängste erleben, die oft mit der Einführung neuer Technologien einhergehen. Eine Untersuchung von McKinsey aus dem Jahr 2019 ergab, dass bei 70 % der gescheiterten Projekte zur digitalen Transformation mangelnde Nutzerakzeptanz und fehlendes Verständnis eine Schlüsselrolle spielten (McKinsey & Company 2018). Technologische Prozesse transparent zu gestalten ist entscheidend für die Akzeptanz durch die Endbenutzer.
künstliche Intelligenz, Vertrauen Nutzender in die Technologiekünstliche Intelligenz, Akzeptanz durch Mitarbeitendekünstliche Intelligenz, TransparenzAls Softwareentwickler arbeitete ich einmal an einem Großprojekt für eine deutsche Fluggesellschaft, dessen Ziel es war, die Vorfeldprozesse auf den großen Flughäfen zu steuern und zu optimieren. Ich wurde sehr schnell Teilprojektleiter und war u. a. für die Einführung der Software verantwortlich. Eines Nachts war es schließlich so weit: Im Beisein der Projektleitungen auf Kundenseite sowie einiger Kolleginnen und Kollegen stellten wir am Frankfurter Flughafen das alte System auf das neu entwickelte um. Die Umstellung lief so weit rund, aber die Fluglotsinnen und -lotsen hatten Schwierigkeiten mit dem neuen System: Abläufe mussten auf einmal anders initiiert werden und bestimmte Prozesse liefen komplett automatisiert ab, ohne dass klar war, weshalb das System die Abläufe so vorgeschlagen hatte. Die Fluglotsen und -lotsinnen stellten das System und seine Vorschläge infrage, und so kam es mitten in der Nacht zu Diskussionen, die bis zum frühen Morgen andauerten. Am Ende mussten wir das System anpassen – die wesentliche Anpassung aber bestand darin, die Vorschläge, die das System machte, transparent zu begründen, um die Akzeptanz herzustellen. Wenige Wochen später interessierte sich niemand mehr für die Herleitung der Vorschläge – das Vertrauen in das System war hergestellt.
Die Notwendigkeit, technologische Vorgänge transparent zu machen, um Vertrauen und Akzeptanz zu schaffen, liegt auf der Hand. Auch eine Studie des Ash Center for Democratic Governance and Innovation der Harvard University aus dem Jahr 2023 zeigt auf, dass die Transparenz von Algorithmen und KI-Systemen das Vertrauen der Nutzenden um bis zu 40 % steigern kann (Graham 2023). Dies erklärt, warum die Fluglotsen das neue System erst akzeptieren konnte, nachdem sie die Herleitung der Vorschläge verstanden hatten. Die durch die Automatisierung gewonnene Zeit konnten sie nun nutzen, um mit Intuition, Erfahrung und Kreativität auftretende Probleme noch schneller zu lösen.
Es zeigt sich deutlich, dass jede Innovation, jeder technologische Fortschritt erst einmal Vorbehalte hervorruft – insbesondere dann, wenn etwas im Verborgenen abläuft und der Mensch mit den Resultaten konfrontiert wird, die er infrage stellt, weil er die Herleitung nicht kennt.
Wir merken heute, dass die Einführung von Systemen mit künstlicher Intelligenz uns oft vor Akzeptanzprobleme stellt. Laut einer Studie von PwC aus dem Jahr 2024 (US Responsible AI Survey) sagen 67 % der Führungskräfte, dass Vertrauen ein kritischer Faktor bei der erfolgreichen Einführung von KI in Unternehmen ist (PwC 2024). Diese Beobachtung spiegelt die Bedeutung von Vertrauen und Verständnis bei der Einführung neuer Technologien wider.
Diese Erfahrungen und Beobachtungen zeigen, wie wichtig es ist, Technologie so zu gestalten und anzupassen, dass sie menschliche Fähigkeiten – wie in diesem Beispiel Kreativität, Intuition und Erfahrung – unterstützt und nicht einfach ersetzt. Auch die Akzeptanz und das Vertrauen in neue Technologien sind entscheidend für ihren Erfolg und ihre Wirksamkeit. Dazu später mehr.
IT-InfrastrukturIT-Infrastruktur, Schatten-ITDigitalisierung, Akzeptanz durch MitarbeitendeAkzeptanz neuer TechnologienIch war mittlerweile Mitte 20 und durfte bei der Entwicklung eines »Managed Desktop«-Angebots mitwirken – also eines Systems bestehend aus Hardware (Laptop oder Desktop PC), Betriebssystem und Software, das die Kosten für den Betrieb der Arbeitsplätze reduzieren, Standards schaffen, Sicherheitsanforderungen durchsetzen und IT-Prozesse etablieren sollte. Viele von uns kennen wahrscheinlich die ersten Managed-Desktop-Lösungen, die langsam (aufgrund der Betriebsprozesse im Hintergrund) und unflexibel (aufgrund der Einschränkungen bei Rechten, Software etc.) waren und eigentlich nie so funktionierten, wie sie sollten. Hinzu kam, dass die Hotline komplett überlaufen war, wenn mal wieder ein Fehler auftrat. Laut einer Studie von der Standish Group aus dem Jahr 2015 verbringen IT-Abteilungen bis zu 30 % ihrer Zeit mit der Behebung von Problemen, die durch mangelnde Flexibilität in der IT-Infrastruktur entstehen (Standish Group 2015).
Der Ansatz, technologische Möglichkeiten zu nutzen, um die Unternehmensziele Kostensenkung, Standardisierung, Sicherheit und IT-Governance umzusetzen, ist erst einmal richtig und nachvollziehbar. Allerdings wurde hier die Rechnung – wie so oft – ohne die Mitarbeitenden gemacht. Natürlich haben mein Team und ich dieses System entwickelt, aber eben zusammen mit der IT-Abteilung und nicht mit den Anwendenden aus den verschiedenen Bereichen wie Vertrieb, Marketing, Produktion, Forschung, Entwicklung, Finanzen usw.
Die Studie der Standish Group (CHAOS Report 2015) fand auch heraus, dass Projekte, die Endanwender in die Entwicklung miteinbeziehen, eine um 35 % höhere Chance auf Erfolg haben (Standish Group 2015). Die Vernachlässigung dieser Einbindung führte zu Akzeptanzproblemen und zur Entstehung von »Schatten-ITSchatten-IT«, also selbst betriebenen Rechnern, an den globalen Standards vorbei. Daraus entwickelte sich sehr schnell der Modebegriff »Bring your own Device« – also die Möglichkeit für Mitarbeitende, ihren eigenen Rechner zu nutzen. Und damit waren die alten Herausforderungen wieder da: Kostensenkung, Standardisierung, Sicherheit und IT-Governance. Eine Studie des Ponemon Institute aus dem Jahr 2018 zeigt, dass die durchschnittlichen Kosten für IT-Sicherheitsverletzungen in Unternehmen mit BYOD-Richtlinien um bis zu 34 % höher sind als in Unternehmen ohne solche Richtlinien (Ponemon Institute 2018). Dies verdeutlicht die wirtschaftlichen und sicherheitstechnischen Herausforderungen, die sich aus der mangelnden Anpassungsfähigkeit von IT-Systemen ergeben.
Die Kosten explodierten, da auf einmal verschiedene Umgebungen unterstützt werden mussten bzw. sich Sicherheitsregularien nicht konsequent durchsetzen ließen. Es begann ein Kampf zwischen IT-Abteilungen und den Nutzenden. Wir alle wissen, dass Letztere am Ende die Gewinner waren und gerade Flexibilität heute eine große Rolle spielt, wenn es um Mitarbeitergewinnung geht. Wir Menschen wollen uns nicht durch Technologie einschränken lassen, wollen so mit Technologie arbeiten, wie es uns am besten passt.
Dennoch blieben die Herausforderung der Gewährleistung der Sicherheit, Kostensenkung und der IT-Governance. Diese Anforderungen und die Macht der Menschen, Technologie zu akzeptieren oder eben nicht, führte zu innovativen technologischen Konzepten wie z. B. der Zero-Trust-ArchitekturZero-Trust-ArchitekturIT-Infrastruktur, Zero-Trust-Architektur (also einem Konzept, bei dem man erst einmal nichts und niemandem vertraut und versucht, direkt auf die Signale, Bedrohungen etc. zu reagieren), automatisierten Management-Systemen für verschiedene Betriebssysteme, die globale Standards ermöglichen, und nicht zuletzt auch zu einem Umdenken in den IT-Abteilungen, die sich nun als Dienstleister für ihre Kunden, sprich die Mitarbeitenden, verstanden. Eine Studie von Forrester Research (The Definition of Modern Zero Trust) aus dem Jahr 2022 zeigt, dass Unternehmen, die eine Zero-Trust-Architektur implementieren, die Wahrscheinlichkeit von Datenschutzverletzungen um bis zu 50 % reduzieren können (Forrester 2022).
Aber wie schaffen wir denn nun eine Technologie, die uns Menschen nicht einschränkt? Die Antwort auf diese Frage ist komplex und vielschichtig. Das oben genannte Beispiel illustriert aber auf anschauliche Weise, dass wir den Einsatz von Technologie zusammen mit den betroffenen Menschen definieren müssen, uns die Frage stellen müssen: Was hilft uns bei der Erledigung der täglichen Aufgaben und was schränkt uns ein? Technologie kann zu extrem viel Mehrarbeit führen: offensichtlich sinnlose Prozesse, nicht funktionierende Software, digitalisierte Prozesse, die vorher schon schlecht waren, oder neue Systeme, die keiner nutzt, weil niemand weiß, wie und wofür. Ein Bericht der IDM Business School in Zusammenarbeit mit Cisco aus dem Jahr 2017 hebt hervor, dass 92 % der Führungskräfte der Meinung sind, dass reaktive Technologien, die sich an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden anpassen, in den nächsten fünf Jahren wesentlich für den Geschäftserfolg sein werden (Neubauer/Tarling/Wade 2017).
Wir Menschen reagieren auf Situationen, in denen wir mit neuen technologischen Möglichkeiten oder Veränderungen konfrontiert werden, ganz natürlich – mit Übereifer, Flucht, Überforderung. Gerade in den letzten Jahren sind die BurnoutBurnout-Raten deutlich gestiegen, die Bindung an Unternehmen hat deutlich abgenommen und ich glaube fest daran, dass es u. a. daran liegt, dass technologischer Fortschritt in den Chefetagen beschlossen wird, ohne die Mitarbeitenden mitzunehmen, ohne sie daran zu beteiligen. Dieses Thema werden wir ebenfalls noch später genauer beleuchten.
Ich durfte viele spannende Herausforderungen in meiner Karriere angehen, viele Produkte und Lösungen mit kreieren, vermarkten und verkaufen. Anfang der 2000er hatte ich die Gelegenheit, ein Start-up innerhalb eines großen Technologiekonzerns aufzubauen. Wir hatten große Pläne, waren mit unendlicher Leidenschaft bei der Sache und arbeiteten Tag und Nacht. Unser Produkt würde man heute als Software-as-a-Service bezeichnen, damals nannte man es ASP – Application Service Providing. Wir stellten unseren Kunden also Applikationen über zentrale Rechenzentren zur Verfügung, von einfachen Verwaltungsprogrammen bis hin zu komplexen Knowledge-Management-Systemen.
Die anfängliche Kundenresonanz war riesig, ermutigend und wir befanden uns im Höhenflug. Dann kamen die sogenannte Dotcom-Krise und der abscheuliche Angriff auf das World Trade Center in den USA. Ich weiß noch genau, wie ich damals in einem Besprechungsraum in Paderborn saß und ein Mitarbeiter von mir plötzlich vollkommen aufgelöst hereingestürmt kam – er war Amerikaner. Wir konnten es alle nicht fassen und brauchten ein paar Tage, um wieder einigermaßen konzentriert weiterarbeiten zu können. Dieser Angriff, der folgende Krieg und die Dotcom-Krise führten dazu, dass sich das Unternehmen dagegen entschied, das Start-up zu gründen, und beschloss, es im Konzern zu belassen und es quasi als interne Serviceeinheit zu positionieren. Das war natürlich ein großer Schock für uns als Team, wir hatten schon so große Pläne geschmiedet.
Dennoch schafften wir es nach anfänglichem Frust, unser Thema zu positionieren und erfolgreich zu machen. Wie? Mit viel Teamgeist, Support von außen und einem tollen Leader, der damals mein Chef war.
Die Erkenntnis, die ich aus dieser Situation ziehen konnte, ist einfach: Ideen können noch so gut sein – wenn Zeitpunkt und Umfeld nicht passen, wird sich eine Innovation nicht durchsetzen können. In diesem Fall ist es ratsam, die Idee zurückzuhalten und es später oder unter anderen Umständen noch einmal damit zu versuchen. Und wer sich erinnern kann, der weiß, dass ASP nie in der Breite den Durchbruch schaffte, weil die Zeit dafür noch nicht reif war. Das schaffte erst später Software-as-a-Service, die wir wahrscheinlich alle täglich wie selbstverständlich nutzen. Dieser Durchbruch war möglich, weil Cloud-Computing, die Grundlage für SaaS, mehrheitsfähiger wurde und an Akzeptanz gewann. Aber auch, weil die Kosteneinsparungen gemessen an eigenen Lösungen signifikant waren. Und: weil wir Menschen die Einfachheit der neuen Anwendungen liebten. Als Beispiele seien hier der Aufstieg von Salesforce und der Untergang von Siebel zu erwähnen: Salesforce als Anbieter von standardisierter Software, die über das Internet bereit gestellt wird, versus Siebel als Anbieter einer komplexen, individuell zugeschnittenen Software, die nie so funktionierte, wie es die Nutzenden wollten.
Wir brauchen also manchmal Misserfolge, um dann erfolgreich zu sein. Wir brauchen Innovationen, die gebremst werden, um dann wieder Grundlage für neue Innovationen zu sein. Und wir brauchen das richtige Umfeld, um diese Innovationen erfolgreich nutzen zu können. Zu diesem Umfeld gehören wir Menschen in entscheidender Weise dazu.
Cloud-Computing, SicherheitsbedenkenWir lieben Technologie, aber nur, wenn wir sie verstehen, sie selbst beherrschen und unter Kontrolle haben. Das haben wir in den Jahren ab 2009 sehr deutlich im Bereich Cloud-Computing erlebt. Während andere Länder die Cloud-Technologie umarmten, herrschte in Deutschland Skepsis. Laut einer Studie von Bitkom aus dem Jahr 2010 nutzten nur 28 % der deutschen Unternehmen Cloud-Dienste im Vergleich zu 48 % in den USA (Bitkom 2010). Wir hatten Cloud-ComputingCloud-Computing in den Bereich des Bösen verbannt, unzählige Studien beauftragt, die belegen sollten, warum Cloud-Computing teurer ist als das eigene Rechenzentrum. Und dann noch das Thema Sicherheit, dass alle Argumente im Keim erstickt, weil sich natürlich niemand nachsagen lassen will, dass die eigene Unternehmensinfrastruktur nicht sicher sei. Eine Studie von KPMG aus dem Jahr 2023 ergab, dass 66 % der deutschen Unternehmen Sicherheitsbedenken als Hauptgrund gegen die Nutzung von Cloud-Computing angaben (KPMG 2023).
Hier zeigt sich eine grundsätzliche Ablehnung von Technologie nicht nur durch einzelne Menschen, die bestimmte Rollen ausüben, sondern durch große Teile der Gesellschaft. Es war erstaunlich zu beobachten – und die Auswirkungen spüren wir immer noch –, wie wir in Deutschland durch Ablehnung einer technologischen Innovation immer mehr Wettbewerbsvorteile einbüßten. Dabei hatten wir im privaten Umfeld ein ganz anderes Verständnis vom Umgang mit neuen Technologien: App Stores, Social Media – alles wurde geladen, gelikt, geteilt. Sicherheit? Kontrollverlust? Ach, woher denn! Schnelle Kommunikation und kleine Helferchen für die alltäglichen Herausforderungen waren wichtiger. Aber im wirtschaftlichen Kontext waren die neuen Technologien der Buhmann.
Viele Unternehmen waren der Ansicht, es selber und besser machen zu können: Sie haben eigene Cloud-Infrastrukturen gebaut, sie betrieben und sind an den Kosten fast erstickt. Eine Analyse von McKinsey (Cloud Adoption to Accelerate IT-Modernization) zeigte, dass die Gesamtbetriebskosten für Unternehmen, die eigene Cloud-Lösungen entwickelten und betrieben, um bis zu 40 % höher waren als bei der Nutzung von externen Cloud-Diensten (Bommadevara/Del Miglio/Jansen 2018). Heute wissen wir (hoffentlich), dass die Sicherheit in Cloud-Computing-Umgebungen eher gegeben ist als im eigenen Rechenzentrum, da hier ganz andere Technologien mit ganz anderen Skaleneffekten genutzt werden können als in den eigenen vier Wänden. Eine Studie von RightScale aus dem Jahr 2019 (State oft he Cloud Report) fand dann tatsächlich auch heraus, dass bei 94 % der befragten Unternehmen die Sicherheitsbedenken im Laufe der Nutzung von Cloud-Diensten abgenommen hatten (RightScale 2019).
Ich verkaufte damals Hardware für Rechenzentren und ich kann nicht sagen, dass uns diese Sicherheitsbedenken nicht in die Hände gespielt hätte. Wir waren erfolgreich getrieben von der »German Angst«. Doch sehr bald übernahm ich die Verantwortung für Cloud-Computing in Europa und meine Euphorie wich schnell Ernüchterung. Trotz der vielen Vorteile sträubten sich unsere Kunden, Cloud-Computing einzusetzen. Klar, wir hatten Erfolge hier und da, aber nur, weil wir »Private Cloud Computing« verkauften – eine bessere Bezeichnung für das eigene Rechenzentrum, ergänzt mit Management- und Deployment-Werkzeugen.
Ich wechselte damals die Firma – dachte, der geringe Verkaufserfolg hätte etwas mit der alten Firma zu tun. Aber die Skepsis bei den Kunden blieb. Auch heute gibt es immer noch diese Angst vor Cloud-Computing, Software-as-a-Service und allem, das irgendwo herkommt und sich der direkten Kontrolle entzieht.
Was war der Grund für diese Skepsis? IT hat sich zum wesentlichen Bestandteil von Unternehmen entwickelt und garantiert deren Wettbewerbsfähigkeit. In Deutschland haben wir unseren wirtschaftlichen Erfolg bisher immer über herausragende Ingenieursleistungen definiert – und nun kamen plötzlich Wettwerber aus dem Ausland, bei denen Technologie diese herausragende Leistung darstellt. Also schufen wir uns unsere eigene kleine IT-Bubble. Und scheiterten. Wir scheiterten, weil wir – aus Angst, die Kontrolle zu verlieren – versuchten, alles selbst zu machen, und dadurch Innovationen verpassten. Dieses sehr menschliche Phänomen führte dazu, dass wir in Deutschland erst in den letzten Jahren wieder Innovationen umsetzen und aufstrebende Start-ups haben – zum Glück. Zwischen 2000 und 2015 hatten wir in Deutschland aus meiner Sicht das Zeitalter der digitalen Blindheit. Laut einer Analyse von Ernst & Young aus dem Jahr 2014 (Venture Capital and Start-ups in Germany) war die Anzahl der Start-ups in Deutschland in diesem Zeitraum im Vergleich zu den USA und China signifikant niedriger (Ernst & Young 2014).
Diese Zurückhaltung in der Innovationsbereitschaft drückt sich noch heute in unserem Schulsystem, in den Unternehmenskulturen und auch in der Führung aus. Während Amerika und andere Länder die Rolle von Leadership und Kultur im digitalen Zeitalter längst erkannt haben, bauen wir immer noch rein auf unsere Ingenieursleistungen, die – und da soll kein Zweifel aufkommen – herausragend waren und auch immer noch sind. Aber eben größtenteils »waren«, abgesehen von einigen wirklich ermutigenden Beispielen aus dem Mittelstand.