Digitaler Vertrieb - Sven Seidenstricker - E-Book

Digitaler Vertrieb E-Book

Sven Seidenstricker

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Beschreibung

Mehr denn je steht beim digitalen Vertrieb die Kund:innen im Mittelpunkt. Das Ziel, sie in ihrem Tätigkeitsfeld erfolgreich zu machen, wird durch einen neuen Managementansatz ganzheitlich und systematisch unterstützt. Ein solchermaßen gestaltetes Customer Success Management hat sich in der Praxis bewährt. In diesem Buch konzentrieren sich die Autoren insbesondere auf Extended Reality, Big Data und künstliche Intelligenz, da diese aus heutiger Sicht in naher Zukunft viele Veränderungen in der Art und Weise, wie im Vertrieb gearbeitet wird, auslösen werden. Erfolgreicher digitaler Vertrieb geht daher mit einem Wandel in der Organisation und den notwendigen Kompetenzen einher. Die Autoren diskutieren, welche zukünftigen Kompetenzen der digitale Vertrieb benötigt, welche Auswirkungen dies auf die Führung hat und wie der Volatilität und Dynamik der globalen Märkte effizient begegnet werden kann. Abschließend wird der Zusammenhang zwischen digitalem Vertrieb und neuen Geschäftsmodellen aufgezeigt - inklusive der Potenziale von Plattformgeschäftsmodellen.

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Sven Seidenstricker / Jens Pöppelbuß / Thomas B. Berger / Heiko Fischer

Digitaler Vertrieb

UVK Verlag · München

Umschlagabbildung: nadla iStockphoto

 

In der Lehre immer am Zahn der Zeit zu sein, wird in unserer schnelllebigen Zeit immer mehr zur Herausforderung. Mit unserer neuen fachübergreifenden Reihe nuggets präsentieren wir Ihnen die aktuellen Trends, die Forschung, Lehre und Gesellschaft beschäftigen – wissenschaftlich fundiert und kompakt dargestellt. Ein besonderes Augenmerk legt die Reihe auf den didaktischen Anspruch, denn die Bände sind vor allem konzipiert als kleine Bausteine, die Sie für Ihre Lehrveranstaltung ganz unkompliziert einsetzen können. Mit unseren nuggets bekommen Sie prägnante und kompakt dargestellte Themen im handlichen Buchformat, verfasst von Expert:innen, die gezielte Information mit fundierter Analyse verbinden und damit aktuelles Wissen vermitteln, ohne den Fokus auf das Wesentliche zu verlieren. Damit sind sie für Lehre und Studium vor allem eines: Gold wert! So gezielt die Themen in den Bänden bearbeitet werden, so breit ist auch das Fachspektrum, das die nuggets abdecken: von den Wirtschaftswissenschaften über die Geisteswissenschaften und die Naturwissenschaften bis hin zur Sozialwissenschaft – Leser:innen aller Fachbereiche können in dieser Reihe fündig werden.

 

Prof. Dr. Sven Seidenstricker ist Studiengangsleiter und Professor im Studiengang Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Mosbach/Bad Mergentheim. Er lehrt dort Innovations- und Produktmanagement und forscht u. a. in den Bereichen Digitalisierung des Vertriebs und Customer Success Management.

Prof. Dr. Jens Pöppelbuß ist Universitätsprofessor für Industrial Sales and Service Engineering an der Ruhr-Universität Bochum. Er erforscht die digitale Transformation von industriellen Wertschöpfungsnetzwerken sowie mit ihr einhergehende Dienstleistungs- und Geschäftsmodellinnovationen.

Prof. Dr. Thomas B. Berger ist Professor für Wirtschaftsingenieurwesen an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Stuttgart. Er fokussiert sich vor allem auf die Herausforderungen des Umgangs mit Risiken.

Heiko Fischer studierte Wirtschaftsingenieurwesen an der DHBW Mosbach und TU Chemnitz. Nach praktischen Erfahrungen im Maschinen- und Anlagenbau sowie einem IT-Startup erforscht er seit 2020 im Rahmen seiner Promotion die digitale Transformation des Vertriebs. Seine Interessen sind im Vertrieb sowie im Innovations- und Produktmanagement zu verorten.

 

DOI: https://doi.org/10.24053/9783381114429

 

© UVK Verlag 2025‒ Ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KGDischingerweg 5 • D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.narr.deeMail: [email protected]

 

ISSN 2941-2730

 

ISBN 978-3-381-11441-2 (Print)

ISBN 978-3-381-11443-6 (ePub)

Inhalt

Vorwort1 Grundlagen1.1 Entwicklung des digitalen B2B-Vertriebs1.2 Charakteristika des digitalen B2B-Vertriebs1.3 Herausforderungen2 Kund:innenzentrierung im Vertrieb2.1 Charakteristika der modernen Kund:innen2.2 Customer JourneysTransactionsSituationsInfluencesResponsesRelationshipsNetworksJourneys2.3 Customer Success ManagementCSM – ein neuer Managementansatz3 Technologien3.1 Evaluation von Technologiepotenzialen3.2 Extended Reality3.3 Big DataNutzendengenerierte Inhalte analysierenCustomer Co-Creation ermöglichenCustomer Journey aufnehmenVertriebsdaten untersuchenProduktbewertungen und -empfehlungen analysierenEmpfehlungssysteme aufbauenOnline-Klicks messen und vorhersagenNutzendenstatus ermittelnNutzendenerfahrung verbessernFalsche Nachrichten identifizierenEchtzeitdaten analysieren3.4 Künstliche IntelligenzDatenanalyse mit KIAutomatisierung durch KIErstellung von Unterlagen durch KI4 Kompetenzen und Organisation4.1 Vertriebsmitarbeitende als Schlüssel zum Unternehmenserfolg4.2 Rahmenkonzept für die Digitalisierung des Vertriebs4.3 Schlüsselkompetenzen im B2B-Vertrieb4.4 Führung im digitalen Vertrieb4.5 Agilität im digitalen Vertrieb5 Abschließende Implikationen für den digitalen Vertrieb5.1 Auswirkungen auf die Kund:innen-Vertriebsbeziehung5.2 Vom digitalen Vertrieb zu neuen Geschäftsmodellen6 ZusammenfassungLiteraturRegister

Vorwort

Die Digitalisierung ist allgegenwärtig. Auch der Vertrieb digitalisiert sich. Der Verkauf über digitale Marktplätze, virtuelle Verkaufsgespräche oder automatisierte Bestellungen sind heute bereits Standard. Trotzdem wird die Digitalisierung den Vertrieb weiterhin fundamental verändern. Der Wandel wird getrieben durch neue Technologien, veränderte Kund:innenbedürfnisse, andere Erlös- und Geschäftsmodelle oder neu entstandenen Berufe und Rollen in Organisationen.

Das vorliegende Buch spannt den Bogen von den Anfängen des digitalen Vertriebs bis zum heutigen Stand. Mehr denn je steht beim digitalen Vertrieb die Kund:in im Mittelpunkt. Echte Werte für Kund:innen zu schaffen, ist immer noch elementar für einen erfolgreichen Vertrieb. Dazu ist es notwendig, die Bedürfnisse und Eigenschaften der Kund:innen zu kennen, um sie entlang der Customer Journey optimal begleiten zu können. Das Ziel, Kund:innen in ihrem Tätigkeitsfeld erfolgreich zu machen, wird durch einen neuen Managementansatz ganzheitlich und systematisch unterstützt. Ein solchermaßen gestaltetes Customer Success Management hat sich in der Praxis bewährt und greift viele Aspekte des digitalen Vertriebs auf. Kennzeichen des digitalen Vertriebs ist die Nutzung von (digitalen) Technologien. In diesem Buch konzentrieren wir uns insbesondere auf Extended Reality, Big Data und künstliche Intelligenz, da diese aus heutiger Sicht in naher Zukunft viele Veränderungen in der Art und Weise, wie im Vertrieb gearbeitet wird, auslösen werden.

Erfolgreicher digitaler Vertrieb geht daher mit einem Wandel in der Organisation und den notwendigen Kompetenzen einher. Wir diskutieren, welche zukünftigen Kompetenzen der digitale Vertrieb benötigt, welche Auswirkungen dies auf die Führung hat und wie der Volatilität und Dynamik der globalen Märkte effizient begegnet werden kann. Abschließend zeigen wir den Zusammenhang zwischen digitalem Vertrieb und neuen Geschäftsmodellen auf und beleuchten insbesondere die Potenziale von Plattformgeschäftsmodellen.

Dieses Buch ist das Ergebnis jahrelanger Forschung auf diesem Gebiet. Wir haben zahlreiche qualitative und quantitative Studien mit zum Teil internationaler Perspektive durchgeführt. Dabei standen wir stets im Austausch mit weltweit führenden Großunternehmen und innovativen Hidden Champions. In internationalen Netzwerken haben wir unsere Erkenntnisse geteilt und reflektiert. Wir danken daher allen Beteiligten für ihre Unterstützung bei diesen Projekten und die wertvollen Erkenntnisse, die wir daraus gewinnen konnten.

Ferner gilt unser Dank Herrn Dr. Jürgen Schechler vom UVK Verlag München, der die Entstehung dieses Buches stets professionell, freundlich und geduldig unterstützt hat.

Bad Mergentheim, Bochum, Stuttgart und Paris im November 2024

1Grundlagen

1.1Entwicklung des digitalen B2B-Vertriebs

Als Schnittstelle zwischen Kund:innen und Anbieterunternehmen vereint sind die Aufgaben des Vertriebs darauf ausgerichtet Kund:innen zu beraten und Kaufabschlüsse zu erzielen (Homburg, 2020; Tintelnot, 2023). Der „moderne“ Vertrieb ist eng mit dem Aufkommen der Massenproduktion im späten 19. Jahrhundert verknüpft. In der Vergangenheit stand ausschließlich der Austausch von Gütern im Vordergrund und der Handel war eher kurzfristig ausgerichtet (Hartmann et al., 2018). Ein Jahrhundert später haben sich die Merkmale des Business-to-Business(B2B)-Vertriebs grundlegend verändert und erweitert. Der Vertrieb trägt nicht nur die Verantwortung für den Verkauf, sondern ist verstärkt für die Betreuung der Kund:innen entlang des gesamten Vertriebsprozesses verantwortlich. Er soll Mehrwerte für die Kund:innen schaffen, verbindet unterschiedliche Akteur:innen, um Kund:innenprobleme zu lösen und, hat die Kund:innenbeziehung auf strategischer und operativer Ebene im Blick (Plouffe et al., 2023). Hierfür analysiert dieser Märkte, entwickelt Vertriebskonzepte weiter, ist an der Entwicklung neuer Produkte beteiligt und unterstützt die Ausrichtung der Geschäftstätigkeit von Unternehmen (Hiemeyer, 2020; Purle et al., 2023). In der Konsequenz erfährt der Vertrieb eine zunehmende Professionalisierung und einen Wandel seiner Funktion. Insbesondere folgende Trends haben dazu geführt, dass die Arbeit des B2B-Vertriebs komplexer wird (Kreutzer et al., 2020; Tintelnot, 2023):

Wurden früher die Märkte von den Verkäufer:innen dominiert, hat sich mittlerweile dieses Machtgefüge gewandelt. Auf den heutigen Märkten lässt sich eine Dominanz der Käufer:innenmärkte beobachten.

Früher stand die Produktion einer möglichst großen Menge von identischen Produkten zu möglichst günstigen Preisen im Vordergrund. Heute spielt hingegen die Individualität eine größere Rolle und Kund:innen achten verstärkt auf Nachhaltigkeit.

Sowohl Kunden:innen- als auch Anbieter:innenunternehmen agieren heute global. Dies bedingt eine strategische Ausrichtung des Vertriebs sowie eine verstärkte Vernetzung.

Die Digitalisierung ermöglicht und erfordert neue Geschäftsmodelle. Digitale Möglichkeiten sind in Produkte zu integrieren und für die Kund:innen steht der Wertbeitrag eines Produkts über die gesamte Nutzungsdauer im Vordergrund.

In der Vergangenheit war die Kund:innenbeziehung persönlicher und wurde eher analog gepflegt. Infolge der digitalen Möglichkeiten findet eine Verlagerung in den digitalen Raum statt, wodurch die Kund:innenbeziehung zunehmend digital geprägt wird.

Zu beachten ist, dass sich der Vertrieb schon immer fortlaufend im Wandel befand, weshalb sich auch die Vertriebsfunktion stetig verändert hat (Doyle, 2016). Der aktuelle Wandel zum digitalen Vertrieb wird maßgeblich durch den Megatrend der Digitalisierung und den damit einhergehenden Einsatz digitaler Technologien im Vertrieb vorangetrieben (Agnihotri et al., 2023; Fischer, Seidenstricker, et al., 2023; Voss et al., 2023). Es sei darauf verwiesen, dass die Nutzung digitaler Technologien im Vertrieb historisch gesehen nichts Neues ist, sondern bereits lange Tradition hat. Bereits in den 1970er Jahren wurde die E-Mail erfunden und in den 1980er Jahren hielten Bürocomputer Einzug. In den 1990er Jahren vereinfachen Suchmaschinen das Aufspüren neuer Inhalte im Internet und erste CRM-Systeme kamen auf den Markt. Seit den 2000ern nimmt die Vernetzung durch Social-Media-Plattformen stetig zu (Elste, 2023). Im Jahr 2022 wurde mit ChatGPT KI-Technologie für jeden erleb- und anwendbar. Folglich hat der technologische Wandel im Vertrieb seine Ursprünge im letzten Jahrhundert und beschleunigt sich rasant. Besonders die Möglichkeit große Datenmengen zu speichern, auszuwerten und zur systematischen Entscheidungsfindung zu nutzen, treibt den aktuellen Digitalisierungsschub voran (Yang & Wang, 2020).

Aktuell entfalten insbesondere die Technologien Künstliche Intelligenz (KI), Big Data sowie Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) ihre Wirkung auf den B2B-Vertrieb und ermöglichen eine weitgehende Automatisierung des Vertriebs. Schon heute können durch diese Technologien Aufgaben entlang des gesamten Vertriebsprozesses übernommen werden, wodurch sie einen wichtigen Beitrag zur Wertgenerierung leisten. Technologien können den Vertrieb bei seiner Entscheidungsfindung unterstützen oder einzelne Prozessschritte vollständig übernehmen (Fischer, Seidenstricker, et al., 2023; Paschen et al., 2020, 2021; Voss et al., 2023).

Zu betonen ist, dass der digitale Wandel des Vertriebs nicht nur aus Vertriebsseite betrachtet werden sollte. Die Implementierung digitaler Technologien hat das Potenzial, sich sowohl positiv auf den Vertrieb als auch auf die Kund:innen auszuwirken, was zu einer Verbesserung der Kund:innen-Vertriebsbeziehung führt (Ahearne et al., 2022; Fischer, Seidenstricker, et al., 2023). Mögliche Mehrwerte, die aus der Implementierung digitaler Technologien im Vertrieb resultieren, sind in Tabelle 1.1 aufgeführt.

Mehrwert Vertrieb

Mehrwert Kund:innen

Systematische Informationsauswertung

Systematische Informationsauswertung

Reduktion der Komplexität im Vertriebsprozess

Verbesserter Angebots- und Preisüberblick

Kostensenkung durch Effizienzsteigerung

Vereinfachte Kaufabwicklung

Höhere Reichweite und Bekanntheit

Vernetzung mit anderen Kund:innen

Erhöhung der Effektivität

Verbessertes Kauferlebnis

Optimierung der Kund:innenbeziehung

Verkürzte Reaktions- und Servicezeiten

Tabelle 1.1:

Mehrwerte für Kund:innen und Vertrieb

Quelle: Elste (2023)

Digitale Möglichkeiten verbessern die Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen und eröffnen neue Perspektiven im Hinblick auf die Kund:innenanalyse. Kund:innen können leichter informiert werden. Beispielsweise kann über Postings in sozialen Netzwerken eine enorme Reichweite generiert werden. Der Vertrieb ist in der Lage, Inhalte auf spezifische Kund:innengruppen auszurichten und durch gezielte Content-Optimierungen bzw. Suchmaschinenoptimierung die zielgerichtete Verbreitung positiv zu beeinflussen. Gleichzeitig erleichtert das die Informationsakquise auf Kund:innenseite. Sie finden relevante Inhalte einfacher oder sie werden ihnen aktiv vorgeschlagen. Sie erhalten dadurch einen besseren Überblick über verfügbare Produkte, deren Preise und Wertbeiträge. Darüber hinaus können sich Vertrieb und Kund:innen ohne großen Aufwand, spontaner und unverbindlicher im Rahmen von Online-Webinaren oder Online-Schulungen austauschen. Besonders Chatbots können weniger komplexe Kund:innenanfragen beantworten und entlasten dadurch den Vertrieb, da sie unverzüglich auf Kund:innenanfragen reagieren können (Kober, 2020).

Der technologische Fortschritt bringt für Unternehmen zahlreiche Vorteile mit sich, stellt sie jedoch auch vor neue Herausforderungen. Besonders in Bereichen des Maschinenbaus sind die Märkte gesättigt und echte Neuheiten kommen nur noch selten auf den Markt. Dies liegt daran, dass bestehende Produkt- und Prozesstechnologien bereits einen hohen Reifegrad aufweisen (Cooper, 2011; Mader & Eschenfelder, 2012). Unternehmen haben erkannt, dass die Kund:innenbedürfnisse durch reine Produktinnovationen auf Dauer nicht mehr befriedigt werden können, sondern der Wertbeitrag zum Kund:innengeschäft während der Nutzungszeit maßgebliches Entscheidungskriterium ist (Macdonald et al., 2016). Dies resultiert in Produkte, die mit digitalen Dienstleistungen verknüpft werden. Hierfür ist es mehr denn je wichtig, das Kund:innengeschäft tiefgreifend zu verstehen (Ebel et al., 2022; Raff et al., 2020). Der Vertrieb als zentrale Kontaktperson der Kund:innen kann am besten einschätzen, was sie heute, mittel- und langfristig benötigen (Tintelnot, 2023). Gleichzeitig ist zu beachten, dass digitale Produkte andere Charaktereigenschaften aufweisen und daher auch andere Verkaufsstrategien erfordern (Fischer, Seidenstricker, Ramm, et al., 2022; Kropp, 2020; Mader & Eschenfelder, 2012). Um diese digitalen Produkte entwickeln und verkaufen zu können, ist eine verstärkte Zusammenarbeit der marktbezogenen Disziplinen erforderlich (z. B. Marketing, Vertrieb, Produktmanagement, Kund:innenservice). Dies wiederum gelingt, wenn durch digitale Technologien Informationen für alle relevanten Abteilungen zugänglich sind (S. Hoffmann, 2020; Tintelnot, 2023).

1.2Charakteristika des digitalen B2B-Vertriebs

Der Vertrieb ist als Schnittstelle zwischen Kund:innen und dem Anbieterunternehmen zu verstehen. Die konkreten Aufgaben des Vertriebs hängen stark vom Unternehmen und der Branche ab. Er ist dafür verantwortlich, Produkte an Kund:innen zu verkaufen, weshalb seine Tätigkeiten direkte Auswirkungen auf Umsatz und Gewinn des Unternehmens haben. Um Produkte zu verkaufen, analysiert er seine Kund:innen und leitet auf Basis seiner Kund:inneneinblicke ein passendes Wertangebot ab. Der Vertrieb hat sowohl Verantwortung für das operative Verkaufen als auch die strategische Ausrichtung seiner Tätigkeiten (Hiemeyer, 2020; Kreutzer et al., 2020; Purle et al., 2023).

In der Vergangenheit wurde differenziert zwischen dem B2B- und Business-to-Consumer(B2C)-Vertrieb. Die beiden Vertriebsformen unterscheiden sich maßgeblich hinsichtlich der Kund:innen, die bedient werden. Während der B2B-Vertrieb Geschäftskund:innen bearbeitet, kümmert sich der B2C-Vertrieb um Privatkund:innen bzw. Endverbraucher:innen. Die folgende Tabelle 1.2 zeigt weitere typische Unterscheidungsmerkmale zwischen den beiden Märkten.

 

B2B

B2C

Zielgruppe

Geschäftskund:innen

Privatkund:innen

Herkunft der Nachfrage

abgeleitet

originär

Beziehung

langfristig

kurzfristig

Vertriebsprozess

komplex, lang

einfach, kurz

Beschaffungsprozess

formalisiert, Mehrpersonenentscheidung

autonom

Intermediäre

wenige

viele

Käufer:innen

wenige

viele

Anbieter:innen

wenige

viele

Angebotscharakter

hohe Individualität

geringe Individualität

Abhängigkeit

groß

klein

Tabelle 1.2:

B2B- und B2C-Markt im Vergleich

Quelle: Grewal & Lilien (2012), Lilien (2016), Pförtsch et al. (2022)

Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass die strikte Unterscheidung zwischen B2BB2B und B2CB2C zunehmend an Bedeutung verliert. Infolge der aktuellen technologie- und kund:innengetrieben Umwälzungen in der Vertriebslandschaft, verändern sich die beiden Märkte. Wenngleich der B2B-Vertrieb in der Vergangenheit weniger digitalisiert war als der B2C-Vertrieb (Rodríguez et al., 2020), holt dieser seit der Corona-Pandemie stark auf (Guesalaga et al., 2023). Unternehmen und Kund:innen setzten immer stärker auf digitale Lösungen, was zu einer verstärkten Automatisierung des B2B-Vertriebs führt (Voss et al., 2023). Dies führt dazu, dass die Grenzen zwischen B2B und B2C immer stärker verschwimmen. Beide Märkte nähern sich immer stärker aneinander an und enthalten typische Charakteristika des jeweils anderen Markts (Dant & Brown, 2008; Mingione & Leoni, 2020). Aus B2B-Sicht bedeutet das, dass sich die Beziehung mit den Kund:innen verändert (Ahearne et al., 2022). Folglich ist die Funktion des B2B-Vertriebs einem Wandel unterworfen und wird komplexer. Dies liegt im Wesentlichen im Megatrend der Digitalisierung begründet. Daher geht der folgende Abschnitt näher auf die digitalen Veränderungen des Vertriebs ein.

Der Einfluss des Megatrends der Digitalisierung schlägt sich in drei Begriffe nieder, die zu unterscheiden sind: Digitization, Digitalization und Digital Transformation. Im Rahmen der DigitizationDigitization erfolgt die Überführung analoger Informationen in digitale Daten (binäre Informationen) (O’Leary, 2023). Die DigitalizationDigitalization geht einen Schritt weiter und beschreibt die Nutzung digitaler Technologien. Dies erhöht die Effizienz in Organisationen und ist eine wichtige Voraussetzung, um die Kund:innenbeziehung zu verbessern (Lang, 2021; Verhoef et al., 2021). Die aktuell höchste Entwicklungsstufe stellt die Digital TransformationDigital Transformation dar: Sie schöpft digitale Technologien und unterstützende Fähigkeiten vollständig aus, wodurch neue Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte und organisationale Strukturen entstehen (Bockshecker et al., 2018; O’Leary, 2023).

Singh et al. (2019) übertragen dieses Konzept auf den B2B-Vertrieb und beschreiben Leitlinien zur Unterscheidung der Begriffe. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus werden in Abbildung 1.1 zusammengefasst.

Die Digitization eröffnet den Zugang zu digitalen Daten und ermöglicht dadurch neue Kund:inneneinblicke und optimierte Prozesse.

Bei der Digitalization erfolgt der Einsatz von digitalen und KI-Technologien, um Kund:innenerfahrungen zu verbessern und neue Marktstrategien zu entwickeln.

Im Rahmen der Digital Transformation sind digitale und KI-Technologien als Unternehmenswerte aufzufassen. Sie ermöglicht es neue Wertversprechen zu entwickeln, wodurch sich Umsätze und Kund:innenwert erhöhen.

Um Verwirrungen um die Begriffe im weiteren Verlauf dieser Arbeit vorzubeugen, erfolgt eine Orientierung am Prozessmodell von Verhoef et al. (2015). Es geht davon aus, dass die Digital Transformation als Überbegriff und finales Ziel zu verstehen ist und Digitization und Digitalization Phasen auf dem Weg zur digitalen Transformation darstellen.

Abbildung 1.1:

Digitization, Digitalization und Digital Transformation im B2B-Vertrieb in Anlehnung an Singh et al. (2019)

Das Ausmaß der digitalen Transformation des Vertriebs ist maßgeblich von der definierten Zielstellung abhängig (Abbildung 1.1). Zu beachten ist dabei, dass die einzelnen Phasen aufeinander aufbauen und die Digital Transformation ohne die zuvor erfolgreich durchlaufenen Phasen nur schwerlich gelingen kann. Die Digitization bildet das Fundament, da sie alle notwendigen Daten verfügbar und nutzbar macht. Die Digitalization bildet gewissermaßen den Rohbau und ermöglicht, dass durch digitale und KI-Technologien mit Unterstützung der Daten bestehende Prozesse verbessert werden können. Die Digital Transformation ist sinnbildlich das fertige Haus, das sicher auf dem Fundament stehen soll und eine solide Struktur benötigt, um nicht einzustürzen. Für den Erfolg der digitalen Transformation des Vertriebs sollten Unternehmen daher in Phasen denken und schrittweise lernend nach vorne schreiten.

Der digitalen Transformation des B2B-Vertriebs sollte in Unternehmen eine hohe Priorität zukommen, da sie darüber entscheidet, ob Unternehmen im Zeitalter der Digitalisierung erfolgreich sind oder nicht. Die hohe Bedeutung der digitalen Transformation des B2B-Vertriebs in der Praxis untermauern folgende Aussagen:

90 % der Befragten aus dem C-Level sind der Meinung, dass es essenziell ist einen Wert für die Kund:innen zu liefern (Fujitsu, 2020).

Die digitale Transformation betrifft sowohl bestehende als auch zukünftige Geschäftsfelder (Fujitsu, 2020).

Eine verbesserte Customer Experience, höhere Geschäftsagilität und Effizienzgewinne gehören zu den Top-3-Auswirkungen der digitalen Transformation (Fujitsu, 2021).