Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen - Michael Klösch - E-Book

Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen E-Book

Michael Klösch

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Beschreibung

Verstehen Sie alle Veränderungen in der Gesundheitsversorgung rund um das Thema "Digitalisierung"? Das Fachbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe im Pflege- und Gesundheitswesen bietet eine verständliche, systematische und praxisorientierte Einführung zum Thema. Das Autor_innenteam • erläutert die Grundlagen, Begriffe und Hintergründe sowie die Erfordernisse der Digitalisierung im Gesundheitswesen• bietet eine übersichtliche Systematik gängiger Digitalisierungsbereiche im Pflege- und Gesundheitswesen bezüglich eHealth, Gesundheitsportalen, Telehealth, AAL-Systeme, Robotik und Avatare sowie der elektronischen Patientenakte und den Online-Apotheken mit digitalem Medikamentenmanagement fasst studienbasiert internationale Erfahrungswerte zusammen legt einen starken Fokus auf die Pflege und andere Gesundheitsberufe und stellt zahlreiche Beispiele, Projekte und Anwendungen vor bietet eine interdisziplinäre Orientierung, die das Zusammenspiel der Dienstleister im Gesundheitswesen und deren Vernetzbarkeit durch Digitalisierung zeigt beschreibt studienbasierte Strategien, um die Akzeptanz von Technik im Gesundheitswesen zu steigern thematisiert Aspekte des Qualitätsmanagements und der ethischen Entscheidungsfindung im Rahmen der Digitalisierung.

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Michael Klösch

(Hrsg.)

Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen

Grundlagen, Erfahrungen und Praxisbeispiele

Unter Mitarbeit von

Michael Aiglesberger

Jannis Augustin

Lisa Pichler

Georg Deix

Moritz Eder

Stephanie Hausherr

Alexander Hodeck

Tabea Klausner

Michael Klösch

Sabine Kopp

Sebastian Kraus

Michelle Merkinger

Viktoria Redl

Anette Skowronsky

Vanessa Skowronsky

Nele Stock

Annemarie Strobl

Tina-Carola Trotzke

Christine von Reibnitz

Carola Walter

Pia Wieteck

Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen

Michael Klösch (Hrsg.)

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Pflege:

André Fringer, Winthertur; Jürgen Osterbrink, Salzburg; Doris Schaeffer, Bielefeld; Christine Sowinski, Köln; Angelika Zegelin, Dortmund

Michael Klösch (Hrsg.). BSc, MScN, M. A., Produktmanager, Pflegewissenschafter, Allgemeiner Gesundheits- und Krankenpfleger

E-Mail: [email protected]

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Pflege

z. Hd. Jürgen Georg

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel. +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Jürgen Georg, Martina Kasper, Sandro Bomio, Johanna Hartner

Bearbeitung: Thomas Sonntag

Herstellung: Daniel Berger

Umschlagabbildung: © Cecilie Arcurs, GettyImages.com

Umschlag: Claude Borer, Riehen

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Format: EPUB

1. Auflage 2024

© 2024 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-96182-8)

(E-Book-ISBN_EPUB 978-3-456-76182-4)

ISBN 978-3-456-86182-1

https://doi.org/10.1024/86182-000

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Widmung

In Dankbarkeit meinen Großeltern und meinen Eltern gewidmet.

Michael Klösch

Inhaltsverzeichnis

Widmung

Danksagung

Geleitwort

Vorwort

1 Themenhintergrund und -relevanzMichael Klösch

1.1 Megatrends, Herausforderungen und digitale Lösungsansätze

1.2 Förderungen, Umdenken und Akzeptanz

2 Hintergrund und Zielsetzung des BuchesMichael Klösch

3 Klassifikation von DigitalisierungMichael Klösch

3.1 Ausgewählte Klassifikationsansätze

3.2 Kritik an bestehenden Klassifikationssystemen

3.3 Klassifikationsversuch

4 Digitalisierung versus E-HealthMichael Klösch

4.1 Der Begriff „Digitalisierung“

4.2 Der Begriff „E-Health“

4.3 E-Health-Strategien in der DACH-Region

4.4 Gegenüberstellung von Digitalisierung und E-Health

5 Telematik, E-Health, Tele-Health und TelecareChristine von Reibnitz

5.1 Hintergrund

5.2 Arten von Telemedizin

5.3 Telecare-Anwendungen

5.4 Potenziale telepflegerischer Anwendungen

5.5 Umsetzung telemedizinischer Anwendungen in Deutschland

6 Internationale Erfahrungswerte zur DigitalisierungMichael Klösch

6.1 E-Learning und Pflege in ÖsterreichMichael Aiglesberger

6.1.1 Hintergrund

6.1.2 Pflegerische Kompetenzen durch E-Learning

6.1.3 E-Learning – ein Begriff mit Tiefgang

6.1.4 Formen von E-Learning

6.1.5 Voraussetzungen für E-Learning

6.1.6 Digitalisierung an Pflegeschulen

6.1.7 E-Learning am Beispiel einer Ausbildungsstätte

6.2 Elektronische RufanlagenMichael Klösch

6.2.1 Hintergrund

6.2.2 Medizinprodukte – ein Exkurs

6.2.3 Erfahrungen von Pflegenden

6.2.4 Empfehlungen

6.3 GesundheitsportaleMichael Klösch

6.3.1 Gesundheitsportale und Informationsbewertung

6.3.2 Gesundheitsportale in der DACH-Region

6.3.3 Digitale Gesundheitskompetenz

6.4 Exergaming im Kontext Morbus ParkinsonMichelle Merkinger

6.4.1 Hintergrund

6.4.2 Exergaming und Pflege

6.4.3 Internationale Erfahrungswerte

6.5 Demenz und DigitalisierungAnnemarie Strobl

6.5.1 Leben mit Demenz

6.5.2 Digitalisierung mit Vor- und Nachteilen

6.5.3 Partizipation in Forschung und Entwicklung

6.5.4 Umdenken und Herausforderungen

6.5.5 Best-Practice-Beispiele

6.6 Avatare im Pflege- und GesundheitswesenVanessa Skowronsky

6.6.1 Hintergrund

6.6.2 Agenten

6.6.3 Avatare und Agenten in der Lehre

6.7 Elektronische Gesundheits- und PatientenakteLisa Pichler

6.7.1 Hintergrund

6.7.2 Potenzial und Benefit

6.7.3 Integration der Pflegepersonen

6.7.4 Einblick in die europäische und internationale Situation

6.7.4.1 Deutschland

6.7.4.2 Österreich

6.7.4.3 Schweiz

6.7.5 Einschätzungen aus Patientensicht

6.7.6 Einschätzungen des Gesundheitspersonals

6.7.7 Herausforderung: Mental Health

6.7.8 Herausforderung: Auswirkung auf das Gesundheitspersonal

6.7.9 Herausforderung: Sekundärnutzung von Gesundheitsdaten

6.8 Digitalisierung in der ApothekeChristine von Reibnitz, Anette Skowronsky

6.8.1 Hintergrund

6.8.2 Digitale Ansätze

6.9 Künstliche Intelligenz und DatenschutzMoritz Eder

6.9.1 Hintergrund

6.9.2 Funktionsweise der künstlichen Intelligenz

6.9.3 KI im Pflege- und Gesundheitswesen

6.9.3.1 Sturzerkennung und Sturzprävention

6.9.3.2 Automatisierte Routenplanung

6.9.3.3 Diagnostik anhand neuronaler Netze

6.9.4 KI und Datenschutz

6.9.4.1 Anonymisierung und Pseudonymisierung in der DSGVO

6.9.4.2 Methoden der Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung

6.9.4.3 Offenlegung des Algorithmus

6.9.4.4 Automatisierte Datenverarbeitung und Scoring

6.9.4.5 Rechtlicher Ausblick im Kontext KI

6.10 Palliative Care und DigitalisierungTabea Klausner

6.10.1 Hintergrund

6.10.2 Digitale Konzepte für die Palliativpflege

6.10.3 Palliativpflege und digitale Kommunikation

6.11 Diabetes mellitus und AppsNele Stock

6.11.1 Hintergrund

6.11.2 Verknüpfungen zu anderen Systemen

6.11.2.1 Selbstmessung der Blutglukose

6.11.2.2 Kontinuierliche Gewebeglukosemessung (CGM)

6.11.2.3 Smart-Pens und automatische Insulindosierung (AID)

6.11.3 Internationale Erfahrungswerte

6.11.3.1 Auswirkungen auf physische Parameter

6.11.3.2 Auswirkungen auf psychosoziale Determinanten

6.11.3.3 Apps und Lebensqualität

6.11.3.4 Apps und Kommunikation

6.11.3.5 Apps und Usability

6.12 Pflegeklassifikationssysteme und DigitalisierungStephanie Hausherr, Sabine Kopp, Sebastian Kraus, Pia Wieteck

6.12.1 Pflegeterminologien: Chancen der Digitalisierung

6.12.2 Differenzierungskriterien von Klassifikationssystemen

6.12.3 Umsetzungserfordernisse bei der Nutzung digitaler Möglichkeiten

6.12.4 Referenzterminologien als Lösungsansatz

6.13 Pflegende Angehörige und DigitalisierungVanessa Skowronsky, Tina-Carola Trotzke, Anette Skowronsky

6.13.1 Hintergrund

6.13.2 Automatisierte telefonische Unterstützung beim Entlassungsmanagement

6.13.3 Angehörigenunterstützung durch E-Health-Programme

6.13.4 Telekonsultation und häusliche Palliativpflege

6.13.5 Adhärenzförderung durch einen digitalen Medikamentenspender

6.13.6 App-Unterstützung bei kindlichem Asthma

6.13.7 Kariesprävention mit Textnachrichten

6.13.8 Mundhygiene als Mini-Spiel

6.13.9 App gegen Zahnärzteangst

6.14 Digitalisierung in der WundversorgungChristine von Reibnitz, Jannis Augustin

6.14.1 Hintergrund

6.14.2 Digitale Wunddokumentation

6.14.3 Virtuelle Tools in der Wundversorgung

6.14.4 Telemedizin in der Wundversorgung

6.15 Digitalisierung und betriebliche GesundheitsförderungAlexander Hodeck

6.15.1 Hintergrund

6.15.2 Gesundheitsförderung und Gesundheitsmanagement

6.15.3 Betriebliche Gesundheitsförderung und Pflege

6.15.4 Digitale betriebliche Gesundheitsförderung

6.16 AAL-Systeme und Robotik zur RehabilitationsförderungAnnemarie Strobl

6.16.1 Hintergrund

6.16.2 Hintergrund, Definition und Anwendung

6.16.3 Robotik

6.16.4 Kritische Betrachtung

7 Strategien zur Steigerung der TechnikakzeptanzGeorg Deix

7.1 Pflege und neue Technologien

7.2 Technologie-Akzeptanz-Modelle

7.3 Einflussfaktoren auf die Technologieakzeptanz Pflegender

7.3.1 Einflussfaktor „Alter“

7.3.2 Einflussfaktor „Geschlecht“

7.3.3 Einflussfaktor „Bildung und Wissen“

7.3.4 Einflussfaktor „Persönliche Eigenschaften“

7.3.5 Einflussfaktor „Zeit“

7.3.6 Einflussfaktor „Infrastruktur und Kosten“

7.3.7 Einflussfaktor „Bestehende Evidenz“

7.3.8 Einflussfaktor „Funktionsbereich“

7.4 Strategien zur Steigerung der Technikakzeptanz

7.4.1 Schulung und Support

7.4.2 Partizipation der Anwender*innen

7.4.3 Einsatz von Change-Champions

7.4.4 Change-Management und Führung

7.4.5 Ausbildung

7.4.6 Interoperabilität verbessern

7.4.7 E-Health-Kompetenz erhöhen

8 Ethik und E-Health-AnwendungenMichael Klösch

8.1 Hintergrund

8.2 Informationsethik und digitale Ethik

8.3 Ethische Konfliktfelder und E-Health-Anwendungen

8.4 Ethische Verantwortung der Pflege

8.5 Forschungsethik und Pflege

9 Change-Process am Beispiel PflegedokumentationViktoria Redl

9.1 Hintergrund

9.2 Konzeption

9.3 Beschaffung

9.4 Implementierung

9.5 Inbetriebnahme und Abnahme

9.6 Datenqualitätssicherung

9.7 Zusammenfassung möglicher Problemfelder

10 Genderaspekte und DigitalisierungCarola Walter

10.1 Hintergrund

10.2 Gender oder Sex

10.3 Digitale Gesundheit, Ungleichheit und Gender

10.4 Pflege und gendersensible digitale Technologien

Literatur

Herausgeber- und Autorenverzeichnis

Sachwortverzeichnis

|13|Danksagung

Mein aufrichtiger Dank gilt den Autoren und Autorinnen dieses Buches für die Aufbereitung der Beiträge und die damit verbundenen anregenden Diskussionen. Darüber hinaus möchte ich mich bei Frau Doris K. für ihren unermüdlichen Einsatz beim Korrekturlesen bedanken.

|15|Geleitwort

Bereits in den 1940er-Jahren hat Nikolai Kondratieff die Theorie der langen Wellen entwickelt. Der sechste Zyklus, den er ziemlich treffsicher für unsere Jetzt-Zeit prognostizierte, ist mit Gesundheit verknüpft. Was er kaum voraussehen konnte, war, dass zwar Gesundheit im Fokus steht, es allerdings einen massiven Mangel an Health-Care-Professionals gibt. Diese Schieflage kann unter Bewahrung der Theorie der langen Wellen nur durch Nutzung zeitgemäßer Techniken verknüpft und gelöst werden. Daher hat Michael Klösch – ein exzellenter Pflegewissenschaftler – mit seinen Mitautoren und -autorinnen es geschafft, eine aktuelle pflegewissenschaftliche Herausforderung mit den Methoden der Digitalisierung und eHealth zu verknüpfen.

Lassen Sie mich die Bedeutung der Digitalisierung anhand des Beispiels „Demenz“ illustrieren: Dem demografischen Wandel geschuldet, steigt die Anzahl der Betroffenen kontinuierlich, wobei es zu weitaus mehr Neuerkrankungen als zu Sterbefällen unter den bereits Erkrankten kommt. Betrachtet man diese Entwicklung vor dem Hintergrund des angesprochenen Mangels an Healthcare-Professionals, ist es ein MUSS, neue Lösungen zu erarbeiten, die das Leid, Unter-, Über- und Fehlversorgung abmildern können. Hier spielen AAL-Systeme („ambient assisted living“), Smart-Home- und Smart-Care-Lösungen eine entscheidende Rolle: Viele Patienten und Patientinnen, insbesondere mit körperlichen Einschränkungen, könnten die Aktivitäten des täglichen Lebens selbstständig bewältigen, indem genau solche digitalen Systeme als natürliche Elemente in der ambulanten häuslichen Versorgung integriert werden.

AAL-Lösungen bergen nicht nur ein großes Potenzial zur Verbesserung der individuellen Lebensqualität, sondern vielmehr ein enormes Zukunftspotenzial. Hier sehen wir bereits sehr gute Erfahrungen in asiatischen Ländern, die m. E. insbesondere im DACH-Raum zügig Berücksichtigung finden sollten. Dies würde die Umsetzung beschleunigen, der zögerlichen Akzeptanz oder gar Ablehnung neuer Technik positiv entgegenwirken und auch umsetzbare Antworten auf Fragen des Datenschutzes generieren. Dies alles mit dem Ziel, eine zeitgemäße und würdevolle Versorgung gewährleisten zu können.

In zehn Kapiteln bearbeitet das Team um Michael Klösch ebensolche zeitgemäßen, relevanten und lösungsorientierten Möglichkeiten der Betreuung, Begleitung und Unterstützung und beachtet hier die Prävention, die Kuration, die Rehabilitation und die palliative Versorgung. Die Betrachtung der Lebensspanne und Begleitung von Menschen in ebendiesen Phasen von Erkrankung, Genesung, bis zum Ableben, ist die vornehme Aufgabe unseres Berufs. Ein „Weiter wie bisher“ und ein Schrei nach immer mehr Pflegenden oder Ärzten und Ärztinnen ist der falsche Ansatz. Pflege neu wie auch Versorgung neu zu denken, muss der Maßstab der gesundheitlichen Versorgung der nahen Zukunft sein. Möge dieses Buch dazu beitragen, Verstehen, Verständnis und Umsetzung im versorgerischen Alltag zu gewährleisten.

Salzburg im Frühling 2023

Jürgen Osterbrink

|17|Vorwort

Sehr geehrte Leser und Leserinnen,

den Einstieg in das vorliegende Buch möchte ich gerne an eine persönliche Wahrnehmung knüpfen. Ich kann mich noch an mein erstes Mobiltelefon vor nunmehr über 20 Jahren erinnern: ein ca. 2,5 cm dickes Klapp-Telefon mit integrierter Kamera. Fotos mit diesem Mobiltelefon waren kaum verwertbar, das Guthaben für Textnachrichten und Gespräche wurde monatlich aufgeladen. Der Internetbutton galt als Tabu, Film- und Bildmaterial wurde via Bluetooth durch das Verbinden der jeweiligen Endgeräte gewährleistet und Netzanbieter des Gesprächspartners hatten entscheidend Einfluss auf die Endabrechnung. PCs, Laptops oder Druckgeräte kannte ich lediglich aus dem beruflichen Umfeld meines Vaters, im privaten Setting waren diese kaum vorzufinden.

Doch warum ausgerechnet dieses Beispiel? Stellen Sie die damaligen Rahmenbedingungen den heutigen Möglichkeiten gegenüber, so zeigt sich hier meiner Auffassung nach der digitale Entwicklungsfortschritt innerhalb der vergangenen Jahrzehnte am Beispiel von Informations- und Kommunikationstechnologien mit am deutlichsten. Auch das Pflege- und Gesundheitswesen konnte sich dieser Entwicklung nicht entziehen. Die zunehmende Reduktion papierbasierter Dokumentation, die Möglichkeit der zeit- und ortsungebundenen Kommunikation sowie neue Formen der digitalen Diagnose- und Entscheidungsfindung seien hier beispielhaft genannt.

Als eine der größten Berufsgruppen im Pflege- und Gesundheitswesen wirkt die professionelle Gesundheits- und Krankenpflege entscheidend an der Etablierung digitaler Lösungskonzepte in der Akut- und Langzeitversorgung von Patienten und Patientinnen mit. Damit geht ebenso der Anspruch an ein hohes Verantwortungsbewusstsein einher. Digitalisierung hat den Pflegeprozess nachhaltig geprägt. Abseits der identifizierten Vorteile sollte jedoch stets auf einen kritisch-reflektierenden Umgang mit der Materie geachtet werden. Dies impliziert Pflegende sowohl in ihrer Rolle als Endanwender*innen als auch Vermittler*innen gegenüber Patienten und Patientinnen. Unabhängig davon stellt der hohe Komplexitätsgrad Pflegende vor neue ethische, organisatorische und rechtliche Herausforderungen, in welchen sich oftmals der starke Kontrast zwischen der Effizienzsteigerung von Arbeitsprozessen einerseits und einer adäquaten zwischenmenschlichen Fürsorge andererseits widerspiegelt. An dieser Stelle sei hier folgendes Beispiel angeführt: Ein Roboter ist heutzutage bereits in der Lage, mit betagten Patienten und Patientinnen in Kontakt zu treten, um sich nach deren Anliegen zu erkundigen, und kann diese zumindest teilweise auch ausführen. Und dennoch wird der Dialog auf einer anderen Ebene geführt, wenn man die Qualität der Kommunikation mit jener einer realen Pflegekraft vergleicht. Die Auswirkungen auf das subjektiv wahrgenommene Wohlbefinden betroffener Personen sind in diesem Zusammenhang nicht zu unterschätzen.

Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen sollte daher stets als Unterstützung für in diesem Bereich tätige Personen bzw. zu versorgende Individuen gesehen und keinesfalls als |18|Ersatz für zwischenmenschliche Interaktion anerkannt werden. Für zukünftige Diskussionen sowie die differenzierte Generierung von Argumenten stellt ein gewisses Grundwissen eine essenzielle Voraussetzung dar. Das vorliegende Buch soll hierzu einen Beitrag leisten sowie einen Überblick über die unterschiedlichen Schwerpunkte und ihre Rahmenbedingungen im Kontext der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen geben.

Ich freue mich über Ihr Interesse und wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen!

Linz im Februar 2023

Michael Klösch

[Wir haben im Text binäre (m/w) und genderneutrale Formulierungen mit Gender*Stern gewählt. Von einer Vereinheitlichung haben wir abgesehen, entsprechend dem zurzeit noch offenen Diskurs um genderneutrale und barrierefreie Sprachregelungen. Anm. d. Lek. und Hrsg.].

|19|1  Themenhintergrund und -relevanz

Michael Klösch

In diesem Kapitel werden Hintergrund und Relevanz der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen näher erläutert. Megatrends und damit verbundene Herausforderungen werden aufgezeigt, Ansätze für eine Förderung der Akzeptanz des digitalen Wandels in diesem Sektor beschrieben.

1.1  Megatrends, Herausforderungen und digitale Lösungsansätze

Digitalisierung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich im Pflege- und Gesundheitswesen etabliert und maßgeblich zu Strukturveränderungen der intra- sowie extramuralen pflegerischen Patientenversorgung beigetragen. Aufgrund der wachsenden Präsenz ist Digitalisierung im Allgemeinen als Megatrend zu bezeichnen, zumal die vier zentralen Kriterien, anhand derer Megatrends beschrieben werden – nämlich: Dauer, Ubiquität, Globalität und Komplexität –, als erfüllt angesehen werden können. Digitalisierung blickt auf eine jahrzehntelange Entwicklung zurück, welche ungebrochen anhält und global als essenzielle Strategie zur Lösung von Herausforderungen in diversen Lebens- sowie Arbeitsbereichen (Wohngemeinschaften, Wertewandel, Bildung, Gesundheit, Wirtschaft, Industrie, Medien, Politik etc.) ausgelegt wird. Länderspezifische Unterschiede, die den jeweiligen Entwicklungsstand (z. B. Europa versus Entwicklungsländer) betreffen, sind dabei sekundär. Vielmehr ist die Tatsache zu fokussieren, dass Digitalisierung als Megatrend auch in den kommenden Jahrzehnten weltweit eine zentrale Rolle spielen wird und finanzielle, personenbezogene, strategische sowie kulturelle Ressourcen dahingehend ausgerichtet werden. Die Komplexität von Digitalisierung bewirkt unweigerlich Wandlungsprozesse für Mensch, Tier und Umwelt. In Verbindung mit einem weiteren Megatrend, nämlich dem der Gesundheitsvorsorge, lässt sich eine breite Palette potenzieller Entwicklungs- und Handlungsfelder ableiten. Damit einhergehende Visionen in Form von Innovationsprojekten settingspezifisch auszurichten, um Veränderung zugunsten der Anwender*innen einzuleiten, das steht hierbei anhaltend im Fokus (Faber, 2018; Gamache et al., 2018; Heuer, 2015). Doch was rechtfertigt nun den zunehmenden Einsatz von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen bzw. die Verschränkung beider Megatrends?

|20|

Abbildung 1-1:  Relevanz von Digitalisierung im Gesundheitswesen (Quelle: Eigene Darstellung)

Um die Relevanz von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen (Abb. 1-1) adäquat darlegen zu können, bedarf es der Berücksichtigung unterschiedlicher Perspektiven und daraus resultierender potenzieller Einsatzbereiche. Als Basis ist zunächst der demografische Wandel zu identifizieren, welcher weltweit ein wichtiger Einflussfaktor für staatliche Versorgungsstrategien ist. So steht eine zunehmend alternde (unterstützungs- und pflegebedürftige) Bevölkerungsgruppe einer geringer erwerbstätigen und teilweise kinderlosen Generation gegenüber (Hessel, 2019; Kolb & Weißbach, 2015). Berechnungsmodelle in Deutschland, Österreich und der Schweiz prognostizieren für die Jahre 2030 bis 2050 einen kontinuierlichen Anstieg der Zahl der über 65-jährigen Personen (Bundesamt für Statistik, 2020; Statistik Austria, 2022a; Statistisches Bundesamt, 2021). Aus dieser Entwicklung ergibt sich wiederum ein gesteigerter pflegerisch-medizinischer Versorgungsbedarf, wobei nachteilige Auswirkungen auf die Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen, personalbezogene Rahmenbedingungen sowie die Versorgungsqualität und -sicherheit abzuleiten sind. Darüber hinaus stellt laut World Health Organization der Anstieg nichtübertragbarer chronischer (degenerativer) Gebrechen wie Herz-Kreislauf-, Tumor- und Lungenerkrankungen sowie Diabetes mellitus eine zunehmende Herausforderung für das Pflege- und Gesundheitswesen dar. Der damit einhergehende Mehraufwand meint nicht nur multiprofessionelle komplexe Behandlungsprozesse, sondern ebenso den Anspruch an eine möglichst aktive Integration von Patienten und Patientinnen sowie ihrer Angehörigen in den Versorgungsprozess. Professionen aus dem Pflege- und Gesundheitswesen sehen sich somit auch zunehmend mit dem Ablassen von alten paternalistischen Ansätzen, welche oftmals über gemeinsame Entscheidungsfindungen hinwegsehen, konfrontiert. Die Tatsache, dass die vier zuvor angeführten Erkrankungen in den meisten Fällen auf einen ungesunden Lebensstil oder inadäquate Lebensumstände (z. B. Umweltverschmutzung, Feinstaubbelastung, mangelnde Sicherheit, Krisen, Ungleichheit) zurückzuführen sind, veranschaulicht die Notwendigkeit einer anhaltend partizipativen Versorgung umso mehr. Individuen sollten jedoch bereits vor der Manifestation nichtübertragbarer Krankheiten entsprechende Beratung erfahren, um die persönlichen Ressourcen im Hinblick auf die Bereiche der Gesundheitsförderung und Prä|21|vention zu stärken. Steigende Kosten in der Gesundheitsversorgung, eine geringere Verweildauer im Krankenhaus, die zunehmende Verlagerung von Versorgung in das private Umfeld Betroffener, damit einhergehende Koordinierungsmaßnahmen zwischen den einzelnen Stakeholdern oder Angehörigen, professionsspezifische Generationenwechsel und Pensionierungen, Big Data sowie politikbedingte Umstrukturierungen der Versorgungslandschaft (z. B. Anbindung von Primärversorgungszentren) stellen weitere neue Herausforderungen im Pflege- und Gesundheitswesen dar. In der Folge müssen zur Verfügung stehende personelle, finanzielle, materielle und soziale Ressourcen dahingehend ausgerichtet und Versorgungskonzepte neu gedacht werden, wobei Patienten und Patientinnen stets im Mittelpunkt stehen (Banbury et al., 2018; Fuchs & Weyh, 2013; Gromnica-Ihle & Faubel, 2015; Gualandi et al., 2019; Langabeer et al., 2017; Pastorino et al., 2019; Steinbach, 2018).

Der Einsatz von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen stellt in diesem Zusammenhang eine essenzielle Strategie dar. Internationale Studien über unterschiedliche Settings verweisen auf ein breitgefächertes Anwendungspotenzial, welches sämtliche Ebenen im Versorgungsprozess tangiert. Gesundheits- oder krankheitsbezogene Daten können zeit- und ortsunabhängig abgerufen, verarbeitet oder versendet werden. Die Tragweite dieses Vorteils lässt sich am Beispiel der Implementierung elektronischer Patientenakten erkennen. Diagnosen, Befunde, Medikamentenlisten oder Therapiepläne müssen nicht mehr in papierbasierter Version gesichert und übermittelt werden. Administrative Tätigkeiten für Professionelle und Patienten und Patientinnen reduzieren sich dadurch nachweislich, was wiederum positive Auswirkungen auf die Effizienz von Arbeitsprozessen und vor allem die Versorgungsqualität und -sicherheit hat (z. B. Vermeidung von Doppelmedikation). Zudem birgt Digitalisierung die Chance, Patienten und Patientinnen über den Krankenhausaufenthalt hinweg zu betreuen und so einer Rehospitalisierung aktiv entgegenzuwirken. Dies inkludiert ebenso das Bereitstellen von digital aufbereiteten Edukationsmaterialien, pflegerisch-medizinische Televisiten, assistive Systeme oder Applikationen zur Dokumentation und Interpretation von Vitalparametern sowie subjektiv wahrgenommenen Befindlichkeiten. Somit kann die Fernüberwachung von Patienten und Patientinnen auf eine neue Systemebene angehoben werden und es besteht die Möglichkeit, bedarfsgerechte Versorgungslösungen zu offerieren (Chi & Demiris, 2015; Gillum, 2013; Hossain et al., 2021; Inglis et al., 2015; O’Connor et al., 2016).

Der Einsatz von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen bietet zudem die Perspektive, sozial benachteiligte gesellschaftliche Gruppen aktiv in den Behandlungsprozess zu integrieren, Schnittstellen zur Gesundheitsförderung und Prävention zu vermitteln sowie individuelle Gesundheitsressourcen zu stärken bzw. diesen gegenüber ein aktives Bewusstsein zu schaffen. Anhand von aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, welche in laienverständliche Sprache überführt und mit Text-, Bild- sowie Videomaterialien veranschaulicht werden, zeigt sich das Potenzial der auf das Individuum zugeschnittenen Schulungsmaßnahmen. Die Integration von interaktiven Elementen kann dabei unterstützen, die Akzeptanz und das individuelle Wissens-Outcome von Usern und Userinnen zu erhöhen. Für Länder, die einen hohen Anteil an privat zu finanzierenden Dienstleistungen oder ungleiche Ressourcenverteilung im Pflege- und Gesundheitswesen vorweisen, scheint Digitalisierung somit einen bedeutenden Mehrwert für zu versorgende Patienten und Patientinnen darzustellen (Cahn et al., 2018; Dunn & Hazzard, 2019; Hjelm, 2005; Parker et al., 2018).

Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen ermöglicht es, Tätigkeiten, welche bislang von realen Personen durchgeführt werden mussten, zugunsten der Anwender*innen umzustrukturieren. Beispielsweise unterstützt künstliche Intelligenz im klinischen Alltag die |22|Terminkoordination oder dabei, aus bestehenden Befunden die zu interessierenden Informationen (z. B. Name, Geschlecht, Alter, Diagnosen, Symptome, Therapien) automatisiert zu extrahieren und in spezifische Vorlagen einzupflegen. Die eingesparte Arbeitszeit kann stattdessen in fachspezifische Anliegen der Patienten und Patientinnen, Visitengespräche oder in die Angehörigenbetreuung investiert werden. Darüber hinaus ermöglicht die zunehmende Integration von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen, auf aktuelle gesundheits- und krankheitsrelevante Trends oder Ereignisse zu reagieren. Letzteres wurde gerade durch die Covid-19-Pandemie bestätigt. Digitale Applikationen gewährleisteten die Aufrechterhaltung essenzieller Arbeitsbereiche. Dies bezieht sich nicht nur auf die pflegerisch-medizinische Versorgung am Patientenbett, sondern auch auf das Personalmanagement, die interne und externe Unternehmenskommunikation, die Organisation und adäquate Verteilung systemerhaltender Güter sowie die Test- und Impfstoffverteilung. Gleichermaßen wurden die häusliche Versorgung, Sterbebegleitung und Begräbniskultur, Therapiesitzungen und das Pflegen sozialer Kontakte unter Einsatz der Digitalisierung aufrechterhalten (Bernocchi et al., 2022; Curtis et al., 2018; Dipaola et al., 2021; Hincapié et al., 2020; Oesterhoff et al., 2021).

Aus krankenhauspolitischer Sicht lässt sich der verstärkte Einsatz von digitalen Technologien neben den bereits angeführten Überlegungen mit marketingspezifischen Beweggründen rechtfertigen. Klassische werbebezogene Anhaltspunkte bilden die Versorgungsqualität und -sicherheit, ein auf die Patienten und Patientinnen abgestimmter Personalschlüssel, Kooperationen mit anderen Unternehmen oder Ordensanbindungen. Auch kann durch diverse Innovationen die Aufmerksamkeit potenzieller Patienten und Patientinnen auf das Krankenhaus gelenkt werden. So ist gerade der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen ein hoher Stellenwert beizumessen, da alleine durch das mediale Interesse eine Verknüpfung zu modernem Denken hergestellt wird. Krankenhäuser, die nun die digitale Aufbereitung interner Arbeitsprozesse fördern, könnten dies für Marketingzwecke bewusst heranziehen, um so von der Öffentlichkeit als modern und innovativ wahrgenommen zu werden. Als konkretes Anwendungsbeispiel sei eine Zertifizierung nach dem Electronic Medical Records Adoption Model angeführt. Das Modell weist acht Stufen zur Bestimmung des Digitalisierungsgrades von Krankenhäusern vor, wobei die oberste Stufe ein vollkommen digitales und daraus resultierend papierloses Krankenhaus beschreibt. Der damit einhergehende Mehrwert für zu versorgende Patienten und Patientinnen hinsichtlich der pflegerisch-medizinischen Qualität und Sicherheit kann wiederum öffentlich wirksam in den Vordergrund gestellt werden (Bardach et al., 2013; Deutsche Krankenhausgesellschaft, 2021; Falk, 2017; HIMSS Analytics, 2017).

1.2  Förderungen, Umdenken und Akzeptanz

Bemühungen rund um staatliche Förderungsstrategien in Deutschland, Österreich und der Schweiz veranschaulichen ebenso die hohe Relevanz von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen. Durch Novellierungen gesetzlicher Rahmenbedingungen sollen Krankenkassen, Kliniken, Kuranstalten sowie Pflegeeinrichtungen in die Pflicht genommen werden, Dienstleistungen in einem verstärkten Maße digital anzubieten. Schnittstellen in das private Setting integrieren ebenso Patienten und Patientinnen als zentrale Zielgruppe. Adaptionen der Gesetzestexte führen zu einem gesteigerten Handlungsspielraum für die Implementierung geeigneter Systeme sowie die daraus resultierende digitale Verarbeitung gesundheitsbezogener Daten, wobei dies stets unter Berücksichtigung geltender Datenschutzrichtlinien zu erfolgen hat. Darüber hinaus meinen staatliche Förderungsstrategien die |23|Organisation von Innovation-Hubs oder Future-Labs und das Bereitstellen der dafür notwendigen Arbeitsmaterialien. Dadurch soll ermöglicht werden, unterschiedliche Stakeholdergruppen aus dem Pflege- und Gesundheitswesen miteinander zu vernetzen und einen kontinuierlichen Austausch über Ideen, Handlungsstrategien oder Vorstellungen herbeizuführen, um digitale Innovationsprojekte voranzutreiben. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel werden zum Teil über die jeweiligen Ausschreibungen, Förderungsfonds oder Aufstockungen von Budgets für das Pflege- und Gesundheitswesen bereitgestellt. Auch geht es um den Ausbau digitaler Infrastruktur im Allgemeinen, da diese eine essenzielle Voraussetzung für die erfolgreiche Umsetzung von Projekten darstellt. Neben der Finanzierung technisch-diagnostischer Hilfsmittel wie Labor-, Röntgen- oder MRT-Geräten beziehen sich Förderungen von Einrichtungen im Pflege- und Gesundheitswesen auf die Aufstockung von Computern, Laptops, Tablets, Smartphones sowie W-Lan-Zugängen. Gerade für Regionen abseits der Ballungszentren ergibt sich dadurch die Chance einer nahtlosen Integration in das jeweilige staatliche Pflege- und Gesundheitswesen. In der Folge wird eine adäquate Gesundheitsversorgung der dort lebenden Patienten und Patientinnen gewährleistet, wobei durch Telemedizin- und Telecare-Anwendungen Ortswechsel teilweise überflüssig werden. Staaten wie Australien und die USA konnten hier durch kontinuierliche Förderungen bereits wichtige Erfolge erzielen. In Österreich, Deutschland und der Schweiz besteht nach wie vor Aufholbedarf (Bundesministerium für Gesundheit, 2023a; Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 2023; E-Health Suisse, 2022a, 2022b, 2022c; Krüger-Brand, 2010).

Auch in den Ausbildungseinrichtungen und -krankenhäusern lässt die zunehmende Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen einen Umbruch erkennen: Akkreditierungen neuer Studiengänge werden gefördert, bestehende Curricula unter dem Aspekt der Digitalisierung überarbeitet und Studierenden sowie Absolventen und Absolventinnen weiterführende Bildungsinitiativen (z. B. Big Data) angeboten. Ein wesentliches Ziel stellt hierbei die Förderung von sogenannten Digitalisierungsbeauftragten dar, die in einem multiprofessionellen Team Verantwortung für die Implementierung neuer Lösungen tragen und ein wichtiges Bindeglied zum jeweiligen Qualitäts- sowie Innovationsmanagement darstellen. Die professionelle Gesundheits- und Krankenpflege leistet wertvolle Unterstützungsarbeit durch die Vernetzung von Pflegewissenschaft und -praxis, indem digitale Projektvorhaben von der Bedarfserhebung über die Entwicklung bis hin zur Implementierung begleitet werden. Durch das vorhandene settingspezifische Fachwissen kann der Handlungsbedarf gezielt identifiziert und auf User*innen zugeschnittene Lösungen erarbeitet werden. Im Kontext der Usability (Benutzerfreundlichkeit) und Akzeptanz gegenüber einzelnen Systemen zeigt sich der Verantwortungsgrad professionell Pflegender. Immerhin stellen Individuen mit einem chronischen Schmerzgeschehen andere Ansprüche an digitale Systeme als beispielsweise Personen mit der Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus Typ 2. Der Leistungsumfang eines Systems muss sich demnach an den individuellen Bedürfnissen der Betroffenen orientieren (Mackavey & Cron, 2019; Topaz & Pruinelli, 2017).

Der Digitalisierungstrend im Pflege- und Gesundheitswesen hat jedoch nicht nur im Bildungswesen zu einem Umdenken geführt. So orientiert sich die Industrie gleichermaßen an den neuen Rahmenbedingungen. Die Entwicklung und Implementierung digitaler Systeme wurde längst als gewinnbringender Markt identifiziert. Erfahrungswerte aus anderen Disziplinen können unter den Aspekten von Gesundheit oder Krankheit kritisch reflektiert und in Form geeigneter Applikationen in das Pflege- und Gesundheitswesen überführt werden. Trotz der unterschiedlichen Zielgruppen lassen sich auf den zweiten Blick Produktparallelen zum Finanz-, Automobil-, Flug- und Gaming|24|sektor herstellen (Abb. 1-2). In Zusammenarbeit mit Fachgruppen und Fachleuten aus Informatik, Projekt- und Produktmanagement werden gemeinsame Nenner identifiziert und Lösungen neu gedacht. Inputs aus anderen Disziplinen sind als zentraler Mehrwert auszulegen, zumal diesen oftmals ein anderes Verständnis von Gesundheit und Krankheit zugrunde liegt (Bartoon et al., 2018).

Abbildung 1-2:  Verknüpfungen zum Finanz-, Automobil- und Flugsektor (Quelle: Eigene Darstellung)

In den vergangenen Jahren wurde die Bereitschaft von Patienten und Patientinnen gegenüber der Nutzung von digitalen Applikationen im Pflege- und Gesundheitswesen bereits mehrfach beleuchtet, wobei sich durchaus eine bestehende Akzeptanz feststellen lässt. So wurden E-Health-Anwendungen vonseiten der Patienten und Patientinnen bewusst herangezogen, um die Gesundheitskompetenz und das damit eng verwobene Gesundheits- und Krankheitsmanagement nachhaltig positiv zu beeinflussen. Dazu gehören beispielsweise das Einholen spezifischer Informationen zu Therapieformen, Ernährung, Sport oder Freizeit sowie das systematische Dokumentieren von Vitalparametern im Lebensalltag (Eze et al., 2020; Klösch et al., 2021; Matthias et al., 2020). Eine vom Österreichischen Rundfunk (ORF) durchgeführte Umfrage veranschaulicht, inwieweit Digitalisierung im alltäglichen Leben von Individuen bereits Einzug gefunden hat (Abb. 1-3). Obwohl in dieser Umfrage Verknüpfungen zum Pflege- und Gesundheitswesen nicht thematisiert wurden, könnten sich Befürworter*innen und Initiatoren und Initiatorinnen einer zunehmend digital gestützten Patientenversorgung aufgrund der gewonnenen Erkenntnisse dennoch in ihren Bestrebungen bestätigt fühlen, den digitalen Wandel im Pflege- und Gesundheitswesen zu forcieren. Dabei sollten generationenspezifische Unterschiede in den digitalen Kompetenzen fokussiert werden. Kinder und Jugendliche wachsen heutzutage in einem intensiveren Digitalisierungsumfeld auf als vorangegangene Generationen. Folglich können vonseiten der Entwickler*innen höhere Anforderungen an die Gestaltung von Benutzeroberflächen sowie den Funktionsumfang gestellt werden. Ähnlich verhält es sich mit der Integration neuer Medien (z. B. Instagram® oder Facebook®) im Gesundheits- und Krankheitsmanagement, welche beispielsweise als Plattformen für die Vermittlung gesundheits- oder krankheitsspezifischer Informationen zu verstehen sind.

Aus Gründen der Vollständigkeit muss an dieser Stelle noch angeführt werden, dass die Akzeptanz auf Patientenseite gegenüber dem Heranziehen digitaler Systeme im Pflege- und Gesundheitswesen nachweislich durch die Faktoren Alter, Geschlecht, Bildungsstand sowie sozioökonomische Bedingungen beeinflusst wird (Scott Kruse et al., 2018). Ein stark schwan|25|kender Gesundheitszustand kann bei Personen ebenso nachteilig Einfluss ausüben, wenn beispielsweise die Komplexität einer Anwendung den subjektiv erlebten Nutzen übersteigt und demnach neben der Erkrankung einen weiteren Stressor darstellt (Ebner-Priemer & Bohus, 2008). Studien weisen zudem darauf hin, dass weibliche Personen über 65 Jahre mit einem niedrigen Bildungsniveau und niedrigem finanziellen Einkommen tendenziell geringere Akzeptanzwerte aufgrund mangelnder Technikkenntnisse vorweisen. In der Folge ist von einer Pauschalisierung abzusehen, da z. B. die Länge der Schulungsphase, schriftlich zur Verfügung gestellte Erläuterungen, die Dauer des telefonischen oder E-Mail-basierten Supports, die persönliche Motivation, das jeweilige Setting oder Krankheitsbild sowie die Art der digitalen Anwendung an sich Einfluss auf die angeführten Faktoren nehmen. Umso wichtiger scheint ein differenzierter und (selbst-)kritischer Umgang mit der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen (Arcury et al., 2020; Link & Baumann, 2020; Mitsutake et al., 2016; Paige et al., 2017). Eine nähere themenspezifische Auseinandersetzung im Kontext ethischer Herausforderungen folgt in Kapitel 8.

Abbildung 1-3:  Akzeptanz von Österreichern und Österreicherinnen gegenüber der Digitalisierung (Quelle: ORF, 2019, o. S.)

|27|2  Hintergrund und Zielsetzung des Buches

Michael Klösch

In dem vorliegenden Buch stehen aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Digitalisierungsprojekte und -beispiele aus dem internationalen Pflege- und Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Diese sollen im Kontext der professionellen Gesundheits- und Krankenpflege systematisch aufbereitet und so auf unterschiedlichen Ebenen für die Leser*innen greifbar gemacht werden. Kapitelspezifische Grundlage bildet jeweils ein allgemeiner theoretischer Input, welcher zu konkreten Erfahrungswerten und Beispielen hinführt. Daraus resultierende Erkenntnisse können als forschungsbasierte Erfahrungsberichte, Diskussionsinputs oder Entwicklungsimpulse ausgelegt werden, wobei pflegerisch-medizinischen Aspekten ein hoher Stellenwert beigemessen wurde. Letzteres impliziert, professionelle Pflege und Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen nicht losgelöst voneinander zu betrachten sowie Verknüpfungen zu Patienten und Patientinnen oder anderen Stakeholdergruppen in Versorgungsprozessen herzustellen. In der Folge fließen Exkurse in die Medizin, Diätologie, Physiologie und Psychologie ebenso mit ein.

Die dargelegten Hintergründe spiegeln sich auch im Aufbau des Buches wider. Neben der Themenrelevanz geht es dabei um den Versuch, Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen zu klassifizieren: Welche Einteilung erscheint im Kontext professioneller Pflege sinnvoll? Welche Begriffe sollten Pflegenden geläufig sein? Welche Unterschiede ergeben sich in den jeweiligen Arbeitsbereichen? Wie hängen diese miteinander zusammen? Darauf aufbauend finden sich exemplarisch internationale Erfahrungswerte, Projekte, Konzepte und Beispiele aus unterschiedlichen pflegerisch-medizinischen Settings wieder: Welchen Beitrag kann die professionelle Gesundheits- und Krankenpflege leisten? Inwieweit ergeben sich für Pflegende Gestaltungs- und Handlungsspielräume? Welche Anknüpfungspunkte zeigen sich im Pflegeprozess? Um eine intensivere Auseinandersetzung mit dem zu interessierenden Gegenstandsbereich gewährleisten zu können, wird zusätzlich auf den Change-Prozess und Strategien zur Implementierung neuer digitaler Technologien, die Steigerung der Technikakzeptanz bei Pflegenden, ethische Implikationen sowie Genderaspekte eingegangen: Welche Strategien zur Steigerung der Technikakzeptanz lassen sich studienbasiert identifizieren? Welche ethischen Rahmenbedingungen gilt es zu beachten? Welche Genderaspekte gilt es zu berücksichtigen?

Das vorliegende Buch zielt somit darauf ab, dem Megatrend Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen auf eine differenzierte Art und Weise zu begegnen. Die Inhalte richten sich sowohl an pflegerisch-medizinisches Fachpersonal (akademisierte und diplomierte Pflegekräfte, Pflegefachassistenz oder Pflegeassistenz, Mediziner*innen, Diätologen/Diätologinnen etc.) als auch an Auszubildende (z. B. Bachelor-, Master- oder PhD-Studierende). Der Schwerpunkt bei den angeführten Themen liegt jedoch immer wieder bei der professionellen Gesundheits- und Krankenpflege. In diesem Zusammenhang ergaben sich seitens der Autoren und Autorinnen die nachfolgend angeführten Ziele:

|28|Die Leser*innen erhalten einen Einblick in die Relevanz der Digitalisierung im Kontext von professioneller Pflege.

Ihnen werden mögliche Klassifikationen der unterschiedlichen Teilbereiche der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen dargelegt.

Sie erhalten einen Überblick über die möglichen Einsatzgebiete von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen sowie damit einhergehende internationale Erfahrungswerte.

Leser*innen, insbesondere Auszubildende, erhalten Inputs für potenzielle Forschungs- und Entwicklungsbedarfe.

Ihnen werden Strategien zur Steigerung der Technikakzeptanz von Pflegenden präsentiert.

Ihnen werden ethische Implikationen digitaler Aspekte im Pflege- und Gesundheitswesen veranschaulicht.

Sie erhalten Einblick in den Bereich Change-Management anhand eines pflegespezifischen Beispiels.

Sie erhalten Informationen hinsichtlich von Genderaspekten im Kontext digitaler Systeme im Pflege- und Gesundheitswesen.

Hinsichtlich der methodischen Vorgehensweise ist festzuhalten, dass die dargelegten Erkenntnisse auf Recherchen in Fachdatenbanken, Bibliotheken und dem Internet im Allgemeinen beruhen. Kapitelübergreifende Diskussionsrunden zwischen den Autoren und Autorinnen trugen zur Konsensfindung bei. Bei Fragen oder Anregungen zu den dargelegten Inhalten kontaktieren Sie bitte den Herausgeber des Buches.

|29|3  Klassifikation von Digitalisierung

Michael Klösch

In diesem Kapitel werden zunächst einige bestehende Klassifikationen zur Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen vorgestellt und dann zentrale Kritikpunkte daran erläutert. Basierend auf diesen Ausführungen erfolgt abschließend ein neuer Klassifikationsversuch vonseiten des Autors.

3.1  Ausgewählte Klassifikationsansätze

In den vergangenen Jahren wurde die Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet. Gerade hinsichtlich der Klassifizierung entwickelten sich dabei je nach Kontext (z. B. Definition, Leistungsumfang, Schnittstellen, Zielgruppen, Gesundheit, Krankheit, technische Grundstruktur) unterschiedliche Ansätze für eine Einteilung. Eine allgemeingültige Vereinheitlichung fällt demnach schwer, zumal sich verändernde Rahmenbedingungen im Pflege- und Gesundheitswesen sowie in der Digitalisierung an sich nachteilig darauf einwirken. Dennoch bestehen Klassifikationsansätze, auf welche in dem vorliegenden Kapitel literaturbasiert näher eingegangen wird. Diese sollen die Basis für einen weiteren Klassifikationsversuch im Pflege- und Gesundheitswesen darstellen.

Die World Health Organization veröffentlichte im Jahr 2018 eine Klassifizierung digital gestützter Gesundheitsinterventionen (engl. Classification of Digital Health Interventions), wobei sich die Strukturierung an den jeweiligen Anwendungsbereichen im Pflege- und Gesundheitswesen orientiert. Die unterschiedlichen digitalen Lösungen wurden wiederum vier zentralen Interventionsgruppen zugeordnet. Hierzu zählen Interventionen für Klienten/Klientinnen bzw. Patienten/Patientinnen (1), Interventionen für Gesundheitsdienstleister (2), Interventionen für Gesundheitssystem- oder Ressourcenmanager*innen (3) sowie Interventionen zur Datenverarbeitung (4). Diese vier Hauptgruppen werden in vier bis zehn Subbereiche gegliedert, welche eine konkretere Auseinandersetzung mit dem betrachteten Gegenstand ermöglichen und sich auf digital gestützte Interventionen beziehen (z. B. Telekonsultation oder Datenverwaltung). Die zentrale Zielsetzung der Klassifizierung bezieht sich neben einer Auflistung von bestehenden Anwendungsbereichen resp. Zielgruppen vorrangig auf das Zur-Verfügung-Stellen standardisierter Fachausdrücke. Letzteres begründet die World Health Organization mit der steigenden Forschungsrelevanz im digitalen Sektor, der Durchführung von Bestandsaufnahmen und Analysen, der Entwicklung von Leitfäden oder Handlungsrichtlinien sowie dem Verfassen von Anforderungsprofilen hinsichtlich der bedarfsgerechten Implementierung digitaler Systeme im Pflege- und Gesundheitswesen. Einheitliche Begriffsbestimmungen können darüber hinaus eine Bereicherung für länderübergreifende Diskussionen darstellen, etwa bei Ist-Analysen, der Erfassung von Entwicklungsbedarfen und bei Evaluierungen in digitalen Kontexten. Auch geht es darum, den Dialog zwischen Fachleuten aus der Informatik und Fachkräften aus dem Pflege- und Gesundheitswesen durch das Heranziehen einheitlicher Wordings |30|zu unterstützen. Der modular strukturierte Aufbau des dargelegten Klassifikationssystems ermöglicht eine Vernetzung mit anderen Einteilungen im Kontext Pflege- und Gesundheitswesen, wie z. B. den Health System Challenges oder den 25 Systemkategorien der World Health Organization. Dadurch können potenzielle digitale Lösungsansätze gängigen Herausforderungen im Pflege- und Gesundheitswesen gegenübergestellt und Lösungsstrategien erarbeitet werden (Abb. 3-1) (WHO, 2018).

Abbildung 3-1:  Zusammenfassende Darstellung der WHO-Klassifikation (Quelle: WHO, 2018, o. S.)

Eine weitere Klassifikation von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen wurde von der US Food and Drug Administration durchgeführt, wobei sich die Einteilung, gemäß den Kernkompetenzen, auf die in Medizinprodukten herangezogenen Technologien bezieht. Zu diesen zählen Software als Medizinprodukt (1), künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen als Medizinprodukt (2), Cybersicherheit (3), gerätebezogene Softwarefunktionen einschließlich mobiler Anwendungen (4), Gesundheits-IT (5), Datensysteme von Medizinprodukten (6), Interoperabilität von Medizinprodukten (7), Telemedizin (8) und drahtlose medizinische Geräte (9). Jeder Technologie weist die US Food and Drug Administration konkrete Definitionen und gesetzliche, strukturelle sowie anwendungsbezogene Rahmenbedingungen zu, um in Form eines finalen Produktes im Pflege- und Gesundheitswesen bestehen zu können. In der Folge fungiert die Klassifikation auch als eine Art Arbeitstool, welches potenzielle Entwickler*innen bereits im Entstehungsprozess durch die Vermittlung zentraler Informationen unterstützen soll. Zugleich erfüllt die US Food and Drug Administration den Anspruch, Innovationsförderung zur Qualitätssicherung sowie die Kontrolle hinsichtlich der Sicherheit und der Wirksamkeit von Medizinprodukten in den Mittelpunkt des Interesses zu stellen (US Food and Drug Administration, 2018a, 2018b).

Das National Institute for Health and Care Excellence (NICE) in England entwarf Evidenzstandards für die Implementierung digitaler Gesundheitstechnologien im Pflege- und Gesundheitswesen. Hierbei werden Kriterien zur einheitlichen Bewertung von Funktionen digitaler Lösungsansätze fokussiert, um eine adäquate Nutzen-Risiko-Analyse für User*innen durchführen zu können. Aus den dargelegten Evidenzstandards resultiert wiederum eine Klassifikation von Digitalisierung, welche sich in drei Ebenen gliedert (Tab. 3-1). Für die Zuordnung von digitalen Technologien (DGT) der höchsten Stufe (Ebene 3b) ist die Erfüllung sämtlicher Kriterien der vorangehenden Ebenen erforderlich (NICE, 2019a, 2019b).

|31|Tabelle 3-1:  Zusammenfassende Darstellung der NICE-Klassifikation (Quellen: NICE, 2019a, o. S.; NICE, 2019b, o. S.)

Ebene

Beschreibung

Funktion(en)

Beispiele

Ebene 1

DGT mit potenziellen Systemvorteilen, jedoch ohne direkten Nutzen für Patienten/Patientinnen.

Systemservices

elektronische Patientenakte

elektronische Verschreibungssysteme (Medikamente)

Ebene 2

DGT, die Patienten/Patientinnen dabei unterstützen, Krankheiten oder den Stellenwert eines gesunden Lebensstils zu verstehen. Das Messen von Patienten-Outcomes ist unwahrscheinlich.

Bereitstellen von Information und Kommunikation, einfaches Monitoring

Fitnessarmbänder

elektronische Tagebücher

Applikationen für Videokonsultationen zwischen Patient*in und Professionellen

Ebene 3a

DGT zur Vorbeugung und Behandlung von Krankheiten. Ein messbarer Anwendungsnutzen für Patienten/Patientinnen ist möglich (aber nicht garantiert).

Selbstmanagement

DGT zur Nikotinentwöhnung, Gewichtsreduktion oder Förderung der Schlafhygiene

DGT zum Erfassen und Versenden von gesundheitsbezogenen Daten

Ebene 3b

DGT, die für Diagnostik und Therapie herangezogen werden und einen Einfluss auf das Gesundheits- und Krankheitsmanagement (Monitoring, Berechnungen etc.) nehmen. Digital Health Technologies dieser Ebene weisen einen messbaren Nutzen für Patienten/Patientinnen vor und können den Qualitätsansprüchen eines Medizinproduktes entsprechen.

Diagnostik, Therapie, aktives Monitoring, Berechnungen

DGT zur Behandlung von Erkrankungen oder als Support-Tool für pflegerisch-medizinisches Fachpersonal

DGT, die mit Implantaten oder Sensoren im Körper verbunden sind, um Daten/Parameter zu generieren und auszuwerten

DGT zur Fernüberwachung

DGT als Frühwarnsysteme im Bereich der Pflege

|32|Weitere Klassifikationsansätze knüpfen Digitalisierung u. a. an gesetzliche Rahmenbedingungen oder Zweckbestimmungen, wobei vonseiten der Autoren und Autorinnen von einer näheren Auseinandersetzung abgesehen wurde. Begründet wird dies mit der Tatsache, dass Klassifikationen von Digitalisierung im engeren Sinne nicht im Mittelpunkt des Interesses standen. Dennoch sei festgehalten, dass auch diese Bereiche legitime Ansätze darstellen, um Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen zu klassifizieren. In der Folge ist ebenso der jeweilige Kontext zu berücksichtigen, welcher die Basis für unterschiedliche Abstraktionsniveaus bildet. Hierbei lassen sich jedoch setting- bzw. berufsgruppenspezifische Schwerpunkte identifizieren. Beispielsweise weist die Klassifikation von Digitalisierung anhand von Gesetzestextanalysen einen juristischen Schwerpunkt auf, welcher vorrangig für in diesem Fach sachkundige Individuen von Interesse ist. Einteilungen unter Berücksichtigung potenzieller Zweckbestimmungen könnten vergleichsweise einen größeren Personenkreis ansprechen, da hier weniger Fachspezifika vorgewiesen werden (Herrmann et al., 2018; Krüger-Brand, 2019).

3.2  Kritik an bestehenden Klassifikationssystemen

Kritik an der Klassifizierung der World Health Organization bezieht sich mitunter auf die Tatsache, dass neueste Technologien, wie künstliche Intelligenz und daraus resultierende Anwendungen, nur unzureichend Aufmerksamkeit erfahren und die Einteilung somit an Aktualität einbüßt. Zudem verfolgt die Aufbereitung von Klassifikationssystemen im Allgemeinen einen bestimmten Zweck, welcher gegebenenfalls auf andere Bereiche nicht übertragbar ist und somit die Reichweite limitiert (Güttner, 2014). Ähnlich verhält es sich bei der NICE-Klassifikation, die vor allem das britische Pflege- und Gesundheitswesen fokussiert. In der Folge könnte eine Übertragung auf andere Länder zu Abweichungen führen. Darüber hinaus bezieht sich die Einteilung auf digitale Technologien, welche durch das Pflege- und Gesundheitswesen in Auftrag gegeben werden. Der Anwendungsbereich für Privatpersonen, die beispielsweise digitale Technologien eigenständig über App-Stores erwerben, fällt daher geringer aus. Zudem beeinflusst auch hier der digitale Wandel die Aktualität (NICE, 2019a, 2019b). Demgegenüber stehen Bestrebungen der World Health Organization und von NICE, durch internationale Aufrufe im Pflege- und Gesundheitswesen Feedback von Fachkräften zu generieren. Dieses wird systematisch aufbereitet, hinsichtlich möglicher Anknüpfungspunkte reflektiert und bei Bedarf in die bestehende Klassifikation eingearbeitet (NICE, 2019a, 2019b; WHO, 2018). Bei der Klassifikation der US Food and Drug Administration ist limitierend anzumerken, dass den neun möglichen Technologien im Kontext Medizinprodukt keine konkreten Anwendungsfälle zugeordnet werden und folglich eine ganzheitliche Betrachtung schwerfällt (US Food and Drug Administration, 2018a, 2018b).

Aufgrund der dargelegten Limitationen stellt sich die Frage, inwieweit die Entwicklung einer einheitlichen, international gültigen Klassifizierung von Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen überhaupt möglich ist. Immerhin stellen Zielgruppen (Versorgungseinrichtung versus Privatperson), die bestehende Infrastruktur, Anwendungsbereiche, gesetzliche Rahmenbedingungen oder Entwicklungsförderungen in diesem Zusammenhang wichtige länderspezifische Einflussfaktoren dar. Die Sinnhaftigkeit, Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen zu klassifizieren, sollte dadurch jedoch nicht angezweifelt werden. Wie aus bereits international gültigen Einteilungen anderer Bereiche (z. B. ICD-10®, NANDA®, NIC®, NOC®, POP®, epa®, LEP®) hervorgeht, fördern Klassifizierungen die Verankerung eines einheitlichen Wordings, die Vergleichbarkeit von Forschungsergebnissen sowie den Austausch hinsichtlich bestehender Erfahrungswerte oder Entwicklungsstrategien. Dass sich die Bestrebungen, Di|33|gitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen zu klassifizieren, erst in den vergangenen Jahren zunehmend etabliert haben, ist u. a. auf die vergleichsweise junge Entwicklungsgeschichte zurückzuführen. So findet beispielsweise das Internet erst seit 1969 Anwendung, wobei hier zu Beginn die Vernetzung einzelner Server unterschiedlicher Universitäten fokussiert wurde. Limitationen sollten somit als Chance verstanden werden, durch eine kritisch reflektierte Herangehensweise ein differenzierteres Bild gegenüber möglichen Einteilungen zu erhalten sowie, basierend auf neuen Entwicklungs- und Forschungserkenntnissen, die Klassifizierung der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen voranzutreiben. Dies impliziert ebenso die oben angeführten Überlegungen zu setting- bzw. berufsgruppenspezifischen Unterschieden. Flexibles Handeln kann in diesem Zusammenhang somit als probates Mittel der Wahl angesehen werden, indem Klassifikationsansätze nicht nur multiprofessionell, sondern auch länderübergreifend gedacht werden. Gegebenenfalls kann es von Vorteil sein, in einem ersten Schritt länderspezifische Klassifikationen anzudenken, welche auf internationaler Ebene gemeinsame Nenner vorweisen. Letzteres meint z. B. Problemstellungen, Zielgruppen, Anwendungsbereiche oder heranzuziehende technische Lösungen. In der Folge kann der internationale Austausch zwischen Stakeholdern vorangetrieben und so die Definition notwendiger Rahmenbedingungen für eine Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen gewährleistet werden (Bühler et al., 2019).

3.3  Klassifikationsversuch

Basierend auf den bisherigen Überlegungen folgt nun ein eigener Klassifikationsversuch vonseiten des Autors (Tab. 3-2). Diese Klassifikation stützt sich auf die zentralen internationalen wissenschaftsbasierten Herausforderungen im Pflege- und Gesundheitswesen (s. Kap. 1), wobei hierfür ebenso die HSC-Klassifikation der World Health Organization (WHO, 2018) herangezogen werden kann. Die dargelegten Herausforderungen werden dem Megatrend Digitalisierung gegenübergestellt. Digitalisierung versteht sich in diesem Zusammenhang als essenzieller Lösungsansatz. Dieser wird jedoch auf die jeweiligen Handlungsfelder reduziert. Darunter fallen die nachfolgend aufgeführten Anwendungsbereiche:

Telecare

Telemedizin

Elektronische Gesundheitsakte

Gesundheitsportale

Patientenzentrierte Applikationen im Kontext Selbstversorgung

Mobile Health

Online-Apotheken

Systeme im Kontext Organisations- und Wissensmanagement

Internetmedizin

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

E-Learning.

An dieser Stelle sei hervorgehoben, dass die dargelegten Anwendungsbereiche aus dem Blickwinkel der Informations- und Kommunikationstechnologien betrachtet werden. Im Kontext des Pflege- und Gesundheitswesens kann somit auch von E-Health-Systemen gesprochen werden. Allen Teilbereichen gemeinsam ist das vordergründige Ziel, durch die Implementierung von E-Health-Systemen Dienstleistungen im Pflege- und Gesundheitswesen effizienter zu gestalten. Darunter fallen vor allem die Bereiche der Information, Kommunikation, Interaktion, Transaktion und Integration (Tab. 3-3).

|34|Zentrale Herausforderungen im Pflege- und Gesundheitswesen. Demografischer Wandel, Anstieg nichtübertragbarer chronischer (degenerativer) Erkrankungen, Anspruch partizipativer Entscheidungsfindungen, multiprofessionelle komplexe Behandlungsprozesse, Patient*innen-Personal-Schlüssel, Qualitätssicherung, Finanzierung von Gesundheitsdienstleistungen, Fokussierung der Gesundheitsförderung und Prävention, geringere Verweildauer im Krankenhaus, Versorgungsverlagerung in das häusliche Setting, Umstrukturierungen der Versorgungslandschaft, Big Data, Integration neuer Behandlungsmethoden und Technologien.

Anmerkung: Als Grundlage kann ebenso die HSC-Klassifizierung der World Health Organization (2018) herangezogen werden. Zentrale Herausforderungen beziehen sich hier auf die acht Bereiche Information, Verfügbarkeit, Qualität, Akzeptanz, Nutzer*innenanwendung, Effizienz, Kosten sowie Verantwortung.

Tabelle 3-2:  Klassifikationsversuch zur Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen (Quelle: Eigene Darstellung)

Anwendungsbereich

Beschreibung/Funktion

Zielgruppen

Beispiele

Telecare

Erfassung von gesundheits- und umgebungsbezogenen Daten für die (pflegerische) Versorgung von Individuen im Alter oder mit körperlichen/geistigen Beeinträchtigungen. Im Mittelpunkt steht das häusliche Setting.

Patient*innen, Pflegende, Ärzt*innen, medizinische Assistenzberufe (tlw. indirekt)

Sturzsensoren, Notrufhilfen, Monitoring, GPS-Empfänger, Bewegungsmelder und Freisprechanlagen

Telemedizin

Heranziehen von Informations- und Kommunikationstechnologien für die ortsunabhängige medizinische Diagnostik und Therapie.

Patient*innen, Ärzt*innen, Pflegende, medizinische Assistenzberufe (tlw. indirekt)

Telemonitoring, -therapie, -konsultation, -ausbildung, -konzil und -konferenz

Elektronische Gesundheitsakte

Verwaltung von gesundheits- und krankheitsbezogenen Daten, welche zeit- und ortsunabhängig abgerufen werden können.

Patient*innen, Pflegende, (Zahn-)Ärzt*innen, Krankenanstalten, stationäre und mobile Pflegeeinrichtungen, Apotheken

Portal für Patient*innen, e-Befund, e-Medikation, Grüner Pass (im Kontext Covid-19)

Gesundheitsportale

Öffentlich zugängliche Websites mit gesundheits- oder krankheitsspezifischen Informationen für die Bevölkerung.

Gesamtbevölkerung

DeutschesGesundheitsPortal®, Öffentliche Gesundheitsportal Österreich®, NetDoktor®, myHEALTH®

Patient*innenzentrierte Applikationen im Kontext Selbstversorgung

Digitale Anwendungen, welche ein eigen- und selbstständiges Leben im privaten Umfeld ermöglichen sowie der Gesundheitsförderung und Krankheitsprävention dienlich sind.

Patient*innen, Professionen im Gesundheitswesen (tlw. indirekt)

AAL, Fitnessarmbänder, Tracking-Systeme, Mobile Health-Anwendungen

|35|Online-Apotheken

Online-Plattform für die Ersteigerung von Arzneimitteln, welche einen Versand nach sich zieht. Die Beratung erfolgt bei Bedarf telefonisch, per Video oder im Live-Chat. Oftmals steht hinter der Online-Plattform eine „reale“ Apotheke.

Apotheken, Pharmafirmen, Lieferunternehmen, Patient*innen, Gesundheitsdienstanbieter

DocMorris®, Apotal®, Shop Apotheke®

Systeme im Kontext Organisations- und Wissensmanagement

Anwendungen im intra- oder extramuralen Setting, welche das Organisations- und Wissensmanagement von Gesundheitsdienstanbietern strukturiert, vernetzt und sichert.

Krankenhäuser, Langzeitpflegeeinrichtungen, Reha- und Primärversorgungszentren, private Gesundheitsdienstanbieter, Patient*innen (indirekt)

Big Data, CDS, Verwaltungssoftware, elektronische Fieberkurve

Mobile Health (mHealth)

Einsatz mobiler Endgeräte im Kontext gesundheits- oder krankheitsspezifischer Kommunikation für die Bereiche der Gesundheitsförderung, Prävention, Diagnostik und Therapie.

Patient*innen, Professionen im Gesundheitswesen (tlw. indirekt)

Gesundheits- oder krankheitsspezifische Kommunikation mittels Smartphone, Laptop, Tablet, Netbook oder anderen mobilen Endgeräten.

Internetmedizin

Einsatz des Internets und damit kompatible Anwendungen für die Prävention, Diagnostik und Therapie von Krankheiten. Die Gesundheitsförderung wird in diesem Zusammenhang ebenso berücksichtigt.

Patient*innen, Professionen im Gesundheitswesen (tlw. indirekt)

Internetbasierte Beratungsleistungen, Apps im Kontext unterschiedlicher Erkrankungen bzw. Themenfelder (z.B. Diabetes, Schwangerschaft, Wundmanagement), Informationssysteme (Zusammenfassende Darstellung von Fachwissen)

Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen

Maschinelles Lernen stellt einen Teilbereich der KI dar. KI meint die Automatisierung intelligenten Verhaltens. Maschinen nähern sich dadurch menschenähnlichen Verhaltensweisen, welche einer bestimmten Logik folgen.

Patient*innen, Professionen im Gesundheitswesen, Gesundheitsdienstanbieter

Sprachbefehle, Verkehrssteuerung, Informationsfilter, digitale Bilderkennung

E-Learning

Eigenständiges und selbstbestimmtes Lernen unter Einsatz von elektronischen oder digitalen Medien. Die Verinnerlichung von Inhalten kann zeit- und ortsunabhängig erfolgen.

Patient*innen, (Auszubildende) Professionen im Gesundheitswesen

Moodle®, Go1®, Absorb Online LMS®, Blackboard®, Docebo LMS®

Der Übersicht halber werden den Anwendungsbereichen Hintergründe hinsichtlich Beschreibung und Funktion, Zielgruppe sowie Beispiel zugeordnet. Wie bereits ausgeführt wurde, gilt es, die stetig wechselnden Rahmenbedingungen im Pflege- und Gesundheitswesen sowie den flexiblen Einsatz von E-Health-Systemen zu berücksichtigen. So können auf dem Markt Systeme identifiziert werden, die |36|Kernelemente aus unterschiedlichen Anwendungsbereichen vorweisen. Das bezieht sich beispielsweise auf interaktive Patientenplattformen, die Überschneidungen zwischen den Bereichen Telecare, Telemedizin und E-Learning aufweisen. In der Folge kann es durchaus sein, dass ebenso Abweichungen im Zusammenhang mit den jeweiligen Zielgruppen bestehen. Um einen reflektierten Umgang zu ermöglichen, sei folglich auch auf Definitionen und Einteilungen anderer Organisationen sowie Autoren und Autorinnen verwiesen, welche in Verbindung mit den hier dargelegten Informationen zur Generierung eines besseren Grundverständnisses dienlich sein sollen. So können die dargelegten Anwendungsbereiche beispielsweise um Klassifikationsbausteine der World Health Organization (WHO, 2018) oder des National Institute for Health and Care Excellence (NICE, 2019a, 2019b) erweitert werden. Die Übergänge sind jedoch oftmals fließend und werden vom jeweiligen Betrachtungswinkel sowie dem Anwendungsbereich beeinflusst.

Tabelle 3-3:  Strukturelemente im Kontext E-Health-Systeme (Quelle: Eigene Darstellung)

Strukturelement

Beschreibung

Information

Bereitstellen von gesundheits- oder krankheitsspezifischen Informationen

Kommunikation

Austausch von gesundheits- oder krankheitsspezifischen Informationen

Interaktion

Kommunikation zwischen Patienten und Patientinnen und Gesundheitsfachpersonal

Transaktion

Datenaustausch zwischen Patienten und Patientinnen und Gesundheitsfachpersonal

Integration

Langfristige Sicherung relevanter Daten für die Gesundheitsversorgung

|37|4  Digitalisierung versus E-Health

Michael Klösch

In diesem Kapitel werden die beiden Begriffe „Digitalisierung“ und „E-Health“ gegenübergestellt und im Interesse einer differenzierteren Betrachtungsweise konkretisiert.

4.1  Der Begriff „Digitalisierung“

Bei der Auseinandersetzung mit der Digitalisierung im Pflege- und Gesundheitswesen anhand der bestehenden Fachliteratur fällt auf, dass die Begriffe „Digitalisierung“ und „E-Health“ nicht immer klar unterschieden werden. Im Kontext einer differenzierten Betrachtungsweise kann die Konkretisierung jedoch dabei unterstützen, den interessierenden Gegenstandsbereich vollumfänglich zu erfassen und Outcomes entsprechend zu spezifizieren. Für den Begriff „Digitalisierung“ im Allgemeinen existiert keine einheitliche Definition. Der Terminus kann somit als Sammelbegriff verstanden werden, welcher unterschiedliche Digitalisierungsphänomene zusammenfasst, wobei der Kontext entsprechend mit unterschiedlichen Komponenten (z. B. Setting, Zielgruppe, Problemfeld, geografische Lage etc.) zu adaptieren ist. Im engeren Sinne ist unter Digitalisierung jedoch das Überführen von analogen Daten in digitale Formate zu verstehen, um die jeweiligen Inhalte im Anschluss daran adäquat verarbeiten zu können. Dies impliziert vorrangig die beiden Bereiche Information und Kommunikation. Eng mit der angeführten Erläuterung scheinen der digitale Wandel in der Gesellschaft, die digitale Transformation der Wirtschaft sowie die Digital Disruption verwoben zu sein (Kubek et al., 2020; Lender, 2019).

Auch wenn die angeführten Teilbereiche oftmals unter dem Begriff der Digitalisierung zusammengefasst werden, so lassen sich bei näherer Betrachtung dennoch Unterschiede und damit einhergehende Verknüpfungen identifizieren. Wie sich aus der Formulierung „digitaler Wandel“ bereits ableiten lässt, werden in diesem Feld die Auswirkungen von Digitalisierung auf diverse Lebensbereiche von Menschen, wie z. B. Kultur, Bildung, Unterhaltung, Gesundheit oder Religion, fokussiert. Als klassische Anwendungsbereiche können das Internet, künstliche Intelligenz, Big Data sowie die virtuelle Realität genannt werden. Der digitale Wandel bestimmt demnach zunehmend gängige Prozesse und nimmt somit einen zentralen Einfluss auf das berufliche und private Leben von Individuen. Das ist auch der Fall, wenn lediglich eine indirekte Nutzung (z. B. die Inanspruchnahme von selbstfahrenden Transportmitteln) erfolgt. Als Ausgangspunkt für den digitalen Wandel wird oftmals der technikbasierte Umbruch zwischen dem 20. und 21. Jahrhundert angeführt (Lochmahr et al., 2019).

Der Begriff der digitalen Transformation erscheint vor allem im Kontext Wirtschaft und meint den zielgerichteten Einsatz von digitalen sowie technischen Ressourcen, um die Wertschöpfungsprozesse effizienter zu gestalten. Hierbei ist zwischen den drei Ebenen Prozess, Produkt und Geschäftsmodell zu differenzieren (Tab. 4-1). Diese werden als Handlungsspielräume betrachtet und unterscheiden sich vor allem durch ihre Reichweite, Veränderung herbeizu|38|führen. Die Digitalisierung von Prozessen zielt darauf ab, gängige Geschäftsabläufe in einem Unternehmen durch Softwareanwendungen zu automatisieren. Die Digitalisierung von Produkten erweitert wiederum den Nutzen für Endanwender*innen, wohingegen die Digitalisierung von Geschäftsmodellen Verkaufswege und die Erschließung neuer Einnahmequellen aus unternehmerischer Perspektive fokussiert (Appelfeller & Feldmann, 2018; Pfannstiel et al., 2016). Die Bereitschaft zur Technologienutzung, Wertschöpfung im Allgemeinen sowie strukturelle und finanzielle Rahmenbedingungen nehmen auf den Erfolg von digitaler Transformation entscheidend Einfluss. Ist-Analysen, eine differenzierte Betrachtungsweise der bestehenden Stärken und Schwächen des Unternehmens, die Berücksichtigung sowie der nachhaltige Nutzen von Ressourcen, Aufgeschlossenheit gegenüber neuen Strategien und deren schrittweisen Implementierung können demnach als essenzielle Herangehensweisen angesehen werden, um ein Unternehmen entsprechend umzustrukturieren und digitale Transformation zu fördern (Pfannstiel et al., 2016).

Tabelle 4-1:  Ebenen der digitalen Transformation (Quelle: Sassenrath, 2018, o. S.)

Ebene

Beschreibung

Beispiele

Prozess

Bestehende Prozesslandschaft wird durch Softwarelösungen strukturiert, automatisiert und effizienter gestaltet

ERP- oder SAP-Systeme

Produkt

Steigender Nutzen von Produkten seitens der Anwender*innen durch Digitalisierung

PC-Software, Apps, E-Books, Portale, Stellenbörsen etc.

Geschäftsmodell

Digitalisierung von Verkaufswegen; Generierung neuer Einnahmequellen durch Digitalisierung (vom Produkt zu Serviceleistungen)

Online-Werbung, Airbnb, div. Vermittlungsdienste, App-Stores

Digital Disruption meint das Ersetzen von bestehenden Produkten oder Dienstleistungen durch digitale Lösungsstrategien. In der Folge kommt es zu Umstrukturierungen, welche sowohl für Unternehmen als auch für (potenzielle) Kunden und Kundinnen Vorteile mit sich bringen sollen. Hier lassen sich Verknüpfungen zum digitalen Wandel und zur digitalen Transformation erkennen. Beispiele beziehen sich u. a. auf das zunehmende Ablösen von DVDs oder CDs durch diverse Streaming-Dienste, die Verlagerung vom Reisebüro hin zum Online-Buchen, Smartphones als Festnetzersatz oder die Übernahme einzelner Aufgabenbereiche durch Roboter (z. B. Botendienste) (Wilen-Daugenti, 2018).

Allen Teilbereichen gemeinsam ist die Tatsache, dass Digitalisierung für Anwender*innen und deren Umfeld Veränderungsprozesse herbeiführt. Somit spiegelt sich Digitalisierung in sämtlichen Lebensbereichen unterschiedlicher Ebenen (z. B. Rundfunk, Verkehrsmittel, soziale und körperliche Bedürfnisse etc.) wider. Als weitere Anwendungsfälle sind die personalisierte Werbung, künstliche Intelligenz in der Automobilindustrie, 3-D-Drucker, Smart Homes oder Kryptowährungen anzuführen. Der hohe Stellenwert von Digitalisierung im alltäglichen Leben von Individuen zeigte sich zuletzt vor allem während der Covid-19-Pandemie: orts- und zeitungebundene Kommunikation (Fernunterricht, Videokonferenzen etc.), das bargeldlose Bezahlen von Dienstleistungen (Online-Banking), der breitgefächerte Austausch und das Teilen von Informationen (soziale Medien, Online-Portale, Hotlines etc.) sowie die Fokussierung auf den Online-Handel (Click and Collect, Online-Plattformen und Online-Journale, virtuelle Lokalbesuche etc.) rückten seitens der Politik und Wissenschaft vermehrt in den Mittelpunkt des Interesses. Der |39|zunehmende Einsatz von digitalen Entscheidungshilfen, Monitoring, telebasierter Aufklärung, von Online-Fort- und Weiterbildungen, Videokonferenzen für Abstimmungen sowie Team-Building-Maßnahmen oder die Möglichkeit, sich telefonisch krankzumelden, wurden als probate Mittel der Wahl angesehen. Die damit einhergehende Reduktion bürokratischer Aufwände könnte auch nachhaltig positive Auswirkungen auf die bestehende Prozesslandschaft nehmen und zudem das Angebot an digital gestützten Alternativen fördern (Bellmann et al., 2021; Dürrschmidt & Kupferschmidt, 2020). Beispielhaft sei hier u. a. auch auf die Inanspruchnahme von digitalen Trauerfeiern und Bestattungen eines österreichischen Bestattungsunternehmens unter Covid-19-Bedingungen verwiesen. Durch die damals bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie die damit einhergehenden Restriktionen für Trauerfeiern und Bestattungen (maximal fünf Personen, Fernbleiben von Risikogruppen, Ausfallen der Kommunion, Einhalten von Abständen etc.) wurden Begräbnisse zum einen verschlüsselt über digitale Technologien übertragen (mit Zugangscode) und zum anderen auf externen Datenträgern für den Versand gesichert. Dadurch wurde gewährleistet, dass die Trauergemeinde zeit- und ortsunabhängig an der Beisetzung teilnehmen konnte (Klösch et al., 2020).

4.2  Der Begriff „E-Health“

E-Health, auch Electronic Health genannt, versteht sich als Sammelbegriff und meint sämtliche digitalen Technologien, welche Dienstleistungen im Pflege- und Gesundheitswesen effizienter gestalten sollen. Dies impliziert die Bereiche der Gesundheitsförderung und Prävention, Sozialhilfe, Diagnostik, Therapie, das Entlassungsmanagement, die Überwachung von Vitalparametern (im häuslichen Setting) sowie verwaltungsspezifische Abläufe. Grundlage hierfür stellen Informations- und Kommunikationstechnologien dar. Hervorzuheben ist, dass der Begriff E-Health erst im Zuge des Übergangs vom 20. in das 21. Jahrhundert anhand der oben angeführten Bereiche definiert wurde. Zuvor bezog sich der Terminus ausschließlich auf die Bemühungen, standardisierte Versorgungsprozesse durch den Einsatz digitaler Ressourcen zu unterstützen. Andere Neuerungen, wie z. B. der Telemedizin-Bereich, fanden zunächst keinen Einzug. Dem technischen Fortschritt geschuldet kam es jedoch zunehmend zu Verknüpfungen zwischen bereits bekannten und neuen Anwendungsgebieten. Entsprechend können dem Begriff E-Health auch die Bereiche Telecare, Telemedizin, elektronische Gesundheitsakte, Gesundheitsportale, patientenzentrierte Applikationen, Online-Apotheken, Systeme im Kontext von Organisations- und Wissensmanagement, Internetmedizin, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen sowie E-Learning zugeordnet werden. Verknüpfungen zwischen den angeführten Teilgebieten lassen sich u. a. anhand intra- und extramuraler Pflegeprozesse abbilden. Der Aufnahmeprozess in Versorgungseinrichtungen, damit einhergehende Diagnoseprozedere, Interventionen und Evaluierungen werden heutzutage durch E-Health-Anwendungen unterstützt. Bestehende Schnittstellen zwischen den einzelnen Komponenten des Pflegeprozesses verdeutlichen wiederum die Komplexität, zumal die Bedürfnisse anderer Professionen ebenso berücksichtigt werden müssen. Eine klare Abgrenzung fällt teilweise schwer und sollte bei Bedarf, ähnlich wie bei dem Begriff Digitalisierung, durch einzelne Komponenten bewusst konkretisiert werden (Andelfinger & Hänisch, 2016; Duhr et al., 2021; Shaw et al., 2017; Steinhäuser, 2021; Ting et al., 2020).

Die Zielsetzungen der Integration von E-Health-Anwendungen im Pflege- und Gesundheitswesen können aus der Perspektive von Patienten und Patientinnen wie auch der Leistungserbringer*innen oder Kostenträger betrachtet werden. Für Patienten und Patientinnen stellt der E-Health-Bereich beispielsweise |40|eine zentrale Informationsquelle dar, um sich über bestehende Gesundheitstrends, Erkrankungen oder Risiken Wissen anzueignen. Darüber hinaus bieten E-Health-Anwendungen das Potenzial eines orts- und zeitunabhängigen Austausches mit pflegerisch-medizinischem Fachpersonal. Der daraus resultierende Mehrwert kann nachweislich positive Auswirkungen auf die subjektiv wahrgenommene Lebensqualität nehmen. Die Möglichkeit der Verlaufsdokumentation von Vitalparametern sowie die entscheidungsunterstützende Analyse oder das Verfassen von Tagebüchern fördern wiederum die partizipative Entscheidungsfindung, die Gesundheitskompetenz sowie die Autonomie der Patienten und Patientinnen. Auch können Zeit-, Aufwands- und Kostenersparnis als Zielsetzungen angesehen werden, wenn Untersuchungen vor Ort oder das Vervielfältigen bzw. Übermitteln von personenbezogenen Unterlagen durch entsprechende Applikationen obsolet erscheinen. Das Vermeiden von Doppelmedikation oder inkompatiblen Arzneimittelverabreichungen durch dafür vorgesehene Alarmsysteme fördert zudem die Behandlungsqualität und -sicherheit. Für die Leistungserbringer im Pflege- und Gesundheitswesen besteht die wesentliche Zielsetzung von E-Health-Systemen darin, Entscheidungs- und Therapieprozesse sowie den hausinternen oder externen Austausch zu unterstützen. Die Möglichkeit des wissenschaftlichen Austausches, die Analyse von systematisch erfassten Daten sowie deren anonymisierte Auswertung gehen auch aus dieser Perspektive mit einer Zeit-, Aufwands- und Kostenersparnis einher. Die Bindung von Kunden und Kundinnen, die Erschließung neuer Geschäftszweige, eine Steigerung der Compliance und des Imagegewinns sprechen ebenso für die Integration von E-Health-Anwendungen. Kostenträger zielen durch die Integration u. a. auf eine gesteigerte Transparenz von Dienstleistungen, die effiziente Nutzung von gesundheits- und krankheitsbezogenen Daten, Kosteneinsparungen, Imagegewinne sowie die Aufrechterhaltung der Wettbewerbsfähigkeit ab (Fadahunsi et al., 2019; Haase et al., 2020; Koivunen & Saranto, 2018; Rouleau et al., 2017).

4.3  E-Health-Strategien in der DACH-Region

Unter Berücksichtigung der im ersten Kapitel dargelegten Herausforderungen im Pflege- und Gesundheitswesen sowie der in diesem Kapitel angeführten Hintergrundinformationen ist die Politik in der DACH-Region bemüht, E-Health-Strategien in Zusammenarbeit mit Experten und Expertinnen systematisch aufzubereiten und entsprechend umzusetzen. Die adäquate Gesundheits- und Krankheitsversorgung von Individuen steht hierbei im Mittelpunkt. Zudem werden die Erweiterung von Gesundheitsförderung und Prävention, die Integration von neuen Versorgungskonzepten, der Austausch von Daten sowie die Aufhebung von Sektorengrenzen fokussiert. Demgegenüber steht jedoch der Anspruch, Kosteneinsparungen vorzunehmen, ohne dass diese mit einem Image- oder Behandlungsverlust einhergehen. Die jeweiligen Strategien zur Förderung von E-Health-Anwendungen im Pflege- und Gesundheitswesen werden über die offiziellen Websites der Ministerien bzw. Organisationsorgane publiziert (Bundesministerium für Gesundheit, 2023a, 2023b; Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 2023; E-Health Network, 2023).

Österreich fokussiert u. a. die Etablierung der telefonischen Gesundheitsberatung, die elektronische Gesundheitsakte (ELGA®) sowie den elektronischen Impfpass, welcher vor allem im Kontext der Covid-19-Pandemie an Bedeutung gewann. Darüber hinaus werden der hohe Stellenwert von international gültigen Nomenklaturen und Standardisierungen (SNOMED CT®, IHE®, HL7®), der zentrale Nutzen von E-Health-Anwendungen im Allgemeinen sowie notwendige Rahmenbedingungen (Datenschutz und -sicherheit) für einen effizienten und ethisch-moralisch, aber auch rechtlich korrekten Um|41|gang betont. Zudem beziehen sich Bemühungen auf die Bereitstellung von Infrastruktur, die vermehrte Integration von Monitoring im häuslichen Setting, Anwendungen zur klinischen Entscheidungsfindung oder die Reduktion von Zugangsbarrieren im Zusammenhang mit Gesundheitsinformationsnetzwerken (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz, 2023). Parallelen lassen sich in Deutschland identifizieren. Die Gründung bzw. Teilnahme an diversen Diskussionsplattformen (z. B. DiGA, Gesellschaft für Telematik, Health Innovation Hub) soll die Etablierung von E-Health-Anwendungen fördern (Bundesministerium für Gesundheit, 2023a). In der Schweiz verantwortet E-Health Suisse® als Kompetenz- und Koordinationsstelle von Bund und Kantonen seit 2017 die Integration von E-Health-Anwendungen im Gesundheitswesen, wobei für die Gesundheitsversorgung nach wie vor der jeweilige Kanton zuständig ist. Die Tätigkeitsfelder von E-Health Suisse® lassen sich in die Bereiche Zertifizierung (z. B. Konzeption, Zur-Verfügung-Stellen von Testumgebungen etc.), Information (z. B. Beratung und Begleitung von Patienten und Patientinnen sowie Kantonen) und Koordination (z. B. grenzüberschreitende Projekte) unterteilen. Darüber hinaus war das Koordinationsorgan ebenso an der Erarbeitung der sogenannten „Strategie E-Health Schweiz 2.0“ beteiligt. Auch hier ergeben sich im Vergleich mit Österreich und Deutschland Parallelen. Als Beispiele können die Einführung des elektronischen Patientendossiers sowie die digitale Vernetzung aller Stakeholder im schweizerischen Pflege- und Gesundheitswesen angeführt werden (E-Health Suisse, 2021a, 2021b, 2021c).

Unabhängig davon sei auf das Netzwerk für elektronische Gesundheitsdienste, im Englischen E-Health Network genannt, verwiesen. Dem Netzwerk wohnen sämtliche EU-Mitgliedsstaaten bei, um zweimal pro Jahr grenzüberschreitende E-Health-Strategien vorzustellen. Konkrete Zielsetzungen beziehen sich auf die E-Health-basierte Optimierung von gesundheits- oder krankheitsbezogenen Dienstleistungen im Pflege- und Gesundheitswesen, die Steigerung von Qualität, Sicherheit und Vertrauen sowie die Beseitigung von Barrieren in der pflegerischen und medizinischen Versorgung. Daraus resultierende Programmpunkte orientieren sich an einer Umsetzungszeitspanne von drei bis vier Jahren, werden demnach laufend adaptiert und nehmen u. a. auf die Bereiche Datenschutz, Interoperabilität, Standardisierung, Wissensaustausch, Integration in den Versorgungsprozess sowie Sicherung von Versorgungsqualität und -sicherheit Bezug. Die Verwirklichung durch die Mitgliedsstaaten erfolgt auf freiwilliger Basis. Pro Durchlaufperiode werden dem Netzwerk stetig wechselnde Gremien vorgelagert, welche eine organisatorische Funktion übernehmen (E-Health Network, 2023).

4.4  Gegenüberstellung von Digitalisierung und E-Health

Sowohl Digitalisierung als auch E-Health sind als Sammelbegriffe zu verstehen, die bestimmte Digitalisierungsphänomene beschreiben. Die einzelnen Teilbereiche lassen sich nicht immer trennscharf voneinander abgrenzen, was einerseits dem technischen Fortschritt geschuldet ist, andererseits aber auch zur Folge haben kann, dass von einer detaillierteren Analyse und Darstellung einzelner zu behandelnder Gegenstandsbereiche abgesehen wird. Eine bewusst angestrebte Vereinfachung des Sachverhaltes kann eine Konkretisierung somit überflüssig erscheinen lassen. Digitalisierung an sich muss jedoch keine Anknüpfungspunkte zum Pflege- und Gesundheitswesen vorweisen, während der E-Health-Bereich die Komponenten Gesundheit, Krankheit und Therapie mit entsprechenden Schnittstellen zu anderen gesundheits- oder krankheitsspezifischen Schwerpunkten fokussiert. Wird eine losgelöste Betrachtung zwischen den beiden Bereichen Digitalisierung und E-Health angestrebt, so |42|kann Ersterer als Fundament für diverse digitale Anwendungen im Pflege- und Gesundheitswesen angesehen werden. Das Überführen von analogen in digitale Formate sowie der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien stehen demnach im Mittelpunkt des Interesses. Ob es sich hierbei nun um einen Blutdruckwert oder beispielsweise einen beliebigen Messwert aus der Automobilindustrie handelt, hat zunächst keine Bedeutung.

In Verbindung mit dem jeweiligen Kontext können somit auch Klassifizierungen von Digitalisierung bzw. E-Health-Systemen im Pflege- und Gesundheitswesen dabei unterstützen, Begriffsbestimmungen zu konkretisieren. Demnach sollten im Zuge von Veröffentlichungen in einem ersten Schritt die zentralen Eckpunkte wie z. B. Zielgruppe, Funktionalität der Anwendung, Rahmenbedingungen für den alltäglichen Gebrauch oder das Kosten-Nutzen-Verhältnis eruiert werden. Basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen folgt in einem nächsten Schritt die Zuordnung zu einem bestimmten Teilbereich. Hierbei ist auf die Funktionalität zu achten, da gegebenenfalls Schnittstellen zu anderen Teilbereichen bestehen (z. B. Verbindungen zwischen Telecare, Gesundheitsportalen und Online-Apotheken). Abschließend sei auf ein selbstkritisches Beispiel betreffend des im British Journal of Nursing veröffentlichten Artikels zum Thema E-Health-Anwendungen im Kontext der chronischen Stoffwechselerkrankung Diabetes mellitus Typ 2 von Klösch und Von Reibnitz (2020) verwiesen. In diesem Beitrag wurde das Wording „E-Health-Systeme“ herangezogen und Gleichnamiges auch als zentraler Suchbegriff identifiziert. Erfolgt jedoch eine retrospektive Betrachtung der dargelegten Erkenntnisse (unter Berücksichtigung von Ein- und Ausschlusskriterien sowie den daraus resultierenden Studienergebnissen) so ist anzumerken, dass ein Großteil der Anwendungen, welche in dem Artikel beschrieben wurden, den E-Health-Bereichen Telemedizin und patientenzentrierte Systeme zugeordnet werden kann. Daraus lässt sich ableiten, dass nach der durchgeführten Literaturrecherche mit dem zentralen Fokus auf dem Terminus „E-Health-Systeme“ eine nähere Auseinandersetzung mit der Struktur der jeweilig beschriebenen Anwendung hätte erfolgen müssen. In der Folge hätten relevante Treffer heruntergebrochen und konkreter dargestellt werden können. Zugleich zeigt sich jedoch, dass bei Primärquellen vereinzelt ebenso fehlende Differenzierungen erfolgten. Der daraus resultierende Kreislauf könnte wiederum nachteilige Auswirkungen auf die Differenzierung zwischen den einzelnen Teilbereichen sowie den Begriffen Digitalisierung und E-Health-Systeme im Allgemeinen nehmen (Duhr et al., 2021; Fadahunsi et al., 2019; Koivunen & Saranto, 2018; Shaw et al., 2017; Steinhäuser, 2021; Ting et al., 2020).