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Endlich erzählt mal jemand, wie das wirklich so ist, mit der Liebe und dem Sex im Leben eines ganz normalen Mädchens. Marie Sommer plaudert mit viel Humor und Selbstironie über ihre eigene sexuelle Entwicklung und ihre Erfahrungen mit Männern und den dazugehörigen Enttäuschungen und Hochgefühlen. Dabei offenbart sie, was bei weiblichen Wesen wirklich im Kopf, im Herzen und in tieferen Regionen vorgeht. Vom ersten Kuss über das erste Mal bis hin zum hemmungslosen Supersex berichtet die Autorin von ihren Erlebnissen mit dem anderen Geschlecht. Dabei kommt sie auf 26 Männer, die ihre Liebes- und Sexbiografie mitgestaltet haben. Dafür ist sie ihnen sehr dankbar, denn mit jeder Herz- und Bettgeschichte, auch wenn sie schmerzlich oder albern war, hat sie sich selbst besser kennengelernt. Ein Buch zum Mitkichern (Frauen) und Staunen (Männer). Das freche Männer-Tagebuch eines unverschämten Mädels mit viel Herz!
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Seitenzahl: 438
Marie Sommer
Für meine kleine Schwester. Genieß das Leben und die Liebe und den ganzen Männerschlamassel!
Einleitung
Bin ich eigentlich noch zu retten, dass ich ernsthaft über mein ganz persönliches Sex- und Herzleben schreiben will? Alle Welt wird lesen können, was in meinem Kopf, meinem Herzen und vor allem zwischen meinen Beinen vorgeht. Bei dem Gedanken daran bekomme ich hektische rote Flecken im Gesicht, und es flattert panisch in der Magengrube. Schämt sich das »Dirty Girl« etwa? Ja, volle Lotte!
Doch genau das ist der Punkt, warum ich dieses Buch schreibe: Lange genug haben wir uns geschämt! Und lange genug wurde Sex völlig verzerrt und jenseits jeglicher Realität entweder als kitschige Rosamunde-Pilcher-Kleinmädchen-Weichzeichner-Romantik oder als beklopptes Hardcore-Porno-Männer-Hirngespinst dargestellt. Wie soll man da als Frau den Überblick behalten und wissen, was gut für einen selbst ist?
Bin ich verklemmt, weil ich mir nicht willenlos und fremdbestimmt schon als 15-Jährige bei Gangbang-Partys von hässlichen und ekelhaften Macho-Sabber-Loser-Typen alle vorhandenen Körperöffnungen entjungfern lassen habe? Muss ich dann Angst haben, nicht geliebt zu werden, weil es doch von mir erwartet wird, denn bei YouPorn & Co. machen es doch alle so und keiner stellt sich dabei so an wie ich? Neiiin, ganz bestimmt nicht! Und genauso wenig muss sich eine Frau als »Scheiß-Bitch« fühlen, nur weil sie sich in Sachen Sex genauso machomäßig all das nimmt, was sie braucht und befriedigt, wie es die Typen um sie herum schon seit Jahrtausenden völlig selbstverständlich tun.
Sex ist etwas Wunderschönes, tief Bewegendes, manchmal eine Vollkatastrophe, sehr oft einfach nur urkomisch und absolut nichts zum Schämen. Mit jedem Mal Sex lernen wir uns selbst ein bisschen besser kennen, mal entfernen wir uns dabei von uns selbst, mal bringt uns der Sex wieder ein kleines Stückchen näher an unser Innerstes heran.
Deshalb möchte ich als »Dirty Girl« mit liebevollem und nachsichtigem Blick auf meine eigene Entwicklung in Sachen Liebe und Sex und vor allem mit viel Humor beschreiben und zeigen, wie es wirklich ist. Scheiß doch der Hund drauf, dann bekomme ich eben rote Ohren, weil der eine oder andere meine Bett-Geschichten kennt. Aber es ist schon lange überfällig, dass Sex so beschrieben wird, wie er eben ist: Dazu gehören gute und schlechte Erfahrungen, das langsame Herantasten an eigene Grenzen und ihr Überschreiten, absurde Abenteuer, überflüssige Techtelmechtel, hemmungsloses schmutziges pures Ficken, weltverändernder Supersex, wunderschöner Kuschelsex voller Gefühl und Liebe, und, na klar, viel Herzschmerz. Denn Gefühl und Lust sind immer untrennbar miteinander verbunden, mal mehr, mal weniger. Bei uns Mädchen ist es eben so: Herz und Hose gehören zusammen, ob wir wollen oder nicht. Und mal werden wir gnadenlos verarscht von einem Scheißtypen, ein anderes Mal sind wir selbst das gewissenlose Arschloch und lügen und betrügen, dass sich die Balken biegen.
Und ja, noch so ein Sexbuch ist das. Aber ein echt gutes! Eins vorneweg, in diesem Buch wird es keine spektakulären, noch nie dagewesenen, expliziten Beschreibungen perversester Sexpraktiken geben. Damit kann ich nicht dienen. Aber wer ähnlich oft wie ich staunt, welch spannende und zuweilen urkomische Abenteuer man auf dem Weg vom ersten Kuss über das verängstigende erste Mal bis hin zum hemmungslosen Supersex erlebt, und wie sehr man sich dabei selbst und seine Ansichten, Meinungen, Gefühle und Einstellungen verändert, dem seien viel Spaß und wunderbare Unterhaltung gewünscht. Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd über jede Leserin (und natürlich auch jeden Leser), die sich in den Geschichten wiederfindet, über jedes »Jaaa genau, so ging’s mir auch!«, über jedes Mitleiden, aber vor allem über jedes Mitlachen. Allen selbsternannten Moralaposteln wünsche ich eine gepflegte Schnappatmung.
Alle nachfolgenden Geschichten sind echt. Echt erlebt, echt durchgemacht. Zum Schutz der »Protagonisten« tragen diese statt Namen nur Nummern, und auch in der Beschreibung von Umständen, Ort und Zeit halte ich mich dezent zurück.
Von ganzem Herzen ganz viel Spaß wünscht das »Dirty Girl«
PS: Ich trage diesen Namen mit viel Fassung, Humor und Selbstironie. Er klingt aber auch einfach so herrlich verrucht!
PPS: Nach der Lösung des Treue-Liebe-Lust-Alltag-Sex-Problems suche ich noch immer. Ich glaube, es gibt keine Lösung. Liebe und Sex sind immer irgendwie und irgendwann Drama. Und vielleicht müssen wir das einfach akzeptieren? Ich kann nur sagen, dass Til Schweiger in seinem Keinohrhasen-Film in der Szene, in der er Nora Tschirner seine Auffassung von Liebe erklärt, verdammt recht hat. Sorg dafür, dass du selber glücklich wirst, und mach niemanden anderen dafür verantwortlich.
Diese Schmuckstücke mit den zerbrochenen Puzzleteilen, die erst dann ein Ganzes bilden, wenn man sie nebeneinanderhält, und die bei Pärchen sehr beliebt sind, sind völliger Bullshit. Denn man muss sich selbst als Ganzes begreifen. Es gibt niemanden, der einen vervollkommnet oder vervollständigt. Die Aufgabe muss man schon schön brav selbst erledigen. Fakt ist, je glücklicher man mit sich selbst ist, desto besser wird die Beziehung, desto besser wird der Sex, desto besser wird die Liebe.
Dennoch: Wer die ultimative Formel für Forever-love-and-passion-all-life-long findet, bitte melden! Ich bestell sie dann im Internet.
Die 1. Geschichte aus meinem Bett und meinem Herzen
Mit vier Jahren hatte ich meinen ersten Orgasmus. Ich wusste natürlich nicht, dass es sich dabei um einen Orgasmus handelte. Ich entdeckte das Ganze zufällig, es war im Kindergarten beim Mittagsschlaf. Ein anderes Mädchen, das während des mittäglich verordneten Schlummers neben mir lag, hatte ihre kleine Hand in ihrem Höschen und rubbelte irgendwie darin herum. Dabei lüpfte sie ihre Decke und ließ mich zugucken. »Guck mal, mach du auch mal, das ist schön!«, forderte sie mich auf. Die erziehenden Mittagsschlafaufpasserinnen schienen von alldem nichts mitbekommen zu haben. Ich probierte die Höschenrubbelei also nun auch aus und machte dabei eine wunderbare Entdeckung: Es ist ein unglaublich intensives und abgefahrenes Gefühl, wenn man sich da unten anfasst und ein bisschen rumschrubbelt.
Ich war ganz fasziniert davon, dass das Gefühl immer intensiver wurde und plötzlich in einem süßen Zucken seinen Höhepunkt fand. Es fühlte sich so an, als schössen auf einmal eine Million Zuckerkörner durch meinen Körper. Jede Pore, innen und außen, war für diesen einen Moment in der Lage, den süßen Zucker zu schmecken. Ganz besonders viel Zucker verteilte sich in der Region zwischen meinen Beinen. Bis heute hat sich an diesem wunderbaren Gefühl nichts geändert. Seit dieser Entdeckung war ich süchtig danach. Ich wusste nicht, was ich da tat, ich wusste nur, dass es sich verdammt cool anfühlt. Und ich tat es immer und immer und immer wieder. Meistens vorm Einschlafen, denn nachdem sich dieser wunderbare unsichtbare Zucker in meinem Körper verteilt hatte, konnte ich prima schlummern.
Von Orgasmus und Selbstbefriedigung hörte ich erst viele Jahre später etwas. Wie konnte es anders sein, es klärte mich tatsächlich eine Jugendzeitschrift auf. In der Rubrik »Unter uns« stellten Jugendliche peinliche Fragen. Ein Mädchen schrieb darin über das gleiche heimliche Phänomen, dem auch ich mich nun schon eine ganze Weile voller Vergnügen widmete. Da standen sie dann, die Schlagwörter »Selbstbefriedigung« und »Orgasmus«. Und ich wusste auf einmal: Hey, das ist ja genau das, was du da immer machst!
Ein echtes Aha-Erlebnis. Da war ich so um die neun Jahre alt. Ich war sehr beruhigt, als ich erfuhr, dass ich offensichtlich nicht die Einzige war, die solche Handlungen vollführte und solche Gefühle dabei empfand. Denn bis ich auf diesem Wege über mein Tun aufgeklärt wurde, machte ich mir schon so meine Gedanken, denn irgendwie wusste ich, dass es »schmutzig« war, was ich da tat. Ich hatte auch ein bisschen Angst, dass ich nicht normal wäre. Instinktiv wusste ich, dass ich es heimlich tun musste. Obwohl niemals jemand zu mir gesagt hat: »Pfui, da unten fasst man sich nicht an!«, durfte das niemand erfahren. Ich wäre im Boden versunken vor Scham, hätte mich jemand dabei entdeckt!
Ein interessantes Phänomen. Warum ist das so? Warum weiß man als kleines Mädchen instinktiv, dass man besser nicht in aller Öffentlichkeit unter seinem Röckchen herumfummeln sollte? Biologie? Gene? Obwohl ich wahre Freude an mir selbst hatte, so hatte ich gleichzeitig sehr stark ausgeprägte Schamgefühle. Der größte Horror war für mich, dass mich einer nackig sehen könnte.
Ich hatte also meinen Spaß daran, mir immer neue Dinge zu überlegen, mit denen ich mich verlustieren konnte, und probierte allerhand aus. So musste unter anderem ein kleiner roter Hüpfball herhalten, ich probierte den Wasserstrahl der Dusche und war beim Anblick jeder noch so kleinen sexuellen Darstellung höchst erregt. Ich geilte mich sogar an einem Kinderbuch auf, in dem es eine Illustration von einem kleinen Jungen gab, der nackig in einem See schwamm. Man sah seinen kleinen Po. Das fand ich echt scharf! Ich fragte mich noch bis vor Kurzem, war ich normal? Doch dann erzählte mir eine Freundin, dass auch sie sich als Kind an ihrem großen Plüschhasen verging und auf ihm herumjuckelte. Gott sei Dank, ich war nicht das einzige frühreife sexsüchtige kleine Früchtchen! Bitte nicht falsch verstehen, meine kindliche Lust und mein Interesse an dem, was erwachsene Leute Sex nennen, bedeutete natürlich in keinster Art und Weise, dass ich Sex haben wollte. Das war noch so weit weg. Es war die pure Neugier und ein langsames, und ich denke, normales, Herantasten an eine Welt, die ganz klar erst mit dem Teenageralter real werden darf.
Wurde in der ersten Klasse über so etwas geredet, bekam ich hochrote Ohren. Es war eine völlige innere Zerrissenheit: Einerseits konnte ich nicht genug darüber erfahren, andererseits konnte ich den ersten Aufklärungsunterricht in der zweiten Klasse kaum ertragen, so peinlich war mir das alles. Auch als ich entdeckte, dass in unserem Erste-Klasse-Lesebuch, der Fibel, eine Geschichte mit einer sogenannten Uschi vorkam, hatte ich panische Angst vor dem Tag, an dem diese Geschichte im Unterricht drankam. Das dumme Gekicher wegen dem augenscheinlichen Reim und die blöden Sprüche, die erstaunlicherweise schon Siebenjährige von sich geben können, waren einfach zu viel für mich.
Sehr genau erinnere ich mich daran, wie ich erfuhr, was »ficken« eigentlich bedeutet. Ich war sechs Jahre alt, hatte also schon zwei Jahre Masturbationserfahrung, ohne davon zu wissen, und ging mit einer Schulfreundin nach Hause. Diese Freundin gehörte zu den besonders frechen Mädchen aus der Klasse, mit extrem großer Klappe, die oft von Jungs geärgert wurden. Für mich interessierte sich nie ein Junge, ich war eben die doofe unscheinbare stille Streberin mit den kurzen Haaren. Das Mädchen alberte herum und fragte mich herausfordernd, ob ich denn wüsste, was »ficken« bedeutet. Ich war ganz verlegen, denn ich hatte dieses böse Wort natürlich schon öfter gehört. Aber was es bedeutete, wusste ich wirklich nicht. Und so antwortete ich selbstbewusst: »Na, wenn Mann und Frau sich küssen!« Das Mädchen prustete los, lachte sich halb schlapp und klärte mich dann auf: »Mann, bist du doof! Ficken ist, wenn der Mann seinen Puller in die Muschi von der Frau steckt!«
Wums. Stille. Ach du Schreck. Das waren vielleicht News! Ich war völlig schockiert, nicht nur von der rein inhaltlichen Tatsache, auch davon, dass sie es wagte, diese Worte einfach so auszusprechen. Denn für mich waren die beschreibenden Worte der primären Geschlechtsorgane absolute Tabus. Ich ließ mir nichts anmerken, denn das coole Mädchen durfte von meiner peinlichen Unwissenheit natürlich nichts wissen. Innerlich war ich jedoch bis ins Mark erschüttert und dachte nur: Oh mein Gott, das geht?!
Heute weiß ich, ja, es geht. Und wie. Es macht, wenn richtig praktiziert, ordentlich Spaß. Und auch darüber zu reden, ist längst nicht mehr peinlich. Die Mädels von Sex and the City zelebrieren es genauso, wie ich es mit meinen Freundinnen tue. Jungs, nehmt euch in Acht, wenn ihr wüsstet, über was wir reden! Wir reden und lachen völlig ungeniert über Praktiken, Erfahrungen, Kuss- und Liebesqualitäten sowie Schwanzlängen unserer derzeitigen Bettgesellen. Dabei sind wir ganz schrecklich indiskret. So weiß ich zum Beispiel vom sexuellen Fauxpas eines One-Night-Stands einer lieben Freundin. Welcher Frau klappt beim Kopulieren nicht die Kinnlade runter, wenn der Kommentar fällt: »Boah, hast du ’ne geile Muschi!«?
Aaahhh!!! Richtig: Dirty Talk ist eine Gratwanderung, will gelernt sein und sollte unbedingt zum Typen passen. Dieser glich eher einem etwas moppeligen Albino-Erdmännchen, dem seine Porno-Fantasien durchgingen. Regel: Das, was du im Porno siehst, lieber Mann, ist nicht annähernd, aber auch nicht der Hauch einer annähernden Annäherung, Realität.
Ich blicke nun auf 15 Jahre Sex- und Liebeskarriere zurück, und logo, die ist noch lange nicht beendet. Ich beobachte immer wieder, wie sich die Dinge ändern. Oder auch nicht. Ich mache trotz schmerzlichster Erfahrungen immer wieder die gleichen dämlichen Fehler und stürze mich bei vollstem Bewusstsein immer wieder gerne selbst in die größten Liebeskatastrophen. Ich habe verletzt und wurde verletzt. Ich war armes Liebesopfer, ich war Arschloch. Ich habe betrogen und wurde betrogen. Ich hatte tollen Sex, ich hatte spooky Grusel-Sex, ich hatte weltverändernden Sex, ich hatte Nullachtfünfzehn-Sex, ich hatte bekifften Sex, ich hatte betrunkenen Sex, ich hatte lustigen Sex, ich hatte romantischen Sex, ich hatte versauten Sex. Mit mir selbst und mit anderen.
Mittlerweile bin ich gelassener geworden und habe einfach Sex, ohne mich, wie im Teenager-Alter, allzu sehr darüber verrückt zu machen, ob ich schön bin und dem Typen auch gefalle. Darüber bin ich echt froh. Ich kann jetzt »Nein« sagen und aussichtsloses Rumgefummel auch mal charmant, oder wenn der Typ kacke ist, auch eiskalt abbrechen, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Ich habe Varianten ausprobiert, die ich früher nie für möglich gehalten hätte.
Ich bin aber auch abgestumpft. Früher waren kleine Bildchen aus dem Beate-Uhse-Katalog das Nonplusultra, der Gipfel an verfügbarer Pornographie und so wahnsinnig erregend. Oder Emanuelle-Filme, Samstagnacht heimlich auf VOX geguckt. Wunderbar. Heute ein Klick auf YouPorn.com und alles, aber auch alles kann man sich angucken. Als ich YouPorn entdeckte, war ich ganz aus dem Häuschen, ein schier unendlicher Quell an sexuell inspirierendem und erregendem Bewegtbildmaterial! Großartig! Ich guckte mir stundenlang alle erdenklichen Filmchen an und masturbierte bis zur Erschöpfung. So viel auch zum ermüdenden Thema »Frauen mögen keine Pornos«. Und heute? Alles völlig langweilig. Alles schon zigmal gesehen. Macht mich einfach nicht mehr an. Das erschreckt mich selbst. Was macht mich denn dann überhaupt noch an, wenn noch nicht mal die krassesten Hardcore-Streifen ein Fitzelchen Erregung erzeugen? Geht es den Männern genauso? Brauchen sie deshalb immer neue Kicks? Immer neue Frauen? Immer neue Filme? Immer neue Abenteuer?
Trotzdem und zum Glück gibt es immer noch viel Nicht-Entdecktes, Nicht-Ausprobiertes und eine ganze Menge verrückter Fantasien in meinem Kopf. So stehen zum Beispiel noch einige unerfüllte erotische Träumchen auf meiner sexuellen To-do-Liste, zum Beispiel der berühmte Lesbensex, Sex mit einem Mann und einer Frau, Sex mit zwei Männern, Gruppensex, ach und was weiß ich nicht alles. Es bleibt also spannend!
Die 2. Geschichte aus meinem Bett und meinem Herzen
Meine allererste Erfahrung in Sachen Sex mutet an wie aus einem Klischee-Teenie-Filmchen: Es geschah während einer Jugendfreizeit, ich war 15 und mitten in der Pubertät. Ich fühlte mich bereits furchtbar erwachsen und reif, nur die vielen Pickel in meinem Gesicht entzauberten diesen Eindruck. Pickel sind das wohl Frustrierendste und Überflüssigste der Welt, ganz besonders für ein von sich selbst und der Welt völlig verunsichertes Teenager-Mädchen. Es war mein erster Urlaub ohne Familie. Selten empfand ich so viel Freiheit. Ich nahm, kulturell engagiert, wie ich damals war, an einem dreiwöchigen Austausch mit griechischen Jugendlichen teil. Was passiert, wenn dreißig Jugendliche im Alter zwischen 14 und zwanzig Jahren aufeinandertreffen, ist klar. Es geht selbstverständlich nicht nur um Kulturaustausch.
So checkte ich das Angebot an männlichen Wesen sofort ab, als die griechische Truppe ihre Koffer am Flughafen durch die Halle zog. Anfangs war ich enttäuscht, so richtig dolle gefiel mir auf Anhieb keiner. Doch wie auch spätere Erfahrungen in Sachen zwischenmenschlicher Anziehungskraft immer wieder belegten: Je intensiver ein gemeinsames Erlebnis, desto größer die Chance, sich in daran Teilhabende zu verlieben. Das ist sogar wissenschaftlich bestätigt, mit dem sogenannten Brückenexperiment.
Natürlich hatten wir im Rahmen der deutsch-griechischen Freundschaft viel zu unternehmen, etliche kulturelle und touristische Programmpunkte bestimmten den Tagesablauf. Doch mein eigentliches Interesse galt den viel spannenderen Dingen, die diesen Austausch zu einem einmaligen Erlebnis machten: Ich entdeckte das Flirten – und hatte zum ersten Mal in meinem Leben darin auch praktischen Erfolg! Schon während der ersten Tage kristallisierte sich heraus, dass zwei griechische Jungs mein näheres Interesse weckten. Wobei mich keiner von den beiden so richtig überzeugen konnte. Immer wieder checkte ich die Jungs ab und wog Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Interessierten sich »meine Auserwählten« mehr für andere Mädchen aus unserer Gruppe als für mich, wurde ich schrecklich eifersüchtig. Ein Gefühl, auf das ich nur zu gern verzichten würde, auch heute noch. Eifersucht ist mindestens genauso überflüssig und frustrierend wie Pickel.
Eines der beiden Zielobjekte machte dann schließlich das Rennen. Meine wunderbare Nummer eins. Wir fingen an, vorsichtig miteinander zu flirten, mal hier ein Lächeln, mal da ein Lächeln, sich ein bisschen necken, nur um nichts anderes als die Aufmerksamkeit des anderen zu erregen. Flirten à la Teenager eben. Er hatte schon sehr männliche Züge, einen männlichen Körper, eine tiefe Stimme und halt Haare nicht nur auf dem Kopf. Jeder Blick des anderen erzeugte dieses unglaubliche Schmetterlingsgefühl im Bauch, jede zufällige Berührung ließ einen vor Aufregung fast platzen. Irgendwann nahm er meine Hand, malte mit einem Filzstift kleine Herzchen darauf und schrieb in krakeliger Schrift »I like you«. So romantisch! Und so kitschig! Und so schön! Ich konnte mein Glück kaum fassen, ich war vielleicht verliebt, und genau dieser interessierte sich doch auch tatsächlich für mich kleines Pickelkarnickel!
Und dann endlich der Moment. Dieser eine zauberhafte wunderbare Moment: der erste Kuss. Irgendwie schafften wir es, uns von der Gruppe abzuseilen und zogen uns in eine gemütliche ruhige Sofa-Ecke zurück. Wir taten beide natürlich völlig gleichgültig und unterhielten uns total lässig und cool. Innerlich war ich unerfahrenes und verliebtes Huhn aber entsetzlich aufgewühlt und aufgeregt. Wir saßen nebeneinander. In mir diese innerliche Spannung, die einen fast zerreißt, wenn man mit einem potenziellen Kusskandidaten zusammen ist. Und dann war das ja auch noch mein allererster Kusskandidat überhaupt!
Also: Langsam vorbeugen, soll ich den Anfang machen, soll ich unbeteiligt tun, soll ich weggucken, soll ich ihn angucken, oh Gott, was ist, wenn er nicht gut küssen kann, rieche ich gut, hoffentlich nimmt er meinen Kopf in seine Hände so wie im Film und so weiter und so fort. Noch heute gehen mir all diese Fragen durch den Kopf, befinde ich mich in kussnaher Erstsituation. Wir beide also auf der Couch, Panik im Herzen, übles Gefühl im Bauch, feuchte Hände. Und dann schallte auch noch Bob Marleys No Woman No Cry durch die sommerliche Luft. Ich weiß nicht mehr, wie wir uns annäherten, aber auf einmal ging alles ganz schnell und zack, wir küssten uns. Es zog mir fast die Schuhe aus, so schön war es.
Der Sommer, dieser Junge, das Lied, alles. Ich war wirklich volle Kanone verliebt in diesen griechischen Jungen. Mein erster Kuss war so schön und vielleicht sogar der schönste von allen. Und verdammt nass. Feucht im anzüglichen Sinne war ich auch, denn dieser erste Kuss war verdammt erregend. Um den Mund waren wir zwei ungeübte Schlabbermäuler richtig pitschenass. Küssen muss wirklich geübt werden, stellte ich fest. Das fand auch der junge Mann. Er wischte mir mit seiner Hand den Schlabber vom Mund weg und sagte in seinem gebrochenen Englisch: »We need to practice!«
Und das taten wir. Und wie wir übten! Nach wenigen Stunden hatten wir die perfekte Technik gefunden und knutschten uns die Münder wund. Jeden Tag. Wir hielten Händchen, knutschten wie bekloppt und waren von da an unzertrennlich. Ich war so glücklich und so verliebt in meine Nummer eins. Leider hatten wir nur noch wenige Tage zusammen, bevor der Austausch zu Ende war und alle Teilnehmer wieder die 2500 Kilometer nach Griechenland zurückfliegen würden. Wir ärgerten uns sehr, dass wir nicht eher unser Interesse füreinander entdeckt hatten. Aber so ist das eben, besonders auf dem Markt der Liebe erhöht limitierte Verfügbarkeit das Begehren.
Und dann der letzte gemeinsame Abend. Ich wünschte mir natürlich nichts sehnlicher, als die Zeit anhalten zu können, um dem unausweichlichen Ende dieses Erste-Liebe-Sommer-Zaubers entgehen zu können. Aber das ging natürlich nicht. Also sollten die letzten Stunden zusammen intensivst genutzt werden. Wir feierten bei einem unserer deutschen Teilnehmer in der sturmfreien Bude. Es floss viel Alkohol, und meine beste Freundin schoss sich volle Kanne ab und sollte später noch im unpassendsten Moment einen unvergesslichen Auftritt bekommen. Während also alle anderen feierten, zogen sich meine Nummer eins und ich ins Jugendzimmer des Partygastgebers zurück, nicht ohne uns vorher dessen Erlaubnis einzuholen. Er bat nur darum, keine Spuren zu hinterlassen. Auch meine Eltern, vor denen ich meine kleine erste Sommerliebe natürlich nicht verbergen konnte, brieften mich vor diesem Abend eindringlich, besonders meine liebe Mama gab mir mit auf den Weg, nichts zu überstürzen.
Was nun passieren sollte, wusste ich eigentlich auch nicht so genau. Trotzdem stürzten sich meine Nummer eins und ich ins Bett des Gastgebers und legten einfach los, als wäre es das Normalste auf der Welt. Noch nie zuvor hatte ich ein echtes nacktes männliches Wesen neben mir liegen. Völlig unbedarft und voller Neugier erkundeten wir uns also gegenseitig. Und wir waren richtig talentiert. Als hätten wir nie etwas anderes getan, probierten wir alles aus. Wir fassten uns an, wir küssten uns überall. Ich schämte mich überhaupt nicht, nackt zu sein und alles von mir preiszugeben. Das hätte ich nie für möglich gehalten.
Zudem war ich sehr überrascht, dass ein Penis überhaupt nicht stinkt. Ich weiß nicht, warum diese Überzeugung bei mir vorherrschte, aber ich dachte immer, dass Penisse ganz schrecklich stinken. Vielleicht lag es an der Prägung aus Kindergartentagen – denn da hatte ich immer Ekel vor Jungs, weil die immer stanken. Und so war ich mir sicher, das käme daher, weil ihr Penis so schlimm stinkt. Wirklich.
Aber meine Nummer eins roch ganz wunderbar. Sein Penis roch einfach nur nach Waschmittel. Ganz frisch. Und ich war ganz angetan davon und sehr erleichtert. Ich fasste ihn an und auch Mund und Zunge trauten sich, ihn zu erkunden. Meiner Nummer eins gefiel das sehr, er stöhnte, und ich machte einfach weiter, wie ich dachte und tobte mich aus. Und es machte Spaß. Dann tauschten wir, und er erkundete mich zwischen meinen Beinen. Ein bisschen beunruhigt war ich doch, denn zum finalen Rein-Raus wollte ich es nicht kommen lassen, da schallten dann doch die warnenden Worte meiner Mama in meinen Ohren. Und so sagte er mit seinem zauberhaften gebrochenen Englisch: »Don’t worry, I won’t push him in!« Also entspannte ich mich und ließ ihn einfach machen. Und er machte es sehr gut, mit Mund, Zunge und Finger, sodass ich sehr schnell meinen ersten fremdausgelösten Orgasmus hatte. Ich kam ganz wunderbar, durch schlabbrige Küsse von meiner griechischen Nummer eins im Bett eines Freundes. Der übrigens schon über zwanzig war und noch nie Sex hatte!
Bevor ich mich wieder meiner Nummer eins widmen und mich revanchieren konnte, hatte noch meine beste Freundin ihren grandiosen Auftritt. Sie klopfte an die Tür und nur in Unterwäsche bekleidet öffnete ich ihr. Sie schielte und torkelte und wollte mir mitteilen, dass sie ja überhaupt nicht betrunken sei und ich ihr das doch bitte glauben solle. Dass sie so was von störte, registrierte sie in ihrem Zustand überhaupt nicht. Ich machte mir natürlich Sorgen um sie, und eigentlich hätte ich ihr bei der Ausnüchterung zur Seite stehen müssen, aber da lag meine Nummer eins im Bett, und unsere letzten gemeinsamen Stunden wollte ich mir nicht von meiner kotzenden und neben sich stehenden besten Freundin versauen lassen. Also knallte ich ihr die Tür vor der Nase zu. Sie klopfte noch ein paar Mal und beschwerte sich erbost, aber ich hatte wirklich Wichtigeres zu tun.
Ich krabbelte wieder zu meiner Nummer eins ins Bett und verhalf ihm mit Mund, Händen und Zunge zu seinem, wie er selbst sagte, allerersten Orgasmus. Noch heute muss ich lachen, wenn ich mich an seinen gestöhnten griechisch angehauchten englischen Satz kurz vor dem Höhepunkt erinnere: »Uhhh, iiit’s comiiing!« Das i ganz lang gezogen. Iiiit’s comiiing! Er war danach fix und fertig und bedankte sich mehrere Male bei mir, denn so etwas Tolles habe er noch nie erlebt, und es sei das Schönste überhaupt gewesen, das er jemals erfahren habe. Ein Hoch auf die deutsch-griechische Freundschaft! Für zwei absolute Beginner, wie wir es waren, ein grandioses Opening in unser sexuell aktives Leben.
Der nächste Tag läutete eine halbjährige allertiefste Trauerphase ein. Ich war so verliebt in meine Nummer eins, und es brach mir das Herz, ihn Tausende Kilometer wegfliegen zu sehen. Wir brachten unsere griechischen Gäste zum Flughafen. Ich hasste diesen Tag und hoffte immer noch so sehr auf ein Wunder. Natürlich gab es kein Wunder. Ich heulte einen ganzen Ozean zusammen. Als alle schon hinter der Absperrung verschwunden waren, kam er noch einmal zurückgerannt und rief mir von hinter der Scheibe »I love you!« zu. Wie im Film. Das war das Letzte, was ich je von ihm sah.
Ich trauerte also ein halbes Jahr. Nie wieder würde ich jemand anderen lieben können, da war ich mir sicher. Ich weinte sehr lange fast jeden Abend und vermisste ihn wie bekloppt. Zurück in der Schule trug ich meine Trauer ganz bewusst zur Schau. Alle sollten wissen, dass ich nun mit einem griechischen Jungen ging. Ich war ja schon auch ein bisschen stolz darauf. Denn niemand sonst konnte so ein Ferienabenteuer vorweisen. Ich schmiedete Pläne, nach Griechenland auszuwandern, und war der festen Überzeugung, das auch eines Tages zu tun. Ich träumte jeden Tag davon, ihn wiederzusehen. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn er plötzlich vor der Tür stünde. Und ich glaubte fest daran, dass es wahr werden würde. Aber er stand natürlich nie vor der Tür. Ein, zwei Mal telefonierten wir. Ich bombardierte ihn mit Liebesbriefen. Von ihm kam ein einziges Fax. Und so bin ich natürlich nie ausgewandert. Und schließlich passierte, was ich nicht für möglich gehalten hätte: Auf einmal gab es Nummer zwei. Regel: Ist der Liebeskummer auch noch so groß, er geht immer irgendwann vorbei und es geht immer irgendwann weiter. Immer. Merken! Fürs nächste Mal.
Nummer eins meldete sich nach zehn Jahren wieder bei mir. Über eine Internetrecherche hatte er meine E-Mail-Adresse herausgefunden und mir geschrieben. Ich war vielleicht platt und überrascht. Und ein kleines bisschen flammten die Gefühle von damals wieder auf, auch wenn wir beide unerreichbar füreinander waren und jeder sein eigenes Leben führte. Dennoch hat mich sein Interesse an mir sehr gerührt, denn er betonte immer wieder, dass er mich nicht vergessen könne. Wir schickten uns ein paar Mails hin und her und auch einige Fotos. Wir machten uns gegenseitig Komplimente und versprachen, einander nie wieder zu verlieren. Natürlich brach der Mail-Kontakt allen Versprechungen zum Trotz erneut ab. Wir verloren uns abermals. Aber in meinem Herzen, da ist er ganz fest verankert.
Die 3. Geschichte aus meinem Bett und meinem Herzen
Die halbjährige Trauerphase um Nummer eins war überwunden, als plötzlich meine Nummer zwei auftauchte. Witzigerweise »gingen« meine Nummer zwei und ich schon mal als Zwölfjährige miteinander, aber das hielt nur wenige Tage und endete mit einem Schlussmachen meinerseits auf dem Schulhof. Da war ich in der sechsten Klasse. Meine beste Freundin hatte den tragischen Moment sogar fotografisch festgehalten. Das Foto existiert heute noch. Modisch absolut top, ich trug graue Leggings und einen extra langen ausgelabberten blassrosa Feinstrickpullover. Mein Sinn für Mode war damals noch äußerst ausbaufähig (obwohl just diesen Sommer genau diese Kombi erstaunlicherweise wieder totally en vogue ist!). Mein Sinn für Männer übrigens auch.
Denn eigentlich wollte ich damals gar nicht mit diesem Jungen gehen, sondern war unsterblich in jemand ganz anderen verliebt. Er war der Star der Klasse. Dumm wie Brot, schlecht in der Schule, aber in Sport ein absolutes Ass. Genau der Typ eben, der uns Mädels mindestens einmal im Leben gnadenlos das Herz bricht, egal ob wir zwölf, 34 oder 63 sind. Und dass wir uns genau vor diesem Typen hüten sollen, sagten uns nicht nur in wiederkehrender Tour die liebe Mama, die beste Freundin, der gute schwule Freund, die große Schwester, nein, das wissen wir auch selbst. Nur bringt es was? Nein. Sehenden Auges und mit wehenden Herzen rennen wir genüsslich leidend in unser Verderben.
Er sah unverschämt gut aus, war strohblond, trug immer die coolsten Chiemsee-Pullover und die coolsten Levis-501-Jeans, beides war damals extrem angesagt. Er war immer braungebrannt und hatte wahnsinnig blaue Augen. Leider interessierten sich diese blauen Augen nicht so wirklich dolle für mich. Dennoch wollte ich nichts unversucht lassen.
Und weil ich schon mit zwölf die Dinge lieber selbst in die Hand nahm, schrieb ich ihm im Unterricht den obligatorischen »Willst du mit mir gehen«-Zettel. Ja, die ganze Nummer, mit zwei Kästchen zum Ankreuzen. Ja und nein. Was klopfte mein Herz, als ich ihm das Zettelchen rüberschob. Und auf seinem Antwort-Zettelchen stand dann: »Nach der Mathe-Arbeit vielleicht.« Na toll. Was sollte das denn verdammt noch mal bedeuten?! Ich analysierte die Antwort tagelang, aber ich wurde nicht schlau daraus. Sollte es bedeuten, wenn die Arbeit gut lief, dann würde er mit mir gehen? Oder eher, wenn die Arbeit schlecht lief? Mann, war die Liebe kompliziert.
Während der Anbahnungsversuch mit meiner großen unerfüllten Schulliebe also eher im Sand zu verlaufen drohte, erhielt ich von einem Gesandten eines anderen Jungen, der später besagte Nummer zwei werden sollte, eine Botschaft. Dieser ließ ausrichten, dass er mit mir gehen wolle. Ich war total perplex, mit so was hatte ich ja nun gar nicht gerechnet. Ich erbat mir Bedenkzeit.
Und plötzlich interessierte sich auch das eigentliche Objekt der Begierde, was mich ja immer noch schmoren ließ, für mich. Auch das eine merkwürdige Lektion auf dem Spielfeld der Liebe: Wendest du dich vom Angebeteten ab, wird er sich auf einmal für dich interessieren. Soll tatsächlich die ausgelutschte Mär von der männlichen Jagdlust die Erklärung dafür sein? Regel: Fliegt dir ein Herz zu, fliegen dir auf einmal mehrere Herzen zu. Suchst du jedoch nach Herzen, vergiss es, aussichtslos!
Und so kam ich in die absurde Situation, in der großen Pause zwischen den beiden Kandidaten wählen zu müssen. Denn beide hatten voneinander Wind bekommen und wollten nun klare Verhältnisse schaffen. Mutig stellten sich beide vor mich – Frauen würden so was wahrscheinlich nie tun – und erbaten sich eine Entscheidung. Und ich dämliche Kuh entschied mich komplett falsch! Ich wollte es meiner eigentlichen Liebe, dem blauäugigen Blondie, heimzahlen, dass er mich so lange hatte schmoren lassen. Und entschied mich stolz erhobenen Hauptes wie eine gebieterische Prinzessin für den anderen. Braune Haare und braune Augen und nicht annähernd so schön.
Im gleichen Moment bereute ich meine Entscheidung schon, aber es war zu spät. Wenn man sich selbst die Arschkarte zieht, dann muss man die sich selbst eingebrockte Arschkartensuppe auch selbst auslöffeln. Und die einmalige Chance, mit Mister Sonnyboy zu gehen, war vertan. Er ging danach sogar mit schicken Zehntklässlerinnen. Ich dämliches Pickelkarnickel heulte mir die Seele aus dem Leib. Wie konnte ich nur so blöd sein? Und so hatte ich den anderen am Hals. Wir verbrachten einen gemeinsamen Nachmittag im Schwimmbad. Seine schon reichlich vorhandene schwarze Beinbehaarung machte mir Angst. Und so beschloss ich, ihn so schnell wie möglich wieder loszuwerden. In besagter großer Pause auf dem Schulhof. Mein blonder Sonnyboy verließ zwei Jahre später die Schule. So lange schmachtete ich ihm noch mit großem Herzschmerz hinterher.
Auch wenn die reichliche schwarze Beinbehaarung bei Nummer zwei immer noch vorhanden war, flammte das Interesse aneinander vier Jahre später plötzlich wieder auf. Nach einem halben Jahr der Liebestrauer um meine Nummer eins sah mein Herz irgendwann ein, dass die Option Griechenland nicht wirklich zukunftsträchtig war. Und so sah ich mich wieder vermehrt auf dem heimischen Markt um. Ich war nun 16 Jahre alt, ging in die zehnte Klasse, und hatte bis auf das Gefummel, Geknutsche und Gelecke mit meiner Nummer eins noch keine weiteren sexuellen Erfahrungen vorzuweisen.
Doch auf einmal machten es alle Mädels um mich herum. Ehrfurchtsvoll löcherten die Noch-Jungfrauen die Ex-Jungfrauen mit ihren Fragen: Tut es weh? Wie ist es? Wie fühlt es sich an? Hattest du einen Orgasmus? Wie ist das bloß mit dem Sperma? Und jede der Ex-Jungfrauen hatte anderes zu berichten. Die einen waren ernüchtert, die anderen schwärmten à la Hollywood von ihren ersten Bettabenteuern und wieder andere schwiegen lieber. Was war nun die sexuelle Wahrheit? Nirgends wird schließlich so viel gelogen wie auf dem sexuellen Parkett. Ich ließ mich von den vielen Erst-Sexlerinnen nicht unter Druck setzen. Wird schon irgendwann klappen. Außerdem war ich mit meinen Erinnerungen an meine Nummer eins immer noch ganz gut bedient und fühlte mich in keinster Weise unerfahren.
Das Interesse an meiner Nummer zwei erwachte also langsam wieder. Ich glaube, er war von meinem Ferien-Abenteuer recht beeindruckt, was die oben schon erwähnte Lektion noch einmal bestätigt: Man wird erst so richtig interessant, wenn man sein Herz anderweitig vergibt. Ist man verliebt, fliegen einem die Herzen nur so zu. Spielt frau die Unnahbare, macht das den Kerl verrückt, Sabber tropft ihm aus dem Maul, und er lässt nicht eher locker, bis er einen auf der Jagd erlegt hat.
Nummer zwei und ich flirteten ganz teeniemäßig miteinander. Eigentlich hatte er zu dem Zeitpunkt schon eine Freundin. Aber von solchen kleinen Hindernissen habe ich mich noch nie abhalten lassen. Auf einem langen Schulausflug sprang dann der Funke endlich über. Rein zufällig, logisch, verbrachten wir den ganzen Tag mehr oder weniger nah beieinander und achteten immer darauf, die Aufmerksamkeit des anderen zu erregen. Und dann, auf der Rückfahrt im dunklen Bus, saßen wir ganz zufälligerweise nebeneinander und streckten unsere Füße auf der Vorderbank aus. Und weil es kalt und dunkel war, deckten wir uns mit Jacken zu. Und unsere frechen Füßchen fingen an, miteinander zu spielen.
Sex hin oder her, es gibt einfach keine erregenderen Momente als diese allerersten zärtlichen Körperkontakte. Das ist so heiß! So spannend. So knisternd. So erotisch. So aufregend. Das haut mich jedes Mal um. Und selbst wenn sich der Kandidat später recht schnell als Nullnummer entpuppen sollte, der Zauber der ersten Berührung ist einfach unschlagbar. Und je länger dieser anhält, desto untrüglicher ist das Zeichen, dass es eine spannende und keine enttäuschende Weiterentwicklung gibt. So fummelten also unsere besockten Füße unter dem Schutz der Jacke, nachts im Reisebus, mit vierzig Klassenkameraden an Bord, die von alldem nichts mitbekamen und es natürlich auch nicht sollten, was die Sache noch viel erregender machte. Irgendwann fanden auch unsere Hände ihren Weg zueinander. Und das war gleich noch mal doppelt so aufregend.
So streichelten sich unsere Füße und unsere Hände, und ich war selig vor Glück und hielt die ganze Zeit die Luft an. Auch mein Herz pochte wie bekloppt. Wir sagten die ganze Zeit über nichts. Einen Kuss gab es in dieser Nacht nicht. Das wäre ja auch aufgefallen. Allein zu Hause angekommen, stellte ich mir immer wieder vor, wie sich unsere Füße und Hände berührt hatten. Ich war total aufgewühlt, wie immer nach solchen Erlebnissen, und konnte nicht schlafen.
Die nächsten Tage in der Schule waren sehr spannend. Blicke, die tief unter die Haut gingen, und diese Ungewissheit, was nun wäre. Er war schließlich schon vergeben. Und da es damals noch keine Handys und kein Internet gab – SMS und E-Mails sind eindeutig Flirtbeschleuniger –, schrieben wir uns Zettelchen. Auf einem dieser Zettelchen gestand er mir seine Liebe. Irgendwann kam er dann nach der Schule mit zu mir. Einer der vielen Vorteile doppelt berufstätiger Eltern ist eindeutig, dass man im Teenie-Alter nachmittags sturmfreie Bude hat. So saßen wir nebeneinander auf der Couch und plauderten betont cool und unbekümmert über dies und das. Warum tut man in solchen Momenten eigentlich immer so cool und desinteressiert, obwohl innerlich Rambazamba angesagt ist?
Dann endlich der erlösende Augenblick. Wir fingen an, dort weiterzumachen, wo wir im Bus aufgehört hatten. Wir fassten uns an den Händen, und unsere Hände streichelten sich. Wir sagten kein Wort. Und dann endlich, immer näher rückten wir uns auf die Pelle, küssten wir uns! Er machte das ganz ordentlich. Er konnte gut küssen, und es machte Spaß, ihn zu küssen. Küssen ist so wichtig! Bei mir öffnen sich mit dem Küssen alle Tore und Schleusen. Küssen ist so erregend, dass ich schon allein davon manches Höschen erst mal in den Trockner stecken müsste. Wenn einer aber nicht küssen kann, ist der magische Zauber von einer Sekunde auf die andere vorbei, und trostlose Ernüchterung und Enttäuschung machten sich breit. Und wer nicht gut küssen kann, kann auch im Bett nichts wettmachen.
Eigentlich sollte man denjenigen sofort nach Hause schicken, dessen Kussqualitäten nicht von Anfang an überzeugen. Aber dazu hat man in den seltensten Fällen den Mut (warum eigentlich?!) und lässt sich auf die Fortsetzung des Kussgestümpers auch im Bett ein.
Nummer zwei aber machte das prima. Und so lagen wir bald auf dem Sofa und knutschten und fummelten. Ich war so erregt, dass ich mich an seinem Bein rieb und sehr schnell und unbemerkt kam. Davon hatte der Gute aber gar nichts mitbekommen. Außer in Klamotten knutschen und oberhalb der Gürtellinie die Hände unter den Pullover schieben, lief nichts. Außerdem wollte ich erst mal die Verhältnisse klären. Er sagte sofort, dass er sich von seiner Freundin trennen wolle, um mit mir zusammen zu sein.
Mir war etwas mulmig zumute. Einerseits war ich mir unsicher und wusste selbst noch nicht so ganz, wo meine Reise mit ihm hinführen sollte, und ob ich das überhaupt wollte. Andererseits hatte er wirklich eine ganz süße Freundin, und ich, immer noch verpickeltes Teenie-Mädchen, konnte mir gar nicht vorstellen, dass er mich gegen seine süße, zarte, wunderhübsche Freundin wirklich eintauschen wollte. Da hatte ich also den Salat.
Irgendwie waren wir dann aber doch einige Zeit später ein festes Paar. Er hatte sich von seiner Freundin getrennt, und ich hatte mich zu ihm bekannt. Auch wenn er nicht der Allercoolste der Schule war, und ich mit einer anderen Eroberung wesentlich mehr Punkte auf der allgemeinen Anerkanntheitsliste geholt hätte, was in diesem Alter durchaus nicht unbedeutend ist.
So fummelten und knutschten meine Nummer zwei und ich also in meiner nachmittäglich sturmfreien Bude und tasteten uns immer mehr vor. Was hatte ich eine Panik, dass er mich da unten, daaa unten, anfassen würde. Ich war ja nun schon Nummer-eins-erprobt und kannte meinen Körper und jede intime Stelle durch fast täglich praktiziertes Masturbieren sehr gut. Dennoch machte ich mir voll die Waffel. Ich hatte eine Riesenangst, ihn da ranzulassen. Nicht, weil ich prüde war oder Schiss vor der Sache an sich hatte, im Gegenteil, ich war spitz wie Nachbars Lumpi. Aber ich hatte wahnsinnige Panik, dass Nummer zwei geschockt sein könnte, wenn er erfährt, wie frau da unten so aussieht und riecht.
Die 4. Geschichte aus meinem Bett und meinem Herzen
Bin ich eigentlich die einzige, die Mumu-Komplexe hat? Ich weiß auch nicht, woher diese Panik kommt. Zum einen waren Mutter Natur oder der liebe Gott oder welcher Spaßvogel auch immer hinter der biologischen Verpackung der primären Geschlechtsorgane steckt, anscheinend in nicht ganz zurechnungsfähigem Zustand, als sie diese erschufen. Ich meine, wie sieht das denn bitte schön aus, da zwischen unseren Beinen?! Ein paar jämmerliche schweinchenrosa Hautlappen, umgeben von einem fisseligem Haarnest?! Der Rest des weiblichen Körpers ist so wunderschön, ging dem lieben Gott zwischen unseren Beinen die Bioknetmasse aus oder war er gerade unkonzentriert, weil er an die aktuellen Fußballergebnisse dachte?! Da können mir noch so viele verständnisvolle Esoterik-Weiber um die Ecke kommen und die Schönheit der weiblichen Lustmuschel preisen, nein, ich glaube euch kein Wort, seht doch einfach mal genau hin, das Ding sieht einfach nur erbärmlich aus.
Zum anderen ist da dieser Geruch. Mit dem typischen Mumu-Geruch konnte und kann ich mich einfach nicht anfreunden. Egal, wie sehr und oft man sich wäscht, ob man nun literweise Bodylotion draufschmiert oder Parfum in der Unterhose verteilt (das brennt vielleicht!), es riecht einfach immer nach Mumu. Immer. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass das einem Mann gefällt. Ich schämte und schäme mich sogar richtig dafür. Und ich hatte wirklich Schiss, dass meine Nummer zwei meinen ganz eigenen verborgenen Geruch zwischen den Beinen widerlich findet. Heute bin ich da ein klein wenig entspannter, aber so richtig fallen lassen kann ich mich auch erst, wenn ich mich wirklich davon überzeugt habe, dass es dem Typen auch wirklich nichts ausmacht. Habe ich nur ansatzweise das Gefühl, dass es nicht so ist, bin ich gehemmt. Und das ärgert mich richtig! Ich kann diese blöden Gedanken aber nicht wirklich abstellen.
Ebenso, wie ich früher dachte, dass Penisse furchtbar stinken, bevor mich die ersten Erfahrungen eines Besseren belehrten, war ich davon überzeugt, dass ich mich in Grund und Boden schämen würde, wenn mich einer einmal nackt sehen würde. Ich dachte, ich halte es nicht aus, wenn ich wüsste, dass mein Gegenüber auch im Alltag weiß, wie ich nackig aussehe. Ich dachte, er würde es allen rumerzählen und lästern und was weiß ich alles mit der Kenntnis meiner unbekleideten Oberfläche anfangen. Besonders, wenn man dann eben nicht mehr zusammen ist. Ebenso empfand ich die Vorstellung früher äußerst unangenehm, mit jemandem sexuelle Erlebnisse geteilt zu haben und sich dann zu trennen. Was könnte der andere nicht alles Fieses über mich rumerzählen?
Am tiefsten hat sich dabei die Erzählung eines Schulfreundes eingebrannt, der von seinem ganz persönlichen Sex-Schock-Erlebnis laut krakeelend berichtete. Es waren die Endneunziger-Jahre, da war die Komplett-Intimrasur alles andere als up to date, und ebenso gab es das Internet noch nicht, wo man sich auf einschlägigen Seiten wie YouPorn.com mit dem Aussehen der primären Geschlechtsorgane und deren Handling schon präkoital bestens hätte vertraut machen können.
Besagter Freund erzählte freimütig von seinem ersten Mal und posaunte dann laut herum, wie ihn der erste Anblick des gelobten Landes seiner Freundin schockierte. Ich zitiere: »Meine Fresse, was habt ihr Mädels da unten für ein hässliches Teil! Ich dachte, ich fall um, das sieht ja aus wie ein schmieriger verfaulter platt gefahrener toter Igel!«
Wums. Das saß. Was soll man denn darauf bitte schön antworten?! Dumm wie wir Mädchen in solchen Situationen nun mal so sind, taten wir das, was Frauen immer machen, wenn sie verlegen sind und ihnen etwas unangenehm ist: Wir kicherten verhalten. Wie soll man denn bitte schön als sexuell erwachender Teenager libidinöses Selbstbewusstsein entwickeln, wenn man von irgendeinem Großmaul, das selbst aussieht wie Schlumpf, so was hört? Dass der liebe Gott sich nicht gerade von urbanen Design-2000-Maßstäben hat leiten lassen, als er Pimmel und Mumu erschuf, ist bekannt. Aber ein plattgefahrener Igel? Ist es wirklich so schlimm um die weibliche Intimzone bestellt?
Diese Aussage trug auch nicht gerade zur Behebung meiner Mumu-Komplexe bei, die ich schon habe, seitdem ich mir das erste Mal mit Hilfe eines Spiegels zwischen die Schenkel lunzte. Der Schock war wirklich groß. Halleluja, was sich hinter diesem kleinen unschuldigen Schlitz verbarg! Mir verschlug es fast die Sprache, und ich wollte meine Mama am liebsten fragen, ob man das Ding nicht umtauschen könnte. Und dieser Haufen rosa Falten ist nun das ersehnte gelobte Land, das Paradies, das Ziel allen Bestrebens aller heterosexueller Männer?!
Jede handelsübliche Kaffeetasse hat eine erotischere Ausstrahlung als dieses merkwürdige Gebilde aus labbriger Haut und Kräuselhaaren. Dann muss es wohl eher die Faszination des Grauens sein, will man die magische Anziehungskraft dieses Körperteils wissenschaftlich fundiert erklären. Ein weiblicher Körper ist an sich verdammt schön, und da können wir Mädels uns auch wirklich was drauf einbilden. Aber bei der Schaffung der Intimzone war wohl wirklich ein bekiffter Himmelspraktikant am Werk.
Das erklärt vielleicht auch, warum viele Frauen Sex lieber im Dunkeln mögen. Sie wollen die Männer ob ihres gewöhnungsbedürftigen Intim-Tierchens nicht vergraulen. Unerklärlich bleibt, warum in jedem Pornofilmchen und jedem Printmagazinchen die Mädels sich so breitbeinig präsentieren müssen, dass man fast bis zur Lunge gucken kann.
Irgendwann arrangiert man sich natürlich mit dem derangierten Äußeren seiner Intimzone, ebenso mit deren Geruch, und findet sich damit ab. Und die lechzende männliche Begeisterung für das, was zwischen den weiblichen Beinen schlummert, bestätigt, dass wir Mädels uns da nun wirklich locker machen dürfen. Denn offensichtlich hatte auch besagter Schulfreund kein Problem damit, seine Gurke mit dem plattgefahrenen Igel vergnügt spielen zu lassen.
Dennoch blieb die Beschreibung »plattgefahrener Igel« noch bis heute gnadenlos und unauslöschbar in meinem Hirn gespeichert. Ich musste auch immer daran denken, wenn ich die Freundin von dem Igel-Großmaul sah. Sie ging auch auf unsere Schule, war ein ganz normales Mädchen, nicht besonders hübsch, nicht besonders hässlich, eben ganz normal. Aber immer wenn ich sie sah, hämmerte es »plattgefahrener Igel« in meinem Kopf, begleitet von dazugehörigem Bild auf meiner Hirn-Großbildleinwand. Ich habe sie letztens, zehn Jahre später, in einem dieser Online-Netzwerk-Plattformen zufällig wiederentdeckt. Und was schoss mir doch tatsächlich als Erstes durch den Kopf? Ach guck mal, der plattgefahrene Igel ist auch hier!
Wie es mit Nummer zwei weiterging …
Also steckte Nummer zwei irgendwann seine Hand in mein Höschen, das wie immer klatschenass war, wenn wir knutschten. Ich hielt die Luft an und ich glaube, er auch. Für ihn war das auch die erste Körpererkundung dieser Art. Ich glaube, er war von dem, was er vorfand, schwer beeindruckt. Damals war ich noch ganz natürlich mit einem vollen, aber schönen kleinen Haarbusch ausgestattet. Die ganze Rasier-Orgie mit dem Übriglassen eines winzigen Streifens ging erst einige Jahre später los. Trotzdem konnte ich mich seiner lustvollen Erkundung nicht so ganz hingeben. Ich war immer noch schwer besorgt, was passieren würde, wenn er die Hand wieder rauszieht und auf die Idee käme, dran zu riechen. Und entweder war es Einbildung, weil ich dermaßen paralysiert war, oder aber es war tatsächlich so. Als er die Hand aus meinem Höschen zog, ich versuchte noch panisch, ihn irgendwie abzulenken, führte er seine Hand tatsächlich an sein Gesicht, und ich bildete mir ein, dass er dran roch, und ich bildete mir weiter ein, dass er tatsächlich die Nase rümpfte. Ich war am Boden zerstört. Jetzt war es raus. Jetzt war alles zu spät. Die Bombe war geplatzt, er würde mich verlassen.
Komischerweise war ich bei meiner Nummer eins, was das anbelangte, total unbekümmert. Er leckte mich sogar und hatte offensichtlich großen Spaß daran. Warum stellte ich mich dann bei Nummer zwei so entsetzlich an? Vielleicht war es die Tatsache, dass er in dieselbe Schule ging und ich panischen Schiss hatte, dass er allen rumerzählte, welche Entdeckung er gemacht hat. Bei Nummer eins war so was natürlich nicht zu befürchten, und ich konnte mich einfach fallen lassen, scheiß der Hund drauf und ohne Rücksicht auf Verluste. Als Nummer zwei dann plötzlich auch noch sagte, er müsse gehen, war alles vorbei. Ich dachte, ich könne ihm nie wieder unter die Augen treten. Er verabschiedete sich schnell und mir war hundeelend zumute.
Und all die unnötige Aufregung wegen einem bisschen natürlichem Frauenduft. Wie blöd und unselbstbewusst kann man nur sein. Auch heute noch bin ich höchst sensibel, was diese Sache angeht. Auch wenn ich mir immer wieder Folgendes vorbete: Meine Güte, ich kann doch nichts dafür, dass Mutti Natur diese seltsam riechende Flora und Fauna da unten eingerichtet hat. Es riecht eben nach Mumu. Und, damit es hier ein für alle Mal klargestellt wird: Frauen riechen nicht nach Fisch! Nach Fisch riecht es nur, wenn ihr, liebe Herren, die Damen vollgesuppt habt. Eure Suppe ist es nämlich, die nach ollem Fisch riecht! Und logisch, dass sich das dann bei den Damen dementsprechend verteilt und noch eine Weile anhält, wenn man nicht sofort mit einem Hochdruckreiniger alle Reste entfernt.
Wahrscheinlich hatte meine Nummer zwei es wirklich einfach nur eilig, und meine idiotische Fantasie sorgte für meine Geruchsparanoia. Schließlich machte er nicht am nächsten Tag mit mir Schluss, und es hingen auch keine Plakate auf dem Schulhof, die die olfaktorische Beschaffenheit meiner Intimzone zur Schau stellten. Puh, aufatmen. Also konnte unsere gegenseitige Entdeckungstour weitergehen.
Nun waren wir also schon einige Zeit zusammen und auch unsere Eltern wussten davon. Es war also an der Zeit, den Schritt zu tun. Für uns beide wäre es das erste Mal. Wir hatten beide noch nicht. Und wollten es endlich tun. Er hatte sturmfreie Bude, und ich wollte bei ihm übernachten. Meine Eltern waren alles andere als begeistert und erlaubten es mir nicht wirklich. Sie sagten nicht explizit Nein, gaben aber auch kein Okay. Sie wollten die Entscheidung mir überlassen. Kluger Schachzug, sollte Freiheit vorgaukeln, die es aber nicht war. Sie erwarteten schlicht und einfach von mir, dass ich zu Hause blieb. Sie waren sich sicher, dass ich es nicht wagen würde, meinen Willen durchzusetzen. Tja, leider getäuscht, ich packte die Angst vor dem Sturm am nächsten Morgen einfach beiseite und fuhr stur zu meiner Nummer zwei. Trotzdem hatte ich natürlich Schiss vor dem bevorstehenden Donnerwetter meiner Eltern. Schließlich war es das erste Mal, dass ich mich gegen den Willen meiner Eltern durchsetzte. Aber der Drang, mein Ding durchzuziehen und mir nichts verbieten zu lassen, war stärker. Jetzt werden neue Zeiten eingeläutet! Und sicher steht bei den meisten Teenies die Revolte immer im Zusammenhang mit den ersten sexuellen Abenteuern. Aufgeregt klingelte ich bei meiner Nummer zwei. Er war wirklich alleine.
Zu Hause hatte ich schon vorgesorgt und meine allerschönste Unterwäsche angezogen. Ich hatte meinen ersten rosa geblümten Mini-BH an. Ich fand mich unglaublich sexy. Ich hatte sogar einen String an, denn damals entdeckte ich gerade, dass Strings den Hintern in Hosen doch wesentlich besser aussehen lassen. Keine geteilte vierbackige Schwabbelrückansicht mehr, sondern rund und prall und knackig, dem Stringtanga sei Dank. Das Taschengeld wurde fortan also stringvoll investiert. Besonders erotisch fand ich die Dinger eigentlich nie, ich trug sie mehr aus besagten ästhetischen Rückansichtsgründen, aber die meisten Herren hat so ein kleines Winz-Höschen auch nie wirklich gestört, im Gegenteil.
Auch sonst machte ich mir wahnsinnige Gedanken, wie es wird, mit und neben einem Jungen zu schlafen. Die meiste Angst hatte ich vor dem gemeinsamen morgendlichen Aufwachen. Man sieht eben nun mal nicht wie ein Hollywood-Superstar aus, wenn man morgens zerknautscht den Kissen entsteigt. Meine größte Panik verbreitete sich in zwei Bereichen. Erstens: Kein Geheimnis, dass man morgens vor dem Zähneputzen nicht gerade minzi-pinzi-frisch riecht. Aber ich war gewappnet! Warum ich nicht in Erwägung zog, einfach aufzustehen und mir die Zähne zu putzen, weiß ich bis heute nicht. Ich schämte mich wohl dafür und dachte, ich wäre der einzige Mensch, dem es so erginge. Ich bunkerte heimlich drei Kilo Pfefferminzbonbons in einer geheimen Ecke unter seinem Bett, die ich in der Hosentasche mit mir führte und, ohne dass er es merkte, in besagter Ecke verschwinden ließ. Und so lutschte ich die ganze Nacht Minzbonbons, was das Zeug hielt.
Mein zweiter Panikbereich bezog sich auf mein lädiertes Äußeres am nächsten Morgen. Ich trug zu dieser Zeit extrem viel Make-up, denn meine Pickel machten mir derart zu schaffen, dass ich lieber mit meiner dicken Maske durch die Gegend lief, als die pickelige Hügellandschaft in meinem Gesicht offen zu zeigen. Klar, dass von dem Make-up nach einer durchknutschten und durchwuschelten Nacht nicht viel übrig bleiben würde. Ich hatte ehrlich richtige Panik davor, dass er mich mit verpustelter Pickelfresse sehen würde. Ich schämte mich richtig dafür.
Ich lutschte also nicht nur wie bekloppt die ganze Nacht Minzbonbons, sondern wartete dann auch den passenden Moment in der frühen Morgenstunde ab, um mich ins Bad zu schleichen. Ich war sowieso so aufgewühlt und durcheinander, dass ich nicht schlafen konnte. Das kann ich eh nie in den ersten Nächten mit einem neuen Typen neben mir. Im Morgengrauen rüschte ich mich also wieder auf und besserte die lädierte Kittschicht in meinem Gesicht nach. Dass das den Pickeln natürlich besonders gut gefiel, wusste ich. Aber das war mir egal. Denn wie so oft sprachen Vernunft und Eitelkeit zwei völlig verschiedene Sprachen. Hauptsache er sieht nicht, was drunter steckt. Und so schlich ich mich wieder perfekt gestylt in sein Bett zurück und bewegte mich kaum, um ja das frisch erschaffene Werk nicht zu zerstören.
So verbrachte ich also den noch jungen Morgen reglos und minzlutschend neben ihm – nur um für den einen Moment gewappnet zu sein. Als er aufwachte, strahlte ich ihn mit frischem Minzatem und überschminktem Gesicht an. Okay. Ich bin nun ein paar Jährchen älter, aber nicht wirklich weiser. Es ist nicht mehr ganz so extrem. Aber in den ersten Nächten mit einem neuen Typen helfe ich immer noch mit etwas Puder und Rouge in den frühen Morgenstunden nach, um ihm beim Erwachen wie das blühende Leben strahlend in die Augen schauen zu können. Immerhin lutsche ich nicht mehr die ganze Nacht Minzbonbons.