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Entwicklungspsychologie, Schwangerschaft, Kindererziehung, Pubertät: Dieses 4 in 1 Buch unterstützt Sie als Elternteil in der Zeit vor der Geburt bis nach der Pubertät Ihrer Kinder! Planen Sie Nachwuchs und möchten bestens vorbereitet sein? Suchen Sie einen treuen Begleiter während der Schwangerschaft und einen erfolgsgekrönten Ratgeber zur harmonischen Erziehung? Wollen Sie die Entwicklungsphasen Ihres Kindes verstehen und Ihnen somit sorgenfrei durch die Pubertät helfen? Dann profitieren Sie von dem gebündelten Wissen aus vier Bestsellern! Wenn Sie Angst vor der Schwangerschaft oder Geburt haben, sich wünschten die Probleme Ihrer Kinder nachvollziehen zu können oder alterstypische Merkmale von auffälligen Verhaltensweisen trennen können wollen, dann enthält dieses Buch Informationen von unvergleichlichem Wert für Sie. Nutzen Sie psychologische Tricks für eine angenehme Erziehung und verstehen Sie sich mit Ihren Kindern bestens selbst in Krisensituationen. Befreien Sie sich von Versagensängsten, Überforderung oder Sorgen und werden Sie zur wichtigen Vertrauensperson für Ihre Lieblinge! Schon vor der Geburt perfekt vorbereitet: - Tricks für alle Etappen, in denen Ihr kleines Wunder im Bauch heranwächst - Beste Vorbereitung auf Geburt und das Leben mit einem kleinen Säugling Wann sind Termine beim Frauenarzt wirklich notwendig? - Wie Sie Ihr Zu Hause bestmöglich auf das neue Familienmitglied einrichten - Wie Sie Ihr Neugeborenes wunschlos glücklich versorgen - Und vieles mehr…! Vom Kleinkindalter bis zur Pubertät – Sie sind jeder Herausforderung gewachsen: - Die wichtigsten Erziehungsmodelle für die beste Entwicklung - Garantierte Erfolge in der Förderung von Sprach- und Sozialentwicklung - Frühes Erkennen und Bekämpfen von Konzentrationsschwächen oder Lernstörungen - Veränderung des Körpers während der Pubertät – in welcher Phase sollten Sie wie reagieren? - Konfliktlösung und Gelassenheit in jeder Situation lernen - Wie Sie alle Schwierigkeiten in der Erziehung meistern - Und das ist längst nicht alles…!
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ENTWICKLUNGSPSYCHOLOGIE
SCHWANGERSCHAFT
KINDERERZIEHUNG
PUBERTÄT
Das Große 4 in 1 Buch
Wie Sie sich auf die Geburt und das Baby richtig vorbereiten und Ihr Kind optimal erziehen und fördern
Copyright © 2020 – Marie Sommer
2. Auflage
Alle Rechte vorbehalten
ISBN: 9798637075997
Herzlichen Dank für den Kauf des Buches und gemütliche Stunden wie auch Spaß beim Lesen.
Weiterhin möchte ich Sie bitten, eine ehrliche und aufrichtige Meinung abzugeben. Das hilft ungemein weiter und lässt mich nachfolgende Projekte besser gestalten, wenn dem nötig sei.
Bücher sind nach wie vor ein Mehrwert und durch nichts in unserer heutigen Gesellschaft zu ersetzen.
Zu verdanken haben wir diesen Fortschritt und das gedruckte Buch an sich Johannes Guttenberg, der im Jahr 1452 damit begann, ein Buch zu drucken, und gesagte Worte und Ideen auf Papier brachte. Aber bereits in der Antike reiften die ersten Bücher von Hand geschrieben. Seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. wurde im antiken Ägypten Papyrus (Zypressengras) als Beschreibstoff hergestellt. Es entstand die Geschichte der Menschheit in verewigter Form.
Ich freue mich, Ihnen das Große 4 in 1 Buch mit den Themen Entwicklungspsychologie, Schwangerschaft, Kindererziehung und Pubertät auf meine Art und Weise vorzustellen, und sage ein recht herzliches Dankeschön für Ihr entgegengebrachtes Interesse und Vertrauen.
Marie Sommer
Über die Autorin
Marie Sommer wurde im Jahr 1970 geboren. Durch den engen Bezug zu ihren Eltern und Ihren 2 Geschwistern war und ist sie ein Familienmensch durch und durch. Schon in jungen Jahren wollte auch sie eine große eigene Familie haben und vor allem mehr als ein oder zwei Kinder. Mit 17 lernte sie ihren heutigen Mann kennen, den sie bereits mit 20 Jahren heiratete. Kurz darauf bekamen sie ihr erstes Kind. Es folgten in den nächsten Jahren noch drei weitere Kinder, sodass ihre Familie heute neben ihrem Ehemann 2 Söhne und 2 Töchter umfasst – alle zwischen 4 und 19 Jahre alt.
Ihr Traum von einer großen eigenen Familie ist also in Erfüllung gegangen und ihre Kinder sind ihr ganzer Stolz. Da ihr Mann jedoch beruflich sehr oft auf Geschäftsreisen unterwegs ist, war sie schon sehr früh in der Kindererziehung nahezu auf sich allein gestellt – eine Herausforderung, die sie trotz der Umstände gemeistert hat. Hinzu kommt, dass ihr Sohn an ADHS leidet und ihre jüngere Tochter an Autismus, wodurch sie einer großen Bandbreite an Erziehungsformen und Problemen gegenübersteht. Mit einem erwachsenen Sohn, einer Tochter in der Pubertät, einem Kind im Grundschulalter und einem vierjährigen Sohn meistert sie jeden Tag einen außergewöhnlichen Balanceakt, der Kraft, Ausdauer und Verständnis erfordert.
Wer aber meint, dass eine Mutter von vier Kindern sich selbst nicht beruflich verwirklichen kann, kennt Marie nicht. Sie hat nach der zweiten Schwangerschaft beim Kampf gegen ihr Gewicht die Leidenschaft für den Sport für sich entdeckt und diesen nach ein paar Jahren und 20 Kilos weniger direkt zum Beruf gemacht. So ist sie heute nicht nur erfolgreiche Familien-Managerin, sondern auch eine ebenso erfolgreiche Fitnesstrainerin, die Menschen motiviert und mitreißt.
Möchten Sie mehr über mich und meine weiteren Bücher erfahren? Dann besuchen Sie mich gerne auf meiner Autorenseite unter Marie Sommer bei Amazon.
Marie Sommer
Inhalt
Was ist
Entwicklungspsychologie?
Einordnung
Aufgaben
Geschichte
Theorien
Jean Piaget
Biografie
Stufenmodell
Erik Erikson
Biografie
Phasenmodell
Grundlagen der Entwicklung
Entwicklung der Motorik und des Körpers
Entwicklung der Kognition und Wahrnehmung
Sprachentwicklung
Sozial-kognitive Entwicklung
Sozial-emotionale Entwicklung / Ich-Entwicklung
Entwicklung des Selbst
Auffälligkeiten oder Verzögerungen in der Entwicklung des Kindes
Auffälligkeiten in der motorischen Entwicklung
Probleme in der sprachlichen Entwicklung
Hinweise auf spätere Lernstörungen
Kurt Lewin – Forschung der Erziehungsstile
BIOGRAFIE
Erziehungsstile
Erziehungsstile im Überblick
Autoritärer Erziehungsstil
Antiautoritärer Erziehungsstil
Autokratischer Erziehungsstil
Demokratischer Erziehungsstil
Egalitärer Erziehungsstil
Laissez-Faire Erziehungsstil
Negierender Erziehungsstil
Permissiver Erziehungsstil
Erziehungspsychologie
Grundsätze der Erziehung
Anerkennung
Motivation
Struktur und Rituale
Regeln und Konsequenzen
Geborgenheit
Vorbildfunktion
Freiräume schaffen
Kommunikation
Liebe
Ausnahmefall Pubertät
Drogenkonsum
Grenzen und Grenzüberschreitungen
Zum Schluss
Vorwort
Der Kinderwunsch
Gibt es einen „richtigen“ Zeitpunkt für das erste Baby?
Erste Anzeichen für eine Schwangerschaft
Juhu, wir sind schwanger!
Ideen und Anregungen, wie Sie Ihren Partner mit der Baby-Nachricht überraschen können
Wie und wann sagt man es der Familie?
Wann kann/sollte oder muss der Arbeitgeber informiert werden?
FrauenarztTermine im Überblick
10 Monate sind 10 Monate!
Wochen-/Monatsübersicht
Der spannende erste Monat (Woche 1 bis 4)
Der zweite Monat (Woche 5 bis 8)
Das erste Trimester geht zu Ende (Woche 9 bis 12)
Der vierte Monat (Woche 13 bis 16)
Der fünfte Monat (Woche 17 bis 20)
Der sechste Monat (Woche 21 bis 24)
Der siebte Monat (Woche 25 bis 28)
Der achte Monat (Woche 29 bis 32)
Der neunte Monat (Woche 33 bis 36)
Der spannende 10. und letzte Monat (Woche 37 bis 40)
Tag der Geburt
Der große Tag der Entlassung
Die ersten Tage zu Hause
Das Schlusswort
Was erwartet Sie in diesem Buch?
Was ist Erziehung?
0-1 Jahr – Babyzeit
1-3 Jahre – Kleinkindzeit
3-6 Jahre – Kindergartenkind/Vorschulzeit
Verschiedene Erziehungsstile
Antiautoritärer Erziehungsstil
autoritärer Erziehungsstil
demokratischer Erziehungsstil
egalitärer Erziehungsstil
laissez-faire-Erziehungsstil
Permissiver Erziehungsstil
Autoritativer Erziehungsstil
Fazit – meine persönliche Meinung/Tipps zur Umsetzung
Alternative Erziehung
Montessori-Pädagogik
Pikler-Pädagogik
Waldorf-Pädagogik
Reggio-Pädagogik
Bedürfnisorientierte Pädagogik – Attachment-Parenting
Klassische Elternfehler
Achten Sie auf sich selbst
Kommunikation
Erziehung durch verschiedene Medien
Bücher
TV und Streaming
Smartphone und Tablet
Computer
Internet
Verkehrserziehung
Loslassen lernen
Kleinkinder loslassen
Teenager loslassen
Tipps für den Alltag
Tipps Allgemein
Wie wird Ihr Kind optimistisch?
Wie fördert man die Empathie?
Erziehung, sehr umstritten und weit verbreitet
Fazit
Vorwort
Das Pubertier
Jan Weiler
Das Buch – Der Film
Was passiert in der Pubertät?
Was passiert mit dem Körper?
Mädchen
Wachstum
Hormone und sexuelle Entwicklung
Die Brust, Scham- und Achselhaare
Jungen
Wachstum
Hormone und sexuelle Entwicklung
Die Hoden, der Penis, Scham- und Achselhaare
Der erste Samenerguss
Der Stimmbruch
Die Körperhygiene
Verhütung
Psychische Veränderungen und Probleme
Unterschied zwischen Mädchen und Jungen
Die Jahre im Chaos
Respekt
Was ist Respekt?
Respektlos kann vieles sein
Respekt funktioniert gegenseitig
Woher kommt respektloses Verhalten?
Sprache
Schule und Motivation
Warum Schule und Pubertät nicht zusammenpassen
Was Jugendliche motiviert
Kennenlernen und Verlieben
Die ersten Schritte
Der erste Kuss
Die erste Beziehung
Der erste Liebeskummer
Sexualität und das erste Mal
Sexuelle Orientierung
Medien und Alltag
Medienkompetenz
JIM-Studie und Nutzung von Internet & Co
Nachrichten
Bücher
Musik
Online-Angebote
Fernsehen
Spiele
Mobbing und Hate speech
Wie Eltern den Umgang mit Medien begleiten können
Risiken für Psyche und Körper
Psychische Folgen
körperliche Folgen
Süchtig nach …
Alkohol
Tabletten, Crystal, Amphetamine und Legal Highs
Tabak, Shisha und E-Zigaretten
Cannabis
Wie können Eltern helfen?
Grenzen undGrenzüberschreitungen
Privatsphäre
Manchmal ist Kontrolle gerechtfertigt
Grenzen und Regeln
Mit Beleidigungen umgehen
Vertrauen und Selbstwertgefühl
Wenn das Selbstvertrauen fehlt
Du kannst auf mich zählen
Sich selbst lieben lernen
Loben lernen
Widerstandskraft fördern
Selbstvertrauen stärkt die Selbstsicherheit
Nachwort
Quellenverzeichnis:
Impressum
ENTWICKLUNGS
PSYCHOLOGIE
Vom Kindes- bis zum Erwachsenenalter
Wie Sie die menschliche Entwicklung richtig verstehen & Störungen frühzeitig erkennen. Inkl. Methoden für eine optimale Kindererziehung
D
ie Entwicklungspsychologie ist in erster Linie interessant für Pädagogen, aber natürlich auch für andere pädagogische Fachkräfte wie uns Eltern. Die Erkenntnisse dieses Bereiches helfen uns, Aussagen richtig einzuordnen und zu bewerten. Es werden Werte und Normen definiert und trotz der sehr wissenschaftlichen Herangehensweise gibt es einen recht großen Anwendungsbezug. Die Schnittstellen zur Pädagogik zeigen sich in der Erziehungspsychologie und im sozialen Verhalten.
Das Wort “Entwicklungspsychologie” setzt sich zusammen aus „Entwicklung“ und „Psychologie“. Die Bedeutung des Wortes Psychologie kommt aus dem Griechischen. Hier bedeutet „psyché“ Seele und „lógos“ ist übersetzt die Lehre oder Wissenschaft. In der Psychologie werden mit Hilfe von wissenschaftlichen Tests die mentalen Prozesse und das Verhalten von Individuen untersucht. Wir sprechen hier also von einer wissenschaftlichen Methode, mit der Theorien und Behauptungen aufgestellt und Beweise dafür untersucht werden. Eine Annahme ist, dass unser Verhalten von der Umwelt geformt wird, indem wir uns anpassen oder unsere Umwelt an uns anpassen. Hier kann man das Verhalten gezielt beobachten und damit untersuchen, welche mentalen Prozesse genau zu diesem Verhalten führen.
Das Verhalten ist sehr abstrakt. Es kann bei jedem Kind, Jugendlichen und Erwachsenen beobachtet werden. Jeder passt sein Verhalten an den entsprechenden Kontext an. Wir sehen das bei Kindern im Kindergarten, in der Schule oder auch bei jungen Erwachsenen bei einem Konzert. In der Schule folgen unsere Kinder dem Lehrer (zumindest meistens), sie sitzen auf ihrem Platz und nehmen am Unterricht teil. Auf dem Konzert flippen sie aus, wenn sie ihren Schwarm auf der Bühne sehen. Unsere Kinder sind also in gewisser Weise schon angepasst an Situationen und verhalten sich dementsprechend. Andererseits versuchen Babys, durch dauerhaftes Schreien die Aufmerksamkeit der Eltern zu erhaschen, und oft verlieren diese irgendwann die Nerven und nehmen ihr Baby auf den Arm. So formen sich schon Babys eine eigene Umwelt.
Der Bereich Psychologie gehört zu den Sozialwissenschaften und hat Schnittstellen zu einigen anderen Bereichen der Wissenschaften. Die Entwicklungspsychologie ist ein Teilgebiet der Psychologie. Alle Unterbereiche befassen sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben und mit dem sozialen Verhalten von uns Menschen. Deshalb wird der ganze Bereich auch manchmal unter dem Begriff „Gesellschaftswissenschaften“ geführt. In dem Teilgebiet, das uns hier speziell interessiert, geht es um die geistige und körperliche Entwicklung während des gesamten Lebens. Mit „Entwicklung“ ist hier das Verhalten und Erleben von verschiedenen Situationen gemeint, das am Ende zu Veränderungen führt.
Es werden aber auch die Zeiten unter die Lupe genommen, in denen wir uns nur wenig verändern. Es geht also nicht um kurzzeitige Veränderungen, wie zum Beispiel einmal schlechte Laune zu haben, oder um Veränderungen, die beispielsweise auf einen Unfall zurückzuführen sind, es sei denn er hat zur Folge, dass man sich langfristig an etwas anpassen muss.
Die Entwicklungspsychologie befasst sich also nicht nur mit der Veränderung des Menschen, sondern auch mit intraindividuellen Unterschieden (das unterschiedliche Verhalten von Menschen zu unterschiedlichen Zeiten und in verschiedenen Situationen) und interindividuellen Unterschieden (bei gleichen definierten Basiswerten zeigen Menschen unterschiedliches Verhalten).
Zu Beginn war das Hauptziel der Entwicklungspsychologie eine exakte Festlegung, wann mit welcher Entwicklung zu rechnen ist. Damals entstanden viele Theorien, die beschrieben, wie sich einige Faktoren im Laufe der Entwicklung ändern. Diese Theorien gingen noch auf grundlegende Dinge zurück und waren recht oberflächlich.
Heute wird das Ganze sehr viel detaillierter betrachtet. Es gibt voneinander abgegrenzte Entwicklungsbereiche, wie die Sprachentwicklung, die motorische Entwicklung oder das Entwickeln eines Selbstkonzeptes. Zwar werden heute die Teilaspekte untersucht, wichtig ist es aber auch, den Zusammenhang zwischen allen Bereichen zu verstehen. Bei dreijährigen Kindern kann man zum Beispiel beobachten, wie sie miteinander umgehen, ob sie Augenkontakt halten oder nicht und welche motorischen Fähigkeiten sie haben. Mithilfe von Computern kann man heute schauen, in welcher Gehirnregion zu welcher Zeit und in welchem Kontext Aktivität stattfindet. Bei diesen Untersuchungen geht es heute nicht mehr um die konkrete Aussage, „Wenn die Situation X eintritt, dann geschieht automatisch Y“, sondern darum, wie wahrscheinlich es ist, das Y eintritt. Es wird also nach Mustern gesucht, um zu erklären, wie Verhalten funktioniert.
Die Multikausalität bezeichnet verschiedene Faktoren, die auf unser Verhalten einwirken. Hier unterscheidet man zwischen inneren und äußeren Faktoren. Zu den inneren Faktoren gehört zum Beispiel die Genetik (dispositionelle Faktoren). Äußere Faktoren können beispielsweise Erzieher oder Eltern sein, die auf ein Kind einwirken (situationale Faktoren). Es gibt sehr viele Faktoren, die auf uns einwirken. Deshalb können die Aussagen in der Entwicklungspsychologie auch nur Vorhersagen dafür sein, was am wahrscheinlichsten passieren wird. Diese Erkenntnisse gewinnt man wiederum aus wissenschaftlicher Forschung. Fakt ist aber, dass selten alle Wechselwirkungen und Bedingungen der Entwicklung bekannt sind und so niemals eine klare Aussage gemacht werden kann.
Es können lediglich Muster erkannt werden, die bei verschiedenen Kindern im gleichen Alter sehr ähnlich sind. Wenn zum Beispiel ein kleines Mädchen immer schüchtern gegenüber anderen ist, darf man annehmen, dass es bei Eintritt in den Kindergarten erst einmal zurückhaltend sein wird. Ein Kind, das vorher schon sehr offen und neugierig auf alles zugeht, wird das auch im Kindergarten weiterhin tun.
Mit solchen Annahmen kann man dann die weitere Entwicklung, auch Fehlentwicklungen, vorhersagen und frühzeitig darauf reagieren. Außerdem können so auch schon im Vorfeld schädliche äußere Einflüsse eingedämmt werden (z. B. Handynutzung von Kleinkindern, Ballerspiele bei Jugendlichen). Es kann gezielt präventiv eingegriffen werden (z. B. in der Schule Infoveranstaltungen zu Drogen und Sucht). Genau hier liegt die Schnittstelle zur Pädagogik.
Die Erkenntnisse der Entwicklungspsychologie haben zu einem veränderten Erziehungsverhalten geführt. Wurden die Kinder früher noch dazu erzogen, die Meinung von Erwachsenen nicht zu hinterfragen, werden sie heute in die Familie einbezogen und haben ein Mitspracherecht. In früherer Zeit ging man davon aus, dass ein Kind direkt zum Erwachsenen wird, eine Zwischenzeit gab es nicht. Die Pubertät, die wir heute kennen, fand damals nicht statt. Heute gibt es nicht nur die ERziehung, sondern eher eine BEziehung zu den Kindern. Aufgrund früherer Erkenntnisse wissen wir heute, welche Bedeutung Kontrolle und Beeinflussung haben.
Wann genau sich der erste Mensch mit Veränderungsprozessen beschäftigt hat, ist nicht bekannt. Es gab allerdings schon Philosophen in der Antike, die sich über die verschiedenen Lebensphasen Gedanken gemacht haben. Vom menschlichen Geist wurden schon Platon, Sokrates und Aristoteles inspiriert. Im Mittelalter gab es eine Kindheit – so wie wir sie heute kennen – noch nicht. Hier wurde kaum eine Unterscheidung zwischen Kindern und Erwachsenen gemacht. Selbst bei rechtlichen Belangen wurden Kinder wie Erwachsene behandelt. Kinderarbeit war damals völlig normal und mit den Besonderheiten der Entwicklung vom Kind zum Erwachsenen beschäftigte man sich damals noch nicht. Erst im 17. und 18. Jahrhundert begannen Wissenschaftler und Gelehrte, sich mit der Entwicklung des Menschen vertraut zu machen. John Locke (ein englischer Philosoph – 1631 bis 1704) stellte fest, dass die Entwicklung von den Erfahrungen abhängig ist, die man gemacht hat. Die menschliche Entwicklung nahm Jean-Jacques Rousseau unter die Lupe und schrieb 1762 seinen Roman “Emile oder über die Erziehung”. Er dachte, die Entwicklung sei von Natur aus vorgegeben und verläuft in 5 Stufen. Die ersten wirklichen Untersuchungen bei Kindern führte Dietrich Tiedemann (deutscher Philosoph) durch. Er beobachtete seinen Sohn und hielt alles in einem Tagebuch fest, das er 1787 veröffentlichte (“Beobachtung der Seelenfähigkeit bei Kindern”).
Die erste richtige Erforschung begann dann Mitte des 19. Jahrhunderts. Der Physiologe William Thierry Preyer veröffentlichte 1882 “Die Seele des Kindes: Beobachtungen über die geistige Entwicklung des Menschen in den ersten Lebensjahren”. Zum ersten Mal wurden hier Regeln festgelegt und das Verhalten dokumentiert. Auch ein Mediziner, William Preyer, beobachtete seinen Sohn in den ersten 3 Jahren jeden Morgen, Mittag und Abend. Deshalb wird sein Werk als Beginn der wissenschaftlichen Entwicklungspsychologie bewertet.
Wilhelm Wundt gründete 1879 sein Labor für experimentelle Psychologie in Leipzig. Auch William und Clara Stern haben die Entwicklung ihrer drei Kinder 18 Jahre lang streng dokumentiert. Sie führten über Jahre hinweg akribisch Tagebücher. Daraus entstand eine Buchreihe mit 24 Bänden. Ab diesem Zeitpunkt sprechen wir von den ersten Konzepten der Pädagogik. Das Ehepaar Stern formulierte damals schon, dass die Natur und die Kultur auf die Entwicklung einwirken.
Ungefähr zu dieser Zeit entwickelte sich auch die Psychologie zu einem eigenständigen Zweig. In den USA wurden 1883 die ersten psychologischen Labore eröffnet. Eines der wichtigsten Bücher schrieb William James 1890 (“The Principles of Psychology”). Die Entwicklungspsychologie wurde um 1900 interessant und erstmals auch wirklich wahrgenommen. Es wurden Institute gegründet und in Zeitschriften wurden die Theorien und Ideen publiziert. Ab diesem Zeitpunkt entstanden dann auch die unterschiedlichen Theorien, die teilweise auch heute noch herangezogen werden.
Außerdem wurden die ersten standardisierten Testmethoden (z. B. Intelligenztests) entwickelt. Erst 1970 erkannte man, dass die Entwicklung ein lebenslanger Prozess ist. Seither entstanden neben den bekannten großen Theorien auch viele kleinere, die sich mit einzelnen Bereichen beschäftigen. Diese expliziten Untersuchungen führten allerdings auch dazu, dass das ganze Thema ein wenig unübersichtlich wurde, da viele Experten mit unterschiedlichen Sichtweisen ihre Meinung kundgetan hatten.
Seitdem die Erforschung der Psychologie durch Experimente durchgeführt wird, entwickelten sich zwei Sichtweisen. Zum einen der Strukturalismus, der mit Wilhelm Wundt (1832-1920) in Verbindung gebracht wird und zum anderen der Funktionalismus, bei dem vor allem John Dewey (1859-1952) und William James (1842-1910) genannt werden sollen.
Der Strukturalismus erforscht durch wissenschaftliche Experimente die Struktur des Verhaltens und Denkens. Entscheidend ist der „Ist-Zustand“. Es wird also ein Verhalten beschrieben und anschließend gefragt, welche Strukturen dieses Verhalten beeinflussen können. Beim Funktionalismus wird gefragt, wofür dieses Verhalten nützlich sein könnte. Hier gibt es direkt Ansätze für die Pädagogik.
Ein weiterer Unterschied sind die endogene und exogene Perspektive. Die einen gingen davon aus, dass wir Menschen durch die Gene geprägt werden, und die anderen meinten, dass wir eher von angelerntem Verhalten beeinflusst werden.
W
ie weiter oben bereits erwähnt, sind sehr viele Theorien entwickelt worden, die versuchen, das Thema Entwicklung zu erklären. Zu den Theorien gehören neben dem sozialen Lernen von Albert Banduras auch folgende Theorien:
Näher eingehen möchte ich auf zwei Modelle:
Jean Piaget war ein Biologe aus der Schweiz und Pionier der kognitiven Entwicklungspsychologie. Außerdem ist er Gründer der genetischen Epistemologie, ein großes Forschungsprogramm zur Erkenntnistheorie im 20. Jahrhundert.
Irgendwann begann er, sich für andere Autoren zu interessieren, darunter Durkheim, Kant, Spencer und Comte. Daraus entwickelte er den Gedanken, dass jedes Handeln eine Logik hat und diese Logik ihren Ursprung in der spontanen Organisation der Handlungen hat. Diesen Gedanken hat er später zum zentralen Punkt seiner Arbeiten gemacht. Außerdem entdeckte er, dass auch unser Denken von Strukturen organisiert wird und die Gedanken nicht zufällig und unabhängig voneinander passieren.
Jean Piaget promovierte später in Naturwissenschaften und publizierte bis dahin zwei philosophische Schriften, die er später selbst als Jugendsünden bezeichnete. Diese Schriften werden aber heute als wegweisend beschrieben, da sie eine Verbindung von biologischen Erkenntnissen mit philosophischen Methoden herstellen. Er ersetzte die philosophischen Methoden der Spekulation und Reflexion durch experimentelle, wissenschaftliche Untersuchungen. So kam er zum ersten Mal mit der Psychologie in Kontakt. 1918 reiste er nach Zürich, um in einer psychiatrischen Klinik zu arbeiten. Hier entdeckte er die Psychoanalyse, die er aber ablehnte, weil sie damals nicht sehr populär war, um Erkenntnisse zum eigenen Denken zu finden.
1919 begann er in Paris noch einmal von vorne. Zusammen mit Théodore Simon arbeitete er an der Standardisierung von Intelligenztests für Kinder. Er hat sich hier nicht nur mit Statistik beschäftigt, sondern die Kinder direkt bei ihren Denkprozessen beobachtet. Eine wichtige Erkenntnis, die er erlangte, war, dass das Denken von Kindern und Erwachsenen qualitativ unterschiedlich ist. Da es zu dieser Zeit noch keine Möglichkeiten gab, die Denkprozesse zu messen, wählte er die freie Unterhaltung und bezeichnete diese als “klinische Methode”. Hier entdeckte er dann sein eigentliches Forschungsgebiet, in dem er versuchte, die Biologie, Philosophie und Psychologie miteinander zu verbinden.
Schwerpunkte wurden die Entstehung des formalen Denkens und das symbolische Denken. Schon 1921 wurde er zum Forschungsleiter an der Universität Genf. Mit seiner Frau Valentine Châtenay bekam er zwei Töchter und einen Sohn. Er versuchte, Informationen über die früheste Entwicklung des Erkenntnisverhaltens, von symbolischen Verhaltensweisen (Nachahmung und Spielen) und der Begriffsentwicklung festzuhalten. Seine ersten Erkenntnisse in dieser Richtung verdankte er also seinen eigenen Kindern. Daraus resultierten drei Veröffentlichungen über das sensomotorische Handeln ohne Verwendung der Sprache (das Stadium der intellektuellen Operation). Er konnte an seinen Kindern studieren, wie sich die Intelligenz von der Geburt bis zur Sprachentwicklung entwickelt.
Jean Piaget hat sich also den diskontinuierlichen Prozessen gewidmet. Solche Prozesse sind nach einer bestimmten Zeit abgeschlossen und ein neuer Prozess beginnt. Bekannt ist das Ganze auch unter dem Namen Stufenmodell. Das Stufenmodell von Piaget enthält vier Stufen, die jeder Mensch durchläuft.
Die erste Stufe beginnt mit der Geburt.
Da Babys am Anfang noch nicht reden können, sammeln sie die ersten Erfahrungen mit ihren Sinnesorganen (sensorisch) und mit Bewegungen (motorisch). Die Intelligenz zeigt sich hier, indem das Baby auf äußere Reize reagiert und die Bewegung immer besser koordiniert.
Piaget unterteilt die erste Stufe noch einmal in sechs Unterstufen:
Stufe 1: angeborene Reflexmechanismen (0 - 1. Monat)
In dieser ersten Stufe ist das Baby mit den angeborenen Reflexen ausgestattet. Es saugt, schluckt und greift ganz spontan. Durch Übung wird es immer besser und erkennt erste Unterschiede, zum Beispiel zwischen der Brust der Mutter und der Flasche.
Stufe 2: primäre Kreisreaktion (1. - 4. Monat)
Das Baby beschränkt sich nach wie vor auf seinen eigenen Körper, erkennt aber bereits angenehme Konsequenzen und wiederholt diese. Der Daumen, der ganz zufällig im Mund gelandet ist, wird als angenehm empfunden und so etabliert sich das Daumenlutschen. Die Erfahrungen sind auf die vorhandenen Dinge beschränkt. Als Kreisreaktion bezeichnet Piaget die Dinge, die für ein Baby interessant sind, auf die es eine Rückkopplung durch seine Sinnesorgane bekommt und die es deshalb wiederholt. Auch der Radius des Babys wird größer, so kann es mehrere Gegenstände sehen und danach greifen und seine Umwelt besser wahrnehmen.
Stufe 3: sekundäre Kreisreaktion (4. - 8. Monat)
Jetzt entdeckt das Baby, dass es selbst Effekte hervorrufen kann. Es kann seine Umwelt beeinflussen, zum Beispiel, indem es schreit und die Eltern angerannt kommen. Auch das Drücken auf den Knopf einer Spieluhr kann interessant sein, wenn dann eine schöne Melodie erklingt. Ganz am Ende dieser Stufe registriert das Baby auch schon, dass Dinge, die aus seinem Blickfeld verschwinden, nicht wirklich weg sind. Hier entwickelt es die ersten kognitiven Ansätze, indem es ein inneres Abbild des Gegenstandes erschafft, wenn dieser nicht mehr gesehen wird.
Stufe 4: intentionales Verhalten (8. - 12. Monat)
Als Intention wird hier das zielgerichtete Handeln verstanden. Das Kind überträgt bereits bekannte Effekte auf neue Situationen. Es probiert sich aus und verfeinert sein Verhalten. Auch die motorische Koordination wird besser, die Bewegungsabläufe werden flüssiger.
Stufe 5: tertiäre Kreisreaktion (12. - 18. Lebensmonat)
Das Kind versucht, zu verstehen, wann und warum bestimmte Reaktionen auftreten. Es interessiert sich immer mehr für neue Reizsituationen und versteht, dass es seine Umwelt beeinflussen kann. Es fängt an, zu experimentieren, und dadurch werden neue Handlungsschemata erlernt. Kinder entdecken, dass das Wasser in der Wanne anders spritzt, wenn man mit der Hand darauf schlägt, als wenn man die Badeente benutzt. Auch das Werfen mit einem Ball wird untersucht. Wirft man ihn mit einer Hand oder mit beiden Händen?
Stufe 6: Übergang zur voroperationalen Phase (18. - 24. Monat)
So langsam erkennen die Kinder, dass eine bestimmte Handlung ein bestimmtes Ergebnis hervorruft. Dadurch werden einige Dinge gar nicht mehr gemacht, weil sie nicht das gewünschte Ergebnis versprechen. Sie planen also bereits ein Stück voraus. Die inneren Abbilder sind jetzt ausgeprägt und so müssen Dinge nicht mehr immer physisch da sein, um sie zu begreifen. Der Fachausdruck für dieses Phänomen heißt „Objektpermanenz“.
“Die Verinnerlichung von Handlungen charakterisiert den Übergang zum Denken.” (Oerter & Montada - 1998, 521)
Diese Stufe startet nach der ersten Stufe und endet ungefähr mit dem 7. Lebensjahr.
Das Kind denkt. Es denkt noch nicht logisch, weil das Denken von der Wahrnehmung gesteuert wird. Es gibt noch ganz viele Irrtümer beim Denken, wie beispielsweise, dass ein Junge zum Mädchen wird, wenn er mit dem Spielzeug der Mädchen spielt.
Anthropomorphismus (Hang zur Vermenschlichung)
Gegenstände bekommen eine Persönlichkeit. Der Tisch, an dem sich das Kind gestoßen hat, ist böse, weil er im Weg stand.
Magisches Denken
Auch in vielen mystischen Filmen oder Märchen wird uns heute noch suggeriert, dass Kinder einen Sinn mehr haben als Erwachsene und die Magie begreifen. Tatsächlich ist es in dem Alter so, dass viele Dinge durch magisches Zutun passieren. Das liegt aber eher daran, dass unsere Kinder die Hintergründe noch nicht begreifen können. Genau wie bei der Objektpermanenz kann sich das Kind jetzt schon eine komplette Handlung vorstellen, vorausgesetzt, diese Handlung wurde bereits im richtigen Leben durchgeführt.
Kinder fangen jetzt an, nachzuahmen, was sie beobachten. Sie spielen Rollenspiele (ich bin der Papa und du bist jetzt das Kind) oder sie spielen Dinge aus dem Fernsehen nach.
Hier entstehen auch die ersten Missverständnisse beim Lernen. Zeigt man einem Kind drei Äpfel und zählt nacheinander ab, “eins”, “zwei”, “drei”, denkt das Kind, der dritte Apfel heißt “drei”. Fordert man das Kind jetzt auf, ihm die drei Äpfel zu geben, bekommt man nur Apfel Nummer drei. Es gibt noch keinen Mengenbegriff.
Die “Umschüttaufgabe” (Teil 1)
Ein sehr bekannter Versuch Piagets zu logischen Irrtümern ist das Umschütten von Flüssigkeiten. Vor den Kindern wird die Flüssigkeit aus einem breiten Gefäß in ein dünnes Gefäß umgeschüttet. Die Kinder gehen in dieser Entwicklungsphase automatisch davon aus, dass sich die Menge der Flüssigkeit verändert haben muss. Die Erkenntnis, dass dem nicht so ist, kommt erst zum Ende dieser Phase mit dem Übergang zu konkreten Operationen.
Egozentrismus
Die logischen Irrtümer beim Denken vermindern sich im Laufe der Zeit. Sie nehmen ca. ab dem 4. Lebensjahr ab. Was hingegen bleibt, ist die Logik des Kindes, dass es nur seine Ansicht gibt und diese auch die einzig richtige ist. In dieser Phase kann es die Sichtweise von anderen nicht verstehen. Hier geht es nicht um Egoismus, das ist ein Unterschied. Es ist nur die Sichtweise des Kindes gemeint, das sich nicht vorstellen kann, dass es neben seiner eigenen Ansicht noch viele andere geben kann. Ihm ist einfach nicht klar, dass andere Menschen auch eine andere Sichtweise haben können. Deshalb kann es sich auch nicht in andere hineinversetzen. Jedes Kind in diesem Alter glaubt, dass alle anderen genauso denken und fühlen wie es selbst.
Ein schönes Beispiel findet sich bei “Mönks & Knoers”:
Zentrierung
Von Zentrierung spricht Piaget, wenn das Kind nur auf ein Merkmal achten kann. Die Sichtweise ist in diesem Alter noch beschränkt. Er hat einen Versuch durchgeführt, bei dem Kinder vier verschiedene Stäbe der Größe nach sortieren sollten. Hier zeigte sich, dass Kinder zwischen zwei und vier Jahren immer nur zwei Stäbe miteinander verglichen, aber nicht alle vier. Ihnen fehlte also der komplette Überblick. Sie konnten die beiden obersten Stäbe richtig anordnen und die beiden untersten, aber nicht alle vier.
Die Wahrnehmung spielt ungefähr bis zum 7. bzw. 8. Lebensjahr eine große Rolle. Danach wirkt sie sich nicht mehr so auf die Urteilsbildung aus. Unsere Kinder kommen in die Schule und lernen spätestens jetzt, ganz konkret zu denken.
Die “Umschüttaufgabe” (Teil 2)
In dieser Stufe konnte Piaget den Kindern nichts mehr vormachen. Sie haben jetzt durchaus klare Denkstrukturen und eine gewisse Logik. Gießt man das Wasser von einem Gefäß ins andere und nimmt nichts davon weg, dann bleibt es die gleiche Menge (hier spricht man vom Aspekt der Identität). Selbst wenn es so aussieht, als wäre es mehr oder weniger Wasser, wird auch die Höhe und Breite der Gefäße bewertet (Aspekt der Kompensation). Hier wird jetzt also durch Logik und nicht mehr durch Wahrnehmung beurteilt.
Auch andere geistige Operationen sind jetzt möglich. Informationen werden geistig hin und her gewendet und die Reihenfolge von Schritten können umgekehrt werden. Ab nun zählen eher Begriffe als Bilder. Jetzt können die Kinder auch Unterklassen addieren (weiße plus braune Perlen sind Holzperlen und im Rückschluss bleiben von den Holzperlen minus weiße Perlen die braunen Perlen übrig (vgl. Mietzel, 1998 a, S. 87).
Schwierigkeiten gibt es noch bei unrealistischen Denkaufgaben, wie “Angenommen, Autos könnten fliegen, …”.
Hypothetisch-deduktives Denken
Wir reden hier von Schlussfolgerungen. Das ist die letzte Phase von der konkreten zur formalen Operation. Sind zwei Annahmen wahr, dann muss auch eine abgeleitete Folgerung wahr sein.
Beispiel:
Hieraus sollte nun folgen, dass mein Vater sterblich ist.
Ab jetzt sind die Jugendlichen vollständig in der Lage, Probleme hypothetisch zu lösen. Geistiges Variieren und logische Schlussfolgerungen sind möglich. Auch die “Was wäre, wenn …”-Fragen sind kein Problem mehr. Unrealistische Annahmen werden genauso angenommen wie abstrakte Probleme.
Piaget hat mit Inhelder in einem Versuch von 1958 herausgefunden, dass Probleme systematisch abgearbeitet werden. Die meisten Probanden fanden die Lösung, weil sie sämtliche Kombinationen ausprobiert hatten.
Piaget will die selbstständige Entwicklung anregen und ermöglichen. Das Kind selbst wird für seine Entwicklung aktiv. Dafür benötigt das Kind viele Angebote, um sich mit seiner Umwelt auseinandersetzen zu können. Das Umfeld ist also dafür zuständig, Materialien zu liefern und Probleme zu simulieren, um im Kind das Interesse zu wecken, selbstständig und aktiv zu reagieren.
Der deutsch-amerikanische Psychoanalytiker heißt korrekt Erik Homburger Erikson. Er wurde am 15. Juni 1902 in Frankfurt am Main geboren und verstarb am 12. Mai 1994 in Massachusetts. Er ist ein sogenannter Freudianer und Vertreter der Ich-Psychologie. Bekannt wurde insbesondere sein Stufenmodell der psychosozialen Entwicklung.
Die Mutter von Erikson, Karla, war Jüdin und kam aus Kopenhagen. Ihr Mann verließ sie damals und sie ging nach Deutschland. Zu diesem Zeitpunkt trug sie ihr Baby bereits im Bauch. Den Namen des Vaters hat sie nie bekannt gegeben, auch nicht ihrem Sohn gegenüber. Dieser suchte ein Leben lang nach ihm und litt sehr darunter. Wie viele Kinder, die einen Elternteil nicht kennen, stellte er sich seinen Vater als etwas ganz Besonderes vor. Erikson wuchs also anfangs in Frankfurt auf, damals unter dem Namen Erik Abrahamsen. 1905 hat seine Mutter den Kinderarzt Theodor Homburger geheiratet, daher die Änderung zum Nachnamen Homburger. Zu dieser Zeit war ihm nicht klar, dass Homburger nicht sein leiblicher Vater ist und die Schwestern Ellen und Ruth eigentlich nur seine Halbschwestern sind.
Erikson arbeitete nach dem Gymnasium zunächst als Künstler und Hauslehrer in Wien bei einer amerikanischen Familie. Über diese Familie kam er erstmals mit der Psychoanalyse in Berührung. Zunächst lernte er Anna Freud kennen, später dann auch Sigmund Freud, Ernst Kris und andere Anhänger dieser Bewegung. Damals gab er das Malen auf und machte eine Ausbildung zum Psychoanalytiker.
Erikson lernte 1929 die kanadische Erzieherin Joan Serson kennen, die er später heiratete und vier Kinder mit ihr bekam. In der eigenen Familie gab es keine Psychoanalyse. Über Probleme wurde nicht gesprochen. Seine Tochter sagte einmal, dass es in der Familie ein “Muster des Schweigens” gab. Ihr Vater hatte wohl eine sehr distanzierte Beziehung zu ihr. Traditionell war also die Mutter für die Erziehung der Kinder zuständig. Bei einem Sohn, Neil, wurde nach der Geburt das Down-Syndrom festgestellt, sodass Erikson ihn kurzerhand in ein Heim gab. Das alles tat er, ohne Rücksprache mit seiner Frau zu halten, und es wurde zum Tabuthema erklärt. Die Familie selbst zog dann weg und Neil starb mit 21 Jahren, ohne jemals wieder Kontakt zu seinen Eltern oder Geschwistern gehabt zu haben.
Als Jude musste Erikson vor den Nationalsozialisten fliehen und emigrierte mit seinem ersten Sohn Kai und seiner Frau nach Boston. Hier machte er die erste psychoanalytische Praxis für Kinder auf. Auch der Familienname änderte sich auf Erikson (nach der nördlichen Tradition ist Kai “Eriks Sohn” - daher Erikson) und nur er selbst behielt den Namen seines Stiefvaters bei. Später wurde er amerikanischer Staatsbürger und interessierte sich sehr für das Zusammenleben der Indianer. Er lebte eine Weile mit Sioux-Indianern und einem indianischen Fischerstamm zusammen und studierte deren Leben. Auch ohne Studium wurde er an mehreren Universitäten zum Professor für Entwicklungspsychologie. In Harvard entwickelte er damals sein Stufenmodell. Hier handelt es sich um die Weiterentwicklung der Analysen Freuds. Erikson unterteilt das Leben eines Menschen in acht Phasen, von der Geburt bis zum Tod.
In jeder Phase gibt es eine Krise, die zu weiteren Entwicklungen führt. Das Schlüsselwort für ihn ist die Ich-Identität (nicht die Entwicklung zum Ich, die oft als junger Erwachsener nachlässt). Mit seiner Frau zusammen entwickelte er das Phasenmodell. Auch als Übersetzerin war seine Frau tätig, da sie Englisch als Muttersprache gelernt hatte und so seine Arbeiten gut korrigieren konnte. Nach dem Tod ihres Mannes erweiterte sie das gemeinsame Stufenmodell um die neunte Lebensphase (hochbetagt).
In den 1950er Jahren verfasste Erikson Biografien über Mahatma Gandhi (Gandhis Wahrheit. Über die Ursprünge der militanten Gewaltlosigkeit) und Martin Luther (Der junge Mann Luther. Eine psychoanalytische und historische Studie), die psychoanalytisch orientiert waren. Die Biografie zu Gandhi brachte ihm 1970 sogar den Pulitzer Preis ein.
Er selbst hat sich ein Leben lang in Frage gestellt. Er war verunsichert, hielt sich für unzulänglich und wertlos. Seine Frau lernte er kurz nach einer schweren Depression kennen und ohne sie hätte er möglicherweise gar nicht so lange gelebt.
Ungefähr zehn Jahre vor seinem Tod begann er, sich geistig und emotional zurückzuziehen. Ab diesem Zeitpunkt führte seine Frau die Arbeit allein weiter, bis sie 1997 (drei Jahre nach ihrem Mann) selbst verstarb.
Genau wie Piaget geht Erikson von Phasen aus, die aufeinander aufbauen. Er weist jeder Phase eine bestimmte Charaktereigenschaft zu. Heute ist dies umstritten.
Erikson sah die Krisen im Leben als “notwendige Prozesse, die Evolution und Veränderung antreiben. Krisen sind Situationen, die uns erlauben, uns zu ändern, zu wachsen und mehr über uns zu lernen”. Auch er hat erkannt, dass wir uns ständig verändern und uns immer weiter Wissen und Erfahrungen aneignen. Wäre das nicht der Fall, blieben wir in einer der Phasen stecken. Im Gegensatz zu Freud beachtete Erikson in seinen Phasen die psychosoziale Entwicklung. Jede Krise im Leben (die, nach seiner Annahme, in jeder Phase stattfindet) ist ein Wendepunkt in unserer Entwicklung. Wir können daraus psychologische Stärken entwickeln oder die Chance zur Veränderung ungenutzt verstreichen lassen. Setzen wir uns dem Konflikt aus, überwinden wir diese Phase und können in die nächste übergehen. Schaffen wir das nicht, könnte es sein, dass wir der nächsten Stufe nicht gewachsen sind.
Somit sagte er, dass wir im Laufe unseres Lebens Verhaltensweisen und Handlungen erlernen, die uns kompetent machen. Durchlaufen wir alle Phasen unproblematisch, dann haben wir mehr und mehr das Gefühl, immer mehr Kompetenz zu erlangen. Wird eine Phase jedoch nicht so durchlaufen, leiden Menschen unter dem Gefühl, nicht gut genug zu sein.
Die Entwicklungsphasen von Erikson sehen wie folgt aus:
(Ich bin, was man mir gibt.)
Babys sind von ihren Eltern abhängig, anfangs vor allem von ihren Müttern (durch das Stillen). Die Bindung an die Eltern zeigt ihnen, dass sie vertrauen dürfen. Das werden sie lernen, wenn wir als Eltern uns um unsere Babys kümmern, ihnen zu essen geben, sie wickeln und für die kleinen Würmer da sind. Irgendwann im ersten Jahr nimmt unser Baby seine Umgebung wahr und beginnt, diese zu entdecken. In dieser ersten Phase ist die größte Herausforderung, keine Angst zu haben, wenn die Eltern aus dem Blickfeld geraten. Machen wir alles richtig, wird unser Baby diese Angst überwinden und wissen, dass wir da sind, wenn es nötig ist. Hat unser Baby dieses Vertrauen aber nicht, wird es misstrauisch und skeptisch werden. Es lernt, von anderen nichts zu erwarten. Erikson ging also davon aus, dass ein Baby, was in einer liebevollen Umgebung aufwächst, auch zukünftig mit diesem Blick in die Welt gehen wird.
(Ich bin, was ich will.)
In dieser Zeit wird unser Baby zum Kleinkind und fängt an, sich frei und unabhängig zu bewegen. Je größer der Bewegungsradius wird, umso mehr bekommen sie das Gefühl der Selbstbestimmung. Wir Eltern sollten diese Phase fördern und unseren Kindern die Möglichkeit geben, eigene Entscheidungen zu treffen. So werden sie diese Phase mit einem gesunden und gefestigten Selbstvertrauen beenden.
In dieser Phase versuchen sie aber auch, durch Weinen das zu bekommen, was sie wollen. Kommen wir Eltern diesem Weinen nicht nach, beginnen unsere Kinder, an sich zu zweifeln, und sie werden kaum noch die Initiative ergreifen. Sie werden sich verstecken und unsichtbar sein wollen. Das Selbstwertgefühl wird leiden und im Zweifel einen lebenslangen Glaubenssatz festigen.
Erikson war davon überzeugt, dass das Gleichgewicht zwischen Autonomie und Scham zu einem selbstbestimmten Kind führt, das vernünftig handelt und die Grenzen anerkennt, die ihm gegeben werden.
(Ich bin, was ich mir vorstellen kann, zu werden.)
Hier kommen wir in das Alter der Rollenspiele und Selbstinitiative. Kinder lernen spielend, indem sie andere nachmachen und in verschiedene Rollen schlüpfen. Sie entdecken ihre Macht und Kontrolle und können sich spielerisch behaupten. Finden unsere Kinder hier ein gutes Gleichgewicht zwischen der Zusammenarbeit mit anderen und der Eigeninitiative, werden sie lernen, die Ziele erreichen zu können, die sie erreichen wollen.
Zum ersten Mal vergleichen sie auch andere Kinder mit sich selbst und das kann schon einmal zu Eifersucht führen. Unser Kind könnte gekränkt sein, wenn wir als Eltern jemand anderem einmal mehr Aufmerksamkeit schenken als ihm. Kommt das öfter vor, kann das Kind Angst und Schuldgefühle entwickeln. Schuldgefühle sind nur dann hilfreich, wenn sie dem Kind zeigen, dass etwas falsch gelaufen ist. Kommen diese Gefühle aber gehäuft vor, kann es sein, dass das Kind neue Herausforderungen ablehnt, weil es nicht glaubt, diesen gewachsen zu sein. Schuld ist ein starker Auslöser von Angst.
(Ich bin, was ich lerne.)
So langsam kommt das Kind in ein schulpflichtiges Alter. Spätestens in der Schule wird es neu gefordert und eignet sich Wissen und weitere Fähigkeiten an. Die Aufgaben werden komplexer, aber um gelobt zu werden, sollten sie die Aufgaben meistern. Auch die Entwicklung des Gehirns schreitet voran, was es den Kindern erlaubt, auch abstrakt zu denken. Klappt etwas gut, bekommt es dafür Anerkennung. Allerdings vergleichen die Kinder sich und ihre Fähigkeiten auch mit anderen und sollten diese noch mehr Anerkennung erhalten, dann kann das dazu führen, dass das Kind anfängt, sich minderwertig zu fühlen. Es ist schwer, hier ein Gleichgewicht zu finden. Wichtig an dieser Stelle ist es, den Kindern auch den Umgang mit Misserfolgen zu erklären, sonst trauen sie sich irgendwann gar nichts mehr zu und lehnen jede Aufgabe ab – aus Angst, zu versagen.
In Bezug auf diese Phase sprach Erikson auch von Kompetenz. Kinder glauben an sich und stellen nicht in Frage, ob sie einer Aufgabe gewachsen sind. Sie erkennen, welche Ziele sie realistisch erreichen können und welche noch zu weit weg für sie sind.
(Ich bin, was ich bin.)
Auch wenn es damals das Wort „Pubertät“ noch nicht gab, so hat auch Erikson erkannt, dass Jugendliche in diesem Alter an vielem zweifeln. Die biologischen Veränderungen im Körper stürzen die jungen Erwachsenen in eine Identitätskrise. Sie verstehen nicht, was mit ihnen passiert, sind verwirrt und mögen das, was sie gestern noch toll fanden, heute nicht mehr. Wenn sie in den Spiegel schauen, gefällt ihnen nicht immer, was sie sehen. Sie werden sehr idealistisch und sind leicht zu beeindrucken.
Schaffen sie es, diese Phase zu überstehen, gehen sie mit einer neuen Identität daraus hervor. Sie finden ihre Rolle in der Gesellschaft und neue Ziele. Schaffen sie es nicht, werden sie weiter versuchen, jemand zu sein, der sie nicht sind. Erikson sah in dieser Phase die Grundlage für das zukünftige Erwachsenenleben.
(Wir sind, was wir lieben.)
In dieser Phase stabilisiert sich das Erwachsenendasein. Als Erstes wird die Rolle der Identität endgültig festgelegt. Wir fangen an, uns anzupassen, zumindest noch als junger Erwachsener. Wir finden heraus, was wir nicht bereit sind, zu tun, und handeln initiativ. Es werden neue Konzepte entwickelt und umgesetzt. Es werden Familien gegründet, ein neuer Freundeskreis entsteht und das Arbeitsleben beginnt. Durch diese vielen neuen Herausforderungen und die damit verbundenen Entscheidungen stabilisieren Erwachsene ihr Leben. Einige Dinge werden aufgegeben und andere erschließen sich uns. Wir sind bereit, Verpflichtungen nachzukommen, die manche Beziehungen von uns erwarten.
Schaffen es Menschen in dieser Zeit nicht, ihre Angst vor dem Neuen in den Griff zu bekommen, könnten sie später möglicherweise sehr isoliert leben. Auch bei Schwierigkeiten in intimen Beziehungen kann es zu Gefühlen der Angst kommen. Finden wir keinen Partner, fühlen wir uns einsam und allein. Das kann zu Minderwertigkeitsgefühlen führen und Glaubenssätze etablieren, die uns im Leben nicht weiterhelfen (Ich bin nicht gut genug.).
(Ich bin, was ich bereit bin, zu geben.)
Die Definition der Generativität von Erikson ist das Verlangen, in einem reiferen Alter eine kommende Generation zu gründen und zu führen. Passiert das nicht, hat der Mensch das Gefühl, keinen Einfluss auf die Zukunft zu haben und es kommt zur persönlichen Stagnation. Wir bauen unser Leben weiter aus, leben mit unserer Familie und die Karriere geht voran. Im mittleren Alter denken wir nicht mehr nur an unser direktes Umfeld, unser Horizont erweitert sich. Es geht nicht mehr nur um uns selbst und unsere nächsten Angehörigen. Wir wollen etwas leisten, das zum Vermächtnis wird. Schaffen wir das, erfüllt es uns sehr. Vollkommenheit erlangen nur die Menschen, die Ziele erreicht haben, nicht gescheitert sind und die ihren Ideen Zeit und Sorgfalt gewidmet haben.
Wenn wir dieses Ziel aber nicht erreichen, kann es auch sein, dass wir das Gefühl haben, nichts Sinnvolles erreicht zu haben oder gar erreichen zu können. Wir stellen den Erfolg unseres Lebens in Frage.
(Ich bin, was ich mir angeeignet habe.)
Diese letzte Phase des Lebens kann sehr friedlich und ruhig verlaufen oder voller Angst und Unruhe sein, je nachdem wie wir die vorherige Phase durchlaufen haben. Normalerweise sollten wir jetzt in der Lage sein, unser bisheriges Leben realistisch einzuschätzen. Es kann sehr erfüllend sein, wenn wir Überlegungen und Erfahrungen kombinieren können. Wir schauen auf die Fußspuren, die wir hinterlassen haben, auf gemeinsame Erlebnisse und auf das, was wir alles erreicht haben. Sind wir grundsätzlich zufrieden mit unserem Leben, dann verzeihen wir jetzt unserem jüngeren Ich so manchen Fehler.
Natürlich erleiden wir in dieser Lebensphase Verluste. Das Gefühl, jetzt schon mehr erlebt zu haben, als noch vor uns liegt, kann verunsichern. Wir können nostalgisch werden, wenn es ungelöste Probleme oder wenn es Phasen gibt, die wir nicht komplett vollendet haben. Dann können wir in Depressionen verfallen, weil wir Angst vor Krankheiten und dem Tod haben.
D
ie Entwicklung unserer Kinder ist verschiedenen Faktoren unterworfen. Im Laufe unseres Lebens erwerben wir motorische Fähigkeiten, entwickeln eine Sprache und durchleben eine soziale Entwicklung. Außerdem entwickeln unsere Kinder im Laufe der Zeit ein Gefühl für sich selbst und später auch für andere. Sie lernen Emotionen kennen und müssen damit umgehen lernen.
Die Motorik ist das Erste, was ein Kind lernt. Am Anfang greifen die Babys nach unseren Händen. Sobald es geht, fangen Kinder an, zu sitzen und zu krabbeln, später stehen sie auf und lernen, zu gehen. Es ist schwer, hierfür einen Zeitplan festzulegen, denn jedes Kind entwickelt sich anders.
Viele Kinder lernen Laufen über Herumrobben auf allen Vieren oder Krabbeln. Andere lassen das einfach weg und die Eltern machen sich schon Sorgen, bis ihr Kind auf einmal steht und sich an der Schrankwand entlang hangelt. Andere Kinder kriechen erst einmal nur rückwärts oder rollen über den Boden. Die Motorik entwickelt sich bei manchen in parallelen Schritten, andere gehen einen Schritt nach dem anderen. Fakt ist aber, dass fast alle Kinder mit 10 Monaten frei sitzen und mit 20 Monaten frei gehen können.
Ist unser Kind erst einmal auf den Beinen, macht es die Wohnung unsicher. Jeder neue Untergrund ist eine Herausforderung und spannend. Kann sich ein Kind in der Wohnung sicher bewegen, ist es möglich, dass es auf Sand keinen Schritt tun mag oder auf der Wiese Probleme bekommt, weil es den Untergrund noch nicht kennt oder er nicht so eben ist, wie der bekannte. Dennoch wird Ihr Kind immer sicherer und mit jedem Schritt und jedem Tag werden die Entfernungen, die es zurücklegt, größer.
Es ist möglich, dass ein Kind mit der Entwicklung der Motorik so beschäftigt ist, dass andere Entwicklungen auf der Strecke bleiben. Dann erweitert sich zum Beispiel ihr Sprachschatz nur geringfügig oder sie wollen auf einmal keine Bücher mehr anschauen. Das ist kein Grund zur Sorge. Wenn Ihr Kind sicherer auf den Beinen wird, sollte es die anderen Bereiche wieder mit einbeziehen und schnell nachholen. Wichtig ist es natürlich, alle Gefahrenquellen in der Wohnung und der Umgebung, in der sich Ihr Kind oft aufhält, zu entschärfen, beispielsweise scharfe Tischkanten, Schranktüren, an denen man sich die Finger einklemmen kann, und spitze Gegenstände auf dem Fußboden. Experten raten mittlerweile auch von Lauflernhilfen ab. Zum einen bergen auch diese ein Risiko, sich zu verletzen, und zum anderen erleichtern sie das Laufen lernen nicht wirklich.
Der nächste Schritt ist das Herumtoben. Jetzt wird auch die Welt unserer Kinder größer. Sie sind auf dem Spielplatz aktiv, tollen auf der Wiese oder toben durch Felder und Wiesen. Das ist sehr wichtig, weil die Kinder so lernen, mit ihrem Körper umzugehen und sich somit neue Fertigkeiten anzueignen. Auf einmal können sie auch rückwärts laufen, drehen sich im Kreis, steigen Treppen, balancieren und lernen Roller fahren. So verfeinert Ihr Kind seine Koordination und stärkt Ausdauer und Muskeln.
Unser Job als Eltern ist es nicht, unserem Kind das alles beizubringen. Das schafft es von ganz allein. Wir sind die Unterstützer, Ideengeber und Tröster. Wir sollten unserem Kind so viel altersgerechte Abwechslung wie möglich schaffen, damit ganz viele Erfahrungen gesammelt werden können, um sich geschickter und sicherer zu bewegen. Natürlich testen unsere Kinder hier schon ihre Grenze und schießen manchmal über das Ziel hinaus. Dann stürzen die Kinder und brauchen unsere Hilfe. Zum einen müssen wir natürlich die Verletzung versorgen, zum anderen sind wir aber auch dafür da, unser Kind aufzumuntern und ihm klar zu machen, dass es trotzdem weiter machen sollte. So gewinnen die Kinder neben den Fertigkeiten auch Selbstvertrauen. Lassen Sie Ihr Kind machen und helfen Sie nicht bei allen Versuchen nach. Es geht darum, etwas allein zu schaffen. Sie sollten natürlich bereitstehen, wenn es gefährlich werden könnte.
Früher habe ich oft Eltern auf dem Spielplatz beobachtet. Sie hoben ihr Kind hoch auf die Rutsche, weil sie die Stufen noch nicht allein hochsteigen konnten. Wenn man selbst mit seinem Kind oft auf dem gleichen Spielplatz ist, sieht man dann auch häufig die gleichen Eltern. Die Kinder, die nie die Stufen hochlaufen mussten, sahen auch keinen Grund, das zu erlernen, sie wurden ja hochgehoben. Natürlich war das Geschrei irgendwann groß, als die Eltern auf einmal der Meinung waren, die Kinder müssten das Hochsteigen jetzt können. Sie konnten es nicht, woher auch. Auch das muss geübt werden. Andere Kinder wurden nicht auf die Rutsche gesetzt. Sie konnten erst dann rutschen, wenn sie die Stufen auch hinauf kamen. Dabei standen ihnen die Eltern natürlich zur Seite. Diese Kinder hatten am Ende viel mehr Spaß am Rutschen, weil sie es selbst geschafft hatten.
Sollten Sie unsicher sein, ob sich Ihr Kind altersgemäß entwickelt, fragen Sie beim Kinderarzt nach. Natürlich gibt es bei manchen Kindern Beeinträchtigungen. Eine frühe Erkennung von Entwicklungsverzögerungen erlaubt den Einsatz therapeutischer Maßnahmen, um Bewegungsabläufe zu erlernen. So können Spätfolgen oft sehr gemildert oder verzögert werden. Auch körperlich verändern sich die Babys zu Kleinkindern, Kindern und Jugendlichen. Sie verlieren den Babyspeck und sehen nicht mehr so pummelig aus. Anfangs haben die Babys noch einen ziemlich großen Kopf, er wächst aber dann im Gegensatz zum Körper langsamer. Dafür legen Beine und Arme rasant zu. Durch die Veränderung der Proportionen verlagert sich der Schwerpunkt des Körpers im Laufe der Zeit nach unten. So können die Kinder auch leichter das Gleichgewicht halten. Ungefähr ab dem vierten Lebensjahr zeigt sich der anlagebedingte Körperbau. Die Kinder bauen Muskeln auf, nehmen zu und die Knochen werden kräftiger. Ein Jahr später könnten wir dann schon von Bekannten, „das ist ganz die Mutter”, hören. Ab jetzt bekommt unser Kind einen Gesichtsausdruck und es wird einem Erwachsenen immer ähnlicher.
Die Kognition oder die geistigen Fähigkeiten entwickeln sich nach und nach. Zu diesen Fähigkeiten gehören unter anderem Gedächtnisleistungen, Kreativität, Aufmerksamkeit, Problemlösung und Handlungsplanung.
Ganz am Anfang reagieren die Kinder nur auf Geräusche und erkennen, aus welcher Richtung diese kommen. Dinge werden zwar gesehen, aber doch eher mit dem Mund erkundet. Das Baby schaut uns an, wenn wir im Zimmer sind, und folgt uns mit dem Kopf. Es fängt an, nach Dingen zu greifen, und legt auch irgendwann schon Gegenstände in eine Schachtel. Etwas später zeigt es mit dem Finger auf etwas und versucht, mit Stiften zu malen. Mit dem zweiten Geburtstag kann das Kind schon unterschiedlich große Becher ineinander stapeln, Türme bauen und Deckel aufschrauben. Nach dem dritten Geburtstag werden einfache Puzzle interessant. Das Kind kann eigene Körperteile benennen und zwischen einem und vielen unterscheiden. Auch kennt es jetzt schon zwei Farben und kann diese unterscheiden. Wenn Ihr Kind vier wird, kann es langsam mit Zahlen umgehen. Es kann Mengen zwischen eins und drei erfassen. Auch unterschiedliche Farben, Größen und Formen kann es jetzt gleichzeitig beachten. Die Grundfarben sind kein Problem mehr und die Puzzles werden größer. Ein Jahr später kann Ihr Kind bis zu zehn Gegenstände zählen, baut Pyramiden aus mindestens sechs Bauklötzen und merkt sich vier Dinge, die unter einem Tuch versteckt werden. Mit dem sechsten Lebensjahr versteht das Kind die Regeln von Spielen, es kennt die meisten Farben und zählt bis zehn.
Bei der sprachlichen Entwicklung geht es darum, wie viele Wörter das Kind lernt und wie es im Laufe der Zeit diese Wörter einsetzt. Ganz am Anfang ahmt Ihr Kind nur Laute nach, gern von Tieren. Irgendwann im Laufe des ersten Jahres kommen dann oft “Mama” und “Papa” oder “Oma” hinzu. Kurze Worte, die Ihr Kind immer wieder hört. Interessant ist es, zu sehen, dass das Kind durchaus schon auf seinen Teller schaut, wenn wir ihm das sagen. Es kennt also den Begriff, kann ihn selbst aber noch nicht aussprechen.
Ab dem zweiten Jahr wird der Wortschatz schon größer. Ihr Kind spricht schon bis zu 50 Wörter und fängt an, auch zwei Wörter oder mehr hintereinander zu sprechen. Es entwickelt ein Verständnis dafür, was “kalt” oder “schwer” ist, und bittet auch schon um Hilfe, wenn etwas nicht geht. Hat Ihr Kind Kuscheltiere oder Puppen, kann es auch schon die Körperteile benennen.
Ab dem dritten Lebensjahr werden Bilderbücher interessant, weil jetzt auch die Handlungen langsam verstanden werden. Das Kind kommuniziert mit seinem Teddy und fängt an, zu singen. In dem Alter sind Reime ganz toll. Hier rutschen wir in die erste Fragephase. Warum ist das so? Wieso machst du das? Das kann bei wissbegierigen Kindern durchaus anstrengend werden, denn sie können einem tatsächlich ein Loch in den Bauch fragen. Es lohnt sich aber immer, diese vielen Fragen zu beantworten. Ihr Kind spricht also langsam in ganzen Sätzen, hat einen großen Wortschatz und einen noch größeren passiven Wortschatz. Es versteht Aufforderungen und antwortet mit “Ja” und “Nein”.
Im vierten Jahr erzählt uns ein Kind schon, was in den Bilderbüchern passiert. Es versteht also den Inhalt und kann ihn auch wiedergeben. Das ist die Zeit, in der die Kinder uns nach dem Besuch des Kindergartens ihren ganzen Tag erzählen. Oft sind die Erzählungen zeitlich noch ein wenig durcheinander, aber die Aufregung bringt das so mit sich. Mittlerweile kann Ihr Kind sogar das Gegenteil von “heiß” oder “sauber” benennen. Die Fragephase dauert noch an.
Ab dem fünften Jahr können Sie mit einfachen Weihnachts- oder Geburtstagsliedern oder Gedichten rechnen. Das Gedächtnis des Kindes ist jetzt schon so weit entwickelt, dass es sich kleine Verse oder Lieder merken bzw. auswendig lernen kann. Kinder in dem Alter erklären beim Spielen, was sie machen, sprechen komplette Sätze und antworten auch auf Fragen. Auch die Erzählungen aus dem Kindergarten werden in der korrekten chronologischen Reihenfolge wiedergegeben.
Ab dem sechsten Lebensjahr ist die grundsätzliche Entwicklung mehr oder weniger abgeschlossen. Natürlich kommen im Laufe der Zeit noch weitere Wörter hinzu, das erleben wir ja selbst als Erwachsene noch. Ihr Kind ist jetzt bereit, in seiner Muttersprache komplette Sätze zu bilden, Geschichten zu verstehen und wiederzugeben und Erlebnisse geordnet und verständlich zu erzählen.