DNS der Weltmarktführer - Jürgen Meffert - E-Book

DNS der Weltmarktführer E-Book

Jürgen Meffert

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Beschreibung

Vorbild Mittelstand: der Code des Erfolgs Sie wachsen schneller, verdienen mehr als Konzerne und sind auch profitabler als kleine Firmen: Die mittelständischen Großunternehmen sind der stärkste Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Was macht sie so erfolgreich? Holger Klein und Jürgen Meffert haben mehr als 700 Unternehmen untersucht und für vier Strategietypen die Erfolgscodes ermittelt: Kostenführer, Spezialisierer, Kompetenzführer und Innovationschampions haben alle das Zeug dazu, an die Weltspitze zu kommen. Innovation, Internationalisierung des Absatzes, Optimierung der Wertschöpfung und Professionalisierung der Führungsfunktionen sind die Kriterien des Erfolgs und somit die Themen dieses Buches. Kompetenzen ausbauen, profitabel wachsen, sicher entscheiden – die branchenübergreifende Studie zeigt, wie Unternehmen mit einer intelligenten Strategie im globalen Wettbewerb die Nase vorn haben und bietet Entscheidern wertvolle Handlungshinweise.

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Jürgen Meffert | Holger Klein

DNS der Weltmarktführer

Erfolgsformeln aus dem Mittelstand

McKinsey Perspektiven

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://d-nb.de abrufbar.

2. Auflage 2013

© 2007 by Redline Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH Nymphenburger Straße 86 D-80636 München Tel.: 089 651285-0 Fax: 089 652096

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme gespeichert, verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Lektorat: Michael Schickerling, Landsberg am Lech Umschlaggestaltung: Jarzina Kommunikations-Design, Köln Umschlagabbildung: Colin Anderson, Corbis Satz: Jürgen Echter, Landsberg am Lech Druck: Interpress Kft, Ungarn

ISBN 978-3-636-03109-9 ISBN E-Book (PDF) 978-3-86414-489-9 ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-86414-490-5

Weitere Informationen zum Verlag finden Sie unter

www.redline-verlag.de

Beachten Sie auch unsere weiteren Verlage unterwww.muenchner-verlagsgruppe.de

ebook by ePubMATIC.com

Inhalt

Die Wachstumsformel der großen Mittelständler

1     Die DNS des Erfolgs

»Die goldene Größe« Interview mit Dr. Nicola Leibinger-Kammüller

2     Erfolg braucht Strategie – aber welche?

3     Strategiewechsel: Wachsen oder Weichen auf dem Weg zum Kompetenzführer

4     Innovationen: der wichtigste Faktor für den Erfolg

5     Weltmarktführer: Wie die Mittelständler internationale Märkte erobern

6     Wertschöpfung: Globale Arbeitsteilung sichert Kostenposition

7     Professionalisierung: Wie die Besten organisieren, finanzieren und führen

»Was können Finanzinvestoren besser als Familienunternehmer?« Interview mit Dr. Jürgen Heraeus und Steve Koltes

8     Profitables Wachstum: Die Manager haben es in der Hand

Beispielauswertung: Was die Mittelständler von der Teilnahme an der Umfrage haben

Sachregister

Unternehmensregister

Danksagung

Autoreninformation

Die Wachstumsformel der großen Mittelständler

Sie residieren oft in eher unbekannten Orten wie Dietzenbach oder Bienenbüttel, doch ihr Feld ist die Welt. Deutschlands große Mittelständler meistern aus der Provinz die Herausforderungen der Globalisierung – und wie: Sie wachsen schneller und verdienen besser als die Unternehmen jedes anderen Größensegments der deutschen Wirtschaft.

Als unsere große Umfrage »Unternehmertum Deutschland« unter mittelständisch geprägten Großunternehmen das Grundmuster des Erfolgs dieser tüchtigen Unternehmen aufdeckte, war unsere Neugier geweckt. Was macht die Unternehmen mit Jahresumsätzen zwischen 50 Millionen und 3 Milliarden Euro so erfolgreich? Wie ist es ihnen gelungen, so kräftig zu wachsen, dass sie allein im Inland während der vergangenen fünf Jahre eine knappe Million neue Arbeitsplätze schufen?

Gemeinsam mit McKinsey-Kollegen machten wir uns auf zu einer Reise durch den deutschen Mittelstand. In einer Vielzahl von Gesprächen und strukturierten Interviews spürten wir den »Erfolgsgenen« nach, überprüften Hypothesen, diskutierten mit Gründern, Erben und Managern. Reihenweise fielen dabei Vorurteile. So muss es selbst im Hochlohnland Deutschland nicht immer Hightech sein – Erfolgsgeschichten werden auch auf dem Bau geschrieben oder im Handel mit Gartenerde. Oder: Die mythische Figur des Unternehmers ist kein Garant für den Erfolg – inhabergeführte Mittelständler schneiden im Schnitt nicht besser ab als Unternehmen, die von angestellten Managern gesteuert werden.

Andere Thesen bestätigten sich: Flache Hierarchien, schnelle Entscheidungen, unprätentiöses Auftreten – die Erfolgsunternehmen meiden die Meetingkultur großer Konzerne, das Management ist durchweg nah am Kunden und kann auch mit dem Facharbeiter in der Fertigung ohne Dolmetscher kommunizieren.

Was ist nun das Erfolgsgeheimnis der großen Mittelständler? Sie vereinen das Beste aus zwei Welten: Trotz stattlicher Unternehmensgröße haben sie sich die schlanken Strukturen erhalten, agieren eher als Schnellboot denn als Tanker. Die ärgsten Härtetests haben diese Unternehmen mit dem Passieren der Umsatzmarke von 50 Millionen Euro hinter sich: Sie sind groß genug, um sich die nötigen Finanzierungsquellen zu erschließen und professionelle Managementmethoden zu erarbeiten. Doch die Hybris vieler Großer – Motto: »Wir können alles« – ist ihnen fremd. Sie konzentrieren sich auf ihr Kerngeschäft statt zu diversifizieren und halten so die Komplexität im Griff.

Nachdem die Erfolgsfaktoren großer Mittelständler auf Basis der Mittelstandsumfrage herausgearbeitet worden waren, wollten wir wissen, wie es die Besten denn nun genau machen: Wie engagiert sich der Werkzeugmaschinenhersteller Trumpf für Innovation, was unternimmt Hella in Sachen Strategie, wie geht Seidensticker mit dem Thema Outsourcing um? Längst nicht alle Vorbilder tragen bekannte Namen, Exzellenz fanden wir ebenso bei Unternehmen, die der breiten Öffentlichkeit unbekannt sind: Auch von Hasenkamp, Bürkert und Omicron, um nur drei Beispiele zu nennen, lässt sich viel lernen.

In diesem Buch schildern wir Beispiele für Best Practice und stellen moderne Managementansätze vor – Anregungen für den Praktiker. Zielgruppe sind Manager und Unternehmer in Firmen aller Größenklassen: Die Relevanz für das Management im großen Mittelstand liegt auf der Hand. Manager in der Größenklasse darunter stehen vor ähnlichen Herausforderungen. Sie werden vergleichen, für welche Lösungen und Methoden ihre Ressourcen reichen. Und für Manager in Konzernen ist es wertvoll zu erfahren, was die Entrepreneure in dem erfolgreichen Segment der großen Mittelständler anders machen. Sie werden reflektieren, welche Ansätze sich übertragen lassen.

Checklisten erlauben dem Leser, den eigenen Standort zu bestimmen. Fallbeispiele und Methoden geben ihm eine Idee, wo er ansetzen muss, um erkannte Defizite zu beheben. Tenor: Wachstum ist möglich, Sie haben es selbst in der Hand!

Eine anregende Lektüre wünschen Ihnen

Jürgen Meffert und Holger Klein

1    Die DNS des Erfolgs

Die Manager haben es in der Hand: Auch am Standort Deutschland können Unternehmen stetig und profitabel wachsen. Das beweisen viele große Mittelständler. Fünf Faktoren bringen den Erfolg: Die richtige, konsequent verfolgte Strategie, stetige Konzentration auf Innovationen, frühzeitige Internationalisierung, ständige Optimierung der Wertschöpfung und professionelle Führung. Was sich von den Besten lernen lässt.

Politiker interessieren sich dafür, Arbeitnehmer wollen es wissen und Unternehmer denken schon von Berufs wegen darüber nach: Wo kommt das Wachstum her? Wer bringt die deutsche Volkswirtschaft voran?

Denn ohne Wachstum geht es nicht. Rund 2 Prozent beträgt der jährliche Produktionsfortschritt der deutschen Wirtschaft. Das bedeutet: Den gleichen Output wie im Vorjahr schafft die Volkswirtschaft mit 2 Prozent weniger Produktionsmitteln – und das geht fast immer zu Lasten der Arbeitnehmer. Soll sich an der Arbeitsmarktsituation in Deutschland etwas ändern, muss Wachstum her – je kräftiger, desto besser.

Der öffentliche Sektor, da sind sich inzwischen alle einig, liefert das Wachstum nicht. Zwar gilt hier per Definition: Kosten gleich Umsatz, da lässt sich Wachstum leicht erzielen. Weil aber Mehrausgaben finanziert werden müssen, führt dies zu mehr Schulden für den Staat. Langfristig ist dies nicht wünschenswert.

Gern und oft werden die Wachstumsparameter unserer Großkonzerne untersucht, ebenso häufig kümmern sich Politik und Wissenschaft um den klassischen deutschen Mittelstand, die kleinen und mittleren Unternehmen (»KMU«). Tatsache ist: Die dazwischen sind es – mittelständisch strukturierte Großunternehmen mit Umsätzen zwischen 50 Millionen und 3 Milliarden Euro sind der Wachstumsmotor der deutschen Wirtschaft. Wendig und eng am Kunden wie die Kleinen, international aktiv und professionell geführt wie die Großen verbinden viele dieser Unternehmen das Beste beider Welten. Wenn dann noch ein tüchtiger Schuss deutschen Innovationsgeistes hinzukommt, sind sie auf den globalen Märkten kaum zu schlagen. Mittelständische Weltmarktführer wie Stihl, Kärcher und Vaillant sind durch ihre Produkte den meisten Menschen bekannt, aber auch unbekannte Unternehmen wie Bürkle (Plastiklaminierpressen), Kässbohrer (Pistenbullys) oder Becker Marine Systems (Schiffsruderanlagen) sind auf ihren Feldern global die Nummer 1.

Die großen Mittelständler bilden das erfolgreichste Segment der deutschen Wirtschaft

Doch gerade die Gruppe dieser großen Mittelständler – insgesamt gut 5.000 – wurde bislang kaum systematisch untersucht. Dieses Buch beschreibt die Erfolgsfaktoren in diesem Segment der deutschen Wirtschaft: Basis der Analyse bildet die bisher größte und umfangreichste Umfrage unter diesen Unternehmen, an der bis 2005 rund 700 von ihnen teilgenommen haben. 2006 folgten dann fast 100 Tiefeninterviews und Unternehmergespräche, um das Erfolgsrezept der Mittelständler genauer zu verstehen. Parallel untersuchte McKinsey den Zugang dieser Unternehmen zu den Auslandsmärkten. Überdies profitiert dieses Buch von den Erkenntnissen dreier weiterer McKinsey-Untersuchungen: der Studie ProNet, die sich 2006 mit der Optimierung der Wertschöpfungskette befasste, dem InnovationCompass, der den effizientesten Weg von der Idee zum neuen Produkt beschreibt, sowie dem BrandMatics genannten Konzept für Markenmanagement, das die Markenführung analysiert.

Die Umfrageteilnehmer repräsentieren das erfolgreichste Segment der deutschen Wirtschaft: Sie bringen es im Zeitraum von 1998 bis 2003 im Schnitt auf eine jährliche Wachstumsrate von 4,6 Prozent und verdienen dabei auch noch kräftig. Die durchschnittliche Umsatzrendite liegt bei 5,0 Prozent. Zum Vergleich: Die Top 150 der Konzerne wachsen im gleichen Zeitraum im Mittel mit einer Rate von 3,7 Prozent und erwirtschaften dabei eine Umsatzrendite von 3,8 Prozent. Die knapp zwei Millionen Unternehmen mit einem Jahresumsatz unter 50 Millionen Euro verlieren im Schnitt sogar 0,9 Prozent Umsatz pro Jahr, ihre durchschnittliche Rendite liegt bei 3,0 Prozent (Abbildung 1).

Abbildung 1: Wachstumsrate und Umsatzrendite Unternehmertum vs. Vergleichssegmente

Natürlich sind nicht alle großen Mittelständler automatisch gleich gut, sprich wachstums- und ertragsstark. Die Durchschnittswerte von Rendite und Wachstum variieren je nach Branche: Ganz vorn liegen die Mittelständler in Pharma und Gesundheitswesen, die im Schnitt mit einer Jahresrate von 11,9 Prozent wachsen und dabei stolze 14,7 Prozent Umsatzrendite erwirtschaften. Im Mittelfeld liegen Automobil- und Maschinenbau mit einem Durchschnittswachstum von 6,2 Prozent und einer mittleren Umsatzrendite von 3,6 Prozent. Ganz unten rangieren die Konsumgüterhersteller, die im Schnitt 0,6 Prozent Umsatz pro Jahr verlieren, ihre Rendite liegt bei 2,7 Prozent.

Vorbild Mittelstand

Die stattlichen Wachstumsraten und auskömmlichen Renditen erzielten die großen Mittelständler ganz unbeeindruckt von den deutschen Wirtschaftsproblemen. Seit vielen Jahren wächst das Sozialprodukt nicht nur schwächer als das der Aufsteigerstaaten in Fernost, sondern ist auch niedriger als das der USA, Großbritanniens und sogar Frankreichs (Abbildung 2).

Abbildung 2: Deutschlands BIP-Wachstum fällt im Vergleich zurück

Jahrelang hat Deutschland über seine Verhältnisse gelebt. Spitze sind nur die Arbeitskosten, unerreicht kurz die Arbeitszeiten, unterdurchschnittlich die Arbeitsproduktivität – »Made in Germany« ist in der Defensive. Die deutsche Arbeitsproduktivität (gemessen in Bruttoinlandsprodukt pro Arbeitnehmer) um 34 Prozent unter der in den USA; auch Japan, Frankreich und Großbritannien schaffen pro Kopf deutlich mehr als die Deutschen (Abbildung 3).

Abbildung 3: Deutschland 2005 – hohe Kosten, kurze Arbeitszeit, niedrige Arbeitsproduktivität

Die Globalisierung der Wirtschaft verschärft die hausgemachten Probleme. Drastisch gesunkene Transaktionskosten erlauben es, egal für welche Märkte an jedem beliebigen Ort rund um den Globus zu produzieren. 1,3 Milliarden arbeitshungrige Chinesen übernehmen fast jeden Job, eine Milliarde Inder, viele mit Spitzenausbildung, arbeiten für ein Zehntel deutscher Lohnkosten. Prompt verliert Deutschland Weltmarktanteile in vielen wichtigen Branchen. Zwischen 1995 und 2005 konnte nur die Autoindustrie ihren Anteil steigern, die Chemie verliert fast 13 Prozent, der Maschinenbau knapp 11 Prozent und die Elektrobranche sogar ein glattes Drittel des Weltmarktanteils (Abbildung 4). Im Zeichen der Globalisierung werden Fehler und Schwächen von Unternehmen sehr viel härter und schneller bestraft als früher – die Unternehmen verschwinden vom Markt. Fast 4 Millionen Arbeitslose sind der Beleg dafür, dass allzu viele deutsche Firmenchefs die Herausforderung deutlich unterschätzt haben.

Abbildung 4: Entwicklung Weltmarktanteile 1995 bis 2005 (Anteil des Bruttoproduktionswerts in Deutschland am Bruttoproduktionswert weltweit)

Zu beobachten ist eine wachsende Polarisierung in der deutschen Wirtschaft. Auf der einen Seite stehen die Verlierer – und finden sich schlimmstenfalls in der Insolvenzstatistik wieder. Auf der anderen Seite stehen wachstumsstarke, profitable Unternehmen, die auch in Branchen, die insgesamt wenig Dynamik zeigen, prosperieren. So stagniert beispielsweise bei vielen Konsumgüterherstellern der Umsatz, aber die fünf besten deutschen Unternehmen in diesem Segment wachsen mit einer durchschnittlichen Jahresrate von fast 15 Prozent. Das gleiche Bild im Maschinenbau, bei Autozulieferern und Pharmaherstellern: Die deutschen Topunternehmen dieser Branchen wachsen mit zweistelligen Raten.

Dies führt direkt zum Kerngedanken dieses Buchs. Es will die Frage beantworten, mit welchen Erfolgsfaktoren die Spitzenreiter ihren Kurs halten, was andere von ihnen lernen können – es will die DNS des Erfolgs entschlüsseln. Die prosperierenden Unternehmen beweisen, dass nicht der Standort mit seinen Hypotheken über Erfolg oder Misserfolg entscheidet, sondern die Fähigkeit der Manager, unter den gegebenen Bedingungen die richtige Strategie für ihr Unternehmen zu finden und umzusetzen.

Ein Negativbeispiel lieferte der Fall Grundig. Nur neun Jahre nachdem Wirtschaftswunder-Kapitän Max Grundig sein Unternehmen an Philips verkauft hatte, geriet Europas zweitgrößter Fernseherproduzent in Bedrängnis. 1993 fielen zum ersten Mal die Großhandelspreise für Farbfernseher unter die Kosten, die bei Grundig je produzierte Einheit anfielen. Es dauerte Jahre, bis das Unternehmen mit einem wirksamen Kostensenkungsprogramm reagierte. Erst ab 1996 sanken die Stückkosten bei Grundig – aber die Preise fielen im selben Tempo, die Erlöslücke klaffte weiter. Das Ende ist bekannt: Insolvenz 2001, das Vorzeigeunternehmen der Aufbaujahre wurde zerschlagen.

Grundigs Weg in die Insolvenz wäre abwendbar gewesen

Aus öffentlichen Quellen lässt sich rekonstruieren, wie teuer das Zögern des Managements bei Grundig wurde und schließlich zum vermeidbaren Ende führte. Aus der Handelsbilanz, aus Veröffentlichungen des Unternehmens, aus Tariflöhnen und Komponentenpreisen kann man auf die Stückkosten der Grundig-Produktion für jedes einzelne Jahr zurückrechnen. Weil die Unternehmensführung einerseits die Chance verpasste, über Innovationen und das Erkennen von Kundenwünschen Produkte zu entwickeln, die am Markt Spitzenpreise erzielen, und sich andererseits auf das Ziel versteifte, die Arbeitsplätze im Lande zu halten, gingen am Ende fast alle Jobs verloren (Abbildung 5).

Abbildung 5: Grundig konnte die strukturelle Wettbewerbslücke nicht schließen

Wenn Grundig 1993, als die Probleme zum ersten Mal akut wurden, begonnen hätte, konsequent die Standortvorteile Osteuropas zu nutzen, hätten die kumulierten Cash-Abflüsse weniger als 10 Millionen Euro betragen, bis die Neustrukturierung gegriffen hätte – kein Problem bei Kreditlinien von rund 450 Millionen Euro. 1994 hätte die Restrukturierung schon gut 80 Millionen Euro gekostet, bei den bestehenden Kreditlinien auch noch finanzierbar. 1995 hätte Grundig schon fast 400 Millionen Euro für den Turnaround einsetzen müssen. Zu diesem Zeitpunkt hatten die aufgelaufenen Verluste bereits das Eigenkapital angegriffen, die Kreditlinien hätten aber noch gereicht. 1996 überstieg der Kreditbedarf schon die Bonität: Die Kreditinstitute mochten bei Grundig nur noch etwa 360 Millionen Euro ins Risiko stellen, benötigt hätte das Unternehmen aber 450 Millionen. Von nun an klaffte die Schere in jedem Jahr weiter auseinander, das Unternehmen war verloren und schlitterte in den Untergang.

Die Manager haben es in der Hand. Sie können Richtung Abgrund steuern oder das Schicksal wenden – auch in Branchen, denen allgemein wegen ihres geringen Hightech-Anteils wenig Chancen am Standort Deutschland gegeben werden. Das belegt der Turnaround von Schmitz Cargobull, einem münsterländischen Hersteller von Lkw-Aufliegern: Die Verluste wuchsen, das Unternehmen schien am Ende. Ein lohnintensives Gewerbe wie der Bau von Lastwagenanhängern und -aufliegern mit wenig Hightech-Anteil – im Deutschland der neunziger Jahre versprach dies wenig Zukunft.

Die Konzentration auf nur zwei Fahrzeugvarianten, dazu eine intelligente Arbeitsteilung in der Fertigung zwischen dem deutschen Zentralwerk, das die Komponenten für die Auflieger baut, und den Satellitenwerken in den Abnehmerländern, die die Komponenten zusammensetzen, plus konsequente Innovation haben die Wende gebracht. Heute ist Schmitz Cargobull hoch profitabler europäischer Marktführer für Lkw-Auflieger, hat seit 1996 seinen Umsatz verdreifacht und widerlegt mit seinem Erfolg der Deutschen liebstes Vorurteil vom niederdrückenden Standortnachteil, der nur durch radikale Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland wettzumachen sei: Schmitz Cargobull hat zwar in seinen fremdländischen Märkten Kapazitäten und Arbeitsplätze aufgebaut, gleichzeitig aber die Zahl der Jobs in Deutschland in fünf Jahren um knapp 30 Prozent aufgestockt.

Was ist das Erfolgsgeheimnis der mittelständischen Weltmarktführer?

Was machen die erfolgreichen großen Mittelständler anders als die Verlierer? Um diese Frage zu beantworten, hat McKinsey die Initiative »Unternehmertum Deutschland« gegründet. Gemeinsam mit dem Lehrstuhl für Mittelstand, Existenzgründung und Entrepreneurship der Universität Bremen sowie dem Lehrstuhl für Unternehmensentwicklung und Electronic Media Management der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz hat die Initiative analysiert, welche Faktoren den Erfolg dieser Unternehmen bestimmen, was die Besten anders machen als die Nachzügler.

Die rund 5.000 mittelständisch geprägten Großunternehmen mit Umsätzen zwischen 50 Millionen und 3 Milliarden Euro erarbeiten zusammen rund ein Viertel der deutschen Bruttowertschöpfung. Einige dieser Unternehmen hatte schon Mitte der neunziger Jahre Professor Hermann Simon untersucht und ihren Weg zum Erfolg in dem Buch »Die heimlichen Gewinner – die Erfolgsstrategie unbekannter Marktführer« aufgezeichnet. Auf seine Umfrage hatten 122 Unternehmen geantwortet. Simon ergänzte die Daten durch Interviews und öffentlich zugängliche Fakten.

Die Mittelstandsinitiative »Unternehmertum Deutschland« hat die Analyse auf eine wissenschaftlich breitere Basis gestellt und dazu deutlich mehr Unternehmen intensiv befragt. Die Gruppe der Teilnehmer war so bunt wie die Wirtschaft selbst: Das Spektrum reichte vom Entwickler von Hochleistungsmikroskopen, der mit rund 180 Mitarbeitern 50 Millionen Euro Umsatz erzielt und alle führenden Forschungsinstitute weltweit beliefert, bis hin zum Pharma- und Chemieunternehmen mit 10.000 Mitarbeitern und fast 3 Milliarden Euro Umsatz. Ihre Heimat haben die meisten großen Mittelständler in der Provinz – zwei Drittel residieren weit abseits der Metropolen.

Rund 700 große Mittelstandsunternehmen (rund 14 Prozent aller Firmen in dem Segment) beantworteten die 120 Fragen des Fragebogens, zusätzlich wurden Informationen aus Unternehmensdatenbanken und Geschäftsberichten in die Auswertung einbezogen. Es ergab sich eine Matrix aus 700 mal 713 Datenpunkten, die einen tiefenscharfen Einblick in die Erfolgsstrategien der Unternehmen erlaubte (Abbildung 6).

Abbildung 6: Rund 700 Unternehmen haben an der Umfrage teilgenommen

Hatten überproportional viele erfolgreiche Unternehmen auf die Fragen geantwortet, weil manch schlecht verdienendes Unternehmen sich mit seinen Daten weder vor den Fragestellern noch vor sich selbst bloßstellen mochte? Um herauszufinden, ob dieser Verdacht zutraf, verglich das Team die Daten zu Gewinn- und Umsatzentwicklung der Studienteilnehmer mit den entsprechenden Angaben aus der Umsatzsteuerstatistik. Das Resultat: Die Verteilung in der Studie entsprach weitgehend der in der Fünftausender-Gruppe – die Stichprobe kann also als repräsentativ gelten.

Warum Umsatzwachstum und Umsatzrendite über Zeit den richtigen Maßstab für Erfolg bilden

Als Erfolgsmaß der Studie dienten Umsatzwachstum und Umsatzrendite. Die Daten wurden über zehn Jahre erfasst – Blender und Zufallstreffer ließen sich so verlässlich aussortieren. Zusätzlich wollte das Team noch eine Kennziffer zur Kapitalrendite berechnen. Doch die Fragen zur Rendite auf das eingesetzte Kapital wurden von den teilnehmenden Mittelständlern nur lückenhaft beantwortet – eine Erfahrung, die vorher schon andere Mittelstandsforscher gemacht hatten. Etwa die Hälfte der Unternehmen steht mehrheitlich in Familienbesitz und gibt nur verhalten detaillierte Finanzkennzahlen an die Öffentlichkeit weiter. Ein weiterer Teil der Unternehmen agiert in hart umkämpften Märkten mit engen Margen und möchte ebenso eine Veröffentlichung detaillierter Kennzahlen vermeiden. Bereitwilliger gaben die Unternehmen hingegen Auskunft über ihr Umsatzwachstum und ihre Umsatzrendite. Etwa 80 Prozent haben alle Fragen hierzu beantwortet.

Beide Größen bestimmen, wenn auch indirekt, in erheblichem Maße Kapitalrendite und Unternehmenswert. Die Korrelation zwischen Umsatzrendite und Profitabilität über Zeit sowie Kapitalrendite und Unternehmenswert ist hoch. Deshalb verwenden wir diese Größen zur Messung des Unternehmenserfolgs. In Teilbereichen, wie etwa beim Thema Innovation, waren die Teilnehmer auskunftsfreudiger. Hier berücksichtigt die Studie auch Kapitalrenditen. Die Ergebnisse passten zum großen Bild aus den Kennzahlen zu Umsatzwachstum und Rendite, was das Vertrauen des Studienteams zu den gewählten Parametern weiter erhöhte.

Wachstum ist nicht Kür, sondern Pflicht

Das Umsatzwachstum entwickelte sich bei der Auswertung zur zentralen Größe. Die Studie belegt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen Wachstum und Rendite: Die höchsten Renditen, im Schnitt 9,0 Prozent, verzeichneten die Unternehmen, deren Umsatz über einen Zehnjahreszeitraum mit Jahresraten zwischen 9,0 und 12,0 Prozent gewachsen war. Je niedriger das Wachstum, desto niedriger fielen über die zehn Jahre die Renditen aus. Unternehmen mit Nullwachstum brachten es im Schnitt auf 1,4 Prozent Rendite. Erst jenseits der 12,0 Prozent Wachstumsrate kippte der Trend: Wo die Umsätze über Jahre explodieren, leidet offensichtlich oft die Wirtschaftlichkeit, die durchschnittliche Rendite sackt auf 5,9 Prozent (Abbildung 7).

Abbildung 7: Unternehmen, die stärker wachsen, erzielen auch eine höhere Umsatzrendite

Die Notwendigkeit von Wachstum wird auch durch eine langfristige McKinsey-Studie amerikanischer Topunternehmen bestätigt.1 Von den 500 größten Unternehmen im Standard & Poor’s Index von 1957 finden sich 1997 nur noch 74 wieder. Die Autoren

Richard Foster und Sarah Kaplan beweisen, dass Unternehmen mit ihren Märkten wachsen und sich deren Veränderungen anpassen oder diese prägen müssen, um zu überleben. Zu oft aber sind sie in ihren Marktnischen und bestehenden Kundenbeziehungen gefangen. Der Schlüssel zum Erfolg ist die fortwährende Suche nach neuen Geschäften und der permanente, kreative Neuaufbau des Unternehmens. Bei Inflationsraten zwischen 1,5 und 2,0 Prozent bedeutet Nullwachstum sogar einen realen Umsatzverlust. Und bei jährlichen Produktivitätsfortschritten von ebenfalls 1,5 bis 2,0 Prozent bedeutet Nullwachstum jedes Jahr realen Beschäftigungsabbau. Damit ist klar: Starkes Wachstum ist für ein Unternehmen keine Option, sondern ein Muss.

Nachhaltigen Erfolg, das lehren diese Zahlen, erreichen Unternehmensführer nur über stetiges profitables Wachstum. Doch gerade der stetige Erfolg wird im Zeichen der Globalisierung immer schwieriger. Der scharfe Wettbewerb lässt wenig Spielraum zum Zaudern. Falsche Entscheidungen bestraft der Markt unbarmherzig.

Von den besten Mittelständlern lernen

Um das Erfolgsrezept der großen Mittelständler zu ergründen, untersucht die Studie »Unternehmertum Deutschland«, was die Spitzenreiter jeder Branche, die jeweils erfolgreichsten 40 Prozent, anders machen als der Rest. Jede betrachtete Gruppe – sortiert nach gemeinsamer Strategie, übereinstimmender Branche oder Größe – wird im Geiste in drei Gruppen unterteilt: die besten 40 Prozent, die mittleren 40 Prozent und die 20 Prozent Nachzügler (Abbildung 8).

Das Studienteam weicht bewusst von der in der Wissenschaft gängigen Unterteilung in gleich große Quartile ab. Der Grund: Die 40 Prozent Erfolgreichen bringen die für wissenschaftliche Signifikanz erforderliche Fallzahl auch bei Tiefenbetrachtungen in schmalen Segmenten oder Branchen.

Abbildung 8: Erfolgsfaktoren Umsatzwachstum und Profitabilität

Die Gruppe der erfolgreichsten 40 Prozent bietet ein eindrucksvolles Bild: Der Umsatz der Topunternehmen wächst im Durchschnitt mit einer Jahresrate von 10,9 Prozent, im Schnitt erzielen die Unternehmen eine Rendite von 8,9 Prozent – und das im Mittel über die vergangenen zehn Jahre. Wie gelingt es diesen mittelständischen Spitzenunternehmen, so viel stärker als ihre Wettbewerber zu wachsen? Was machen sie besser? Und vor welchen Barrieren für Wachstum und Ertrag bleiben die weniger Erfolgreichen stehen? Von den Antworten auf diese Fragen können alle Manager profitieren, egal wie groß oder klein ihr Unternehmen ist.

Fünf Faktoren: die DNS des Erfolgs

Fünf Faktoren, die über Erfolg und Misserfolg von Unternehmen entscheiden, hat die Studie isoliert – die DNS des Erfolgs:

Strategie:

Die Strategie leitet die Handlungen – ohne Strategie fehlt die ordnende Hand. Dabei gibt es nicht beliebig viele Optionen. Grundlegende strategische Typen sind spätestens seit dem Erfolg des Managementdenkers Michael Porter akzeptiert. Und die Ergebnisse der Studie bestätigen diese: Die Daten zeigen ein klares Muster von Strategietypen im Mittelstand. Eine Clusteranalyse der Datensätze der rund 700 befragten Mittelständler identifiziert vier prototypische Ansätze für Wachstumsstrategien entlang den Dimensionen

Volumen

und

Innovation

: Wer den Fokus auf Volumen setzt, muss eine Strategie als

Kostenführer

wählen. Wer primär auf Innovation setzt, positioniert sich als

Innovationschampion.

Gerade kleinere Unternehmen können in der Nische, bei niedrigem Volumen und geringer Innovationstätigkeit, als

Spezialisierer

ertragreich am Markt agieren. Dazu müssen sie sich ganz auf die Bedürfnisse einer eng umrissenen Zielgruppe einstellen. Und wer in beiden Dimensionen stark sein will, braucht das umfassendste Set an Fähigkeiten. Dann kann er sich zur Gruppe der

Kompetenzführer

zählen. Wichtig: Erfolgreiche Unternehmen entscheiden sich explizit für eine dieser Strategien.

Innovation:

Die Untersuchung belegt eindeutig, dass Innovation zu den bedeutendsten Faktoren zählt, wenn ein Unternehmen profitabel wachsen will. Erfolgreiche Unternehmen investieren mehr in Forschung und Entwicklung als ihre Wettbewerber und setzen innovative Ideen konsequenter in neue Produkte und Prozesse um.

Internationalisierung der Absatzmärkte:

Eine frühzeitige Erschließung neuer Märkte treibt das Wachstum an – im Binnenmarkt stagniert bekanntlich die Nachfrage in den meisten Branchen. Dabei verstehen sich die besten Unternehmen aber nicht als reine Exporteure, sondern setzen auf Präsenz vor Ort und ergänzen ihr Management um die Kompetenz lokaler Kräfte.

Kostenoptimierte Wertschöpfung:

Nach Kosten- und Produktivitätsgesichtspunkten bauen erfolgreiche Unternehmen ein Netz von Standorten im In- und Ausland auf und lagern Prozesse, die nicht ihre Kernkompetenzen berühren, an externe Anbieter aus. Ihre Wertschöpfung folgt stets dem Absatzmarkt, konsequent bauen sie in ihren Exportmärkten Präsenz auf, vom Verkauf über die Produktion bis zur Entwicklung.

Professionelle Führung:

Erfolgreiche Unternehmen verbinden das Beste aus zwei Welten: Sie erhalten die kurzen Entscheidungswege des Mittelstands und investieren in professionelle Führung wie die besten Großunternehmen. Im Mittelpunkt stehen dabei strategische Planung, Finanz- und Risikomanagement. Variable Vergütung und Weiterbildung sind dabei zentrale Elemente.

Strategie, Innovation, Internationalisierung, optimierte Wertschöpfung, professionelle Führung – insgesamt eine beeindruckende Liste von Anforderungen. Die gute Nachricht: Unternehmensführer müssen nicht in allen Disziplinen Spitzenleistung bringen, um erfolgreich zu sein. Abhängig vom Strategieansatz, den sie für ihr Unternehmen wählen, ergibt sich das spezifische Set von Anforderungen.

Es gilt, von einigen Vorurteilen Abschied zu nehmen

Die Studienergebnisse korrigieren manch lieb gewordenes Vorurteil. So sind beispielsweise eigentümergeführte Unternehmen im Schnitt keinesfalls erfolgreicher als solche, die von angestellten Managern gelenkt werden. Sie sind auch nicht risikobereiter, weder was die Finanzen noch was die Eroberung neuer Märkte oder die Einführung neuer Techniken angeht. Auch die Rechtsform spielt für den Erfolg keine Rolle, ebenso wenig wie die absolute Umsatzgröße.

Eine wichtige Erkenntnis aus der Studie: Es gibt nicht den allgemeingültigen Königsweg, der Unternehmen zu Profitabilität und Wachstum führt. Abhängig vom strategischen Ansatz gibt es spezifische Fähigkeiten, die Grundlage des Erfolgs sind. Manager, die diese Regeln erkennen und konsequent umsetzen, bringen ihre Unternehmen auf Kurs zu Wachstum und Rendite. Denn auch dies ist eine grundlegende Erkenntnis aus der Mittelstandsumfrage: Bei allem Lamento über die Standortprobleme in Deutschland belegen die Erfolgsgeschichten quer durch alle Branchen und Unternehmensgrößen, dass niemand auf die Politik und irgendwann einmal verbesserte Rahmenbedingungen warten muss.

Hier und heute eröffnen sich Chancen – und beileibe nicht nur im Bereich Hightech, wie das Beispiel ASB Grünland beweist. Seit 1958 macht ASB-Gründer Helmut Aurenz Geld aus Dreck, genauer: aus Erde. Rund 80 Millionen Euro setzt das Unternehmen mit Blumenerde, Dünger und Granulat um. Als Kostenführer hat ASB seine Werke frühzeitig automatisiert, in den weltweit 16 Produktionsstätten arbeiten ca. 400 Mitarbeiter. Externe Prozessingenieure bringen regelmäßig alle Werke auf den neuesten technischen Stand. Bei nur drei Produkten erlaubt die Konsolidierung des Absatzes auf wenige Großhändler auch eine knappe Vertriebsmannschaft. In Deutschland touren nur vier Außendienstler für ASB, vergleichbare Wettbewerber schicken rund siebzig Vertreter durch die Lande. Um das nötige Absatzvolumen zu erreichen, ist ASB Grünland frühzeitig in ausländische Märkte expandiert. Die Werke stehen in sechs Ländern. Auch der Vertrieb von weltweit achtzig Handelsmarken steigert das Volumen. So sind jährlich 35.000 Lastzüge à 25 Tonnen mit Blumenerde und Dünger von ASB Grünland unterwegs – auch als Mutmacher für alle deutschen Unternehmen, die nicht in luftigen Hightech-Höhen, sondern in erdverbundeneren Branchen ihr Geld verdienen. Das Beispiel zeigt: Auf das richtige Management kommt es an.

Kernaussagen

Große Mittelständler sind die Motoren des Wachstums.Es gibt eine Reihe von Erfolgsfaktoren – in unterschiedlicher Ausprägung je nach Strategietyp.Unternehmenserfolg ist planbar.Nicht der Standort Deutschland entscheidet über das Schicksal eines Unternehmens, sondern das Management. Dabei macht die Strategie-DNS, die geeignete Kombination aus verschiedenen Maßnahmen, den Unterschied.

1   Vgl. Richard Foster und Sarah Kaplan. Schöpfen und Zerstören. Frankfurt: Redline Wirtschaft, 2002.

»Die goldene Größe« Interview mit Dr. Nicola Leibinger-Kammüller

So stellen wir uns das Wirtschaftswunder vor: Ein kleiner Familienbetrieb baut Werkzeugmaschinen, der Unternehmer, natürlich ein Schwabe, will hoch hinaus, schaut über Branchengrenzen hinweg, denkt, versucht, arbeitet. Er ist weltweit der Erste, der elektronische Steuerungen an seine Stanzen baut, er verkauft schon in Asien, als seine deutschen Wettbewerber sich noch kaum nach Frankreich trauen. Und als die Konkurrenz endlich auch Elektronik einzusetzen weiß, macht er den nächsten Technologiesprung zum Laser und hängt wieder alle ab: Wie Berthold Leibinger seine Trumpf-Gruppe zum Weltmarktführer machte, ist oft beschrieben. Seit Mitte 2006 führt seine Tochter Dr. Nicola Leibinger-Kammüller den Maschinenbauer. Wenn sie gefragt wird, was große deutsche Mittelständler so erfolgreich macht, verweist sie auf klassische deutsche Tugenden.

Grundlage seines Erfolgs, so sagt Ihr Vater, sei es, dass er viele Mitarbeiter für das Unternehmen begeistern konnte. Wie machen Sie das heute? Geht es mit Geld?

Leibinger-Kammüller: Nein, wir motivieren ausdrücklich nicht mit Geld. Wir bieten Heimat, interessante Aufgaben und viel Offenheit. Jeder soll sich ernst genommen fühlen und wissen: Er oder sie nimmt bei uns eine wichtige Rolle ein. So hat’s mein Vater gemacht, und so werden wir es auch weiterhin tun.

Welche Rolle spielen dabei Werte? Und wie vermitteln Sie die?

Leibinger-Kammüller: Man muss sie vorleben: Fleiß, Hingabe, Bescheidenheit. Der Unternehmer darf nicht abheben.