Don't Fall for the Single Dad - Piper Rayne - E-Book

Don't Fall for the Single Dad E-Book

Piper Rayne

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Beschreibung

Verlieb dich nicht in einen Single Dad – Das Finale der Small Town Romance-Serie Die anderen Männer aus dem Single Dad's Club würden sagen, dass es vor Jahren schon Zeit war. Zeit für einen Neuanfang. Zeit, über die Vergangenheit hinwegzukommen. Aber für Garrett war das Risiko, seine kleine Tochter zu verletzen, immer zu hoch. Doch Charlotte kann er nicht widerstehen. Sie ist alles, was er nicht wollen sollte: die kleine Schwester seines besten Freunds, die ihn in seinen verletzlichsten Momenten gesehen hat, und in seinen größten – die erste Person nach zwölf Jahren, die die Macht hat, ihn zu brechen. Alle Bände der Single Dad's Club-Reihe: Band 0/Novella: In Love with a Single Dad Band 1: The Deal with the Single Dad Band 2: A Flirt for the Single Dad Band 3: Don't Fall for the Single Dad

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Deutsche Erstausgabe

© SEXY BEAST by Piper Rayne 2017

© der deutschsprachigen Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München 2024

Übersetzung aus dem Amerikanischen: Cherokee Moon Agnew

Konvertierung auf Grundlage eines CSS-Layouts von digital publishing competence (München) mit abavo vlow (Buchloe)

Covergestaltung: Giessel Design

Covermotiv: Bilder unter Lizenzierung von Shutterstock.com genutzt

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Wir behalten uns eine Nutzung des Werks für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG vor.

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Inhalt

Inhaltsübersicht

Cover & Impressum

Widmung

Kapitel 1

GARRETT

Eine weitere verdammte Spendenaktion

Kapitel 2

CHARLIE

Kapitel 3

GARRETT

Kapitel 4

CHARLIE

Kapitel 5

CHARLIE

Kapitel 6

GARRETT

Kapitel 7

CHARLIE

Kapitel 8

GARRETT

Kapitel 9

CHARLIE

Kapitel 10

GARRETT

Kapitel 11

CHARLIE

Kapitel 12

GARRETT

Kapitel 13

CHARLIE

Kapitel 14

GARRETT

Kapitel 15

CHARLIE

Kapitel 16

GARRETT

Kapitel 17

CHARLIE

Kapitel 18

GARRETT

Kapitel 19

CHARLIE

Kapitel 20

CHARLIE

Kapitel 21

GARRETT

Kapitel 22

CHARLIE

Kapitel 23

GARRETT

Kapitel 24

CHARLIE

Kapitel 25

GARRETT

Kapitel 26

CHARLIE

Kapitel 27

GARRETT

Kapitel 28

CHARLIE

Kapitel 29

GARRETT

Kapitel 30

CHARLIE

Zwei Wochen später …

Epilog

GARRETT

Der folgende Sommer …

Und zum Schluss noch ein bisschen Einhorngeplauder …

Buchnavigation

Inhaltsübersicht

Cover

Textanfang

Impressum

Für all die Frauen, die den starken, schweigsamen Typen mit einem Herzen aus Gold lieben.

Kapitel 1

GARRETT

Eine weitere verdammte Spendenaktion

Ich sitze da, beobachte das Geschehen und trinke das neue IPA, das mein Kumpel Dane seit Kurzem in der Happy Daze Tavern anbietet. Jedes Mal, wenn so eine Veranstaltung stattfindet, erinnere ich mich an damals, als ich vor all den Jahren der Ehrengast war und mit einem Neugeborenen auf dem Arm im Mittelpunkt stand. Sie haben mich mit Sydney, die erst zwei Monate alt war, auf die Bühne und ins Rampenlicht gezerrt. Damals hatten wir noch gar keine richtige Bindung zueinander, denn ich war zu sehr mit meiner Trauer beschäftigt. Damit, für uns beide in Verzweiflung zu versinken.

Ich hebe meine Bierflasche, um Hank von Nail Me Hardware zu begrüßen, und starre dann weiter meine inzwischen zwölfjährige Tochter an, die sich mit einem Jungen unterhält und dabei eine Haarsträhne um ihren Finger wickelt. Liegt dieses Verhalten Frauen einfach im Blut oder haben sie sich das im Laufe der Zeit angewöhnt? Melissa hat das auch gemacht, als wir uns kennengelernt haben.

Dieser Junge muss dringend lernen, wie ein ordentliches Paar Jeans auszusehen hat. Hosen sollten unten an den Knöcheln nicht so verdammt eng sein. Und sein Shirt … Was ist eigentlich aus ganz normalen Sportshirts geworden? Anscheinend wurden sie komplett durch hautenge T-Shirts mit V-Ausschnitt ersetzt. Kein Zwölfjähriger hat Muskeln, die so ein Shirt ausfüllen – und schon gar nicht Xander, der Kerl, der gerade mit meiner Tochter flirtet.

»Warum so mürrisch?« Charlie, die Barkeeperin und Moderatorin der heutigen Spendenaktion, lässt sich auf den Stuhl neben mir plumpsen.

Ich trinke einen Schluck von meinem Bier und beäuge sie über den Flaschenhals.

»Ah … der Junge.« Sie folgt meinem Blick zu dem Tisch, über den sich meine Tochter gerade lehnt. Wenn der kleine Mistkerl versucht, ihr in den Ausschnitt zu glotzen, ist er dran. »Willst du ihm eine verpassen?«, fragt sie.

Ich reiße den Blick von meiner Tochter los und sehe Charlie Rose an. Eigentlich heißt sie Charlotte, aber seit ich sie kenne, was eigentlich seit ihrer Geburt ist, ist sie für mich einfach Charlie. Sie ist mit drei großen Brüdern hier in Climax Cove aufgewachsen, einer von ihnen ist mein bester Freund. Na ja, zumindest war er es, bis er nach Los Angeles gezogen ist, um dort seinem Singledasein zu frönen, während ich hier allein meine Tochter großgezogen habe. Aber im Großen und Ganzen ist er ein guter Kerl. Als ich noch jünger war, waren die Roses so etwas wie meine zweite Familie.

»Und du bist so ungewohnt fröhlich heute Abend«, kommentiere ich und nehme noch einen Schluck von meinem Bier.

»Na ja, ich freue mich eben, dass Ava ihre Bäckerei bald wiedereröffnen kann.« Sie schlägt die Beine übereinander. Da wir an einem kleinen Tisch für zwei Personen sitzen, entgeht mir nicht, wie schlank sie sind.

Charlie ist seit Jahren eine erwachsene Frau. Ihre Brüste sind größer geworden, ihre Hüften kurviger, und aus dem burschikosen Mädchen, das seinem Bruder Vance und mir immer am Rockzipfel hing, wurde eine wunderschöne Frau.

»Ich habe deine Spende gesehen. Nicht schlecht«, bemerkt sie.

Ich nicke knapp und begutachte interessiert das Flaschenetikett, um nicht schon wieder auf ihre Beine zu starren.

Ihr entweicht ein langgezogenes Seufzen. »Wenn es dich so sehr stört, geh zu ihr und sag ihr, dass sie damit aufhören soll.«

Habe ich schon erwähnt, dass Charlie immer ihre Meinung kundtut?

Frei heraus?

Ständig?

Mir gefällt das nur, wenn sie Dane mal wieder die Hölle heiß macht.

»Damit sie mich dann hasst?«

»Sie wird dich niemals hassen. Du bist ihr Vater«, erwidert sie.

Ich atme laut aus und verdrehe die Augen, genau, wie es Sydney neuerdings ständig tut.

»Du verstehst das einfach nicht.« Ich trinke mein Bier aus und winke die Kellnerin herbei.

»Heute Abend wird nicht bezahlt, schon vergessen? Das ist eine Spendenaktion.« Sie steht auf, schnappt sich meine leere Flasche und verschwindet.

Jetzt, da ich wieder allein mit meinen Gedanken bin, beobachte ich erneut meine Tochter, die sich inzwischen auf ihrem Stuhl zurückgelehnt hat und auf ihrem Smartphone tippt, während Xander, der Idiot, das Gleiche tut. Die Sache ist nur, dass ich Sydneys Gesicht nicht sehen kann, während er verschlagen grinst. Er erinnert mich an die Arschlöcher, die in der Umkleidekabine mit ihrer neuesten Eroberung prahlen.

Ich reibe mir die Augen. Ich muss mich beruhigen. Sie ist zwölf, keine sechzehn.

Da wird mir ein kaltes Bier hingestellt. Ein Budweiser, mein Lieblingsbier.

Und wieder setzt sich Charlie zu mir an den Tisch.

»Danke.«

»Gern geschehen.« Sie zuckt mit den Schultern.

Beschwingten Schrittes steuert Cat mit der sechsjährigen Lily an ihrer Seite auf uns zu. »Sollen wir loslegen?«, fragt sie Charlie und schenkt mir ein kleines Lächeln.

Cat ist die Freundin meines Kumpels Marcus, und Lily ist seine Tochter aus einer früheren Beziehung. Sie haben sich letzten Sommer kennengelernt und sich ineinander verliebt, und ich kann nicht leugnen, dass ich ein wenig neidisch auf ihn bin. Nicht, dass ich nach Melissas Tod wieder auf der Suche wäre, aber wenn ich die beiden zusammen beobachte, vermisse ich sie besonders.

Die Küsse, die sie nicht ganz so heimlich austauschen, wie sie denken. Dass sie auf dem Weg zum Auto Händchen halten. Verdammt, selbst wenn er ihr nur die Tür aufhält oder einen Stuhl für sie zurückzieht. Ich weiß nicht, was mir am meisten fehlt – ob es die Geste an sich ist oder ihr Lächeln und ihr liebevoller Blick als Antwort darauf.

Charlie springt auf – tatkräftig wie immer. »Bis später.«

Ich richte den Flaschenhals auf sie und blicke dann wieder hinüber zu Sydney, die inzwischen allein am Tisch sitzt und immer noch fiebrig auf ihrem Smartphone tippt.

Als Charlie auf der Bühne im Scheinwerferlicht steht, achte ich zum allersten Mal wirklich auf ihre weiblichen Kurven. Aus ihr ist tatsächlich eine erwachsene Frau geworden, was bedeutet, dass es jetzt sogar noch schwieriger für mich wird, den Wunsch ihres Bruders zu respektieren. Er hat mich gebeten sicherzustellen, dass sie einen guten Kerl abkriegt.

Ich rutsche auf meinem Stuhl herum und weigere mich zu akzeptieren, dass ich jetzt einen Ständer habe, wegen eines Mädchens, dem ich früher an den Zöpfen gezogen habe, um sie zu ärgern.

***

Eine weitere halbe Stunde sitze ich da, trinke mein Bier und halte Smalltalk, wenn ich dazu gezwungen werde. Meine Stimmung hat sich jetzt, da Xander mit seinen Freunden an den Videospielautomaten zockt und Sydney von ihren Freundinnen umringt ist, ein wenig gebessert.

Charlie und Cat stehen nun beide oben auf der Bühne und versuchen, alles zu arrangieren, bevor der Ehrengast eintrifft.

Mit großen Augen und breit grinsend tritt Charlie ans Mikrofon.

Dann hüpft sie von der Bühne, rauscht an mir vorbei, und alle Blicke folgen ihr. Dane und der Ehrengast, Ava Pearson, sind eingetroffen. Sie sehen glücklich aus, anscheinend haben sie sich mittlerweile ausgesprochen. Dane hat seinen schlafenden achtjährigen Sohn Toby auf dem Arm.

Nachdem sich alle begrüßt haben und Ava den ersten Schock überwunden hat, tritt Cat ans Mikrofon.

»Wollen wir loslegen?« Alle Gäste richten ihre Aufmerksamkeit nun auf die Bühne. »Die erste Spende, die ihr ersteigern könnt, sind zwei Nächte in einer Blockhütte, gestiftet von unserem lieben Garrett Shaw.«

Als sie auf mich deutet, stehe ich widerwillig auf und gehe nach vorn zu der improvisierten Bühne. Mehr als ein knappes Lächeln und dass ich mir über den Bart streiche, kriegt das Publikum nicht von mir.

»Beginnen wir bei einhundert Dollar.« Kaum hat Cat die Worte ausgesprochen, da schnellt auch schon Charlies Hand in die Höhe.

»Eintausend!«, ruft sie und grinst, als hätte sie gerade tausend Dollar gewonnen statt sie ausgegeben. Dabei weiß ich genau, dass sie sich das überhaupt nicht leisten kann.

»Verkauft!« Cat lässt den Hammer niedersausen und nimmt allen anderen Gästen die Chance, ebenfalls ein Gebot abzugeben.

Mein Kopf dreht sich in Charlies Richtung. Sie grinst über beide Ohren und hüpft aufgeregt auf und ab.

Was zur Hölle denkt sie sich nur dabei?

Cat, die genauso breit lächelt wie Charlie, wirft mir über die Schulter einen Blick zu. Was zum Teufel geht hier vor?

Ich trete von der Bühne, arbeite mich durch die Menschenmenge und steuere direkt auf die Frau mit den wilden Locken zu, denn ich werde nicht zulassen, dass sie ihr Geld verschwendet.

»Sei nicht zu streng mit ihr«, raunt mir Dane im Vorbeigehen zu, während ich Charlie am Ellbogen in Richtung Toiletten zerre.

»Lass mich los«, fordert Charlie und reißt sich los.

»Was sollte das denn?«

»Ich unterstütze meine beste Freundin.« Sie drückt sich mit dem Rücken gegen die Wand. Dabei entgeht mir nicht, wie sich ihr Happy Daze-Shirt über ihren üppigen Brüsten spannt. Wahrscheinlich verlangt Dane von ihr, dass sie ein so enges Shirt trägt, damit seine männlichen Gäste mehr Drinks bestellen. Wobei – eigentlich lässt sich Charlie von niemandem etwas vorschreiben.

»Das kannst du dir unmöglich leisten«, flüstere ich aufgebracht. »Ich hätte dich auch so in einer meiner Hütten übernachten lassen. Du hättest nur fragen müssen.«

»Darum geht es doch gar nicht.« Sie verschränkt die Arme und betont damit ihre Brüste noch mehr, sodass bestimmt jeder Kerl im Umkreis von fünf Meilen auf sie aufmerksam wird. »Und damit du’s weißt: Ich habe das Geld. Nicht, dass es dich etwas anginge.«

Sie drückt sich von der Wand ab und funkelt mich böse an, bevor sie geht.

»Ich bezahle die tausend Dollar für dich, und du kannst trotzdem in der Hütte übernachten.«

Ihr Kopf dreht sich so langsam zu mir um, dass es beinahe gruselig ist. Ihre abgehackten Bewegungen haben etwas Roboterartiges. »Das machst du auf keinen Fall. Ich bin kein kleines Mädchen mehr. Ich bin nicht mehr die kleine Schwester deines besten Freunds, die keine rationalen Entscheidungen treffen kann.«

Fast pflichte ich ihr bei, denn kein Mann würde abstreiten, dass ihr Hintern definitiv der einer erwachsenen Frau ist.

Wieder erfüllt mich dieser Selbsthass, den ich oft empfinde, was Charlie Rose angeht, und ich rufe mir ins Gedächtnis …

Sie ist die kleine Schwester deines besten Freunds.

Du hast ihm versprochen, auf sie aufzupassen.

Sie ist jung und frei. Was zur Hölle sollte sie von dir wollen?

Und das Schlimmste: Ich bin kaputt. Beschädigte Ware. Und sie ist perfekt – und das soll auch so bleiben.

***

Ich erreiche meine neueste Blockhütte auf dem Foxfield Trail, mein bisher größtes Bauprojekt. Acht Schlafzimmer, sieben Bäder, Pool, Fitnessraum, umlaufende Veranda. Sie ist für mehrere Familien gedacht, für Patchwork-Familien oder auch für eine einzige riesige. Als ich die Pläne entworfen habe, dachte ich, es würde spektakulär werden, doch stattdessen ist das Projekt zu einer einzigen Last geworden.

Die Genehmigungen, die Inspektionen, die Investitionen. Nichts läuft nach Plan, und dann ist auch noch einer meiner besten Subunternehmer mit seiner Freundin abgehauen, um irgendwo ein neues Leben zu beginnen. Jetzt hinke ich einen Monat hinterher.

Damit enttäusche ich auch Jasper Banks, einen Kunden, der mich unentwegt weiterempfiehlt, als wäre ich sein Kokaindealer. Er und seine Frau Lennon wollen die Ersten sein, die in der neuen Blockhütte übernachten. Sie treffen sich mit der Familie seiner Frau. Zwei Tage vor Weihnachten muss die Hütte also bewohnbar sein, ansonsten bin ich am Arsch, denn die anderen Unterkünfte sind alle ausgebucht.

»George.« Ich gehe auf den Mann zu, der den Job meines verschwundenen Subunternehmers übernommen hat.

Er wischt sich die ölverschmierten Hände an seinem T-Shirt mit dem Aufdruck Muskeln in Arbeit ab. »Garrett.« Er nickt und lächelt mich an, klingt jedoch ein wenig panisch.

George ist ungefähr zwanzig Jahre älter als ich. Er kommt aus der Nachbarstadt Wet Rock und hat erst vor einem halben Jahr seine eigene Firma gegründet, nachdem sein Chef, mein ehemaliger Subunternehmer, abgehauen ist.

»Wo sind denn alle?«, frage ich und lasse den Blick durch die leere Hütte schweifen, die alles andere als fertig ist.

»Es gibt da ein paar Probleme.« Wieder wischt er sich die Hände an seinem T-Shirt ab.

Natürlich gibt es Probleme. Noch nie habe ich diese Hütte betreten, ohne diesen Satz zu hören.

»Was denn diesmal?« Ich streiche über meinen Bart. Die meisten Männer verlieren ihre Kopfhaare, ich verliere meine Barthaare. Vor allem, seit ich mit dem Bau dieser Blockhütte begonnen habe.

»Nichts allzu Großes«, weicht er aus.

»Jetzt sag schon.«

George lässt den Kugelschreiber fallen, den er schon die ganze Zeit wieder in seine Hosentasche zu schieben versucht. Er ist nervös. Mein Magen zieht sich zusammen, während ich auf seine Antwort warte.

»Der Whirlpool ist im Lieferrückstand.«

»Wie lange?« Wäre George nicht sowieso schon so fahrig, würde ich ihn jetzt am Kragen packen, aber ich jage ihm auch so bereits eine Heidenangst ein, und ich kann es jetzt nicht gebrauchen, dass er auch noch das Weite sucht. Also gehe ich mit ihm um wie mit Syd – sanft.

»Drei Monate.« Er weicht meinem Blick aus.

Ich lasse den Kopf in den Nacken fallen und schiebe die Hände in die Hosentaschen. »Optionen?«

»Du könntest nach Portland oder San Francisco fahren und einen anderen aussuchen, aber …«

»Aber was, George?«

Erneut lässt er den Stift fallen. »Es betrifft auch die ganzen Wannen und Waschbecken im Haus.«

Wieder streiche ich über meinen Bart. »Wie ist das bitte möglich?«

»Die, die du ausgesucht hast, sind alle von derselben Firma, und die Mitarbeiter streiken alle.«

Ich schüttle den Kopf und überlege, was wir jetzt tun sollen. Es sind alles Sonderanfertigungen. »Okay, wie weit wirft uns das zurück?«

»Ich brauche die Abmessungen von den neuen Sachen, bevor meine Männer den Boden und die Fliesen verlegen können.« Er schafft es immer noch nicht, mir richtig in die Augen zu sehen.

»Na schön. Ich lasse mir im Laufe des Tages etwas einfallen.«

Da klingelt in meiner Hosentasche das Smartphone.

»Syd«, murmle ich, als ich ihren Namen auf dem Display sehe. Ich hebe einen Zeigefinger, um George zu unterbrechen, und gehe ran. »Was gibt’s, Syd?«

»Dad.« Sie sagt nichts weiter, doch das leichte Zittern in ihrer Stimme bringt mein Herz sofort zum Rasen.

»Was ist los?«

»Ähm …«

»Syd!«, bohre ich nun forscher nach.

»Ich, ähm …«

Ich fahre mir durch den Bart. Bestimmt fallen gerade wieder etliche Haare zu Boden.

»Ist alles in Ordnung?«, frage ich nervös.

»Ja. Ich, ähm, ich …«

»Brauchst du mich?«

»Ich habe meine Periode bekommen«, platzt sie heraus.

Ich bin vollkommen perplex, und mein Herz beginnt so wild zu hämmern, als ob man mich gerade aus einer Kanone abgefeuert hätte.

Ich wende mich von George ab. »Periode?«, flüstere ich ins Telefon.

»Ja. Und ich brauche ein paar Sachen.«

Fuck. Natürlich wusste ich, dass dieser Moment irgendwann kommen würde, aber ehrlich gesagt kam es mir nicht in den Sinn, dass ich die Sachen für sie besorgen muss.

»Okay, okay. Ich mache das.« Vielleicht versuche ich gerade eher, mich selbst davon zu überzeugen, dass ich mit der Situation umgehen kann.

»Die Krankenschwester ist nicht da. Bitte, Dad.« Jetzt zittert ihre Stimme richtig. Zum ersten Mal seit Ewigkeiten habe ich wieder das Gefühl, dass sie mich wirklich braucht. Ich darf es jetzt nicht vermasseln.

Die Tage, an denen ich sie vom Klettergerüst retten musste, weil sie Angst hatte zu springen, sind lange vorbei. Oder an denen ich ihren Sattel festgehalten habe, als sie gelernt hat, ohne Stützräder zu fahren. In letzter Zeit war es meine einzige Aufgabe, ihre Handyrechnungen zu bezahlen und Essen auf den Tisch zu stellen.

»Ich bin sofort da«, versichere ich ihr.

»Okay.«

Ich lege auf und gehe, ohne George zu erklären, warum ich so dringend losmuss.

»Und du gibst mir Bescheid, ob …«

Ich hebe eine Hand. »Ich kümmere mich darum, George.«

Ich verlasse die Hütte mit einer Mission: mein Mädchen zu retten. Und dann wird mir klar, wie groß die Auswahl an Damenhygieneartikeln ist.

Kapitel 2

CHARLIE

Mein Fuß wippt im Takt des Songs, der eben im Radio lief, als ich auf dem Weg zur Arbeit war. Da der Unterricht gerade in vollem Gange ist, ist es still an der Climax Cove Middle School. Ich habe keine Ahnung, warum die frühere Beratungslehrerin, Mrs. Quentin, beschlossen hat, ihren Mann zu verlassen und mit Mr. Ashland, dem Handwerker für alles, durchzubrennen. Und auch, wenn es mir für Mr. Quentin leidtut, bin ich heilfroh, endlich eine feste Stelle zu haben und nicht ständig zwischen den Schulen wechseln zu müssen.

Das Problem ist nur, dass Mrs. Quentin anscheinend zu beschäftigt mit ihrer Affäre war, denn sie hat sich keinerlei Notizen zu den Schülerinnen und Schülern gemacht, mit denen sie gesprochen hat. Lediglich zu denjenigen, die besondere Unterstützung brauchen. Seit zwei Tagen durchforste ich nun ihr Büro, bisher jedoch erfolgslos.

Mein Smartphone klingelt und bewahrt mich davor, meine fünfte Büroklammerkette zu vervollständigen.

»Hey, Lori«, melde ich mich, als ich auf dem Display sehe, dass es die Sekretärin aus dem Schulbüro ist.

»Miss Rose, ich habe hier einen Vater bei mir im Büro.«

Schnell richte ich mich wie ein trainierter Hund auf meinem Stuhl auf und sabbere förmlich, weil ich endlich etwas zu tun habe. »Ich bin sofort da.« Ich lege auf, und höre kaum noch, wie sie etwas hinzufügt.

Das kann sie mir auch gleich noch erzählen.

Das Schulbüro ist mit seinen drei Glaswänden wie ein Aquarium. Deshalb entdecke ich auch sofort Garrett Shaw, der sich mit Lori unterhält und eine Tüte in der Hand hält. Allein bei seinem Anblick wird mir schlagartig heiß.

Seit ich denken kann, sind mein Bruder und Garrett Shaw die besten Freunde. Ich liebe ihn, seit ich angefangen habe, mich für Jungs zu interessieren, aber für ihn bin ich nur so etwas wie eine kleine Schwester. Nicht, dass es eine Rolle spielen würde. Seit er seine große Liebe verloren hat, ist er nicht mehr derselbe. Ganz und gar nicht mehr der Junge, in den ich mich mal verliebt habe. Als sie gestorben ist, wurde seine verrückte, lustige Seite mit ihr begraben.

Ich öffne die Bürotür.

»Da ist sie auch schon, Mr. Shaw.« Lori deutet auf mich. »Sie erinnern sich sicherlich noch an Charlie Rose, nicht wahr?«

Langsam dreht sich Garrett um, und die Plastiktüte in seiner Hand knistert, als er sie fester umklammert.

»Charlie.« Er sagt meinen Namen, als wäre ich immer noch zwölf Jahre alt.

»Hey, Garrett.« Mein Blick fällt auf die Tüte. Bestimmt ist es irgendetwas für seine Tochter.

»Garrett hat hier etwas für Sydney«, erklärt Lori, weil Garrett einfach sprachlos herumsteht.

Ich habe meine rekordverdächtige Büroklammerkette links liegen lassen, um als Botin zu fungieren. Dafür habe ich also meinen Master gemacht.

Ich strecke die Hand nach der Tüte aus. »Klar. Ich glaube, Sydney hat gerade Bio. Ich kann es ihr bringen.«

Doch Garrett macht keinerlei Anstalten, mir die Tüte zu geben.

»Ich würde es ihr gern selbst geben.«

Ich senke die Hand. »Lori, können Sie Mr. Trickle Bescheid geben, dass er Sydney herunterschicken soll?«

Lori nickt und greift nach dem Hörer.

Garrett steht da in seinen Jeans und seinem Flanellhemd und sieht aus wie der Holzfäller, der er nun mal ist. Ich habe großen Respekt davor, dass er sein Bauunternehmen gegründet hat. Damit hat er viele Arbeitsplätze geschaffen. Manche der Blockhütten verkauft er an irgendwelche reichen Leute, andere wiederum behält er selbst und vermietet sie an Urlauber.

Lori legt auf und kratzt sich mit einem Kugelschreiber am Kopf. »Ähm, Garrett, sind die Hütten über Weihnachten alle ausgebucht?«

Garrett lächelt zwar, doch es erreicht nicht seine Augen. Er wirkt gestresst, hoffentlich nicht wegen seiner Blockhütten. Shaw’s Cabins gehört zu den wenigen Firmen, die die Stadt nach dem Sommerhoch über Wasser halten. Im Winter kommen die Leute sogar aus Portland und San Francisco hierher und mieten seine Hütten. Gerüchte besagen, dass die Firmenchefin von Hart’s Desire Products und deren Mann zu seinen besten Kunden gehören, aber wie Garrett nun mal ist, bleiben seine Lippen versiegelt.

»Ja, tatsächlich.«

Schweigen breitet sich aus. Ich schiebe die Hände in die hinteren Hosentaschen und verlagere das Gewicht auf die Fersen.

Kurz darauf entdecke ich Sydney, wie sie den Flur hinabkommt. Doch sie geht irgendwie merkwürdig. Als wären ihre Beine knieaufwärts zusammengewachsen.

Ich will ja nicht angeben, aber ich kapiere sofort, was Garrett ihr bringt.

Mir entweicht ein Lachen, doch ich schlage schnell eine Hand vor den Mund. Unmöglich. Der raue, knurrige Garrett Shaw bringt seiner Tochter Damenbinden.

Als jedoch die Tür aufgeht und Sydney fast in Tränen ausbricht, vergeht mir das Lachen. So witzig ich es auch finde, dass Garrett in dieser Situation steckt – für Sydney ist es mit Sicherheit total unangenehm.

»Dad«, begrüßt sie ihn erleichtert.

»Hey, Syd.« Er legt einen Arm um sie, und sie sucht regelrecht bei ihm Schutz.

»Wollt ihr mit in mein Büro kommen?«, schlage ich vor, damit sie Lori und den anderen Damen im Raum entkommen. Außerdem will ich wissen, ob Sydney irgendwelche Fragen hat.

»Nein, es geht schon.« Sydney löst sich aus Garretts Umarmung und greift nach der Tüte.

Ich erhasche einen flüchtigen Blick hinein. Als ich den Inhalt sehe, reiße ich die Augen auf und breche beinahe erneut in Gelächter aus.

Garrett, Garrett, Garrett.

»Ich finde, ihr solltet wirklich mit in mein Büro kommen.« Entschlossen gehe ich zur Tür und halte sie ihnen auf.

Überraschenderweise folgen sie mir ohne weitere Widerworte. Ich weiß nicht sonderlich viel über Sydney, nur, dass sie ihrem Vater verdammt ähnlich ist – sie lässt sich von niemandem etwas vorschreiben. Erst vor zwei Wochen hat sie einem Jungen das Knie in die Eier gerammt, warum, wollte sie dem Rektor nicht verraten.

Wenige Minuten später erreichen wir mein Büro. »Bitte, setzt euch doch. Ich bin gleich wieder da.«

Ich steuere auf das Schwesternzimmer ein paar Türen weiter zu. Schwester Wendy hat sich für heute krankgemeldet, und da das hier ein so kleiner Schulbezirk ist, ist es meine Aufgabe, so gut wie möglich für sie einzuspringen. Ich durchsuche die Schränke, schnappe mir ein paar Binden und eile zurück in mein Büro.

Die beiden sitzen schweigend da.

Ich nehme Sydney die Plastiktüte ab und reiche ihr die Damenbinden. Daraufhin schenkt sie mir ein zaghaftes Lächeln.

»Charlie, ich habe ihr schon alles besorgt, was sie braucht«, knurrt Garrett leicht genervt.

Ich nehme die Packung aus der Tüte. »Garrett, Windeln für Erwachsene sind nicht das, was Frauen benutzen, wenn sie ihre Periode haben.«

»Igitt.« Sydneys Kopf schnellt zu Garrett herum, und sie sieht ihn angewidert an. »Ernsthaft, Dad?«

Garretts Wangen erröten. Oder besser gesagt das, was von ihnen über seinem Bart sichtbar ist. Dann zuckt er mit den Schultern. »Ich dachte, das wäre das Richtige.«

Sydney steht auf und schiebt die Binden in ihre Hosentasche. »Ich muss jetzt zurück zum Unterricht.«

»Ich kann dich auch nach Hause bringen«, bietet Garrett an. »Solltest du dich nicht lieber ausruhen?«

Ich beiße mir auf die Unterlippe.

Du bist gerade professionelle Beratungslehrerin, keine Barkeeperin. Verwechsle jetzt nicht deine beiden Jobs.

Wie durch ein Wunder schaffe ich es, mir jeglichen frechen Kommentar zu verkneifen.

»Mir geht’s gut«, presst Sydney hervor.

Als Garrett aufsteht, überragt er seine Tochter bei Weitem. »Ich weiß nicht, Syd. Vielleicht solltest du einfach mit nach Hause kommen und dich für den Rest des Tages aufs Sofa legen.«

Sydney ignoriert seinen Kommentar und wendet sich mir zu. »Vielen Dank, Miss Rose. Wir sehen uns später zu Hause, Dad.«

Dann geht sie.

Lässt mich allein mit Garrett.

Ich weiß nicht, wann ich zum letzten Mal mit ihm allein in einem Raum war … Vielleicht an jenem Abend, als mein Bruder ihn mit nach Hause gebracht hat? Als ich mir sicher war, dass er in mir mehr sieht als nur die kleine Schwester?

Als er sich zu mir umwendet, kann ich kaum noch atmen. Garrett Shaw wirkt auf viele Menschen einschüchternd. Keine Ahnung, ob es an seinem rauen Gemüt liegt, an seiner stattlichen Größe oder seinen Muskeln. Aber bei mir passiert genau das Gegenteil.

Er schüchtert mich nicht ein. Er bringt das verliebte Mädchen in mir zum Vorschein, was ehrlich gesagt genauso furchteinflößend ist.

Er streicht sich über den Bart. Das tut er immer, wenn er aufgebracht ist. »Ich kann einfach nichts richtig machen.«

»Sie ist fast eine Teenagerin. Gewöhn dich lieber daran.«

Ich umrunde meinen Schreibtisch, stecke die Windeln zurück in die Tüte und reiche sie ihm.

»Es kommt mir so vor, als wäre es einfach über Nacht passiert. Ich habe sie gerade noch auf der Schaukel angeschubst, und jetzt schlägt sie mir die Türen vor der Nase zu.«

Er nimmt die Tüte entgegen, auch wenn ich bezweifle, dass er die Windeln zurückbringen wird.

»Hab Geduld mit ihr. Ihre Hormone spielen nun mal verrückt.« Kichernd erinnere ich mich daran zurück, wie er mir mal vorgeworfen hat, meine Hormone würden mit mir durchgehen.

»Du willst mich doch gar nicht wirklich. Das liegt nur an deinen Hormonen, die dir einreden, dass du mich willst«, sagte er zu mir.

Er sieht mich an, und unter dem Bart blitzt ein Lächeln hervor.

»Da hast du recht. Es ist fast so, als wäre man nicht mehr man selbst?« Er formuliert es als Frage. Ich lehne mich an meinen Schreibtisch und greife schnell nach einem Stift, damit ich etwas in der Hand habe.

Will er, dass ich jetzt widerspreche? Natürlich lag es auch an den Hormonen, dass ich ihn wollte. Aber ich beschließe, dass es besser ist, einfach nicht auf seine Frage einzugehen.

»Das wird schon. Du bist ein toller Vater. Mach einfach so weiter, Großer.«

Er starrt mich an, bis mir ganz unbehaglich zumute wird, und nickt dann. »Danke für deine Hilfe, Charlie.«

»Was ist jetzt mit der Hütte?«, frage ich, weil ich nicht will, dass er geht. Es ist schön, ihn bei mir zu haben.

Garrett schüttelt den Kopf. »Gib Bescheid, wann du sie willst, aber ich habe Dane das Geld bereits gegeben.«

Jetzt habe ich nichts mehr dagegen, dass er geht.

»Du hast was?«, frage ich nun lauter. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich das Geld habe.«

Er macht auf dem Absatz kehrt und füllt mit seiner Statur den gesamten Türrahmen aus.

»Ich habe dir gesagt, dass ich für dich bezahle. Du musst dein Geld nicht für so etwas ausgeben. Wir sind quasi Familie.«

»Wir sind keine Familie, nur weil du Vances bester Freund bist. Hier.« Ich trete hinter den Schreibtisch, greife nach meiner Handtasche und ziehe mein Scheckheft heraus.

»Ich will dein Geld nicht, Charlie.« Er hält sich oben am Türrahmen fest. Und meine Güte, seine Muskeln, die sein Hemd zum Zerreißen spannen, lenken mich viel zu sehr ab.

Aber nein. Ich bin sauer auf ihn. Er verhält sich wie ein sturer Esel.

Ich stelle den Scheck aus, reiße ihn aus dem Heft und steuere auf Garrett zu, doch der macht einfach kehrt und stapft den Flur hinab.

»Garrett!« Ich eile ihm hinterher.

Doch er schüttelt nur den Kopf und legt einen Zahn zu.

Natürlich muss Rektor Hayes genau in dem Moment aus seinem Büro kommen. »Mr. Shaw, wie schön, Sie zu sehen«, begrüßt er ihn.

Rektor Rich Hayes. Alle nennen ihn Richy Rich, weil seine Familie Climax Cove gegründet hat. Sie leben im größten Haus in der Innenstadt und fahren bei jeder Parade auf einem der Wagen mit.

Garrett streckt ihm seine Hand entgegen. »Hey, Rich, muss leider los. Wir telefonieren.«

Rich mustert mich aus dem Augenwinkel.

»Mr. Shaw, bitte warten Sie«, sage ich und ignoriere Rektor Hayes.

Doch Garrett tritt bereits durch die Türen, also folge ich ihm und schließe draußen zu ihm auf.

»Jetzt mal im Ernst, Garrett. Wie alt bist du? Acht?«

Er bleibt stehen und wirbelt herum. »Charlie, ich will dein Geld nicht. Ich habe Vance vor Jahren das Versprechen gegeben, dass ich auf dich aufpassen werde. Und daran halte ich mich.«

Mein verdammter Bruder. Vance denkt echt, ich könnte nicht selbst auf mich aufpassen.

Ich falte den Scheck und schiebe ihn in seine Brusttasche. »Du musst nicht auf mich aufpassen. Ich bin eine erwachsene Frau.« Ich recke die Brust, damit er es mit eigenen Augen sieht. »Oder ist dir das noch gar nicht aufgefallen?«

Sein Blick fällt auf mein Dekolleté, und er atmet schwer aus. Dann setzt er die übliche Maske aus Gleichgültigkeit auf. Er nickt, stapft zu seinem Truck und wirft die Windeln auf die Ladefläche von Rektor Hayes Pick-up, bevor er in seinen Wagen steigt und davondüst, ohne ein einziges Mal zurückzublicken.

Kapitel 3

GARRETT

Ein paar Wochen später stehe ich mit meinen Schlüsseln in der Hand da und suche nach meinem Smartphone, als Sydney die Treppe herunterkommt. Ich komme zu spät zum Single Dads Club-Treffen, was wahrscheinlich der Grund ist, warum sie überhaupt aus ihrer Höhle kommt. Sie dachte, ich wäre schon weg.

»Syd, hast du irgendwo mein Handy gesehen?« Ich schaue hinter den Sofakissen nach, obwohl ich gar nicht darauf saß, seit ich zu Hause bin.

»Nein.« Sie öffnet den Vorratsschrank und durchforstet den Inhalt.

»Ich kann auf dem Heimweg etwas zu essen mitbringen.«

»Ich habe gar keinen richtigen Hunger«, erwidert sie und kommt mit einer Tüte Tortilla-Chips und einem Glas Salsa aus der Küche. »Es lag im Kühlschrank.« Mit ihrer freien Hand wirft sie mir mein Smartphone zu.

Zum Glück funktionieren meine Rugby-Reflexe immer noch hervorragend. Ich fange es und beäuge dann die Chipstüte. »Du hast keinen Hunger, isst aber so einen Mist?«

Sie zuckt mit den Schultern, schlendert zum braunen Ledersofa, lässt sich darauf plumpsen und legt die Füße auf den Tisch.

»Ich bringe trotzdem etwas mit. Du kannst ja dann so tun, als hättest du Hunger.« Ich schiebe mein Smartphone in die Hosentasche.

»Viel Spaß beim über mich Beschweren«, nuschelt sie mit vollem Mund und grinst. Wie kommt’s, dass ich so ein freches Mädchen großgezogen habe? Man könnte glatt meinen, sie sei die Tochter meines Freunds Dane, nicht meine.

»Du weißt, dass es bei den Meetings nicht immer nur um dich geht.«

»Manchmal frage ich mich schon, was ihr da immer besprecht.« Sie loggt sich in ihren Netflix-Account ein.

»Aber nichts mit FSK 16«, ermahne ich sie und deute mit dem Kopf auf den Fernseher.

»Okay.« Sie tut, als würde sie schmollen. »Anscheinend willst du mir immer noch vorschreiben, was ich zu tun habe. Nicht die Erziehungsmethode meiner Wahl.«

»Klugscheißerin.« Als ich den Kopf schüttle, fängt sie an zu lachen.

Mir wird warm ums Herz. Es gibt auf dieser Welt keinen schöneren Klang, aber leider bekomme ich ihn in letzter Zeit nicht mehr oft zu hören.

»Ein Klassiker. Die Schimpfwörterkasse steht übrigens auf dem Tisch.«

Ich vermisse es, mit ihr herumzualbern. Es ist schön, dass sie endlich mal aus ihrem Zimmer gekommen ist. In letzter Zeit fühle ich mich wieder so einsam wie nach Melissas Tod, so selten, wie sich Sydney blicken lässt.

»Vielleicht gehe ich noch bei Mad Batter vorbei. Soll ich dir einen Cupcake mitbringen?«

»Einen Einhorn, bitte.« Wieder grinst sie mit vollem Mund.

Ich nicke und wende mich zum Gehen. »Wenn ich nicht der Vater des Monats bin … Chips und Cupcakes zum Abendessen.« Ich greife nach dem Türknauf.

»Mach dir keinen Kopf. Ich habe mir heute sogar schon die Zähne geputzt und geduscht.«

Ich muss grinsen. Eigentlich will ich gar nicht zum Single Dads Club-Treffen gehen, denn diese Momente sind selten geworden. Aber ich bin nicht so naiv zu glauben, dass sie sich an mich schmiegen und mit mir einen Film schauen würde.

»Gut zu wissen, dass ich wenigstens etwas richtig gemacht habe.«

Ich öffne die Haustür. Der Himmel verdunkelt sich bereits, da der Winter naht.

»Hey«, ruft sie mir hinterher, und ich wende mich um. »Du bist ein toller Dad.«