Dorian Hunter 97 - Roy Palmer - E-Book

Dorian Hunter 97 E-Book

Roy Palmer

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Beschreibung

Coco bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben. »Rian, bitte komm doch hierher - nach Basajaun!«
»Ich hoffe, dich bald wiedersehen zu können«, erwiderte Dorian.
»Wann wirst du hier sein?«
»Ich fühle mich einsam. Wir haben so viel zu besprechen.«
»Rian!«
»Es wird alles gut werden.«
Sie wollte etwas Drängendes entgegnen, ihn mit allen Mitteln bewegen, auf die Burg zurückzukehren, doch da war die Leitung bereits tot.

Dem Dämonenkiller Dorian Hunter ist es mit Hilfe des Ys-Spiegels und dem undurchsichtigen Magier Magnus Gunnarsson gelungen, den Erzdämon Luguri in die Schranken zu weisen. Doch Luguri stellt Dorian eine weitere Falle - in Norwegen, wo das Mädchen auf dem Teufelsacker wartet ...


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Seitenzahl: 139

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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DAS MÄDCHEN AUF DEM TEUFELSACKER

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

In der Folge beginnt Dorian die Dämonen zu jagen – doch diese schlagen zurück und zersetzen die »Inquisitionsabteilung« des Secret Service, der Dorian vorübergehend unterstützt hat. Der ehemalige Leiter der Inquisitionsabteilung, Trevor Sullivan, gründet in der Londoner Jugendstilvilla in der Baring Road die Agentur Mystery Press, die Nachrichten über dämonische Aktivitäten aus aller Welt sammelt. Hunter bleibt als zweiter Rückzugsort das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt: die Hexe Coco Zamis, die selbst ein Mitglied der Schwarzen Familie war, bis sie wegen ihrer Liebe zu Dorian den Großteil ihrer magischen Fähigkeiten verlor; den Hermaphroditen Phillip, dessen Fähigkeiten ihn zu einem lebenden Orakel machen, sowie Ex-Secret-Service-Agent Donald Chapman, der bei einer dämonischen Attacke auf Zwergengröße geschrumpft wurde.

Beinahe wird die schwangere Coco Zamis ein Opfer der Machtkämpfe innerhalb der Schwarzen Familie, doch nach einer Flucht um den halben Erdball bringt Coco ihr Kind sicher zur Welt – und versteckt es an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält. Cocos Vorsicht ist berechtigt, da bald eine neue, »alte« Gegnerin auftaucht: Hekate, die Fürstin der Finsternis, wurde von Dorian einst in seinem vierten Leben als Michele da Mosto verraten, sodass ihre frühere Liebe sich in glühenden Hass verwandelt hat.

Die Erinnerung an seine Existenz als da Mosto veranlasst Dorian, nach der Mumie des Dreimalgrößten Hermes Trismegistos zu forschen. Im Golf von Morbihan stößt er auf die versunkenen Stadt Ys und birgt aus ihr einen Handspiegel, dem unheimliche Kräfte innewohnen. Der Spiegel scheint mit seinem jeweiligen Besitzer eine Art Beziehung einzugehen, ihm Lebensenergie zu entziehen. Aber Dorian ist auf den Spiegel angewiesen – er stellt die einzig wirksame Möglichkeit dar, den Erzdämon Luguri in die Schranken zu weisen, bevor dieser die Welt endgültig ins Chaos stürzt.

DAS MÄDCHEN AUF DEM TEUFELSACKER

von Roy Palmer

Schwarze Gewitterwolken ballten sich über dem Valira del Norte und seinen Seitentälern zusammen. Der Herbstwind blies trockenes Laub und Staub vor sich her. Ein bizarr verästelter Blitz fuhr zu Boden und verbreitete weißes, kaltes Licht, erweckte den Eindruck, als würde ein gigantischer Vorhang in zwei Teile zerrissen. Sekunden später folgte ein heftiger Donnerschlag, dessen grollender Nachhall sich von Tal zu Tal fortsetzte. Und schließlich öffnete der Himmel seine Schleusen und ließ Regen niederprasseln, der von den Windböen gegen die trutzigen Mauern des Castillo Basajaun gepeitscht wurde, als gelte es, die Burg mit allen Mitteln zu zerschmettern.

Coco Zamis blickte aus dem Fenster, als ein neuer Blitz das Seitental erhellte. Der Platzregen verwandelte sich in Hagel. Die Körner trommelten in wildem Stakkato gegen die Scheiben. Sehen konnte die schwarzhaarige Frau kaum zehn Meter weit.

Coco beobachtete, wie nussgroße Hagelkörner auf dem Erdboden aufschlugen, wieder zurückprallten und hüpfende Bewegungen vollführten. Es sah grotesk aus.

1. Kapitel

Sie betrachtete das Zackenmuster eines Blitzes, doch nahm sie keinen der Eindrücke bewusst in sich auf. Coco war tief in ihre Gedanken verstrickt. Sie beschäftigte sich mit dem Schicksal des Dämonenkillers und den Dingen, die sie zuletzt über ihn vernommen hatte.

Coco war zusammen mit Abi Flindt und dem Zyklopenjungen Tirso Aranaz von der bretonischen Insel aus direkt nach Andorra zurückgekehrt. Von Tim Morton war sie inzwischen über die Ereignisse in New York informiert worden. Sie wusste auch von Dorian Hunters rätselhaftem Telefongespräch mit Morton. Zunächst hatte Dorian behauptet, der gerade erst erfolgte Einsturz des Hotels liege bereits Monate zurück; danach hatte er sich jedoch berichtigt.

Vier Tage waren seither vergangen. Coco kannte Dorians derzeitigen Aufenthaltsort nicht. Sie tappte völlig im Dunkeln, wusste auch nicht, wo die Begleiter des Dämonenkillers – Unga und Magnus Gunnarsson – abgeblieben waren.

Sie wandte sich um und musterte die im Raum befindlichen Freunde flüchtig. Da war Ira Marginter, die blonde Restaurateurin aus Köln, die gerade das Abendessen aus der Küche herübertrug – Gazpacho und Paella, spanische Gerichte, die den Raum im Erdgeschoss mit intensivem Duft erfüllten.

Ira lächelte und sagte: »Wildromantisch, so ein Gewitter, nicht wahr? Unwetter wie dieses sollen übrigens um diese Jahreszeit fast jeden zweiten Tag in Andorra wüten. Himmel, ich möchte jetzt draußen nicht einmal mit einem Wagen unterwegs sein!«

Burkhard Kramer, der Ethnologe aus Frankfurt, der Ira sein langes, bebrilltes Pferdegesicht zuwandte, grinste zerstreut und pflichtete ihr bei: »Ich wette eins zu tausend, dass sich in einer solchen Nacht nicht einmal der hartgesottenste Vampir aus seinem Schlupfwinkel wagt.«

Neben Burke saßen um den Tisch gruppiert: Hideyoshi Hojo, der zierliche Japaner, den alle nur Yoshi nannten; Abraham »Abi« Flindt aus Dänemark, ein breitschultriger Mann mit hübschem Gesicht und Dämonenhasser par excellence; der Amerikaner Virgil Fenton mit einem breiten, angenehmen Gesicht, Tirsos Hauslehrer; der in Indien geborene weißhaarige Colonel Bixby sowie Burian Wagner, der vor Gesundheit geradezu strotzende Mann aus Bayern. Der Hermaphrodit Phillip Hayward hockte auf einem Platz neben den beiden Stühlen, die für Coco und Ira vorgesehen waren. Sein Gesichtsausdruck war abwesend.

Tirso hatte sich auf einen Schemel in einer der Ecken gekauert. Trübsinnig guckte er zu Boden. Den Kopf hatte er aufgestützt. Seit er den Henker auf der bretonischen Insel mit seinem Feuerblick getötet hatte, war er schweigsam und in sich gekehrt, kaum ansprechbar. Coco Zamis wusste, dass sich hinter der Maske des Henkers ein Unschuldiger verborgen hatte, doch sie hütete sich, ihm dies mitzuteilen.

Sie ging zu dem Zyklopenjungen und strich ihm mit der Hand über den Hinterkopf. »Tirso, komm doch! Es wird dir gut tun, etwas Warmes zu dir zu nehmen. Du isst ja in letzter Zeit kaum noch.«

Tirso schüttelte nur apathisch den Kopf.

Phillip schaute plötzlich auf und zwinkerte mit den Lidern, als sei er soeben aus einem tiefen Schlaf erwacht, als müsste er erst in die Realität zurückfinden. Er erblickte Tirso, lachte kindlich und winkte ihm auffordernd zu. »Los, wir veranstalten ein Wettessen! Wer zuerst mit seinem Gazpacho fertig ist, hat gewonnen.«

Tirso reagierte kaum darauf, obwohl er in Phillip einen echten Freund gefunden hatte und sich ihm sehr zugetan fühlte.

Während die anderen mit der Mahlzeit begannen, stand Fenton auf und begab sich gleichfalls zu dem Zyklopenjungen hinüber. Mit leiser Stimme redete er auf ihn ein, konnte ihn jedoch auch nicht aufmuntern. Coco setzte sich über die subtileren Methoden der Psychologie und Pädagogik hinweg, holte einen Teller und begann, Tirso mit unendlicher Geduld zu füttern. Zuerst wollte er sich sträuben, dann ließ er sich aber doch überzeugen, wenigstens ein paar Löffel der heißen Gemüsesuppe zu sich zu nehmen.

Virgil Fenton kehrte zu den anderen an den Tisch zurück.

Ira Marginter hatte sich inzwischen auch gesetzt. In Phillips Gesicht kam erneut ein träumerischer Ausdruck. Es herrschte bedrückendes Schweigen.

Burian Wagner nahm einen ordentlichen Schluck Rotwein, dann schlug er mit der Faust auf den Tisch. »Ich halt's einfach nicht mehr aus. Diese Ungewissheit! Dieses Warten! Der Karren sitzt fest. Meiner Ansicht nach müssen wir mal kräftig in die Speichen greifen, damit er wieder ins Rollen kommt.«

Hideyoshi Hojo setzte eine leicht ironische Miene auf. »Gut gebrüllt, Löwe. Dann sag uns mal, wie du das praktisch anstellen willst.«

»Weiß ich nicht. Ich finde aber, Dorian ist total auf dem falschen Weg.«

»Wir sollten nicht nachtragend sein, was die jüngsten Ereignisse betrifft«, warf Colonel Bixby ein. »Ich finde, das steht uns nicht zu, weil wir nicht die Kompetenz haben, über Dinge zu urteilen, an denen wir nicht persönlich teilgenommen haben.«

»Moment mal!«, sagte Abi Flindt. »Auf mich trifft das nicht ganz zu, Bixby. Ansonsten bin ich mit dir einer Meinung.«

Draußen blitzte es heftig, und zur gleichen Zeit krachte ein Donnerschlag.

Wagner sagte laut: »Versteht mich bloß nicht falsch! Ich will ja nicht über Dorian wettern. Ich will bloß ausdrücken, dass ...«

»... dass er auf der Suche nach der Macht sich selbst verliert«, vervollständigte Burkhard Kramer den Satz, während der Bayer noch nach den passenden Worten suchte. »Nun, ich denke, besorgt sind wir alle – besonders Coco.«

Coco stand auf und näherte sich dem Tisch. »Das stimmt. Ich habe wirklich allen Grund, mich um den Dämonenkiller zu ängstigen. Er ist der Mann, den ich liebe, der Vater meines Kindes. Ich fürchte, Dorian Hunter zu verlieren, aber ich hoffe noch auf etwas Unerwartetes, einen Zufall, der mich zu ihm führt, damit ich ihm beistehen kann.«

Virgil Fenton betrachtete sie mit seinen klugen blauen Augen. »Mit anderen Worten, es steht eine weitere Attacke der Dämonen gegen die Menschheit bevor, und Dorian wird darin verwickelt sein?«

»Ja. Die Besetzung des Hotels in New York war nur der erste grausige Streich des Erzdämons. Luguri bereitet weitere Scheußlichkeiten vor, die die Menschen töten und in den Wahnsinn treiben und seine Schreckensherrschaft festigen.«

Der Japaner schaute ernst von einem zum anderen, bevor er sprach. »Es hat den Anschein, als stünden die Magische Bruderschaft, die Mystery Press und unsere kleine Clique von Dämonenjägern der Ballung des Bösen hilflos gegenüber. Mag sein, dass Dorian doch den richtigen Weg geht, indem er sich Magnus Gunnarsson anschließt und versucht, die übergeordneten Mächte in den Griff zu bekommen.«

»Für ihn selbst ist's aber bestimmt ein Nachteil«, bemerkte Burian Wagner aufgebracht.

»Sicherlich«, meinte Yoshi. »Freunde, ich schlage vor, wir ziehen uns in das unterirdische Gewölbe zurück, um den Geist des Faust anzurufen. Vielleicht kann er uns einen Ratschlag erteilen, wie wir uns zu verhalten haben.«

Colonel Bixby legte sein Besteck aus den Händen und schob den Teller ein Stück von sich weg. »Eine gute Idee. Da der Dämonenkiller nicht anwesend ist, wird Burian eben den sechsten Mann im Bund abgeben.«

»Freilich«, sagte der Bayer. »Los!«

Die Männer erhoben sich, verließen den Raum und suchten den Rittersaal der Burg auf. Neben dem Saal lag die Haupttreppe, die in das unterirdische Gewölbe hinabführte. Ein langer Gang mündete in das Verlies mit den zwanzig Zellen. Hinter einer Tür des Verlieses befand sich die Folterkammer, und über einen weiteren Gang erreichte man die ehemalige romanische Kapelle. Diese war in den Tempel der Magischen Bruderschaft umgebaut worden und besaß alle für die Zwecke der Gemeinschaft erforderlichen Einrichtungsgegenstände und Nebenräume.

Coco Zamis und Ira Marginter deckten den Tisch ab. Sie machten sich beide in der Küche zu schaffen, dann kehrte Coco wieder in den Nebenraum zurück. Tirso hockte nach wie vor beklommen in seiner Ecke, aber Phillip war plötzlich verschwunden.

Eine dumpfe Ahnung befiel die schwarzhaarige Frau. Sie stieß die Verbindungstür auf und hastete in den Rittersaal. »Phillip!«, rief sie.

Ihre Stimme hallte fast höhnisch von den hohen Wänden wider. Sie lief bis in die Halle mit den vierundzwanzig Säulen und blieb entsetzt stehen.

Der rechte Flügel des Tores stand offen. Draußen zuckte ein Blitz vom Himmel, und sie konnte die schmächtige Gestalt des Hermaphroditen ausmachen. Er rannte durch den prasselnden Regen, als müsste er von Castillo Basajaun fliehen.

Coco hatte ihren ersten Schreck überwunden. Sie lief durch die Halle und steuerte auf das offene Tor zu.

Coco hatte den Türklopfer, einen zwanzig Pfund schweren, bronzenen Drachen erreicht, als hinter ihr Ira Marginter auftauchte und rief: »Coco! So nimm doch wenigstens einen Schirm mit!«

Coco hörte nicht auf sie, hastete ins Freie hinaus und rannte, so schnell sie ihre Beine trugen. Undeutlich nahmen sich die Konturen von Phillips Gestalt vor ihr aus.

Das Wasser weichte ihren Hosenanzug binnen Sekunden auf; er klebte an ihrem Körper. Coco atmete keuchend. Der Regen peitschte ihr ins Gesicht, wollte sie zurückwerfen. Doch die Sorge um den Hermaphroditen trieb sie voran. Als ein greller Blitz niederfuhr und irgendwo in einen Baum einschlug, sichtete sie ihn wieder deutlich vor sich.

Phillip taumelte. Die Distanz zwischen ihnen schrumpfte. Coco lief an der Steingarage vorüber, in der der Range Rover und der Transporthubschrauber untergebracht waren. Sie musste noch rund zwanzig mühselige Schritte zurücklegen, dann war sie neben Phillip.

Sie hielt ihn an beiden Armen fest, schüttelte ihn ein bisschen und rief gegen den heulenden Wind, das Rauschen des Regens, das Grollen des Gewitters an. »Phillip! Mein Gott, was ist nur in dich gefahren?«

Er guckte sie verständnislos an. Seine Augen hatten einen merkwürdigen Glanz, seine Lippen formten unverständliche Worte. Coco stellte fest, dass ihm in den wenigen Augenblicken, in denen er durch das Unwetter geirrt war, wieder Brüste gewachsen waren.

Plötzlich weiteten sich seine Augen, und er stieß hervor: »Dorian! Das Stigma – des Todes.«

»Komm!« Sie zog ihn an der Hand hinter sich her. Nicht weit entfernt raste ein Blitz zu Boden, und zur gleichen Zeit donnerte es explosionsartig.

Coco bekam es mit der Angst zu tun. Sie war froh, als sie die Burg wieder erreichten.

In der Halle blieben sie stehen, zwei keuchende, bis auf die Haut durchnässte Gestalten. Ira Marginter rannte mit großen Tüchern herbei.

»Rasch!«, sagte sie. »Trocknet euch ab! Ihr holt euch sonst noch eine Lungenentzündung.«

Sie musterte Coco. Ihre Körperrundungen, besonders ihre Brüste, zeichneten sich so deutlich in dem pitschnassen Hosenanzug ab, als wäre sie nackt.

Etwas später versammelten sie sich wieder in dem Raum neben der Küche und tranken heißen Kaffee. Phillip hockte sich mit verstörtem Gesichtsausdruck neben Tirso hin. Der Zyklopenjunge begrüßte ihn mit einem schwachen Lächeln.

Phillip wollte nicht trinken, war völlig aus dem Häuschen. Seine Brüste schwollen an, und zum ersten Mal verstanden Coco und Ira seine Worte genauer.

»Dorian«, stammelte er. »Dorian – du trägst – das Stigma des Todes.«

»Ein Orakel«, sagte die Deutsche leise.

»Er hat wieder eines seiner Gesichte«, fügte Coco bestätigend hinzu. »Lassen wir ihn in Ruhe. Wir können ihn nicht gewaltsam auf die Erde zurückholen.«

Phillip schwitzte. Er war fast leichenhaft bleich. Sein Oberkörper pendelte leicht hin und her, und immer wieder stieß er Sinnloses hervor, bevor er zusammenhängende Sätze formulierte. Er befand sich in einem tranceähnlichen Zustand.

»Dorian ... Eines Tages kommt er zurück ... Stigma ... Tod.« Der Hermaphrodit keuchte. »Geschlagen – erfolglos. Ein Schatten nur – Schatten seiner selbst. Angst – und Verbitterung.«

»Schrecklich!«, sagte Ira.

Coco legte den Finger an die Lippen und bedeutete ihr zu schweigen. Sie war selbst erschüttert über die Aussagen des Hermaphroditen, zwang sich aber zur Ruhe, damit sie jedes Wort erfassen und sich einprägen konnte.

Phillip richtete sich auf und sah so aus, als hätte er in der Ferne etwas Bedeutsames gesichtet. »Ein verbitterter Tyrann. Das Ende. Die Dunkelheit. Die Verzweiflung. Ein Versuch, das vorbestimmte Schicksal zu ändern. O nein!«

Er erhob sich und machte ein paar Schritte. Plötzlich gab er einen kleinen Schrei von sich, machte eine Drehung und sank zu Boden.

Coco und Ira waren neben ihm, als er flüsterte: »Auf die Menschheit kommt eine – eine Wolke des Todes zugeflogen.«

Besorgt beugten sich die beiden Frauen über ihn. Coco Zamis bemerkte als Erste, dass der eigentümliche Glanz seiner Augen allmählich verblasste. Auch die Brüste begannen zu schrumpfen. Phillip murmelte noch ein paar unverständliche Worte, dann setzte er sich auf und lehnte sich gegen die Wand, erschöpft und doch auf seltsame Weise abgeklärt.

»Phillip«, sagte Ira Marginter eindringlich, »du hast eben über Dorian und dessen Schicksal gesprochen. Kannst du keine präzisen Angaben machen? Denk mal scharf nach!«

»Ich?«

Coco nickte. Sie war sicher, dass sich der Hermaphrodit an nichts erinnern konnte, doch sie versuchte es.

»Sei ganz ruhig! Du hast vom Stigma des Todes geredet. Sagt dir das Stichwort nichts?«

»Gar nichts«, entgegnete er verzweifelt.

»Schon gut. Nimm es dir nicht zu Herzen.«

Die Tür wurde von außen geöffnet. Hideyoshi Hojo, Burkhard Kramer, Abi Flindt, Virgil Fenton, Colonel Bixby und Burian Wagner traten nacheinander ein. Die Frauen teilten ihnen mit, dass Phillip eine orakelhafte Vision gehabt hatte. Eine Weile wurde der Vorfall diskutiert, dann nahm der Japaner zu ihrem soeben beendeten Versuch Stellung.

»Der Faust-Geist ist uns nur kurz in seinem Astralleib erschienen. Wir hatten die ganze Zeit über den Eindruck, dass er sich nicht richtig manifestieren konnte. Das Einzige, was er uns mitteilte, war eine ziemlich verwirrende Prophezeiung.«

Fenton zitierte: »›Pflanzen verwelken, Tiere verenden, Menschen vergehen – ewig ist auch Georg nicht, doch ewig ist ein wandernder Geist.‹ Ja, genau so drückte er sich aus.«