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Tim und Tatti erhalten einen rätselhaften Brief, aus dem hervorgeht, dass Tims Vater im Reich des Meerkönigs gefangenen gehalten wird. Die Kinder bitten ihren Freund, den weisen Drachen Professor Doppelhorn, um Rat. In der Bibliothek der Drachen finden sie einen Hinweis, wie sie in das Land des Meerkönigs reisen können. Die Meerelfe Patti-Patti begleitet sie auf ihrem gefährlichen Weg. Werden die Kinder Tims Vater befreien können? Tauche mit Tim und Tatti hinab in das geheimnisvolle Reich des Meerkönigs und erlebe spannende Abenteuer unter Wasser!
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Seitenzahl: 57
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Für Hannah und Noah, die großgewordenen Vorbilder von Tatti und Tim und ihren Bruder Ben.
Der geheimnisvolle Brief
Besuch bei Professor Doppelhorn
Das Drachen-Amulett
Der magische Schildkrötensaft
Die Meerelfe Patti-Patti
Der Blubberfisch
Der Palast des Meerkönigs
Der Meer-Spiegel
Patti-Pattis Rückkehr
Das Geheimnis des Meerkönigs
Das Glas der Nacht
Die Post-Maus rast wie eine Rakete durch den Märchenwald. Ihre Schirmmütze, auf der vorne ein goldenes Posthorn in der Sonne leuchtet, hüpft bei jedem Schritt auf und ab. Ständig muss sie darauf achten, dass sie nicht gegen ein Hindernis läuft. Geschickt springt sie über Baumstämme und Wurzeln, legt sich bei der krummen Eiche in die Kurve wie ein Motorradfahrer. Erst als sie in die Straße zum Märchendorf einbiegt, drosselt sie ihre Geschwindigkeit und bremst vor einem roten Haus. Völlig außer Atem zieht sie an der Schnur, die neben der Eingangstür herunterhängt. Ein helles Glöckchen erklingt – doch im Haus rührt sich nichts! Noch einmal packt sie die lange Kordel und reißt nun so heftig an ihr, dass ein wahrer Glockentanz ertönt.
„Keiner zu Hause?“, schnauft die Maus.
„Nur Geduld! Ich komme ja schon!“, antwortet eine junge Stimme von drinnen. Quietschend öffnet sich die Eingangstür. Ein Junge von etwa zehn Jahren streckt den Kopf heraus.
„Ach, du bist es, Schnackel“, lacht er. „Hast du Post für mich?“
„Ja!“, antwortet die Maus, noch immer nach Luft ringend.
„Du bist ja vollkommen außer Puste, Schnackel! Warum hast du es denn so eilig?“
Die Maus wischt sich den Schweiß von der Stirn: „Hallo Tim. Ich bin schneller gerannt als ein Hase“, keucht sie. „Ich habe einen wichtigen Brief für dich.“
„Einen wichtigen Brief? Für mich? Wer sollte mir schon etwas Wichtiges schreiben?“
Die Maus zuckt mit den Schultern: „Keine Ahnung, aber es muss äußerst wichtig sein, denn der Briefumschlag hat einen roten Rand.“
„Ein Umschlag mit rotem Rand ... es wird ja immer geheimnisvoller!“, antwortet Tim erstaunt. In diesem Moment kommt Tims Freundin Tatti, die über ihm in einem Baumhaus wohnt, die Wendeltreppe heruntergesprungen.
„Hallo Herr Post-Minister“, grüßt sie die Maus, die verlegen lächelt:
„Ich bin kein Minister, sondern nur ein einfacher Briefträger, der die Post zustellt.“
„Und heute hat Schnackel sogar einen Brief für mich – in einem Umschlag mit rotem Rand!“, fällt ihr Tim ins Wort.
„Wenn ich nur wüsste, wo ich deinen Brief hingesteckt habe“, zetert die Post-Maus. „Eben hatte ich ihn noch in der Hand.“ Umständlich kramt sie in ihrer Umhängetasche und blättert einen Stapel Briefe durch.
„Da ist er ja!“, jubelt die Maus und hält triumphierend einen Briefumschlag in die Höhe.
„Der hat ja tatsächlich eine rote Umrandung!“, wundert sich Tatti.
„Das sagte ich doch! Für Tim Drachenkopf ein Brief mit rotem Rand. Das bedeutet, dass der Inhalt sehr, sehr wichtig sein muss“, betont Schnackel.
„Mach schon auf!“, fordert Tatti ihren Freund auf, der den Brief von allen Seiten begutachtet.
„Spann uns nicht so lange auf die Folter!“ Unruhig hüpft Tatti von einem Bein auf das andere.
„Hab noch ein wenig Geduld! Ich will erst lesen, was hier vorne drauf steht“, erwidert Tim. „Die Schrift ist so krakelig und krumm. Ziemlich schwer zu entziffern!“
Die Kinder stecken die Köpfe zusammen und wollen gerade zu lesen beginnen, da meldet sich Schnackel zu Wort: „Hey, ihr da! Als Post-Maus bin ich ein Meister im Lesen von Handschriften. Ihr glaubt gar nicht, wie schlecht Erwachsene schreiben. Häufig ist die Schrift von Schulkindern leserlicher als die ihrer Eltern! Zeigt her! Ich helfe euch gerne.“
Weit beugt sich die Maus über den Umschlag und berührt mit ihrer spitzen Nase fast die Buchstaben auf dem Umschlag. Dann zieht sie die Augenbrauen nach oben und verkündet sichtlich mit Stolz: „Hier steht: An Tim Drachenkopf im Märchenwald. Darunter: Von Patti-Patti.“
„Patti-Patti? Wer ist das?“ Tatti schaut ihren Freund verwundert an.
„Noch nie gehört“, antwortet Tim, „ich kenne niemanden, der Patti-Patti heißt!“
„Nun will ich aber wissen, was diese Patti von dir will. Öffne endlich den Umschlag!“ Tatti hält es nicht mehr aus und stupst ihn an den Arm. „Schau, da ist sogar ein Wachssiegel mit einem Segelschiff!“
Vorsichtig reißt Tim den Umschlag am oberen Ende auf. Ein feiner Nebel strömt heraus, der die Drei umhüllt. Schnackel muss niesen, Tim hält sich die Nase zu, doch Tatti lacht: „Riecht es nicht wie am Meer? Nach Meersalz und
Fisch?“
Tim nimmt die Finger von seiner Nase und schnuppert an dem Umschlag: „Du hast recht! Es duftet nach Meer, Krebsen und Austern. So riechen die Kleider meines Vaters, wenn er von der Suche nach Goldmuscheln zurückkehrt.“
Tim zieht einen zerknitterten Brief aus dem Umschlag und faltet ihn auseinander. „Höchst merkwürdig! An dem Papier kleben feine Sandkörner“, stellt er verwundert fest.
„Und er stinkt ganz schön nach Fisch!“, bemerkt Tatti und rümpft die Nase.
„Egal, wie es riecht“, piepst Schnackel, „ich will nun endlich wissen, was in dem Brief steht!“ Die drei hängen nun mit den Augen an einer seltsamen Schrift, die mit blauer Tinte geschrieben ist:
Lieber Tim Drachenkopf,
der Meerkönig Raxgal hält deinen Vater tief unten im Meer gefangen. Er soll den Meer-Spiegel zerbrochen haben. Doch dein Vater ist unschuldig!
Du musst in das Reich des Meerkönigs kommen und ihn befreien. Dein Vater braucht deine Hilfe!
Viele Grüße aus dem Meerland.
Patti-Patti
Tim überfliegt noch einmal mit offenem Mund die Zeilen. „Mein Papa ist Gefangener des Meerkönigs?“, stammelt er hilflos.
„Eine schlimme Sache, aber lass den Kopf nicht hängen, Tim!“, tröstet ihn die Maus.
Tatti klopft ihrem Freund aufmunternd auf die Schultern. „Wir Drachenkinder haben schon ganz andere Abenteuer bestanden. Wir befreien deinen Vater.“
„Aber wie?“, fragt Tim. „Er ist im Reich des Meerkönigs in den Tiefen des Ozeans gefangen. Wie sollen wir dorthin kommen?“
Tatti grübelt ein wenig und springt plötzlich wie von einer Wespe gestochen in die Luft, dass ihre blauen Zöpfe in die Höhe fliegen.
„Es gibt nur einen, der uns bei der Suche nach deinem Vater helfen kann: Professor Doppelhorn im Land der bunten Drachen. Er weiß bestimmt, was zu tun ist!“
„Du hast recht, Tatti.“ Tims Augen beginnen zu glänzen. „Auf zu Professor Doppelhorn!“
Die Kinder stürmen in Tims Zimmer und ziehen unter dem Bett das große Buch mit der Zaubertür hervor. In Windeseile schlagen sie die Seite auf, auf der die Tür mit dem lachenden Gesicht und der herausgestreckten Zunge abgebildet ist. Eine kurze Berührung und sie können wieder hinüberwandern in das Land des Vergessens. Sie landen wie damals mitten im Dschungel, wo sie der Chef der Affen mit lautem Geschrei begrüßt.
„Wieder auf dem Weg in die Drachenstadt?“, fragt er neugierig und schiebt seine Sonnenbrille auf die Nase. Tim und Tatti winken ihm zu: „Ja, wir müssen auf dem schnellsten Weg zu Professor Doppelhorn.“