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55 Mikroabenteuer in und um Dresden auszuwählen, fällt schwer – denn es gibt so viel zu sehen! Im Stadtzentrum liegen sagenhafte Schätze gleich neben köstlichen Erinnerungen an Dresdens glorreiche Zeiten als Schokoladenhauptstadt Europas, eine falsche Moschee bildet die Kulisse des größten deutschen Freiluftkinos und am idyllischen Elbufer radelt man an Schlossruinen, Schlachthöfen und tutenden Schaufelraddampfern vorbei, bis man (s)ein Blaues Wunder erlebt. Vielleicht noch schöner als Dresden selbst ist sein Umland. Hinter dem Rand des Talkessels, in dem die sächsische Landeshauptstadt liegt, warten herrliche Landschaften: von den Weinbergen am Elbhang in Radebeul und Meißen über die Himmelsaugen der Moritzburger Teichlandschaft bis zu den Tafelbergen der Sächsischen Schweiz und der jahrhundertealten Bergbaulandschaft des Erzgebirges. Ob Kultur-Kurztrip oder Outdoor-Vergnügen: Von Dresden ist beides nur einen Katzensprung entfernt und immer eng verwoben.
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Seitenzahl: 234
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IMPRESSUM
Dresden
55 MIKROABENTEUER ZUM ENTDECKEN UND GENIESSEN
Jenny Menzel
© 2021 360° medien Marie-Curie-Straße 31 I 40822 Mettmannwww.360grad-medien.de
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Der Inhalt des Werkes wurde sorgfältig recherchiert, ist jedoch teilweise der Subjektivität unterworfen und bleibt ohne Gewähr für Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität.
Redaktion und Lektorat: Christine Walter
Satz und Layout: Serpil Sevim-Haase
Gedruckt und gebunden:
Lensing Druck GmbH & Co. KG I Feldbachacker 16 I 44149 Dortmund
www.lensingdruck.de
Bildnachweis: siehe Seite 256
ISBN: 978-3-96855-074-9
epub ISBN: 978-3-96855-118-0
mobi ISBN: 978-3-96855-119-7
Hergestellt in Deutschland
www.360grad-medien.de
Jenny Menzel
Dresden
55 MIKROABENTEUER
ZUM ENTDECKEN UND GENIESSEN
ACH DRESDEN, MEIN DRESDEN!
Sobald ich von einer Reise zurückkehre und mein Blick über den Rand des Talkessels fällt, auf die vielen Kirchtürme, die wie aus einem Nest emporragen, entfährt mir dieser freudige Seufzer. Obwohl Dresden, von hier oben betrachtet, recht klein und vielleicht ein wenig provinziell wirkt – es ist mein Heimathafen, in den ich immer wieder gern zurückkomme.
Keinen einzigen Wolkenkratzer hat die Dresdner Skyline. Abgesehen von einigen Plattenbauten am Stadtrand wird das Stadtbild nicht von Hochhäusern bestimmt, sondern von Kirchtürmen aus allen Stilepochen – und von viel Grün. Seit 300 Jahren sieht die barocke Silhouette am Elbufer gleich aus, der Canaletto-Blick wirkt wie ein Schnappschuss aus den Alten Meistern. Die Dresdner haben es sich „gemiedlich“ gemacht in der auch etwas vergangenheitsverliebten Kulisse der Altstadt – und betrachten alles, was neu ist, erst einmal skeptisch.
Klar ist Berlin verrückter, Hamburg kosmopolitischer und München mondäner. Aber so museal und spießig, wie die Altstadt erscheint, ist Dresden als Ganzes mitnichten. Hier hat sich so ziemlich alles verändert, seit wir uns aus dem „Tal der Ahnungslosen“ in den Westen aufgemacht haben.
Auf Fotos aus meiner Kindheit erkenne ich die Stadt kaum wieder. Das Viertel, in dem ich aufgewachsen bin, gab es noch gar nicht, als ich geboren wurde. Wo ich zur Grundschule ging, steht heute ein Supermarkt. Die kinderfreundliche, bunte Neustadt, in der ich heute lebe, war vor der Wende ein abbruchreifes, rußgeschwärztes Gebiet – und danach Tummelplatz für Punks und Nazis.
Die strahlend schöne Frauenkirche, die unsere Silhouette bestimmt, kannte ich nur als unkrautüberwucherten Trümmerhaufen – der zwischen den vielen anderen Ruinen im Stadtzentrum kaum auffiel. In der Elbe baden? Undenkbar noch vor 20 Jahren, alltäglicher Sommer- (und Winter-!) Spaß heutzutage. Und der gelblich-braune Smogdeckel, der im Winter auf dem Elbtalkessel lag, ist abgezogen.
Dresden hat sich echt gemausert in den letzten 30 Jahren. Das hat sich herumgesprochen. Während die einen die Stadt verlassen, um in der Ferne ihr Glück zu suchen, kommen viele andere extra hierher und bringen viel frischen Wind mit. Der weht in der Multi-kulti-Neustadt zwischen Graffitis, Galerien und veganen Cafés, aber auch auf den neuen begrünten Promenaden in der City und zwischen den Glasfassaden von „Silicon Saxony“. Hightech Heaven, grüne Oase oder schmuckes Barockstädtchen – wie die Zukunft aussehen soll, da sind sich die Dresdner nicht einig. Es wird erbittert gestritten, und nicht selten stehen wir uns unversöhnlich gegenüber - wie man an der Waldschlösschenbrücke sieht. Aber wir finden auch zueinander, etwa am 13. Februar, wenn alle zusammen eine Menschenkette um unsere Innenstadt bilden.
In der neu herausgeputzten Altstadt dürfen wir uns zwischen den Touristen als Weltstädter fühlen. Ringsherum aber, in Pieschen, Loschwitz oder Leuben, sind wir Dresdner unter uns. Da sitzt man gemeinsam in den Biergärten und sonnt sich an der Kiesgrube, dreht im Großen Garten seine Runden und genießt beim Bäcker eine Eierschecke. Besucher, die wir eindeutig an ihrem Hochdeutsch erkennen, sind willkommen, sich dazuzusetzen – wir Dresdner sind ein freundliches Volk und stolz auf unsere schöne Heimat. Ob Sie alles verstehen, was wir Ihnen über sie erzählen, steht auf einem anderen Blatt!
Jenny Menzel
WILLKOMMEN IN DRESDEN
TOP TEN DER SEHENSWÜRDIGKEITEN IN DRESDEN
KURIOSES UND BESONDERHEITEN AUS DRESDEN
DRESDNER INNENSTADT
1.Das Neue Grüne Gewölbe: Schätze ohne Ende (und ohne Anstehen)
2.Der Brühlsche Garten: Idyll im Kitsch
3.Das Camondas Schokoladenmuseum: köstlich, köstlich!
4.Die Breslauer Zwerge: Botschafter aus Polen
5.Kulturpalast: Versöhnung mit der DDR-Architektur
6.Die Weiße Flotte: auf der Elbe woll‘n wir fahren …
7.Neue Synagoge und Stolpersteine: Dresdens dunkle Vergangenheit
8.Kraftwerk Mitte: Kultur im Zentrum
9.Elberadweg: Stadtradeln im Grünen
INNERE UND ÄUßERE NEUSTADT
10.Neustädter Königsufer: Canaletto-Blick und Glockenspiel
11.Filmnächte am Elbufer: Freiluftkino vor doppelt historischer Kulisse
12.Dresdner Räuberpistolen: vom Schwarzen Tor zum Tännichtgrund
13.Albertplatz: das Tor zur Äußeren Neustadt
14.Martin-Luther-Kirche: Weitblick von der Falkenheimstatt
15.Der Hecht: Theaterruine und Szene im Schatten der Neustadt
DRESDNER WESTEN
16.Yenidze: die Fake-Moschee
17.Die Friedrichstadt: Halbinsel zwischen Barock und blutiger Neuzeit
18.Schloss Übigau: schlafende Schönheit am Elbufer
19.Pieschener Winkel: tanzen im „Watzke“ und chillen an der Molenbrücke
DRESDNER NORDEN
20.Die Gedenkstätte Bautzner Straße: das Stasi-Museum
21.Militärhistorisches Museum der Bundeswehr: die Geschichte von Krieg und Gewalt
22.Zeitenströmung: Niagarafälle zwischen Fabriklofts
23.Die Hellerberge: weißer Fleck mit dunkler Geschichte
DRESDNER SÜDEN
24.Hygiene-Museum: Faszination Mensch
25.Das Palitzsch-Museum: Ehrenrettung für Prohlis…
26.Der Archeo-Pfad: Dresdens unsichtbarste Attraktion
27.Dresden-Plauen: der Drache im Felsenkeller
28.Eins, zwei, drei: Dresdens Bismarcksäulen
29.Das Panometer: doppelte Zeitreise
DRESDNER OSTEN
30.Die Waldschlösschenbrücke: das verlorene Erbe
31.Elbschlösser: Dresden romantisch
32.Johannstadt: Besuch der Promis auf dem Trinitatisfriedhof
33.Der Konzertplatz am Weißen Hirsch: Retro-Charmeund frische Luft
34.Die Technischen Sammlungen: Dresdens Vermächtnisund viel Mathe
35.Loschwitz: bergwärts schweben
36.Blasewitz und Loschwitz: rund ums Blaue Wunder
37.Fernsehturm: Symbol der Dresdner Hartnäckigkeit
38.Dresden-Pillnitz: auf kurfürstlichen Spuren durch das Tal der zehn Brücken
39.Rockauer Höhe: Traumblicke von oben aufs traumhafte Pillnitz
NÖRDLICH UND WESTLICH VON DRESDEN
40.Vom Zschonergrund nach Podemus: Bio-Landvergnügen am Stadtrand
41.Dresdner Heide: großer Wald mit nicht ganz so großem Wasserfall
42.Moritzburg: wo wilde Seeschlachten-Partys tobten
43.Das Lügenmuseum in Serkowitz: wo Kunst im Auge des Betrachters liegt
44.Karl-May-Museum: Hausbesuch bei Winnetous Erfinder
45.Radebeul: Spitzhausblick von der Himmelsleiter
46.Meißen: Altstadtspaziergang für Treppen-Fans
SÜDLICH UND ÖSTLICH VON DRESDEN
47.Die Babisnauer Pappel: alt wie ein Baum ...
48.Schmorsdorfer Linde: Mini-Museum für eine große Frau
49.Rabenauer Grund: sagenhaft Klettern
50.Tharandt: Forstbotanischer Garten
51.Dippoldiswalde: Weltkulturerbe im MiBERZ-Museum
52.Graupa: wo Wagner wirkte und wanderte
53.Liebethaler Grund: Malerweg-Start mit Musik
54.Hohnstein: abseits der Touristenmassen zum Balkon der Sächsischen Schweiz
55.Stolpen: Basaltburg mit Geschichte und Geist
DAS KLEINE WÖRTERBUCH FÜR DRESDEN
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BILDNACHWEIS
In den Monaten vor der Veröffentlichung dieses Buchs mussten Lokale und Besucherattraktionen immer wieder aufgrund der Corona-Pandemie ihre Öffnungszeiten einschränken oder zeitweise komplett schließen. Die in diesem Band angegeben Öffnungszeiten wurden gewissenhaft nach dem letzten bekannten Stand recherchiert – mit weiteren Änderungen ist jedoch nach der Pandemie zu rechnen, weshalb wir Lesern empfehlen, während des Aufenthalts in Dresden Öffnungszeiten anhand der hier aufgeführten Internetseiten selbst zu überprüfen.
Dresden ist eine Sache der Perspektive. Die einen schwärmen vom barocken Elbflorenz, die anderen belächeln das „Tal der Ahnungslosen“, wo man in DDR-Zeiten kein Westfernsehen empfing. Für die einen liegt Dresden im Dreiländereck mitten in Europa, die anderen verorten es am äußersten Rand Deutschlands.
Ist Dresden die verkitschte Kulisse einer verklärten Vergangenheit, deren ewiggestrige Bewohner*innen Fortschritt und kulturelle Vielfalt als Bedrohung sehen – oder muss man die sächsische Landeshauptstadt als internationale Kulturmetropole und „Silicon Saxony“ respektieren, eine der wirtschaftlich dynamischsten Regionen Deutschlands?
Dresdens ikonischste Sehenswürdigkeit: die Frauenkirche
Alle Seiten haben Recht, und gleichzeitig keine. In den Villen am Weißen Hirsch lebt es sich ganz anders als in den Plattenbauten und Reihenhaussiedlungen an den Stadträndern. Direkt gegenüber der historischen Altstadt, in der man sich bisweilen wie in einer Disneyland-Kulisse fühlt, liegt die Neustadt, wo Dresden ganz anders tickt; das zeigen nicht nur die Geburtenzahlen, sondern auch die Wahlergebnisse.
Dresdens Vielfalt hat Tradition. Mehr als 800 Jahre alt ist die Stadt offiziell. Aber im Elbtal, wo Dresden etwa 50 Kilometer nördlich der Landesgrenze zu Tschechien liegt, eingebettet zwischen Osterzgebirge und Sächsischer Schweiz, lebten schon Menschen, als die Pyramiden in Ägypten noch Zukunftsmusik waren.
Der Zwinger und das Residenzschloss im barocken Stadtzentrum
Auch später war in Dresden immer etwas los. Im 15. Jahrhundert löste sich die Stadt aus dem Schatten des mächtigen Bischofssitzes in Meißen. Damals ließ sich das Fürstengeschlecht der Wettiner in Dresden nieder, das die Stadt in der Reformation zum Zen-trum des neuen protestantischen Glaubens machte. Unter August dem Starken, der gleichzeitig König von Polen war und dafür ganz pragmatisch zum Katholizismus zurückkonvertierte – ohne jedoch seine Untertanen dazu zu verpflichten –, erblühte Dresden zu seinem heutigen Glanz als Barockstadt.
Aus eigenen Mitteln errichteten die Dresdner Bürger die Frauenkirche, direkt gegenüber erbaute der Kurfürst die Katholische Hofkirche – ein europaweit einzigartiges Nebeneinander der Religionen. Mit dem Bau dieser Kirche beauftragte August der Starke den italienischen Star-Architekten Chiaveri, der seine eigenen Arbeiter mitbrachte; an sie erinnert heute das Italienische Dörfchen gegenüber der Semperoper. Nicht weit davon ragt die bunt leuchtende Glaskuppel der Yenidze empor, die genauso oft mit einer Moschee verwechselt wird wie die Semperoper mit der Radeberger Brauerei.
Prunkvolle Schlösser und Schlösschen wurden in der Stadt und ringsherum errichtet, als Geschenke für Söhne und Mätressen, als Altersruhesitze für Minister und Höflinge oder auch „just for fun“, um den kurfürstlichen Hof in Moritzburg zu bespaßen. Viele sind noch heute erhalten, etwa das Städtische Krankenhaus im Stadtteil Friedrichstadt oder das Wasserschloss Pillnitz an der Elbe.
Aus einem Marktflecken in sumpfigem Waldland wurde im Laufe der Jahrhunderte eine Metropole, die nicht aufhört zu wachsen. Beim Stadtbummel stolpert man immer wieder überrascht in einen alten Dorfkern hinein, und sogar mitten in der Stadt sorgen weite Wiesenflächen im Friedrichstädter Ostragehege für Land-Feeling. Der älteste Teil Dresdens ist gleichzeitig der jüngste: Nachdem ein Großbrand das rechtselbische „Altendresden“ zerstört hatte, nutzte August der Starke die Gunst der Stunde und erbaute sie bis 1732 als Vorzeigeviertel im zeitgemäßen Barockstil neu: die „Neue Stadt bey Dresden“.
Dresdens historische Skyline: unverändert seit Jahrhunderten
Springbrunnen am Albertplatz
Nördlich des Albertplatzes, sozusagen dem Zwilling des Altmarkts am anderen Elbufer, schließt sich an die Innere Neustadt eines der größten zusammenhängenden Gründerzeitviertel Europas an: Die Äußere Neustadt war bis zum 18. Jahrhundert eine sandige Heidelandschaft, Richtstatt für Verbrecher und Hexen. Später übte hier, neben Schokoladen- und Zahnpastafabriken von Weltruhm, das Militär; erst die Truppen des sächsischen Königs, dann die Wehrmacht, schließlich die Rote Armee und die Nationale Volksarmee. Heute hat die Bundeswehr im Norden der Stadt ihre Offiziersschule und führt mit dem Militärhistorischen Museum eines der vier großen Geschichtsmuseen Deutschlands.
Die Bomben des Zweiten Weltkriegs zerstörten große Teile Dresdens; die Nacht des 13. Februar 1945 spielt im Stadtgedächtnis eine enorme Rolle. Nazis nutzten das Gedenken bald für ihre Propaganda und Dresden erwarb sich einen zweifelhaften Ruf als beliebter Schauplatz rechter Aufmärsche. Seit der Jahrtausendwende bewegt sich zum Glück etwas. Heute stehen die Dresdnerinnen und Dresdner jedes Jahr an diesem Abend Hand in Hand um das gesamte Stadtzentrum herum und lauschen 15 Minuten lang dem Glockenläuten aller Dresdner Kirchen. So lange dauerte die erste Angriffswelle der englischen Kampfflugzeuge, die eine Schneise aus Tod und Zerstörung quer durch die Stadt bombten.
Die Nazis gibt es immer noch. Für sie und die Wutbürger hat sich in Dresden der Montag etabliert, an dem man vor der Frauenkirche die Hassreden von Pegida hören muss; auch wenn die Teilnehmerzahlen seit 2015 deutlich gesunken sind. Die andere, bunte Seite von Dresden sieht man in der Äußeren Neustadt, dem Szeneviertel, das gleichzeitig Dresdens geburtenstärkstes ist.
Das Militärhistorische Museum
Das heute hübsch sanierte Gründerzeitviertel hätte die DDR-Zeit fast nicht überstanden. Die Altbauten wurden bewusst dem Verfall überlassen, die Dresdnerinnen und Dresdner zogen in die neuen Plattenbauviertel von Gorbitz und Prohlis. Im sozialistischen Vorzeige-Stadtzentrum zwischen Altmarkt und Hauptbahnhof flanierte man, der Trümmerhaufen der Frauenkirche lag mittendrin als trauriges Mahnmal.
Zumindest architektonisch sind uns interessante DDR-Relikte geblieben: von der Sektglas-Silhouette des Fernsehturms über den Prachtboulevard der Prager Straße bis hin zum sozialistischen Vorzeigeprojekt, dem Beton-Glas-Kasten des Kulturpalasts am Altmarkt. Die Gläserne Manufaktur am Großen Garten, wo heute der Elektro-VW zusammengebaut wird, oder das von Daniel Libeskind erschaffene Militärhistorische Museum sehen ... hm ... nicht weniger cool aus.
Dresdens grüne Oase: die Elbwiesen im Stadtzentrum
Dresden ist barock, bunt und auch sehr grün. Auf dem Elberadweg lässt es sich genauso schön radeln wie flanieren, auch der Große Garten und die Dresdner Heide laden zum Frischluftgenießen ein. Schon die Wettiner-Fürsten gondelten auf der Elbe zu den Weinbergen von Pillnitz oder Radebeul und jagten in den Wäldern um Moritzburg bereitgestellte Hirsche und Wildschweine. Später genossen Semperoper-Kapellmeister Richard Wagner oder die Pianistin Clara Schumann Stadt-Auszeiten in Graupa oder Maxen. Heute machen wir Dresdner es ihnen gern nach: auf gemütlichen Kaffeefahrten mit der Weißen Flotte in Richtung Meißen, beim Klettern in der Sächsischen Schweiz und auf Schusters Rappen im Osterzgebirge.
Ein Kurztrip nach Dresden genügt bei Weitem nicht, um diese vielfältige Stadt von allen Seiten kennenzulernen. Nehmen Sie sich die Zeit, um das echte Dresden zu entdecken; in den Gassen der Altstadt, aber auch in den Straßen der Neustadt und am Elbufer von Loschwitz, auf den Weinbergen von Pillnitz genauso wie im verträumt-verfallenen Übigau. Nicht zu vergessen Dresdens wunderschöne Umgebung; von den Sandsteinfelsen der Sächsischen Schweiz über die Silberminen des Erzgebirges bis zu den vulkanischen Basaltsäulen an der Burg Stolpen. Reden Sie mit den Dresdnerinnen und Dresdnern, hören Sie ihnen zu, fordern Sie sie heraus – und machen Sie sich Ihr eigenes Bild. Ich bin sicher, es wird bunt.
DER SEHENSWÜRDIGKEITEN IN DRESDEN
Sie müssen nicht alle Highlights von Dresden „abhaken“, wenn Sie zum ersten Mal hier sind. Ich bin sicher: Sie kommen sowieso wieder. Lassen Sie sich Zeit, anstatt wie die asiatischen Reisegruppen durch das historische Zentrum zu hetzen und dabei den eigentlichen Charme von Dresden zu übersehen: die beschauliche Atmosphäre an der Elbe, die wuselige Äußere Neustadt und die netten Bewohner, die Besuchern immer gern den Weg beschreiben und Tipps fürs Sightseeing haben.
1Frauenkirche: Wer kennt nicht das Wahrzeichen von Dresden? Bis 1993 lag dort, wo heute Touristen aus aller Welt staunend die Köpfe zur 91 Meter hohen Kuppel der Frauenkirche heben, ein Haufen rußgeschwärzter Trümmer. Die Ruine der Frauenkirche, im Februar 1945 zerbombt, stand jahrzehntelang als Mahnmal im Stadtzentrum. Heute ist sie ein Denkmal für Frieden und Versöhnung, wieder aufgebaut mit Spenden aus der ganzen Welt. Und wunderschön anzusehen!
2Zwinger: Wenn der Sohn heiratet, braucht man eine angemessene Location – Kurfürst August der Starke ließ kurzerhand ein Festgelände erbauen. 40 Tage dauerte die prunkvolle Hochzeit von Friedrich August II. und Maria Josepha von Österreich, für die Dresden gründlich aufgehübscht wurde. Der Zwinger, damals noch aus Holz, ist eines der bekanntesten Barock-Bauwerke Deutschlands. Auf seinen fein manikürten Rasenflächen finden immer noch Konzerte und Theateraufführungen statt, aber berühmt ist er heute für die Weltklasse-Museen in seinen Flügeln: allen voran die Gemäldegalerie Alte Meister mit der Sixtinischen Madonna und die Porzellansammlung.
3Semperoper: Was die Biermarke aus dem nahegelegenen Radeberg mit ihrem Werbespot angerichtet hat, konnten sich PR-Strategen gar nicht ausdenken – aber sie sind bestimmt nicht traurig, dass alle Welt heute die Semperoper für den Sitz einer Brauerei hält. Die Enttäuschung ist nur kurz, wenn man die opulenten Hallen des fast 180 Jahre alten Opernhauses betritt, wo schon Richard Wagner Kapellmeister war. Zweimal brannte das Opernhaus ab, zweimal wurde es wiederaufgebaut. Einer der jährlichen Höhepunkte Dresdens ist der Semperopernball, wenn drinnen die Prominenz tanzt und draußen auf dem Theaterplatz die Menschen.
4Residenzschloss: Schon im 16. Jahrhundert war das Residenzschloss politisches Zentrum von Dresden. Seitdem ragt das Renaissance-Schloss mit den spitzen Türmen und dem Georgentor als Sitz der albertinischen Linie des Wettiner Geschlechts am Elbufer auf, flankiert von der Hofkirche, dem Taschenbergpalais und dem Zwinger – und natürlich der alles überragenden Frauenkirche. Der lief das Residenzschloss im Jahr 2019 kurzzeitig den Rang als bekanntestes Bauwerk Dresdens ab, als Diebe unbezahlbare Juwelen aus dem Historischen Grünen Gewölbe raubten. Das Historische und/oder das Neue Grüne Gewölbe zu besuchen, ist trotzdem eine gute Idee; selbst wer nicht auf Gold und Glitzersteine steht, wird über Kunstschätze wie den Kirschkern mit den 180 eingravierten Gesichtern staunen (siehe Tipp 1, Seite 32).
5Fürstenzug: Wer regierte nochmal wann in Sachsen? An der Rückseite des Residenzschlosses findet sich ein „Spickzettel“: Auf der 102 Meter langen Ahnengalerie, die auf rund 23.000 Fliesen aus Meißner Porzellan gemalt ist, ziehen die 34 Markgrafen, Herzöge, Fürsten und Könige von Sachsen aus dem Wettiner Geschlecht entlang, fein säuberlich zum Nachlesen beschriftet. Ein einziger fehlt – Friedrich August III., der letzte König von Sachsen. Genaues Hinschauen lohnt sich: Neben den Herrschern bevölkern zahlreiche andere Personen das Bild, von Soldaten und Handwerkern über Kinder bis hin zu mehreren Tieren. Eine Person wurde erst 2006 entdeckt, als man den Fürstenzug für die 800-Jahr-Feier Dresdens mit echten Menschen nachstellen wollte.
6Katholische Hofkirche: Schwarz und schlank erhebt sich der barocke Turm der Katholischen Hofkirche neben dem Georgentor des Residenzschlosses, mit dem sie durch einen Übergang verbunden ist. Im Familiengrabmal der Wettiner sind neben Friedrich August II., der die Kirche 1739 errichten ließ, und seiner Frau Maria Josepha noch 47 weitere Familienangehörige begraben, auch der letzte sächsische König Friedrich August III. Kurfürst August der Starke, der sich als König von Polen in Krakau beerdigen lassen musste, hat immerhin sein Herz zurück in die Heimat geschickt – es ruht in einer silbernen Kapsel in der Stiftergruft. Dass es die Hofkirche gibt, ist der Politik zu verdanken: Für die polnische Krone war der Kurfürst zum Katholizismus konvertiert, seine Bevölkerung blieb jedoch eisern evangelisch und erbaute 1726 die Frauenkirche. Zwei Kirchen direkt nebeneinander – so viel religiöse Toleranz war damals in Europa einzigartig.
7Canaletto-Blick: Dresdens Skyline ist seit Jahrhunderten dieselbe – geprägt von der Frauenkirche, der Hofkirche und der Kreuzkirche, den Rundbögen der Augustusbrücke und dem Residenzschloss. Weltbekannt wurde diese Silhouette im 18. Jahrhundert, als Bernardo Bellotto alias Canaletto sie in Öl malte. Genau dort, wo der Maler 1748 am Neustädter Elbufer stand, steht heute ein Bilderrahmen, durch den man prüfen kann, was sich verändert hat. Spoiler: nicht allzu viel. Dresdens Ruhm als barockes Elbflorenz soll unbedingt erhalten bleiben, deshalb gibt es in der Innenstadt bis heute keinen Wolkenkratzer. Wie man das Hochhausverbot in der Innenstadt geschickt umgehen kann, zeigt übrigens die Yenidze, die ganz knapp nicht mit aufs Canaletto-Panorama passte (siehe Tipp 16, Seite 102).
8Goldener Reiter: Ein eitler Zeitgenosse war Kurfürst August der Starke durchaus. Die Folgen seines ausschweifenden Lebensstils waren Übergewicht, Diabetes und faulige Zähne – aber das muss die Nachwelt ja nicht wissen. Dachten sich die Bürger der Neustadt, deren abgebranntes Viertel der Kurfürst im schicken Barockstil wiederaufgebaut hatte, und schenkten ihm ein goldglänzendes Standbild, das dem beleibten Herrscher enorm schmeichelt. Wer von der Altstadt über die Augustusbrücke flaniert, stößt am Neustädter Markt auf den Goldenen Reiter und kann dem Herrscher von unten auf die Sohlen seiner römischen Sandalen schauen.
9Pfunds Molkerei: Ein Milchladen soll eines der zehn Highlights von Dresden sein? Viel mehr: Pfunds Molkerei gilt als schönster Milchladen der Welt. Wer in den kleinen Verkaufsraum an der Bautzner Straße 79 tritt, wird geradezu erschlagen von den Motiven der handbemalten Majolika-Fliesen, die Boden, Wände und Decke überziehen. Mit offenem Mund stehen die Touristen da und staunen über Blumenranken, fantastische Tierwesen und nackte Engel, die Milchkrüge halten. Die Fliesen stammen übrigens nicht, wie man vermuten könnte, aus der Porzellanmanufaktur Meißen, sondern von der Dresdner Steingutfabrik Villeroy & Boch.
10Schlosspark Pillnitz: Im Schatten der Weinberge nahe dem Dorf Pillnitz erbaute August der Starke ein fantastisches Lustschloss im angesagten chinoisen Stil, umgeben von einer weitläufigen Parkanlage. Zur Sommerfrische nutzte es erst der Urenkel des Kurfürsten so richtig, der das Schloss nach einem Großbrand neu errichten musste. 1801 pflanzte er die große japanische Kamelie, die bis heute den Winter in einem fahrbaren, klimatisierten Glashaus überdauert und in jedem Frühjahr wunderschön erblüht. Auch wenn der Schlosspark etwas weiter draußen liegt, sollte man Dresden nicht verlassen, ohne ihn besucht zu haben – und am besten gleich noch die umliegenden Weinberge (siehe Tipp 37, Seite 202)!
AUS DRESDEN
Dresden ist eine ganz besondere Stadt – und das sage ich nicht nur, weil ich hier seit über 40 Jahren lebe! Einige Kuriositäten und Besonderheiten möchte ich Ihnen gern vorstellen.
Dresden ist eine der grünsten Städte Europas, fast zwei Drittel seiner Fläche sind Parks, Wiesen und Wälder. Das Stadtgrün finden Sie in vielen kleinen und großen Parks – der größte und schönste ist der Große Garten südöstlich des Stadtzentrums, durch den sogar eine kleine Eisenbahn tuckert –, aber auch auf den bis zu 400 Meter breiten Elbwiesen und in der Flutrinne, die das Wasser der Elbe bei Hochwasser aufnimmt. Die Gartenstadt Hellerau entstand 1909 als erste deutsche Modellsiedlung für ein gesünderes Leben und auf den Hellerbergen liegt die größte Kleingartenanlage Deutschlands.
Apropos grün: Dresden hat auch einen Wald direkt im Stadtgebiet. Die Dresdner Heide, einer der größten Stadtwälder Deutschlands, wächst von Norden bis an die Äußere Neustadt und den Weißen Hirsch heran. Durchzogen von jahrhundertealten Wegen mit geheimnisvollen Wegzeichen und neuerdings wieder bewohnt von einem Wolfsrudel, prägt sie das Stadtklima.
Lage, Lage, Lage, sagt man. Dresdens Lage in einem Talkessel sorgt nicht nur für schöne Blicke auf die Stadt vom Stadtrand. Es führt auch dazu, dass es in Dresden ziemlich selten regnet – und dass man hier zur DDR-Zeit kein Westfernsehen über Antenne empfangen konnte.
Dresden wird quasi halbiert von der Elbe, die sich in mehreren großen Schleifen über 30 Kilometer durch das Stadtzentrum zieht. Ihre Ufer sind breite Wiesen, auf denen gepicknickt und Konzerten gelauscht wird, wo Schafe und Pferde weiden.
Land unter in Dresden! Heißt es immer mal wieder, wenn die Elbe über die Ufer tritt. 2002 war es besonders drastisch, als sich Elbe, Mulde und Weißeritz gleichzeitig aus ihren Flussbetten erhoben. Die Flutmarken von 2002 und 2013, aber auch von 1857 findet man an vielen Hauswänden in den flussnahen Stadtvierteln Laubegast und Loschwitz. Damit solche Katastrophen nicht mehr passieren, wird Dresdens Innenstadt heute von raffinierten versenkbaren Flutschutztoren geschützt.
Dresden ist die einzige Stadt der Welt (!), die einen Weltkulturerbetitel wieder verloren hat. Und das sehenden Auges. So schön Dresden auch sein mag – dass man für den Bau einer weiteren Elbbrücke bereit war, den erst kurz zuvor verliehenen Titel des Weltkulturerbes in den Wind zu schießen, sorgte 2012 international für Bestürzung und Kopfschütteln. Ob es die Waldschlösschenbrücke wert war, darüber sind sich die Dresdner heute noch nicht einig.
Die Bunte Republik Neustadt wird jedes Jahr im Juni gefeiert; zuerst wollten die Bewohner des verfallenden Stadtviertels wirklich eine eigene Republik gründen und gaben sogar eine eigene Währung heraus. Die BRN hat sich zu einem der größten und buntesten Straßenfeste Deutschlands weiterentwickelt und hält den Ruf der Äußeren Neustadt als durchgeknalltes Szeneviertel trotz der schleichenden Gentrifizierung aufrecht.
Dass Dresden mehrere Jahre in Folge den Titel der geburtenstärksten Stadt Deutschlands einheimste, verdankte es ebenfalls der Äußeren Neustadt. Hier werden auch in innerstädtischen Rankings stets die meisten Kinder geboren.
Die Semperoper, erbaut von Gottfried Semper und in ihrer Geschichte zweimal niedergebrannt und wiederaufgebaut, ist vielleicht noch berühmter als die Frauenkirche. Immerhin tritt das prunkvolle Opernhaus seit Jahren in einem immer gleichen Werbespot auf. Allerdings wird die Oper von der Hälfte der Zuschauer fälschlich für den Sitz einer Brauerei gehalten – Touristen fragen immer wieder erstaunt nach, wo denn hier das Radeberger Pilsner gebraut würde. PR-Clou oder PR-Supergau, das ist die Frage.
Der Striezelmarkt, Dresdens größter Weihnachtsmarkt auf dem Altmarkt im Stadtzentrum, ist einer der ältesten Weihnachtsmärkte der Welt und neben dem Christkindlesmarkt in Nürnberg wohl der berühmteste. Seinen Namen hat der fast 600 Jahre alte Markt, der für die weltgrößte erzgebirgische Stufenpyramide, ein Eingangstor in Form des weltgrößten Schwibbogens und die Auftritte des Dresdner Kreuzchors bekannt ist, vom „Striezel“, dem typischen Dresdner Stollen. Am Eröffnungstag des Striezelmarkts wird ein riesiger Stollen angeschnitten, dessen Länge der aktuellen Jahreszahl entspricht: Im Jahr 2021 wird der Striezel also 20,21 Meter lang sein.
Die Dresdner sind ein erfinderisches Völkchen, sie ertüftelten unter anderem den Kaffeefilter, das Mundwasser, die Kondensmilch, den Teebeutel und den BH. In Dresdens Schokoladenmanufakturen wurden die Milchschokolade, der Adventskalender und der Dominostein erdacht. Keine von ihnen überlebte den Zweiten Weltkrieg und die DDR-Zeit. Aber immerhin überlebte „Nudossi“, die laut Stiftung Ökotest beste Schokoladencreme, die Treuhand-Abwicklung und ist heute ein leckeres Mitbringsel.
Wo wir schon bei Geschäften sind: In Dresden steht nicht nur der schönste Milchladen der Welt (Pfunds Molkerei ist offiziell im Guiness Buch der Rekorde registriert), sondern auch der schönste und gleichzeitig kleinste Elektroladen der Welt. Wer sich auf der Sebnitzer Straße in der Äußeren Neustadt tief hinunterbückt, kann die detailgetreu gestaltete Ladenfront auf Schuhniveau entdecken, deren etwa 15 Zentimeter hohe Schaufenster regelmäßig neu gestaltet werden. Die Fassade wird, stadtteiltypisch, von winzigen Graffiti geschmückt ...
Nein, das ist nicht die Radeberger Brauerei, sondern die weltberühmte Semperoper
1.Das Neue Grüne Gewölbe: Schätze ohne Ende (und ohne Anstehen)
2.Der Brühlsche Garten: Idyll im Kitsch
3.Das Camondas Schokoladenmuseum: köstlich, köstlich!
4.Die Breslauer Zwerge: Botschafter aus Polen
5.Kulturpalast: Versöhnung mit der DDR-Architektur
6.Die Weiße Flotte: auf der Elbe woll‘n wir fahren …
7.Neue Synagoge und Stolpersteine: Dresdens dunkle Vergangenheit
8.Kraftwerk Mitte: Kultur im Zentrum
9.Elberadweg: Stadtradeln im Grünen
SCHÄTZE OHNE ENDE (UND OHNE ANSTEHEN)
Durch das historische Zentrum von Dresden wogen Besuchermassen, die den Kopf immer wieder staunend zur Kuppel der Frauenkirche heben. Der wahre Mittelpunkt der Altstadt ist aber das Residenzschloss – immerhin über fünf Jahrhunderte Sitz der sächsischen Kurfürsten und Könige. Wer wann hier residierte, zeigt der Fürstenzug, der sich an der Nordseite des Schlosses entlangzieht.
Der heutige Neorenaissance-Bau war 1701 abgebrannt und wurde unter August dem Starken im Barockstil wieder aufgebaut; nur um im Zweiten Weltkrieg erneut in Trümmer gelegt zu werden. Dann lagen die rußgeschwärzten Mauern brach, bis 1985 das Schloss zum zweiten Mal wieder aufgebaut wurde, um die Staatlichen Kunstsammlungen zu beherbergen.
Heute kann man zwischen dem Georgentor im Norden und dem Taschenberg am südlichen Ende vom Münzkabinett durch den Riesensaal und weiter in die Türckische Cammer wandeln, der neueste Zugang sind die Paraderäume des Kurfürsten Friedrich August I.
Was Touristen aus aller Welt herzieht, ist das sagenhafte Historische Grüne Gewölbe. Seit 2006 kann man es wieder dort bewundern, wo August der Starke seinen Besuchern die Ergebnisse seiner Sammelleidenschaft präsentierte. Der eitle Kurfürst hatte schon 1724 verfügt, dass auch einfache Bürger seine kostbaren Preziosen, die filigranen Werke aus Porzellan und die feinmechanischen Meisterstücke sehen durften, die in den Gewölberäumen mit den malachitgrün gestrichenen Säulen lagerten – und erfand damit das Museum, das er „Wunderkammer“ nannte.
Der modern überdachte Lichthof führt ins Grüne Gewölbe
In langen Warteschlangen stehen Besucher heute im modern überdachten Innenhof des Residenzschlosses und warten auf ihr Zeitfenster für den Eintritt ins Historische Grüne Gewölbe. Die neun Säle mit den mehr als 3000 Objekten sind zweifellos sehenswert. Und nach dem spektakulären Raub dreier Schmuckgarnituren (der immer noch nicht vollständig aufgeklärt ist) mischt sich wohl auch der eine oder andere Sensationslustige unter die kunstinteressierten Besucher.
Viel einfacher kommt man in das Neue Grüne Gewölbe im ersten Stock des Schlosses! In diesen Ausstellungsräumen stehen sowieso die spannenderen Schätze. Da wäre zum Beispiel das „Goldene Kaffeezeug“ aus gefälschtem Porzellan, unter dessen Tablett sich eine türkische Tänzerin verbirgt – die man nur entdeckt, wenn man sich tief hinunterbückt. Im Mikrokabinett hängt ein echtes Wunder: ein Kirschkern, in den ein unbekannter Künstler 185 Gesichter mit verschiedenen Gesichtsausdrücken eingraviert hat. Es gibt sogar ein echtes Einhorn-Horn! (Psst: Es ist der Stoßzahn eines Narwals. Aber dem Kurfürsten schien die Existenz von Einhörnern wohl realistischer.)
Im Residenzschloss sind viele Ausstellungen untergebracht