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Der phexgläubige Tunichtgut Zinke und sein Huhn werden vom Fuchsgott mit einer Gelegenheit konfrontiert, die sie sich kaum entgehen lassen können. Aber war es wirklich ein Geschenk, oder testet der Gott des Glücks Zinke und seine Fähigkeiten mit dem Kleinod? Oder findet er sein Glück womöglich an anderer Stelle? Eine aventurische Kurzgeschichte aus der 2005er Anthologie mit DSA-Kurzgeschichten "Unter Aves' Schwingen".
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Seitenzahl: 28
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Saša Stanišić
Zinke rennt
Eine Das Schwarze Auge©Kurzgeschichte
Originalausgabe
Impressum
Ulisses SpieleBand US266014_1Titelbild: Diana RahfothLektorat: Momo EversLayout und Satz: Michael Mingers
DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE, MYRANOR, RIESLAND, THARUN, UTHURIA und THE DARK EYE sind eingetragene Warenzeichen der Ulisses Spiele GmbH, Waldems. Copyright © 2019 by Ulisses Spiele GmbH. Alle Rechte vorbehalten.
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Ebook-ISBN 9783963314117
Zinke rennt
Ich stecke, um es milde auszudrücken, in erheblichen Schwierigkeiten.
Mit großen Schritten hinkt der Fette auf mich zu, sein aufgedunsenes Gesicht wie zu lang gekocht, die Haut vernarbt, die Schwertklinge schrammenverziert. Das Leinenhemd aufgeknöpft, die Ärmel bis über die Ellenbogen umgeschlagen, steht er dann vor mir, über mir, riecht nach Zwiebeln, Sumpf und Wachs, schüttelt seinen fleischigen Kopf, zeigt seine Zähne und ruft heiser, ohne die kleinen Augen von mir zu nehmen: »Jeder ist jedem ein Richter! Und heute richte ich über dich. Denn ich glaube, du hast etwas, was deine Habe nicht ist.«
Wie beiläufig hebt er seine Klinge erst an meinen Hals, dann vor meine Stirn und verdeckt mir so die Sicht auf die Sonne.
So wahr ich hier stehe, den Rücken an der Wand und vor mir dieser Hüne: Ich bin bereit zum letzten Akt. Denn ›in Schwierigkeiten‹ habe ich bereits den ganzen Morgen verbracht. Und das kam so:
»Scher dich zum Namenlosen, Zinke!«, schrie Eschyanne und jagte hinter mir her. Dabei sah sie jenem, zu dem ich mich scheren sollte, selbst am ähnlichsten: gefletschte Zähne, Geifer, grässliche Flüche! In der Rechten schwang sie weit ausholend Mutter Isoldes Bratpfanne, hielt mit der Linken ihre Unterröcke bis übers Knie, ohne an frechmunteren Rufen der uns ausweichenden Knechte Anstoß zu nehmen. Ein Weib! Und was für eines! Die Locken sprangen ihr wild um die Zorn erröteten Wangen, adrett presste sie die wütenden Lippen zusammen. Eine Augenlust, aah – wie mir all das ihrige für Küsse recht schien, das Gelockte, das Wilde, das Zornige, und erst dieser Gesang:
»Bleeeib steeeehn, Zinke! Bleeeib stehn, und stell’ dich mir wie ein Mann! Bleib steeeehn, Zinke, hundsgemeiner Schurke, dass ich dir den Kobold aus den Knochen prügle!« Nein, das Stehenbleiben war keine Alternative. Und so raste ich weiter durch die morgendliche Hektik der Tuchmacher, Gerber, Schmiede, eilte an Moos bewachsenen Mauern vorbei, die noch vor Tau glänzten, flitzte über Hinterhöfe, Mägde gebeugt über Wäschekörbe, sprang über dösende Hunde, ihre Leiber in der aufgehenden Sonne ausgestreckt, goldbraun und schwarz, preschte vorbei an dampfenden Garküchen und von Fliegen umschwärmten Fleischtheken, schnappte mir aus dem Lauf einen Apfel vom Obststand des alten Haindri, biss hinein und verzog vor köstlicher Säure das Gesicht. Das waren sie: meine Straßen!
»Meine Straßen!«, rief ich so laut, wie ich noch konnte. Als Antwort krähte Eschyanne dicht hinter mir, sodass ich vor Schreck den guten Apfel fallen ließ: »Schreiiiii du nur, Zinke, schrei! Heb dir aber noch Atem für mich auf, damit du, wenn ich dich erwische, um Gnade winseln kannst, Zinke Hühnerdieb!«
Das Huhn! Ich hätte es beinahe vergessen, das Federviech, dessen Leihgabe mir Eschyanne nicht verzeihen wollte. Ich lugte unters Hemd, wo das Tier dümmlich – wie es der Sippe der Hühner aufgetragen wurde –