Dschungeltanz - Leah M - E-Book

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Leah M

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Beschreibung

Ertoiktrhiller mit Urlaubsabenteuer

 

Seit Lina im zarten Alter von neunzehn Jahren eine ganze Schokoladenfabrik geerbt hat, geht es in ihrem Leben drunter und drüber. Nicht nur, dass ihr Liebesleben völlig außer Kontrolle gerät, auf ihrer Hochzeitsreise in Costa Rica muss sie sogar mehrfach um ihr Leben fürchten.

 

... Oh, oh, habe ich jetzt tatsächlich solche Probleme mit der deutschen Sprache? Es wird wirklich Zeit, aufzuhören mit dem Alkohol.

»Lassen Sie uns ein Experiment starten: Schauen Sie mich an und versuchen Sie herauszufinden, was ich gerade denke«, fuhr Paul vollkommen unbeeindruckt meines Zustandes fort. Bevor ich noch widersprechen konnte, blickte er mir tief in die Augen, seine Brauen hoben sich, er beugte sich leicht vor und die Pupillen weiteten sich merklich. Sein Blick durchbohrte mich nun mit ungeahnter Intensität.

Er will mit mir schlafen, durchfuhr es mich und mein Körper erzitterte im selben Moment. Hitze sammelte sich sowohl in meinen Wangen als auch in meiner Körpermitte.

»Sie wollen …« Himmel, beinahe hätte ich es ausgesprochen mit meinem beduselten Kopf. Vor lauter Nervosität leerte ich ein weiteres Glas von diesem weißen Getränk.

Aber was soll ich jetzt antworten?

Seine Augen schienen sich plötzlich um mich herum zu drehen. Ich sollte meine Sinne wieder sammeln, sonst würde es äußerst peinlich werden. »Sie wollen noch etwas essen«, antwortete ich ausweichend. »Leider falsch. Ich dachte gerade, dass dieses Sie so schrecklich distanziert klingt und ich gerne Bruderschaft mit Ihnen trinken würde.«

...

Der Wein bewirkte außerdem, dass meine Hemmungen einen neuen Tiefstand erreichten. »Okay, trinken wir Bruderschaft«, lallte ich schließlich zur Antwort und schob meinen Oberkörper bedenklich wankend dem seinen entgegen, bis ich auf einen harten Widerstand traf. Paul entwich ein keuchender Laut.

Meine kleine Kopfnuss hatte es wohl in sich...

 

Achtung! Der Roman enthält detailliert geschilderte erotische Szenen. Ab 18 Jahren

 

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Leah M

Dschungeltanz

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Dschungeltanz

 

Dschungeltanz

 

 

Leah

 

 

Erotikthriller mit Urlaubsabenteuern

So nah können Liebe, Hass und Leidenschaft beieinander liegen …

 

Inhalt

Seit Lina im zarten Alter von neunzehn Jahren eine ganze Schokoladenfabrik geerbt hat, geht es in ihrem Leben drunter und drüber. Nicht nur, dass ihr Liebesleben außer Kontrolle gerät, auf ihrer Hochzeitsreise in Costa Rica muss sie sogar mehrfach um ihr Leben fürchten.

 

 

ACHTUNG!

 

Der Roman enthält mehrere detailliert geschilderte erotische Szenen und sexuelle Gewalt

FSK ab 18

 

 

 

Motorboot

Costa Rica

Das Motorboot zieht eine lange Schneise durch den schlammbraunen Fluss. Die Ufer werden von Mangroven gesäumt, die mit ihrem Wurzelgeflecht wie auf Stelzen aus dem Brackwasser ragen. Wir brausen an Sandbänken vorüber, auf denen sich Krokodile sonnen – oder handelt es sich um Alligatoren? Der Guide hatte erklärt, dass der vierte Zahn unten bei den Echten Krokodilen auch bei geschlossenem Maul immer sichtbar bleibt, ist kein Zahn zu sehen, handele es sich um Alligatoren. Aber solche Details kann ich sowieso nicht erkennen, während wir mit dem Motorboot vorüberbrausen. Der salzige Fahrtwind bringt meine Haare zum Flattern und meine Augen zum Tränen. Aber egal. Dafür bietet der Luftzug wenigstens eine willkommene Erfrischung bei diesem schwül-heißen Tropenklima.

Bekleidet mit orangen Schwimmwesten hocken wir zu viert in unserem Flitzer: der Steuermann und gleichzeitig Besitzer des Bootes, unser Guide, ein weiterer braungebrannter Tourist und ich: Lina Herbst, deutsche Touristin auf Hochzeitsreise in Costa Rica.

Wo sich mein frisch vermählter Ehemann derzeit befindet, ist eine berechtigte Frage, mit der ich mich jedoch im Moment nicht beschäftigen möchte.

Langsam rückt die Flussmündung des Rio Sierpe in Sichtweite. Die gefühlte Unendlichkeit des Meeres breitet sich vor uns aus und dann ist es so weit, wir rasen auf die Wellen zu, die sich vor uns in der Strömung des Flusses brechen. Das Boot hopst unangenehm, doch der Tico (so werden die Costa-Ricaner gerne genannt) am Steuer hält unbeirrt aufs offene Meer zu.

Die Wogen gewinnen zunehmend an Höhe und Volumen und das Boot springt von einer Kuppe zur nächsten, knallt dann unsanft gefühlte zwei Meter hinab in ein Wellental. Mein Hintern und Rücken schmerzen vom harten Aufprall. Eine Achterbahnfahrt mit Looping erscheint mir als Klacks dagegen, weil man da zumindest vorhersehen kann, wo man landet, man sich nicht den Gewalten der Natur ausgeliefert fühlt und auch keine Schmerzen erleiden muss. Mir bleibt der Atem im Halse stecken und das flaue Gefühl im Bauch versetzt meinen Magen in eine absolute Ausnahmesituation. Das Boot durchprescht die nächste Welle, indem das Heck den folgenden Wasserberg gleich einem Schneepflug zerstäubt. Abermals krachen wir in ein Wellental und ich bete, dass diese Höllenfahrt ein baldiges Ende nimmt.

Genau in diesem Moment ertönt ein seltsames Husten aus einem der Motoren. Der Tico flucht unsittlich und packt mit beiden Händen das Ruder des zweiten Motors. Aber etwas läuft gewaltig schief. Mit einem Male dreht sich das Boot, bietet der folgenden Welle seine ganze Breitseite, türmt sich seitlich auf und kippt.

O nein! Das darf jetzt unmöglich geschehen!

Obwohl alles blitzschnell geht, scheint die Zeit auf einmal viel langsamer zu verstreichen. Ich springe vor Schreck auf die Füße und da ich oben (dem Wellenberg am nächsten) hocke, werde ich durch diese Bewegung beim Kippen des Bootes einige Meter weiter weg ins Meer hinein geschleudert. Das Motorboot jedoch platscht umgekehrt aufs Wasser und begräbt seine restlichen Insassen unter sich. Das alles geschieht in dem Bruchteil einer Sekunde, so rasch, dass ich noch gar nicht richtig registriere, dass wir tatsächlich gekentert sind.

Ich paddele wie paralysiert im wilden Auf und Ab der mich umwogenden Naturgewalten umher. Vom Boot ist schon nicht mehr viel zu sehen, zur Hälfte vom Meer verschluckt schwimmt es weiter fort von mir. Ich höre auch kein Rufen, keine Geräusche, die auf ein Lebenszeichen der anderen hindeuten. Vielleicht wurden sie von dem gekenterten Boot erschlagen. Ein paar unserer Gepäckstücke tanzen wie kleine Bojen auf dem Wasser herum. Eine weitere mächtige Woge befördert mich gefühlte zwei Meter nach oben. Die aufkommende Panik lässt sich nur unter allergrößter Kraftanstrengung zurückdrängen. Auch wenn es sich aus der inzwischen enormen Distanz zum Ufer nicht mehr genau erkennen lässt, weiß ich genau, dass mich die Strömung des Flusses immer weiter aufs Meer hinaustreiben wird – bis zum stillen Auge. Aber in der Mündung eines so breiten Flusses kann das mehrere Kilometer weit draußen liegen.

Ich hatte ja Abenteuer gewollt, aber das hier ist eindeutig zu viel davon. Im Nachhinein denke ich, dass es mich hätte doch stutzig machen müssen, als der Guide noch vor der Fahrt erklärte, dass man für diese Tour zwei Motoren benötigt und der Bootführer eine spezielle Ausbildung dafür absolvieren muss. Inzwischen war mir mehr als klar weshalb.

O Gott, was mache ich jetzt nur? Auf keinen Fall darf ich in Panik geraten, dann ist alles aus.

Aber das sagt sich so leicht. Zuerst muss ich die Sandalen loswerden. Die vollgesogenen Dinger stören und drücken mich an den Füßen. Unter großer Mühe schaffe ich es, sie abzustreifen und in die Tiefen des Meeres zu entlassen.

Dann schwimme ich los – quer zur Strömung und damit parallel zur Küste, nicht zum Land hin, was mir gefühlsmäßig natürlich sehr viel lieber wäre, aber ich kann mich an den Reiseführer erinnern, in dem genau erklärt wurde, dass man auf diese Weise absolut sinnlos seine Kraft verschwendet – besonders, wenn man auch noch panisch rudert wie verrückt. Mein erstes Ziel muss also sein, weg aus diesem Sog zu kommen, der mich viel zu rasch weiter aufs offene Meer hinaustreibt. Aber mit jedem Zug schwindet meine Hoffnung weiter. Ich fühle mich so winzig in diesem gewaltigen Meer aus Wasser.

Die Palmen am Ufer wirken nur noch wie mickrige Spielzeuge und ich beginne, in schnellen Zügen zu kraulen, lasse mich von meiner Angst vorantreiben, so lange, bis ich dann doch völlig erschöpft innehalten muss.

Ohne diese Schwimmweste, mit der ich wie ein Korken auf den mächtigen Wogen tanze, hätte ich wohl schon längst aufgegeben. Aber so rede ich mir ein, dass ich damit wenigstens nicht so schnell entkräftet untergehen werde. Ich muss nur ausdauernd und zielstrebig immer weiter schwimmen, dann werde ich es schon schaffen. Vielleicht greift mich ja auch ein Fischerboot auf oder ich gelange zu einer Strömung, die mich wieder an Land spült. Ich darf nur nicht aufgeben, muss immer weiter schwimmen, auch wenn mir meine mickrigen Schwimmbewegungen noch so unbedeutend erscheinen.

Zumindest bilde ich mir ein, der Hauptströmung langsam entkommen zu sein und daher beginne ich nun auch, etwas kräftesparender schräg Richtung Ufer zu paddeln – nicht direkt darauf zu, sondern so, dass ich auch gleichzeitig der Strömung entfliehe.

Wenn ich es schaffe, dem Sog aufs Meer zu entkommen, dann wird mich der Rückfluss automatisch wieder aufs Ufer zutreiben. Meine Augen brennen von dem Salzwasser und ich muss immer wieder den Kopf damit befeuchten, um ihn von der Hitze der Mittagssonne zu kühlen. Ich hatte ja mal gelesen, dass man sich im Wasser seiner Kleidung entledigen soll, weil sie vollgesogen so schwer wird, dass sie einen in die Tiefe zieht. Aber bei dem T-Shirt, das von der Rettungsweste bedeckt wird, stellt sich diese Frage überhaupt nicht, außerdem schützt es mich vor der Sonneneinstrahlung. Und zum Glück trage ich an den Beinen nur eine kurze Shorts, die mich beim Schwimmen nicht behindert.

Ich muss unbedingt vor Anbruch der Dunkelheit ans Ufer gelangen. Ich schwimme und schwimme, aber es fühlt sich nicht an, als käme ich tatsächlich vorwärts. Wieder überkommt mich eine Welle der Verzweiflung. Panik droht Besitz von mir zu ergreifen. Besser, ich lenke mich irgendwie ab. Meine Gedanken wandern zurück, zu einer Zeit, die gar nicht einmal so lange zurückliegt, aber es kommt mir vor, als wäre die junge Frau von damals ein komplett anderer Mensch gewesen – so viel ist inzwischen passiert.

 

Schokolade

Rückschau

Mit neunzehn Jahren hatte ich das Gymnasium erfolgreich hinter mich gebracht und man sollte meinen, damit hätte ich auch die Reife einer Erwachsenen erlangt. Jedoch stammte quasi mein gesamtes Wissen über das Leben fast ausschließlich aus Büchern, daher stand ich allen zwischenmenschlichen Beziehungen meist recht unbeholfen gegenüber. Nicht, dass ich schüchtern oder ängstlich gewesen wäre, aber die Welt der Bücher bestimmte nun einmal dermaßen meinen Alltag, dass ich zwangsläufig das Leben einer Eigenbrötlerin führte. Zudem eckte ich damals aufgrund meiner mangelnden sozialen Kompetenz allzu leicht irgendwo an, sodass sich auch der Grad meiner Beliebtheit in überschaubaren Grenzen hielt.

Ich hatte gerade mein Abitur in der Tasche, da geriet mein Leben völlig aus den gewohnten Bahnen, denn das, was mir tatsächlich passierte, kannte ich sonst nur aus schlechten Schundromanen:

Ein Großonkel, den ich noch nicht einmal persönlich kannte, vererbte mir seine gesamte Schokoladenfabrik inklusive Wohnhaus und stattlichem Vermögen. Der Grund lag wahrscheinlich darin, dass er selbst keine eigenen Kinder besaß und ihm auch sonst kein würdiger Erbe für seine Besitztümer eingefallen war. Im ersten Augenblick konnte ich gar nicht glauben, was der Notar da verkündete.

So etwas geschieht doch nur im Film und nicht im wirklichen Leben, hatte ich geglaubt.

Ich sah mich plötzlich in der Verantwortung für eine ganze Firma mit ihren Umsätzen und Mitarbeitern und ich hatte nicht die leiseste Ahnung davon, wie ich diese neue Rolle erfüllen konnte. Natürlich spielte ich sofort mit dem Gedanken, das Unternehmen wieder zu verkaufen, aber zunächst wollte ich mir mein Erbe einmal genauer ansehen. Immerhin schrieb die Firma bis dahin satte Gewinne.

Meine Eltern konnten mich in der neuen Aufgabe leider auch nicht unterstützen, weil weder mein Vater als durchtrainierter Bademeister noch meine Mutter als Bäckereifachverkäuferin mir zu erklären vermochten, wie das Innere einer Schokoladenfabrik funktioniert, wie man Mitarbeiter führt oder die Bilanzen analysiert.

Manchmal kam mir sogar der Verdacht, ich sei vielleicht adoptiert oder bei der Geburt vertauscht worden, weil ich diesbezüglich so gar nicht zu meinen Eltern passte. Ich hatte das Abitur ohne große Mühe mit vierzehn Punkten bestanden und erledigte während der letzten Jahre die Steuererklärung für meine Eltern, da sie mit den Begriffen nicht zurechtkamen. Dennoch kann ich mich nicht beklagen. Meine Eltern sind liebenswerte Menschen, die immer ein offenes Ohr für meine Probleme hatten. Und rein äußerlich bestand kein Zweifel, dass ich aus ihrer Vereinigung entsprungen war, denn meine graugrünen Augen und die langen, dunkelbraunen Haare mit dem sanften Rotschimmer darin glichen exakt den entsprechenden Körperpartien meiner Mutter. Die vollen Lippen und die Grübchen, die sich beim Lachen in meinen Wangen bilden, stammen hingegen eindeutig von meinem Vater.

 

* * *

 

Das Drama begann mit dem Tag des ersten Besuches der Schokoladenfabrik namens Kakoma.

Wer sich diesen Namen ausgedacht hatte, musste zu viel Kakao mit Rum getrunken haben, dachte ich bei mir.

Das würde ich auf jeden Fall irgendwann einmal ändern, wenn mir etwas Besseres einfiel. Ich trat durch das große, gläserne Tor zum Hauptgebäude und fand mich gleich darauf verloren in der Eingangshalle wieder. Im Zentrum ließ ein riesenhafter Schokoladenbrunnen keinen Zweifel daran aufkommen, was die Firma herstellte. In meinem eigenen Gebäude fühlte ich mich genauso wohl wie ein eingeborener Ureinwohner, der zum ersten Mal einen Supermarkt betritt. Ich ließ meinen Blick unsicher in der Halle umherschweifen. Hinter einem Drehkreuz verjüngte sich der Eingangsbereich zu einem langen Korridor, von dem mehrere Türen, eine Treppe und ein Fahrstuhl abzweigten.

Mein Blick wanderte zur Theke, hinter der mich zwei Empfangsdamen neugierig musterten. Sicherlich wunderten sie sich, weshalb das junge Ding hier so verloren in der Eingangshalle herumstand. Ich fühlte mich wie ein kleines Schulmädchen und musste unweigerlich an die zahlreichen Sommersprossen denken, die sich über meine Wangen zogen und auf der Nase zu ganzen Feldern kumulierten, da diese sicherlich nicht gerade zu einem seriösen Auftreten beitrugen. Ich hatte bereits einmal ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, sie bleichen zu lassen. Dann traute ich mich aber doch nicht – wer weiß, was die ganze Chemie auf meiner Haut sonst noch angerichtet hätte.

In diesem Moment bereute ich allerdings, mich nicht wenigstens überwunden zu haben, mir ein geeignetes Businessoutfit zuzulegen, das mich meiner Position als Firmeneigentümerin zumindest ein Stück weit nähergebracht hätte. Nach geschlagenen zwei Stunden der frustrierten Kleideranprobe, war ich heute Morgen schließlich bei einem dezenten blauen Sommerkleid hängengeblieben – ohne jegliche Schnörkel und Blumen.

Und erst jetzt, als ich mich hier so unbeholfen umblickte, kam ich zu der Erkenntnis, dass es sicherlich sinnvoller gewesen wäre, einen Termin zu vereinbaren, dann hätte mich hier jemand erwartet und durch die Firma geführt, aber das war mir natürlich viel zu spät eingefallen. Ich überlegte fieberhaft, wie ich mich vorstellen sollte.

»Hallo, ich bin die neue Eigentümerin von Kakoma«, klänge doch ziemlich seltsam, oder?

Am besten, ich gehe einfach geradewegs drauflos, beschloss ich endlich und schritt auf den Empfang zu.

»Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?«, erkundigte sich eine Frau mit langen, braunen Haaren und blauen Augen.

Sie lächelte überlegen. Auf ihrem Namensschild las ich Inge Berg.

»Ich würde mir gerne die Firma ansehen«, antwortete ich so forsch wie möglich und bemühte mich dabei, souverän zu klingen, aber innerlich zitterte ich und fürchtete, nicht halb so selbstsicher zu klingen, wie beabsichtigt.

»Sind Sie angemeldet?«

»Nein.«

»Die Firma ist nicht zugänglich für die Öffentlichkeit.«

»Ich bin nicht die Öffentlichkeit, sondern die neue Eigentümerin von Kakoma«, platzte ich schließlich unverblümt hervor und in meinen Ohren hallte meine Aussage nach, wie ein Echo in den Bergen.

Betretenes Schweigen war die Folge. Die beiden Empfangsdamen musterten mich ungläubig.

»Können Sie sich ausweisen?«, fragte Frau Berg mit zusammengekniffenen Augen, als sie ihre Sprache wiedergefunden hatte.

Ziemlich skurril, dass ich mich in meinem eigenen Unternehmen ausweisen muss. Aber im Prinzip könnte ja jeder behaupten, ihm gehörte die Firma. Also öffnete ich meine Handtasche und legte Frau Berg meinen Ausweis, sowie die Papiere, die ich vom Notar erhalten hatte, vor die Nase. Aber Letzteres war wohl gar nicht mehr notwendig, denn bereits der Name auf meinem Ausweis ließ die Dame zusammenzucken. Offensichtlich war den Mitarbeitern nach der Testamentsvollstreckung mitgeteilt worden, dass die Firma nun einer gewissen Lina Herbst gehörte.

Frau Berg und ihre Kollegin betrachteten meinen Ausweis eingehend, als könnten sie ihm mehr Informationen entlocken, als er tatsächlich hergab. Aber ganz gewiss registrierten sie mein Geburtstag, der nur wenig mehr als neunzehn Jahre zurücklag. Frau Berg versteckte ihre Emotionen gekonnt hinter einer freundlich-distanzierten Maske und blickte mir wieder in die Augen.

»Gut«, fuhr sie zögerlich fort.

»Dann lasse ich für Sie einen neuen Firmenausweis anfertigen. Den benötigen Sie, um das Drehkreuz und weitere Sicherheitstüren zu passieren. Bis er fertig ist, können Sie eine der Gästekarten verwenden.«

Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass sich jemand neben mich gesellte, als Frau Berg mir eine schokoladenbraune Firmenkarte reichte. Ich stopfte sie zusammen mit meinen Papieren zurück in die Handtasche.

»Wer kann mich im Unternehmen herumführen?«, fragte ich und versuchte meine Unsicherheit durch eine harte Note in der Stimme zu verbergen, was mir gründlich misslang, denn Frau Bergs Mundwinkel zuckten verdächtig nach oben. Ich fühlte mich wie die Lächerlichkeit in Person.

O Gott, wie peinlich. Vielleicht sollte ich es einfach sein lassen, etwas zu spielen, was ich nun mal nicht bin.

Doch bevor die Empfangsdame meine Frage beantworten konnte, kam ihr die Person zu meiner Linken zuvor: »Das kann ich doch übernehmen.«

Die tiefe Männerstimme legte sich wie wohltuender Balsam auf meine Nervosität. Ich wandte den Kopf und starrte in zwei dunkelblaue Augen, die mich freundlich anlächelten. Das männliche Wesen, zu dem die Augen gehörten, wirkte jung, attraktiv und kompetent. Vor lauter Aufregung über diesen positiven Anblick ließ ich vor Schreck meine Handtasche fallen. Er bückte sich sofort und reichte sie mir.

»Na, so furchterregend sehe ich doch nicht aus, oder?«, scherzte er frech grinsend.

Am liebsten hätte ich etwas Schlagfertiges geantwortet, aber mein Gehirn versagte in diesem Augenblick, außerdem waren meine Stärken auf dem Gebiet kommunikativer Fähigkeiten eher unterdurchschnittlich ausgeprägt, daher schüttelte ich nur verlegen den Kopf.

»Es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen alles zeigen zu dürfen. Einverstanden?«, wiederholte der Fremde.

Ich nickte dankbar, unfähig meine Augen von seinem Gesicht zu lösen. Mit den sanften Wellen seiner dunkelblonden, halblangen Haare erinnerte er mich an die Elfengestalten meiner Fantasy-Romanhelden. Dichte Brauen überschatteten die großen blauen Augen und seine schmalen Lippen mündeten rechts und links in kleinen Grübchen, während er mich noch immer nahezu schelmisch angrinste. Dieser Mann zog mich sofort magisch an und erst, als ich mir bewusstwurde, wie ich ihn ungehemmt anstierte, senkte ich beschämt den Blick. Ich atmete tief durch, um die Fassung wieder zu erlangen.

»Dann beginnen wir doch am besten mit der Führung in der Produktion«, schlug er lächelnd vor.

Endlich gab meine Kehle die Stimme wieder frei.

»Wer sind Sie überhaupt?«, platzte ich unumwunden heraus und stellte damit meine nicht vorhandene soziale Kompetenz mal wieder unter Beweis.

»Ach, Verzeihung. Ich habe mich noch nicht einmal vorgestellt. Mein Name ist Paul Maifeld, Vertriebsleiter.«

»Sehr erfreut, Herr Maifeld.«

Mehr als diese banale Floskel konnte ich meinem Gehirn nicht abringen, stattdessen badete ich in seinen tiefblauen Augen.

»Und Sie sind also die liebe Großnichte von Karl-Otto Semering und liegen damit in der Rangordnung über mir, wenn ich nicht irre?«

»Sieht so aus«, antwortete ich kurz.

Er bedeutete mir, ihm zu folgen und führte mich zur ersten Sicherheitstür, die er mit seiner Firmenkarte öffnete.

Wir betraten einen weiten Korridor. An den Wänden zogen sich lange Reihen von Fotodrucken auf Leinwand, die verschiedene Produktionsstadien der Schokoladenherstellung zeigten – vom Kakaobaum bis zur fertigen Schokoladentafel mit dem Firmensiegel von Kakoma – einer Kakaofrucht. Nicht besonders einfallsreich. Etwas mehr Kreativität könnte der Firma nicht schaden.

»Darf ich fragen, wie alt sie sind, Frau Herbst?«

»Neunzehn«, antwortete ich grade heraus.

Das Offensichtliche ließ sich ja sowieso nicht verbergen. Mir war klar, dass mir niemand, einschließlich mir selbst, die Leitung einer Firma zutraute.

»Und mit Ihren zarten neunzehn Jahren fühlen sie sich befähigt, eine der bedeutendsten Schokoladenfabriken des Landes zu führen?«

Trotz der kritischen Frage, die eigentlich keine war, weil wir beide die Antwort natürlich kannten, hielt das Lächeln auf seinem Gesicht weiterhin meine Sinne gefangen. Allmählich ärgerte ich mich über mich selbst, dass ich ihn so anschmachtete. Ich war hier, um die Firma kennenzulernen und nicht, um mich dem nächst besten Mitarbeiter an den Hals zu werfen.

»Na klar«, antwortete ich. »Mein Großonkel wusste schon, was er tat, als er mir sein Baby überließ. Ich habe in meinem bisherigen Leben jedenfalls nichts anderes gemacht, als große Unternehmen zu leiten.« Die Ironie meiner Stimme war unüberhörbar und Paul nickte grinsend, ohne mich aus den Augen zu lassen.

Wie dieser Mann wohl aussieht, wenn er mal ernst oder gar böse dreinblickt?

Er führte mich durch die Fabrikationshalle mit der Presse, in der aus den Kakaobohnen das Öl – also die Kakaobutter – extrahiert wurde, dann zeigte er mir die Conchiermaschine in der die Schokolade unter geringer Hitze geschmeidig gewalzt, also chonchiert wird und die Abfüllmaschine, aus der am Ende die fertigen Tafeln auf einem Band herausfahren. Besonders beeindruckend, aber auch irgendwie unheimlich fand ich die computergesteuerte, vollautomatische Roboter-Pralinenstraße.

Danach besichtigten wir die Kantine und einige Büros.

»Hatte mein Großonkel auch eine Sekretärin?«, wollte ich wissen, als wir an Karl-Otto-Semerings Büro vorbeigingen.

»Ja, natürlich, aber die hat bei seinem Ableben die Kündigung eingereicht, sein Tod ging ihr wohl doch zu nahe«, antwortete Paul.

Er stellte mir alle wichtigen Mitarbeiter vor und überall, wo wir vorbeikamen, tuschelten die Leute miteinander. Mir war vollkommen klar, weshalb und ich fühlte mich maximal unwohl dabei.

»Darf ich meine Chefin zum Abschluss dieses ereignisreichen Tages zum Essen einladen?«, fragte mein Begleiter gegen Ende der Besichtigung.

Mein letztes Date lag schon eine halbe Ewigkeit zurück und Paul gefiel mir ziemlich gut. Dennoch regten sich Zweifel.

»Halten Sie das denn für eine kluge Idee, wenn ein Mitarbeiter die Eigentümerin zum Essen einlädt?«

»Eine Gegenfrage: Was könnte denn im schlimmsten Fall passieren?«

Diese Frage brachte mich sofort aus dem Konzept, denn beim Nachdenken über den schlimmsten Fall erschien vor meinem geistigen Auge die Bilder, wie Paul meine nackten Brüste umfasste und mich von hinten nahm. Beschämt blickte ich zu Boden und errötete.

O nein. Nicht auch das noch …

Ich versuchte, diese Fantasie mit aller Gewalt wieder abzuschütteln und ich fragte mich ernsthaft, was meinen Hormonhaushalt dermaßen durcheinandergewirbelt hatte.

»Vielleicht könnte das unsere gute Arbeitsatmosphäre gefährden«, antwortete ich schließlich zögernd.

»Viele Manager treffen sich zu einem Essen, weil sich in entspannter Umgebung Geschäftliches besser besprechen lässt«, erwiderte er sachlich.

Ach so, ein reines Geschäftsessen hat er also im Sinn.

Das klang schon viel harmloser, ich musste mich allerdings bemühen, mir die Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und nickte langsam.

»Na gut, warum auch nicht«, lenkte ich schließlich ein.

»Perfekt.«

Er grinste mal wieder und geleitete mich zum Ausgang.

»Sind Sie mit dem Auto gekommen?«

Ich hatte hin und her überlegt, was peinlicher gewesen wäre: mit dem in die Tage gekommenen Polo meiner Eltern hier aufzukreuzen oder zu Fuß, nachdem ich die 80 Kilometer von zu Hause mit der Bahn zurückgelegt hatte. Eigentlich besaß ich ja jetzt genug Geld, um mir ein adäquates Fahrzeug zu leisten, aber ein Auto kauft man sich ja nicht einfach von heute auf morgen – ich zumindest nicht – und da ich mich innerlich noch immer viel mehr wie das junge Schulmädchen fühlte, als die reiche Firmeneigentümerin, fiel es mir schwer, mich in der neuen Rolle zurechtzufinden. Die Luxusvilla meines Großonkels hatte ich kurz nach der Testamentsverkündung bereits in Augenschein genommen, aber ganz alleine in diesem riesigen Haus zu wohnen, konnte ich mir einfach nicht vorstellen.

»Mit der Bahn«, antwortete ich wahrheitsgemäß auf Pauls Frage.

»Und Sie wollen heute Abend wieder zurückfahren?«

»Bis ich eine passende Wohnung gefunden habe, bleibe ich im Hotel. Wahrscheinlich kennen Sie das Montserin?«

»Sicher. Ich kann Sie nach unserem Essen dort abladen.«

»Danke.«

Es war mir peinlich, von ihm herumgefahren zu werden, weil ich mich dadurch noch ein weiteres Quantum unmündiger fühlte. Ich beschloss, mich gleich am nächsten Tag um ein eigenes Auto und ein Businessoutfit zu kümmern. Kleider machen ja bekanntlich Leute und vielleicht konnte ich so zumindest meine äußere Fassade der neuen Rolle anpassen.

Wir kamen vor Pauls rotem Porsche zum Stehen. Ich zögerte.

Soll ich mich wirklich da mit ihm hineinwagen? Niemals. Oder doch?

Weit würden wir hoffentlich nicht fahren. Paul öffnete mir die Beifahrertür und ich ließ mich zögernd auf den viel zu tief liegenden Sitz fallen. Ich atmete möglichst geräuschlos durch den Mund aus, als er die Tür schloss und ebenfalls einstieg. Der Motor heulte auf. Wenn er mich damit beeindrucken wollte, lag er völlig falsch. Wahrscheinlich hatte er meinen Unmut bemerkt, denn die restliche Fahrt verlief weitgehend gesittet, bis wir vor einem schicken Lokal zum Stehen kamen. Drinnen wies der Kellner auf einen Tisch in einer vor Blicken geschützten Nische.

Auf Empfehlung des Küchenchefs entschieden wir uns beide für die Spezialität des Hauses – Zanderfilet im Möhrenbett. Dazu wurde reichlich Weißwein dargereicht, was meine generell eher träge Zunge zunehmend lockerte und mich dazu brachte, beschwipst meine halbe Lebensgeschichte auszuplaudern.

»Ich habe einen kleinen Bruder, Jan. Ich bin ganze fünf Jahre älter und als wir beide klein waren, musste er für alles herhalten, was meine Puppen nicht konnten. Ich habe ihm sogar heimlich die Windeln gewechselt, aber na ja, als Kind achtete ich nicht darauf, was Jan mit der ausgewechselten Kaka-Windel anstellte. Meine Mutter war alles andere als glücklich, die ganze Sauerei wieder wegwischen zu dürfen. Haben Sie eigentlich Geschwister, Herr Maifeld?«

»Leider nein, ich bin Einzelkind«, antwortete er.

Ob das Grinsen auf seinem Gesicht auch mal ein Ende findet, oder hat er es in dieser Position festgeklebt?, fragte ich mich, denn diesen Mann schien überhaupt nichts zu erschüttern.

Oder macht er sich etwa die ganze Zeit über mich lustig?

Ich kniff die Augen zusammen, um den Schleier davor ein Wenig zu lüften – ohne Erfolg.

Vielleicht gehe ich jetzt einfach mal zum Angriff über …

»Sie sehen auch noch reichlich jung aus für einen Vertriebsleiter, Herr Maifeld. Wie alt sind Sie überhaupt?«, platzte ich hervor, mal wieder ohne jegliches Feingefühl.

Doch auch das schien ihn nicht abzuschrecken, denn er lachte belustigt auf.

»Ich nehme das als Kompliment. Ich bin 24 Jahre alt und damit in der Tat relativ jung für eine Führungsposition. In diesem Punkt haben wir sicherlich etwas gemeinsam. Allerdings bin ich früh aus der Schule ausgestiegen und somit schon seit gut 8 Jahren für Kakoma tätig. Ihr Großonkel schätzte meine vertrieblichen Erfolge sehr und erkannte schon recht bald meine Führungsqualitäten, deshalb stand ich ihm seit gut vier Jahren persönlich zur Seite, was Vertriebsangelegenheiten angeht. Ich war sozusagen seine rechte Hand und kenne diese Firma in und auswendig.«

»Dann können Sie mir sicherlich helfen, bei der Leitung von Kakuma, äh, Kakoma. Was für ein Name …«, brummte ich, ohne selbst zu wissen, ob ich das wirklich ernst meinte.

»Natürlich. Überlassen Sie das nur mir. Da ist Ihr Baby in den allerbesten Händen.«

»Wissen Sie, das beruhigt mich sehr«, gab ich zu und tätschelte ihm vertrauensvoll die Schulter.

Und in meinem derzeitigen Zustand fühlte es sich tatsächlich extrem erleichternd an, sich nicht mit dieser fremden Geschäftswelt auseinandersetzen zu müssen. Ich kippte mir den Rest Weißwein aus der Flasche ins Glas und ließ ihn viel zu rasch meine Kehle hinabrieseln. Paul winkte den Kellner herbei, der kurz darauf Nachschub bereitstellte.

»Welchen Beruf wollten Sie eigentlich ergreifen, bevor Sie die Firma ihres Großonkels geerbt hatten?«, wollte Paul nun wissen.

»Na ja, ich habe mal im Kindergarten so ’n Praktikum gemacht … Ich liebe Kinder, wissen Sie. … will mal was mit Kindern arbeiten. Bei denen sieht man, was sie denken, wissen Sie. Das mag ich – die sind gerade und direkt. Die Ewe-Erwachsenen haben immer so eine Fassss-Fassase, ich meine die zeigen sich nicht echt – dass macht mich unsi-unsicher«, lallte ich drauf los.

Paul nickte verständnisvoll.

»Da muss ich Ihnen sogar Recht geben. In Ihrer Firma sollten Sie da besonders auf der Hut sein. Ich möchte hier keine Namen nennen, aber was da bestimmte Leute hinter dem Rücken anderer austragen, kann man gut und gerne als Mobbing übelster Sorte bezeichnen. Viele Maskeraden lassen sich jedoch durchschauen. Wenn Sie die geheimen Zeichen des Körpers zu deuten wissen, dann können Sie sehr wohl erahnen, was jemand denkt.«

Täusche ich mich oder hat er mir gerade zugezwinkert?

Ich riss die Augen weit auf, um besser sehen zu können, aber das half mir bei dieser Frage auch nicht weiter.

»Ich hab so was gelesen, von Körper-sch-sch-schprache, kann das aber nicht so richtig anwenden, suuumindest nich schpontaaan.«

Oh, oh, habe ich jetzt tatsächlich solche Probleme mit der deutschen Sprache? Es wird wirklich Zeit, aufzuhören mit dem Alkohol.

»Lassen Sie uns ein Experiment starten: Schauen Sie mich an und versuchen Sie herauszufinden, was ich gerade denke«, fuhr Paul vollkommen unbeeindruckt meines Zustandes fort.

Bevor ich noch widersprechen konnte, blickte er mir tief in die Augen, seine Brauen hoben sich, er beugte sich leicht vor und die Pupillen weiteten sich merklich. Sein Blick durchbohrte mich nun mit ungeahnter Intensität.

Er will mit mir schlafen, durchfuhr es mich und mein Körper erzitterte im selben Moment. Hitze sammelte sich sowohl in meinen Wangen als auch in meiner Körpermitte.

»Sie wollen …«

Himmel, beinahe hätte ich es ausgesprochen mit meinem beduselten Kopf.

Vor lauter Nervosität leerte ich ein weiteres Glas von diesem weißen Getränk.

Aber was soll ich jetzt antworten?

Seine Augen schienen sich plötzlich um mich herum zu drehen. Ich sollte meine Sinne wieder sammeln, sonst würde es äußerst peinlich werden.

»Sie wollen noch etwas essen«, antwortete ich ausweichend.

»Leider falsch. Ich dachte gerade, dass dieses Sie so schrecklich distanziert klingt und ich gerne Bruderschaft mit Ihnen trinken würde.«

Die Vorstellung eines Bruderschaftskusses mit diesem attraktiven Elfen brachte meine Hormone unwillkürlich in Wallung. Mit meinen neunzehn Jahren hatte ich noch nicht allzu viele Erfahrungen gesammelt, was Männer anging. Außer einem One-Night-Stand auf einer Klassenfahrt und einer viel zu kurzen Beziehung mit einem ebenfalls unerfahrenen Klassenkameraden hatte ich noch keine Männer gehabt und fühlte mich auf diesem Gebiet relativ unerfahren. Ach ja, dann gab es auch noch einen Mann, von dem ich manchmal nachts träumte. Ich hatte ihn Tarzan getauft und war in inniger Liebe zu ihm entbrannt, aber da er ja nicht real war, zählte das nicht.

Der Wein bewirkte außerdem, dass meine Hemmungen einen neuen Tiefstand erreichten.

»Okay, trinken wir Bruderschaft«, lallte ich schließlich zur Antwort und schob meinen Oberkörper bedenklich wankend dem seinen entgegen, bis ich auf einen harten Widerstand traf.

Paul entwich ein keuchender Laut. Meine kleine Kopfnuss hatte es wohl in sich. Ungeachtet dessen überkreuzten wir jetzt unsere Arme und tranken einen Schluck von dem Wein. Genau genommen leerte ich das ganze Glas in einem Zug.

Mir war bislang gar nicht klar gewesen, wie lecker dieser Wein schmeckt.

Nun folgte der spannende Teil der Geschichte und ich ertappte meine Unterlippe, wie sie sich verlegen hinter den Zähnen verkroch, um dort von meiner Zunge befeuchtet zu werden. Wir sahen uns einen Moment lang gespannt an. Unter normalen Umständen wäre ich nun sicherlich heftig errötet, doch in dieser Angelegenheit hatte ja bereits der Alkohol vorgesorgt.

In unruhiger Erwartung wippten meine Füße wie von selbst auf und ab und das Kribbeln in den nur allzu bereiten Lippen wollte keinesfalls länger auf die Erlösung warten. Endlich wanderte Pauls Hand in meinen Nacken und zog mich zu sich heran. Sein Mund berührte den meinen und küsste ihn zaghaft.

Mein beduselter Kopf ließ die komplette Einrichtung des Restaurants um mich herumwirbeln, während ich seinen Kuss erwiderte. Irgendwie schmeckte plötzlich alles nach diesem Weißwein. Da teilte seine Zunge meine Lippen und der zögerliche Kuss verwandelte sich in einen überaus feurigen, was in mir sofort das wilde Verlangen nach mehr entfachte und das heftige Ziehen in meiner Mitte verstärkte dieses Gefühl nur allzu deutlich. Durch das letzte halbe Jahr ohne Mann fühlte ich mich sowieso wie zu lange abgehangenes Dörrobst und der Wein benebelte jegliche Vernunft.

Plötzlich lies Paul von mir ab, was ich mit einem vorwurfsvollen Stöhnen quittierte. Er winkte den Kellner herbei und flüsterte ihm leise etwas zu. Dieser nickte und drückte Paul einen Schlüssel in die Hand.

»Komm mit. Ich weiß einen Ort, wo wir ungestört sind«, flüsterte mein verschwommener Begleiter.

Er erhob sich, nahm meine Hand und wollte mich aus dem Saal führen, doch mein Schwanken behinderte das Vorankommen dermaßen, dass es Paul wohl sicherer erschien, den Arm um meine Hüfte zu schlingen. Ich musste heftig kichern, als ich versehentlich über meine eigenen Füße stolperte und Paul dazu nötigte, nach vorne zu hechten, um mich vor der sicheren Zusammenkunft meines Schädels mit dem Teppichboden zu bewahren.

Er führte mich in einen Vorraum, half mir die mit Teppichen bekleidete Treppe hinauf und von dort erreichten wir eines der Zimmer – ein typisches, sauberes Hotelzimmer, das leicht muffig roch – soweit sich das in meinem derzeitigen Zustand noch beurteilen ließ.

Paul knipste die Nachttischlampe ein, die ein schummrig gelbes Licht in den Raum warf. Leise Zweifel meldeten sich jetzt doch in meinem beduselten Hirn.

Dieser Typ hier will mich offensichtlich ins Bett kriegen. Und will ich das eigentlich auch? Gut sieht er ja aus. Aber ich sollte vielleicht doch lieber schnell von hier verschwinden.

Ich wandte mich wieder Richtung Tür, die Paul aber genau in diesem Moment verschloss.

Mist?

»Ssssuuuu spät«, lallte ich.

Doch es blieb mir keine Zeit mehr, die aufkommenden Bedenken zu vertiefen, denn Paul schob mich jetzt gegen die Wand, fixierte meine Handgelenke ebenfalls dort zu beiden Seiten meines Kopfes.

Gefangen …

Mein Herz pochte bis zum Hals, als er seinen erhitzten Leib gegen meinen presste und feurige Küsse über mein Gesicht verteilte. Die Schwellung in seiner Hose drückte dabei genau auf den Bereich zwischen meinen Beinen, der bereits heftig zu pulsieren drohte. Der Alkohol in meinem Blut hielt die kritischen Gedanken weiter in Schach, obwohl einer meiner Arme jetzt doch unter Stöhnen versuchte, sich zu befreien – allerdings ziemlich ohnmächtig, während der kräftige Körper des Mannes mich unerbittlich zwischen sich selbst und der Wand fixierte.

Zwei heiße Hände fuhren unter mein Kleid, über den Bauch, berührten meine nackte Brust, glitten weiter die Achseln empor und meine Arme entlang, wobei sie gleichzeitig den blauen Stoff in die Höhe und über meinen Kopf hinweg schoben. Meine blöde Lunge keuchte erregt und die verräterische Körperoberfläche reagierte auch noch mit prickelnder Gänsehaut. Als Paul jedoch von mir abließ, um selbst hastig aus Hose und Pants zu schlüpfen, quittierte die Knorpelmasse meiner Knie plötzlich ihren Dienst, sodass ich langsam dem Boden entgegenrutschte. In Windeseile war dieser Elfe wieder bei mir, hob mich in seine Arme und legte mich ins Bett.

Mein Slip war plötzlich einfach verschwunden.

Wo ist der denn hin? Ach egal.

»Wie heißt du nochmal? Oh! Legolas? Ach, Pauli. Stimmt’s?«, nuschelte ich und wahrscheinlich hatte er mich noch nicht einmal verstanden.

Jedenfalls trug er noch immer sein Hemd, als er sich mit prall geschwollener Pracht über mich beugte – verpackt in ein lila Kondom – oder war es rosa?

»Rosa … Hihi«, kicherte ich.

Aber Paul schien nichts davon zu interessieren, was ich so von mir gab. Stattdessen presste er sein Glied begierig gegen den Stoff meines Slips.

Ach, ich hab ihn ja doch noch an.

Dann war Paul wieder weg, zog mir mit einer einzigen geschickten Bewegung den Slip aus.

Letzte Chance, da wieder rauszukommen, meldete sich plötzlich eine warnende Stimme im Hinterkopf.

Ich versuchte, mich aufzurichten, doch im gleichen Augenblick war Paul auf mir drauf, bestieg mich förmlich. Er spreizte meine Beine weit auseinander, presste sich dazwischen und dann spürte ich sie, seine Eichel in meiner Öffnung. Oh, wie diese abtrünnigen Säfte in mir zu fließen begannen. Ich atmete tief aus und japste. So lange hatte ich kein hartes Glied mehr in mir gespürt und jetzt lag dieser zugegeben ziemlich smarte Typ auf mir, bereit, mich zu begatten. Komm endlich in mich hinein, schrie es förmlich in meinem Schoß, ohne, dass ich mich dagegen zu wehren vermochte.

Berauscht vom Wein und in Erwartung seines Eindringens, schob ich ihm auch noch mein Becken entgegen und hob schwer atmend den Kopf, um seine ganze Männlichkeit zu betrachten, noch immer mit der Spitze der Eichel in meiner Öffnung ruhte, bereit, meine Labien zu durchdringen. Ein Beben ging durch meine Beine, was mich dazu brachte, erregt aufzustöhnen. Paul gab einen brunftigen Schrei von sich und dann stieß er zu – einmal, zweimal, dreimal. Meine Muskeln bebten.

Jetzt zog er ihn wieder ganz heraus, aber nur, um nochmals mit voller Länge in mich einzudringen. Wieder und wieder, in einem immer schneller werdenden Rhythmus, stieß er zu. Wir keuchten und schwitzten. Ich hob meine Beine an, um ihn ganz tief in mich aufzunehmen. Pauls Hände umfassten meine Knie und spreizten die Schenkel bis zum Anschlag. Unsere Leiber klatschten unablässig aufeinander. Ich warf den Kopf zurück, während mein ganzer Körper mit dem Bett im Rhythmus seiner wilden Stöße wippte. Ich spürte, dass bald mein Höhepunkt kommen würde. Doch plötzlich entfernte er seinen Phallus aus mir, packte mich und drehte mich auf den Bauch.

Hu! Ganz schön kräftig, dieser Elfe.

Bens Hände fuhren unter meine Hüfte und hoben sie an, als ich spürte, wie sich sein geschwollenes Glied nun von hinten unerbittlich seinen Weg zwischen meinen Labien hindurch ins Innere meiner Vagina bahnte. Er bohrte die Finger in meine Oberschenkel und presste meinen Unterleib seinem Penis entgegen, während er bei jedem Stoß laut aufstöhnte.

Erregt stimmte ich in sein Stöhnen mit ein. Jetzt beugte er sich nach vorne, um meine Brüste zu umfassen, während er mich mit ganzer Härte weiter in schnellen Stößen penetrierte. Das Bett ächzte bei jeder Bewegung und mein Körper wippte im Takt dazu, was sich für mich (dank des gesteigerten Ethanol-Spiegels in meinem Blut) anfühlte, als schaukelte ich auf meiner Unterlage wie in einem Boot bei hohem Seegang.

Noch immer klatschten sein Becken und seine Hoden gegen mein Hinterteil. Dann versteifte er sich plötzlich, stöhnte laut auf und ergoss sich in mir, beziehungsweise in das Kondom. Aber ich wollte noch nicht aufhören. Ich japste und versuchte, seine Bewegung nochmals in mir zu spüren, doch er zog sich aus mir zurück und legte sich schwer atmend auf die Seite.

Aber nein! Moment, ich bin noch nicht fertig …

Ich fühlte mich leer und unbefriedigt, ließ mich jedoch erschöpft ins Bett zurücksinken.

 

* * *

 

Das alles ist gerade mal einen Monat her doch von dem, was danach an diesem Abend geschah, fehlt mir jegliche Erinnerung. Ich weiß nur noch, dass ich am nächsten Morgen mit einem entsetzlichen Kater in diesem Hotelbett erwachte – allein.

Haie

Costa Rica

Meine tauben Gliedmaßen vollführen die Schwimmbewegungen inzwischen voll automatisiert, so als ob der Körper, der sie ausführt, nicht mehr zu mir gehören würde. Noch immer erscheint mir das Land viel zu weit entfernt, aber es kommt mir so vor, als ob ich nun langsam aber sicher darauf zutreiben würde. Die Sonne ist dem Horizont inzwischen so nahegekommen, dass ich zunehmend gegen die Angst ankämpfe, in dieser Wasserhölle auch noch in der Dunkelheit ziellos umherpaddeln zu müssen. Ich bewege mich mechanisch weiter im Auf und Ab der Wellen, die mich jetzt zum Glück etwas ruhiger wiegen.

Doch plötzlich stockt mir der Atem. Da ist etwas unter mir. Ein großer, dunkler Schatten taucht an mir vorbei. Ich halte erschrocken inne, paddle mit den Füßen und suche das Wasser ringsherum ab.

O Gott, das wird doch nicht etwa ein Hai sein? Das fehlte mir noch …

Da! Gleich zwei viel zu große Tiere umkreisen mich. Und dann entdecke ich auch noch ein drittes, es nähert sich und jetzt tritt seine gebogene Rückenflosse durch die Oberfläche. In meiner Panik schlage ich wild mit den Händen aufs Wasser ein.

Wie soll man sich nochmal verhalten bei Haien? Ach, ja. Keine Angst zeigen. Ha! Aber wie soll das denn gehen?

In meinem Kopf dreht sich alles und die Angst pumpt scheinbar literweise Adrenalin durch meinen Körper, sodass ich zittere und mit den Zähnen klappere.

Aber es hilft alles nichts, ich muss mich jetzt konzentrieren. Einen Lösungsweg finden, sonst bin ich verloren.