Gegenschatz - Leah M - E-Book

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Leah M

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Beschreibung

Eine prickelnd erotische Liebesgeschichte, voller Emotionen und Gegensätze

 

Als die Akademikerin Julia ihre neue Altbauwohnung bezieht, ist ihr zunächst nicht klar, dass nebenan der Sänger einer regionalen Rockband haust. Immer wieder erwacht sie von seinem nächtlichen Liebesspiel mit den Groupies, denn die Wände im Haus sind viel zu dünn ...

 

... Müde wälze ich mich von einer auf die andere Seite, aber an Schlaf ist nicht zu denken. Allein der Gedanke an die Birke vorm Haus bringt mich zum Niesen.

Verflixter Heuschnupfen!

...

Da ist es schon wieder, dieses Geräusch!

Wütend schnaube ich durch die verstopfte Nase. Das Auflachen einer Frau dringt durch die Wand zur Nachbarwohnung. Jemand stöhnt laut und dann höre ich das rhythmische Quietschen der Metallfedern eines antiken Bettrostes. Dieses Mal stöhnen gleich zwei Personen.

Warum, verflucht noch mal, habe ich die Wohnung bei der Besichtigung nicht auf Hellhörigkeit überprüft?

...

Ich drücke mir die Ecken des Kissens auf die Ohren, sodass ich meinen eigenen Atem wie ein rauschendes Echo in meinem Kopf wahrnehme. Doch die Geräusche von außen sind stärker. Jetzt folgen auch noch Schreie.

Mit einem Satz springe ich aus dem Bett. In der Dunkelheit halte ich Ausschau nach einem harten Gegenstand und bleibe an meinem dicken Wälzer über Mikrobiologie hängen. Ich schnappe mir das Buch und hämmere damit gegen die Wand. Für eine Sekunde herrscht Stille, dann höre ich ein weibliches Lachen und das Quietschen und Stöhnen setzt sich mit verstärkter Intensität fort. Schreie der Erregung erfüllen den Raum. Ich bin mir sicher, dass die beiden nun mit voller Absicht solchen Krach veranstalten. Wütend werfe ich mir den Bademantel über und stapfe in Hausschuhen zur Wohnungstür. Energisch reiße ich sie auf und knipse das Licht im Hausflur an. An der Tür meines Nachbarn angekommen, drücke ich den Klingelknopf, über dem ein Messingschild mit der Aufschrift Romeo prangt.

 

 

Der Roman enthält mehrere detailliert geschilderte erotische Szenen

FSK ab 18

 

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Leah M

Gegenschatz

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Gegenschatz

 

GEGENSCHATZ

 

 

Leah

 

 

Eine prickelnde Liebesgeschichte voller Emotionen und Gegensätze.

 

Inhalt

Als die Akademikerin Julia ihre neue Altbauwohnung bezieht, ist ihr zunächst nicht klar, dass nebenan der Sänger einer regionalen Rockband haust. Immer wieder erwacht sie von seinem nächtlichen Liebesspiel mit den Groupies, denn die Wände im Haus sind viel zu dünn …

 

!!ACHTUNG!!

Der Roman enthält mehrere detailliert geschilderte erotische Szenen

FSK ab 18

 

Romeo

An der Decke meines Schlafzimmers tanzen die Schatten der Äste im Licht der Straßenlaterne. Müde wälze ich mich von einer auf die andere Seite, aber an Schlaf ist nicht zu denken. Allein der Gedanke an die Birke vorm Haus bringt mich zum Niesen.

Verflixter Heuschnupfen!

Ich greife nach dem Stapel Taschentücher neben meinem Bett, putze mir die Nase und stopfe das gebrauchte Tuch zu den anderen in den Eimer. Aber nicht nur die gereizten Schleimhäute tragen die Schuld an meinem Wachzustand.

Da ist es schon wieder, dieses Geräusch!

Wütend schnaube ich durch die verstopfte Nase. Das Auflachen einer Frau dringt durch die Wand zur Nachbarwohnung. Jemand stöhnt laut und dann höre ich das rhythmische Quietschen der Metallfedern eines antiken Bettrostes. Dieses Mal stöhnen gleich zwei Personen.

Warum, verflucht noch mal, habe ich die Wohnung bei der Besichtigung nicht auf Hellhörigkeit überprüft?

Ich hatte mich auf Anhieb in diese hohen Zimmer mit dem Stuck an der Decke verliebt und hielt das Angebot für ein absolutes Schnäppchen. Geblendet von dem sanierten Altbau mit seinen großen, hellen Fenstern, dem neu gelegten Parkett und dem gemütlichen Erker, konnte ich den Mietvertrag gar nicht schnell genug unterzeichnen. Natürlich hatte mich der Makler nicht darauf hingewiesen, dass mein Nachbar nächtliche Sexorgien abhält und die Innenwände lediglich als Sichtschutz dienen. Zudem bin ich offensichtlich die einzige der vier Parteien, die dies zu stören scheint, denn mit der älteren Dame unter mir kann man sich trotz Hörgerät nur schreiend unterhalten und auch dann ist es fraglich, ob sie den Sinn meiner Sätze versteht. Die andere Wohnung im Erdgeschoss bewohnt eine Stewardess, die die meiste Zeit damit verbringt, um die Welt zu reisen. Außerdem hege ich den Verdacht, dass auch sie gerne mal meinem selbstverliebten Nachbarn nächtliches Vergnügen bereitet. Na gut, das ist reine Spekulation, aber Tatsache ist, dass ihr immer das Blut in die Wangen schießt, wenn sie ihn sieht.

Der Wind fährt durch die Zweige des Baumes vor meinem Fenster und das Schattenspiel an der Decke wirbelt wild durcheinander. Schon wieder kribbelt es in meiner Nase.

Weshalb wirkt dieses blöde Antiallergikum heute Nacht nicht?

Angeblich soll es auch noch müde machen, davon merke ich jedoch rein gar nichts. Noch immer fesseln das Stöhnen und Quietschen aus der Nebenwohnung meine Aufmerksamkeit. Erfahrungsgemäß muss ich es noch mindestens eine halbe Stunde ertragen, oft auch länger. Ich drücke mir die Ecken des Kissens auf die Ohren, sodass ich meinen eigenen Atem wie ein rauschendes Echo in meinem Kopf wahrnehme. Doch die Geräusche von außen sind stärker. Jetzt folgen auch noch Schreie.

Mit einem Satz springe ich aus dem Bett. In der Dunkelheit halte ich Ausschau nach einem harten Gegenstand und bleibe an meinem dicken Wälzer über Mikrobiologie hängen. Ich schnappe mir das Buch und hämmere damit gegen die Wand. Für eine Sekunde herrscht Stille, dann höre ich ein weibliches Lachen und das Quietschen und Stöhnen setzt sich mit verstärkter Intensität fort. Schreie der Erregung erfüllen den Raum. Ich bin mir sicher, dass die beiden nun mit voller Absicht solchen Krach veranstalten. Wütend werfe ich mir den Bademantel über und stapfe in Hausschuhen zur Wohnungstür. Energisch reiße ich sie auf und knipse das Licht im Hausflur an. An der Tür meines Nachbarn angekommen, drücke ich den Klingelknopf, über dem ein Messingschild mit der Aufschrift Romeo prangt.

Dieser eingebildete, bornierte Idiot nennt sich ROMEO, dabei weiß ich vom Briefkastenschild, dass sein bürgerlicher Name Marc Rothmann lautet.

Hinter der Tür vernehme ich laute Musik und Gelächter, aber keine Reaktion auf mein Läuten. Ich stehe mir die Füße in den Bauch, während meine Wut von Sekunde zu Sekunde weiter anschwillt. Ich klingle erneut Sturm und warte. Als wieder nichts geschieht auf der anderen Seite, bollere ich blindwütig gegen die Tür. Plötzlich fliegt diese jedoch mit solch einem Schwung auf, dass ich nach vorne kippe und meine geballte Faust eine nackte Brust trifft. Der Mann, der nur in Shorts vor mir steht und mich belustigt angrinst, ist mein Nachbar. Erschrocken weiche ich zurück und schüttele ein wenig verdattert meine Faust. Als die erste Schocksekunde verstrichen ist, setze ich die finsterste Miene auf, die mein viel zu nettes Gesicht hergibt. Das lässt das belustigte Grinsen meines Nachbarn allerdings nur noch breiter werden. Da wird die Musik innen plötzlich leiser und ich höre eine Frauenstimme: »Hey, Romeo, wer isn’ da?«

Noch immer lässig gegen den Türrahmen gelehnt, schaut Herr Rothmann lediglich über seine Schulter zurück, als er antwortet:

»Nur die Süße von nebenan, Baby. Bin gleich bei dir.«

Daraufhin wendet er sich wieder mir zu. Seine schulterlangen Haare bilden ein wildes Durcheinander. Ich weiß nicht, ob das Blauschwarz die natürliche Haarfarbe ist, aber es harmoniert verboten gut mit dem Blaugrau seiner Augen. Mit dem Dreitagebart wirkt er durch und durch männlich. Die Wut brodelt noch immer in mir, aber irgendwie finde ich nicht das richtige Ventil, sie entweichen zu lassen.

Wie soll ich meine Beschwerde über zu laute Geräusche während der sexuellen Vereinigung formulieren, ohne mich lächerlich zu machen?

»Ich kann nicht schlafen!«, beklage ich, als ich meine Stimme endlich wiederfinde. Es klingt vorwurfsvoll, aber längst nicht so kraftvoll und wütend, wie ich beabsichtigt hatte.

»Dann komm doch rein und feire mit uns, Baby. Mein Kumpel Tom hat noch Bedarf an Frischfleisch.«

Ich schnappe nach Luft über so viel Unverfrorenheit und bemühe mich, nicht rot anzulaufen.

»Ganz sicher nicht!«, fauche ich, als ich mich einigermaßen gefasst habe. »Ich muss morgen früh arbeiten und ich brauche meinen Schlaf.«

Marc hebt die Hand und streichelt mir zärtlich über die Wange.

»Du bist immer so verkrampft, Julia Schätzchen.«

Erschrocken über die sanfte Berührung und das Kribbeln, das über meine Haut rieselt, weiche ich zurück.

»Nennen Sie mich nicht Julia Schätzchen! Und wir sind auch nicht per Du, Herr Rothmann«, fahre ich ihn heiser an.

Es sollte giftig klingen, aber meine Stimme versagt kläglich.

Und wo kommt der blöde Frosch in meinem Hals plötzlich her?

»So wütend und ohne den braven Dutt wirkst du richtig sexy, Süße …«

Mein hellrotes Gesicht wechselt seine Farbe zu Tiefrot, als mir bewusstwird, wie wild und zerzaust meine langen, dunkelblonden Haare herabfallen.

»Romeo. Wir brauchen dich. Bist du bald fertig mit der Tuss?«, ruft eine Frau von drinnen und plötzlich erscheint eine halbnackte Blondine im Türrahmen zum Schlafzimmer.

Unwillkürlich fällt mein Blick auf ihre prall gefüllte, leicht hängende Brust. Im Zentrum der übergroßen Vorhöfe ragen zwei kakaobraune Nippel empor. Sie trägt einen engen roten Slip und schwarze Strapse mit Spitze. Obwohl es mir unangenehm ist, bringe ich es nicht fertig, meinen Blick von ihr zu lösen. Jetzt taucht ein komplett nackter Mann vor der Blondine auf und schmiegt sich schlängelnd an sie.

»Komm, Baby, bis der Romeo fertig ist mit der da, können wir beide doch noch mal …«

Ich blinzele fassungslos darüber, was die beiden schamlos direkt vor mir veranstalten. Er drückt sein Glied an ihrem Slip vorbei und dringt mit angewinkelten Knien in sie ein. Obwohl sich alles in mir dagegen sträubt, beginnt es in meiner Mitte heftig zu zucken. Der Mann wiegt ihre Brüste in den Händen und drückt sie dann leicht zusammen, sodass sie oben herausquellen. Seine Finger gleiten über den kakaobraunen Vorhof, bis er ihre Nippel zwischen Daumen und Zeigefinger einquetscht, um sie dann mit den Fingern zu massieren.

»He, Tom, lass das!«, beschwert sich die Frau und drückt ihn weg, sodass sein vor Feuchtigkeit glänzendes Glied wieder herausflutscht.

»Ich will endlich Romeo! Kapiert?«, faucht die Blondine ihn an.

Plötzlich wird mir bewusst, dass mich dieser Marc die ganze Zeit über beobachtet hat. Meine noch immer weit aufgerissenen Augen und die Hitze in meinen Wangen tragen sichtlich zu seiner Belustigung bei.

»Na, doch Lust bekommen, Süße? Wir beide könnten viel Spaß zusammen haben.«

Er fährt wieder zärtlich mit dem Handrücken über meine Wange. Ich ignoriere das Prickeln, das dort entsteht, und schlage seinen Arm fort, wobei ich noch einen weiteren Schritt zurückweiche. Ich sammle meine ganze restliche Wut und krächze erstickt:

»Ich muss schlafen! Wenn nicht gleich Ruhe herrscht, werde ich die Polizei rufen!«

Marcs blaugraue Augen lachen mich aus.

»… um ihr was zu erzählen?«

»Dass mein Nachbar nächtliche Orgien feiert, außerdem riecht es in seiner Wohnung nach Marihuana.«

Ich weiß, dass ich ihn damit kriege, denn auch wenn die Polizei über die Orgien vielleicht noch lacht, Letzteres findet sie sicherlich weniger lustig.

»Entspann dich, Süße …«

Er steht immer noch lässig vor mir, aber wenigstens ist das Grinsen erloschen.

»Wir wollen nur Spaß haben. Komm einfach rein und feiere mit uns. Es wird dir gefallen.«

Marc deutet einen Kuss an, tritt vor und ergreift meine Hand. Die Berührung elektrisiert mich und setzt meinen gesamten Körper unter Strom. Entsetzt reiße ich mich los.

»Nicht in diesem Leben!«, schimpfe ich, teils auch aus Zorn über mich selbst, beziehungsweise die Reaktion meines Körpers.

»Und Sie sollten sich schämen, sich als erwachsener Mann wie ein unreifer Teenie zu benehmen. Wie alt sind Sie überhaupt? Vierzehn? Fünfzehn? Dass Ihnen das nicht peinlich ist …«

Ich hole tief Luft. Am liebsten hätte ich ihm jetzt noch eine ganze Palette an vulgären Schimpfwörtern an den Kopf geworfen, aber das ist unter meinem Niveau. Dieser Wutausbruch war schon längst überfällig, denn die in mir angestauten Aggressionen mussten endlich einmal rausgelassen werden. Leider scheint das Marc überhaupt nicht zu beeindrucken. Im Gegenteil: Er scheint sich köstlich zu amüsieren. Und nun sieht er mich auch noch lüstern an, während er sich mit der Zungenspitze über seine Oberlippe fährt. Ich werfe ihm meinen allerfinstersten Blick zu, drehe mich auf dem Absatz meiner Hausschuhe um und verschwinde wieder in meiner Wohnung.

Ich schlage die Tür hinter mir zu, atme tief durch und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Mein Puls rast noch immer von der Aufregung.

Dieser arrogante Schnösel!

Ich schätze Herrn Rothmann auf etwa dreißig Jahre, also meine Altersklasse.

Aber er verhält sich wie ein pubertärer, schwanzgesteuerter Penner, denke ich noch immer grollend.

Zum Glück herrscht jetzt Ruhe nebenan. Für alle Fälle schlurfe ich dennoch ins Bad und krame die Ohrstöpsel heraus. Darauf hätte ich auch viel eher kommen können, aber mit den Dingern im Ohr schläft es sich nicht besonders gut, außerdem darf ich den Wecker am nächsten Morgen nicht überhören. Ich kehre wieder ins Schlafzimmer zurück, lege die Ohrstöpsel griffbereit auf den Nachttisch, schäle mich aus dem Bademantel und schlüpfe ins Bett.

Von nebenan ist eine gedämpfte Unterhaltung und leises Kichern zu hören. Darüber kann ich mich eigentlich nicht beschweren, aber ich bin noch zu aufgewühlt, um zur Ruhe zu kommen. Eine geschlagene halbe Stunde kreisen meine Gedanken um die Szenen von vorhin, bis ich endlich einschlafen kann.

 

Um sechs Uhr morgens weckt mich mein Radiowecker mit dem Song Today’s the day von Pink.

Na, mal sehen, was dieser Tag so bringt …

Verschlafen strecke ich mich und steige langsam aus dem Bett. Sofort erinnere ich mich wieder an die nächtliche Begegnung mit Marc Rothmann. Ich spiele mit dem Gedanken, mich für die Ruhestörung zu rächen, indem ich morgendlichen Krach veranstalte, der diesen Herrn Rothmann aus dem Bett treibt. Aber da ich überhaupt keine Lust auf einen Nachbarschaftskrieg habe, in dem sich am Ende die beiden Parteien mit Pistolen duellieren, verwerfe ich diese reizvolle Idee wieder. Ich öffne das Fenster, um die frische Morgenluft einzuatmen, was ich sofort wieder bereue, als ich von einem heftigen Niesanfall heimgesucht werde.

Verflixte Birke!

Auch daran hätte ich bei der Auswahl der Wohnung denken sollen. Aber als ich einzog, war es Winter gewesen und das Thema Heuschnupfen hatte ich so weit verdrängt, dass ich den Baum vorm Haus völlig ignoriert habe. Mit einer Ladung Spray verschaffe ich meiner Nase wieder eine Passage für die Atemluft. Meine Augen versehe ich mit antiallergischen Tropfen. Danach fühle ich mich endlich wieder wie ein normal atmender und sehender Mensch. Die Birke mit bösen Blicken strafend, lehne ich mich aus dem Fenster.

Unten stehen mehrere Autos am Straßenrand. Direkt hinter meinem blauen Kleinwagen parkt der sanierungsbedürftige Oldtimer meines Nachbarn, keine Ahnung, welche Marke sich dahinter verbirgt, aber Motorhaube und Kofferraum hat jemand übermäßig in die Länge gezogen. Gegen dieses goldene Schiff sieht mein eigenes Fahrzeug jedenfalls wie ein Spielzeugauto aus. Außer einer älteren Dame mit Pudel sind noch keine Leute unterwegs. Für diese Uhrzeit ist es relativ warm draußen und am Himmel ist neben dem schmalen Kondensstreifen eines Flugzeuges nicht ein einziges Wölkchen zu sehen.

Das wäre ein perfekter Tag, um mal wieder mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren, denke ich.

Etwas Sport würde mir sicherlich guttun. Wie jeden Morgen knote ich meine langen Haare zu einem festen Dutt, denn auf der Arbeit herrschen strenge Hygienevorschriften. Ich schlinge rasch mein Frühstück hinunter und schlürfe den heißen Kaffee. Wenn ich mit dem Rad fahre, muss ich mich beeilen, da ich natürlich länger brauche, als mit dem Auto. Ich packe die nötigsten Sachen in meine Tasche, welche ich nachher auf dem Gepäckträger verstauen werde. Über das lange blaue Sommerkleid ziehe ich eine Strickjacke, dann laufe ich die knarrende Holztreppe hinunter bis in den Keller. Dort steht mein geliebtes Mountainbike in einem Verschlag. Viele Radtouren habe ich damit schon unternommen. Sogar in den Pyrenäen bin ich auf verlassenen Straßen durch malerische Landschaften geradelt. Am besten hat mir aber die Tour durch Irland gefallen, auf unglaublich hohen Klippen mit einer atemberaubenden Sicht über das Meer unter dem Geschrei der Möwen die schmalen Trampelpfade entlangzufahren, war ein unvergleichliches Erlebnis. Damals war ich auch noch mit Nick zusammen gewesen. Wir hatten die Tour gemeinsam geplant und durchgeführt – der schönste und romantischste Urlaub meines Lebens. Der Gedanke an Nick lässt Wehmut und Verbitterung gleichsam in mir aufkeimen.

Nein, ich will jetzt nicht an ihn denken.

Ich habe mein Rad inzwischen die Treppen hinauf bis zur Straße getragen und schwinge mich auf den schmalen Sattel. Sofort fühle ich mich eins mit dem Rad und die Pedale drehen sich federleicht unter meinen Füßen. Ich sauge den Fahrtwind ein, der mein Kleid oben eng an meinen Körper schmiegt und unten im Luftzug flattern lässt – sicherlich trage ich nicht das passende Outfit für ein Mountainbike – aber das ist mir egal.

Das Labor meiner Arbeit liegt etwas außerhalb der Stadt im Industriegebiet, deshalb fahre ich zunächst aus der Stadt heraus, dann folge ich dem Radweg, der sich parallel zur Landstraße an Feldern und Waldinseln vorbeizieht. Ich erreiche eine Anhöhe und erblicke auf der anderen Seite auch schon meine Firma: Ganz in Weiß mit langen Reihen großer Fenster bildet das vierstöckige Gebäude die Form eines U. Auf dem Dach prangt der mannshohe Schriftzug »BioYTec«. Ich lasse mich den Abhang hinunterrollen, folge der sich den Berg hinabwindenden Straße, bis ich vor der Firma anlange. Dort schließe ich das Rad an dem dafür vorgesehenen Stellplatz ab.

Mit meinem Chip verschaffe ich mir Zugang zum Gebäude und steige die Treppen hinauf bis zu meinem Labor. Genau genommen ist es nicht nur mein Labor, denn wir arbeiten hier in einem Team von acht Personen. Wir verstehen uns alle gut und sind per Du – inklusive meinem Chef Simon Mauser.

Heute bin ich die erste. Zunächst wasche ich mir gründlich die Hände und schlüpfe dann in meinen weißen Kittel, der im Spint für mich bereit hängt. Bei der Arbeit mit Mikroorganismen ist Hygiene oberstes Gebot. Ich hole meine Bakterienkulturen aus dem Brutschrank, setze mich ans Mikroskop und beginne mit der Klassifizierung. Plötzlich zucke ich erschrocken zusammen, als sich eine warme Hand auf meine Schulter legt. Ich fahre herum und blicke in das Gesicht meines Teamchefs. Er ist ein gutaussehender Mann mit rotblondem Haar und stahlblauen Augen. Meine Eltern würden ihn wegen seiner akademischen Ausbildung und seinem Vermögen als eine passable Partie bezeichnen. Ich mag ihn, aber es kribbelt nicht.

»Du bist früh dran, Julia. Hast du schlecht geschlafen?«

Wie kommt er denn darauf? Sehe ich etwa fertig aus?

»Ich habe tatsächlich nicht so gut geschlafen, bin aber früher dran, weil es heute mit dem Fahrrad einfach schneller ging, als ich dachte. Sieht man mir das an, dass ich schlecht geschlafen habe?«

»Nein, nein, keine Sorge, du siehst blendend aus. Wie immer …«

Simon strahlt mich an.

Hoppla. Flirtet er etwa mit mir?

»Danke«, antworte ich verlegen.

»Was ich dich fragen wollte … hast du Lust, mit mir heute Mittag essen zu gehen?«

Ich habe mich also nicht getäuscht, es war ein Flirtversuch. In meinem Kopf wäge ich ab. Ich mag ihn und eigentlich ist nichts dabei, wenn wir Essen gehen. Außerdem ist er eine gute Partie und vielleicht entwickelt sich ja noch mehr von meiner Seite. Andererseits könnte es schlechte Stimmung im Team verursachen, wenn ich etwas mit dem Chef anfange und falls er dann mehr will, als ich zu geben bereit bin, verkompliziert sich dadurch das Arbeitsverhältnis.

»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist, Simon«, antworte ich schließlich.

»Keine Angst, ich will dich nicht gleich vernaschen, es handelt sich lediglich um ein Essen.«

Ich erröte bei dem Wort vernaschen.

Als ob ich daran gedacht hätte. Aber vielleicht denke ich tatsächlich zu kompliziert.

»Also gut. Wo wollen wir denn hingehen?«

»Ich dachte ans Balducci. Magst du italienisches Essen?«

Ich nicke. Das Balducci klingt vernünftig – ein gutes aber nicht zu abgehobenes Restaurant ganz in der Nähe.

»Gut, dann treffen wir uns einfach um halb zwölf an meinem Auto in der Tiefgarage, abgemacht?«, fragt er und kann nur mit Mühe das Strahlen aus seinem Gesicht fernhalten.

»Okay.«

Offensichtlich möchte Simon genau wie ich vermeiden, dass die anderen Mitarbeiter etwas von unserer Verabredung bemerken. Er zieht sich wieder in sein Büro zurück und ich widme mich meinen Bakterien.

 

Es herrscht bereits reges Treiben im Labor, als mich Simon zwei Stunden später zu sich winkt.

»Telefon für dich, Julia!«

Verwundert betrete ich sein Büro.

Wer ruft mich denn heute auf der Arbeit an?

Mein Handy habe ich ausgeschaltet, weil es nicht erwünscht ist, diese Geräte während der Arbeitszeit zu verwenden. Simon reicht mir den Hörer.

»Julia Graf. Hallo?«

»Hey Julia!«

Oh nein.

Diese Stimme erkenne ich sofort. Es ist meine jüngere Schwester Tamara.

»Was fällt dir ein, mich auf der Arbeit anzurufen?«, fahre ich sie wütend an.

»Na ja, wenn ich dich zu Hause anrufe, gehst du ja nicht ran oder legst gleich wieder auf, bevor ich nur Piep sage.«

»Das wundert dich doch nicht wirklich, oder? Bei dem, was du dir geleistet hast …«

»Ich hab mich doch schon zig tausendmal entschuldigt. Und außerdem hat sich Nick …«

Wütend knalle ich den Hörer auf die Gabel. Ich will mir gar nicht weiter anhören, welchen Mist sie von sich gibt. Unwillkürlich tauchen die Bilder vor meinem geistigen Auge auf, die ich dachte, erfolgreich verdrängt zu haben. Doch jetzt spüre ich, wie die alten Wunden aufreißen und erneut zu bluten beginnen. Nick war meine erste und einzige große Liebe. Mit ihm wollte ich alt werden und eine Familie gründen. Er vereinigte alles, was ich mir wünschte: Er war warmherzig, gebildet, unternehmungslustig, gutaussehend, sportlich und fleißig. Das einzige Manko an ihm stellte ich erst fest, nachdem ich ihn dabei überraschte, wie er es mit meiner Schwester in den Büschen trieb. Ich joggte durch den Stadtpark, als ich glaubte, meine Ohren nicht zu trauen: Durch eine Hecke drangen die eindeutigen Stöhngeräusche von zwei Menschen, die sich miteinander lustvoll vergnügen.

Mitten im Park?

Das Pärchen liebte sich nur verdeckt von einer brusthohen Buchsbaumhecke. Beim vorbeirennen versuchte ich, nicht in die entsprechende Richtung zu schauen, doch während ich mich darin übte, stur geradeaus zu starren, durchzuckte mich der Klang einer nur allzu bekannten männlichen Stimme wie ein Stromstoß:

»Ja, Baby! Du bist so ultraheiß …«

Wie ein rasiermesserscharfes Schwert stachen diese Worte in mein Herz, exakt die Worte, die Nick im Liebesspiel auch bei mir pausenlos von sich gegeben hatte. Ich erstarrte mitten im Lauf. Das Blut pulsierte hörbar durch meinen Leib. Wie in Zeitlupe schlich ich zur Hecke. Ich wusste, dass ich nicht sehen wollte, was ich wahrscheinlich gleich erblicken würde, aber ich konnte nicht anders. Eine unsichtbare Macht zog mich vorwärts. Das Stöhnen dröhnte in meinem Kopf und mein ganzer Körper zitterte, als ich über die Hecke spähte: Tamara lag auf einer Wolldecke. Den Kopf nach hinten gelegt, stöhnte sie mit weit geöffnetem Mund. Ihr Leib wippte auf und ab von den Stößen des Mannes über ihr: kein Zweifel, es war Nick. Die halb heruntergelassene Shorts gab seine Pobacken frei. Er lag zwischen Tamaras weit gespreizten Schenkeln und trieb sein Glied unablässig in sie hinein. Unfähig zu einer Reaktion, starrte ich wie betäubt auf die beiden herab. Meine Schwester hob ihre Schenkel und winkelte die Beine an, um ihn tiefer in sich aufzunehmen. Ihre Hände krallten sich in seine Schultern. Ich stand da wie festgefroren. Nicks lüsterne Bewegungen und jedes einzelne Stöhnen versetzen mir einen scharfen Schnitt in mein blutendes Herz. Dabei zusehen zu müssen, wie meine große Liebe meine jüngere Schwester begattete, war schlimmer als jeder Albtraum. Mit einem Mal löste sich alles in ätzender Schwefelsäure auf, was ich mir für die Zukunft ausgemalt hatte.

Es war, als stünde ich plötzlich vor dem absoluten Nichts, welches sich am Abgrund einer hohen Klippe vor mir auftat. Nick legte seinen Kopf in den Nacken und sein ganzer Körper erbebte, als er sich in ihr ergoss. Tamara riss die Augen weit auf und schrie – nicht vor Erregung, sondern weil sie mich entdeckt hatte. Das rief die Lebensgeister wieder in mir wach. Ich wartete nicht auf eine Reaktion der beiden, wollte mir weder irgendwelche Entschuldigungen oder fadenscheinigen Ausflüchte antun, sondern rannte los, als wäre mir Graf Dracula persönlich auf den Fersen. Ich musste nur noch weg von hier, weit weg.

Ein Date

Plötzlich legt sich eine Hand auf meine Schulter und reißt mich aus den Gedanken. Ich fahre erschrocken herum und blicke in Simons besorgtes Gesicht.

»Alles in Ordnung, Julia? Du wirkst blass.«

Ich schüttele mich, als könnte ich dadurch die Bilder aus meinem Kopf vertreiben.

»Es geht schon. Danke.«

»War das deine Schwester am Apparat?«

»Sie ist nicht mehr meine Schwester«, entgegne ich verbittert.

»Oh. Sie hat dich verletzt?«

Ich nicke.

»Eigentlich möchte ich nicht darüber reden.«

»Verstehe. Aber manchmal hilft Reden. Wenn du ein offenes Ohr brauchst, ich bin für dich da.«

»Danke dir, Simon. Vielleicht werde ich darauf zurückkommen.«

Ich bin wirklich gerührt über Simons Anteilnahme, doch bin ich mir noch nicht im Klaren darüber, wie nahe ich ihn an mich heranlassen möchte. Zu viele persönliche Dinge mit seinem Vorgesetzten zu teilen, könnte mir irgendwann zum Verhängnis werden. Außerdem ist er erst vor ein paar Wochen in unser Team eingestiegen und wir kennen uns noch nicht besonders lange.

»Sollte meine Schwester nochmals hier auf der Arbeit anrufen, kannst du ihr das bitte verbieten?«

»Ich weiß zwar nicht, worum es geht, aber mein Gefühl sagt mir, dass es falsch ist, nicht wenigstens mit ihr zu reden. Doch wenn du darauf bestehst, dann mache ich das natürlich.«

»Ich werde auf gar keinen Fall mit ihr sprechen«, beharre ich stur.