Die Natur der Liebe - Leah M - E-Book

Die Natur der Liebe E-Book

Leah M

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Beschreibung

Erotischer Liebesroman der tiefen Gefühle, angereichert mit spannungsgeladenen Momenten

 

Die Biologiestudentin Tessa engagiert sich in der Ökobewegung Protesta gegen den Bau eines Bürogebäudes im nahegelegenen Naturschutzgebiet. Als sie jedoch beim Speed-Dating einen geheimnisvollen Mann kennenlernt, gerät sie zunehmend in Loyalitätskonflikt zu ihren Genossen.

 

... Er tritt durch die geöffnete Tür, bleibt jedoch im Rahmen stehen. Ich ziehe die heruntergerutschte Decke rasch bis zum Hals hinauf, nicht nur, um eine Blöße zu verbergen, sondern auch als eine Art Schutzwall. Taylor lehnt gegen den Türpfosten und sieht mich an.

»Wie geht es dir, Rose?«, fragt er mit ehrlicher Besorgnis in der Stimme.

Meine Eingeweide ziehen sich zusammen und unbändige Wut steigt in mir auf. Mein erster Impuls ist es, aus dem Bett zu springen und zornig auf ihn zuzustürzen, doch da ich das unmöglich in meiner ganzen Nacktheit zelebrieren will, bleibe ich sitzen, dafür schleudern ihm meine Augen vernichtende Blitze entgegen.

»Sie widerwärtiger …«

Im Kopf gehe ich die schrecklichsten Schimpfwörter durch, aber vor lauter Aufregung fällt mir einfach kein passendes ein. Taylors Mundwinkel zucken leicht nach oben, was den Zorn in mir weiter anheizt. 

Verächtlich schnaubend balle ich eine Hand zur Faust, während die andere die Bettdecke fest gegen mein Dekolletee presst.

...

 

 

 

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Leah M

Die Natur der Liebe

BookRix GmbH & Co. KG81371 München

Die Natur der Liebe

 

Die Natur der Liebe

 

 

Leah

 

 

Spannender Liebesroman mit viel Gefühl und einem Touch Erotik

 

Inhalt

Die Biologiestudentin Tessa engagiert sich in der Ökobewegung Protesta gegen den Bau eines Bürogebäudes im nahegelegenen Naturschutzgebiet. Als sie jedoch beim Speed-Dating einen geheimnisvollen Mann kennenlernt, gerät sie immer mehr in Loyalitätskonflikt zu ihren Genossen.

 

 

-ACHTUNG-

Der Roman enthält mehrere detailliert geschilderte erotische Szenen

FSK ab 18

 

Protesta

Alle reden wild durcheinander und der Raum ist erfüllt von Wut und Aggression.

Ich selbst stehe neben Daniel auf dem Podium, das lediglich aus einem großen Tisch besteht, und lasse meinen Blick über die aufgebrachte Menschenmenge schweifen. Einige schleudern die geballte Faust in die Höhe, andere johlen und rufen Parolen. Adrian und Salina, zwei Studenten aus meinem Semester, haben sich direkt vor dem Podium postiert und diskutieren erhitzt miteinander. Um den Hals tragen sie beide, genau wie die meisten anderen in der Menge, eine lederne Kette mit einem grünen Baum als Anhänger: das Erkennungszeichen unserer Bewegung. In dem für rund siebzig Leute viel zu engen Saal ist es laut und stickig. Als Daniel wieder das Wort ergreift, geht das Grölen der Menge in ein wirres Getuschel über.

»Wir konnten inzwischen in Erfahrung bringen, wer für den Bau der Büroanlage verantwortlich ist. Dank Tessas Recherche wissen wir nun endlich, wer dahintersteckt.«

Klatschen und Jubelschreie erfüllen den Saal. Einige der Anwesenden rufen begeistert meinen Namen. Daniel schlingt einen Arm um meine Hüfte und schiebt mich vor sich, damit ich das Wort übernehme. Ich schlucke die Nervosität herunter und räuspere mich. In dem Augenblick, als ich neue Atemluft tief in meine Lungen sauge, um mit meiner Rede zu beginnen, durchflutet mich eine innere Stärke, die meiner Stimme Kraft und Ausdruck verleiht.

»Liebe Genossen von Protesta«, rufe ich in die Menge. »Ich muss euch heute mitteilen, dass der Feind ganz hier in unserer Nähe sitzt und sein Name lautet TRENTRADE!«

Buh-Rufe und Grölen lassen den Saal förmlich erzittern. Trentrade ist die größte der ansässigen Firmen in unserer Stadt und unser Feind Nummer eins, wenn es um Naturschutz geht. Da das Unternehmen der Stadt aufgrund seines beachtlichen Umsatzes große Summen an Gewerbesteuer einbringt, ist man in der hiesigen Verwaltung nur allzu gerne bereit, jeglichem Expansionswillen der Firma nachzugeben – ohne Rücksicht auf ökologische Belange. Wir konnten in Erfahrung bringen, dass das beliebte Naherholungs- und Naturschutzgebiet, welches an das Hauptgebäude der Firma angrenzt, einem gigantischen Bürokomplex weichen soll. Da diese idyllische Waldlandschaft auch zu meinen Lieblingsorten gehört, bringt mich die Vorstellung, dass dort bald Bagger und Kräne die märchenhaft zugewachsene Natur umgraben werden, schier um den Verstand. Aus diesem Grund teile ich die gleiche brodelnde Wut mit der Menge vor dem Podium.

»Und …«, rufe ich, die Stimme anhebend. Ganz bewusst lege ich eine Pause ein, um die Spannung zu erhöhen. »… wir kennen den Namen der Person, die diese Firma leitet und die die mehrheitlichen Anteile an ihr hält. Mit anderen Worten, die Person, die sich zum Gott über unsere Stadt erhebt und beinahe diktatorisch über ihr Schicksal gebietet.«

Nach dem Lärm, der gerade eben noch den Raum erfüllt hatte, dröhnt das gespannte Schweigen des Publikums nun förmlich in meinen Ohren. Unvermittelt beende ich meine rhetorische Pause und mit erhobener Faust schreie ich in die Menge, sodass einige sogar erschrocken zusammenzucken: »Es ist kein Geringerer als Taylor W. Blank, der Eigentümer und Vorsitzende der Trentrade-AG.«

Die Schockpause geht in wütendes Geschrei über, bis ich fortfahre: »Er hat führende Verwaltungsangestellte überredet, das Maiwald-Naturschutzgebiet für den Bau freizugeben. Und wir wissen doch alle, was in diesem Fall überredet in Wirklichkeit bedeutet …«

Schrille Pfiffe bestärken mich in meinem Unmut.

Jetzt tritt Daniel wieder vor und fährt mit der Rede fort: »Wir konnten in Erfahrung bringen, dass am Montag in zwei Wochen die ersten Bäume gefällt werden sollen. Nun liegt es an uns, die ganze Stadt darüber zu informieren, dass an diesem Tag unser märchenhafter Maiwald der Vernichtung geweiht ist. In mehreren hundert Jahren gewachsene Bäume werden den Forstfahrzeugen zum Fraß vorgesetzt. Liebe Genossen, gebt es allen weiter! Verbreitet die Nachricht, wo ihr nur könnt und ruft die Leute auf, das Gebiet zu besetzen und vor den Baggern zu beschützen«, ruft Daniel pathetisch. »Liebe Genossen, wir müssen Himmel und Hölle in Bewegung setzen, damit an diesem Tag möglichst alle Einwohner unserer Stadt Sitzblockaden bilden und Bäume besetzen. Nur mit vereinten Kräften wird es uns gelingen, diesem Machtapparat die Stirn zu bieten.«

Jubelnder Beifall erfasst die Menge.

»Diesem Blank sollte man mal eine ordentliche Abreibung verpassen«, brüllt jemand dazwischen.

»Nein! Wenn wir zu weitgehen, stempeln sie uns als simple Kriminelle ab und nehmen unser Anliegen nicht mehr ernst«, widerspricht Daniel dem Zwischenrufer.

»Ein Brandsatz in seiner Villa, wenn er in seinem Bettchen döst, würde das Problem sicher effektiv lösen«, krakeelt ein anderer.

»Halt die Klappe, Tom! Du stachelst hier niemanden zu Mordanschlägen auf, klar?!«, schimpft Daniel.

»Klar Chef …«, entgegnet der junge Student mit einer geballten Ladung Ironie.

Die lauten Diskussionen, die nun losbrechen, dröhnen mir in den Ohren. Mit einem schrillen Pfiff verschafft sich Daniel wieder Gehör.

»So, geht jetzt nach Hause und überlegt euch, wie ihr weitere Baumbesetzer für uns gewinnen könnt. Ich sehe euch dann im Naturschutzgebiet am Montag in zwei Wochen.«

Laut schimpfend und weiter wild diskutierend verlassen die Leute, bei denen es sich zum Großteil um junge Studenten handelt, den Saal. Zurück bleiben Daniel, Uwe, Adrian und ich. Daniel schließt die Tür und wir vier hocken uns zur Beratung gemeinsam auf den großen Tisch.

»Was können wir sonst noch unternehmen? Eine Protestaktion wird sicherlich nicht ausreichen. Wir werden uns nicht ewig an die Bäume ketten können und irgendwann werden sie wiederkommen«, beginnt Uwe unsere private Unterredung.

Genau wie wir alle hockt er in T-Shirt und Jeans im Schneidersitz und blickt mit seinen stahlblauen Augen grimmig in die Runde.

»Wie wäre es, wenn wir uns diesen Blank mal persönlich vornehmen, sobald er seine gepanzerte Luxuslimousine verlässt? Schließlich haben wir ja schon herausgefunden, wo das sein wird. Die Vögel zwitschern von den Bäumen, dass der Bonze jeden Donnerstag sein Lieblingsrestaurant besucht. Dort gibt es keine Tiefgarage, in der er sich vor unserem Zugriff verschanzen könnte, deshalb wäre er nach dem Aussteigen leichte Beute für uns«, schlägt Adrian vor.

Als zweieiiger Zwillingsbruder von Uwe sieht er diesem zwar nicht zum Verwechseln ähnlich, die Verwandtschaft ist jedoch deutlich erkennbar. Die blonden Haare tragen beide halblang im gleichen Schnitt und ihre stahlblauen Augen scheinen wie Laserschwerter selbst Mauern durchdringen zu können.

»Und was genau soll das bringen?«, frage ich mit gerunzelter Stirn.

»Wir zwingen ihn, seine Meinung zu ändern«, entgegnet Adrian bestimmt. »Zumindest könnte das diesen selbsternannten Diktator von seinem Thron runterholen und er merkt, dass er nicht alles mit uns machen kann.«

Mir ist nicht wohl dabei, obwohl mir die Idee aber im Prinzip gefällt.

Soll dieser Schnösel in seinem Elfenbeinturm ruhig einmal merken, dass er nicht wie ein Gott über diese Stadt herrschen kann.

Auf der anderen Seite kann ich mir nicht so recht vorstellen, wie sich eine derartige Aktion wirkungsvoll durchführen lässt.

»Und was stellst du dir da vor? Schlagstöcke oder Drohungen mit einem Gewehrlauf an der Schläfe?«, frage ich mit kritisch verengten Augen.

»Glaubt ihr ernsthaft, dass das so leicht wäre? Leute wie der haben doch immer irgendwo eine Leibgarde postiert, die ihm sofort zu Hilfe eilt und Kleinholz aus uns macht«, unterstreicht Daniel meine Zweifel.

»Wir könnten ihn entführen«, wirft Adrian dazwischen.

»Sagt mal spinnst du?!«, ruft Daniel. »Eine Entführung ist zehn Nummern zu groß für uns. Das geht am Ende nur nach hinten los. Wir landen hinter Gittern, dieser Blank hat freie Hand und ein gutes Argument gegen die kriminellen Naturschützer.«

»Ob ihr mitmacht oder nicht, ich werde diesem feinen Pinkel am Donnerstag auflauern. Mir doch egal, wenn er seine Hunde auf mich hetzt, dann kommt die Sache vielleicht in die Presse und wir stehen auf der Titelseite. Das macht jedenfalls mehr Wirbel, als dem Typen lieb sein kann«, widerspricht Adrian.

»Aber was ist mit Daniels Argument, dass man uns dann in die Schublade der primitiven Kriminellen steckt und es gar nicht mehr um unsere Sache geht?«, werfe ich ein.

»Wir outen uns einfach nicht als Protesta, sondern verpassen ihm eine kräftige Abreibung, um ihn zu demoralisieren, ihm zu zeigen, dass nicht alle Bürger seine Alleinherrschaft über diese Stadt kampflos hinnehmen«, hält Uwe dagegen.

»Wenn wir uns nicht zu erkennen geben, geht es doch erst recht nicht um unsere Sache«, gebe ich wieder zu bedenken.

»Wir können ihm ja eine Drohung zuflüstern, ohne uns als Protesta-Genossen zu outen«, schlägt Uwe vor.

»Ganz gleich wie wir uns zu erkennen geben, wenn ihr mich fragt, hat dieser Blank in jedem Fall eine Abreibung verdient, vollkommen egal, welche Botschaft er dabei mitnimmt«, sagt Adrian grimmig.

»Das ist doch Unsinn. Eine Botschaft müssen wir ihm auf jeden Fall mitgeben. Aber wenn sich dieser Typ bedroht fühlt, dann lässt er sich sicherlich leichter von unserer Sache überzeugen«, stimmt Daniel schließlich zu. »Also lauern wir ihm auf, verpassen ihm einen kräftigen Schlag und flüstern ihm ein, dass er in Zukunft seine Finger vom Maiwald zu lassen hat.«

Zu diesem Vorschlag nicken wir alle einvernehmlich, auch wenn mir nicht ganz wohl bei der Sache ist. Gewalt gegen einen Menschen habe ich noch nie angewandt, aber allmählich weiß ich mir nicht mehr anders zu helfen. Es ist noch kein halbes Jahr her, dass wir vergeblich gegen die Trockenlegung des Marienfelder Auwaldes gekämpft haben. Unzählige Frösche, Lurche, Libellen und viele bedrohte Tierarten haben ihren Lebensraum verloren, weil der wunderschöne Schilfwald einfach zugeschüttet wurde. Besonders getroffen hat mich das Fällen der malerischen Weiden, völlig frei von Ehrfurcht für den Wert dieser uralten Bäume.

»Wer von euch ist dabei?«

Wir heben alle den Arm. Ich brauche mir nur das trostlose Bild des Marienfelder Auwaldes vor Augen zu führen, dann bin ich zu jeder Schandtat bereit, weil ich einfach keinen anderen Weg sehe, diese Bonzen da oben zu stoppen, die jegliches Gefühl für die Natur verloren zu haben scheinen.

»Dann abgemacht, wir treffen uns um halb zwölf unauffällig in der Nähe dieses Nobel-Italieners und wenn Blank seine dicke Limousine vor dem Schuppen parkt, schlagen wir zu. Ich hab zu Hause noch einen Baseballschläger liegen, der verstaubt schon allmählich«, erklärt Uwe.

»Sollen wir uns maskieren?«, frage ich.

»Wenn wir da vermummt herumlaufen, lassen sie uns garantiert nicht mal in seine Nähe, aber vielleicht können wir uns kurz vor dem Überfall eine Mütze tief ins Gesicht ziehen. Nehmt auf jeden Fall irgendetwas Unauffälliges mit«, antwortet Daniel. »Gibt es sonst noch was zu klären?«

Wir schütteln den Kopf.

»Dann bis Donnerstag, Ladies«, scherzt Uwe und wendet sich zum Gehen.

Adrian steigt vom Tisch und verschwindet ebenfalls aus der Tür. Als auch ich vom Tisch herabklettere, greift Daniel nach meinem Arm.

»Tessa, warte …«, sagt er sanft. »Das hast du perfekt gemacht mit deiner Rede.«

Seine großen grauen Augen mustern mich eindringlich. Er trägt die rotblonden Haare heute zurückgekämmt und der Duft eines neuen Aftershaves steigt mir in die Nase. Das hatte ich zuvor gar nicht bemerkt, aber wahrscheinlich lag es an dem Trubel und dem stickigen Raum, dass mir das entgangen war.

»Danke«, antworte ich leicht verlegen.

»Hast du Lust, noch was mit mir trinken zu gehen?«

Ups, ist das die Aufforderung zu einem Date?

Daniel ist ein durchaus attraktiver, und soweit ich beurteilen kann, potenter Mann, aber aus der Perspektive möglicher Partner habe ich ihn bisher nie betrachtet. Wir kennen uns schon lange und haben gemeinsam die Protesta-Bewegung ins Leben gerufen, aber unter diesem neuen Aspekt nehme ich ihn jetzt zum ersten Mal genauer unter die Lupe. Die Sommersprossen, welche Nase und Wangen bevölkern, nehmen seinem maskulinen Gesicht etwas an Strenge und das Lächeln, das seine Lippen umspielt, wirkt nicht unattraktiv. Aber obwohl ich einem Date nicht gänzlich abgeneigt bin, habe ich heute definitiv keine Zeit dafür.

»Sorry, Daniel, ich habe morgen meine Diplomprüfung in Botanik und noch einen riesigen Berg zu lernen. Eigentlich hätte ich heute auch gar nicht hier sein dürfen. Aber vielleicht ein anderes Mal, okay?«

Wenn ich ihn enttäuscht habe, dann überspielt er das perfekt.

»No problem, Tessa. Schön, dass du trotzdem heute bei uns warst. Sehe ich dich dann am Donnerstag?«

»Natürlich komme ich. Den Typen will ich mir nicht entgehen lassen.«

Ich hebe die Hand für einen Abschiedsgruß, doch Daniel greift danach, führt sie an seinen Mund und küsst sie übertrieben theatralisch, als sei er ein edler Gentleman. Überrascht über diese Geste ziehe ich reflexartig meine Hand zurück.

»Was machst du da, Daniel?«, frage ich verblüfft.

»Ich muss doch schon mal üben für die feine Gesellschaft am Donnerstag«, antwortet er grinsend.

Kopfschüttelnd verdrehe ich die Augen.

»Lass gut sein, das schaffen wir auch ohne Theaterkuss. Ich muss los. Dann bis Donnerstag.«

»Tschüss, Tessa!«

Ich drehe mich um und marschiere in raschen Schritten zur Tür. Wir konnten heute einen der selten benutzten Säle der Universität für unsere Versammlung gewinnen. Da er sich im Kellergeschoss befindet, steige ich die Treppe hinauf ins Erdgeschoss und mache mich dann auf den Weg zur Bushaltestelle.

 

Wohngemeinschaft

Der Bus hält zum Glück nicht weit entfernt von dem Mehrfamilienhaus mit meiner Wohnung, besser gesagt, mit meinem Zimmer in einer Wohngemeinschaft, die ich mit Marcus, Maria und Laura teile. Marcus studiert schon viel zu lange Philosophie und Sprachen, während Maria, die wir alle nur Ria nennen, inzwischen ihr Referendariat als Grundschullehrerin angetreten hat. Laura ist Rias fünfjährige Tochter. Jeder von uns bewohnt eines der vier Zimmer, während uns der geräumige Flur, von dem aus alle Zimmer sternförmig abzweigen, als Gemeinschaftsraum dient.

Ich steige die Treppen im Hausflur bis in den vierten Stock – einen Aufzug besitzt das in die Jahre gekommene Mehrfamilienhaus nicht. Durch eine der geschlossenen Türen höre ich die gedämpften Schreie eines sich streitenden Pärchens. Etwas kracht zu Boden, dann wird es ruhiger. Ich habe meine Wohnungstür erreicht. Irgendeiner unserer Vormieter kam einmal auf die seltsame Idee, die Holztür komplett graugrün zu streichen und obwohl wir uns alle vorgenommen hatten, dies schleunigst zu ändern, brachte dann doch niemand Zeit und Lust dazu auf. Jedes Mal, wenn ich vor dem Eingang zur Wohnung stehe, nehme ich mir vor, der Tür endlich eine annehmbare Farbe zu verpassen, allerdings scheint sich dieses Vorhaben sofort nach dem Betreten der Wohnung automatisch von meiner Festplatte zu löschen.

Kaum stehe ich im Flur, stürmt schon ein kleines Mädchen auf mich zu und schiebt seine Hand in meine.

»Tessa, du musst unbedingt den Turm ansehen, den ich gebaut habe«, ruft Laura und zieht mich schon zu ihrem Zimmer.

»Laura, lass Tessa doch erst mal ankommen und ihre Sachen ablegen. Du kannst sie doch nicht so überfallen, kleine Maus«, mahnt Ria, die an unserem Esstisch im Flur sitzt und an ein paar Erdnüssen knabbert.

Um Platz zu sparen, hängt der Fernseher in einer Ecke an der Decke. Es läuft ein Musiksender mit Latin-Pop.

»Aber sie muss den Turm ansehen, bevor er umfällt«, protestiert Laura und zieht mich in ihr Zimmer.

Dort ragt ein Lego-Turm in die Höhe, der deutlich größer ist als das Mädchen selbst. Daneben steht ein Kinderstuhl, den sie offensichtlich dazu verwendet hat, um den Turm so hoch wie möglich zu bauen.

»Wow! Der ist wirklich ziemlich groß«, staune ich und hebe die Kleine auf den Arm.

Sie spielt an meiner Protesta-Kette, die ich auf der Stirn trage.

»Darf ich die auch mal haben?«

Ich lasse das Mädchen wieder zu Boden, ziehe die Kette aus den Haaren und lege sie in Lauras Hand.

»Okay, aber nicht verlieren.«

»Versprochen«, jubelt die Kleine und verschwindet damit in der Höhle unter ihrem Prinzessinnen-Bett.

Ich kehre zurück in den Flur.

»Na, wie war Protesta?«, erkundigt sich Ria und schiebt sich eine weitere Erdnuss in den Mund.

Ich entledige mich meiner Schuhe und hänge meine Tasche in die Garderobe.

»Wir werden das Maiwald-Naturschutzgebiet besetzen und benötigen dafür viele Gleichgesinnte, die sich beteiligen«, antworte ich, während ich in die Küche gehe und mir ein Vollkornbrot aus der Tüte fische.

»Eine Besetzung, oho! Das klingt nicht schlecht, aber ihr habt doch hoffentlich nicht irgendwelche illegalen Aktionen geplant, oder?«

»Ach, Quatsch. Daniel schmeißt jeden raus, der gewalttätig wird«, antworte ich, beschmiere das Brot mit Butter und lege eine Scheibe Tofu-Käse darauf.

Ria ist zwar meine beste Freundin, aber was der engste Kreis von Protesta bespricht, unterliegt der höchsten Geheimhaltungsstufe. Davon darf ich nicht mal Ria erzählen.

Ich setze mich mit meinem Brot und einem Glas Wasser neben sie. Wie so oft trägt Ria ihr freches Grinsen im Gesicht und in ihren blaugrünen Augen wohnt stets ein schelmisches Blitzen, das nie zu verlöschen scheint. Dazu passt der freche Zackenschnitt ihrer blonden Haare. Das Grinsen, die Haar- und Augenfarbe hat Laura von Ria geerbt, während Lauras rundes Gesicht in seiner Form eher dem Papa ähnelt.

»Wie wär’s mit dir? Würdest du dich an der Besetzung beteiligen?«, frage ich.

»Natürlich mache ich mit. Der Maiwald liegt mir ebenso am Herzen wie dir und zum Glück sind ja bald Ferien. Im Maiwald habe ich schließlich mit Mike Laura gezeugt – auf unserer geheimen Lichtung – du weißt schon …«

Ich nicke lächelnd, denn die Lichtung ist auch mein Lieblingsplatz im Naturschutzgebiet.

»Dieses Detail von Lauras Entstehungsgeschichte kannte ich ja noch gar nicht.«

»Für das Wochenende habe ich einen Ausflug mit der kleinen Maus geplant. Da möchte ich ihr die Stelle zeigen, bevor das Gebiet für immer plattgewalzt und zubetoniert wird.«

Ich lasse das Brot wieder sinken, in das ich gerade beißen wollte.

»Sei bloß still. Mir wird alleine bei der Vorstellung schon ganz schlecht. Das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen.«

»Am Ende werdet ihr doch nichts dagegen tun können, oder hast du schon einmal gehört, dass derartige Besetzungen ein fertig geplantes Bauprojekt verhindern konnten?«, entgegnet Ria bitter.

»Ich gebe die Hoffnung nicht auf und ich werde bis zuletzt dafür kämpfen. Die müssen mich schon mit Gewalt davon abhalten.«

»Aber Tessa, bitte mach keinen Blödsinn. Das ist es nicht wert, dass du dir dein Leben dafür ruinierst.«

»Keine Sorge, ich passe schon auf mich auf«, versuche ich sie zu beruhigen.

»Bei eurer Besetzung bin ich jedenfalls mit dabei – auch, um darauf aufzupassen, dass du nichts Unüberlegtes tust.«

Ich schüttele widerwillig den Kopf und verdrehe die Augen.

»Schon vergessen, aus dem Alter bin ich längst raus, dass ich einen Babysitter benötige.«

Ria antwortet nicht auf meinen Einwand, stattdessen stopft sie sich nun eine ganze Hand voll Erdnüsse in den Mund. Ich beiße in mein Brot und nehme einen Schluck Wasser.

»Ich habe übrigens einen Anschlag auf dich vor, Tessa«, erklärt Ria plötzlich.

Diese Art von Ansprache kenne ich von ihr bereits. Sie hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, für uns beide einen Mann zu finden, genau genommen nicht irgendeinen Mann, sondern den Traummann fürs Leben. Nach ihrer gescheiterten Beziehung zu Lauras Vater Mike hat sie den Glauben an die Männerwelt glücklicherweise noch nicht verloren, aber manchmal kann ihr Eifer auch ganz schön nerven.

»Sag jetzt bitte nicht, du hast schon wieder eine Heiratsannonce für uns in die Zeitung gesetzt.«

»Nein, viel besser, Tessa. Wir nehmen morgen Abend gemeinsam an einem Speed-Dating teil.«

Ich atme erschrocken ein und verschlucke mich dabei an meinem Wasser, das sich in einem wilden Hustenanfall sofort wieder den Weg nach Draußen erkämpft. Ria klopft mir auf den Rücken in dem Irrglauben, dass das bei verschlucktem Wasser irgendetwas verbessern könnte. Erst als sich mein Anfall gelegt hat, atme ich tief durch.

»Bist du verrückt!?«, fahre ich Ria an. »Das kann doch nicht dein Ernst sein. Bei so was werden wir sicherlich keinen vernünftigen Mann kennenlernen. Da gehen doch nur Typen hin, die auf andere Weise keine abkriegen.«

»Täusche dich mal nicht. Das Publikum ist da sehr gemischt. Zwischen Losern und Normalos finden sich ab und zu auch echte Perlen. Nicht jeder reiche Scheich findet Zeit und Muße, die geeignete Frau zu suchen, da kommt ein Speed-Dating ganz gelegen.«

»Das kann ich mir wirklich nicht vorstellen und einen reichen Scheich will ich schon gar nicht. Außerdem weißt du doch, dass ich morgen meine Diplomprüfung habe.«

»Die dauert sicherlich nicht bis abends, oder? Das wäre doch ein gelungener Abschluss für einen erfolgreichen Tag.«

»Ob der Tag so erfolgreich sein wird, steht noch in den Sternen. Apropos Prüfung, ich sollte mich endlich wieder hinter meine Bücher klemmen.«

Hektisch schlinge ich die letzten Bissen meines Brotes herunter.

»Das schaffst du schon, Tessa«, ermutigt mich Ria.

»Also, morgen geht es um 18:00 Uhr los. Wir können den Bus um halb sechs nehmen.«

»Ich habe noch nicht zugesagt.«

Ich trinke das restliche Wasser in einem Zug leer und bringe das Geschirr zurück in die Küche, wo ich es in der Spülmaschine versenke.

»Du kannst mich jetzt nicht im Stich lassen. Wenn du mich nicht begleitest, werden die Männer morgen eine Frau zu wenig haben.«

»Das wäre ja wirklich ein grauenvolles Drama«, entgegne ich voller Ironie.

»Ich zähle auf dich, Tessa. Du hast doch nichts zu verlieren.«

»Jaja, ist schon gut. Du gibst ja doch nicht auf!«, rufe ich ihr noch zu, während ich schon hinter meiner Zimmertür verschwinde.

Ich streife mir meine Jeans und das Shirt ab und schlüpfe in ein bequemes Baumwollkleid. Wenn ich schon lernen muss, dann möchte ich es dabei so komfortabel wie möglich haben. Ich krame meine Bücher heraus und lege mich damit aufs Bett. Drei Stunden vergehen, in denen mein Kopf brummt und die Entwicklungszyklen von Blaualgen, Moosen und Farnen in meinem Hirn durcheinander schwirren.

 

***

 

Die kleine Stereoanlage spielt einen langsamen Blues, eine Melodie, zu der man sich eigentlich eng umschlungen auf der Tanzfläche wiegen sollte. Vor den zugezogenen Vorhängen meines Zimmers flackern Duftkerzen. Die Zimmerdecke zieren getrocknete Kräuter, welche an Schnüren herabbaumeln. Sie hängen an einer Wäscheleine, die ich quer durch den kleinen Raum gespannt habe.

Versonnen liege ich auf meinem Bett, neben mir ruht der dicke Wälzer der Botanik. Ich sollte für die Diplomprüfung lernen, aber in meinen Kopf passt einfach nichts mehr rein, daher lege ich eine Entspannungspause ein. Ich gähne und lasse das Buch zu den anderen auf den Boden gleiten, als es an der Tür klopft.

»Ja?«, rufe ich und herein lugt Marcus.

»Du hast es aber gemütlich hier, Tessa …«

Marcus sieht sich im Zimmer um und schließt die Tür hinter sich. Seine haselnussbraunen Augen leuchten im Kerzenschein, als er sich neben mich aufs Bett hockt. Ich strecke mich und gähne.

»Ach, es sollte mich eigentlich entspannen, um wieder Energie zum Lernen zu tanken, aber dummer Weise werde ich gerade ziemlich müde davon.«

»Hm, ich hätte da eine etwas anregendere Idee, um dich wieder fit für die Prüfung zu bekommen«, raunt er verführerisch, während seine Hand den Stoff meines Kleides über meine Schenkel hinaufschiebt.

Ich atme tief durch und seufze. Wir sind kein Paar, aber mein Mitbewohner Marcus ist ein extrem smarter Student, der keine Gelegenheit auslässt, um attraktive Studentinnen ins Bett zu kriegen – Ria und mich eingeschlossen.

»Ach, Marcus«, seufze ich. »Hast du heute kein anderes Opfer gefunden?«

Seine Hände sind an meinem Slip angekommen und ziehen ihn langsam über meine Beine herab.

»Es mangelt mir nicht an Auswahl, wenn du das meinst. Aber heute habe ich große Lust auf dich, Tessa. Außerdem habe ich den Eindruck, dass deine ausgedörrte Venus nach einer erquickenden Stärkung dürstet«, poetisiert er und ich vermute, diese geistigen Ergüsse, die er hin und wieder von sich gibt, gehören zu den Risiken und Nebenwirkungen seines Philosophie-Studiums.

Aber mit seiner Aussage trifft er bei mir bedauerlicher Weise ins Schwarze, denn der letzte meiner insgesamt zwei Freunde hat sich von mir vor drei Jahren getrennt. Seither hatte ich genau zwei Mal Sex – und das war jedes Mal mit Marcus, sonst wäre ich in dieser Zeit wohl gänzlich eingetrocknet.

Eigentlich halte ich nichts von One-Night-Stands oder offenen Beziehungen, aber Marcus ist da ein ganz spezieller Fall. Er ist so etwas wie eine beste männliche Freundin, es kribbelt zwar nicht in seiner Nähe, aber ich fühle mich frei und ungezwungen und keiner von uns stellt Erwartungen an den anderen. Wir sind füreinander da, hören einander zu und in seltenen Fällen schlafen wir auch miteinander.

Als Marcus wieder unter mein Kleid fährt und mit den Fingern gekonnt meine Perle stimuliert, weicht die Schläfrigkeit, die sich durch das Dösen in mir ausgebreitet hat, einem belebenden Kribbeln, das durch meinen Körper bis in die Zehenspitzen hinein wandert.

»Ach, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Marcus … Ich habe noch so viel zu lernen«, gebe ich zu bedenken, aber das Ziehen in meinem Unterleib gibt mir deutlich etwas anderes zu verstehen.

»Du wirst sehen, es ist eine sehr gute Idee. Ich bringe deine Venus zum Erblühen.«