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Sachinformationen und spirituelle Deutung der Psalmen
Von Juden und von Christen werden die Psalmen gleichermaßen geschätzt. Einerseits verbindet das „Gebetbuch der Bibel“ beide Religionen, doch leben dieselben Texte andererseits in je ganz unterschiedlichen Traditionen. Hier legen der jüdische Rabbiner Andreas Nachama und die evangelische Pfarrerin Marion Gardei die bekanntesten und bei Beterinnen und Betern beliebtesten Psalmen aus. Nachama auf dem Hintergrund jüdischen Glaubens und seiner exegetischen Tradition, Gardei aus der christlichen Perspektive – beide sich gegenseitig befragend und inspirierend. Es entspannt sich ein anregender Dialog, nüchterne exegetische Information verbindet sich mit den spirituellen Räumen, die diese alten Texte abschreiten in ihrer Frage nach Gott. Dabei zeigt sich, dass die Worte und Bilder der Psalmen auch heute noch direkt zur menschlichen Seele sprechen. Ein kluges Buch, voller wacher Anregungen, die Psalmen in Liturgie und Andacht neu zu entdecken.
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Seitenzahl: 186
Mit dem vorliegenden Buch möchten wir die Leserinnen und Leser ermutigen, die Psalmen neu zu entdecken als Schatz für den Glauben, als Quelle für die eigene Spiritualität, als Basis für das persönliche oder gemeinsame Gebet.
Die uns überlieferten Psalmen zeugen von ungeheurem poetischen Ausdruck und reden als Gebete auf direkter Augenhöhe mit Gott: Ein Schatz der hebräischen Bibel, von dem wir als Juden und als Christen gleichermaßen zehren. Die Psalmlieder schenken uns Worte, die in geradezu archetypischen Bildern unsere innerste Befindlichkeit sprachfähig machen und sind eine Quelle lebenslanger Entdeckungen. Immer wieder, in jeder Situation und in jedem Lebensalter sprechen sie anders zu uns: »Du bist mein Gott, den ich suche.« (Psalm 63,2) So betet jemand, der Gott nahesteht und zugleich doch immer neu nach ihm fragt.
Wir können Psalmen als Gebete rezitieren, weil wir unseren Glauben und unsere Lebenssituation in ihnen ausgedrückt finden. Aber auch, wenn – im Gegenteil – unsere Hoffnung und unser Vertrauen auf Gott schwach sind, wenn wir an Gott zweifeln und verzweifeln und mit eigenen Worten gar nicht mehr beten können: Dann verleihen uns die Psalmen Gebetsworte und Hoffnung, die über uns hinaus wächst. Die Psalmen zeigen, dass auch zutiefst gottgläubige Menschen in Krisen und Glaubenszweifel fallen können und dürfen. Denn Glaube ist kein Besitz, den man sich – einmal erworben – selbst erhalten könnte. Der Glaube ist wie das Leben selbst verwundbar und fragmentarisch. Und wir dürfen Gott unsere Zweifel, selbst unsere Wut sagen, ohne Angst, unverstellt aussprechen, was wir empfinden. Das können wir von den Psalmdichtern lernen. Aber auch, dass wir die Freude nicht vergessen, das Danken für alles Gelungene unseres Lebens.
Die Psalmengebete gehören zu unserem Alltag im Dienst der Gemeinde als Rabbiner und Pfarrerin. Trotzdem haben wir vieles selbst wiederentdeckt bei der Arbeit an diesem Buch und gemerkt: Es macht Freude, sich mit den Psalmen zu beschäftigen.
Die Anregung zu diesem Buch erhielten wir zum einen durch die Veranstaltung »Bibel und Bach« in der Jesus-Christus-Kirche in Berlin-Dahlem, wo im Jahr 2010 (fast) der gesamte Psalter, verteilt über 6 Sonntage, vorgelesen wurde: Hier bekam man eine Ahnung von der Dramaturgie des Psalmenbuches als Ganzem. Zum anderen haben wir in unserem gemeinsamen Bibelkreis »Lesezeichen« viele Psalmen mit jüdischen und christlichen Gesprächspartnern studiert und diskutiert. Dabei haben wir gemerkt, dass es – obwohl, wie oben beschrieben, die Texte auch heute noch direkt zu den Menschen sprechen – hilfreich ist, manches auch vom Ursprung und unserer Tradition her zu erklären. In diesem Sinn verstehen wir auch das vorliegende Buch als Orientierung für das eigene Studium und haben uns bemüht, es verständlich zu schreiben: Ein Buch also, entstanden aus der Praxis für die Praxis.
Wir haben es so verfasst, dass wir exemplarisch ausgewählte Psalmen bearbeitet haben, die uns aus unserer unterschiedlichen Tradition nahe sind, eine subjektive Auswahl, ganz ohne Anspruch auf Vollständigkeit. Das gilt auch für die Ausführungen in den einzelnen Kapiteln. Der Übersicht wegen sind sie stets nach dem gleichen Muster strukturiert, das zum genauen Hinschauen auf den Text führen möchte.
Die Kapitel über Psalm 16, 19, 92, 93, 95, 118, 145 und 150 sind vom Rabbiner verfasst, die über Psalm 1, 2, 22, 23, 87, 121 von der Pfarrerin. »Aus jüdischer Perspektive« und »vor christlichem Hintergrund« wurde anschließend vom je anderen Autor ergänzt.
Wir widmen dieses Buch unseren beiden Gemeinden
der Synagogengemeinde Sukkat Schalom Berlin und
der Evangelischen Kirchengemeinde Berlin-Dahlem,
in denen das gemeinsame Erbe der Psalmen gepflegt wird.
Berlin, den 18. März 2012
Pfarrerin Marion GardeiRabbiner Andreas Nachama
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://portal.dnb.de abrufbar.
Biblische Texte, wo nicht anders angegeben, stammen aus der Lutherbibel, revidierter Text 1984, durchgesehen Ausgabe, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart.
1. Auflage
Copyright © 2012 by Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, München
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Umschlagmotiv: © Erica Guilane-Nachez–Fotolia.com
eISBN 978-3-641-09386-0
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