Durch die Raumakustik muss ein Ruck gehen - Gerhard Ochsenfeld - E-Book

Durch die Raumakustik muss ein Ruck gehen E-Book

Gerhard Ochsenfeld

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Beschreibung

Als Quereinsteiger geht der Autor unvoreingenommen an die Raumakustik heran. Mit seinem bahnbrechenden Konzept, dem ReFlx®-System, macht er sich als Erfinder Zusammenhänge zunutze, die bisher nicht beachtet worden waren. Mit dieser vollständigen Überarbeitung seiner Publikation klarer und eindringlicher: Mit neuen Einsichten zur Raumkante, durch ein aktuelles Gutachten gestützt, mit umfangreicheren Hinweisen auf Wallace C. Sabine's 'Collected Papers on Acoutics' klarer begründet, zeigt der Autor nun besonders deutlich auf, was bisher in der Raumakustik falsch läuft. Mit thematischen Abschweifungen gelingt dem Autor eine abwechslungsreiche Lektüre mit interessanten Blicken über den Tellerrand hinweg und mit gelegentlichen metaphorischen Spitzen. - Umfangreiche rechtliche Abwägungen eröffnen eine neue Sicht auf DIN 18041. Sowohl aus der Praxis heraus, als auch durch die Sichtung der Fachliteratur macht der Autor für jedermann gut nachvollziehbar, wodurch sein Ansatz sich abhebt. Nicht ganz beiläufig bekommt man Sprache, das menschliche Ohr und Hörgeräte - als zentrale Themen der sprachlichen Kommunikation - in einmaliger Komplexität und Klarheit und durch neue Betrachtungsweisen verständlich dargelegt. Der Autor richtet sich an jedermann, an die Wissenschaft, an Studierende, an Musikschaffende, und unbedingt an Projektplanende in jeglichen Funktionen und Positionen. Forschende ruft er auf, die Akustik vorbehaltlos noch einmal ganz neu aufzurollen.

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ReFlx-System, Glasreflektor und Glasinnenschild auf Edelstahlträgern (Prototyp);

ReFlx-450|900|35°mx3, Fichte-Dreischicht, seriell (beide gemäß DPMA-Anmeldungen)

raumakustik-premium.de

[email protected]

Raumakustik Premium e. K.

Gerhard Ochsenfeld

Unterer Eickeshagen 30 42555 Velbert - Langenberg

+49 2052 – 92 84 650

+49 160 – 785 1447

Ich hätte gern verschiedenen Personen meinen Dank und meine Anerkennung öffentlich zum Ausdruck gebracht – hier und sichtbar. Für Unterstützungen, die mich in der einen oder anderen Weise weitergebracht haben.

Mehr als eine Person hat mich dafür sensibilisiert, mich grundsätzlich auf den jeweiligen persönlichen Dank zu beschränken:

Wo Außenstehende mich ketzerisch finden oder jemand anders mich als unsachlich empfinden könnte, oder wo Außenstehende die Neutralität unterstützender Person in Frage stellen könnten, da kann auch leicht ein schlichter Dank weniger zum Orden – den man zeigen oder für sich ganz allein am Herzen tragen kann – als vielmehr gleichsam wie eine Tätowierung geraten, die man nur schwer wieder los wird…

Also lieber doch – nicht ignorant und das eine oder andere Engagement Dritter vergessend – danke ich an dieser Stelle ausdrücklich:

niemandem.

eigene Tuschezeichnung nach zwei Fotografien von Daniel J. Boorstin

„Das größte Hindernis für Entdeckungen ist nicht die Unwissenheit

– sondern das Trugbild von Wissen.“

Daniel Joseph Boorstin, 1914 – 2004 Sozialhistoriker

(‚The 6 O‘Clock Scholar‘, Washington Post, 29. Januar 1984;in eigener Übersetzung)

Inhaltsverzeichnis

vorab…

Vorrede zur 2ten Auflage

Herrn Herzog die Ehre

Vorwort

Teil I

Worum es geht…

Raumakustik – ein Thema, das uns alle betrifft

Was Sprache ausmacht

„… es sind eben nur Modelle“

Un-Schärfen

kleiner Exkurs – Raum und Zeit

Sabine‘s Kritik an der Ästhetik

Ein Gaukler mit der Schnarre

Raumakustik – ein Auffassungsproblem

Ein Funke Hoffnung

kleines philosophisches Intermezzo

Was Menschen antreibt

Tiefe Frequenzen

Teil II

der Lösungsweg

PrimOrdium – zurück zum Ursprung

unabhängiges Gutachten zum

ReFlx

-System

: Raumklang zwischen Maß & Nutzen

was das

ReFlx

-System im Schulalltag leistet

: praktische Resultate

Teil III

Irrungen und Wirrungen

zu DIN 18041 – Eine Stellungnahme zur Stellungnahme

Der tiefere Sinn

Kommunikationsräume

Ein Blick in die Nachbarschaft: DIN 4109

Auf dünnem Eis: DIN 18041

Sprachverständlichkeit passiv unterstützen – eine Empfehlung aus DIN 18041

Von der Bedeutung technischer Regeln

Teil IV

neue Wege

das

ReFlx

-Konzept

Turbulenz als Widersacher – und Freund

Sabine‘sche Formel – kein „Goodbye“…

Wonach wir suchen

Dämonen und Projektionen

kleines geschichtliches Intermezzo

Turbulenzen in der Zeit

Nach Hall eine halbe Stunde zu Fuß

Der Schallbeugung auf den Zahn gefühlt

Wir fah‘n, fah‘n, fah‘n auf der Autobahn

Eine Aufforderung zum Tanz

Deklarierte Ahnungslosigkeit

Der Raumkante freundlich begegnen

Von Wellenbrechern und Schutzschilden

Neue Wege in der Raumgestaltung

Teil V

Grundlagen und kritische Betrachtungen

(

k)ein Dilemma für Planende

von einer Stellungnahme zur ASR A3.7

Sprache – hier nicht: als Kulturgut

Hörgeräte – und wie sie funktionieren

Das Ohr

Von tiefen Frequenzen

Die Verdeckung höherer durch tiefe Frequenzen

Von tiefen Frequenzen und Raumkanten – und wie eine DIN 18041 den Arbeitsschutz verletzt

Abschied von der Welle

Die Raumkante – der unerforschte Raum

Schalldruck und Ausbreitung

Der Gleichbehandlungsgrundsatz – hier: für Sprache und Musik

Strömungsabriss – die dunkle Seite –

eine Exkursion

Turbulenzen stören Tragfähigkeit

Strömungsabriss – die freundliche Seite

Halligkeit

Gemurmel dröhnt drohend…

DIN 18041 – von Sinn bis sinful

kleine Exkursion

Relativität und Wahrheit

Über Direktschall und Erstreflexionen

Hohe Frequenzen sterben einen schnellen Tod

Ausklang

– über Meinung und Motivation

Die Schweigespirale

Personenregister

Stichwortverzeichnis

lesen Sie hierzu auch:

Gerhard Ochsenfeld

– zurück zum Ursprung:

neue Dimension der Raumakustik

12 x 19 cm • 160 Seiten

ISBN 978-3-754-37977-6

https://www.bod.de/buchshop

oder überall im Buchhandel

vorab…

Vorrede zur 2ten Auflage

Was Boorstin auch sagt: Was der Mensch früh verinnerlicht, das schlägt im Denken so tiefe Wurzeln, dass es nicht leicht zu überwinden ist. – Dass auch Stolz eine Barriere für Erkenntnis sei, das darf die Erfahrung lehren, muss man aber zumindest nicht verallgemeinern.

Während Frau Noelle-Neumann einmal im Interview behauptete, persönlicher Ruhm sei ihr völlig unwichtig, wie es überhaupt Forschenden zueigen sei, sich ganz im Dienste der Wissenschaft persönlich hintan zu stellen – sich mithin persönlich unsichtbar zu machen – so ist es aber doch (selbst-) verständlich, dass Forschende eben „auch nur Menschen“ sind: Natürlich möchte man die persönliche Anerkennung für sein Schaffen (und etwaiges Lebenswerk? ) auch spüren können.

Mit diesem Buch möchte ich davon niemandem etwas nehmen, sondern hege allein die Absicht, Widersprüche und Irrtümer aufzudecken, Menschen aufzurütteln und Veränderungen einzufordern.

Wo aber so genanntes Wissen und wo Fachkenntnisse dazu führen, dass voreilige Schlüsse gezogen, berechtigte Zweifel beiseite gewischt, mangelhafte Zustände bewahrt werden, da begehre ich auf.

In diesem Sinne rufe ich all jene, die noch nicht Geschichte sind, auf, sich an der Erforschung und Entdeckung dessen, was ich nur anstoßen kann zu beteiligen:

Für die Raumakustik heißt es „Zurück auf LOS“. Für die Forschung gibt es wieder ganz viel Grundlegendes zu entdecken!

In die vollständige Überarbeitung meines Buches ist in erheblichem Maße die Weiterentwicklung meiner Produkte und weitergehende Recherche eingeflossen.

Hier gilt insbesondere mein Hinweis auf Wallace C. Sabine, der bereits vor über einhundert Jahren und noch zu seinen Lebzeiten wichtige Hinweise veröffentlicht hatte, mit denen er selbst die von ihm in einer Frühphase aufgestellte „Gesetzmäßigkeit“ faktisch und detailreich in Frage gestellt hatte.

Die zurückliegenden Monate haben mir einige wichtige weitere Grundlagen und Entwicklungen (und inzwischen auch ein Gutachten) beschert… aber auch die ernüchternde Einsicht, die ich unter anderen Erträgen und nicht allein von der DAGA 2022 mitnehmen musste, dass der Mensch an sich (zum Glück nicht stets, aber doch augenscheinlich überwiegend) eher zugänglich ist für das Gefühl der Kränkung, als für die Gewissheit, dass Erkenntnis noch stets allein durch Brüche vorangetrieben wurde – niemals aber durch den bloßen Zuwachs von Kenntnis.

Gerhard Ochsenfeld im August 2022

Herrn Herzog die Ehre

„Durch Deutschland muß ein Ruck gehen“, hatte Roman Herzog in seiner Funktion als Bundespräsident in seiner viel beachteten Berliner Rede am 26. April 1997 prägnant appelliert. – So prägnant, dass man diese lange Rede im Internet auch als „Ruck-Rede“ finden kann.

Nach 25 Jahren ist das Einzige, das an diesem Satz überkommen anmutet, dass Herr Herzog – zeitgeschichtlich korrekt – mit „ß“ zitiert wird.

Auf der Suche nach einem passenden Titel für mein Buch hatte ich plötzlich diese Worte im Kopf… und die Erinnerung an eine Rede, die dem Präsidenten Roman Herzog dereinst nicht nur freundlichen Zuspruch eingebracht hatte. Einem Präsidenten zudem, der unspektakulär zum Amt gelangt war und dieses ebenso unspektakulär ausübte.

Dennoch war Roman Herzog ein Präsident, der sein Amt in einer Art, Tiefe und Umfänglichkeit verstanden hatte, wie andere Präsidenten kaum je – und der es verstanden hat, dieses Amt auf seltene Weise würdig und glaubwürdig auszufüllen.

Manche oder viele empfanden Herzogs Kritik als ungehörig für einen Bundespräsidenten – der der Neutralität verpflichtet sei. Aber es gibt nichts an jener Rede, das die Neutralität verletzte.

Eine Ehefrau erhob sich später gar im Voraus zu urteilen, es sei beschämend, wenn von einer Präsidentschaft nicht mehr bliebe als nur ein Satz – und huldigte damit vorauseilend einem, der sich gut damit hätte begnügen können, zwei Jahrzehnte lang der hochangesehene Ministerpräsident des einwohnerstärksten deutschen Bundeslandes gewesen zu sein. Und das den wirtschaftlichen Niedergängen und Umbrüchen zum Trotz.

Das empfand ich als beschämend für jenen geachteten Mann, als sie es vorauseilend in laufende Kameras hinein ausgesprochen hatte – und für einen, der sein Lebenswerk bereits geleistet und erfüllt hatte. Gerade seine Bundespräsidentschaft blieb sang- und klanglos.

Jener Satz von Roman Herzog ist nur das Markanteste, an das man sich erinnert – während man gern noch einmal zu jener Rede greift.

In einigen Punkten ist ein Ruck durch Deutschland gegangen, in vielen Punkten hat sich etwas getan.

Über wiegend und bedauerlicherweise sind Herzogs Worte noch immer oder wieder aktuell.

Nun ist es stets von umstrittener Kraft, Worte aus ihrem Zusammenhang zu reißen. Hier aber hatte Herr Herzog selbst seine Rede so trefflich zusammengefasst und schlüssig konzentriert in diesem seinem eigenen Satz – als Teil seiner Rede. Dieser eine Satz, der mir – ähnlich zitiert – so passend er scheint, um wiederum mein Anliegen kurzzufassen.

Gerhard Ochsenfeld, Juli 2021 / August 2022

Vorwort

„Bei der verbreiteten Hochachtung für imposante Architektur und Nichtachtung funktioneller Akustik wird es […] höchste Zeit, dass sich Akustiker schlau und auf den Weg machen, um […] mit entsprechend angepassten Werkzeugen, Materialien und Bauteilen praktikable Problemlösungen anbieten zu können.“

(Fuchs, Helmut V.: ‚Raumakustik und Schallschutz in kleinen bis mittelgroßen Räumen‘ im „Bauphysik-Kalender 2014“, Ernst & Sohn 2014 – Seite 618)

Nun hat sich inzwischen durchaus etwas getan, um einige Jahre später nicht mehr eben von der „Nichtachtung funktioneller Akustik“ sprechen zu müssen.

Insbesondere aber eröffnet dasReFlx-System eine neue Dimension für die Raumakustik – mit einer un-geahnten Klangtransparenz – und eröffnet der Architektur neue Freiheiten – durchaus auch: die man sich wieder herausnehmen kann.

In der Branche – der Raumakustik – wird viel darüber gesprochen, dass ein Wandel erforderlich und wie sehr vonnöten sei. Das betrifft nun ganz unmittelbar die Qualität von so etwas wie Raumakustik.

Wenige sprechen seit Jahrzehnten darüber. Viele sind mindestens seit vielen Jahren unzufrieden mit einem wachsenden Regulierungsdruck, den man im Sinne des Arbeitsschutzes sehr begrüßt hatte. – Der aber schlussendlich inhaltlich enttäuscht hat, derweil die selbstgesteckten Ziele verfehlt werden:

Mit DIN 18041 in 2. Novelle wird Lärm nur vordergründig (sehr) stark eingeschränkt – insbesondere aber gute „Hörsamkeit“ und gute Sprachverständlichkeitfür Kommunikationsräume wird nicht erreicht.

Hier gilt nun mein Hinweis auf die Raumkanten – und auf Prof. Fuchs, den die gutmütigen Spötter gern mal den „Raumkanten-Papst“ nennen. Zumindest mir gegenüber stets mit einem wohlgesonnenen Lächeln im Gesicht, der weil ihnen gerade die Wichtigkeit der Raumkanten sehr wohl bewusst schien.

Wo die Raumkanten unbeachtet bleiben, ist gute Raumakustik kaum zu erlangen. Und DIN 18041:-201603 kennt die Raumkanten allein als Wort, nicht aber als Problem und höchstens randläufig als Chance.

[…] um […] mit entsprechend angepassten Werkzeugen […] praktikable Problemlösungen anbieten zu können.

Absorption ist das Credo jener Norm – und das plakativ deklariert Wohl meinen zugunsten aller Personen mit erhöhtem Bedarf an guter Hörsamkeit.

Es sind jedoch gerade andere akustische Konzepte – jenseits von DIN 18041 – die für betroffene Personen eine hohe Alltagstauglichkeit erzielen. In allen solchen Fällen findet man die Raumkante angemessen berücksichtigt – wenngleich bisher stets durch Absorption oder Resonanz.

Hört man Betroffenen zu, oder hört man Auftraggebern zu, die davon zu berichten wissen, dass Klagen nach akustischen Sanierungen eher schüchtern und spät wieder aufflammen, dann ahnt man, dass da etwas in der Raumakustik gewaltig schief läuft…

Mit diesem Buch zeige ich nicht nur auf, was schief läuft, sondern erläutere deutlich die Mängel und Missverständnisse in der Raumakustik. Ganz entschieden – damit bin ich weder der Erste noch der Einzige – stelle ich die Legitimität geltender Normen in ihrer bestehenden Form in Frage.

Darüber hinaus erläutere ich meinen Lösungsweg – als eine solche geforderte „praktikable Problemlösung“: Für klaren Raumklang, eine gute „Durchhörbarkeit“ (Fuchs) – eine akustische Transparenz, die nicht zuletzt so etwas wie gute Sprachverständlichkeit überhaupt erst ermöglicht.

das ReFlx-System istein solches Werkzeug

Ich stelle weder den Wunsch nach Richtlinien in Frage, noch die Legitimität solcher Richtlinien an sich. Und Fuchs darf man recht geben, wenn er zwischen den Zeilen gefordert hatte (2014), eine gute Raumakustik müsse nötigenfalls per Gesetz derselbe Stellenwert zugesprochen werden wie etwa dem Brandschutz oder dem Wärmeschutz.

Mit einer ASR A3.7 ist dem (seit 2018) entsprochen worden.

(Arbeits-) Schutz bedeutet aber nicht nur, konkrete oder potenzielle Gefahr abzuwenden und vor etwas zu schützen – sondern auch, etwas zur Verfügung zu stellen: optimaleArbeits- oder Lernbedingungen.

Gerhard Ochsenfeld, Velbert-Langenberg Juli 2021 / August 2022

Teil I

Worum es geht

Raumakustik – ein Thema, das uns alle betrifft

Raumakustik.

Klingt „weit weg“ – und eher kompliziert.

Aber Raumakustik war selten wirklich so kompliziert, wie man uns das Glauben macht.

Und ‚eigentlich‘ geht Raumakustik sogar ganz einfach. Insbesondere in „kleinen“ und nicht mehr ganz kleinen Räumen.

Raumakustik geht jede, jeden und jedermann etwas an, wird jedoch häufig noch nicht einmal dann als Ursache des Übels (an-) erkannt, wenn die Raumakustik gewaltig in Schieflage ist.

Tatsächlich sind wir ständig umgeben von furchtbarer Raumakustik. Ich meine akustische Gegebenheiten in Räumen, die Musik breiig klingen und dumpf dröhnen lassen – und sprachlichen Austausch behindern.

Hat nun jemand ein deutliches Problem mit der Raumakustik, dann müssen nicht selten die betroffenen Personen beweisen, dass diese Probleme mehr sind als Einbildung, Wichtigtuerei oder ein ungehöriges Ringen um Aufmerksamkeit.

Beispiel: Als Lehrkraft an einer von deutschlandweit über 32.000 allgemeinbildenden Schulen haben Sie ein Problem mit Lärmspitzen und miserabler Sprachverständlichkeit – insbesondere dann, wenn aufgrund von Nachhallzeiten „bewiesen“ ist, dass eine „gute Sprachverständlichkeit“ vorliege. Da fällt Ihnen die undankbare Aufgabe zu, um Ihre Glaubwürdigkeit zu ringen.

Für so etwas Unauffälliges, so etwas Unsichtbares wie Schall vergibt sich ungern Geld. Medial gut und stark umsetzbare Themen sind da einfach beliebter – wie seit einigen Jahren die Digitalisierung der Schulen oder jüngst die Belüftung von Räumen.

Anderes Beispiel: In Ihrer Küche daheim ist es oft quälend laut – ganz gleich, ob Ihre Kaffeemaschine Ihnen eine Tasse Genuss oder einen dringend nötigen „Hallo-Wach“ bereitet, ob Sie gemeinsam mit Freunden essen und ausgelassen plaudern und lachen oder Ihre Kinder stürmisch und aufgeregt vom Vormittag erzählen. Es klirrt in Ihren Ohren und bringt Sie allmählich dem Wahnsinn näher.

Oder: Im Vereinsraum kommt man gern zusammen, um zu feiern oder um konstruktiv Probleme zu erörtern. Aber schon jeder Gedanke an eine Versammlung ist auch ein Graus, denn weder kann man am langen Tisch den Diskussion gut folgen, noch ist es aus zuhalten, wenn sich allmählich viele kleine Grüppchen bilden, so dass am selben langen Tisch gleichzeitig drei, vier oder fünf Keimzellen des bloßen Lärms entstehen.

die wesentliche und eigentliche Störung entsteht in den Raumkanten

Das Problem ist immer dasselbe:

Je nach Einrichtung eines Raumes bedeutet das über wiegend und in den meisten Fällen, dass vor allem die Raumkanten im Übergang von den Wänden zur Decke stören. – Dasselbe, wo diese nicht durch Schränke oder Regale zugestellt sind, betrifft auch die senkrechten Kanten.

Und all das auch dann, wenn die Decke bereits „bedämpft“ worden ist. In den seltensten Fällen nämlich ist eine solche „Bedämpfung“ so ausgeführt, dass der Kanteneffekt im Übergang von Wand zu Decke mindestens hinreichend abgeschwächt ist. Und die senkrechten Raumkanten betrifft es ohnehin – und weiterhin.

Das beinahe noch größere Problem mit den bedämpf enden Decken ist, dass die Sprachverständlichkeit – allen anders lautenden Behauptungen zum Trotz – schlechter wird als vorher:

Allen Raumnutzenden, sprechend oder hörend, wird angenehme Ruhe geschenkt – solange man sich noch locker einfindet und in kleinen Grüppchen leise plaudert. Aber sobald jedes dieser Grüppchen den Rest vergisst und laut und angeregt miteinander geredet, gelacht wird, oder wenn es schließlich darum geht, einem Vortrag zu folgen oder sich an Diskussionen zu beteiligen, wird allen mehr zugemutet als zuvor: Auf der einen Seite mehr Sprechanstrengung, auf der anderen Seite mehr konzentriertes Zuhören (was die Konzentrationsfähigkeit wiederum schneller und früher dahinschmelzen lässt).

Wenn nun also Maßnahmen endlich bewilligt und Gelder zugesagt sind, dann heißt das noch lange nicht, dass das eigentliche Problem mit Lärm und mit der Sprachverständlichkeit auch behoben wird…

Was Sprache ausmacht

Zu Beginn möchte ich zu klären versuchen, was Sprache eigentlich ausmacht. Dabei muss ich gleich anmerken, dass ich vermutlich zahlreichen und komplexen Wissenschaften quer ins Fahrwasser kreuze:

Mit eigenen Schwerpunkten weise ich auch auf Widersprüche und Ungereimtheiten in bisherigen Darstellungen hin.

Zunächst stelle ich fest – und verkürze damit an dieser Stelle noch in gewohnter und übliche Weise:

Sprache lebt von und in Konsonanten.

Aber da die Vokale zwischen den Konsonanten sehr wohl wichtig sind, muss ich präziser werden.

Mit dem folgenden Satz möchte ich verdeutlichen, dass eine genau genommen äußerst prekäre Übereinstimmung der Konsonanten extrem unterschiedliche Wortbedeutungen allein über die vokalische Prägung zwischen den Konsonanten gewinnen kann:

Die fest angezurrte Ziege zeigte uns, als sie mit starkem Zug an der Zarge zog, dass Zaun und Gatter nicht viel taugten.

Oder: Ein einfacher Versuch kann jedermann aufzeigen, dass Sprache nicht von der Stimmhaftigkeit der Vokale lebt – sondern im Gegenteil Vokale ihrer Natur nach gar nicht stimmhaft sind – obwohl Name bzw. Bezeichnung darauf hindeuten möchten:

„Vo|kal <vo-] m. 1; Sprachw.> Laut, bei dem der Atemstrom ungehindert aus dem Mundkanal entweicht (a, e, i, o, u); Sy Selbstlaut; Ggs. Konsonant; _ Lexikon der Sprachlehre [ <lat. vocalis „Selbstlaut; tönend, klangreich“; zu vox, Gen vocis „Laut, Ton, Stimme“]“ (entnommen: BROCKHAUS, WAHRIG – Deutsches Wörterbuch, von Renate Wahrig-Burfeind; wissenmedia in der inmedia ONE] GmbH, 2011)

In der Phonetik hält man sich hier offenbar mit leichter Zurückhaltung etwas offener:

„Als Konsonant wird ein Laut definiert, der durch ein Hindernis im Ansatzrohr oder in der Glottis gebildet wird und normalerweise nicht den Silbengipfel bildet. Als Vokal wird ein Laut definiert, der ohne Hindernis im Ansatzrohr gebildet wird, der nahezu immer stimmhaft ist und normalerweise den Silbengipfel bildet. Weil keine Hindernisbildung vorliegt, findet sich auch die Bezeichnung Öffnungslaut.“ (entnommen: Magnús Pétursson/Joachim M. H. Neppert, Elementarbuch der Phonetik; Helmut Buske Verlag, 2002 in 3., durchgesehener und bearbeiteter Auflage – Seite 87)

Die Beschreibung von Pétursson/Neppert stimmt nun nicht so ganz! … wenn man sich im Flüstern die Unterschiede der Vokale verdeutlicht: Durch Formung der Mundöffnung (Lippen) und mit Zungenarbeit werden die unterschiedlichen Klangmuster der Vokale ausgebildet – womit sich wiederum ein Hindernis im Ansatzrohr befindet, das ein spezifisches Klangmuster zur Ausprägung bringt.

Die etwas aufwändigere Version eines ganz einfachen Versuchs zur Sache:

Sie begeben sich zu zweit in den Lesesaal einer Bibliothek, um Literaturrecherchen anzugehen. Nun ergibt sich aus einer Quelle heraus eine strittige Ansicht, die aber die weitere Recherche beeinflusst – und deshalb unmittelbar diskutiert werden muss, damit Sie ihre Suche nach aufschlussreicher Literatur weiterhin in sinnvoller Arbeitsteilung fortsetzen können.

Um nicht den ganzen Saal zu stören, tauschen Sie sich, abwechselnd Mund an Ohr, flüsternd aus – was Ihnen ohne Einschränkungen in jeder Sprache und in jedem Fachwortschatz in der beliebigen Bandbreite von Worten in 6-stelliger Anzahl zwanglos und eindeutig gelingt.

Wäre Sprache an sich auf die Stimme und auf die Stimmhaftigkeit der Vokale angewiesen, so könnte das nicht gelingen.

Das ist der Grund, weshalb ich die gesprochene Sprache als etwas bezeichne, das ausschließlich im Mundraum gebildet wird, durch Einsatz von Gaumen, Wangen, Zunge und Lippen.

Sprache an sich ist eine abstrakte Codierung von Information, die gänzlich ohne Töne auskommt.

In geschriebener Form in Zeichenfolgen umgesetzt, ist Sprache in der gesprochenen Form eine Abfolge von nicht von ihrer Stimmhaftigkeit abhängigen Geräuschen.

Mit dieser Ansicht offenbare ich mich zugleich eindeutig als Europäer mit nicht eben weltgewachsenem Bewusstsein:

„Der Ton ist ein wesentliches Element der sogenannten Tonsprachen. Als Tonsprache wird eine Sprache definiert, in der jede Silbe eine distinktive Tonhöhe oder einen distinktiven Tonhöhenverlauf besitzt (Pike 1948, S. 3). Sehr viele Sprachen der Erde, vielleicht sogar die Mehrzahl der Sprachen, sind Tonsprachen in diesem Sinne. Unter den europäischen Sprachen findet sich jedoch keine Tonsprache […]. Die häufig genannten Worttöne des Schwedischen, des Norwegischen, des Serbokroatischen, des Litauischen und des Lettischen sind Wortakzente, die in erster Linie durch den Grundfrequenzverlauf realisiert werden und deren Vorhandensein mindestens teilweise morphologisch bedingt ist.“ (Magnús Pétursson/Joachim M. H. Neppert, Elementarbuch der Phonetik; Helmut Buske Verlag, 2002 in 3., durchgesehener und bearbeiteter Auflage – Seite 158)

Ich möchte – aber an dieser Stelle durchaus explizit im europäischen Sinne bzw. Sprachkontext – auf die vereinzelt sehr rege Kritik näher eingehen, der ich ausgesetzt worden bin, wenn ich stark vereinfachend gesagt hatte, Sprache finde allein in den Konsonanten statt.

Ich präzisiere – das ganze Sprachmuster des gesprochenen Wortes einbeziehend – wie folgt:

Sprache findet allein im Mundraum statt – und zwar durch Gaumen-, Wangen-, Zungen- und Lippenarbeit.

Sprache an sich ist somit, so oder so, stets energiearm, weil sie an sich stimmlos ausgelegt ist.

Stimmhaftigkeit erhöht die Verständlichkeit insbesondere, weil das Sprachmuster mithilfe von Stimme weiter getragen werden kann – und für einen vereinfachten Wortschatz auch über größere Distanzen erfolgreich übertragen wird.

Ein Beispiel für eine wenig komplexe und ausschließlich stimmhafte Sprache ist das Hundebellen. Aber ich möchte nicht versäumen, wenigstens zu erwähnen, dass es offenbar umstritten ist, ob Hundebellen überhaupt als Sprache anerkannt werden kann. Dabei ist wohl das Kriterium der mangelhaften oder gar nicht vorhandenen Abstraktion der strittige Punkt, ob Hundegebell stets eine Gefühlsäußerung des Instinktes sei oder aber bereits ein Kommunikationsmittel im Sinne der Sprache.

Im Sinne einer mehr oder minder umfangreichen Variabilität bzgl. der Codierung ist das Bellen gewiss eine schwache Sprachform – so dass ich akzeptieren kann, wenn man das Bellen als „Sprache“ nicht anerkennen mag.

Ein Aspekt spricht aus meiner Sicht durchaus dafür, das Bellen bereits als eine Art Sprache anzusehen. Und zwar die Tatsache, dass auch Bellen als Kommunikationsweg nur im sozialen Kontext funktioniert.

Und dass der Hund mit Bellen stets allein seinen Gefühlen und Emotionen folge, möchte ich an dieser Stelle strittig belassen: Nicht jeder Hund bellt in vergleichbaren Situationen stets und scheinbar wahllos, etwa, weil ihn etwas beunruhigt. Ganz so einfach ist das nicht! Sondern nun hängt es stark von der Lernfähigkeit und der allgemeinen Aufmerksamkeit des Hundes ab, ob er seine Kommunikation anpasst, wenn er über das Bellen sein Ziel nicht erreicht. Ja, sogar dieses: Ob er überhaupt zu bellen beginnt – oder aber sich bewusst ist, dass ihn absehbar niemand hören werde… und er also von vornherein andere Wege geht, und sei es, dass er überhaupt zunächst zu Menschen läuft, denen gegenüber er auf sich oder auf einen Sachverhalt aufmerksam machen kann. Passt der Hund dann auch noch die Art und Weise seines Bellens an oder weicht der Hund auf ganz andere Mittel und Wege des kommunikativen Austausches aus, dann ist der Hund auch in der Lage, Kommunikation an sich in Maßen zu abstrahieren.

Die menschliche Sprache auf jeden Fall ist eine komplexe und extrem abstrahierende Kommunikationform, die sich auf rein auditive Signale solcher im Mundraum gebildeter Muster beschränken kann, ohne dabei grundsätzlich an Informationsgehalt zu verlieren. Auch das geschriebene Wort zum Beispiel steht erst einmal grundsätzlich ohne Betonungen und Hervorhebungen da, verliert dabei aber erst einmal grundsätzlich nichts vom sprachlichen Reichtum.

Dass „man“, und auch, dass insbesondere ich beim reinen Schreiben häufig bemüßigt bin, Hervorhebungen durch Anführungszeichen oder Anpassungen in der Schriftart oder Schriftausprägung anzubieten, ist dabei ein anderes Thema. Das entspricht allein dem besonderen Betonen des gesprochenen Wortes – das aber wiederum, zumindest in den europäischen Sprachen, auch stimmlos hervorgerufen werden kann.

Worum es mir also geht, ist, darauf hinzuweisen, dass alle Geräusche, die im Mundraum über den reinen gelenkten Luftstrom als Zisch-, Klick- oder Rauschlaute entstehen, energiearm sind – und deshalb von sich aus nicht weit tragen.

„… es sind eben nur Modelle“

… so sagte mir einer, der sich der Schwächen der Modellvorstellungen bewusst ist. Und der mit den Lösungen für die Raumakustik hinlänglich unzufrieden ist.

Eines der Missverständnisse, die die Raumakustik ungünstig beherrschen, ist also ein ganz Ursächliches: Man arbeitet, derweil man den Schall nun einmal nicht sehen kann, mit Vorstellungen und… Modellen eben.

Die aber haben – so stark reduziert auch zu stark polarisierend – zwei gravierende Schwachpunkte: deren unsägliche Unschärfe – und den Fokus auf das falsche Modell.

Ehe ich darauf eingehe, muss ich gleich vorab betonen, dass der Wissenschaft sehr wohl bewusst und bekannt ist:

Schall ist Druck.

Niemand bestreitet das. Ob Physiker, Biologen, Mediziner… jedem ist bewusst und wohl vertraut, was jeder ausspricht: Man spricht vom Schalldruck.

Zugleich gibt es diese Modelle, die Schall mit Lichtstrahlen vergleichen: Es ist die Rede vom Schallstrahl.

Aber zugegeben:

Es ist ein rein vergleichendes Modell.

Kuttruff erklärt uns dieses als die „Repräsentation der Wellennormalen“ (Kuttruff, Heinrich: Akustik – eine Einführung; S. Hirzel Verlag, 2004 – Seite 90). Oder, wie ein Akustiker es mir gegenüber ausdrückte: Repräsentiert wird die Ausbreitung des Schalls im Normalenvektor der Wellenfront.

Das führt zu in sich schlüssigen Ergebnissen! Mathematisch betrachtet. – Aber die Mathematik ist kein Abbild von der Realität, sondern ein Modell, mit dem die Scheinbarkeit der Realität beschrieben wird.

Ich kann nicht anders: Ich muss an Ptolemaios denken, einen brillanten Mathematiker und Antike (ca. 100 – 160 n. Chr.). Für sein geozentrisches Weltmodell – mit der Erde als Mittelpunkt unseres Planetensystems und des gesamten Universums – löste er alles Beobachtbare, einschließlich aller Anomalien und Unregelmäßigkeiten, so passgenau mathematisch auf, dass alles schlüssig passte. Die schon absurde Komplexität seiner Berechnungen wurde über Jahrhunderte kritisiert… aber erst von Kopernikus grundsätzlich entthront..

(In meiner Publikation „PrimOrdium“ gehe ich hierauf ausführlicher ein.)

Ich hörte und sah jemanden im Rahmen irgendeiner Messe über die Raumakustik dozieren. Der Videomitschnitt machte es mir leicht zugänglich. Jener Herr gab vor, viel von Raumakustik zu verstehen. Allein: Er hatte grundsätzlich Räume nicht verstanden. Und Schall an sich, so schien es mir, blieb ihm in abstrakter Ferne.

Da war etwa – gängig und branchenüblich – die Rede davon, kurzwelliger Schall sei dem Licht zumindest für annähernde Modelle vergleichbar. Zweifelsfrei hatte er das so gelernt, derweil auch die Wissenschaft damit arbeitet.

Selbst bekannte Namen, die in der Physik und der Akustik nicht wegzudenken sind, kommen um das Denkmodell vom „Schallstrahl“ nicht herum. Dennoch ist allen und sehr wohl bewusst, dass diese Modelle manche bis gewaltige Mängel aufweisen.

Recht offensichtlich aber reicht dieses Modell, um das größte Problem zu meistern: Die Mathematik zu bedienen– mithilfe derer man die Akustik eines Raumes berechnet und gleichsam vorhersieht.

Ich möchte hier zunächst nur auf zwei Schwierigkeiten hinweisen, die ungelöst bleiben, wenn Raumakustiker mit Bedämpfung winken.

Das eine ist die Luftdämpfung, die Werner in einer tabellarischen Übersicht entblößt, wenn er aufzeigt, in welcher Entfernung 127 dB Anfangslautstärke komplett verklungen sind – frequenzabhängig:

(Werner, Ulf-J.: Handbuch Schallschutz und Raumakustik; Beuth 2015 – Seite 123)

Was verbleibt nun in einem von mir aus nur durchschnittlich bedämpften Raum von so schwach unterschiedlichen Konsonanten wie „d“ oder „t“, die ohnehin schon leiser sind als der langlebigere Grundton der Stimme? Im bloßen Direktschall? Oder was unterscheidet hinten im Klassenraum die noch höheren „z“ und „ß“, wenn deren bloße Zischlaute gegen kräftig intonierte Vokale bestehen sollen?

Mit dem Blick auf die höherfrequenten Konsonanten – den Konsonanten zwischen 2.000 Hz und 8.000 Hz – wird die Luftdämpfung der Sprachverständlichkeit auch in „kleinen“ Räumen schnell zum Verhängnis.

Regulierer und Normen hingegen machen uns glauben, Absorption sei der Weg hin zu guter – so genannter – Hörsamkeit.

Bei all der Absorption: Was bleibt da, wenn ein ohnehin leiseres „ß“ gegenüber einem „a“ mindestens 30- bis 40-mal stärker der Luftdämpfung erliegt?

Der andere Hinweis auf einen Mangel schon des Modells ist die dem „Schallstrahl“ ureigene Unschärfe:

Obgleich unterstelltermaßen allbekannt der Schallstrahl nur ein Projektionsobjekt der mathematischen Bewältigung ist, scheint aber zwanglos jedermann den Umgang in Wort und Vorstellung im Rahmen des Studiums hinreichend verinnerlicht zu haben.

Das Modell vom Schallstrahl entstammt der so genannten „geometrischen Akustik“:

„Eine anschauliche Möglichkeit zur Beschreibung der Schallausbreitung in einem Raum bietet die geometrische Akustik, die sich – analog der geometrischen Optik – auf den Grenzfall hoher Frequenzen beschränkt, wo Beugung und Interferenzen vernachlässigt werden können. Als Träger der Schallausbreitung betrachtet man hier nicht die Welle, sondern den Schallstrahl […]. Das wichtigste Gesetz der geometrischen Raumakustik ist das Reflexionsgesetz, das sich hier auf die Regel

reduziert.“

(Kuttruff, H.: Akustik – Eine Einführung; Hirzel 2004 – Seite 251)

Und damit ist das Dilemma in der Welt.

Denn obgleich Kuttruff einräumt, dieses Modell sei nur auf den „Grenzfall hoher Frequenzen“ anwendbar, und obgleich er selbst darauf hinweist, dass das Modell vom Schallstrahl nur für große Räume gelte, wird es fortan gern und überall angewendet – nur für den tieffrequenten Bereich, also für Schall von 16 Hz bis 200 Hz nicht.

„Bei den folgenden Darlegungen beschränken wir uns im wesentlichen auf Räume bzw. auf Frequenzbereiche, für welche die Großraumbedingung […] erfüllt ist, die hier noch einmal wiederholt sei:

Die Frequenz f ist dabei in Hertz zu messen, V ist das Raumvolumen in m3 und T die Nachhallzeit in Sekunden.“

(Kuttruff, H.: Akustik – Eine Einführung; Hirzel 2004 – Seiten 250/ 251)

Und Kuttruff erläuternd:

„Diese Bedingung stellt sicher, dass die den Eigenschwingungen zuzuordnenden Resonanzkurven sich hochgradig überlappen und daher nicht einzeln in Erscheinung treten können.“ (ebenda)

Was nichts anderes heißt, als dass die Anwendung des Strahlenmodells in Bezug auf die Raummoden keine Probleme bereitet, wenn man die Großraumbedingung erfüllt – und man allein die hohen Frequenzen in Betracht zieht.

Weshalb hält Kuttruff sich dann aber selbst nicht an die Bedingungen und Regeln, damit die Ergebnisse nicht zu sehr verzerren?

Denn dann heißt es weiter:

„Sie [eig. Anm.: die Großraumbedingung] ist nicht allzu einschränkend: Bereits für einen Raum mit einem Volumen von 400 m3 und einer Nachhallzeit von 1 s liegt der durch Gl. (1) zugelassene Frequenzbereich oberhalb von 100 Hz.“ (ebenda)

Nur beipielhaft, ein Raum von 8,5 x 14 Metern, also ein Raum von knappen 120 m2 – wenngleich so gerade grenzwertig – erfüllt die Großraumbedingung, wenn dieser mit einer in älteren Gebäuden gängigen und häufig anzutreffenden Raumhöhe von 3,4 Metern aufwarten kann.

Aber besonders fällt auf: 100 Hz stellen bereits eine tiefe Frequenz dar – die Kuttruff zuvor noch ausdrücklich ausklammert. – Zwanglos konterkariert Kuttruff mit solchen Widersprüchen und Unschärfen die von ihm selbst ausgesprochenen Grundbedingungen.

Auf Unschärfen gehe ich im nächsten, kurzen Kapitel nur noch ein wenig ein, da ich von „Unschärfen“ nicht mehr sprechen mag: Wo ich schon das Modell vom „Schallstrahl“ zurückweisen muss, da müsste es eher missverständlich geraten, den Schallstrahl detailliert abzuwägen.

Die folgende Betrachtung von Kuttruff hingegen möchte ich anführen, weil sich diese Ausführungen und Betrachtungen zumindest sinnvoll daran orientieren, was auch real beobachtet bzw. gehört werden kann:

Vereinfachend gesprochen „sehen“ tiefe und mittlere Frequenzen kleiner dimensionierte Löcher oder Unterbrechungen nicht. So ist es mithin – wenn auch ausdrücklich nur verbildlichend – zu lesen.

Und so beschreibt Kuttruff uns die unterstellte Vereinfachung auch an anderer Stelle sehr anschaulich – die dazu führt, dass man ohne größere Probleme recht zwanglos arbeiten kann. Das Prinzip ist für den Durchgang von Schall, also für Löcher oder Öffnungen, dasselbe wie für Hindernisse, an denen Reflexion stattfindet und wird von Kuttruff in Bezug auf die Reflexion wie folgt beschrieben:

„Sind die Wandelemente […] sehr klein gegenüber der Wellenlänge (linkes Teilbild), dann nimmt der Schall die Unebenheit sozusagen gar nicht wahr und reflektiert die Welle wie eine völlig ebene Fläche.“

(Kuttruff, H.: Akustik – Eine Einführung; Hirzel 2004 – Seite 130)

Die folgende Illustration von Kuttruff dazu, Fig. 7.13 von Seite 130, habe ich zur schnelleren Verständlichkeit insoweit überarbeitet, als ich über seinen Grafiken die „Wellen“ mit unterschiedlichen Durchmessern zusätzlich symbolisiert habe:

(Reproduktion in modifizierter Darbietung nach: Kuttruff, H.: Akustik – Eine Einführung; Hirzel 2004 – Seite 130; Fig. 7.13)

In Fachbüchern zur (Raum-) Akustik taucht bisweilen ein wohlgemeintes Bekenntnis auf, die Leserschaft mit verkürzten Darstellungen vor der verwirrenden Komplexität des physikalischen Phänomens „Schall“ bewahren zu wollen. – So einfach kann man sich dann auch mal aus der Affäre ziehen…

Jener weiter oben erwähnte Herr (jenes Video eines Vortrages) erläuterte, Frequenzen bis 200 Hz seien Druck wellen – die kürzerwelligen Frequenzen darüber hingegen seien dem Licht ähnlich (genug).

Vorsichtig und sehr zurückhaltend bewertet, sind solche Betrachtungen nicht sinnvoll.

Das weiß auch jeder, der sich intensiver mit Schall auseinandersetzt. Und Kuttruff pocht mehrfach auf eine klare Differenzierung, worauf ich auch später noch umfangreicher eingehen werde. Hier schon einmal seine sehr eindringliche Beschreibung:

„[…] der Übersichtlichkeit halber nur durch eine Wellennormale, gewissermaßen durch einen ‚Schallstrahl‘ repräsentiert.“ (Kuttruff, Akustik – Eine Einführung, Hirzel Verlag, 2004 – Seite 90)

Ich hebe ausdrücklich hervor: Wenn von der „Wellen normalen“ die Rede ist, dann wird ein Standardisierungsformat eingebracht, mit dem man mathematisch arbeiten kann! Außerdem ist die Darstellung insoweit unmissverständlich, als Kuttruff formuliert, der zugrunde gelegte „Schallstrahl“ sei eine Repräsentation – also ein platzhaltendes mathematisches „Subjekt“!

Dennoch klammert man sich offenbar gern an diese Modelle – vermutlich, weil sie den Schall recht plastisch abbilden.

Auch Ulf-J. Werner schiebt sich mit einer erfrischenden Intransparenz durch einen von der Physik letztlich doch hinlänglich ungelichteten Nebel hindurch:

„Schallwellen als mechanische Wellen stellen sowohl zeitlich als auch räumlich periodische Änderungen eines schwingungsfähigen Mediums dar. Ihre Übertragung erfordert demzufolge elastische Kopplungen von schwingungsfähigen Systemen […]. Die von einem solchen System erzeugten Schwingungen werden somit erst durch die Übertragung in einem Medium zu einem Wellenvorgang, der von einem Empfänger wiederum als Schwingung registriert werden kann.“

(Werner, Ulf-J.: Handbuch Schallschutz und Raumakustik; Beuth 2015 – Seite 41)

Das „Medium“ kann zum Beispiel Luft sein; das schwingungsfähige System bilden bewegungsfähige Moleküle.

Aber was bedeutet „Wellenvorgang“, wenn Kuttruff für den Sender und den Empfänger sorgsam von „Schwingung“ schreibt?

Eines der Probleme, die solche Beschreibungen umgehen, ist, dass die rhythmische Verdichtung von Teilchen im schwingungsfähigen Medium tatsächlich keine ‘mechanische Welle‘, sondern eine mechanische Periodizität ist. Es handelt sich um Dichtestöße, die in derselben Richtung wirken, wie die Ausbreitung. Im gasförmigen Medium sind die Teilchen letztlich so lose angeordnet, dass der Raum für die Komprimierung vorhanden ist – so dass sich im gasförmigen Medium auch keine auf- und abwärts schwingenden Wellen abbilden.

Und nun sage ich: … wenn nichts im Wege ist, dass die reguläre Ausbreitung stört.

Regt man zum Beispiel das Wasser in einem Aquarium durch seitliches Auflegen eines Lautsprechers akustisch an, dann bilden sich an der Oberfläche Wellen ab – weil die Flüssigkeit bereits eine Teilchendichte hat, die einen Spannungsausgleich erzwingt.

In meinem Kapitel „Abschied von der Welle“ spreche ich die Chladnischen Klangfiguren an. Dabei werden Muster oder „Ornamente“ erzeugt, indem man Sand oder Gries auf Metallplatten streut und diese mit unterschiedlichen Frequenzen anregt. Die Schwingungen selbst wären – im besten Falle – an der Oberfläche als Unschärfe sichtbar, ansonsten aber mit bloßem Auge nicht zu erkennen. Die Muster, die die Körnchen auf den Platten abbilden, offenbaren Spannungsfelder: Die Körner kommen dort zur Ruhe, wo die Platte nicht schwingt.

Mit einem anderen Beispiel möchte ich noch einmal darauf hinweisen, was es letztlich bedeutet, wenn Werner die Anregung unterschiedlicher schwingungsfähiger Medien beschreibt. Vielleicht am deutlichsten anhand einer angezupften Gitarrensaite lässt sich die Problematik aufzeigen:

Nicht allein die „Amplitude“, also hier konkret die Schwingungshöhe der Saite, bestimmt den Schalldruck, der an die Luft abgegeben wird. Bei gleicher Schwingungshöhe der Saite bestimmt die Spannung der Saite, wie laut der Klang abstrahlt. Die Lautstärke ist Indikator für die Energie, die aufgewendet werden musste, um die Spannung der Saite zu überwinden.

Wiederum – nur vereinfachend – ist verschiedentlich zu lesen, die Amplitude der Schallwelle drücke deren Lautstärke aus. Aber: Die Schallwelle selbst hat in diesem Sinne keine Amplitude. Sondern die als Schall übertragene Energie bestimmt sich über die Stärke der Verdichtung der Teilchen.

Für den Schalldruckpegel bestimmend ist nicht die tatsächliche Schwingungshöhe der Ursprungsquelle, sondern – auf welchem Wege diese auch immer in das umgebende Medium eingebracht wird – die Energie, die jene Ursprungsquelle innerhalb der Frequenz an die Umgebung abgibt.

Was aber ist die „Schallwelle“ – jenes „Phänomen“ zwischen Impulsgeber und Schallempfänger?

Werner beschreibt es so:

„Bei den Längs- oder Longitudinalwellen stimmen Schwingungsrichtung und Ausbreitungsrichtung überein […]. Bei dieser Wellenform handelt es sich um Dichtewellen, wobei sich die einzelnen Moleküle in Ausbreitungsrichtung hin und her bewegen.“ (Werner, Ulf-J.: Handbuch Schallschutz und Raumakustik; Beuth 2015 – Seite 52)

Diese Longitudinalwelle – auf die ich an anderer Stelle noch genauer eingehen werde – ist also die Aneinanderreihung von Dichtestößen: So eine Art „Staffellauf“.

Solche „Stoßwellen“ sind nicht vereinbar mit der Vorstellung von Schall-„Wellen“, weil es keine amplitudischen Auf- und Abwärtsschwingungen gibt – sondern diese erst als Masseausgleich zum Beispiel an einer Wasseroberfläche oder als Spannungsschwingung an einer Membran oder einem sonstigen Festkörper sichtbar werden.

In festen Körpern treten unterschiedliche Formen der Ausbreitung auf, in Abhängigkeit von den Eigenschaften der Feststoffe (U.-J.Werner, Handbuch Schallschutz und Raumakustik; Seiten 53/54): Sowohl Dehn- als auch Biegewellen sind letztlich Ausgleichsbewegungen im Festkörper – also eher Nebenerscheinungen des Energietransfers.

Vor allem geht es mir mit diesem Buch also darum, auf die umfangreichen Ungereimtheiten aufmerksam zu machen, die die Physik uns in Sachen und Angelegenheiten des Schalls bisher locker und teuer verkauft.

Un-Schärfen

Im Zusammenhang mit „Wellenlängen“ und „Amplituden“ möchte ich nur knapp erläutern, was ich meine, wenn ich bereits von „Unschärfen“ gesprochen hatte.

Ich gebe zu: Ich möchte das nur noch am Rande anreißen, denn wie ich ebenfalls schon angedeutet hatte, empfehle ich unbedingt, sich von der Vorstellung vom „Schallstrahl“ zu verabschieden – und auch den Begriff der „Schallwelle“ am besten hinter sich zu lassen.

Aber wenn Kuttruff uns erläutert hat, dass sich die geometrische Raumakustik, die Analogisierbarkeit schlicht unterstellend, bei der geometrischen Optik bedient, dann muss ich auch kurz darauf eingehen.

Der „Schallstrahl“ als Repräsentant einer „Schallwelle“:

Die Schallwelle von 440 Hz weist – im Modell – eine Wellenlänge von runden 77 cm auf. Eine Schallwelle von 20.000 Hz, die als Obergrenze des für das menschliche Ohr Hörbaren gilt, ist noch immer 1,7 cm lang. Der „höchste“ tiefe Ton weist mit 200 Hz eine Wellenlänge von bereits 170 Zentimetern auf – und der tiefste Ton auf einem gängigen Flügel hat mit 27,5 Hz eine Wellenlänge von über 12 Metern.

– Von einem untypischen Flügel werde ich später berichten, der mit seinen 97 Tasten volle acht Oktaven abdeckt und bis zirka 16 Hz hinunterreicht. –

Nur zum Vergleich gehe ich auf die Optik, und damit auf „Lichtstrahlen“ ein: Ein Blauviolett weist eine Wellenlänge von 380 Nanometern oder 0,00038 mm auf; gerade noch sichtbares Rot kommt mit 780 nm oder 0,00078 mm daher.

Aber es stimmt nicht und ist eben nicht wahr, dass eine Schallwelle eine „Welle“ sei – außer, man versteht den Begriff der Welle als Ausdruck für Periodizität.

Man kann selbstverständlich aus der für das jeweilige Medium bekannten Schallgeschwindigkeit – besser: der Reichweite des Schalls pro Zeiteinheit in einem bestimmten Medium – rein rechnerisch ein Längenmaß ermitteln.

Tatsächlich aber ist die Frequenz des Schalls ein umgekehrt proportionaler Ausdruck für die Dauer der Unterbrechung zwischen zwei Impulsspitzen.

Was nichts anderes bedeutet, als dass, je größer die Zahl der Hertz-Einheit (Hz), desto mehr Schwingungen pro Sekunde stattfinden – das heißt, desto kürzer die jeweiligen Impulsunterbrechungen sind.

Die Zeitdauer zwischen zwei Impulsen als „Wellenlänge“ zu interpretieren, und somit in einer Längeneinheit auszudrücken, ist mathematisch sicherlich korrekt. Physikalisch hingegen ist das bedenklich, wenn man daraus eine Schwingung, und somit das Auf und Ab einer Wellenbewegung ableitet oder suggeriert.

Wie ich bereits im vorhergehenden Kapitel aufgezeigt hatte, kann man mit unterschiedlich großen Reflektoren auf verschiedene Frequenzen auch gezielt unterschiedlich eingehen. Ganz unabhängig davon, mit welcher Modellvorstellung man das beschreiben möchte, so ist dieser Effekt beobachtbar – oder eben besser: hörbar. Und auch messbar.

Kuttruff beschreibt es so:

„Sind die Wandelemente […] sehr klein gegenüber der Wellenlänge […], dann nimmt der Schall die Unebenheit sozusagen gar nicht wahr und reflektiert die Welle wie eine völlig glatte Fläche“. (Kuttruff, Heinrich: Akustik – Eine Einfühung; Hirzel 2004 – Seite 130)

Mit „nimmt der Schall […] sozusagen gar nicht wahr“ spricht Kuttruff selbstverständlich ausschließlich im Rahmen der Modellvorstellung. Für glatte Oberflächen gilt dort – und auch im Regelfall der beobachtbaren Anwendung: Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel!

Ich erinnere an dieser Stelle an Deckenplatten, so genannt akustisch wirksame Platten, mit Löchern unterschiedlicher Größe darin. Diese Löcher erhöhen so etwas wie Porosität. Nicht mehr.

Natürlich können Hersteller deren unterschiedliche Wirksamkeiten (in unterschiedlichen Frequenzen) belegen. Aber das hängt schlicht mit Porosität und deren schädlicher Wirkung für so etwas wie Schalldruck zusammen – und wiederum auch mit Resonanz.

Wie sich diese Porosität der sichtbaren Deckung (die sichtbare Oberfläche der Akustikplatte) auf den Schall auswirkt, wird ganz wesentlich von deren Dicke, von aufliegendem absorbierenden Vlies, dem verbleibenden Hohlraum und von der Entfernung zur tragenden Decke mitbestimmt. Und – manchen ist dies auch aus praktischem Missgeschick bekannt – auch davon, wie die äußerste Schicht beschaffen ist: Eine gut gemeinte Renovierung kann den Einfluss einer akustisch wirksamen Decke mindestens im hochfrequenten Bereich vollständig negieren, wenn porenschließend eine gewöhnliche Wandfarbe aufgerollt wird. Eine porendichte Farbe bildet eine schallharte Oberfläche.

Auch auf die „Amplitude“ möchte ich einen kurzen Blick werfen, die ebenfalls groß und unscharf sein kann – oder so unfassbar klein, dass die Linie eines noch so dünnen Zeichenstiftes sie fehlerhaft und gleichsam baumstammdick abbildet…

„Eine noch größere Empfindlichkeit würde […] zu einem von der Mikrostruktur der Materie (BROWNsche Molekularbewegung) verursachten Dauergeräusch in Form eines Rauschens führen.“ (ebenda)

Die Dauerpräsenz dieses Molekularrauschens, wenn auch ohnehin nur irrwitzig leise, wäre gewiss nur eine Frage der Gewohnheit.

Der schottische Biologe Robert Brown (1773 – 1858) hat damit die Grundlage der Diffusion in Flüssigkeiten und Gasen beschrieben – deren ständige Bewegungen von Atomen und Molekülen uns also immer und überall durch Geräusche begleiten würden.

An die Feststellung von Werner zum Hören an der Hörschwelle anknüpfend: Sollen wir nun, im Umkehrschluss – und um die Schmerzgrenze herum – von einer Schwingung von 10 Metern für eine durch extremen Schalldruck angeregten Membran ausgehen?

Selbstredend nicht. Das menschliche Trommelfell könnte diesem Schwingungsausschlag noch nicht einmal annähernd folgen. Und muss es auch nicht, um irgendwo oberhalb der Schmerzgrenze daran zu zerreißen…

Leider – oder lieber – ist Werner dieser Frage nicht nachgegangen. Und hat sich aus meiner Sicht gedrückt vor den Unwägbarkeiten des tatsächlich Unbekannten.

So oder so, es bleibt allein ein „Vergleich“, der entsteht, wenn am Ende eine übertragende, eine von der Schallenergie angeregte Membran den Schall sichtbar oder im Wortsinn hörbar macht. So also die Membran eines Messinstrumentes. Oder unser Trommelfell.

Beide können die Energieanregung abbilden, aber die Schwingungsanregung nicht linear, sondern nur proportional abbilden – und im schlimmsten Fall am oberen Ende der Skala: daran reißen oder „platzen“.

Vielleicht darf ich das Phänomen der Schallwahrnehmung salopp umschreiben: Es geht um nichts anderes, als wir auch vom Wetter kennen, um Luftdruck. – Und mit den Ohren unter Wasser ist es dann Wasserdruck.

Schlicht und ergreifend temporäre Druckänderungen sind das, was so etwas wie „Hören“ ermöglicht.

Weshalb wir das Wetter nicht hören?

Die Druckunterschiede müssen so plötzlich auftreten, dass sie geeignet sind, eine Membran – also konkret unser Trommelfell – in Schwingungen zu versetzen.

Genug des Vergleichens und Gegenüber stellens, wenn ich schlussendlich sage, dass wir uns die Ausbreitung von Druck„wellen“ in Wahrheit ganz anders vor stellen müssen. An allen Gegenständen – etwa an einer Membran – kann man zwar einen Wellenausschlag ablesen. Jedoch ist das nur die mechanische Wirkung auf den von Druckenergie getroffenen festen Körper.

Zu vieles deutet darauf hin, dass die tatsächliche Ausbreitung des Schalldrucks ganz anderen Gesetzen gehorcht.

Es wäre unhandlich und wahrhaftig für den gängigen Gebrauch sehr sperrig, den Begriff der „Schallwelle“ zum Beispiel zu ersetzen durch: transparente Energietransmission. Auch verwirrt daran, von Transparenz zu sprechen, nur weil man Schall nicht sehen kann. Klar und durchsichtig ist Schall – in der Theorie – eben überwiegend doch nicht.

Vielleicht präziser aber nicht weniger unhandlich: mechanische Energietransmission.

Der Begriff der „Schallwelle“ hingegen ist griffig und dabei auch noch recht handlich. Er beschreibt auch einige der Symptome, die beobachtet werden können. Und weiterhin die Periodizität von Schall. Dennoch ist der Begriff geeignet, für mehr Verwirrung als Klarheit zu sorgen.

kleiner Exkurs

– Raum und Zeit

Sabine‘s Kritik an der Ästhetik

Ich nehme es vorweg und gebe es gleich selbst zu:

Den kundigen Leser habe ich gerade gefoppt. Denn mit „Sabine“ verbindet, wer mit Raumakustik zu tun hat, Wallace Clement Sabine.

Kurz für alle, die mit Raumakustik bisher zumindest so wenig zu tun hatten, dass sie den Herrn noch nicht kennengelernt haben:

Die Chancen standen ohnehin nicht mehr gut, heute wenigstens jemanden anzutreffen, der Wallace C. Sabine persönlich gekannt haben könnte. Am 13. Juni 1868 geboren, verstarb er am 10. Januar 1919 – und deutlich – verfrüht.

Ich zitiere ganz ungeniert aus ‚‚www.britannica.com‘, dort aus der Kurzbiografie zu Wallace C. Sabine:

„Nach seinem Abschluss 1886 an der Ohio State University nahm Sabine seine wissenschaftliche Arbeit an der Harvard University auf, wo er später die Fakultät übernahm. Als brillanter Forscher liebte er die Lehre, aber machte sich nie die Mühe, zu promovieren; seine Publikationen waren bescheiden an der Zahl, aber inhaltlich herausragend.

Als Harvard 1895 das Fogg Art Museum eröffnete, zeigte das Auditorium schwerwiegende akustische Mängel […]. Man zog Sabine hinzu, ein Heilmittel zu finden. Seine Entdeckung, dass das Produkt der Nachhallzeit, multipliziert mit der absoluten Absorption in einem Raum proportional zum Volumen des Raumes sei, ist bekannt als das ‚Sabine‘sche Gesetz‘ […].

Das erste Gebäude, das in Übereinstimmung mit den Grundsätzen von Sabine gestaltet wurde, war die Boston Symphony Hall, die 1900 eröffnet wurde und akustisch einen großen Erfolg bewiesen hat.“ (in eigener Übersetzung entnommen von: https://www.britannica.com/biography/WallaceClement-Ware-Sabine)

Es liegt mir fern, Herrn Sabine diesen Erfolg streitig zu machen. Aber Sabine hat in Fachbeiträgen auch deutlich darauf hingewiesen, dass die von ihm aufgeschlüsselte Regel auch Mängel aufweise. Einigen dieser Hinweise folge ich in diesem Buch an anderen Stellen – und ausführlich. Ich möchte aber nicht versäumen, insbesondere auf das Kapitel „Schon Sabine hat‘s gewusst“ in meiner Publikation „PrimOrdium“ zu verweisen.

Nein, ich habe Sabine‘s Niederschriften nicht vollumfänglich gelesen. Aber auf einige Details und Hinweise, die Wallace C. Sabine uns hinterlassen hat, muss ich eingehen, die nämlich aus meiner Sicht nicht nur interessant, sondern gerade sehr bedeutsam sind.

Erste kurze Einblicke in Sabine‘s Leben und Wirken bietet die „American Physical Society“: mit einem Beitrag in den „APS-News“ vom Januar 2011 (Volume 20, Number 1) – anlässlich des Todestages von Wallace C. Sabine.

Der Autor Alan Chodos bezieht sich dabei umfangreicher auf die „Collected Papers on Acoustics“, die 1922, drei Jahre nach Sabine‘s Tod, veröffentlicht worden waren – als Sammlung mehrerer Publikationen in Fachzeitschriften in den Jahren von 1900 bis 1915.

„[…] hat Sabine einige Jahre darauf verwendet, die akustischen Verhältnisse im Hörsaal des Museums und die des Sanders-Theaters zu studieren – Letzteres weithin als akustisch hervorragend angesehen – um herauszufinden, was die Unterschiede in der akustischen Qualität zwischen beiden verursacht. Insbesondere versuchte er, eine objektive Formel, einen Standard herauszufinden, um die Gestaltung von Aufführungs- und Vortragssälen akustisch messen und einschätzen zu können.

Das war keine leichte Aufgabe, da so viele unbekannte Einflüsse berücksichtigt werden mussten. Sabine und seine Assistenten testeten die Räume immer wieder unter verschiedenen Bedingungen, trugen das Material von hier nach dort und wieder zurück zwischen den beiden Hallen [eig. Anm.: beide Hallen liegen tatsächlich nur einige Fußminuten auseinander] und machten gewissenhafte Messungen – nur mit einer Orgelpfeife und einer Stoppuhr. Er maß, wie lange es bei unterschiedlichen Frequenzen dauerte, bis der Ton nicht mehr hörbar war – unter verschiedensten Bedingungen: mit und ohne Orientteppiche, Sitzkissen, abwechselnden Anzahlen von Personen, und so fort. So fand er etwa heraus, dass ein durchschnittlicher menschlicher Körper den Nachhall so stark reduzierte wie sechs Sitzkissen.“ (https://www.aps.org/publications/apsnews/

201101/apsnews/201101/physicshistory.cfm) – [in eigener Übersetzung]

Man liest dort auch, was ich hier nun – zum Zwecke der Hervorhebung – im Anschluss zitiere:

„Sabine hatte keinerlei besondere Sachkenntnis in Akustik – er hatte auch nicht promoviert, obgleich er ein herausragender Lehrer und Forscher war – aber er stellte sich beharrlich auch dieser Herausforderung, wie er es mit jeder anderen physikalischen Fragestellung getan hätte.

Er ging das in der Weise an, dass er sich den Schall in Räumen als diffusen Energiekörper vorstellte – statt den im 19. Jahrhundert üblichen geometrischen Ansatz zu übernehmen, der dazu führte, dass man die Ausbreitung der Schallwellen lenkte. Sabine fokussierte seine Untersuchungen auf die Schall absorbierenden Eigenschaften unterschiedlicher Materialien und Gegenstände und deren jeweiligen Einfluss auf die Nachhallzeiten.“ (ebenda) [in eigener Übersetzung]

Was mag Sabine motiviert haben, mit den Traditionen zu brechen und einen gänzlich neuen Ansatz zu verfolgen?

„Komponisten waren sich der Wichtigkeit der Akustik stets bewusst, die durch einen für die jeweilige Aufführung bestimmten Raum vorgegeben war. Zum Beispiel kommt Gregorianischer Gesang in mittelalterlichen Kirchen bestens zur Geltung; dasselbe gilt für Orgelmusik, wie etwa Bach‘s ‚Toccata und Fuge in D-Moll‘. Ganz im Gegensatz dazu komponierten Mozart und Haydn Musik, die in reich möblierten Kammern, somit auch vor kleinerer, intimerer Hörerschaft gespielt wurde. Solche Stücke verlieren ihre Klarheit, wenn sie in großen, halligen Räumen aufgeführt werden.“ (ebenda) [in eigener Übersetzung]

Sabine war also – zu allem Überfluss – auch konfrontiert mit einem neuen Unterhaltungskonzept: Längst wurde die kleine Kammermusik vor großem Publikum aufgeführt. In der kleinen Kammer gab es aber nicht nur relativ viel Absorption und Diffusion, sondern vor allem eine geringe Distanz zur kleinen Hörerschaft.

Sabine war auf ein weiteres Problem scheinbar nicht eingegangen: Dass er zwei Säle miteinander verglich, die zwar auf den ersten Blick ähnlich (genug), aber auf den zweiten Blick bedeutende Unterschiede aufweisen. – In meinem Kapitel „Wonach wir suchen“ gehe ich darauf detailliert ein.

Auch war Sabine nicht ganz unvoreingenommen und unterschied – zumindest tendenziell – zwischen der Nutzung eines Raumes für Musik oder für Sprache. Möglich, dass er damit früh einem Missverständnis den Boden bereitet hat, das zwar schon in den 30er Jahren erkannt wurde, sich aber letztlich noch heute als beherrschend zeigt – nicht nur in einer DIN 18041.

Bis in die Gegenwart hinein stellt man sich der Raumakustik mit unterschiedlichen Ansätzen für Musik oder Sprache: Man empfiehlt überwiegend mehr Nachhall für Musik aller Art, als für sprachliche Kommunikation… dann passt das schon.

Aber hatte Sabine das auch so beabsichtigt?

Es gibt schon beim groben Hinschauen so viele Hinweise darauf, dass Sabine einfach nicht fertig geworden war. Sein vorzeitiger, sein nachgerade überstürzter Tod ist darunter noch der schlechteste Beleg:

„Die Belastungen all seiner Aktivitäten während des Ersten Weltkriegs forderten, wie auch immer, ihren Tribut von seiner ohnehin angeschlagenen Gesundheit, als er am 10. Januar 1919 an Komplikationen verstarb, die mit der Behandlung einer Nierenentzündung einhergingen […].“ (ebenda) [in eigener Übersetzung]

Nun ließe dieser verkürzte Beitrag in den APS-News durchaus den Schluss zu, Sabine habe seine Erkenntnisse nur auf zwei Säle gestützt. Das hat er nicht! Sabine hat in vielen unterschiedlichen Räumen gemessen. Umso mehr wundere ich mich, dass man heute – über einhundert Jahre später – noch immer so sorglos auf eine an sich noch ganz und gar unvollständige wissenschaftliche Erarbeitung eines allgemeingültigen Schemas dogmatisch zurückgreift. Statt sich den weitergehenden Hinweisen Sabine‘s mit Akribie zu widmen.

Ich bezweifle, dass Wallace C. Sabine das gewollte hätte – und halte es für voreilig, aus Sabine‘s Erfolgen zu schließen, dass diese Formel Sabine‘s Weisheit letzter Schluss gewesen sei. Hatte er denn – wenn man alle Umstände angemessen würdigt – schon einen Schluss gezogen, der die Grundlage für eine Theorie bietet?

Wenn es im ausklingenden 19. Jahrhundert ein so neuer Ansatz war, der Absorption überhaupt Aufmerksamkeit zu schenken, dann erscheint es plausibel, dass Sabine sich erst einmal ganz konzentriert den absorbierenden Eigenschaften von Materialien und Gegenständen widmete… und fasziniert und staunend entdeckte, was man mit Absorption machen kann. – Und auch, welche Probleme damit einhergehen.

Dass man rund ein Jahrzehnt später – und mathematisch hergeleitet – das Sabine‘sche Gesetz hat bestätigen können, belegt noch nicht, dass nun alle notwendigen Einflussgrößen der akustischen Praxis hinreichend berücksichtigt seien.

Es wäre unangemessen, Wallace C. Sabine anzulasten, dass aus seiner Formel für die Absorption von Schall in Räumen ein einhundert Jahre währendes Dogma wurde.

Nun aber gehe ich erst einmal von „dem“ Sabine zu „der“ Sabine:

Als ich bemerkte, dass die Website von Sabine Hossenfelder im Reiter des Browsers einfach nur mit „Sabine“ firmiert, da lag es für mich spontan nahe, diese kleine Spielerei zwischen Wallace C. und „der Hossen felder“ anzustelllen.

Inzwischen präsentiert Sabine Hossenfelder ihre Website anders – und so werden Außenstehende diesen Gedanken nun nicht mehr nachvollziehen können.

Sabine Hossenfelder hat mit so bodenständiger Physik, wie etwa der Raumakustik, wenig am Hut. Hossenfelder balanciert zwischen den ganz kleinen Teilchen – und dem großen Ganzen: auf dem Seil der theoretischen Physik. Aber auf ihrem Youtube-Kanal „SCIENCE without the gobbledygook“ – zu Deutsch etwa „Wissenschaft ohne Kauderwelsch“ – ist kaum ein Thema vor ihr sicher.

„Was läuft falsch in der gegenwärtigen Physik?“ titelt Sabine Hossenfelder etwa an der Universität Stuttgart (siehe unten). Mit ihrem Vortrag hat sie nicht nur ihr erstes Buch beworben, sondern gibt auch aufschlussreiche Antworten und präsentiert eine sehr unterhaltsame Kurzfassung zu ihrer Publikation. Dabei erscheinen diese Einblicke in die theoretische Physik wie austauschbar mit solchen in die akustische Physik. Insoweit ist der Video-Beitrag vollkommen ernst zu nehmen – und doch auch meisterlich satirisch.

„Gibt es eine Krise in der theoretischen Physik? Ja, inzwischen habe ich den Eindruck, dass dem so ist“, räumt Hossenfelder am 29. April 2019 ein, fährt dann aber fort:

„Ich mag es nicht besonders gerne, wenn man hier von einer Krise redet, weil ‚Krise‘ so optimistisch klingt. Das klingt so, als hätten die Physiker verstan den, dass etwas falsch gelaufen ist und jetzt umdenken. Dem ist aber nicht so. Deshalb rede ich lieber von einer Stagnation. Es tut sich einfach nichts.“

(benanntes Youtube-Video; min. 04:40 – 05:04)

Ih gebe zu: Ich fand mich sogleich in der Raumakustik wieder…

Dennoch ist vermutlich die allgemeine Situation nur in Teilen vergleichbar. Denn für die Raumakustik arbeiten ein Interessenverband und verbundene Personen mit Ausdauer und Energie daran, diese Stagnation normativ zu zementieren.

„Die allgemeine Relativitätstheorie ist mehr als 100 Jahre alt. Die Entwicklung des Standardmodells wurde in den 70er Jahren abgeschlossen. Seitdem hat sich natürlich auf der experimentellen Seite noch mehr getan. […] Aber die Theorien, die dazugehören, gibt es schon mehr als 40 Jahre. Die kosmologische Konstante wurde schon ursprünglich von Einstein eingeführt, die Theorie vom Higgs-Boson kommt aus den 60er Jahren […] Seit den 70er Jahren hat sich die mathematische Struktur dieser Theorien nicht geändert.

Aber es ist nicht so, dass wir sagen können: ‚Okay, wir hören auf mit den Grundlagen der Physik. Wir sind fertig […]‘ – Wir wissen, das war‘s nicht. Wir haben noch Fragen, auf die wir Antworten wollen. […]

Auf der ersten Folie hatte ich die allgemeine Relativitätstheorie neben dem Standardmodell, und nicht zusammen [gezeigt]. Das liegt daran, dass diese beiden Theorien sich nicht vertragen. Die funktionieren nicht zusammen. Man sieht das Problem relativ einfach – aber es zu lösen ist sehr schwierig.[…] Man kennt dieses Problem seit den 30er Jahren. Eine Lösung dazu haben wir immer noch nicht.“

(benanntes Youtube-Video; min. 05:04 – 08:00)

Auf den ersten Blick gefällig und einsehbar, macht Hossenfelder folgende Feststellung:

„Die Physik ist eine der ältesten Naturwissenschaften. Und die einfachen Dinge wurden schon gemacht.“

(benanntes Youtube-Video; min. 9:12 – 09:18)

Für die Raumakustik ebenso wie für die theoretische Physik melde ich meine Zweifel an: In einer Sackgasse verrennen konnte man sich noch stets prächtig mit komplizierten und komplexen Lösungsansätzen. Und so stelle ich – von mir aus äußerst kühn – auch für die theoretische Physik die Frage: Ist nicht das Grundmodell, das man ‚eigentlich‘ sucht, viel weniger komplex?

Ich folge Hossenfelder weiter:

„Das ist auch noch so ein Grund, weshalb ich das Gefasel über die Krise nicht hilfreich finde. Woher wissen wir denn eigentlich, ob wir in der Krise sind? Wir haben ja kein Paralleluniversum, mit dem wir das vergleichen können.

Ich denke, eine bessere Frage ist: ‚Tun die Physiker denn das Beste, das sie tun könnten?‘ Und die Antwort darauf ist meiner Meinung nach: Nein.

Denn sie konzentrieren sich auf die falschen Probleme.“

(benanntes Youtube-Video; min 9:24 – 9:50)

Das erging mir mit der Raumakustik vergleichbar: Widersprüche schon in der Theorie und Ungereimtheiten in den Lösungsansätzen ließen mich irgendwo zwischen unzufrieden und ratlos zurück.

Und natürlich gibt es in der Wissenschaft – wie auch im gewöhnlichen Leben – ein weiteres Problem:

Sattheit.

Sattheit befördert ein Verhalten, das Hossenfelder in ihrem Vortrag so beleuchtet:

„Das Standardmodell der Teilchenphysik und auch die Allgemeine Relativitätstheorie beruhen sehr stark auf Symmetrieprinzipien. Da macht es sicherlich Sinn, dass man versucht, Schönheit – also diese Symmetrieprinzipien – auch weiter anzuwenden. Aber dieser Erfahrungswert ist nicht sehr hilfreich, wenn man neue Theorien entwickeln will, die aus komplett neuen mathematischen Strukturen bestehen – für die man diesen Erfahrungswert einfach nicht mehr anwenden kann.

Ästhetische Kriterien. Die Zusammenfassung ist: Sie basieren auf Erfahrung, aber wir wissen nicht, ob sie auch für neue Theorien gelten. Die wissenschaftliche Herangehensweise wäre deshalb, dass wir ästhetische Kriterien als Hypothesen benutzen und dann testen, ob sie funktionieren. Man hat ästhetische Kriterien benutzt. Man hat getestet, ob sie funktionieren. Aber sie funktionieren seit 40 Jahren nicht. Trotzdem benutzt man sie weiter. Und ich denke, das ist der Grund, weshalb wir in den Grundlagen der Physik diese Stagnation sehen. […]

Was passiert, wenn wir ein Experiment machen, um unmotivierte Thesen zu testen, ist, dass wir mit großer Wahrscheinlichkeit mehr negative experimentelle Resultate bekommen. Das heißt, wir bestätigen nur die Theorien, die schon bekannt sind. Wir finden keine Hinweise auf neue Phänomene. Jetzt ist es natürlich so, dass negative Resultate auch Resultate sind. […] Aber wenn Sie eine neue Theorie entwickeln wollen, dann sind das keine besonders hilf reichen Resultate. Was Sie eigentlich haben möchten: […] Daten […] für irgendwelche neuen Effekte, die Sie dann mit Ihren Theorien beschreiben können.

Das passiert aber nicht. Und weil wir diesen Datenmangel haben, bleiben wir auf diesen unmotivierten Thesen sitzen. Da kriegen wir wieder negative experimentelle Resultate… und so weiter und so fort.“

(benanntes Youtube-Video; min. 40:22 – 42:30)

Ein solcher Teufelskreis erzeugt auch Frustration – die wiederum massiv auf die Arbeitsmoral drückt.

Aber „wenn‘s um Geld geht“, dann geht es auch um den eigenen Stand. Man muss „gute“ Ergebnisse vorweisen können. Präsentiert diese dann aber mit umso lauterem Getrommel?

Und also noch einmal zu Hossenfelder. Denn bei aller Ernsthaftigkeit liefert sie auch wieder eine amüsante Parabel für die Situation in der Raumakustik:

„[…] ich [nicht] die Erste bin, die darauf hinweist, dass das Schönheitskriterium nicht objektiv ist, sondern subjektiv. Natürlich ist den Physikern das auch durchaus bewusst. Die sagen das auch gerne […]

Die größte Frage von allen ist deshalb: Wenn Schön heitsargumente so schlecht funktionieren, warum benutzen Physiker sie dann dennoch?

Funktioniert jetzt schon seit 40 Jahren nicht, aber man macht immer noch dasselbe.

Ich denke, ein plausibler Grund dafür ist: Sie machen es, weil alle anderen es auch machen. Es ist einfach allgemein akzeptierte Praxis […], dass man diese Schönheitsargumente benutzt. Da zieht keiner mehr die Augenbrauen hoch.“

(benanntes Youtube-Video; min. 52:24 – 53:22)

Und aus ihrer Schlussfolgerung hier – sehr plausibel – wiederum eine eher traurige Wahrheit:

„Die Verwendung von Schönheitskriterien zur Auswahl von wissenschaftlichen Hypothesen ist schlechte Methodik. Solch schlechte Methodik kann akzeptierte Norm werden, wenn viele Wissenschaftler sich gegenseitig versichern, dass sie das Richtige tun.“

(benanntes Youtube-Video; min. 57:24 – 57:52)

Im Grunde ist die Wissenschaft gleichsam „durchseucht“ von einfachsten und ganz „menschlichen“ zwischen menschlichen Prozessen – und verliert daran grundlegend ihre Objektivität.