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Die Nordsee: Mal lässt sie ihre Wellen tosend auf die Küste los. Mal gibt sie sich sanft wie die Schafe auf den Deichen. Zwischen der meistbefahrenen Wasserstraße der Welt, dem Nord-Ostsee-Kanal, und der exklusivsten Insel von allen, Sylt, schmückt sie sich mit Bilderbuchstränden und dem größten Nationalpark des Landes, dem Wattenmeer. Ob zu Fuß, mit dem Rad, auf dem Wasser oder entspannt im Grünen: Entdecken Sie die Wildheit der Nordsee.
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Seitenzahl: 165
Auf dem Kniepsand von Amrum mit Blick auf den Leuchtturm
Stefanie Sohr
Ursprüngliche Natur auf abwechslungsreichen Touren entdecken
Exklusiv für Sie als Leser:
MIT GPS-DATENZUM DOWNLOAD
unter: gps.bruckmann.de
Vorwort
Willkommen bei den oberen Zehntausend
Bruckmann-Tourenfinder
Piktogramme erleichtern den Überblick
Watt- und Wasserwunderwelten
Zu Fuß
1Naturschutzgebiet Kudensee
Versteckte Schönheit der Marsch
2Treibselweg Friedrichskoog
Zur schnellsten Insel der Welt
3Rund um Wesselburen
Auf Hebbels Dichterpfad
4Eiderdamm und Katinger Watt
Die junge Wilde
5Von St. Peter-Bad ins Dorf
Streifzug durch Sandsalzwiesen
6Von St. Peter-Bad nach Ording
Ab durch die Dünen
7Geradeheraus auf Nordstrand
Von Hafen zu Hafen
8Hallig Hooge
Auf der Ringelgansrunde
9Hallig Langeneß
Zum Leuchtturm hin
10Naturschutzgebiet Rickelsbüller Koog
Im Paradies der Nonnengänse
11Auf dem Marschpfad
Stippvisite in Dänemark
12Kampen und der Weststrand
Wellenbrecherrunde auf Sylt
Mit dem Rad
13Expressroute am Nord-Ostsee-Kanal
Canal Grande up platt
14Top of Friedrichskoog
Auf der Seehundroute
15Naturerlebnis Speicherkoog
Neuland in der Meldorfer Bucht
16Im Grenzland von Tönning
Eidermündung per Rad
17Sandbank von Westerhever
Schafe am Strand
18Vor Husums Toren
Sturm und Storm
19Rund um Pellworm
Mitten im Meer
20Beltringharder Runde
Koog ist nicht Koog
21Hallig Langeneß
Von Warf zu Warf
22Dagebüller Deiche
Schimmelreitertour
23Wiedingharder Runde
Kaum was muss, richtig viel kann
24Sylter Nordschleife
Sportlich in Aktion
25Panoramaroute auf Rømø
Lohnender Dänemarkbesuch
Entspannt am Wasser
26Naturschutzgebiet Kleve
Sonnenwiese auf dem Spiekerberg
27Salzwiesenpfad Friedrichskoog
Es war einmal ein Hafen
28Auf nach Helgoland
Im Raubtierkindergarten
29Am Eidersperrwerk
Große Brutkolonienschau
30Badestelle Böhl
Südlichster Sandstrand von SPO
31Schobüller Seebrücke
Deichfreie Ausblicke
32Holmer Siel auf Nordstrand
Das Ende der Insel
33Schlüttsiel
Mit viel Gefühl
34Auf dem Richie-Hügel
Im tiefen Herz
35Dreiinselblick in Utersum
Im Hier und Jetzt auf Föhr
36Amrumer Vogelkoje
Naturerlebnisraum Meeram
37Schifffahrt an der Nordseeküste
Deckpassagenabenteuer
Aktiv am Wasser
38Badestelle Klein-Westerland
Sonnenaufgang am Nord-Ostsee-Kanal
39Badestelle Kaiser-Wilhelm-Koog
Wie wild darf’s denn sein?
40Büsum
Muschelsuchen im Winterwunderwatt
41Badeecke Vollerwiek
Am grünen Grasstrand
42Wellenreiten in St. Peter-Ording
Riders on the Storm
43Alte Warft Stufhusen
Teststrecke für Wattwanderer
44Von Nordstrand nach Amrum
Robinson-Feeling garantiert
45Im Beltringharder Koog
Raum für die Natur
46Hamburger Hallig
Zu den Austernfischern
47Amrumer Odde
Wahre Naturschönheit
48Hörnum Odde
Südspitzencheck
49Strandsauna im Listland
Heißer Tipp für kalte Tage
50Strände auf Rømø
Hygge und Meer
PS:
Register
Impressum
Treppe in den Himmel für Ruhesuchende auf Sylt
2Treibselweg Friedrichskoog
12Kampen und der Weststrand
17Sandbank von Westerhever
22Dagebüller Deiche
24Sylter Nordschleife
25Panoramaroute auf Rømø
28Auf nach Helgoland
40Büsum
41Badeecke Vollerwiek
44Von Nordstrand nach Amrum
48Hörnum Odde
leicht
mittel
schwer
Gehzeit
Weglänge
Höhenunterschied
Wandertour mit Laufrichtung
Tourenvariante
Ausgangs-/ Endpunkt der Tour
Wegpunkt
Bahnlinie mit Bahnhof
S-Bahn
Tunnel
Seilbahn, Gondelbahn
Bushaltestelle
Parkmöglichkeit
Hafen
Autofähre
Personenfähre
Flugplatz
Kirche
Kloster
Burg/Schloss
Ruine
Wegkreuz
Denkmal
Turm
Leuchtturm
Windpark
Windmühle
Mühle
Hotel, Gasthof, Restaurant Jausenstation
Schutzhütte, Berggasthof (Sommer/Winter)
Schutzhütte, Berggasthof (Sommer)
Unterstand
Grillplatz
Jugendherberge
Campingplatz
Information
Museum
Bademöglichkeit
Bootsverleih
Sehenswürdigkeit
Ausgrabung
Kinderspielplatz
schöne Aussicht
Aussichtsturm
Wasserfall
Randhinweispfeil
Maßstabsleiste
Wellen, Wolken, Wind und Möwen – die klassischen Nordseefreuden
DIE WESTKÜSTE VON SCHLESWIG-HOLSTEIN MISST GERADE EINMAL 202 KILOMETER UND LIEGT GRÖSSTENTEILS HINTERM DEICH. Vor dem meterhohen grasgrünen Wall wächst kaum ein Baum, nur selten ein Strauch und fast auf der gesamten Länge zieht sich eine Asphaltpiste zwischen Land und Meer; beziehungsweise Watt, wenn gerade Ebbe ist. Denkt man sich noch die Touristenflut hinzu – zwölf Millionen Übernachtungs- und 13 Millionen Tagesgäste im Jahr –, klingt das Ganze weder zwingend reizvoll noch übermäßig wild. Wäre da nicht die Nordsee.
Die graue Eminenz macht schon seit 350 Millionen Jahren, was sie will, und gilt als besonders dynamisch. Sie gibt rein gar nichts auf den Wetterbericht, schmeichelt sich bei niemandem ein und zieht sich regelmäßig zurück. Sie lässt Wellen wie ein Rudel junger Höllenhunde auf die Küsten krachen. Sie türmt muschelweißen Sand zu hohen Dünen auf. Mal lässt sie neue Inseln wachsen. Mal Deiche brechen. Mal liegt sie sanft und seidig wie ein himmelblauer Spiegelsee. Manchmal knistert das Watt unerhört leise. Manchmal glüht der Meeresboden rot wie die untergehende Sonne. Manchmal erstarrt er zu Eis.
Ein derart starker Charakter ist sogar unter den Meeren selten. Das verdient Respekt. An der Küste, auf den Inseln, den Halligen und im Watt sollte man sich zur eigenen Sicherheit stets mit den örtlichen Spielregeln vertraut machen. Abseits der Promenaden ist man dabei auf sich allein gestellt. Denn es gibt sie eben doch noch, die leeren Landschaften und einsamen Zeiten. Und gleich daneben Wunderwelten, grandios genug, um sie mit anderen zu teilen. Wenn Tausende und Tausende Zugvögel aus den Salzwiesen steigen, Fata Morganen in der Mittagshitze flirren, Robben auf Sandbänken singen oder Schweinswale aus den Wellen tauchen, dann ist die Nordsee so wie Thomas Mann es beschrieb: ein Erlebnis der Ewigkeit.
Herzlichst, Ihre
Im Wattenmeer, dem größten Nationalpark Deutschlands, leben etwa 10 000 Tierarten. Viele sind winzig und derart seltsam, dass sie weltweit nur hier oben ideale Lebensbedingungen finden.
An der Nordseeküste
Das Wattenmeer ist das weltweit größte zusammenhängende Gezeitengebiet, in dem natürliche Prozesse noch weitgehend unbeeinflusst ablaufen dürfen. Von den Niederlanden bis nach Dänemark ist die Nordseeküste daher mit dem Titel UNESCO-Weltnaturerbe geadelt. In Deutschland reicht das Schutzgebiet von Niedersachsen über Hamburg bis nach Schleswig-Holstein, der größten Wattenmeerregion. Sie umfasst Dithmarschen und Nordfriesland, zehn Halligen, vier Inseln und den Außenposten Helgoland, weit draußen zur See.
Moin Moin
Schleswig-Holstein kennt vier offizielle Amtssprachen: Hochdeutsch, Friesisch, Dänisch und natürlich Plattdeutsch.
90
Millionen Vitaminbomben
Wollte jeder Deutsche einen Kohlkopf verspeisen, Dithmarschen könnte ihn liefern. Als größtes zusammenhängendes Kohlanbaugebiet Europas dreht sich zum traditionellen Anschnitt im September alles um Weißkohl, Spitzkohl und Konsorten.
Herausragend
Mit knapp 55 Metern ist die Uwe-Düne auf der Insel Sylt nicht nur der höchste Punkt Nordfrieslands, sondern der gesamten Wattenmeerküste.
Längster Radweg der Welt
Der Nordseeküstenradweg verspricht 6000 Kilometer Meerblick. Die Schleswig-Holsteinische Etappe führt von Brunsbüttel bis zur dänischen Grenze.
1
Quadratkilometer Freiheit
Kein Land in Sicht. Nirgends. Das gibt es höchstens auf Inseln. Und in Deutschland einzig auf Helgoland, diesem kleinen roten Klotz, 40 Kilometer vor der Nordseeküste. Vielleicht hat ja darum unser größtes freilebendes Raubtier, die Kegelrobbe, auf der Helgoländer Düne ihre Kinderstube eingerichtet.
100 000
Schafe
70 Prozent der Deichpfleger Schleswig-Holsteins grasen auf den Nordseedeichen. Prima. So darf man sich dort in den Sommermonaten die Freiheit mit rund 100 000 Schafen teilen.
6 Stunden, 12 Minuten, 30 Sekunden
Gute sechs Stunden Ebbe, gute sechs Stunden Flut. Den Wechsel nennt man auch Gezeiten. Ob ein Wellenbad möglich oder eine Wattwanderung angesagt ist, verrät der Tidenkalender vor Ort. Die Gezeiten ändern sich nämlich täglich und fallen überall anders aus, die Schwankung zwischen zwei Badestellen ist zum Teil erheblich.
Abstecher ans andere Meer
An der schmalsten Stelle lässt sich Schleswig-Holstein an einem Tag durchwandern. Nur 33 Kilometer liegen zwischen der Nordsee bei Husum und Schleswig am Ostseefjord Schlei. Exakt doppelt so lang ist der Nord-Ostsee-Radweg entlang der einzigen Landgrenze, die Dänemark zu bieten hat. Wer das Land zwischen den Meeren länger genießen möchte, wandert oder radelt fernab des Verkehrs am Nord-Ostsee-Kanal von Brunsbüttel nach Kiel.
Wiesenpfad in Seebüll, dem Refugium des Malers Emil Nolde
INFO
PIKTOGRAMME ERLEICHTERN DEN ÜBERBLICK
Gehzeit
Länge
Höhenunterschied
Einkehr
kindergeeignet
Sehenswürdigkeit
wintergeeignet
Bademöglichkeit
ÖPNV
Fähre
Kurabgabe
Fahrrad
ANFORDERUNGEN
LEICHT
Kurze, moderate Runden ohne extreme Steigungen oder Gefälle.
MITTEL
Touren mit längeren Auf- und Abstiegen und/oder längere Runden, die etwas mehr Kondition und körperliche Fitness erfordern.
SCHWER
Diese Runden erfordern Kondition und körperliche Fitness. Hier geht es gut auf und ab, auch über etwas längere Distanz. Sie sind für geübte Wanderer in jedem Fall unproblematisch.
Wildgänse über den Salzwiesen von Friedrichskoog
Im Südwesten von Schleswig-Holstein weitet sich das Ästuar der Elbe auf mehrere Kilometer. Wo genau der Strom dann in die Nordsee übergeht, das verraten die Dithmarscher nicht. Ganz im Gegensatz zu den Niedersachsen. Die legen sich klar auf Cuxhaven fest. Die Kugelbake des bekannten Seebads ist von den manchmal menschenleeren Deichen zwischen Brunsbüttel und Friedrichskoog gut zu sehen und wäre für Möwen und Fische auch schnell zu erreichen. Menschen müssten einen hundert Kilometer langen Umweg auf sich nehmen und ordentlich Wartezeit für die Glückstädter Fähre einplanen. Und das ist vielleicht auch so ein Grund, warum diese Ecke sich eine wunderbare Ruhe bewahrt hat. Sogar die Schiffe drehen hier ab, entweder nach Hamburg oder über den Nord-Ostsee-Kanal nach Kiel. Im Küstenbereich tragen fast alle Orte den Zusatz »Koog«. Bei einem Koog handelt es sich um neues oder wiedergewonnenes Land; durch Deichbau und Entwässerung der Nordsee abgetrotzt. Die Landschaft ist dementsprechend flach, die Erde voller Kraft, perfekt für den Gemüseanbau. Das Land vor dem Deich kann hingegen nicht landwirtschaftlich genutzt werden und eine Bebauung ist unmöglich. Die Natur darf also wuchern und in den Salzwiesen sind Vögel und Schafe eindeutig in der Überzahl. Das gilt selbst im Hochsommer an manchen Badestellen. Viele Köge liegen auf oder sogar unter dem Meeresspiegel. Das macht sie zu idealen Rad-Arenen. Stellt sich allerdings der Wind in den Weg, kann es in die Beine gehen. Und er weht nicht gerade selten. Gäste aus dem Süden sind oft baff, wie viele Windräder sich hier drehen.
Apropos Gäste. Es geht das Gerücht, dass sie entweder das Nordseebad Büsum in Dithmarschen lieben oder das nordfriesische Strandparadies St. Peter-Ording (SPO); niemals aber beides. Die Touristenhochburgen beidseitig der Eidermündung sind tatsächlich extrem unterschiedlich. Haben aber auch eines gemeinsam: Sie krachen aus allen Nähten. Für Wildheit und echte Naturerlebnisse bleiben nur noch einige letzte Nischen, Zeiten oder Wetterlagen. Doch die lohnen sich dann auch. Also nicht abschrecken lassen.
Das Gute an der Strahlkraft von Büsum und SPO: Sie binden ihre Fans. Ein paar Kilometer rausgewandert oder -geradelt sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Das gilt in jede Richtung, besonders aber landeinwärts und wattauswärts. Ein Spaziergang auf dem Meeresboden ist faszinierend. Das Watt ist aber wirklich echte Wildnis. Also auch wirklich, wirklich gefährlich und kein Vergnügungspark. Es sei denn, man schließt sich einer Führung an. Sie werden so gut wie überall angeboten. Eine gute erste Anlaufstelle ist die Internetseite nationalpark-wattenmeer.de. Dort lässt sich auch herausfinden, auf welche Tierbeobachtungen man hoffen darf. Mag sein, dass die plattdeutschen Big Five nicht ganz so exotisch scheinen wie die großen Fünf afrikanischer Safaris. Aber Raubtiere sind es auch. Und dazu gesellen sich noch die Small Five, Flying Five und Wet Five. Manche Tiere lassen sich am ehesten auf einer Schifffahrt beobachten. Die meisten Ausflugsfahrten starten im nördlichen Nordfriesland auf der Halbinsel Nordstrand und im Mini-Hafen von Schlüttsiel.
Herzmuscheln gehören zu den häufigsten Funden am Strand.
Lämmer bevölkern im Frühjahr die Deiche.
Weißdünen können sich meterhoch auftürmen.
Eine Seefahrt ist bekanntlich lustig. Sie kostet aber natürlich auch etwas. Darum ist es nicht schlecht, sich vorher ein paar Gedanken über das Ziel zu machen. Als Faustregel gilt: Sylt, Föhr, Pellworm und Amrum – jede nordfriesische Insel ist ein wunderbares Abenteuer. Und auch die fünfte Nordseeinsel Schleswig-Holsteins, Helgoland, vergisst niemand, der einmal auf ihren Vogelfelsen und Robbenstränden spazierte. Alle Inseln sind also einen Ausflug wert. Alle Inseln, selbst die kleinste, sind groß genug für eine lebenslange Liebe. Alle Inseln – und der Geldbeutel – sind dankbar für jedes Auto, das am Festland zurückbleibt. Alle Inseln entfalten ihren vollen Zauber erst, wenn die Tagestouristen weg sind. Alle Inseln halten bezahlbare Unterkünfte bereit; im Zweifel einen Zeltplatz. Doch sogar der sollte mit einigem Vorlauf gebucht werden. Für Tierbeobachtungen ist Helgoland die beste Adresse. Amrum steht für maximalen Platz am Strand und in den Dünentälern. Auf Pellworm findet man die Ruhe selbst. Föhr gilt als Familienlieblingsplatz. Und Sylt … ist eben Sylt, die Kliffkönigin, die Wellenmeisterin, die spektakulärste Kulisse in jeder Beziehung. Die einzige übrigens, die mit dem Zug zu erreichen ist und Schiffsfahrten nach Dänemark ermöglicht.
Als das Gegenteil von Sylt können die Halligen beschrieben werden. Weltweit gibt es nur elf dieser nicht oder nur wenig geschützten Marschinseln. Zehn der kleinen Eilande liegen in Nordfriesland. Zwischen Westerhever und Dagebüll hat man von der Küste immer eine oder mehrere zugleich im Visier. Da die Halligen regelmäßig überflutet werden, stehen die Häuser auf künstlichen Erdhügeln, den sogenannten Warften. Wenn nur noch sie aus den Wellen ragen, spricht man von »Landunter«. Die Halligen liegen nicht nur mitten im Nationalpark Wattenmeer, sie haben sich selbst auch mit der Anerkennung als Biosphärenreservat zur Nachhaltigkeit verpflichtet.
Angesichts des Klimawandels ist der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit an der Nordseeküste ohnehin nur logisch. Der Klimawandel ist hier oben längst deutlich zu spüren und der steigende Meeresspiegel ein sehr konkretes Problem. Trotzdem wurden noch vor wenigen Jahren die massivsten Eingriffe in die Natur durchgewinkt und bis heute muss um Ausgleich und Umweltschutz gerungen werden. Da kann man mitmachen. Auch als Gast. Das Auto stehen lassen. Müll vermeiden. Regional einkaufen und einkehren. Schutzzonen beachten. Tieren ihren Rückzugsraum lassen. Bei allem unterstützen rund 200 Wattführer und Ranger, Gastronomen und Gastgeber, Touristinformationen, Reedereien und andere Nationalparkpartner. Denn das ist das Tollste an der wilden Nordsee: Ihre Selbstheilungskraft ist gewaltig. Wenn man sie nur lässt.
»Ich kam aus den Meeren, ich kam aus der Sonne, ich kam aus dem Wind.«
(Gerrit Engelke)
Dünenpfad in St. Peter-Ording
Versteckte Schönheit der Marsch
Irgendwo in Dithmarschen, ganz in der Nähe des Nord-Ostsee-Kanals, führt diese leichte Feld- und Wiesenwanderung dorthin, wo Seeadler und Galloways einander gute Nacht sagen und ein letzter Flachwassersee durch die Schilfmeere funkelt.
Die Burger Au auf ihrem Weg zum Kudensee
ZUM KUDENSEEheißt die Straße, die sich von der Averlaker Hauptstraße schnurgerade durch die Felder zieht. Ganz typisch für Dithmarschen geht es bummelig tausend Meter geradeaus, rechtwinklig ums Eck und dann wieder bummelig tausend Meter geradeaus. Und gerade wenn man denkt, dass es ein wenig langweilig ist, ist man plötzlich da. Da, wo es bezaubernd ist. Man hat es nicht kommen sehen. Obwohl doch gar nichts den Blick über die ebene Marsch versperrt. Noch weiter kann man von der kleinen Aussichtsplattform am Rand des Naturschutzgebiets »Kudensee und Umgebung« schauen. Vom See allerdings ist nichts zu sehen. Eine historische Karte auf der Infotafel zeigt, wie groß er einmal gewesen ist. Aber das war vor der massiven Entwässerung der Niederung und vor allem vor dem Bau des Nord-Ostsee-Kanals. Der liegt rechter Hand. Dort, wo sich in einiger Entfernung die Brunsbütteler Hochbrücke über die Landschaft spannt und ein Schiff durch den Wald zu fahren scheint. Doch bevor es dorthin geht, ist es ratsam, kurz den Pfad linker Hand zu inspizieren. Auf ihm sollte es nämlich gegen Ende dieser Tour zurückgehen. Doch in den Sommermonaten mag er vollkommen zugewachsen sein. Dann wird ein kleiner Umweg nötig. Daran lassen sich zwei wichtige Erkenntnisse über Dithmarschen festmachen. Erstens: Die Marsch ist so fruchtbar, dass man mit dem Mähen kaum hinterherkommt. Daher wird sie in weiten Teilen landwirtschaftlich genutzt. Nach Wildnis muss man also schon etwas suchen. Zweitens: Sobald man sich – und das gilt für die gesamte Nordseeküste in Schleswig-Holstein – nur ein wenig vom Wasser entfernt, sind ausgetretene Pfade unwahrscheinlich. Wo keine Autos fahren oder parken können, wird es selbst in der Hochsaison spürbar leerer. Sind die Wege noch nicht einmal breit genug für Fahrräder, kann man auch schon mal ganz für sich sein.
DER WIESENPFAD ZUM NORD-OSTSEEKANALbestätigt, was auf der Infotafel geschrieben stand. Die Kudensee-Niederung ist ein Rückzugsraum für die Vogelwelt. Etliche gefährdete Wiesenvogelarten piepsen, singen und tirilieren in den Feuchtgrünflächen. Mit Glück kreist ein Seeadler am hohen Himmel. Nach etwa einem Kilometer führt eine kleine Holzbrücke über den Bütteler Kanal. Über ihn entwässert der Kudensee, und Picknicktische und Bänke stehen bereit. Das führt zur nächsten Faustregel für Ausflüge in Dithmarschen: Sobald man sich nur ein wenig von der Küste entfernt, ist ein Butterbrot im Rucksack ratsam. Und Wasser natürlich, viel Wasser. Denn Einkehrmöglichkeiten sind rar. Auf dieser Wanderung wartet zum Beispiel keine. Und das, obwohl gleich hinter den Bäumen ein touristisch durchaus attraktiver Spot liegt: der Nord-Ostsee-Kanal. Die meistbefahrene Wasserstraße der Welt zieht sich etwa einhundert Kilometer von Brunsbüttel quer durch Schleswig-Holstein nach Kiel. Ein kurzes Stück darf man jetzt mit Kreuzfahrtschiffen, Containerriesen und Segelbooten um die Wette wandern. Das macht unbedingt Lust auf mehr. Am besten mit dem Rad auf der Expressroute. Ein Knoten im Taschentuch für Tour 13 hilft beim Abschiedsschmerz, wenn es nach knapp zwei Kilometern auf dem Weg durch das Wäldchen wieder landeinwärts geht.
Wilder, verwunschener Wiesenpfad
Die urwüchsigen Galloways stammen aus Schottland.
Im Sommer wird die flache Marsch zum Gräsernen Meer.
Tipp
SCHLAFEN UNTERM STERNENHIMMEL
In Kuden bietet die Stiftung Naturschutz in Kooperation mit dem Netzwerk Wildes Schleswig-Holstein einen von gut 30 Trekkingplätzen an. Auf dem Gelände eines ehemaligen Wasserwerks dürfen Gäste für eine Nacht ihr Zelt aufschlagen. Willkommen sind alle, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad kommen und nicht mehr Gepäck mitbringen, als in einen Rucksack oder eine Radtasche passt. Grillmöglichkeiten und Sanitäranlagen gibt es nicht. Dafür ist die Übernachtung kostenfrei und spontan ohne Anmeldung möglich. Der Platz ist umzäunt und von Bäumen umstanden. Weitere Infos und eine Liste aller Trekking-Möglichkeiten in Dithmarschen und Nordfriesland gibt es unter stiftungsland.de.
DITHMARSCHEN IST NICHT NORWEGEN,aber von Plattland kann man bei Kuden auch nicht direkt sprechen. Das schöne Dorf schmiegt sich direkt an die Geestkante und ist schon aus der Ferne zu erkennen. Ein kleiner Wasserrastplatz an der sanft strömenden Burger Au bietet sich für eine vorherige Pause an. Über Jahre starteten hier Fahrten in original Spreewaldkähnen. Ob die Touren je wieder stattfinden werden, stand bei Redaktionsschluss aber noch in den Sternen. Inzwischen haben Stand-up-Paddler die Burger Au für sich entdeckt. Wer ein eigenes Board hat, merkt sich den wunderschönen Einstieg für einen Parkour durch die Marsch. Vielleicht ja sogar verbunden mit einer Nacht in Blankenese, so heißt die Vorzeigemeile von Kuden. Wandernde mit Gipfelstürmergenen können einen kleinen Exkurs einlegen, um die Geestkante über einen kurzen Stichweg an der Bergstraße zu erklimmen. Ansonsten geht es dort zurück in die Marsch, wo sich die Straße Blankenese in die Höhe schwingen möchte. Linker Hand weist eine rote Zwei auf den zubringenden Pfad zum Kudensee. Mit seinem weiten Schilfröhrichtsaum ist er selbst von der Aussichtsplattform kaum einsehbar. Ohne Fernglas hört man eher, wie viele Seevögel sich dort tummeln, als dass man sie erkennen könnte. Aber die Hauptsache auf diesem letzten Abschnitt ist ohnehin das Gefühl von Abgeschiedenheit.
INFO
TOURENCHARAKTER
Lockere Rundwanderung auf Wiesenpfaden, Feldwegen und Asphalt. Gegen Ende kann ein Wiesenstück zugewachsen sein. Die Variante entlang der Straße ist im Flachland nicht zu verfehlen.
AUSGANGS-/ENDPUNKT
Hauptstraße Averlak
ANFAHRT
Mit der Bahn bis St. Michaelisdonn. Weiter mit Buslinie 2507 bis Haltestelle Averlak – Denkmal.