Ehrenschuld - Tom Clancy - E-Book

Ehrenschuld E-Book

Tom Clancy

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Beschreibung

Jack Ryans härtester Einsatz

Außenpolitisch stehen die USA kurz vor der Alarmstufe Rot. Man holt Jack Ryan als neuen Sicherheitsberater des Präsidenten an die vorderste Front. Doch bevor er loslegt, muss Ryan zuerst noch eine Ehrenschuld begleichen. Ein Politthriller der Sonderklasse!

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Seitenzahl: 1658

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DAS BUCH

Auf der amerikanischen Pazifikinsel Saipan betrachtet ein unermesslich reicher japanischer Geschäftsmann mit Wohlgefallen sein neu erworbenes Land. Vor Sri Lanka beginnen ausländische Marineeinheiten eine Serie von äußerst ungewöhnlichen Manövern. Und in der Zentrale der größten amerikanischen Aktienhandelsgesellschaft geht ein Techniker mit einem maßgeschneiderten Computerprogramm ins Netz und erfreut sich an dessen gewaltigen Konsequenzen. Drei Vorgänge, die scheinbar nichts miteinander zu tun haben – und doch sind es die ersten Glieder einer Kette von Ereignissen, die die Welt in Atem halten werden. Jack Ryan , dem neuen nationalen Sicherheitsberater des Präsidenten, wird schnell klar, dass die Problem, die der Frieden bringt , genauso groß sind wie die Problem im Krieg – aus Feinden sind Freunde geworden, aber auch umgekehrt. Als einer der Feinde einen Angriff auf die USA und das Herz der amerikanischen Wirtschaft vorbereitet, soll Ryan mit der Unterstützung von zwei CIA-Agenten die Herausforderung annehmen. Doch da gibt es zunächst eine Ehrenschuld zu begleichen – und der Preis ist entsetzlich hoch . . .

DER AUTOR

Tom Clancy, geboren 1947, hatte mit seinem ersten Thriller Jagd auf Roter Oktober auf Anhieb internationalen Erfolg. Clancy gilt als Begründer des modernen Techno-Thrillers und zählt neben John Grisham zu den erfolgreichsten amerikanischen Spannungsautoren. Aufgrund seiner gut recherchierten, überaus realistischen Szenarien wurde der Autor nach den Anschlägen vom 11. September von der amerikanischen Regierung als spezieller Berater hinzugezogen. Bei Heyne erscheinen Tom Clancys große Thriller aus dem Universum um den Spezialagenten Jack Ryan. Tom Clancy starb im Oktober 2013.

 

Am Ende des Buches findet sich ein ausführliches Werkverzeichnis aller im Wilhelm Heyne Verlag lieferbaren Tom-Clancy-Thriller.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Die Originalausgabe DEBT OF HONOUR erschien 1994 bei G. P. Putnam’s Sons, New York

Copyright © 1994 by Jack Ryan Ltd. Partnership

Copyright © 1996 der deutschsprachigen Ausgabe by Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg Copyright © 2012 dieser Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München.

 

Covergestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung eines Motivs von © Shutterstock

lSBN 978-3-641-08859-0V004

 

 

www.heyne.de

Inhaltsverzeichnis

DAS BUCHDER AUTORWidmungInschriftProlog: Sonnenuntergang, Sonnenaufgang1 / Alumni2 / Die Bruderschaft3 / Collegium4 / Aktivität5 / Komplexitätstheorie6 / Einblicke, Ausblicke7 / Katalysator8 / Eilsache9 / Machtspiele10 / Verführung11 / Zeitenwende12 / Formalitäten13 / Winde und Gezeiten14 / Überlegungen15 / Eine verdammt blöde Sache16 / Nutzlasten17 / Schlag eins18 / Osterei19 / Schlag zwei, 1-800 Panik20 / Schlag drei21 / Navy Blue22 / Die globale Dimension23 / Neue Elemente24 / In der Klemme25 / Nichts mehr zu ändern26 / Aufholjagd27 / Probleme über Probleme28 / Übermittlungen29 / Schriftliche Unterlagen30 / Warum nicht?31 / Das Wie und das Was32 / Sondersendung33 / Wendepunkte34 / Alle Mann an Bord35 / Konsequenzen36 / Überlegungen37 / Tiefgang38 / Der Rubikon39 / Zuerst die Augen40 / Fuchs und Meute41 / CTF-7742 / Der Blitz schlägt ein43 / Tanz zur Musik44 / ... von einem, der weiß, was gespielt wird ...45 / Gefechtslinie46 / Sonderkommando47 / WeggefegtDer AutorCopyright

Für Mom und Dad

Der Charakter eines Mannes ist sein Schicksal

Heraklit

Prolog:

Sonnenuntergang, Sonnenaufgang

Im Rückblick schien es eine merkwürdige Art zu sein, einen Krieg zu beginnen. Nur einer der Beteiligten wußte, was wirklich los war, und selbst das war ein Zufall. Aufgrund eines Todesfalls in der Familie des Anwalts war die Immobilienangelegenheit aktuell geworden, und so stand dem Anwalt jetzt in zwei Stunden ein Flug nach Hawaii bevor.

Es war Herrn Yamatas erster Immobilienabschluß auf amerikanischem Boden. Auf dem amerikanischen Festland besaß er etliche Immobilien, aber die Eigentumsübertragung war immer von anderen Anwälten erledigt worden, stets amerikanischen Bürgern, die genau das getan hatten, wofür sie bezahlt worden waren, im allgemeinen unter Aufsicht von einem Angestellten von Herrn Yamata. Aber diesmal nicht. Es war zum einen eine private Erwerbung, nicht eine für die Firma. Zum anderen war es nicht weit von zu Hause, nur zwei Stunden mit dem Privatjet. Herr Yamata hatte dem Anwalt erklärt, er würde auf dem Grundstück ein Haus bauen, um sich am Wochenende dorthin zurückzuziehen. Bei den astronomischen Immobilienpreisen in Tokio konnte er mehrere hundert Hektar für den Preis erwerben, den er in seiner Heimatstadt für eine mittelgroße Penthousewohnung zahlte. Die Aussicht von dem Haus, das er auf dem Vorgebirge zu bauen gedachte, würde atemberaubend sein, mit Blick auf den Pazifik, auf andere Inseln des Marianenarchipels in der Ferne, die Luft so rein wie nirgendwo auf der Erde. Aus all diesen Gründen hatte Herr Yamata ein fürstliches Honorar geboten und dazu ein reizendes Lächeln.

Und aus einem weiteren Grund.

Die einzelnen Dokumente wanderten im Uhrzeigersinn auf dem runden Tisch herum und machten vor den einzelnen Sesseln halt, damit an der richtigen Stelle, die mit gelben Post-it-Zetteln markiert war, die Unterschrift angebracht werden konnte, und dann war es an der Zeit, daß Herr Yamata in die Jackentasche griff und einen Umschlag hervorholte. Er nahm den Scheck heraus und reichte ihn dem Anwalt.

»Vielen Dank, Sir«, sagte der Anwalt respektvoll, wie es Amerikaner immer taten, wenn es um Geld ging. Es war bemerkenswert, wozu sie durch Geld gebracht werden konnten. Bis vor drei Jahren war es Japanern nicht erlaubt gewesen, hier Land zu erwerben, aber mit dem richtigen Anwalt, dem passenden Fall und dem angemessenen Geldbetrag war auch das geregelt worden. »Die Übertragung des Titels wird heute nachmittag beurkundet.«

Yamata schaute den Verkäufer mit einem höflichen Lächeln und einem Kopfnicken an, dann erhob er sich und verließ das Gebäude. Draußen wartete ein Wagen. Yamata setzte sich auf den Beifahrersitz und bedeutete dem Fahrer mit einer herrischen Geste, er solle losfahren. Das Geschäft war perfekt, und damit war es nicht mehr nötig, charmant zu sein.

Wie die meisten Pazifikinseln ist Saipan vulkanischen Ursprungs. Unmittelbar östlich liegt der Marianengraben, eine elf Kilometer tiefe Kluft, wo eine tektonische Platte sich unter die andere schiebt. Das Ergebnis ist eine Ansammlung von hochragenden kegelförmigen Bergen, deren Spitzen die Inseln sind.

Der Toyota Land Cruiser fuhr nordwärts auf einer leidlich glatten Straße, die am Mount Achugao und am Mariana Country Club vorbei zum Marpi Point führte. Dort hielt er an. Yamata stieg aus, den Blick auf landwirtschaftliche Gebäude geheftet, die in Kürze abgerissen werden sollten, doch statt zum Bauplatz seines neuen Hauses zu gehen, steuerte er auf die felsige Klippe zu. Er war schon über sechzig, doch sein Gang war energisch und zielstrebig, während er über das holprige Feld schritt. Der Acker hier war karg und lebensfeindlich gewesen. Wie es dieser Ort mehr als einmal und aus mehr als einem Grund gewesen war.

Sein Gesicht war undurchdringlich, als er an den Rand der Klippe trat, die von den Einheimischen Banzai Cliff genannt wurde. Es ging ein auflandiger Wind, und er sah und hörte die Wellen, die in endlosen Reihen heranrollten und gegen die Felsen am Fuß der Klippe brandeten – dieselben Felsen, an denen die Leiber seiner Eltern und Geschwister zerschellt waren, als sie wie so viele andere heruntergesprungen waren, um der Gefangennahme durch die heranrückenden U. S. Marines zu entgehen. Der Anblick hatte die Marines erschüttert, aber das würde Herr Yamata niemals anerkennen oder gar würdigen.

Der Geschäftsmann klatschte einmal in die Hände und neigte seinen Kopf, um die hier weilenden Geister der Toten auf sich aufmerksam zu machen und ihrem Einfluß auf sein Schicksal den gebotenen Gehorsam zu bekunden. Er fand es angemessen, daß mit diesem Grundstückskauf nunmehr 50,016 % der Fläche von Saipan wieder in japanischer Hand waren, über fünfzig Jahre nachdem seine Familie von Amerikanern umgebracht worden war.

Plötzlich spürte er eine Kälte, und er schrieb es der Erregung des Augenblicks oder vielleicht der Nähe der Geister seiner Vorfahren zu. Ihre Leichen waren von den endlosen Wogen fortgespült worden, doch ihr kami hatte diesen Ort nie verlassen und wartete auf seine Rückkehr. Ihn schauderte, und er knöpfte seine Jacke zu. Ja, hier würde er bauen, aber erst nachdem er getan hatte, was notwendig war.

Erst mußte er zerstören.

 

Es war einer dieser vollkommenen Momente, fast auf der anderen Seite des Globus. Der Schläger entfernte sich langsam von dem Ball, in einem perfekten Bogen, hielt ganz kurz inne, dann nahm er, nun in Abwärtsrichtung, an Tempo zu. Der Mann, der den Schläger hielt, verlegte sein Gewicht vom einen Bein auf das andere. Im richtigen Moment machten seine Hände die erforderliche Drehung, wodurch der Kopf des Schlägers sich um die senkrechte Achse drehte, so daß er, als er den Ball traf, genau senkrecht zu der gewollten Flugbahn stand. Der Ton sagte alles: Ein perfektes Klong – es war ein Eisenschläger. Das und der taktile Impuls, der durch den Graphitschaft übertragen wurde, sagten dem Golfer, was er wissen mußte. Der Schwung des Schlägers endete, dann drehte der Mann sich um und schaute dem Flug des Balles nach.

Leider war es nicht Ryan, der den Schläger hielt.

Mit wehmütigem Lächeln schüttelte Jack Ryan den Kopf, als er sich bückte, um den Ball auf das Tee zu legen. »Hübscher Schlag, Robby.«

Konteradmiral Robert Jefferson Jackson, U. S. Navy, schaute mit seinen Fliegeraugen in unbeweglicher Haltung zu, wie der Ball zu sinken begann und dann, rund hundertzwanzig Meter entfernt, auf dem Fairway landete und noch zwanzig Meter weiter hüpfte. Er sprach erst, als der Ball ganz zum Stillstand gekommen war. »Ich wollte ihn eigentlich ein bißchen nach links verziehen.«

»Das Leben ist schon beschissen, nicht?« bemerkte Ryan während seines Vorbereitungsrituals. Die Knie beugen, den Rücken ziemlich gerade halten, den Kopf senken, aber nicht zu sehr, der Griff, ja, so stimmte es ungefähr. Er tat alles, was der Trainer ihm letzte Woche gesagt hatte und die Woche davor und die Woche davor ... den Schläger heben ... und dann senken ...

... und es war gar nicht so schlecht, knapp rechts vom Fairway, hundertsechzig Meter weit, der beste Drive vom ersten Abschlag, den er jemals erzielt hatte. Und ungefähr dieselbe Weite mit seinem Driver, die Robby mit einem festen Siebener-Eisen erzielt hätte. Das einzig Gute war, daß es erst Viertel vor acht war und niemand da war, um seine Verlegenheit zu bemerken.

Wenigstens bist du am Wasser vorbeigekommen.

»Wie lange spielst du schon, Jack?«

»Zwei ganze Monate.«

Jackson grinste, während sie auf den Wagen zusteuerten. »Ich habe in meinem zweiten Jahr in Annapolis angefangen. Ich habe einen Vorsprung, Junge. Genieß doch diesen Tag.«

Er hatte recht. Greenbrier, ein Erholungsort seit dem Ende des achtzehnten Jahrhunderts, liegt eingebettet in die Berge von West Virginia. Die weiße Masse des großen Hotelgebäudes stach an diesem Oktobermorgen von den Gelb- und Rottönen der Laubbäume ab, die jetzt wie alle Jahre in herbstlichen Farben leuchteten.

»Ich hatte natürlich nicht vor, dich zu schlagen«, meinte Ryan, als er in dem Wagen Platz nahm.

Ein Grinsen zur Seite. »Das schaffst du auch nicht. Du kannst heilfroh sein, daß du heute nicht arbeiten mußt. Ich muß.«

Keiner der beiden Männer war auf Urlaub, sosehr sie ihn beide nötig hatten, und keiner war derzeit mit seinem Erfolg zufrieden. Für Robby bestand der Erfolg darin, daß er einen Führungsposten im Pentagon hatte. Für Ryan hatte er, wie er selbst jetzt noch mit Erstaunen feststellte, darin bestanden, daß er ins Geschäftsleben zurückgekehrt war, statt den wissenschaftlichen Posten zu bekommen, den er sich gewünscht hatte – jedenfalls meinte er, ihn sich gewünscht zu haben –, als er vor zweieinhalb Jahren in Saudi-Arabien gewesen war. Lag es vielleicht daran, daß er süchtig nach dem hektischen Treiben geworden war? Dieser Gedanke ging Ryan durch den Kopf, während er sich ein Dreier-Eisen heraussuchte. Es würde nicht genug Wucht bringen, um das Green zu schaffen, aber mit den Fairway-Hölzern hatte er noch keine Übung. Ja, es war die Hektik, nach der es ihn noch mehr verlangte als nach der gelegentlichen Flucht vor ihr.

»Laß dir Zeit, und versuch nicht, ihn umzubringen, der Ball ist schon tot, okay?«

»Yes, Sir, Admiral, Sir«, erwiderte Jack.

»Runter mit dem Kopf. Für das Gucken bin ich da.«

»All right, Robby.« Das Wissen, daß Robby ihn nicht auslachen würde, egal wie schlecht der Schlag war, war noch schlimmer als die Annahme, daß er lachen könnte. Bei diesem Gedanken straffte er sich noch ein wenig, bevor er ausholte. Er wurde mit einem angenehmen Klang belohnt:

Wumm. Bevor er ihm nachschauen konnte, war der Ball schon dreißig Meter weit und flog immer noch nach links ... Aber nun bekam er wieder einen leichten Drall nach rechts.

»Jack?«

»Ja«, antwortete Ryan, ohne sich umzuwenden.

»Nimm das Dreier-Eisen«, sagte Jackson mit stillem Vergnügen, während er die Flugbahn verfolgte. »Auch beim nächsten Schlag. Und mach es ansonsten genauso wie diesmal.«

Irgendwie schaffte es Jack, das Eisen wieder zu verstauen, ohne seinem Freund den Schaft um die Ohren zu hauen. Er mußte lachen, als der Wagen wieder anfuhr, rechts an dem Rough entlang zu Robbys Ball, der sich als weißer Fleck von dem sanften grünen Teppich abhob.

»Du würdest gern wieder fliegen, stimmt’s?« fragte er sanft.

Robby blickte ihn an. »Du bist aber auch gemein«, bemerkte er. Aber so war es nun mal im Leben. Er hatte seinen letzten Flugauftrag abgewickelt, war in die Admiralität befördert worden, dann hatte man überlegt, ihn zum Kommandeur des Marineflieger-Testzentrums der Naval Air Station, Patuxent River, Maryland, zu machen, wo sein eigentlicher Titel »Chief Test Pilot« der U. S. Navy gewesen wäre. Doch statt dessen arbeitete Jackson in J-3, der Operationsabteilung der Kriegsplanung der Vereinigten Stabschefs, für einen Krieger ein merkwürdiger Posten in einer Welt, in der der Krieg allmählich der Vergangenheit angehörte. Es war zwar ein Aufstieg, aber längst nicht so befriedigend wie die Fliegermission, die er sich eigentlich gewünscht hatte. Jackson versuchte, achselzuckend darüber hinwegzugehen. Er hatte schließlich lange genug geflogen. Angefangen hatte er in Phantoms, dann war er zu Tomcats aufgestiegen, hatte seine Staffel und ein Flugzeugträger-Fliegergeschwader kommandiert, war auf der Grundlage einer soliden und ausgezeichneten Laufbahn, in der ihm kein Fehler unterlaufen war, frühzeitig zum Admiral befördert worden. Wenn er ihn denn bekam, würde sein nächster Posten der des Kommandeurs eines Flugzeugträger-Kampfverbandes sein, wovon er früher nicht einmal zu träumen gewagt hätte. Jetzt, wo er es soweit gebracht hatte, fragte er sich, wo die ganze Zeit geblieben war und was ihn noch erwartete. »Was passiert, wenn wir alt werden?«

»Manche fangen mit dem Golfspielen an, Rob.«

»Oder kehren zum Wertpapiergeschäft zurück«, konterte Jackson. Ein Achter-Eisen, dachte er, ein weiches. Ryan folgte ihm zu seinem Ball.

»Bankgeschäft«, korrigierte Jack. »Für dich hat sich’s doch ausgezahlt, oder?«

Jetzt blickte der Flieger – aktiv oder nicht, Robby würde für sich und seine Freunde immer ein Pilot bleiben – lächelnd auf. »Ja, du hast aus meinen hundert schon was gemacht, Sir John.« Derweil machte er seinen Abschlag. Auch eine Methode, es dem anderen zu geben. Der Ball landete, sprang weiter und blieb schließlich achtzehn Meter vom Flaggenstock entfernt liegen.

»Reicht es, um mir Unterricht zu erlauben?«

»Den hast du verdammt nötig.« Robby schwieg und nahm eine ernste Miene an. »Es war eine lange Zeit, Jack. Wir haben die Welt verändert. Und das war doch nicht übel, oder?«

»In einem gewissen Sinne schon«, räumte Jack mit einem gespannten Lächeln ein. Manche sprachen vom Ende der Geschichte, aber Ryan hatte auf dem Gebiet seinen Doktor gemacht, und darum mochte er nicht so recht daran glauben.

»Deine jetzige Tätigkeit macht dir wirklich Spaß?«

»Ich bin jeden Abend zu Hause, meistens vor sechs. Im Sommer bekomme ich alle Spiele der Little League mit und im Herbst die meisten Fußballspiele. Und wenn Sally soweit ist, daß sie sich zum ersten Mal mit einem Freund verabredet, sitze ich nicht in einer verdammten VC-20B auf dem Weg zu einer Konferenz, die ohnehin nicht viel ausrichtet.« Jacks Lächeln drückte Zufriedenheit aus. »Und das gefällt mir, glaube ich, noch mehr, als gut Golf zu spielen.«

»Das ist gut, denn ich glaube, daß nicht einmal Arnold Palmer es schafft, deinen Abschlag zu verbessern. Aber ich werd’s versuchen«, fügte Robby hinzu, »schon weil Cathy mich drum gebeten hat.«

Jacks Pitch war zu stark, so daß er aufs Green zurückchippen mußte. Er brauchte noch drei Putts zum Einlochen, insgesamt drei Schläge mehr als Robby mit Par vier.

»Ein Golfer, der so spielt wie du, müßte mehr fluchen«, sagte Jackson auf dem Weg zum zweiten Tee. Ryan bekam keine Gelegenheit mehr zu einer Entgegnung.

Er hatte natürlich einen Pieper am Gürtel, einen Satellitenpieper, mit dem man praktisch überall erreichbar war. Tunnels unter Gebirgen und Wassermassen boten einen gewissen Schutz, aber keinen großen. Jack machte ihn vom Gürtel los. Vermutlich ging es um den Silicon-Alchemy-Deal, dachte er, obwohl er Anweisungen dafür hinterlassen hatte. Er sah nach der Nummer auf dem LCD-Display.

»Ich dachte, dein Büro ist in New York«, bemerkte Robby. Die Vorwahl auf dem Display war 202, nicht 212, wie Jack erwartet hatte.

»Ist es auch. Die meiste Arbeit kann ich von Baltimore aus per Telekonferenz erledigen, aber mindestens einmal die Woche muß ich mit Metroliner rauffahren.« Ryan runzelte die Stirn. 757-5000. Die Fernmeldezentrale des Weißen Hauses. Er schaute auf die Uhr. Es war 7.55 Uhr, und die frühe Stunde zeigte, wie dringend der Anruf war. Eigentlich war er nicht überrascht, nicht bei dem, was er täglich in der Zeitung las. Das einzig Unerwartete war der Zeitpunkt. Er hatte viel früher mit dem Anruf gerechnet. Er holte sein Handy aus dem Golfsack, das einzige Ding darin, mit dem er wirklich umzugehen wußte.

Es dauerte nur drei Minuten, während deren Robby amüsiert im Wagen wartete. Ja, er war in Greenbrier. Ja, er wußte, daß es nicht weit von dort einen Flughafen gab. Vier Stunden? Weniger als eine Stunde hin und zurück, nicht mehr als eine Stunde Aufenthalt am Zielort. Zum Abendessen würde er wieder zurück sein. Er würde sogar seine Golfrunde beenden, duschen und sich umziehen können, bevor er ging, dachte Jack, klappte das Handy wieder zu und steckte es in die Tasche des Golfsacks. Das war ein Vorteil des besten Fahrdienstes der Welt. Das Problem war: Wenn sie einen einmal hatten, wollten sie einen nicht mehr gehen lassen. Die Bequemlichkeit sollte es nur zu einer komfortableren Gefangenschaft machen. Jack schüttelte den Kopf, als er am Tee stand, und seine Zerstreutheit hatte einen sonderbaren Effekt. Der Drive den zweiten Fairway hinauf landete auf dem kurzen Gras, zweihundert Meter weiter, und Ryan ging wortlos zum Wagen zurück und überlegte, was er Cathy sagen würde.

 

Die Fabrik war nagelneu und makellos, aber sie hatte etwas Obszönes, dachte der Ingenieur. Seine Landsleute haßten das Feuer, aber wenn sie etwas wirklich verabscheuten, dann die Art von Objekt, die hier hergestellt werden sollte. Er konnte es nicht abschütteln. Es war so, als summte ein Insekt im Raum – unwahrscheinlich, denn jedes Luftmolekül in diesem Reinraum war durch die beste Filteranlage gegangen, die sein Land herstellen konnte. Die Ingenieurkunst seiner Kollegen erfüllte den Mann mit Stolz, besonders da er zu den Besten von ihnen gehörte. Dieser Stolz – das wußte er – würde ihm Kraft geben, das eingebildete Summen zu übergehen, während er die Fertigungsanlagen inspizierte. Wenn die Amerikaner es schafften und die Russen und die Engländer und die Franzosen und die Chinesen und sogar die Inder und Pakistaner, warum sollten sie es dann nicht auch schaffen? Schließlich stellte es doch nur gleiche Bedingungen für alle Seiten her.

In einem anderen Teil des Gebäudes wurde das spezielle Material schon jetzt in eine grobe Form gebracht. Die Beschaffung der Komponenten war langwierig gewesen. Es gab nur ganz wenige davon auf dem Markt. Die meisten stammten aus fremder Produktion, aber einige waren in seinem Land für ausländische Benutzer angefertigt worden. Sie waren für einen bestimmten Zweck erfunden und dann für andere Zwecke modifiziert worden, doch es hatte immer die ferne, aber dennoch reale Möglichkeit gegeben, daß die ursprüngliche Zweckbestimmung erfüllt wurde. Die Produktionsarbeiter in den beteiligten Firmen pflegten darüber zu witzeln und nahmen es nicht ernst.

Doch nun würden sie es ernst nehmen, dachte der Ingenieur. Er machte das Licht aus und zog die Tür hinter sich zu. Er hatte einen Termin einzuhalten und würde heute anfangen, nach nur wenigen Stunden Schlaf.

 

Schon oft war er hier gewesen, und doch besaß der Ort für Ryan noch immer etwas Mystisches, und die Art, wie man ihn heute hatte kommen lassen, war auch nicht dazu angetan, nach dem Gewöhnlichen zu suchen. Mit einem diskreten Anruf in seinem Hotel war die Fahrt zum Flughafen arrangiert worden. Das Flugzeug stand natürlich schon da, am äußersten Ende der Rampe, ein zweimotoriges Geschäftsflugzeug, an dem nur die Markierungen der U. S. Air Force auffielen und die Tatsache, daß die Crew in olivgrünen Nomexanzügen steckte.

Natürlich wieder freundlich und respektvoll lächelnde Gesichter. Ein Sergeant wies ihn in die Handhabung des Sicherheitsgurtes ein und erläuterte mechanisch die Sicherheitsvorschriften. Der Pilot, der einen Flugplan einzuhalten hatte, warf einen kurzen Blick nach hinten, und schon ging’s los, wobei Ryan sich fragte, wo die Informationspapiere waren, während er an einer U. S. Air Force Coca-Cola nippte. Er wünschte, er hätte seinen guten Anzug angezogen, und erinnerte sich, daß er sich ausdrücklich anders entschieden hatte. Dumm, unter seiner Würde. Die Flugzeit betrug siebenundvierzig Minuten, und sie flogen direkt nach Andrews.

Dort wurde er von einem respektvollen Air-Force-Major empfangen, der ihn zu einem billigen amtlichen Wagen mit einem schweigsamen Fahrer begleitete. Ryan lehnte sich auf seinem Sitz zurück und schloß die Augen, während der Major vorn einstieg. Er versuchte ein Nickerchen zu machen. Er hatte den SuitlandParkway schon früher benutzt und kannte den Weg auswendig. Vom Suitland Parkway zur I-295, gleich von dieser abbiegen auf die I-395, dann die Ausfahrt Maine Avenue nehmen. Die Tageszeit, kurz nach Mittag, garantierte ein rasches Fortkommen, und schon hielt der Wagen beim Wachhäuschen auf dem West Executive Drive, wo die Wache sie – höchst ungewöhnlich – einfach durchwinkte. Der mit einem Baldachin überdachte Eingang zum Untergeschoß des Weißen Hauses begrüßte ihn wie ein vertrautes Gesicht.

»Hi, Arnie.« Jack streckte dem Stabschef des Präsidenten die Hand entgegen. Arnold van Damm war einfach zu gut, und Roger Durling hatte ihn in der Phase der Einarbeitung benötigt. Sehr bald hatte Präsident Durling den führenden Mann seines Stabes mit Arnie verglichen und seinen eigenen Mann für zu leicht befunden. Er hatte sich, wie Ryan sah, nicht sehr verändert. Dieselben L.-L.-Bean-Hemden und dieselbe rauhe Ehrlichkeit in seinem Gesicht, aber Arnie war älter und müder geworden. Aber wer war das nicht? »Als wir uns hier zum letzten Mal gesprochen haben, haben Sie mich rausgeschmissen«, sagte Jack, um eine kurze Lageeinschätzung zu bekommen.

»Wir machen alle Fehler, Jack.«

Uh-oh. Ryan ging sogleich in Deckung, wurde aber von Arnies Händedruck hineingezogen. Der diensthabende Secret-Service-Agent hatte schon einen Passierschein für ihn, und alles lief glatt, bis er den Metalldetektor einschaltete. Ryan gab seinen Hotelzimmerschlüssel ab, er probierte es noch mal, und wieder machte es Ping. Das einzige Metall, das er außer seiner Uhr bei sich trug, war, wie sich bei gründlicherem Nachforschen zeigte, sein Divot.

»Wann haben Sie mit Golf angefangen?« fragte van Damm mit einem Grinsen, das dem Gesichtsausdruck des in der Nähe stehenden Agenten entsprach.

»Gut zu wissen, daß Sie mir nicht nachspioniert haben. Vor zwei Monaten, und ich habe noch nicht den Zehner gespielt.«

Der Stabschef winkte Ryan zu dem versteckten Treppenaufgang nach links. »Wissen Sie, warum man es ›Golf‹ nennt?«

»Ja, weil ›Scheiße‹ schon besetzt war.« Ryan blieb auf dem Absatz stehen. »Was gibt’s, Arnie?«

»Ich denke, Sie wissen es«, erhielt er zur Antwort.

»Hello, Dr. Ryan!« Special Agent Helen D’Agustino war so hübsch wie eh und je, und sie gehörte noch immer zum Wachkommando des Präsidenten. »Bitte folgen Sie mir.«

Die Präsidentschaft ist kein Amt, das einen Mann jünger macht. Roger Durling war einst als Fallschirmjäger im zentralen Hochland von Vietnam herumgeklettert, er joggte noch und spielte angeblich gern Squash, um fit zu bleiben, aber heute nachmittag wirkte er trotz alledem müde. Was jetzt aber für Jack mehr zählte, war die Tatsache, daß er direkt zum Präsidenten vorgelassen wurde, ohne in einem der zahlreichen Vorzimmer zu warten, und das Lächeln auf den Gesichtern derer, an denen er vorbeikam, besagte genug. Durling erhob sich mit einem Schwung, der seine Freude über das Erscheinen seines Besuchers zum Ausdruck bringen sollte. Vielleicht auch etwas anderes.

»Was macht das Börsengeschäft, Jack?« Der Händedruck, der die Frage begleitete, war trocken und fest, hatte aber etwas Aufgetragenes.

»Es macht mir viel Arbeit, Mr. President.«

»Nicht allzu viel Arbeit. Spielen Sie nicht Golf in West Virginia?« fragte Durling und bot Jack einen Sessel am Kamin an. »Das ist alles«, sagte er zu den beiden Secret-Service-Agenten, die Ryan ins Zimmer gefolgt waren. »Vielen Dank.«

»Mein neuestes Laster, Sir«, sagte Ryan, als er hörte, wie hinter ihm die Tür geschlossen wurde. Es war ungewöhnlich, daß er ohne die schützende Präsenz von Secret-Service-Agenten so nah beim Präsidenten war, besonders da er schon so lange aus dem Staatsdienst ausgeschieden war.

Durling setzte sich in seinen Sessel und lehnte sich zurück. Seine Körpersprache verriet Kraft, jene Art Kraft, die mehr von der Seele als vom Körper ausgeht. Es war Zeit, zur Sache zu kommen. »Ich könnte sagen, daß es mir leid tut, Ihren Urlaub unterbrochen zu haben, aber das sage ich nicht«, erklärte ihm der Präsident der Vereinigten Staaten. »Sie hatten zwei Jahre Urlaub, Dr. Ryan. Der ist nun vorbei.«

Zwei Jahre. In den ersten zwei Monaten hatte er wirklich nichts getan, in der Stille seines häuslichen Arbeitszimmers den einen oder anderen akademischen Posten erwogen, frühmorgens seine Frau in ihre ärztliche Praxis an der Johns-Hopkins-Universität fahren sehen, den Kindern das Schulbutterbrot fertiggemacht und sich gesagt, wie wundervoll es doch war, sich zu entspannen. Diese zwei Monate hatte es gedauert, bis er sich eingestand, daß die fehlende Aktivität ihn mehr belastete als alles, was er je getan hatte. Nur drei Anfragen hatten genügt, und er war wieder im Anlagengeschäft, konnte allmorgendlich mit seiner Frau um die Wette aus dem Haus hetzen und über die Hetzerei meckern – und vielleicht hatte ihn das davor bewahrt, verrückt zu werden. Dabei hatte er ein bißchen Geld verdient, aber auch das begann ihn, wenn er ehrlich war, allmählich anzuöden. Er hatte noch immer nicht seinen Platz gefunden und fragte sich, ob er ihn je finden würde.

»Mr. President, der Wehrdienst wurde vor vielen Jahren abgeschafft«, bemerkte Jack lächelnd. Es war eine schnoddrige Bemerkung, für die er sich schämte, noch während er sie aussprach.

»Sie haben Ihrem Land einmal nein gesagt.« Der Rüffel machte dem Lächeln ein Ende. War Durling dermaßen überlastet? Er konnte wirklich von Überlastung reden, und mit der Belastung war die Ungeduld gekommen, erstaunlich bei einem Mann, dessen wichtigste Aufgabe für die Öffentlichkeit darin bestand, freundlich und beruhigend zu wirken. Aber Ryan gehörte schließlich nicht zur Öffentlichkeit, oder?

»Sir, ich war damals ausgebrannt. Ich glaube nicht, daß ich länger ...«

»Schon in Ordnung. Ich habe Ihre Personalakte studiert, gründlich«, fuhr Durling fort. »Ich weiß sogar, daß ich möglicherweise nicht hier wäre, wenn Sie sich nicht vor einigen Jahren in Kolumbien so eingesetzt hätten. Sie haben Ihrem Land gute Dienste geleistet, Dr. Ryan, und jetzt haben Sie Ihren Urlaub gehabt und noch ein bißchen Geld gemacht – recht tüchtig, wie es scheint –, und jetzt ist es an der Zeit, wieder zurückzukommen.«

»Auf welchen Posten, Sir?« fragte Jack.

»Den Flur entlang und um die Ecke. Die letzten, die dort residierten, haben sich nicht mit Ruhm bekleckert«, bemerkte Durling. Cutter und Elliot waren ziemlich schlecht. Durlings eigener Nationaler Sicherheitsberater war der Aufgabe einfach nicht gewachsen. Sein Name war Tom Loch, und er würde bald gehen, hatte Ryan der Morgenzeitung entnommen. Für einmal schien die Presse recht zu haben. »Ich will nicht um den heißen Brei herumreden. Wir brauchen Sie. Ich brauche Sie.«

»Mr. President, das ist sehr schmeichelhaft, aber die Wahrheit ist, daß ...«

»Die Wahrheit ist, daß ich mich zuviel um die Innenpolitik kümmern muß, daß der Tag nur vierundzwanzig Stunden hat und daß meine Regierung schon zu oft den Ball verhauen hat. Wir haben dem Land nicht so gedient, wie es unsere Pflicht gewesen wäre. Ich kann das nur in diesem Raum hier sagen, aber hier kann und muß ich es sagen. Der Außenminister ist schwach. Der Verteidigungsminister ist schwach.«

»Fiedler ist hervorragend als Finanzminister«, warf Ryan ein. »Und wenn Sie meine Meinung über das Außenministerium hören wollen, dann befördern Sie Scott Adler. Er ist jung, aber er ist sehr gut in der Tagespolitik und ziemlich gut in der längeren Perspektive.«

»Nicht ohne verläßliche Aufsicht aus diesem Hause, und dafür fehlt mir die Zeit. Ich werde Buzz Fiedler von Ihrer positiven Beurteilung unterrichten«, fügte Durling lächelnd hinzu.

»Er ist ein glänzender Fachmann, und das ist es, was Sie auf der anderen Seite brauchen. Wenn Sie vorhaben, die Inflation zu bekämpfen, dann tun Sie es um Himmels willen jetzt ...«

»Und nehmen dafür die politische Unruhe in Kauf«, sagte Durling. »Genau das sind seine Anordnungen. Den Dollar schützen und die Inflation auf Null bringen. Ich denke, er schafft es. Die ersten Anzeichen sind vielversprechend.«

Ryan nickte. »Ich denke, Sie haben recht.« Okay, packen wir’san.

Durling überreichte ihm den Lagebericht. »Lesen Sie.«

»Jawohl, Sir.« Jack schlug den Hefter auf und überging die ungewöhnlich steifen ersten Seiten, auf denen alle möglichen rechtlichen Folgen angedroht wurden für den Fall, daß er von dem, was er gleich lesen würde, etwas verlauten lassen sollte. Wie immer waren die Informationen, die vom Strafgesetzbuch geschützt wurden, gar nicht so verschieden von dem, was jeder Bürger in Time lesen konnte, nur nicht so gut geschrieben. Er langte mit der rechten Hand nach einer Tasse Kaffee, ärgerlicherweise war es nicht der henkellose Becher, den er bevorzugte. Das Porzellan des Weißen Hauses war elegant, aber unpraktisch. Hier fühlte man sich immer wie auf Besuch bei einem steinreichen Boß. So viele Termine waren einfach ein bißchen zu ...

»Von einigen Dingen bin ich unterrichtet, aber ich wußte nicht, daß es so ... interessant ist«, murmelte Jack.

»Interessant?« erwiderte Durling mit einem unbemerkten Lächeln. »Das ist eine erstaunliche Wortwahl.«

»Mary Pat ist jetzt Deputy Director of Operations?« Ryan blickte auf und sah das knappe Nicken.

»Sie war vor einem Monat hier und setzte sich für eine Aufwertung ihrer Abteilung ein. Sie war sehr überzeugend. Al Trent hat gerade gestern die Zustimmung des Ausschusses durchgesetzt.«

Jack lachte vergnügt. »Ist es diesmal die Landwirtschaft oder das Innenministerium?« Dieser Teil des CIA-Budgets wurde praktisch nie offengelegt. Die Operationsabteilung wurde seit jeher teilweise auf Umwegen finanziert.

»Ich glaube, Gesundheit und Wohlfahrt.«

»Aber das wird auch erst in zwei bis drei Jahren ...«

»Ich weiß.« Durling rutschte auf seinem Sessel hin und her. »Hören Sie, Jack, wenn Ihnen das so wichtig wäre, wieso ...«

»Sir, wenn Sie meine Personalakte gelesen haben, wissen Sie, warum.« Herrgott, wollte Jack sagen, was muß ich denn noch alles ... Aber er konnte es nicht, nicht hier, nicht zu diesem Mann, und so verkniff er sich’s. Er wandte sich wieder der Lagebeurteilung zu, blätterte sie durch und las so schnell, wie es seine Auffassungsgabe erlaubte.

»Ich weiß, daß es ein Fehler war, die Einsatzkräfte zu unterschätzen. Trent und Fellows haben es gesagt. Mrs. Foley hat es gesagt. Dieses Amt verlangt manchmal zuviel von einem, Jack.«

Ryan blickte auf und hätte fast gelächelt, bis er das Gesicht des Präsidenten sah. Um die Augen saß eine Erschöpfung, die Durling nicht verbergen konnte. Aber da bemerkte Durling den Ausdruck in Jacks Gesicht.

»Wann können Sie anfangen?« fragte der Präsident der Vereinigten Staaten.

 

Der Ingenieur war wieder da, schaltete die Beleuchtung ein und betrachtete seine Werkzeugmaschinen. Seine Aufsichtskabine war fast komplett aus Glas und etwas erhöht, so daß er bloß seinen Kopf zu heben brauchte, um alles mitzubekommen, was sich in der Halle abspielte. In einigen Minuten würden seine Leute eintrudeln, und er würde den richtigen Ton angeben, wenn er als erster von allen da war – in einem Land, wo es die Norm war, zwei Stunden vor dem offiziellen Dienstbeginn zu erscheinen. Der erste Mann kam schon zehn Minuten später, hängte seinen Mantel auf und stellte als nächstes die Kaffeemaschine an. Kein Tee, dachten beide Männer gleichzeitig. Überraschend westlich. Die anderen kamen jetzt in Scharen, zugleich verärgert über ihren Kollegen und neidisch auf ihn, denn sie bemerkten alle, daß der Chef schon in seinem hell erleuchteten Büro war. Einige machten Gymnastik an ihrem Arbeitsplatz, um sich aufzulockern und ihre Ergebenheit zu beweisen. Zwei Stunden vor Schichtbeginn trat der Chef aus seinem Büro und rief seine Leute zu sich zur ersten morgendlichen Besprechung über das, was sie machten. Natürlich wußten sie es alle, aber trotzdem mußten sie es sich anhören. Es dauerte zehn Minuten, und danach gingen alle an die Arbeit. Und das war ganz und gar keine merkwürdige Art, einen Krieg zu beginnen.

 

Es war ein vornehmes Essen, serviert im Speisesaal mit seiner ungeheuer hohen Decke zum Klang von Klavier und Violine, in den sich gelegentlich das Klirren von Kristall mischte. Die Tischgespräche waren weniger vornehm, jedenfalls kam es Jack so vor, während er an seinem Tafelwein nippte und sich durch den Hauptgang arbeitete. Sally und der kleine Jack waren in der Schule erfolgreich, und Kathleen, die auf unsicheren Beinen durch das Haus in Peregrine Cliff streifte, würde in einem Monat zwei werden, der dominierende und selbstbewußte Liebling ihres Vaters und der Schrecken ihrer Kindertagesstätte. Robby und Sissy, die allen Bemühungen zum Trotz kinderlos geblieben waren, waren für das Ryan-Trio Ersatzonkel und -tante und ebenso stolz auf die Brut wie Jack und Cathy. Es war schon traurig, dachte Jack, aber darauf hatte man keinen Einfluß, und er fragte sich, ob Sissy noch immer deswegen weinte, wenn sie allein im Bett lag und Robby dienstlich unterwegs war. Jack hatte keinen Bruder gehabt. Robby stand ihm näher, als ein Bruder es jemals gekonnt hätte, und sein Freund hätte wahrlich mehr Glück verdient. Und Sissy, die war ein richtiger Engel.

»Ich wüßte gern, was das Amt macht.«

»Wahrscheinlich brüten sie einen Plan für die Invasion in Bangladesch aus«, sagte Jack, der jetzt aufblickte und sich wieder in die Unterhaltung einschaltete.

»Das war letzte Woche«, sagte Jackson grinsend.

»Wie kommen sie bloß ohne uns zurecht?« fragte sich Cathy laut und dachte dabei vermutlich an ihre Patienten.

»Also, für mich fängt die Konzertsaison erst nächsten Monat an«, bemerkte Sissy.

»Mmmm«, meinte Ryan, blickte wieder auf seinen Teller herab und überlegte sich, wie er es den anderen beibringen sollte.

»Jack, ich weiß Bescheid«, sagte Cathy schließlich. »Du kannst nicht gut etwas verbergen.«

»Sie fragte, wo du bist«, sagte Robby über den Tisch hinweg. »Ein Marineoffizier darf nicht lügen.«

»Dachtest du, ich wäre böse?« fragte Cathy ihren Mann.

»Ja.«

»Ihr kennt ihn nicht«, erklärte Cathy den anderen. »Jeden Morgen liest er die Zeitung und murrt. Jeden Abend sieht er die Nachrichten und murrt. Jeden Sonntag schaut er sich die Interviewsendungen an und murrt. Jack«, sagte sie ruhig, »glaubst du denn, daß ich jemals mit der Chirurgie aufhören könnte?«

»Wahrscheinlich nicht, aber das ist was anderes ...«

»Nein, ist es gar nicht, aber dir geht’s genauso. Wann fängst du an?« fragte Caroline Ryan.

1 / Alumni

Irgendwo im mittleren Westen – Jack hatte die Geschichte einmal im Radio gehört – hatte eine Universität einen Satz Instrumente entwickelt, die einen Tornado von innen beobachten sollten. Jedes Frühjahr steckten Studenten und ein Professor ein Stück Land ab, das in Frage kam, und wenn ein Tornado gemeldet wurde, versuchten sie den Instrumentensatz, der sinnigerweise »Toto« genannt wurde – wie denn sonst? –, direkt in der Bahn des herannahenden Sturms aufzustellen. Bislang ohne Erfolg. Vielleicht hatten sie sich bloß die falsche Stelle ausgesucht, dachte Ryan, während er zu den unbelaubten Bäumen im Lafayette Park hinausschaute. Das Amtszimmer des Nationalen Sicherheitsberaters des Präsidenten war mit Sicherheit stürmisch genug für jedermanns Geschmack und leider viel leichter von anderen zu betreten.

»Sie wissen«, sagte Ryan und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, »daß man davon ausgegangen war, daß es viel leichter gehen würde.« Und ich habe es auch geglaubt, dachte er im stillen.

»Früher hatte die Welt klare Regeln«, erklärte Scott Adler. »Die gibt es nicht mehr.«

»Wie ist der Präsident klargekommen, Scott?«

»Wollen Sie wirklich die Wahrheit hören?« fragte Adler, womit er sagen wollte: Wir sind hier im Weißen Haus, haben Sie das vergessen? Er fragte sich, ob die Gespräche in diesem Raum irgendwo mitgeschnitten wurden. »Wir haben die Situation in Korea vermasselt, sind aber noch mit Glück davongekommen. Gott sei Dank haben wir in Jugoslawien nicht so versagt, denn dort kann man einfach kein Glück haben. Die Sache mit Rußland haben wir nicht besonders geschickt angepackt. Der ganze Kontinent Afrika ist ein heilloses Durcheinander. Fast das einzige, was wir in letzter Zeit gut gemacht haben, ist das Handelsabkommen ...«

»Und das schließt Japan und China nicht ein«, beendete Ryan den Satz für ihn.

»Hey, vergessen Sie etwa, daß Sie und ich die Lage im Nahen Osten geklärt haben? Das läßt sich ganz gut an.«

»Wo ist derzeit der größte Krisenherd?« Ryan mochte kein Lob für diese Sache. Der »Erfolg« hatte einige sehr unangenehme Folgen nach sich gezogen und war der hauptsächliche Grund für sein Ausscheiden aus dem Staatsdienst gewesen.

»Suchen Sie sich etwas aus«, meinte Adler. Ryan murmelte Zustimmung.

»Das Außenministerium?«

»Hanson? Der ist Politiker«, erwiderte der Karrierediplomat. Und ein stolzer obendrein, wie Jack sich erinnerte. Adler hatte, gleich nachdem er als Jahrgangsbester die Fletcher School absolviert hatte, im Außenministerium angefangen und sich dann auf der Karriereleiter hochgearbeitet, durch die ganze Plackerei und die Hauspolitik, was ihn die Liebe seiner ersten Frau und einen Großteil seiner Haare gekostet hatte. Es mußte Vaterlandsliebe sein, was ihn bei der Stange hielt – das war Jack klar. Adler, Sohn eines Überlebenden von Auschwitz, hing in einer Weise an Amerika wie kaum ein anderer. Doch es war keine blinde Liebe, auch jetzt nicht, wo er eine politische Position innehatte und nicht einen Laufbahnposten. Genau wie Ryan diente er, wo und wie es dem Präsidenten beliebte, und dennoch hatte er so viel Charakter, Jacks Fragen ehrlich zu beantworten.

»Wenn es bloß das wäre«, fuhr Ryan an seiner Stelle fort. »Er ist auch noch Jurist. Die kommen einem überall in die Quere.«

»Das alte Vorurteil«, bemerkte Adler lächelnd und wandte seine analytischen Fähigkeiten auf die aktuelle Situation an. »Sie haben eine Sache am Laufen, stimmt’s?«

Ryan nickte. »Eine alte Rechnung zu begleichen. Da sitzen jetzt zwei gute Leute für mich dran.«

 

Es ging bei dem Projekt um eine Kombination von Ölbohren und Bergbau, woran sich eine außerordentlich sorgfältige Nachbearbeitung anschloß, und es mußte fristgerecht fertig werden. Die unbearbeiteten Löcher waren fast fertig. Es war schon das erste Mal nicht einfach gewesen, auf dem Talgrund senkrecht in das gewachsene Basaltgestein hineinzubohren, und dabei waren es zehn Löcher, jedes vierzig Meter tief und mit zehn Meter Durchmesser. Allen Warnungen zum Trotz hatte eine Mannschaft von neunhundert Leuten, die in drei Wechselschichten arbeiteten, den offiziellen Termin um zwei Wochen unterschritten. Von der Shin-Kansen-Strecke her, die in der Nähe vorbeiführte, waren sechs Kilometer Gleis verlegt worden, und die Masten, an denen normalerweise die Oberleitung aufgehängt war, trugen über die ganze Strecke Tarnnetze.

Dieses japanische Tal muß eine sehr interessante geologische Vergangenheit haben, dachte der Bauleiter. Der östliche Hang war so steil, daß die Sonne erst eine gute Stunde später als anderswo zu sehen war. Nicht verwunderlich, daß frühere Eisenbahningenieure beschlossen hatten, hier nicht zu bauen. Die schmale Schlucht – stellenweise nicht einmal zehn Meter breit – war von einem inzwischen längst aufgestauten Fluß gegraben worden, und übrig geblieben war praktisch ein felsenübersäter Graben wie nach einem Krieg. Oder wie in Vorbereitung auf einen, dachte er. Es war ja ziemlich offenkundig, auch wenn man ihm nur gesagt hatte, daß er über das ganze Projekt zu schweigen habe. Hier kam man nur senkrecht oder seitwärts heraus. Zu ersterem war ein Hubschrauber, zu letzterem ein Zug in der Lage; alles andere hätte bedeutet, sich an den Gesetzen der Ballistik zu vergreifen, was denn doch ein sehr schwieriges Unterfangen gewesen wäre.

Während er zuschaute, schüttete ein riesiger Kowa-Schaufelbagger eine Fuhre Gesteinsschutt auf einen Selbstentladewagen. Es war der letzte Wagen des Zuges, und bald würde die Dieselrangierlokomotive den Zug zur Hauptstrecke ziehen, wo eine Normalspur-E-Lok ihn übernehmen würde.

»Fertig«, erklärte ihm der Mann und deutete ins Loch hinunter. Unten hielt ein Mann das Ende eines langen Bandmaßes. Exakt vierzig Meter. Das Loch war natürlich schon per Laser vermessen worden, aber die Tradition verlangte, daß solche Messungen von einem Facharbeiter per Hand überprüft wurden, und dort unten stand ein Bergarbeiter in mittleren Jahren und strahlte vor Stolz übers ganze Gesicht. Er hatte keine Ahnung, worum es bei diesem Projekt überhaupt ging.

»Hai«, sagte der Bauleiter mit einem zufriedenen Nicken und dann mit einer förmlichen, anmutigen Verbeugung, die von dem Mann in dem Loch pflichtschuldig und stolz erwidert wurde. Der nächste Zug würde einen überdimensionierten Betonmischer mitbringen. Die vorgefertigten Armierungen waren bereits rings um dieses Loch – und auch um alle anderen – aufgestapelt und warteten darauf, herabgelassen zu werden. Das Team hatte bei der Fertigstellung des ersten Lochs seinen nächsten Konkurrenten um vielleicht sechs Stunden und seinen abgeschlagenen Konkurrenten um ganze zwei Tage geschlagen – Unregelmäßigkeiten im Oberflächengestein hatten bei Loch sechs Schwierigkeiten gemacht, und eigentlich war es für sie ein schöner Erfolg, daß sie so weit aufgeholt hatten. Er würde mit ihnen sprechen und sie zu ihrer herkulischen Anstrengung beglückwünschen müssen, um das Schamgefühl, die letzten zu sein, etwas zu mildern. Team sechs war seine beste Mannschaft, und es war schade, daß sie solch ein Pech gehabt hatten.

»Noch drei Monate, wir schaffen den Termin«, sagte der Polier sehr zuversichtlich.

»Wenn auch Sechs fertig ist, geben wir ein Fest für die Männer. Sie haben es verdient.«

 

»Das hier ist nicht besonders lustig«, bemerkte Chavez.

»Und außerdem heiß«, pflichtete Clark ihm bei. Die Klimaanlage ihres Range Rover war kaputt, möglicherweise aus Verzweiflung verendet. Zum Glück hatten sie eine Menge Mineralwasser dabei.

»Aber es ist eine trockene Hitze«, erwiderte Ding, als ob es bei 114 Grad Fahrenheit darauf ankäme. Man konnte statt dessen auch in Celsiusgraden – 45 Grad – rechnen, aber das bot auch nur Erleichterung bis zum nächsten Atemzug. Dann wurde man an den Schaden erinnert, den die überhitzte Luft in der Lunge anrichten mußte, egal welches Maß man benutzte. Er schraubte eine Plastikflasche mit Mineralwasser auf, das nach seiner Schätzung etwa 35 Grad warm war. Erstaunlich, wie kühl es sich unter diesen Umständen anfühlte.

»Heute nacht kühlt es sich ab, vielleicht sogar bis auf 27 Grad.«

»Wie gut, daß ich meinen Pullover dabeihabe, Mr. C.« Chavez setzte das Fernglas ab, um sich den Schweiß abzuwischen, dann nahm er es wieder auf. Es war ein gutes Glas, aber trotzdem sah man nichts anderes als die flimmernde Luft, die aufgewühlt war wie ein unsichtbares, stürmisches Meer. Hier zeigten sich keine Lebewesen außer dann und wann die Geier, und die hatten inzwischen sicherlich die Kadaver von allem, was den Fehler gemacht hatte, hier draußen geboren zu sein, kahl gefressen. Dabei hatte er einmal die Mojave-Wüste für trostlos gehalten, dachte Chavez. Dort lebten wenigstens Kojoten.

Es änderte sich nichts, dachte Clark. Seit wann machte er schon Jobs wie diesen? Dreißig Jahre? Nicht ganz, aber fast. Mannomann, dreißig Jahre. Er hatte noch keine Gelegenheit gehabt, in einer Umgebung zu arbeiten, in der er sich richtig einfügen konnte, aber das war jetzt nicht sonderlich wichtig. Ihre Deckidentität war fadenscheinig. Der Rover war hinten vollgestopft mit Vermessungsgerät und Kisten mit Gesteinsproben, genug, um die analphabetischen Einheimischen davon zu überzeugen, daß draußen in dem einsam aufragenden Gebirge ein riesiges Molybdänvorkommen ruhte. Sie wußten, wie Gold aussieht – wer wußte das nicht? –, aber das Mineral, das bei Bergleuten den liebevollen Namen »Molly-be-damned« trug, war für den Uneingeweihten in jeder Hinsicht ein Rätsel, außer was den Marktwert betraf, und der war beträchtlich. Clark hatte schon öfter mit diesem Trick gearbeitet. Eine geologische Entdeckung erschien den Menschen als genau der Glücksfall, der noch stets ihre Gier weckte. Der Gedanke, daß unter ihren Füßen etwas Wertvolles ruhte, war für sie unwiderstehlich, und John Clark spielte mit seinem rauhen und ehrlichen Gesicht glaubwürdig die Rolle des Bergbauingenieurs, der die frohe und sehr vertrauliche Botschaft überbrachte.

Er sah auf die Uhr. Das Treffen war in neunzig Minuten, gegen Sonnenuntergang, und er war frühzeitig gekommen, um sich mit der Umgebung vertraut zu machen. Sie war heiß und verlassen, was beides nicht sonderlich überraschte, und lag zwanzig Meilen von dem Gebirge entfernt, über das sie in Kürze sprechen würden. Hier kreuzten sich zwei unbefestigte Straßen, eine, die vorwiegend in Nord-Süd-Richtung, und eine andere, die vorwiegend in Ost-West-Richtung verlief, und beide blieben irgendwie erkennbar, obwohl der Flugsand eigentlich alle Spuren menschlicher Gegenwart verdeckt haben müßte. Die jahrelange Dürre konnte nicht dazu beigetragen haben, Clark kapierte es nicht. Aber er kapierte auch nicht, daß, selbst wenn es hin und wieder regnete, hier jemals Menschen gelebt hatten. Dennoch hatte es solche Menschen gegeben und gab sie seines Wissens noch, solange ihre Ziegen Gras fanden – und keine Männer mit Gewehren kamen, um die Ziegen zu stehlen und die Hirten zu töten. Die beiden CIA-Agenten saßen in ihrem Wagen, die Fenster geöffnet, tranken ihr Mineralwasser und schwitzten; der Gesprächsstoff war ihnen ausgegangen.

Bei Dämmerung tauchten die Lastwagen auf. Zuerst entdeckten sie die Staubfahnen, die sich gelb in dem schwindenden Licht abhoben. Wie war es möglich, daß sie in einem so menschenleeren, gottverlassenen Land wußten, wie man Lastwagen zum Laufen bringt? Irgend jemand wußte, wie man sie zum Laufen bringt, und das war doch bemerkenswert. Daraus konnte man, so widersinnig es auch war, den Schluß ziehen, daß für diese trostlose Wüste noch nicht alle Hoffnung verloren war. Wenn schlechte Menschen es schafften, dann schafften es auch gute Menschen. Und das war schließlich der Grund, weshalb Clark und Chavez hier waren.

Der erste Laster war den anderen weit voraus. Es war wohl mal ein Militärfahrzeug gewesen, doch konnte man bei der zerbeulten Karosserie das Herkunftsland und den Hersteller nur vermuten. Er umkreiste den Rover im Abstand von etwa hundert Metern. Vorsichtig äugte die Besatzung zu ihnen herüber, darunter ein Mann an einem hinten aufmontierten, anscheinend russischen 12,7-mm-Maschinengewehr. Ihr Anführer bezeichnete seine Leute als »Polizisten« – früher hatte man »Techniker« gesagt. Schließlich hielten sie an, stiegen aus und standen mit ihren alten, aber wohl funktionierenden G3-Gewehren herum und schauten zum Rover herüber. Bald brauchte man mit den Männern nicht mehr zu rechnen, denn es war Abend und Zeit fürs Kat. Chavez beobachtete einen Mann, der in hundert Meter Entfernung im Schatten seines Lasters saß und an dem Kraut kaute.

»Können die blöden Kerle das Zeug nicht wenigstens rauchen?« fragte Agent Chavez verzweifelt in die brennende Luft im Wagen hinein.

»Schlecht für die Lunge, Ding. Das weißt du doch.« Der Mann, mit dem sie sich treffen wollten, lebte nicht schlecht davon, daß er das Zeug einflog. Praktisch vierzig Prozent des Bruttosozialprodukts des Landes flossen in diesen Handel, der von Somalia aus mit einer kleinen Flugzeugflotte bedient wurde. Clark und Chavez fanden das empörend, aber ihre persönlichen Empfindungen spielten bei ihrem Auftrag keine Rolle. Es ging um eine alte Schuld. »General« Mohammed Abdul Corp – den Rang hatten ihm Reporter verliehen, die nicht wußten, wie sie ihn sonst nennen sollten – war für den Tod von zwanzig amerikanischen Soldaten verantwortlich. Das war vor zwei Jahren gewesen, um genau zu sein, doch das lag weit hinter dem Gedächtnishorizont der Medien, denn nachdem er die amerikanischen Soldaten umgebracht hatte, hatte er sich wieder seinem Hauptgeschäft zugewandt, das darin bestand, seine eigenen Landsleute umzubringen. Dies war angeblich der Grund, warum Clark und Chavez hier waren, doch die Gerechtigkeit hat viele Formen und Farben, und es machte Clark Spaß, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Daß Corp auch noch Drogenhändler war, schien ein spezielles Geschenk eines wohlgelaunten Gottes zu sein.

»Sollen wir sie fertigmachen, bevor er kommt?« fragte Ding, der etwas nervös geworden war. Die vier Männer saßen neben dem Lastwagen, kauten Kat und starrten in die Luft; die Gewehre lagen über ihren Beinen, das schwere Maschinengewehr auf der Ladefläche war verwaist. Sie waren gewissermaßen das Vorauskommando zur Sicherung ihres Generals.

Clark schüttelte den Kopf. »Zeitverschwendung.«

»Scheiße, wir sind jetzt sechs Wochen hier.« Und das nur für eine Besprechung. Aber so funktionierte es nun mal.

»Ich mußte mir die fünf Pfund herunterschwitzen«, sagte Clark, der jetzt auch nervös lächelte. Es waren wohl mehr als fünf, dachte er. »Diese Dinge brauchen einfach ihre Zeit.«

»Ich frage mich, wie Patsy es auf der Uni schafft«, murmelte Ding, als sich nun weitere Staubfahnen näherten.

Clark antwortete nicht. Wenn er ehrlich war, wollte es ihm gar nicht gefallen, daß seine Tochter seinen Partner exotisch und aufregend und reizvoll fand. Ding war kleiner als seine Tochter – Patsy kam auf ihre schlanke und hochgewachsene Mama hinaus – und hatte eine recht bewegte Vergangenheit, aber John mußte zugeben, daß Chavez sich wie kein anderer, den er kannte, angestrengt hatte, das aus sich zu machen, was das Schicksal ihm hartnäckig zu verweigern suchte. Der Bursche war jetzt einunddreißig. Bursche? fragte sich Clark. Zehn Jahre älter als sein kleines Mädchen, Patricia Doris Clark. Er hätte etwas darüber sagen können, daß die beiden kaum etwas zu beißen haben würden, aber Ding hätte darauf erwidert, daß nicht er darüber zu befinden habe, und das stimmte ja. Auch Sandy war dieser Meinung.

Was Clark nicht aus dem Sinn ging, war die Vorstellung, daß seine Patricia, sein Schätzchen, mit Ding sexuell verkehren könnte. Der Vater in ihm störte sich an dieser Vorstellung, aber er mußte auch zugeben, daß er selbst einmal jung gewesen war. Töchter, dachte er, sind Gottes Rache an den Männern: Man lebte in Todesängsten, daß sie einmal jemanden kennenlernen könnten, der so war, wie man selbst in dem Alter gewesen war. In Patsys Fall war die erwähnte Ähnlichkeit zu augenfällig, als daß man diese Tatsache einfach schlucken konnte.

»Denk an unseren Auftrag, Ding.«

»Roger, Mr. C.« Clark brauchte sich nicht umzudrehen, er konnte sich das Lächeln auf dem Gesicht seines Partners auch so vorstellen. Und er spürte geradezu, wie es verflog, als sich weitere Staubfahnen in der flimmernden Luft näherten.

»Wir kriegen dich, du Arschloch«, schnaubte Ding, nun wieder ganz bei der Sache und einsatzbereit. Es ging nicht bloß um die getöteten amerikanischen Soldaten. Leute wie Corp machten alles kaputt, was sie anfaßten, und dieser Erdteil mußte auch seine Zukunftschance haben. Vielleicht hätte er diese Chance zwei Jahre früher bekommen, wenn der Präsident statt auf die UNO dieses eine Mal auf seine Einsatzkommandeure gehört hätte. Nun ja, er schien wenigstens dazuzulernen, und das war für einen Präsidenten gar nicht so übel.

Die Sonne war jetzt fast untergegangen, und die Hitze ließ etwas nach. Weitere Lastwagen kamen an. Beide hofften, daß nicht noch viel mehr kommen würden. Chavez schaute zu den vier Männern hinüber, die sich jetzt, angetörnt von dem Kat, angeregt unterhielten. Normalerweise waren mit Drogen vollgepumpte Männer, die militärische Waffen führten, eine Gefahr für andere, aber wie es manchmal so geht, kehrte sich die Gefahr heute gegen sie selbst. Der zweite Laster war jetzt deutlich zu sehen, und er fuhr dicht an sie heran. Die beiden CIA-Agenten stiegen aus, um sich zu strecken und dann, natürlich vorsichtig, ihren neuen Besuchern entgegenzugehen.

Die Elitepolizisten der Leibgarde des Generals sahen nicht besser aus als die, die zuerst angekommen waren, auch wenn einige darunter waren, die aufgeknöpfte Hemden trugen. Der erste, der auf sie zukam, roch nach Whiskey, den er wahrscheinlich aus dem Privatbestand des Generals stibitzt hatte. Das war eine Verletzung des Islam, aber das war der Drogenhandel schließlich auch. Was Clark an den Saudis bewunderte, war die direkte und entschiedene Art, wie sie mit solchen Verbrechern verfuhren.

»Hi.« Clark lächelte den Mann an. »Ich bin John Clark. Das ist Mr. Chavez. Wir haben auf den General gewartet, wie Sie uns gesagt haben.«

»Was führen Sie mit sich?« fragte der Polizist, dessen Englischkenntnisse Clark überraschten. John hielt ihm den Sack mit Gesteinsproben hin, und Ding zeigte ihm seine elektronischen Instrumente. Nach einer flüchtigen Inspektion des Fahrzeugs blieb ihnen eine ernsthafte Durchsuchung erspart – eine angenehme Überraschung.

Dann kam Corp mit seinen zuverlässigsten Sicherheitskräften, wenn man so sagen darf. Sie fuhren einen russischen Jeep Marke »Shil«. Der General kam in einem Mercedes, der einmal einem Regierungsbeamten gehört hatte, bevor die Regierung dieses Landes sich aufgelöst hatte. Er hatte bessere Zeiten gesehen, war aber vermutlich immer noch das beste Auto, das es im Lande gab. Corp trug seine beste Sonntagskluft, ein khakifarbenes Hemd über der Cordhose, auf den Epauletten so etwas wie Rangabzeichen und Stiefel, die irgendwann letzte Woche geputzt worden waren. Die Sonne war gerade hinter dem Horizont verschwunden. Es würde rasch dunkel werden, und dank der klaren Atmosphäre in dem Wüstenhochland waren schon jetzt viele Sterne zu sehen.

Der General hielt sich für einen angenehmen Menschen. Er kam rasch auf sie zu und reichte ihnen die Hand. Als Clark sie ergriff, fragte er sich, was wohl aus dem Mercedes-Besitzer geworden sein mochte. Höchstwahrscheinlich ermordet wie die übrigen Regierungsmitglieder. Sie waren teils aus eigener Unfähigkeit, vor allem aber durch die Grausamkeit anderer umgekommen, die meisten vermutlich durch diesen Mann, dessen festen Händedruck er jetzt erwiderte.

»Haben Sie Ihre Erkundungen abgeschlossen?« fragte Corp, der Clark ebenfalls durch seine Grammatikkenntnisse überraschte.

»Ja, Sir, das haben wir. Darf ich es Ihnen zeigen?«

»Gewiß.« Corp folgte ihm zur Rückseite des Rover. Chavez holte ein Meßtischblatt und einige Satellitenfotos hervor, die er käuflich erstanden hatte.

»Dies ist möglicherweise das größte Vorkommen nach dem in Colorado, und der Reinheitsgrad ist erstaunlich. Genau hier.« Clark deutete mit einem Zeigestock auf die Karte.

»Dreißig Kilometer von unserem Standort entfernt ...«

Clark lächelte. »Ich bin nun schon lange in diesem Geschäft, aber dennoch erstaunt es mich immer wieder, wie so etwas möglich ist. Vor einigen Milliarden Jahren muß eine riesige Blase von diesem Zeug direkt aus dem Erdinneren hochgestiegen sein.« Er erging sich in schwärmerischen Ausführungen. Er war darin geübt, und es kam ihm zustatten, daß er in der Freizeit Bücher über Geologie las, denen er die Fachausdrücke verdankte, mit denen er seinen Vortrag spickte.

»Jedenfalls«, sagte Ding, der einige Minuten später sein Stichwort aufgriff, »ist die Deckschicht überhaupt kein Problem, und wir haben die Lagerstätte genau fixiert.«

»Wie machen Sie das nur?« wollte Corp wissen. Die Karten, die er hatte, waren aus einer Zeit, als man es noch nicht so genau nahm.

»Hiermit, Sir.« Ding reichte es ihm.

»Was ist das?« fragte der General.

»Ein GPS-Ortungsgerät«, erläuterte Chavez. »Damit bestimmen wir unseren Standort, Sir. Sie brauchen bloß auf den Gummiknopf da zu drücken.«

Corp tat das und schaute dann auf die Anzeige des großen, schmalen Geräts aus grünem Kunststoff. Zunächst zeigte es die genaue Uhrzeit an, dann begann es mit der Ortung, wobei man verfolgen konnte, wie es mit einem, dann mit drei und schließlich mit vier Satelliten des Global Positioning System Verbindung aufnahm.

»Was für ein wunderbares Gerät«, sagte er, nicht ahnend, daß die Ortung nur eine seiner Funktionen war. Mit dem Knopfdruck hatte er zugleich ein Funksignal ausgesandt. Man vergaß so leicht, daß sie kaum hundert Meilen vom Indischen Ozean entfernt waren und daß jenseits des Horizonts ein Schiff mit einem flachen Deck liegen konnte. Einem großen Deck, das zur Zeit verwaist war, weil die Hubschrauber, die dort beheimatet waren, vor einer Stunde abgehoben hatten und jetzt an einem sicheren Ort fünfunddreißig Meilen südlich lauerten.

Corp schaute sich das GPS-Ortungsgerät noch einmal an, bevor er es zurückgab. »Was hat das Klappern zu bedeuten?« fragte er, als Ding es entgegennahm.

»Die Batterie ist lose, Sir«, erklärte Chavez lächelnd. Es war ihre einzige Faustwaffe und keine besonders große. Der General überging die Belanglosigkeit und wandte sich wieder an Clark.

»Wieviel?« fragte er bloß.

»Nun, um die genaue Größe dieses Vorkommens zu ermitteln, brauchen wir ...«

»Geld, Mr. Clark.«

»Anaconda ist bereit, Ihnen fünfzig Millionen Dollar zu bieten, Sir. Wir zahlen in vier Raten zu zwölfeinhalb Millionen Dollar, dazu zehn Prozent des Bruttogewinns aus dem Abbau. Die Vorauszahlung und das laufende Einkommen werden in US-Dollar erfolgen.«

»Das reicht nicht. Ich weiß, was Molybdän wert ist.« Auf der Herfahrt hatte er sich anhand der Financial Times kundig gemacht.

»Aber es wird zwei, wahrscheinlich eher drei Jahre dauern, bis mit dem Abbau begonnen werden kann. Dann muß noch festgelegt werden, wie wir das Erz am besten zur Küste schaffen. Wahrscheinlich per Lkw, vielleicht aber auch per Eisenbahn, wenn das Vorkommen so groß ist, wie ich vermute. Unsere Vorlaufkosten werden sich auf runde dreihundert Millionen belaufen.« Selbst bei den hiesigen Löhnen, aber das brauchte Clark nicht hinzuzusetzen.

»Ich brauche mehr Geld, um mein Volk bei Laune zu halten. Das müssen Sie doch einsehen«, sagte Corp in vernünftigem Ton. Wäre er ein Ehrenmann gewesen, hätte dies ein interessanter Verhandlungspunkt sein können, dachte Clark. Corp brauchte die erhöhte Vorauszahlung, um Waffen zu kaufen, mit denen er das Land, das ihm einmal fast gehört hatte, zurückerobern konnte. Die UNO hatte ihn vertrieben, aber nicht gründlich genug. Im Untergrund zu einer schwer einschätzbaren Größe geworden, hatte er das letzte Jahr überstanden, indem er Kat in die Städte schmuggelte – sofern man von Städten reden konnte –, und er hatte daran genug verdient, um, wie manche meinten, erneut zu einer Gefahr für den Staat zu werden, sofern man überhaupt von einem Staat reden konnte. Natürlich würde er, wenn er das Land mit neuen Waffen unter seine Kontrolle gebracht hätte, die laufenden Zahlungen für den Molybdänabbau neu aushandeln. Es war ein schlauer Plan, dachte Clark, aber er war durchsichtig, denn er selbst hatte ihn sich ausgedacht, um den Kerl aus seinem Versteck zu locken.

»Nun ja, wir sind schon daran interessiert, daß die Region politisch stabil bleibt«, räumte John mit einem listigen Lächeln ein, um zu verdeutlichen, daß er Bescheid wußte. Es war ja bekannt, jedenfalls nach Ansicht von Corp und anderen, daß die Amerikaner überall in der Welt mitmischten.

Chavez machte sich an dem GPS-Gerät zu schaffen und beobachtete die LCD-Anzeige. In der rechten oberen Ecke verdunkelte sich ein leuchtender Block. Ding hustete von dem umherfliegenden Staub und kratzte sich angelegentlich an der Nase.

»Okay«, sagte Clark. »Sie sind ein seriöser Mann, und wir haben Verständnis dafür. Die fünfzig Millionen können auf einen Schlag im voraus gezahlt werden. Auf ein Schweizer Konto?«

»Das hört sich schon besser an«, räumte Corp nach einiger Überlegung ein. Er ging zur Rückseite des Rover und deutete auf den geöffneten Laderaum. »Sind das Ihre Gesteinsproben?«

»Jawohl, Sir«, erwiderte Clark mit einem Kopfnicken. Er überreichte ihm einen dreipfündigen Stein mit sehr hohem Molybdängehalt, der allerdings nicht aus Afrika, sondern aus Colorado stammte. »Möchten Sie ihn Ihren Leuten zeigen?«

»Was ist das?« Corp deutete auf zwei Gegenstände im Rover.

»Unsere Lampen, Sir.« Clark holte lächelnd eine heraus. Ding ebenfalls.

»Sie haben ja eine Waffe dabei«, sagte Corp und deutete schmunzelnd auf ein Bolzengewehr. Zwei seiner Leibwächter kamen herbei.

»Wir sind schließlich in Afrika, Sir. Ich dachte dabei an ...«

»Löwen?« Corp glaubte, einen besonders guten Witz gemacht zu haben. Er sprach zu seinen Polizisten, die in ein gutmütiges Gelächter über die dummen Amerikaner ausbrachen. »Wir töten die Löwen«, erklärte Corp, als sich das Gelächter gelegt hatte. »Hier draußen rührt sich nichts mehr.«

Clark, dachte der General, nimmt es wie ein Mann, so wie er mit seiner Lampe dastand. Es schien eine sehr große Lampe zu sein. »Wozu brauchen Sie sie?«

»Ach, ich mag die Dunkelheit nicht besonders, und wenn wir draußen kampieren, mache ich gern Fotos bei Nacht.«

»Ja«, bestätigte Ding, »diese Dinger sind wirklich großartig.« Er wandte sich um und prüfte, wo sich die Leibwächter des Generals befanden. Es waren zwei Gruppen, einmal vier Männer und einmal sechs, dazu kamen die zwei neben ihnen und Corp selbst.

»Soll ich ein Bild von Ihren Männern machen?« fragte Clark, ohne nach seiner Kamera zu greifen.

Das war für Chavez das Stichwort, um seine Lampe anzumachen und sie auf die größere der beiden Gruppen zu richten. Clark befaßte sich mit den drei Männern neben dem Rover. Die »Lampen« wirkten wie ein Zauber. Nach nur drei Sekunden konnten die CIA-Agenten sie abschalten, um den Männern die Hände zu fesseln.