Ein Berufsleben für einen gesunden Körper und mentale Stärke - Werner Krebs - E-Book

Ein Berufsleben für einen gesunden Körper und mentale Stärke E-Book

Werner Krebs

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Beschreibung

Anfänglich war Werner ein erfolgreicher Betriebs-Berater von großen Fitnessanlagen. Seine Sanierungs-Aufträge übernahm er auf reiner Erfolgsbasis. Trotz dem großen Erfolg geriet er in finanzielle Schwierigkeiten, weil sich drei Auftraggeber zur Zahlung weigerten. Werner tat sich mit einem Freund zusammen. Sie entschlossen sich, nach Amerika in die Spieler-Stadt Reno/Nevada auszuwandern. Die beiden Freunde gründeten dafür eine Franchise-Gesellschaft und wollten unter dem Namen Swiss Training in Amerika und Europa expandieren. Der Start in Amerika missriet gründlich. Werner musste ein ganzes Jahr lang mit $ 8.- pro Tag auskommen. Wie er diese finanziell harte und beruflich erfolglose Zeit überwand, beschreibt er in großer und beeindruckender Ehrlichkeit.

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Seitenzahl: 1010

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Impressum

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie­.

Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Funk und Fern­sehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und ­auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

© 2023 novum publishing

ISBN Printausgabe: 978-3-99130-245-2

ISBN e-book: 978-3-99130-246-9

Lektorat: Alexandra Eryiğit-Klos

Umschlagfoto: Michael Schär

Umschlaggestaltung, Layout & Satz: novum publishing gmbh

Innenabbildungen: Panasonic Schweiz, Centre for Comuting History, Polaroid, Werner Krebs

www.novumverlag.com

Vorwort

Die Namen der genannten und auftretenden Personen wurden zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre weitestgehend anonymisiert und abgeändert.

Mein erster arbeitsfreier Tag, seit ich in Reno Nevada lebte

Ich saß auf einer Wiese direkt am kleinen See, der für die Wohnanlage, in der wir wohnten, angelegt wurde. Die Sonne schien. Ich war alleine am See und schaute den Enten zu. Mein Geschäftspartner Hans J. arbeitete im Swiss Training. Hans J. hatte ich bei der Ski-Nationalmannschaft kennengelernt.

Er war Skiprofi in Amerika und trainierte im Sommer in Europa. Er trainierte all die Jahre seiner aktiven Zeit bei mir in meinem Fitnesscenter Duc de Rohan in Chur. Hans J. wollte unbedingt ein Fitnesscenter in Amerika aufmachen. Er wollte das Training Center mit mir zusammen aufbauen. Mit vielen Bedenken willigte ich ein. 1984 suchte er eine Stadt in Amerika für unser Projekt. Er hielt die Spielerstadt Reno in Nevada für geeignet. Am 1. Januar 1986 eröffneten wir unser Fitnesscenter.

Während ich am kleinen See saß, versuchte ich, das schöne Wetter und den ersten freien Nachmittag, seit ich in Amerika war, zu genießen. Ich war schon vier Jahre von meiner Frau und den Kindern getrennt und zwei Jahre geschieden. Wir hatten damals, es war das Jahr 1986, zwei kleine Kinder, acht und zehn Jahre alt. Als ich noch in Europa war, hatte ich regelmäßig von meinem Besuchsrecht Gebrauch gemacht. Es war bei jedem Abschied von den Kindern der reinste Horror. Es zerriss mir jedes Mal fast das Herz, wenn ich die Buben abgeben musste. In Amerika musste ich diese schweren Gefühle nun nicht mehr ertragen.

Geschäftlich hatte ich immer sehr viel Erfolg. Schon früh hatte ich mein eigenes Fitnesscenter in Chur, das einen guten Gewinn abwarf. Dann begann ich als Betriebssanierer, marode Betriebe in die Gewinnzone zu führen. Einen riesigen Erfolg verbuchte ich bei einer Sanierung in München, dort sanierte ich ein Ortszentrum mit 200 Wohnungen, einem riesigen Fitnesscenter und einem französischen Restaurant. Mein Bekanntheitsgrad als Betriebsberater sprach sich schnell herum und ich erhielt Sanierungsaufträge, so viel ich wollte. Dann wurde ich zum Gründungspräsidenten der Interessengemeinschaft zur Förderung der Fitness in Europa (IGF) gewählt.

Beratung bei Kieser Training AG

Im Jahre 1985 ging es dem Franchise-Unternehmen Kieser Training AG wirtschaftlich schlecht. Ich berief Werner Kieser gegen den Widerstand vieler Fitnessanbieter in den Vorstand der IGF. Der Widerstand kam von allen Seiten. Er vertrat eine andere Ansicht, wie Fitness angeboten werden sollte. Genau deshalb wollte ich ihn in den Vorstand berufen. Neben dem Vorstand unterhielt die IGF auch einen wissenschaftlichen Beirat. Werner Kieser erteilte mir den Auftrag, seine Franchisenehmer zu beraten, wie sie ihr Geschäft erfolgreicher betreiben könnten. Schnell entschlossen sich seine Franchisenehmer aus St. Gallen, Bern, Luzern, Basel, Chur, Zug und Zürich-Oerlikon zu einer Sanierung, oder Beratung. Das Ganze war unglaublich erfolgreich. In Windeseile rekrutierte ich einen ganzen Sanierungsmitarbeiterstab, den ich selbst aus- und weiterbildete. Bald waren es zehn Mitarbeiter, die mich bei den Sanierungen unterstützten. In dieser Zeit wurde ich das erste Mal so richtig mit Neid konfrontiert. Meine Abmachungen mit den sanierungsbedürftigen Betrieben waren die folgenden: Es wurde von mir mit dem Auftraggeber errechnet, wie viele Mitglieder es brauchte, um die Gewinnzone zu erreichen (Break-even). Bis zu diesem Umsatz arbeitete ich umsonst. Käme das Fitnesscenter aber in die Gewinnzone, würde ich mit 50 % vom Gewinn beteiligt. Die Verträge wurden für ein Jahr abgeschlossen. Ein Beispiel: In Luzern gab es vor meiner Sanierung einen Jahresumsatz von 270.000,– SFr. Der Break-even betrug aber knapp 500.000,– SFr. Das bedeutete, bis zu einem Jahresumsatz von 500.000,– SFr. bekam ich nichts. Erst von einem Umsatz, der über 500.000,– SFr. läge, bekäme ich 50 % Gewinnbeteiligung. Das war natürlich eine tolle Einladung für alle Kieser Franchisebetriebe. Sogar der Betrieb in Zürich-Oerlikon wollte mit mir einen Beratungsvertrag eingehen. Der Inhaber dieses Betriebes sagte damals, er sei schon in der Gewinnzone (1 Mio. Umsatz), aber wenn ich mehr als eine Million Umsatz machen würde, werde er mich auch mit 50 % am Gewinn beteiligen. Er sagte bei der Vertragsunterzeichnung zu mir, dass er nicht glaube, dass ich eine Umsatzsteigerung hinbekäme. Er sei schon so erfolgreich, dass eine Umsatzsteigerung äußerst unwahrscheinlich sei. Ich sagte einfach: Schauen wir mal, kosten würde es ihm ja nichts. Ich würde ja im Erfolgsfall nur die Hälfte meines Erfolgs beanspruchen. Die andere Hälfte meiner Umsatzsteigerung würden ja ihm zugutekommen.

Er war ein ehemaliger Eishockeyspieler und pflegte einen ziemlich luxuriösen Lebensstil. Zur Vertragsunterzeichnung waren wir in einem Restaurant zum Abendessen. Ich bestellte ein Kotelett mit Beilagen und Salat. Ich habe kein besonders gutes Gedächtnis für die Preise von Speisen in Restaurants. Aber diesen Kotelett-Preis habe ich bis heute nicht vergessen. Das Kotelett kostete damals (1984/1985) sage und schreibe 60,– SFr. ohne Salat, Getränke und Dessert. So ein teures Stück Fleisch habe ich vorher noch nie gegessen. Ob das ein gutes Omen für diesen Sanierungsauftrag war?

Bei der Vertragsunterzeichnung in Luzern waren wir auch im Restaurant zum Essen. Der Inhaber fragte mich am Ende des Abends: „Herr Krebs, was denken Sie, welchen Umsatz können Sie während der Vertragsdauer erreichen?“ Ich war zu dieser Zeit unglaublich selbstbewusst und sagte: „Ich schätze so gegen eine Million Schweizer Franken.“ „Was, Sie trauen sich zu, den Umsatz in einem Jahr von jetzt 270.000,– SFr. auf 1.000.000,– SFr. zu steigern?“ „Ja, das traue ich mir zu. Das wäre dann eine Viertelmillion, die ich verdienen würde.“ Ich wies ihn darauf hin, dass er als Auftraggeber übrigens genauso viel Gewinn machen werde. Im vergangenen Jahr habe er 230.000,– SFr. Verlust hinnehmen müssen.

Ich begann mit den Sanierungen und es lief unglaublich erfolgreich. In Luzern erzielte ich einen Umsatz von 950.000,– SFr. und in Zürich-Oerlikon erreichte ich etwas über zweieinhalb Millionen Umsatz. Das bedeutete, dass ich eine Gewinnbeteiligung von 750.000 Franken nur von diesen zwei Betrieben erhalten sollte. Das wurmte den ehemaligen Eishockeyprofi und Franchisenehmer aus Zürich-Oerlikon derart, dass er nach Wegen suchte, um der Zahlung an mich zu entgehen. Er tat sich mit dem von Luzern zusammen. Der von Luzern führte folgende haarsträubende Argumente vor: Ich hätte bei der Vertragsunterzeichnung versprochen, dass ich einen Umsatz von einer Million machen würde. Ich hätte gerade mal 950.000 erreicht. Also hätte ich keinen Anspruch auf Gewinnbeteiligung. Der Vertragspartner aus Zürich weigerte sich ebenfalls zu zahlen. Ich habe vergessen, welche fadenscheinigen Argumente er zur Nichtzahlung ins Feld führte. Aber es war offensichtlich, dass sie mich finanziell ruinieren wollten. Ich musste natürlich meine Mitarbeiter bezahlen. Das gelang mir gerade so, weil die anderen Sanierungsaufträge meine Guthaben anständig bezahlten. Aber ich war natürlich am Rande des finanziellen Ruins. Bei dieser schlechten finanziellen Lage musste ich auch noch zwei Prozesse mit immensen Rechtsanwaltskosten finanzieren. Die Streitsumme betrug eine Million. 250.000 aus Luzern und 750.000 aus Zürich-Oerlikon.

Ich habe die Wohnung in Zürich sofort gekündigt und die Möbel zur Zahlung ausstehender Mieten verpfändet. Auch das Auto habe ich verkauft. Ich hatte buchstäblich nichts mehr, außer die Verpflichtung, jeden Monat Alimente von 3.500 Franken für meine Kinder zu zahlen. Ich hätte natürlich noch die einen oder anderen persönlichen Sachen aus der verpfändeten Wohnungseinrichtung abholen können. Es waren alles Pokale aus meiner sportlichen Karriere als Kunstturner, viele Fotos und sogar Super-8-Filme von den Kindern. Dann hatte ich viele Fotos aus meiner Zeit bei der Schweizer Ski-Nationalmannschaft. Ich war im Betreuungsteam von Wilhelm L. Klaus K., ein klasse Speerwerfer, ging mit mir eine Wette ein, dass ich es nicht schaffen würde, in einem olympischen Zehnkampf innerhalb eines Jahres 6.000 Punkte zu schaffen. Ich trainierte ein Jahr lang und gewann einen eidgenössischen Lorbeerkranz. Weil es eine Wette war, die ich gewann, wurmt es mich bis heute, dass ich nicht mal diesen Lorbeerkranz gerettet habe. Aber ich empfand es damals als Befreiung. Es sollte danach für viele Jahre meine letzte Wohnung gewesen sein. Ich hatte schon bei der Scheidung die ganze Wohnungseinrichtung meiner geschiedenen Frau überlassen. Das war jetzt schon die zweite Wohnungseinrichtung, die ich abgeben musste.

Ich hatte nichts mehr. Mittellos ging ich nach Amerika

Das Jahr 1985 ging zu Ende und ich bereitete mich auf die Auswanderung nach Amerika vor. Irgendwie freute ich mich auf das Neue. Mein Anwalt sagte, dass sich der Prozess gegen die Schuldner sicher länger als ein Jahr hinziehen würde. Ich war zuversichtlich, dass ich in Amerika genauso ein erfolgreicher Geschäftsmann sein würde. Am Tag vor Weihnachten flog ich nach Amerika. Hans J., mein Partner, hatte mit dem Umbau und Einrichtung des Trainingszentrums begonnen. An Heiligabend, so gegen 20.00 Uhr, begann ich mit dem Bau der Rezeption (Empfang). Wir hatten uns schon vorher einen Namen für unser Fitnesscenter überlegt. Ich hatte damals noch eine Trainingsjacke mit der Aufschrift „Swiss-Ski“,analog dazu nannten wir unser Fitnesscenter „Swiss Training“. Wir waren überzeugt, dass dieser Name auch für die Amerikaner ein toller und vertrauensvoller Name sein würde.

Als der Tresen endlich fertig war, brachten wir noch das „Swiss Training“-Schild an der Außenfassade des Gebäudes an und gingen danach, es war schon weit nach Mitternacht, ins Casino Peppermill zum Essen. Es war noch viel zu tun, um Anfang des Jahres 1986 das Swiss Training eröffnen zu können. Wir hatten einen Riesenspaß und waren zuversichtlich, dass wir Erfolg haben würden. Für die Eröffnung planten wir eine große Flyer-Aktion und wir gaben ein halbseitiges Eröffnungsinserat in der größten Zeitung von Reno auf. Die Flyer legten wir unter die Windschutzscheiben der Autos auf dem Parkplatz des Casinos Peppermill. Der Parkplatz verfügte über 4.000 Parkplätze. Wir waren super auf die Eröffnung vorbereitet. Auch für das Kulinarische hatten wir entsprechend gesorgt.

Endlich kam der so sehr ersehnte Eröffnungstag. Als wir morgens um 8.00 Uhr unser Swiss Training eröffneten, stand noch niemand vor der Tür, aber das beunruhigte uns nicht. Um 13.00 Uhr – Hans J. hatte schon Hunger – war immer noch niemand bei uns. Wir begannen dann mit dem Verzehr unserer für potenzielle Kunden vorbereiteten Häppchen. Als gegen Abend immer noch keine Menschenseele unser Fitnesscenter betreten hatte, schwand unsere Zuversicht allmählich aus unseren Gesichtern. Es war 21.00 Uhr, als plötzlich die Tür aufging und ein Mann unser Center betrat. Hans J. kannte ihn und begrüßte ihn mit Namen. Mir hat er ihn als Bankdirektor vorgestellt. Er habe die Kreditfinanzierung für den Kauf der Trainingsmaschinen von der Firma Nautilus gemacht. Er kaufte eine Jahresmitgliedschaft, schaute sich unser Swiss Training ziemlich gelangweilt und oberflächlich an und ging wieder. Das war sein einziger Besuch bei uns. Danach haben wir ihn nie wieder bei uns gesehen. Aber wir sahen ihn ja regelmäßig bei unseren Bankbesuchen, um die Einnahmen einzuzahlen. Es war eine unglaublich schöne Bank. Das Gebäude war früher eine Kirche gewesen. Ich war emotional sehr ergriffen, als ich erfuhr, dass aus einem Gotteshaus eine Bank gemacht worden war.

Mein Verkaufs-Know-How erachtete ich als unerschöpflich

Wie hatten am Eröffnungstag mit dem Verkauf von mehreren Hundert Jahrestrainingsverträgen gerechnet und jetzt hatten wir gerade mal einen einzigen Kunden im Wert von 299 –, $. Hans J. war ziemlich bleich. Ich sagte zu ihm: „Mach dir keine Sorgen. Ich habe Verkaufsmethoden, die sind einmalig. Ab morgen beginnen wir mit dem Telefonmarketing.“ Ich hatte bereits für die Sanierung der Kieser Betriebe Ausbildungsunterlagen erarbeitet und konnte diese nun in Amerika verwenden. Eine Freundin von uns war bei ihrer Scheidung ganz ordentlich abgefunden worden. Sie hatte ein schönes, großes Blockhaus in Sun Valley, Idaho. Sun Valley liegt vier Flugstunden von Reno entfernt. Dazu verfügte Sally über einen Hangar mit einem eigenen Privatflugzeug. Diese Bekannte unterstützte uns. Sie war eine hübsche, sympathische Frau. Sie eignete sich für den Verkauf von Trainingsverträgen. Sally kam immer mit dem Flugzeug zur Arbeit. Sie war so großzügig, dass sie uns ihr Flugzeug jederzeit zur Verfügung stellte. So begannen wir zu dritt, nach dem Alphabet die Einwohner von Reno anzurufen, um sie zu einem Probetraining einzuladen. Ich hatte einen Tagesterminplan vorbereitet, den ich auch schon in Europa verwendet hatte, und los ging’s.

Schon gegen Mittag war unser Tagesterminplan voll mit Terminen für Probetrainings. Alle freuten sich, unser Trainingszentrum kennenzulernen. „Siehst du, Hans J.“, sagte ich voller Stolz, „wir werden Erfolg haben.“ Wir freuten uns auf die kommenden Tage. Jeden Tag erwarteten wir 50 Besucher für ein Probetraining. Hans J. machte sich Sorgen, wie wir es schaffen sollten, die nächste Zeit so viele Telefonanrufe entgegenzunehmen und gleichzeitig die Besucher für Probetrainings zu betreuen. Ich erklärte ihm, wie wir es organisieren würden, damit es klappte. Damit waren seine Sorgen schon mal etwas reduziert.

Den nächsten Tag erwarteten wir mit großer Spannung. Wir hatten schon um 6.00 Uhr morgens drei Probetrainings eingetragen. Unsere Öffnungszeiten waren von 6.00 Uhr bis 24.00 Uhr. Obwohl wir Termine vereinbart hatten, kam fast niemand zum Probetraining. Von den 50 vereinbarten Probetraining-Terminen kamen drei bis vier Gäste. Demnach musste eine bessere Idee her, um neue Mitglieder zu werben. Für mich war das gar kein Problem. Sofort hatte ich eine neue Idee. Ich sagte zu Hans J. und unserer Mitarbeiterin: „Wir telefonieren einfach nach. Sobald ein Termin verstrichen ist und der Besucher nicht erschienen ist, rufen wir ihn an.“ Gesagt, getan, und siehe da, sie freuten sich, dass wir sie anriefen. „Oh ja, sorry, mir kam gerade dies und jenes dazwischen, darum war ich verhindert und konnte nicht kommen.“ „Hätten Sie denn jetzt gerade Zeit, zu kommen?“, haben wir gefragt. Sie antworteten häufig: „Ja klar, das ist ja toll! Dann bis gleich, ich freue mich auf Sie!“ Aber gekommen sind diese Gäste trotzdem nicht.

So gingen die Tage ins Land und wir hatten überhaupt nichts in der Kasse. Ich brauchte ja unbedingt Geld, um die Alimente zu zahlen. Wir konnten uns auch keine weiteren Mitarbeiter leisten. Hans J. brauchte seinen achtstündigen Schlaf, um einsatzfähig zu sein. Jede Nacht, nachdem wir das Center geschlossen hatten, gingen wir zum Essen ins Casino Peppermill. Wir warteten, bis der Abendbüfett-Preis zum Frühstückspreis wechselte. Das Büfett war Tag und Nacht geöffnet und auch mit dem gleichen Essen aufgefüllt. Der Abendpreis für das Essen „à discrétion“ betrug 4,75 Dollar. Um 1.00 Uhr nachts wechselte der Preis auf 99 Cent. Auch diesen Preis konnten wir uns nach dem Geschäftsgang eigentlich nicht leisten, aber etwas essen mussten wir ja. Um halb zwei Uhr in der Nacht gingen wir dann endlich ins Bett. Ich habe mich bereit erklärt, dass ich das Center am Morgen um 6.00 Uhr aufmachen würde. Da habe ich gelernt, mit vier Stunden Schlaf auszukommen. Etwa um 14.00 Uhr bin ich dann für 20 Minuten ins Solarium gegangen. Da habe ich auch immer noch einige Minuten schlafen können. Der finanzielle Druck stieg fast ins Unermessliche. Jeden Monat wurde ich nachts von meiner Ex-Frau wegen ausstehender Alimente angerufen. Sie war unnachgiebig und hatte überhaupt kein Verständnis für meine Lage. Ich wusste, jetzt musste eine richtig gute Idee her.

Ich wusste, die Casinos beschäftigen viele Mitarbeiter

Das ist die Lösung, dachte ich. Die Idee war, dass ich verschiedene Casinos besuchen und mit den Personalabteilungen vereinbaren würde, dass alle Mitarbeiter für eine gewisse Zeit kostenlos bei uns trainieren dürften. Zu Hans J. sagte ich nur, dass ich die ultimative Idee hätte. Wir würden damit zu sehr vielen Trainingsmitgliedern kommen. „Ich bin heute Nachmittag dann mal weg und berichte dir heute Abend von meiner neuen Verkaufsstrategie.“ „Klasse“, erwiderte Hans J. mit skeptischer Tonlage.

Ich ging ins Comstock-Casino. Es war ein sehr großes Casino und ich nahm an, dass dort sicher über 200 Mitarbeiter beschäftigt waren. Ich hatte Glück, dass der Casino-Manager mich empfing. Na ja, vielleicht nicht nur Glück. Ich sagte natürlich, dass ich aus der Schweiz kam. Das hat ihn beeindruckt und ich weiß inzwischen, dass er sich Zeit genommen hat, weil ich Schweizer bin und er unsere Schweiz sehr mochte. Jedenfalls habe ich ihm vorgeschlagen, seinen Mitarbeitern eine dreimonatige Trainingsmitgliedschaft zu schenken. Er war sofort begeistert. Er rief seinen Personalchef zu sich und sagte, dass er mir eine Namens- und Adressliste von allen Mitarbeitern geben solle. Wir freuten uns über das Besprochene und ich wartete noch auf die Namensliste. Nach kurzer Zeit kam der Personalchef und überreichte mir die Liste. Es war ein für die damalige Zeit üblicher Endlospapier-Computerausdruck. Jede zweite Zeile war blau hinterlegt. Ich dachte zuerst: „Der hat für jeden Mitarbeiter eine ganze Seite ausgedruckt!“ Als ich dann näher hinsah, bemerkte ich, dass auf jeder Zeile ein Name stand. Etwas verdutzt fragte ich, wie viele Mitarbeiter er denn habe. Er sagte: „Knapp 4.000.“ Mir wurde fast schwindelig und meine Knie drohten wegzuknicken. Jetzt hätten wir ein Besucherpotenzial von 4.000 Personen, die zum Training kämen. Wir bräuchten diese Menschen nur noch zu begeistern und sie würden in den drei Gratismonaten zusätzlich ihre Freunde und Bekannten mitbringen. Diese könnten wir dann derart für unser Training begeistern, dass sie sich auch für eine Jahresmitgliedschaft entscheiden würden.

Schnellen Schrittes ging ich zurück ins Swiss Training, um Hans J. die freudige Nachricht zu überbringen. „Hans J., unser Fitnesscenter ist voll!“, erzählte ich voller Begeisterung. „Wir haben 4.000 Kunden, die zum Training kommen. Ich habe den Mitarbeitern vom Casino Comstock drei Monate Gratistraining geschenkt.“ Hans J. wurde zuerst ganz bleich, seine Hände fingen an zu zittern. Er setzte sich auf die Br 3 (Brust-Trainingsgerät), die neben ihm stand, und flüsterte mit zittriger Stimme: „Bist du von allen guten Geistern verlassen? Wie sollen wir das finanziell überstehen? Drei Monate ein volles Haus und keiner zahlt etwas dafür.“ Sein Gesicht wechselte noch einige Male die Farbe, bevor ich zu Wort kam. „Schau Hans J., Menschen gehen gerne dorthin, wo es schon viele hingezogen hat. Das bedeutet, wir haben ab morgen ein volles Haus. Jeder wird von unserem Training begeistert sein und infolgedessen seine Ehefrau, seine Freunde und Bekannten zum Probetraining mitbringen. Jeden Tag werden wir die gratis Trainierenden fragen, ob sie ihre Mitgliedschaft schon vorzeitig um ein Jahr für 299 –, $ verlängern möchten. Sie würden für die vorzeitige Verlängerung zusätzlich zwei Monate gratis dazubekommen. Was soll da noch schiefgehen, Hans J.?“, fragte ich ihn. So langsam erholte sich Hans J. von seinem Schockzustand. Es ratterte in seinem Kopf. Ich erklärte ihm noch ausführlich, wie das Handling ab morgen aussehen sollte.

Ich spürte intuitiv, dass ich im Verkauf die Weisheit mit Löffeln gefressen hatte

Ich war so stolz auf meine Verkaufsidee! Als ich Anfang der 80er-Jahre mein Studium der Volkswirtschaft abgeschlossen hatte, begann ich mich mit Business und all den diversen Möglichkeiten zu befassen. Ich entwickelte Strategien. Diese Strategien wurden in Feldversuchen eingesetzt, verbessert und laufend weiterentwickelt. Dazu erarbeitete ich mit akribischer Genauigkeit auch eine Strategie der Organisation. Ich entwickelte Dialoge, um Gespräche effizient für einen erfolgreichen Abschluss anwenden zu können. Werner Kieser sagte über mich, ich sei ein Verkaufsgenie. Das war vielleicht übertrieben, aber es tat mir gut. Bei den Entwicklungen meiner Verkaufsstrategien lernte ich einen ursprünglich aus Deutschland stammenden Mann kennen. Sein Name war Michael Birkenbihl. Er war ein sehr erfolgreicher Verkaufstrainer für große Handelsfirmen in Amerika. Er schrieb den Bestseller „TRAIN THE TRAINER“. Seine Tochter Vera F. Birkenbihl verschrieb sich, wie ihr Vater, der Kommunikation und schrieb 1975 das Buch „Kommunikationstraining“. 1991 schrieb sie das von ihr wohl bekannteste Buch: „Stroh im Kopf“. Ich unterhielt mich viele Stunden mit Michael Birkenbihl und daraus wurde dann eine völlig neue Verkaufsstrategie für den Fitnessmarkt entwickelt. Mit dieser neuen Verkaufsmethode verhalf ich allen Kieser Training AGs zum Erfolg. – Was war denn so neu an der Methode? In der Kommunikation lernt man, dass man niemals geschlossene Fragen stellen soll, sondern immer offene Fragen, die nicht mit Ja oder Nein beantwortet werden können. Ich werde später noch einmal darauf zurückkommen.

Ehe ich michs versah, wurde ich von der Wirklichkeit eingeholt

Meine Aktion mit den 4.000 Mitarbeitern vom Casino lief schon zwei Wochen. Aber von den Mitarbeitern war noch kein einziger bei uns im Swiss Training erschienen. Es war der 28. Januar 1986 und ich saß wieder auf der Wiese mit Blick auf den schön angelegten See in unserer Wohnanlage. Es war gerade mal eine Stunde vergangen, dass das Space Shuttle Challenger kurz nach dem Start explodiert war. Die Raumfahrt hatte mich schon als Kind fasziniert. Ich besaß sogar ein Buch mit vielen Bildern über die Raumfahrt. Für mich war es ein rabenschwarzer Tag. Es tat mir unendlich leid, dass diese sieben tollen Astronauten ihr wertvolles Leben opfern mussten. Sie hatten es zu ihrem Traumberuf geschafft und mussten dafür ihr Leben hergeben.

Nun saß ich vor unserer Wohnung auf dem Rasen, ganz alleine mit meinen düsteren Gedanken. Hans J. mietete für uns eine Wohnung. Ich selbst hätte mir keine Wohnung leisten können und hätte im Fitnesscenter geschlafen. Natürlich hatte ich auch kein Bett. Ich habe mir aber den Luxus geleistet, mir eines zu mieten. Für 8 Dollar pro Monat konnte ich also in Amerika jede Nacht vier Stunden in einem Bett schlafen. Gegessen habe ich ein Mal am Tag für 99 Cents. Ich trank viel Kaffee, weil er gratis war. Kurze Arbeitspausen verbrachte ich im Peppermill-Casino und trank Gratisfilterkaffee. „Free Refill“ (gratis nachfüllen) nannten sie es. Der Zucker war orange gefärbt und der Kaffee war sehr dünn. Die „Waitress“ (Kellnerin) hatte immer eine „Refill-Kaffeekanne“ in der Hand und schenkte stetig nach. So saß ich nun also da auf der Wiese, weit weg von zu Hause, null auf dem Konto, keinen Erfolg im Beruf, geschieden, alimentationspflichtig für die nächsten 20 Jahre und einen Prozess am Hals, um eine Million Franken zu erstreiten, mit Anwaltskosten und ungewissem Ausgang. Wäre es vielleicht nicht doch besser gewesen, ich wäre in meinem Beruf als Maschinenkonstrukteur geblieben?

Ich war schon über 20 Jahre alt, als mir mein Vater angedroht hat, dass er mich ohrfeigen würde, wenn ich nicht zur Vernunft käme und endlich etwas Vernünftiges arbeiten würde. Er hielt dieses „Fitness-Zeug“ für eine brotlose Kunst. „Ob heute der schlechteste Tag in meinem Leben ist?“, dachte ich. „Aber ich sitze hier, lebe noch, bin gesund und habe ein Dach über dem Kopf. Ich schlafe in einem Bett, und auch wenn es nur gemietet ist, es ist ein Bett. Die Sonne wärmt mich und ich beginne wieder Hoffnung zu schöpfen. Es wird schon wieder bessere Zeiten geben.“ Ich schaute zum Himmel empor und betete für die verunglückten Raumfahrer. Ich bedankte mich, dass ich am Leben sein durfte und gesund war. Und wie ich so in den Himmel schaute, erhellte sich mein Gemüt.

Ich hatte nach langer Zeit ohne Freundin romantische Träume

Ich schaute in den Himmel und sah ein Flugzeug, das einen langen Kondensstreifen hinter sich herzog. „Wo wird es wohl hinfliegen?“, dachte ich. „Vielleicht in Richtung Hawaii? Wow, da würde ich jetzt gern mit dem nötigen Kleingeld drinsitzen und ein paar Tage auf Hawaii genießen.“ Da sollte es Mädels geben, die sehr schön und lieblich waren. Ich kannte es aus einem James-Bond-Film. Ach, wäre ich doch James Bond und auf Hawaii in einem Whirlpool mit einem Blumenkranz um den Hals. Ein wunderschönes Mädel mit langen schwarzen Haaren wäre bei mir. Ich möchte nur ein einziges Mädel, dafür würde ich sie auf Händen tragen. Ich würde mit ihr am Strand entlanggehen. Immer wieder würde ich innehalten, sie anschauen und liebevoll ihr Gesicht streicheln. Wenn dann der Abend kommt und die Sonne ganz tief am Horizont steht, würde ich mich hinter mein Mädel stellen. Ihr Haar ist wunderschön, sie ist so um die 30 Jahre alt, etwa in meinem Alter. Gemeinsam würden wir den Sonnenuntergang betrachten und uns dabei innig küssen.

Auf einmal waren alle Probleme verschwunden. Es fehlte mir plötzlich an nichts mehr. „Lieber Gott, lass es doch bitte so bleiben, es ist so unglaublich schön!“ Doch langsam verschwand die Sonne hinter dem Horizont. Eine Ente quakte und schaute mich an, als wolle sie zu mir sagen: „Du bist wohl ein Träumer.“ Ich war wieder hellwach, Hawaii, das Mädel und der schöne Sandstrand waren weg, sogar der Blumenkranz fehlte. Ich war wieder in der Realität angekommen. Ich war jetzt aber gar nicht mehr deprimiert. Ich wusste einfach ganz sicher, dass ich nicht dieser Wunderverkäufer war, für den ich mich gehalten hatte. Ich kochte auch nur mit Wasser. Diese erfolglose Zeit gab mir eine neue Sichtweise. Eine neue Bescheidenheit machte sich in mir breit. Demut. Hans J. lieh mir 10.000,– SFr. Damit konnte ich die Alimente für die Kinder bezahlen. Es war ja nicht so, dass wir gar keine Kunden gewinnen konnten. Aber es waren halt sehr wenige. Immerhin verdiente ich so viel, dass ich rauchen und essen konnte.

Jeden Verkauf einer Jahresmitgliedschaft mussten wir uns pickelhart erarbeiten

Meine Zuversicht, dass wir in Amerika den großen Erfolg aus Europa fortsetzen könnten, war nun schon nach zwei Monaten ganz und gar verschwunden. Es galt jetzt, darauf zu achten, dass jeder, der bei uns ein Probetraining machte, auch ein Jahresabo kaufte. Mir wurde klar, jetzt ist Detailarbeit gefragt. Von den wenigen Gästen, die wir empfangen durften, sagten viele: „Danke, es war schön bei euch, aber ich möchte es mir noch überlegen.“ Viele sagten auch, dass sie gerade in einer schwierigen finanziellen Lage seien. Auf unserer täglichen Umsatzkontrolle erfassten wir, zu welchem Prozentsatz wir Gäste, die ein Probetraining gemacht hatten, auch zu einer Mitgliedschaft gewinnen konnten. Bei meiner Tätigkeit in Europa hatte ich eine Abschlussquote von 80 % erreicht. In Amerika waren wir weit davon entfernt. Warum bestand da so ein großer Unterschied? Ich suchte nach möglichen Ursachen. Schnell kam ich darauf, dass Hans J. eine extrem schwache Abschlussquote hatte. Ich sprach mit Hans J. über seine Verkaufsgespräche. Dabei kam heraus, dass Hans J. stets ein großes Verständnis dafür zeigte, dass die potenziellen Kunden die Entscheidung zum Kauf einer Jahresmitgliedschaft gerne noch überschlafen möchten. Ich sagte: „Hans J., schau dir die Menschen an: Sie sind geschminkt, sie sind übergewichtig, sie tragen teure Klamotten und sie kommen mit einem schönen Auto, das geleast ist. Ich sage dir, sobald sie unser Fitnesscenter verlassen haben, kommen bei diesen Menschen schon wieder neue Bedürfnisse auf. Wenn diese Person dann an einen besseren Verkäufer als uns gelangt, dann kauft sie einen hübschen Rock oder eine teure Nacht- oder Tagescreme. Das Geld ist dann in anderen Händen. Für uns haben die dann kein Geld mehr übrig.“ Hans J. wurde nachdenklich.

In den nächsten Tagen bemühte er sich wirklich, aber der Erfolg blieb immer noch aus. So gut es ging, habe ich seine Verkaufsgespräche mitverfolgt. Es fehlte die Überzeugung im Gespräch. Er gab sich alle Mühe beim Training und wollte dem potenziellen Kunden ein sehr gutes Training ermöglichen. Beim Abschlussgespräch hingegen schwand diese Überzeugungskraft dahin. „Hans J., du hast Angst, dass er kein Abo kauft, habe ich recht?“ „Ja, so ist es. Sieht man mir das an?“ „Ja, Hans J., und ich sehe noch mehr. Du machst in der Regel mit dem Gast zwölf oder manchmal sogar noch mehr verschiedene Übungen. Er soll so viel wie möglich von dir bekommen, damit möchtest du ihm die Entscheidung für ein Abonnement leichter machen. Schau, Hans J., im Verkauf eines Jahresabos geht es vor allem darum, dass du das Selbstwertgefühl des Kunden verbessern kannst. Du schaust, dass er ein gutes Körpertraining bekommt. Das ist ein riesiger Unterschied. Der Kunde soll spüren, dass die Übung dort wirkt, wo er eine Verbesserung wünscht. Meistens ist es eine optische Verbesserung, die er anstrebt. Hans J., ich zeige dir, was ich meine. Stell dir vor, du bist ein weiblicher Gast und hast zu breite Hüften, sogenannte Reithosen. Zu Hause hast du zwei oder drei Kinder. Der Mann geht täglich zur Arbeit und kommt am Abend müde und abgespannt nach Hause. Du warst den ganzen Tag mit dem Haushalt und den Kindern beschäftigt. Ein liebes und anerkennendes Wort hast du schon seit langer Zeit nicht mehr gehört. Genervt von der Woche, findet dann am Samstagabend zwischen der Sportschau und dem Beginn des Samstagabendfilms (sozusagen in der Werbepause) noch schnell die körperliche Liebe statt. Beide reiben hastig aneinander herum, bis es ihm kommt und vielleicht ihr auch. Das war es dann. Also Hans J., darf ich dich bitten, hier auf unserem Hüftgerät Platz zu nehmen? Genau: ‚Die Beine legen Sie auf diese Polster und die Hände legen Sie an diese Handgriffe, wunderbar. Jetzt gehen Sie mit den Beinen nach außen. Genau so, wunderbar.‘“ Ich verhinderte, dass Hans J. die Beine wieder zusammenführte, und hielt mit meinen Händen den Hebelarm in der Endposition der Bewegung fest. „Halten Sie diese Position bitte. Ja, genau so. Jetzt spüren Sie die Wirkung der Übung genau dort, wo Sie die Wirkung erzielen möchten.“ Weil die Position gehalten wurde, war die Wirkung unglaublich wirkungsvoll. Hans J. schaute mich an und sagte: „Das ist ja der Wahnsinn. Das ist ja unglaublich.“ „Siehst du, wir haben noch nicht einmal eine Wiederholung gemacht und du weißt genau, das ist die Übung, die dein Problem löst. Die Damen werden dazu auch noch denken: ‚Wow, das ist ja ein sympathischer, freundlicher Instruktor!‘ Sie haben nur noch im Kopf, immer wieder zu Swiss Training zu kommen und dort eine schöne und erfolgreiche Zeit zu verbringen. Sie denken: ‚Wenn ich mein Reithosen-Problem los bin, wird mich mein Mann vielleicht wieder mehr begehren! Vielleicht wird er sogar ein liebes Wort für mich haben, statt immer nur zu sagen, was ich wieder falsch gemacht habe.“ Hans J.s Blick erhellte sich zusehends.

Es war für mich eine Freude, wie er sich nun liebevoll um die Menschen kümmerte, die zu uns zum Probetraining kamen. Auch wenn es noch das eine oder andere Mal etwas harzig war, zeigte sein Verhalten, dass er mein Wunschverhalten verstanden und antizipiert hatte. Er wurde locker und nahm alles viel leichter. Seine Verbissenheit rückte zusehends in den Hintergrund. Bald war Hans J. ein toller und erfolgreicher Verkäufer geworden. Leider hatten wir nicht allzu viele Interessenten, um die notwendigen Umsätze zu erreichen. Aber wir besaßen den festen Willen, erfolgreich zu werden. Für dieses Ziel taten wir alles. Wir hätten mehr Werbung machen müssen, aber da biss sich die Katze in den Schwanz. Wir hatten schlicht und einfach nicht das Geld dazu.

Der Erschöpfungszustand bestimmte die Abschlussquote

Hans J. und ich hatten uns inzwischen an den Gedanken gewöhnt, dass wir wohl nicht das große Geld machen würden. Aber wir erlebten durchaus viel Lustiges. Wir machten die Erfahrung, dass es darauf ankam, wie stark und in welcher Zeit das Probetraining den Gast ermüden musste, damit er zum Mitglied wurde. Dies betraf vor allem junge Männer. Auch reifere Männer standen den jungen vielfach in nichts nach. Sie fragten in der Regel viel nach. Sie machten zwischen den verschiedenen Trainingsübungen Pausen und konnten sich in der Zeit erholen. Damit konnten sie mehr verschiedene Übungen ausprobieren. Das Probetraining verlängerte sich dadurch erheblich. Die Gäste erfuhren viel über unser Training. Dazu stellten sie fest, dass ein Training beinahe zwei Stunden in Anspruch nahm. Dies veranlasste sie manchmal, den Entschluss, zu trainieren, nochmals zu überdenken.

Wir strebten eine Abschussquote von 80 % an, aber wir waren leider noch weit davon entfernt. Dazu kam noch, dass wir zwei- bis dreimal so viel Betreuungszeit einsetzten, wie wir vorgesehen hatten. Eine Gästebetreuung sollte gerade mal 30 Minuten dauern. Dieser Zusammenhang war wichtig und korrelierte mit dem Mitgliedschaftspreis. Es gab aber auch Gäste, die ganz „normale“ Ziele verfolgten. Viele Menschen wollten einfach ihre Leistungsfähigkeit verbessern, weil sie eine Arbeit verrichteten, die wenig Bewegung bot. Diese Menschen hatten in der Regel das eine oder andere Kilogramm zu viel auf den Rippen. Wir nahmen uns vor, uns auf diese Menschen zu konzentrieren. Wie könnten wir zu mehr Vertragsabschlüssen kommen, ohne dass wir viel Geld, das wir ja gar nicht hatten, für die Werbung ausgeben müssten? Dieser Frage gingen wir akribisch nach. Aber vorerst musste eine Lösung her, um die notorischen Nachfrager in den Griff zu bekommen. Das eine oder andere Mal fragte ich den Gast: „Sind Sie zum Reden hergekommen oder möchten Sie trainieren?“ Na ja, das war natürlich nicht gerade die feine englische Art. Aber manchmal gingen mir halt die Nerven durch. Es war ja auch anstrengend, die langen Arbeitszeiten, und das bei ausbleibendem Erfolg. Wenn gerade kein Probetraining angesagt war, zog ich mich in den angrenzenden Raum zurück. Diesen Raum hatte Hans J. eigentlich für das Aerobic-Angebot vorgesehen. Allerdings eignete sich der Raum wegen der vielen Säulen nicht besonders gut, um Swiss Aerobic zu unterrichten. Zudem wollte Hans J. nur Training an Nautilus-Trainingsmaschinen anbieten. Nun, ich akzeptierte es und nutzte den Raum zum Rauchen und zum Nachdenken darüber, wie ich unsere Erfolgschancen verbessern könnte.

Ich erinnerte mich an die Schulzeit. Damals stellte sich einer von uns an die Wand, hielt die Luft an und presste die Luft in den Brustraum. Eine anderer drückte mit beiden Händen auf seine Brust. Drückte er fest genug, fiel der an der Wand Stehende in Ohnmacht. Wir hatten damals einen Lehrer, der war nicht besonders interessiert, uns etwas beizubringen. Häufig machte er ein Diktat mit uns. Er nahm das Lesebuch, das wir alle in unseren Schulunterlagen hatten. Er las einen Satz daraus vor und wir sollten dann den Satz möglichst fehlerfrei niederschreiben. Hatte er den Satz vorgelesen, widmete er sich wieder seinen Aufgaben als Krankenkassenleiter. Er schrieb während des Schulunterrichts Rechnungen an die Krankenkassen-Mitglieder. Die Abmachung war, dass wenn der Satz fertig geschrieben ist, wir aufstehen sollten. Wenn alle standen, wurde der nächste Satz vorgelesen. Nach dem ersten Satz suchten wir den Text im Lesebuch, um den Text fehlerfrei abschreiben zu können. Der Text wurde immer sehr schnell gefunden und wir waren alle sehr gut in Grammatik. Wir ließen uns jeweils sehr viel Zeit zum Aufstehen, damit in der Deutschstunde nicht allzu viele Sätze geschrieben werden mussten. Während unser Lehrer für die Krankenkasse arbeitete, fiel uns allerlei ein, was wir lustvoll auslebten. Dazu gehörte auch immer mal eine vorgetäuschte Ohnmacht. „Herr Lehrer, Peter Sowieso ist ohnmächtig geworden.“ „Dann bringt ihn in den Gang, damit er sich auf die Bank legen kann, dann wird er sich bald wieder besser fühlen.“ Der Lehrer war einmalig, dazu später mehr. Jedenfalls erinnerte ich mich an dieses organisierte „In-Ohnmacht-Fallen“. Ich überlegte, wie wir für diese schwierigen Gäste das Probetraining beschleunigen könnten.

Ein Gespür für unterschiedliche Menschen entwickeln

Ich nannte den Raum mit den Säulen, der als Aerobicraum vorgesehen gewesen war, „Smoke-and-Think-Room“. Vielleicht hat der Rauch mein Hirn komplett vernebelt. Jedenfalls beobachtete ich, dass viele Menschen bei der Beinpresse eine Pressatmung machten. Eine weitere Beobachtung machte ich an der Brust-Trainingsmaschine. Es war eine zweigelenkige Trainingsmaschine. Dort wurden die Hebel während der Übung mit beiden Händen fest umklammert. Bei der Beinpresse korrigierte ich dies natürlich und schaute, dass der Gast immer gleichmäßig aus- und einatmete. Bei der zweigelenkigen Brust-Maschine achtete ich darauf, dass die Hände geöffnet und entspannt blieben. Ich dachte nun, dass ich diese Korrektur nicht mehr anbringe und es dem Gast dadurch schlecht wird. Unterstützt hat mich diese These auch noch durch die Erinnerung an mein erstes Probetraining beim John Valentine in Winterthur.

Damals hatte ich mich dermaßen angestrengt, dass mir schlecht wurde. Mir war damals sogar so schlecht, dass ich gar nicht mehr irgendwelche Fragen stellen oder überhaupt etwas sagen konnte. Wobei, für eine Frage reichte es gerade noch so. Ich fragte mit letzter Kraft, was ich machen müsste, damit ich ein Mitarbeiter im John Valentine Fitness Club werden könnte. Der damalige Instruktor erklärte mir lang und breit, wie ich zu diesem neuen Beruf käme. Beim Zuhören war mir so übel, dass ich befürchtete, mich gleich übergeben zu müssen oder aber in Ohnmacht zu fallen. Es geschah keines von beidem, aber ich erholte mich nur langsam. Das waren so in etwa die Gedanken, die mir im „Smoke-and-Think-Room“ durch den Kopf gingen.

Ich begann nun mit den Übungen zu experimentieren. Schnell zeigte sich, dass das falsche Atmen an der Beinpresse und die falsche Griffhaltung an der Brust 5 zu einem, gelinde gesagt, Unwohlsein führten. Schon nach kurzer Zeit stellten sich damit Erfolge ein. Es brauchte noch eine Umstellung der Maschinen und des Mitgliedsausweis-Fotosystems. Die Brust 5 stand nun im richtigen Abstand zum Ausweis-Fotosystem. Warum dies von Bedeutung war, wird in den nächsten Abschnitten deutlich.

Später, als ich wieder im Trainingsraum zurück war, kam auf einmal ein selbstbewusster junger Mann zur Tür herein. Sein Name sei John, er kenne sich im Training schon aus und möchte bei uns ein Probetraining machen. So stellte er sich bei mir vor. Ich sagte zu ihm: „Ich bin der Werner und freue mich, dass Sie zu uns kommen.“ Ich zeigte ihm, wo er sich umziehen konnte. Umgezogen erschien er bald darauf und ich stellte für ihn die Beinpresse ein. Die richtige Sitzhöhe und einen Widerstand, der ihm ermöglichte, zehn bis zwölf Wiederholungen zu machen. Er setzte sich auf die Maschine und ich schaute, dass er die Übung ganz langsam und im vollen Bewegungsumfang machte. Er begann mit einer Pressatmung, genau so, wie ich es mir wünschte. Schnell war er in den Beinen erschöpft und sein Puls war schon ganz schön hoch. Er setzte das Gewicht ab und fragte, wie viele Sätze er mit diesem Gerät machen müsse. Ich antwortete ihm, weil er heute als Gast hier sei, möchte ich, dass er nur einen Durchgang mache, damit ich ihm möglichst viele verschiedene Geräte zeigen und er diese alle ausprobieren könne. Darum bat ich ihn, jetzt mit mir zum nächsten Gerät zu kommen.

Wir gingen zur Brust 5 und er begann mit der Übung. Er drückte wie ein Besessener die Hebelgriffe zusammen. Schon nach wenigen Wiederholungen sah ich, wie er im Gesicht immer bleicher wurde. Er stellte das Training ein und sagte nichts und ich ließ ihn eine kurze Weile alleine. Nach drei Minuten ging ich wieder zu ihm. Er sagte zu mir, es sei ihm gerade nicht so gut. Wahrscheinlich hätte er vor dem Training noch zu viel gegessen. „Ja, dann bleiben Sie noch eine Weile sitzen.“ Auf diesem Gerät liegt man 45 % schräg und auf beiden Seiten sind Trainingshebel. Auch wenn man in Ohnmacht fallen würde, kann man nicht von der Maschine fallen. Er lag nun schon länger auf der Maschine, war aber immer noch ganz bleich im Gesicht. Ich erklärte ihm, wie eine Jahresmitgliedschaft funktionierte und was sie kostete. Er war froh, dass ich redete und er nur zuhören musste. Als ich ihn fragte, ob er ein Jahresabo wolle, antwortete er mit einem leisen Ja. Ich füllte den Vertrag aus und gab ihm den Vertrag zum Unterschreiben. Mit zittriger Hand unterschrieb er. Ich machte das Foto für den Mitgliedsausweis. Als der Ausweis eingeschweißt war, überreichte ich ihm den Ausweis und eine Kopie des Vertrages. So allmählich ging es ihm wieder besser und er konnte von der Brustmaschine absteigen. Er ging duschen und legte sich dann noch 20 Minuten unter die Sonnenliege. Er wurde ein sehr zufriedenes Mitglied und besuchte unser Center das ganze Jahr regelmäßig. Ich war mit diesem Gasttraining gerade mal 15 Minuten beschäftigt gewesen.

Intelligenter Umgang beim Probetraining

Ich hielt mich wieder einmal im „Smoke-and-Think-Room“ auf. Meine Gedanken schweiften zurück in meine Vergangenheit. Es gab eine Aussage, die mich immer und immer wieder beschäftigte. Es war, als ich im Militär zum Vorgesetzten vorgeschlagen wurde. Man nannte es „weitermachen“.Ich war jedenfalls gerne im Militär. Ich sah und erkannte den Sinn unserer neutralen Landesverteidigung. Ich war damals noch sehr jung und im Umgang mit Menschen sehr unerfahren. Ich war bereits ein Jahr lang im Militär und absolvierte schon die dritte Rekrutenschule. Es gibt Männer, die machen eine Rekrutenschule und haben alles begriffen. Ich musste drei mitmachen. Dafür wurde ich mit einem steifen Hut und einem edlen Säbel mit Kordel und einer Pistole anstelle des Sturmgewehrs ausgerüstet. Die Uniform wurde aus einem edlen Stoff maßgeschneidert für mich hergestellt. In der Eisenbahn musste ich in der ersten Klasse sitzen, weil man nicht wollte, dass man mit Soldaten im selben Abteil saß.

In der Militärausbildung hatten wir das Fach „Menschenführung“. Einmal fragte uns der Ausbilder: „Was meint ihr, wie muss man Menschen führen?“ Wir hatten Zeit, uns darüber Gedanken und Notizen zu machen. Jeder trug seine Sicht vor. Viele verschiedene Sichtweisen wurden vorgetragen, aber ein Aspekt war bei allen gleich. Als Führungsperson müsse man vor allem darauf achten, dass man alle gleich behandele. Das sei das Allerwichtigste. Als alle ihre Sichtweise vorgetragen hatten, war die Ausbildungsstunde zu diesem Thema zu Ende. Da sagte der Ausbilder: „Danke für euer Mitwirken, die Stunde ist zu Ende. Aber ich möchte euch zum Schluss noch meine Sichtweise mit auf den Weg geben. DER SCHLECHTESTE VORGESETZTE IST DERJENIGE, DER ALLE GLEICH BEHANDELT. Bitte denkt mal darüber nach.“ Es gab keine Möglichkeit, nachzufragen, wie er das denn genau meine. Wir sahen diesen Ausbilder nie mehr. Es war genau das Gegenteil von dem, was wir alle, ohne Ausnahme, als das wichtigste Verhalten eines Vorgesetzten angenommen hatten. Wir waren alle derart still, keiner sagte beim Verlassen des Raumes auch nur ein einziges Wort. Diese Aussage des Ausbilders hallt in mir bis heute nach. Es ist goldrichtig, was er sagte.

Der Sommer brachte Entspannung

Unser Geschäftsgang entwickelte sich allmählich so, dass wir zumindest die Rechnungen gerade so bezahlen konnten. Wir hatten große Sehnsucht, etwas zu erleben, aber das konnten wir uns nun mal nicht leisten, weder finanziell noch zeitlich. Von unserer Zeit als Leistungssportler wussten wir, dass nur Höchstleistungen zählten. Wir wussten aber auch, dass Höchstleistungen nur mit Fleiß und einem unbändigen Willen zu erzielen waren. Darum setzten wir alles daran, unseren Erfolg zu steigern.

Bald leisteten wir uns eine Mitarbeiterin. Eine Gästeführung trauten wir ihr jedoch noch nicht zu. Sie betreute lediglich unsere Mitglieder; sobald aber jemand zu einem Probetraining kam, wurde diese Person von Hans J. oder von mir betreut. Es gab dann schon mal einen Gast, der unangemeldet unser Fitnesscenter besuchte. Wir nannten solche unangemeldeten Gäste „Walk-ins“. Hans J. kaufte einen sogenannten „Piepser“, der uns ermöglichte, das Fitnesscenter unserer Mitarbeiterin zeitweise zu überlassen. Wenn allerdings ein „Walk-in“ kam, musste sie uns „anpiepsen“. Einer von uns ging dann sofort zum Fitnesscenter, um aus diesem „Walk-in“ ein Mitglied zu machen.

Reno ist im Prinzip ein Ort wie Las Vegas, nur etwas kleiner. Diese Stadt nennt sich gerne THE BIGGEST LITTLE CITY IN THE WORLD. Las Vegas wird vor allem von den Menschen in und um Los Angeles besucht. Die Menschen aus dem Großraum San Francisco bevorzugen Reno, um dem Glücksspiel nachzugehen. Hier wird natürlich nicht nur gespielt, beide Orte bieten meist die gleichen Shows an. Meistens treten die großen Stars in beiden Spielerstädten auf. Bei diesen Stars, die in der Regel für einen oder auch mal mehrere Monate in Reno auftraten, wurden wir allmählich bekannt. Sie haben uns vielfach gerne als Trainingsstätte aufgesucht. Wir liebten diese Shows über alles. Die Casinos boten die meisten Shows unentgeltlich an. Das kam uns natürlich sehr gelegen.

Einen Haken hatte die Sache allerdings. Wir wollten natürlich immer einen guten Platz in den Shows ergattern. Beim Eingang zum Showraum wurde man freundlich von einer Empfangsperson empfangen. Dann wurde man zu einem Tisch geführt. Damit man aber einen Tisch vorne bei der Bühne bekam, drückte man dem Platzanweiser schon bei der Begrüßung einen Geldschein in die Hand. Dabei schaute man sich freundlich in die Augen. Diese Geldübergabe geschieht so diskret wie nur irgend möglich. Der Platzanbieter spürt, ob es viele oder wenige Dollarscheine sind, die ihm übergeben wurden.

Wir waren aber sehr arme Leute mit sehr wenig Geld. Wir wollten jedoch cool sein und uns genauso amüsieren wie die Reichen. Immer wenn wir zu einer Show gingen, drückten wir dem Platzanweiser eine Dollarnote in die Hand, um vorne einen Tisch zu bekommen. Diese Platzanweiser hatten aber ein Gespür für Banknoten. Wir bekamen einen Tisch im hinteren Bereich. Zwar nicht ganz hinten, aber eben nicht dort, wo wir sitzen wollten. Nach den Shows saßen wir in der Regel dann noch irgendwo im Casino und tranken den Gratiskaffee. Solche Abende genossen wir in vollen Zügen für insgesamt 2 Dollar und 98 Cents inklusive Essen am reichhaltigen Büfett, Show und Handgeld für einen nicht so guten Sitzplatz. Wir hatten unglaublich viel Spaß! Was wir gelacht haben!

Eines der Themen war immer noch der Sitzplatz in den Shows. Wir wollten weiter vorne sitzen, ohne dem Platzanweiser mehrere Geldscheine in die Hand drücken zu müssen. Also begannen wir zu experimentieren: Wie könnten wir aus einer Dollarnote einen Knäuel formen, sodass der Platzanweiser annahm, es wären viele Dollarscheine? Es müsste eine neuere Note sein und sie müsste so richtig geknetet werden, dazu durfte sie nicht warm sein. Es hat funktioniert. Wir bekamen Tische vorne ganz dicht bei der Bühne. Wir freuten uns wie die Schneekönige. Unser Selbstwertgefühl stieg. Aber schon bald wurden wir wieder an den hinteren Tischen platziert. Die Platzanweiser hatten unseren Trick durchhaut. Zwar fühlten sich die Dollarscheine immer noch nach viel Geld an, aber die Platzanweiser erkannten uns an den Gesichtern. Da kamen also wieder die gut gelaunten Jungs vom Swiss Training und wollten für einen lumpigen Dollar einen Tisch vorne an der Bühne haben. Aber inzwischen waren auch schon einige Platzanweiser bei uns Kunde und besuchten regelmäßig unser Swiss Training. Man kannte sich und dementsprechend erhielten wir immer einen wunderbaren Tisch nahe der Bühne. Dies sogar ohne Dollarnote.

Ein seltsames Auto

Wir hatten ein Auto, mit dem wir auch mal etwas von Reno wegfuhren. Hans J. hatte, als er noch als Skiprofessional unterwegs war, jeweils zwei Monate in Sun Valley bei einem Freund von uns verbracht. Dieser Freund Franz S. war, als er 20 Jahre alt war, nach Kanada ausgewandert. Er hatte sich vom mittellosen Bauernsohn zu einem ansehnlichen Immobilienmakler hochgearbeitet. Er besaß auch Immobilien in Lake Tahoe. Ihn wollten wir besuchten.

Die Reise nach Lake Tahoe dauert mit dem Auto eine gute Stunde. Wir fuhren Richtung Carson City. Diesen kleinen Ort kennt man noch aus den Wildwestfilmen. Es ist dort wirklich noch so, wie es vor 200 Jahren war. Wir wollten nach Lake Tahoe, um zu sehen, wie sich dieser Ort zum Skifahren eignete. Bei dieser Gelegenheit wollten wir unseren Freund Franz S., der in Lake Tahoe weilte, besuchen. In Carson City machten wir eine Pause und besuchten eine Bar. Es war, als wären wir gerade um 200 Jahre zurückversetzt worden. Alles war noch genau so wie vor 200 Jahren. Sogar die Bartheke hatte noch die Gebrauchsspuren von damals. In meiner Lehrlingszeit ging ich regelmäßig ins Kino, um Wildwestfilme zu sehen. Ich war von den Westernhelden immer sehr beeindruckt. Wie ich nun in der Realität an dieser Theke saß, wo einst Billy the Kid seinen Whiskey trank, fühlte ich mich (fast) wie ein Wildwestheld, so wie einst Billy the Kid oder sogar wie Charles Bronson. Ich wäre gerne noch länger in der Bar geblieben, aber Hans J. wollte weiter.

Hans J. versuchte, unser Auto zu starten. Aber der Wagen sprang nicht an. Wir schauten einander an. Jeder wusste, Geld für einen Abschleppdienst hatten wir nicht. Auch für eine Reparatur reichten unsere finanziellen Mittel nicht. Aber wir wussten, irgendetwas würde uns schon einfallen. Hans J. stieg aus und öffnete die Motorhaube. Er rief mir zu: „Betätige mal den Anlasser!“ Das machte ich und siehe da, der Wagen sprang an. Ich fragte: „Was hast du gemacht? Du hast doch gar keine Ahnung von einem Motor!“ „Siehst du, da hast du dich wohl getäuscht.“

Wir kamen danach bald in Lake Tahoe an. Er war wunderschön, dieser riesige See mitten in einer Berglandschaft, ich war überwältigt. Ich staunte, dass auf den hohen Bergen schon Schnee lag. Wir verbrachten einige Stunden bei unserem Freund Franz S. Am Abend lud er uns in eine Show von John Denver in einem der Casinos ein. Unser Freund war mit John Denver bestens bekannt. Schon vor der Show wurde uns dieser Megastar vorgestellt. Wir sprachen nur kurz über das Skifahren, erkannten aber sofort, dass John Denver ein großer Skifan war. Er kannte Hans J. nicht persönlich, aber John hatte die amerikanischen Profirennen im Fernsehen mitverfolgt. Wir genossen seine Show. Seither liebe ich Countrymusik. Dieser Abend war der Beginn einer langjährigen Freundschaft mit John Denver. Immer wenn es möglich war, gingen wir zusammen Ski fahren, meistens in Lake Tahoe.

Es war schon spät in der Nacht, als wir aufbrachen, um nach Hause zurückzufahren. Zum Leidwesen sprang unser Auto wieder nicht an. Aber Hans J. öffnete die Motorhaube und seine magischen Hände, vielleicht war es auch nur sein Blick, bewirkten, dass der Motor ansprang. Wir waren sicher schon eine halbe Stunde unterwegs, als wir zum Tanken anhielten. Jetzt sprang der Motor wieder nicht an. Nun wollte ich wissen, was Hans J. unter der Motorhaube machte, damit der Motor wieder ansprang. Da war ein dickes Rohr. Dieses Rohr bewegte Hans J. etwas hin und her, das war es. Das war doch ein Spuk! Allein die Lage dieses Schlauches sollte das Starten des Motors bewirken?! Aber was soll’s, Hauptsache, wir konnten nach Hause fahren.

Dieser seltsame Zustand unseres Autos hielt zwei Monate an. Eines Tages kam Hans J. zu Fuß zu unserem Swiss Training Center. Unter seinem Arm trug er zwei Autonummern. Er hatte mit dem Auto nur ein paar Blocks weiter in die Stadt fahren wollen, um ein paar Besorgungen zu machen. Er hätte alles versucht, den Wagen zu starten. Nach einer Stunde des Bemühens, das Auto in Bewegung zu setzen, sei dieses Vorhaben gescheitert. Also hatte er die Nummern abmontiert und den Wagen stehen lassen. Wenn ihn niemand abtransportiert hat, steht er womöglich heute noch dort.

Von nun an hatten wir kein Auto mehr. Wir waren wohl die einzigen Menschen in Amerika, die zu Fuß zur Arbeit gingen. Mir war es fast peinlich, am Rand der Straße entlangzugehen. Entsprechend wurde ich von den vorbeifahrenden Autofahrern beäugt. Morgens um 05.30 Uhr musste ich los, um das Swiss Training um 6.00 Uhr aufmachen zu können. Einen Fußmarsch in der Früh mochte ich überhaupt nicht. Ein Großteil des Weges führte über den riesigen Parkplatz des Peppermill-Casinos. Dort gab es einen Shuttleservice. Dieser brachte die Besucher, die mit ihrem Auto kamen, vom Parkplatz zum Haupteingang des Casinos. Der Driver des Shuttlebusses war bei uns Trainingsmitglied. So fuhr er mich täglich von der Lymbery Street quer über den ganzen Casino-Parkplatz bis zur Virginia Street. Das war immerhin eine Verkürzung meines Fußmarsches.

Er fuhr auf Skiern mit 208 km/h den Berg hinunter

Inzwischen hatten wir unseren Mitgliederbestand leicht erhöhen können. Der Umsatz war schon recht ordentlich. Aber Umsatz war leider nicht gleich Geldeingang. Gerade am Anfang gewährte Hans J. den Kunden großzügige Zahlungsweisen. Es gab auch schon mal Kunden, die ihre Mitgliedschaft in zwölf Monatsraten zahlen konnten. Besonders die Cocktail Waitresses (Kellnerinnen) der Casinos lebten von den Trinkgeldern und erhielten, wenn ich mich recht entsinne, keinen Lohn. Sie mussten aber immer auf eine gute Figur achten und Schuhe mit hohen Absätzen tragen. Diese High Heels mussten ein bestimmtes Höhenmaß aufweisen. Es gab für diese Damen auch keine Möglichkeit, durch ein ärztliches Attest vom Tragen der High Heels befreit zu werden. Entweder mit High Heels arbeiten oder gar nicht arbeiten. So war es natürlich auch bei den Dealern an den Spieltischen. Hans J. hatte ein gutes Namens- und Gesichtsgedächtnis. So sprach er immer wieder die Mitarbeiter in den Casinos an, um an das Geld von säumigen Mitgliedschaftsbeiträgen zu gelangen. Die Leute sagten dann vielfach, dass ihnen eine Monatszahlung nicht möglich sei, weil sie als Dealer wöchentlich bezahlt würden. So verlangte Hans J. auch mal 6,25 $ für eine wöchentliche Rate. Wir taten einfach alles, um an etwas Geld zu kommen. Im Trainingsbereich boten wir aber ein gutes Training an, die unseren Kunden guttaten und ihnen einen hohen Nutzen gewährleisteten.

Eines Tages ging die Tür auf und Jens W. kam herein, um uns wieder mal zu sehen. Jens W. kannten wir noch aus Hans J.s aktiver Skiprofi-Zeit. Jens W. hatte sich in eine junge, hübsche Dame aus Reno verliebt und wohnte, so wie wir, in Reno. Er war immer noch amtierender Weltrekordinhaber (World Speed Skiing Champion). Er fuhr 1984 mit Skiern einen Geschwindigkeitsweltrekord von 208 km/h. Ich habe nie jemand gesehen, der so hart trainierte wie Jens W. Jens W. war ein ziemlich lockerer Kerl. Er gönnte sich auch mal einen Kautabak, der ihn in höhere geistige Dimension versetzte. Er war alles andere als ein Kirchgänger. Durch seine neue Liebe war er aber ein ganz anderer Kerl geworden. Er ging jeden Sonntag mit seiner Liebsten in die Kirche. Was Liebe so alles bewirkt! Jedenfalls kam Jens W. jetzt regelmäßig zum Training. Er trainierte nach dem Trainingsprogramm, das ich für ihn konzipiert hatte. Obwohl das Training eher kurz ausfiel (ca. 30 bis 40 Minuten), musste er dazwischen immer auf das WC. Hans J. und ich „rätselten“, warum Jens W. während des Trainings immer aufs Klo musste. Hans J. ging der Sache nach. Die WC-Wände standen auf kurzen Pfeilern, sodass von der WC-Wand zum Boden ein Abstand von circa 40 Zentimetern bestand. Hans J. beobachtete, dass die Schuhspitzen gegen das WC zeigten. Dazu kam das entsprechende Geräusch als Beweis, dass er sich übergeben musste. Ich hatte schon immer überlegt, warum er so hart trainierte. Wir haben nie mit ihm darüber gesprochen und wissen es bis heute nicht. Jedenfalls besaß er einen unbändigen Willen, erfolgreich zu sein und berühmt zu werden. Er wurde es auch. Er kannte sie alle, ob es der damalige Präsident Henry Ford, Arnold Schwarzenegger oder Barack Obama war. Heute organisiert er Erlebnis-Events mit Prominenten aus Sport und Gesellschaft. Ob er seine Agenda von damals immer noch so akribisch führt? Ich habe nie wieder jemand kennengelernt, der seine Kontakte so genau und so aufwendig wie er gepflegt hat. Ich glaube, er hat Social Media schon vor dem Jahre 1985 erfunden. Seine Plattform war sein legendäres DIN-A5-großes Handbuch, das er täglich aktualisierte, pflegte, bebilderte und laufend erweiterte.

Rückblick: Unsere Expansionsabsichten

Es war im Frühling des Jahres 1985. Die Beratungsaufträge im Franchise-Unternehmen von Werner Kieser waren gerade sehr erfolgreich. Mein Freund Hans J. suchte nach einer geeigneten Stadt in Amerika, um dort ein Fitnesscenter zu eröffnen. Er wollte seine Evaluationsergebnisse mit mir besprechen. Sein Ziel war es, mit mir zusammen ein Center zu eröffnen. Weil er jetzt aus Amerika zurück war, erhielt er Einblick in meine beratende Tätigkeit bei Kieser Training. Er war erstaunt, dass ich in den Betrieben überhaupt nichts verändert hatte. Er kannte mein Angebot aus meinem Fitnesscenter Duc de Rohan in Chur. In Chur gab es neben einem Fitnessraum mit Universalgeräten aus Kanada ein Schwimmbad, eine Sauna für Frauen und eine für Männer. Dazu einen Massageraum, Solarien und eine Kaffeebar. Bei der Kaffeebar durfte auch geraucht werden. Hans J. dachte, dass ich in Chur wegen dieses breiten Angebots so erfolgreich war. Jetzt bei Kieser Training bestand das Angebot lediglich aus Training an Krafttrainingsgeräten von der Firma Nautilus aus Amerika. Dazu wirkten die Räume spartanisch. „Weißt du, Hans J., ich erhielt die Auflage, dass ich am Kieser Trainingskonzept nichts verändern darf“, erklärte ich ihm. „Aber es ist auch gar nicht meine Absicht, das Angebot zu erweitern. Mein Know-how liegt im Umgang mit Menschen sowie in der Fähigkeit, Menschen für eine gute Sache zu gewinnen. Hierfür wende ich eine spezielle Gesprächsführung an. Allein durch meine besonderen kommunikativen Fähigkeiten kann ich die Umsätze der einzelnen Kieser Betriebe in beliebiger Höhe steigern.“ Hans J. konnte es nicht verstehen. Aber er sah ja, dass die Resultate meinen Ausführungen entsprachen. Er verbrachte viel Zeit in meiner Nähe und schaute mir bei meiner Arbeit zu.

Ich erinnere mich, dass Hans J. aus seinen Jeans kurze Jeanshosen machte. Der Rand war zerfranst und er hatte die Angewohnheit, wenn er auf einem Stuhl saß, seine Beine auf einen zweiten Stuhl hochzulegen. Das pflegte er auch immer in meinem Büro zu machen. Dies war nicht besonders verkaufsfördernd. Es machte einen schlechten Eindruck auf meine damalige Kundschaft. Ich besprach natürlich, wie sich seine legere Art auf meine Geschäfte auswirken könnte. Ich sagte: „Hans J., deine zerfransten Hosen und deine legere Art, auf dem Stuhl zu lümmeln, entsprechen nicht meiner Haltung gegenüber meinen Kunden.“ Er erwiderte: „Du Werner, ich weiß nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat.“ „Schau Hans J., wenn jemand zur Tür hereinkommt, dann fallen ihm zuerst deine zerfransten Hosen und deine hochgelagerten Beine auf. Dadurch wird der potenzielle Kunde abgelenkt. Das kann so weit gehen, dass ich ihn unter Umständen nur schwer für unser Training gewinnen kann.“ Obwohl er nicht verstand, was ich gemeint habe, erschien er ab sofort ordentlich angezogen und saß aufrecht und gesittet, wie es sich gehörte, auf dem Stuhl in meinem Büro.

Schon nach kurzer Zeit fand er das Angebot von Kieser Training klasse. Er absolvierte bei Werner Kieser das Nautilus-Seminar. Jetzt wollte er, dass wir in Amerika zusammen ein Swiss Training eröffneten. Ich war immer noch der Meinung, dass es besser sei, in Europa ein Swiss Training zu machen. Schließlich einigten wir uns und trafen folgende Abmachung: Wir würden Anfang 1986 nach Amerika gehen und dort unser erstes Swiss Training eröffnen. Wichtig war natürlich, dass ich mit nach Amerika ging, um Hans J. in meiner speziellen Kommunikation zu unterrichten. Wir nahmen uns vor, dass wir für den Aufbau des ersten Swiss Trainings ein ganzes Jahr aufwenden würden. Danach würde ich zurück nach Europa gehen, um in Deutschland ein Swiss Training zu eröffnen. Wir vereinbarten, dass wir danach schauen würden, wie sich die beiden Center entwickelt hatten. Würde das Swiss Training in Amerika besser laufen als das in Deutschland, würden wir zusammen in Amerika expandieren. Sollte aber das Swiss Training in Deutschland besser laufen als das in Amerika, sollte Hans J. nach Europa zurückkommen, damit wir gemeinsam in Europa expandieren könnten. Für den Fall, dass beide gut und in etwa gleich rentabel würden, sollte Hans J. in Amerika und ich in Europa expandieren. Ein kleines Problem bestand noch darin, dass Hans J. ein Swiss Training nach „Kieser Training“-Vorlage wollte. Ich ließ mich darauf ein und war einverstanden, dass in Reno, Nevada, keine Aerobic und keine Sauna angeboten wurden. Aber ich würde nach dem Jahr in Amerika ein Swiss Training in Deutschland aufbauen. Das Angebot sei dann: Training an Nautilus-Maschinen, Sauna und Solarium. Damit war Hans J. auch einverstanden.

Wir hatten zwar kein Auto, dafür aber ein Flugzeug

Unser Fitnesscenter warf auch im Herbst noch nicht den erhofften Gewinn ab. Aber wenn wir das Geld von unseren Mitgliedern erhalten würden, dann würden wir tatsächlich schon in der Gewinnzone sein. Wir versuchten nun, in der Debitorenverwaltung Fortschritte zu machen. Schweren Herzens mussten wir unsere Forderungen einklagen. Wir hatten einen Debitorenbestand, der in etwa 15 % des Umsatzes betrug. Wir entschlossen uns, Klagen gegen die säumigen Zahler einzureichen. Wir wussten natürlich nicht, ob man in Amerika Mitgliedschaftszahlungen überhaupt einklagen konnte. Wir probierten es einfach und siehe da, der Richter gab uns recht, der Beklagte müsse das Jahresabo bezahlen, so lautete das Urteil. Jetzt standen wir mit einem positiven Urteil da. Aber bezahlt haben die meisten trotzdem nicht. Es gab auch keine Möglichkeit, säumige Zahler zu pfänden. Ein Richter sagte uns, dass säumige Zahler ihre Kreditwürdigkeit verlieren würden. Das bedeutet, dass deren Kreditwürdigkeit erlischt. Jedenfalls erhielten wir das meiste Geld von den zur Zahlung Verurteilten leider nicht. Es war zum Davonlaufen.

Ab und zu gingen wir zum Skifahren. Wir hatten viele Bekannte in Sun Valley und besuchten diese Freunde, wann immer unsere Arbeit es uns erlaubte. Unsere Freundin aus Sun Valley stellte uns stets ihr Flugzeug zur Verfügung. So waren wir schon nach circa vier Stunden Flug bei unseren Freunden. Es war eine seltsame Lebenssituation: Wir waren total erfolglos und unsere Freunde hatten alles. Große Luxusvillen mit allen möglichen Annehmlichkeiten. Die meisten hatten Küchen, wie man sie eher in Hotelanlagen antrifft. Jeden Abend wurde man von jemandem zu einer Party eingeladen.