Ein Brief aus Tombstone … - Mark William - E-Book

Ein Brief aus Tombstone … E-Book

William Mark

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Rosarot stand der Himmel über den Zinnen der Berge, als die beiden Westmänner aufbrachen. Es war noch sehr früh am Morgen. Sheriff Cohan hatte es sich nicht nehmen lassen, den beiden das Geleit zu geben. Er ritt mit ihnen bis an den Rand der Stadt und winkte ihnen dann noch lange nach. Schweigend zogen Wyatt Earp und Doc Holliday in den neuen Tag hinein. Ihr Ziel war Glenwood Springs, die schöne Stadt oben in den Bergen. Neun Meilen hatten sie bereits zurückgelegt, und die Sonne stand schon hell am flammend blauen Vormittagshimmel, als vor ihnen am Horizont mehrere Punkte auftauchten, die rasch auf und nieder tanzten. Reiter! Die geübten Augen der beiden Westmänner sahen es sofort. »Es sind fünf«, sagte der Missourier wie zu sich selbst. Sein Begleiter nickte. Dennoch war es nur für ein wirklich superscharfes Auge zu sehen, dass da hinten nicht drei, sechs oder vier, sondern genau fünf Reiter herankamen. Erst nach Minuten konnte man das klar erkennen. Die beiden Dodger hatten ihr Tempo etwas verlangsamt, wie sie es in einem solchen Fall immer taten. Und als die fünf bis auf hundert Yards herangekommen waren, verhielten sie ganz den Schritt ihrer Pferde. Die fünf hatten ihr Tempo ebenfalls verlangsamt, und jetzt taten sie das, was der Marshal ganz und gar nicht schätzte: Sie schwärmten aus. Derjenige, der ganz rechts auf den Weg geritten war, preschte mit seinem Braunen ins Gelände hinein und zog einen weiten Halbkreis. Ebenso hielt es der, der auf der anderen Straßenseite gehalten hatte. Die beiden anderen zogen kürzere Kreise, und der fünfte Mann ritt ganz langsam weiter.

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Die großen Western Classic – 97 –

Ein Brief aus Tombstone …

Mark William

Rosarot stand der Himmel über den Zinnen der Berge, als die beiden Westmänner aufbrachen.

Es war noch sehr früh am Morgen. Sheriff Cohan hatte es sich nicht nehmen lassen, den beiden das Geleit zu geben. Er ritt mit ihnen bis an den Rand der Stadt und winkte ihnen dann noch lange nach.

Schweigend zogen Wyatt Earp und Doc Holliday in den neuen Tag hinein.

Ihr Ziel war Glenwood Springs, die schöne Stadt oben in den Bergen.

Neun Meilen hatten sie bereits zurückgelegt, und die Sonne stand schon hell am flammend blauen Vormittagshimmel, als vor ihnen am Horizont mehrere Punkte auftauchten, die rasch auf und nieder tanzten.

Reiter!

Die geübten Augen der beiden Westmänner sahen es sofort.

»Es sind fünf«, sagte der Missourier wie zu sich selbst.

Sein Begleiter nickte.

Dennoch war es nur für ein wirklich superscharfes Auge zu sehen, dass da hinten nicht drei, sechs oder vier, sondern genau fünf Reiter herankamen. Erst nach Minuten konnte man das klar erkennen.

Die beiden Dodger hatten ihr Tempo etwas verlangsamt, wie sie es in einem solchen Fall immer taten. Und als die fünf bis auf hundert Yards herangekommen waren, verhielten sie ganz den Schritt ihrer Pferde.

Die fünf hatten ihr Tempo ebenfalls verlangsamt, und jetzt taten sie das, was der Marshal ganz und gar nicht schätzte: Sie schwärmten aus. Derjenige, der ganz rechts auf den Weg geritten war, preschte mit seinem Braunen ins Gelände hinein und zog einen weiten Halbkreis. Ebenso hielt es der, der auf der anderen Straßenseite gehalten hatte. Die beiden anderen zogen kürzere Kreise, und der fünfte Mann ritt ganz langsam weiter.

Wyatt, der das Gelände schon vorhin mit dem Auge sondiert hatte, deutete mit dem Kopf auf eine Baumgruppe, die unweit vom Weg war.

»Da hinüber, Doc«, raunte er dem Spieler zu.

Doc Holliday zog seinen schwarzen Hengst rasch vom Weg und brachte ihn zu den Bäumen. Da stieg er ab und nahm das Gewehr aus dem Scabbard. Es war ein leichtes, handliches 84er Winchestergewehr, eine hervorragende Waffe in der Hand eines guten Schützen. Mit scharfem Blick verfolgte der Georgier jetzt die beiden Reiter, die in östlicher Richtung vom Weg abgeritten waren.

Wyatt Earp war vom Pferd gestiegen, und zwar auf der rechten Seite, wo er von Doc Holliday geschützt werden konnte. Da blieb er stehen, beobachtete über den Sattel hin die beiden anderen, die westlich von der Straße einen Bogen zogen und behielt den Mann im Augwinkel, der ihm entgegenritt.

Als der bis auf fünfzehn Schritt herangekommen war, rief der Marshal ihm zu: »Halten Sie an, Mister.«

Der aber stieß eine bellende Lache aus.

»Habt wohl die Hosen voll, Jungs, wie?«

»Ich habe gesagt, Sie sollen anhalten.«

Als der Mann dieser Aufforderung nicht nachkam, flog plötzlich die linke Hand des Missouriers zur Hüfte, und der schwere, sechskantige Buntline Special Revolver brüllte auf. Der Schuss zischte über den Weg – und der Hut des Reiters drüben bekam einen Stoß und wurde ihm vom Kopf gewirbelt.

Verblüfft und tödlich erschrocken fuhr sich der Mann mit der Linken über den Schädel. Als er in die Hand sah und kein Blut fand, feixte er.

»Zounds, das war ja ein toller Trick, Mensch. Ist das Ding tatsächlich ein Revolver oder eine abgesägte Knarre?«

»Ich würde Ihnen nicht raten, so nahe heranzukommen, dass Sie es sehen können, Mister.«

Inzwischen hatten sich die beiden Männer, die auf Doc Hollidays Seite von der Straße losgeritten waren, im Süden wieder getroffen und kamen jetzt von dort auf die Gruppe zu.

Doc Holliday stand ruhig an den Baum gelehnt und blickte ihnen entgegen.

Bis auf zwanzig Schritt kamen sie heran.

Da zog der Spieler die Winchester in die rechte Armbeuge.

Die Männer hatten es bemerkt und hielten an, denn nur Sekunden waren vergangen, seit der Schuss auf ihren Anführer abgegeben worden war. Und dass der Schuss ein Treffer gewesen war, hatten sie alle fünf bemerkt.

Ebenso hielten es die beiden anderen, die nach Westen ausgeschwärmt waren. Sie trafen sich mit den anderen auf der Straße und kamen jetzt langsam von Süden her näher.

Holliday blieb bei den Bäumen und behielt das Gewehr in der Armbeuge. Völlig ruhig stand er da und sah zu ihnen hinüber.

Die vier hatten ihre Gäule angehalten und schienen offensichtlich unschlüssig über das zu sein, was weiter zu geschehen hatte. Genau wie bei einer Herde, die plötzlich kopflos geworden war.

Denn ihr Kopf war der Mann, der soeben seinen Hut verloren hatte.

Bill O’Brian sah auf seinen Hut hinunter. Verblüffung stand in seinen Augen, als er dann abgestiegen war und den Durchschuss betrachtete. Sauber wie abgezirkelt hatte der Fremde die Kugel genau oben in die Hutkrone gesetzt.

Einen Moment lief es O’Brian eiskalt den Rücken hinunter, denn er dachte daran, was geschehen wäre, wenn das Geschoss auch nur einen kleinen Inch weiter unten durchgezogen wäre.

Dann hätte es ihm nämlich die Kopfschwarte und auch die Schädeldecke aufgerissen. Die Furche wäre tödlich gewesen. Vor allem bei einem Geschoss, das einen solchen Knall verursachte!

O’Brian war ein kräftiger, untersetzter Mensch mit rötlichem Haar, das sich an den Seiten krauste und ihm hinten über den Kragen seines nicht sehr sauberen Hemdes wucherte. Sein Gesicht war bläulich-rot, und auf den Wangen zogen sich scharfe blaue Adern dem Ohr entgegen. Seine Nasenspitze war ebenfalls blaurot, und sogar seine Augäpfel schienen einen rötlichen Schimmer zu haben. Er hatte kein angenehmes Gesicht. Der schiefe Mund und die scharfen, nach unten gezogenen Mundwinkel sowie die Augenlider, die sich über die Augenwinkel zogen, all dies waren Dinge, die ihn nicht sympathisch wirken ließen. Seine Kleidung war sehr salopp, um es noch vorsichtig auszudrücken. Und nur die Waffen, die er trug, schienen gepflegt zu sein. Das waren zwei Revolver, einer links und einer rechts im Halfter, und ein Clover­leaf, den er vorn im Hosengurt stecken hatte. Auch der Kolben des Sharpsgewehrs, der aus dem Lederschuh hervorblickte, war blank, und seine Metallteile schimmerten im Sonnenlicht.

»Ja, das war wirklich ein sauberer und guter Schuss«, sagte er, während er den Hut aufhob und den Staub aus ihm herausklopfte. »Ich schätze, Sie werden eine ganze Menge für einen neuen Hut ausgeben müssen, Mister.«

»Tut mir leid.«

»Was denn?«, meinte O’Brian und kniff das linke Auge auf eine unangenehme Art ein. »Sie wollen nicht?«

»Ich denke nicht daran.«

»Aber hören Sie, Mister, Sie sind ein Spaßvogel. Erst durchlöchern Sie mir den Hut, und dann haben Sie plötzlich etwas dagegen, mir einen neuen zu kaufen. Das kann doch nicht Ihr Ernst sein. Nun ja, ich will ja nicht behaupten, dass ich von Ihnen verlange, dass Sie nach Santa Fé reiten sollen, um mir einen neuen zu kaufen. Ich habe nichts weiter vor, als mir die Bucks für den Hut von Ihnen abzuholen.«

»Das dachte ich mir«, versetzte der Marshal, »und nicht nur die Bucks für einen neuen Hut, schätze ich.«

»Hehe! Hehe!« Die Lache des Tramps war schmierig wie sein ganzes Aussehen. »Schätze, Mister, Sie haben da einen lichten Augenblick gehabt. Genau das hatte Bill O’Brian vor.«

Wyatt lauschte dem Namen nach. Bill O’Brian?

Zounds! Hatte er den nicht schon irgendwo gehört? Well, es war ein alter Knabe, und dennoch kam er ihm in Verbindung mit diesem Tramp bekannt vor. Und plötzlich wusste er es: Er hatte das Bild des Mannes im Office des Sheriffs von Grand Junction gesehen. Da hing es, zwar ziemlich vergilbt und zerknittert, in einem Winkel des Bureaus neben dem Fenster, wo man es durch das Licht des Fensters nur schlecht sehen konnte. Es hing da zwischen einer Reihe anderer Steckbriefe, und es war ein wahres Wunder, dass der Missourier es überhaupt gesehen hatte und sich jetzt daran erinnern konnte. Aber es war eine alte Gewohnheit des Marshals, sich grundsätzlich jeden Steckbrief genau anzusehen und rasch einzuprägen, sowohl das Gesicht als auch den Namen desjenigen, der da gesucht wurde. Und dieser Bill O’Brian­ war also auf einem der vergilbten Plakate verewigt.

»Ich kenne Sie übrigens, O’Brian«, sagte er.

»Woher?«

»Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, Ihren Kopf in mehreren Sheriff’s Offices zu Gesicht zu bekommen.«

Ein Schatten flog über O’Brians Gesicht. Und einen Augenblick sah es so aus, als wollte er zum Revolver greifen. Aber dann entschloss er sich doch zu seiner grinsenden Lache und erwiderte: »Ein Grund mehr, mir Ihre Bucks für den Hut und die andern Sachen zu holen, Amigo.«

»Es wäre besser für Sie gewesen, O’Brian, wenn Sie mir nicht begegnet wären«, versetzte der Missourier. »Jetzt habe ich das Gefühl, dass Ihre Route hier enden wird.«

»Bred!«, rief O’Brian über die Straße einem der vier andern Kerle zu. »Der Kerl kennt uns!«

Einer der vier Burschen, die drüben, etwa zwanzig Schritt von Wyatt Earp entfernt auf der Straße hielten, reckte den Schädel hoch.

Bred Colton war etwa sechsundzwanzig, hatte ein hässliches, längliches Gesicht und aschblondes Haar. Er war ähnlich unsauber gekleidet wie sein Boss.

»Was sage ich denn dazu«, wandte er sich an seinen Nachbarn zur Linken. Das war ein breitgebauter atlethischer Typ mit eingeschlagener Boxernase. Seine Augen waren klein und lagen in tiefen Höhlen. Jake Hopkins mochte wohl auf die Dreißig zugehen. Er hatte ein schweres, stark ausgeprägtes Kinn und einen unförmigen Mund. Die Stirn war fliehend, und der Hut, den er trug, musste ihm sicher vier Nummern zu groß sein.

Auf der andern Seite von Hopkins saß Ed Lanker im Sattel. Lanker war ein junger Bursche von dreiundzwanzig, mit frischem Gesicht und dunklem Haar. Er machte noch den saubersten Eindruck von allen. Am seltsamsten sah zweifellos jener Mann aus, der links außen von den Vieren hielt. Es war ein ellenlanger Bursche mit knochigem Gesicht und einem stechenden Augenpaar, das in tiefen Höhlen lag. Er trug einen jener schwarzen Anzüge, wie sie von den Leuten des Westens sonntags getragen wurden. Aber sein Anzug war ganz gewiss kein Sonntagsanzug, denn er war mit Flecken nur so besät. Die rosafarbene Seidenschleife wirkte wie ein Witz dazu. Sie steckte, von einer gewaltigen unechten Perle gehalten, unter der hochgeschlossenen hellen Weste. Der Mann trug Zugstiefel mit hohen, spitzen Hacken. Auf seinem Kopf saß ein Zylinderhut, der samten war und sicherlich einmal bessere Tage erlebt hatte. Denn jetzt wirkte er zerfleddert und lebensmüde wie ein geschundenes Tier. Der Mann trug über seiner Jacke mit den langen Rockschößen einen Strick, an dem er links über dem Oberschenkel einen 38er Remington-Revolver baumeln hatte. Die Waffe steckte in einem Lederschuh, der einen offenen Boden hatte.

Dieser Mann war zweifellos eine der seltsamsten Figuren, denen die beiden Westmänner jemals begegnet waren.

Sein Name lautete Lostus Hecuba.

So seltsam wie dieser Name war auch das Leben dieses Mannes. Diejenigen Leser, die sich für den Wilden Westen interessieren, werden beim Lesen dieses Namens vielleicht erstaunt aufgehorcht haben. Richtig, es ist der gleiche Hecuba, von dem in etlichen Annalen der Geschichte des Westens die Rede ist.

Der Augenblick, in dem Hecuba den Lebensweg Wyatt Earps streifte, war sicherlich kein guter. Man könnte mit Wyatt Earp gesagt haben, als er erfuhr, wer ihm da in den Weg getrottet war: Mir bleibt aber auch nichts und niemand erspart. Zweifellos gehörte Lostus Hecuba zu den finstersten Gestalten, die man sich überhaupt vorstellen konnte.

»So, er kennt uns«, meinte Colton jetzt.

»Ja, und zwar kennt er uns aus der Gemäldegalerie der Sternschlepper.«

Weder Colton noch einer der drei anderen lachte. Im Gegenteil. Eisiges Schweigen lag auf ihren Mienen.

Doc Holliday behielt die vier scharf im Auge. Sie hatten seiner Ansicht nach einen Fehler gemacht. Denn wären sie verstreut, wie sie losgeritten waren, im Gelände geblieben, so hätten sie eine größere Gefahr für ihn und den Marshal dargestellt als jetzt auf der Straße, wo sie wie eine Wand nebeneinander verharrten.

»Tja, Bred, was sagst du nun dazu?«

»Ich meine, ich soll erst gar nicht viel dazu sagen, Boss, sondern ich werde meine Kanone sprechen lassen. Das geht rascher und löscht auf jeden Fall die Erinnerung dieses Gentleman an sämtliche Gemäldegalerien der Welt in kürzester Zeit aus.«

»Da bin ich ganz deiner Ansicht, Bred«, meinte O’Brian. »Aber man muss so etwas mit Ruhe und Verstand machen. Was sagt denn unser Professor dazu?«

Diese Worte waren offensichtlich an Hecuba gerichtet.

Wyatt und Doc Holliday beobachteten Hecuba jetzt schärfer, der, nachdem er von O’Brian angesprochen worden war, seine steife Haltung im Sattel womöglich noch mehr versteifte. Mit einer lächerlich hohen und hellen Diskantstimme rief er: »Und vor allem mit der nötigen Mathematik, O’Brian, muss es erledigt werden, damit man erst in den richtigen Genuss der Sache kommt.«

Wyatt hatte plötzlich zwei kleine, scharfe Falten zwischen seinen schwarzen Brauenbögen stehen.

Dieser Professor gefiel ihm ganz und gar nicht. Und auf einmal hatte er auch das Gefühl, dass er da keinen Mann vor sich hatte, der völlig bedeutungslos war. Und darin sollte er sich ja wirklich auch nicht irren.

»Yeah«, krächzte O’Brian, »ich glaube, Professor, da haben Sie ganz recht. Man muss die Sache mit der nötigen Ruhe genießen.«

»Vielleicht wäre es ganz gut, Boss«, fiel jetzt Colton ein, »wenn man den beiden, bevor sie abkratzen, noch eine Lektion mit auf den langen Weg gibt.«

»Sind Sie überzeugt, dass es ein langer Weg wird?«, meldete sich da der Georgier.

Colton schoss einen raschen Blick zu ihm hinüber.

»Sie sind nicht davon überzeugt?«

»Absolut nicht.«

Es war ein so friedlicher Morgen. Lerchen trillerten hoch im azurfarbenen Himmel, und in den Gräsern summten die ersten Frühlingskäfer. Rosafarben schimmerte der Schnee an den Gipfeln der hohen Berge.

Und dennoch waren hier fünf Männer entschlossen zu morden.

Um ein paar lumpiger Dollars willen.

Wie sich gleich zeigte, war der »Professor« absolut nicht der Ansicht, dass es sich um ein paar lumpige Dollars handeln würde, denn er meldete sich jetzt gleich mit seiner schrillen Diskantstimme: »Ich habe die Sache vorhin eingehend im Fernrohr betrachtet und möchte behaupten, dass allein die beiden Pferde ein Vermögen wert sind. Dazu wette ich meinen alten Zylinderhut gegen den neuen Stetson dieses vornehmen Gentleman da drüben, dass in seiner Brieftasche, die ganz sicher aus Saffian oder aus Krokodil sein wird, ein beachtliches Dollarbündel stecken muss. Der andere da auf der Straße könnte sein Diener sein, aber dazu ist sein Gesicht zu arrogant. Ich schätze, dass er selbst irgendetwas darstellt. Etwas, das auch mit Geld verbunden ist.«

An diesem Punkt brach der Georgier in eine schallende Lache aus.

So hell sie begonnen hatte, diese Lache, so frostig und klirrend brach sie jäh ab.

Wieder spürte der junge Lanker beim Klang der Stimme des Georgiers das seltsam kalte Gefühl in seinem Rücken. Er rutschte im Sattel hin und her, stemmte sich dann mit beiden Händen vorn aufs Horn und kniff die Augen zusammen.

»Ich würde gern weiterreiten.« Er hatte es kaum gesagt, als es ihm auch schon leidtat.

Denn Bred Colton schoss ihm einen wütenden Blick zu. Gleichzeitig kassierte er von O’Brian einen Blick, der nichts an Deutlichkeit zu wünschen übrig ließ.

Da nahm der Bursche sein Pfed herum und führte es hinter Lostus Hecuba.

»Hören Sie, Professor, ich habe da ein so komisches Gefühl!«

O’Brian und Colton wie auch die andern hätten sich aus dem komischen Gefühl Lankers kaum etwas gemacht, aber Hecuba war ein vorsichtiger Mensch. Er schob sich den zerfledderten Zylinder aus der Stirn und presste durch den linken Mundwinkel: »Denk nach, Junge, denk nach, aber sehr schnell.«