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Die Architektur der Stadt Potsdam befindet sich seit einigen Jahren im Umbruch. Das historische Stadtbild aus der Zeit vor 1945 wird an vielen Stellen, v.a. in der Stadtmitte reanimiert. Der Autor versucht hier darzustellen, dass neben der preußischen Barockarchitektur gleichberechtigt in der Stadt Potsdam auch die Architektur der "Ostmoderne" ihren Platz hat. Die Erläuterung dazu erfolgt am Beispiel des ehemaligen "Interhotels Potsdam" – dem heutigen "Hotel Mercure" im Lustgarten an der Langen Brücke, als einstiges Wahrzeichen des Potsdamer Stadtzentrums. Der Autor will mit den vorliegenden Beschreibungen des "Lustgarten-Ensembles" und des darin befindlichen Hotels an der Havel, für den Leser die Zeit der Umgestaltung des Stadtgebietes ab 1949 noch einmal Revue passieren lassen und zugleich um Verständnis zum Erhalt ausgewählter DDR-Architektur in der Stadt Potsdam werben.
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Seitenzahl: 62
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Alle in diesem Buch veröffentlichten historischen Abbildungen stammen aus der Privatsammlung des Autors. Die aktuellen Fotos wurden eigenständig vom Autor hergestellt. Ich danke Herrn Michael Müller für die Bereitstellung von drei Fotos sowie folgenden Bildagenturen und Verlagen; Bild und Heimat GmbH Reichenbach, der Offizin Andersen Nexö Leipzig GmbH und der „Rotophot“ GmbH Königs Wusterhausen für die Genehmigung des Abdrucks Ihrer Ansichtskarten. In einigen Fällen war es nicht möglich, für den Abdruck der Bilder die Rechteinhaber zu ermitteln. In diesen Fällen bleiben Honoraransprüche der Fotografen, Verlage und ihrer Rechtsnachfolger gewahrt.
Der Lustgarten
Die Geschichte des Lustgartens
Das Ernst-Thälmann-Stadion von 1949 bis 2001
Sportler trainieren für Olympia
Ein Mehrzweckstadion im Stadtzentrum Potsdams
Die Internationale Friedensfahrt im Ernst-Thälmann-Stadion
Königin Beatrix I. der Niederlande besucht Potsdam
Der Abriss des Stadions
Das Karl-Liebknecht-Forum
Vom »Interhotel Potsdam« zum »Mercure Hotel Potsdam City«
Die Interhotels in der DDR
Übersicht der Interhotels in der DDR seit 1965
Das »Interhotel Potsdam« von 1967 bis 1989
Das Interhotel-Restaurant »Quick«
Beschreibung eines Urlaubsaufenthalts im Interhotel 1971
Von der politischen Wende zur Treuhand-Verwaltung 1990 bis 1992
Das »Mercure Hotel Potsdam« von 1992 bis heute
Die Perspektive des Hotels »Mercure« und des Lustgartens
Nachbetrachtung
Rezepte aus den Interhotels der DDR
Quellenverzeichnis
Bildnachweis
Index
„Dieses Hotel ist angesichts seiner Höhe nicht zu übersehen. Die Fassade ist nicht wirklich schön, dafür ist der Ausblick von den Zimmern umso grandioser. Ganz Potsdam liegt einem hier zu Füßen“, so die Beschreibung eines Gastes im Hotel »Mercure« in Potsdams Mitte.
Seit Jahren streitet Potsdam um das Hotel »Mercure«, ein Hochhaus aus den 60er-Jahren. Abriss-Befürworter des Hotelbaus meinen, er verschandelt das historische Stadtbild. Nach den zahlreichen Pro-Kontra-Debatten und Diskussionen über das »Interhotel Potsdam«, seiner Stellung und Perspektive, ist es an der Zeit, Licht hinter die Fassaden des Hochhauses im Stadtzentrum und seines Standortes, dem Lustgarten, zu bringen.
Es scheint erforderlich, sich mit der Geschichte der Entstehung dieses Hotels – von der Illusion in der DDR bis zur Gegenwart, objektiv auseinanderzusetzen.
Mit der vorliegenden Publikation soll dem Potsdamer, dem Zugezogenen Potsdamer aber auch dem Touristen gleichermaßen die Entstehungsgeschichte des »Interhotels Potsdam« im Lustgarten sowie der damit verbundene Bedarf der Architektur mit ihren Bauten aus der Zeit der ehemaligen DDR und zugleich des Erhalts dieser Bauten in der Gegenwart nahe gebracht werden.
Die erste Grünanlage, die es lange vor dem Park Sanssouci und anderen Anlagen in der Stadt gab, gehörte zum Stadtschloss der brandenburgisch-preußischen Kurfürsten und Könige.
So entstand um 1660 unter dem Großen Kurfürsten Friedrich Wilhelm von Brandenburg1 und der Federführung des Statthalters Johann Moritz von Nassau-Siegen die älteste Parkanlage Potsdams. Als Vorbild dienten die Gartenanlagen der Stadt Kleve, dessen Ensemble aus Park und Schloss viele Besucher anzog und begeisterte.
Analog zu diesem Ideal war der Lustgarten in Potsdam Teil des Ensembles aus Stadtschloss, Altem Markt und Havelufer, als ein in sich geschlossener Raum, der durch die offenen Ringer- sowie Havelkolonnaden leicht zugänglich blieb und dadurch Transparenz ausstrahlte.
Die Hauptachse des Lustgartens dehnte sich vor der Südseite des Schlosses, der sogenannten „Gartenseite“, bis zur Havel aus. Im Norden bildete der ausgedehnte Marstall eine Abgrenzung zur Stadt, während nach Westen hin eine Mauer die Soldaten am Desertieren hindern sollte. Hier befand sich bis Anfang des 18. Jahrhunderts die natürliche Stadtgrenze, denn dahinter begann das brache Sumpfland, wo sich Fischer in der Siedlung „Kiez“ niedergelassen hatten (heutiger Verlauf der Breiten Straße, stadtauswärts).
Der Soldatenkönig Friedrich Wilhelm I.2 ließ den Lustgarten als Exerzierplatz einebnen. Sein Sohn und Nachfolger Friedrich II. gestaltete die südliche Hälfte wiederum zu einem Stadtpark und errichtete die Ringerkolonnaden, während auf der verkleinerten Freifläche das Militär weiterhin exerzierte und paradierte. Nach dem Ausbau des Parkes Sanssouci, des Neuen Gartens und weiterer Potsdamer Parkanlagen (Babelsberger Park) im 19. Jahrhundert, verlor der Lustgarten seinen Status als zentraler Schlossgarten. Friedrich Wilhelm III.3 lenkte nun die Entwicklung der Gartenanlagen in Richtung öffentliche Parkanlage. Lange Zeit durch Boskette4 gegliedert, erfolgte ab 1829 eine Vereinfachung des Parks nach Plänen des Landschaftsarchitekten Peter Joseph Lenné5 zu Baumalleen und Heckenbepflanzungen. Das Neptunbecken, von Friedrich I.6 ursprünglich als Schiffsanleger geschaffen, wurde wegen der langsamen Fließgeschwindigkeit der Havel und damit einhergehend mit einer zunehmenden Versandung von ihr getrennt und so zu einem eigenständigen Bassin. Darüber hinaus trug auch der Bau der Berlin-Magdeburger-Eisenbahn dazu bei, den Lustgarten bei Fertigstellung der Bahn 1838 teilweise südlich von der Havel zu trennen. Nach ihrer Höherlegung Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Lustgarten ganz von der Havel abgeschnitten. 1885 stellte man ein Bronzestandbild des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelms I. von Carl Hilgers gegenüber dem Marstall an der Parkseite des Lustgartens auf. In dieser Form blieb der Lustgarten bis 1945 nahezu unverändert.
Abb. 1 - Der Lustgarten als Paradeplatz vor den Treppenaufgängen des Stadtschlosses, wo heute die Hauptverkehrsstraße durchführt, Aufnahme: Verlag I. Saalfeld Berlin, um 1900
Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte der Bau eines Sportstadions auf dem Platz des Lustgartens, wodurch dieser in seiner historischen Anlage großflächig zerfiel. Das unbeschädigte Denkmal Friedrich Wilhelms I. wurde demontiert und 1950 auf Anordnung der Brandenburgischen Landesregierung als Buntmetallschrott zusammen mit anderen Potsdamer Bronzestandbildern eingeschmolzen.7
Im Jahre 1960 kam es auf Initiative der SED im Zusammenhang mit der geplanten aber nie realisierten Errichtung eines Karl-Liebknecht-Forums innerhalb des neuen sozialistischen Stadtzentrums zu weiteren einschneidenden Veränderungen. Das schmiedeeiserne klassizistische Gitter, das den Lustgarten nach Westen abschloss, wurde entfernt und später eingeschmolzen, das noch erhaltene Neptunbassin mit der kaum beschädigten Neptungruppe zugeschüttet und das 1945 ausgebrannte Stadtschloss gesprengt und abgetragen.8
In den Jahren von 1966 bis 1969 erfolgte der Bau des Interhotels, heute: Hotel »Mercure«. Die weniger beschädigten Stadtschlossteile wie die Ringerkolonnade, die einst das Stadtschloss mit dem Marstall (heute: Filmmuseum Potsdam) verband und ein Giebelrelief, Kapitelle9 und Putten10 des Schlosses fanden 1970 am unmittelbar zum Hotel angrenzenden, neu errichteten Hafen der Weißen Flotte ihren Platz.
Anlässlich der Bundesgartenschau 2001 wurde das Ernst-Thälmann-Stadion beseitigt und der Lustgarten in Anlehnung an die historische Architektur neu gestaltet. Die Ringerkolonnade und das Neptunbassin wurden restauriert, wobei nur ein kleiner Teil der ursprünglich dafür verwendeten Figuren wieder aufgefunden werden konnte. Es entstanden ein Stadtplatz und Gartenanlagen für Sportveranstaltungen und Erholung. Ebenso präsentiert sich nun am Havelufer eine vollständig erneuerte Schiffsanlegestelle mit Hafengebäude und Kaianlage sowie Gastronomie- und Servicebereichen, die einen Startpunkt für zahlreiche Ausflugsfahrten der „Weißen Flotte Potsdam“ ins umliegende Havelland erschließt.
Künstlerisch wertvolle Elemente des Karl-Liebknecht-Forums wurden übernommen. Die Ringerkolonnaden, die einst das Verbindungsglied zwischen Stadtschloss und Marstall darstellten, wurden schon zu DDR-Zeiten am Havelufer aufgestellt.
Ein Großteil des Lustgartens wurde speziell für Volksfeste, Jahrmärkte und Messen befestigt und erhielt als Untergrund helle Betonplatten.11
Damit entwickelte sich der Lustgarten als neu gestaltetes Gelände zwischen Havelufer und Filmmuseum zunehmend zu einem Veranstaltungsort verschiedenen Typus und erfreut sich bei vielen Menschen großer Beliebtheit. An seine frühere Funktion als Garten des Stadtschlosses erinnert heute nur noch sein Name. Sein eigentliches Bild verlor der Lustgarten damit endgültig, aber nicht seine Attraktivität, d.h. seine Anziehung für verschiedene Events und Aktivitäten. Erst durch die Bundesgartenschau 2001 kam der Lustgarten als Ganzes wieder in das Gedächtnis der Potsdamer zurück. Bis dahin hatte sich das Gelände in der Nachkriegsgeschichte im Wesentlichen in die Teile Ernst-Thälmann-Stadion, Karl-Liebknecht-Forum, Interhotel und Wilhelm-Külz-Straße (heute: Breite Straße), gegliedert.
1975, mit dem Bau der sechsspurigen Hauptverkehrsstraße B1 - der Wilhelm-Külz-Straße (heute: Breite Straße), die stadtauswärts in Richtung Westen nach