Ein lautes Ja zum Leben sagen! - Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf - E-Book

Ein lautes Ja zum Leben sagen! E-Book

Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf

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Beschreibung

Wir leben in einem der reichsten Länder, und doch sind so viele Menschen unzufrieden. Wir jammern, nörgeln und lästern und lenken damit unsere und die Energie unserer ganzen Gesellschaft in eine falsche Richtung. Was können wir dem entgegensetzen? Mechthild von Scheurl-Defersdorf zeigt wirksame Wege auf, wie Menschen aus der Endlosschleife des Jammerns und Nörgelns herausfinden und ein erfülltes und zufriedenes Leben führen können – mit positiver Wirkung auf die Umgebung, ob nun in der Familie, bei der Nachbarschaft oder am Arbeitsplatz. Der Schlüssel hierzu ist der bewusste Umgang mit der Sprache: mit dem Wortschatz, der Grammatik und dem Satzbau auf der Grundlage des erprobten Lingva Eterna Sprach- und Kommunikationskonzepts. So kann jeder lernen, ein lautes Ja zum Leben zu sagen.

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© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2020

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

eBook-Konvertierung: Arnold & Domnick, Leipzig

ISBN Print 978-3-451-60081-4

ISBN E-Book 978-3-451-81692-5

Inhalt

Einleitung

Es gibt viele Gründe, dankbar zu sein

Was wir haben und was unsere Großeltern und Urgroßeltern nicht hatten

Was unsere Vorfahren hatten und was wir nicht mehr haben

Und dennoch sind viele Menschen unzufrieden

Das chronische Nörgeln

Der Hang zum Jammern

Der Drang zum Schwarzmalen

Die arge Freude am Lästern

Sprachliche Begleiterscheinungen

Was macht Menschen unzufrieden?

Das Gefühl der Fremdbestimmung

Nicht dürfen und dafür müssen

Das macht man nicht!

Nicht wollen dürfen

Passivsätze sind ein Ausdruck von Abhängigkeit

Der Blick auf den Mangel schürt Unzufriedenheit

Das Gefühl, benachteiligt zu sein

Zu viele schlechte Nachrichten

Sind unzufriedene Menschen wirklich unzufrieden?

Trauer ist etwas anderes als Unzufriedenheit

Was bietet uns die Welt?

Freizügigkeiten und Wahlmöglichkeiten

Vielfalt und komplexe Strukturen

Unsicherheiten an vielen Ecken

Unsicherheiten im Beruf

Unsicherheiten für ältere und alte Menschen

Ratlosigkeit und der Gebrauch von „man“ und Konjunktiv II

Ist Unsicherheit nur eine persönliche Empfindung?

Macht

Macht, Ohnmacht und Machtmissbrauch

Macht und Ordnung

Vergleich und Konkurrenz

Müssen macht Druck

Neid und Gier

Kooperation und Synergien

Was bringen wir mit in diese Welt?

Neugierde und Entdeckungsfreude

Präsenz

Widerstandskraft

Ein starker Wille

Talente

Die Gabe der Sprache

Was erwarten wir von einem erquicklichen Leben – und was können wir dafür tun?

Daheim ist daheim

Jeder Mensch braucht Sicherheit und Schutz

Ein sicheres finanzielles Auskommen ist beruhigend

Eine erfüllte Partnerschaft

Der schützende Rahmen der Familie

Ein Freund ist ein Schatz fürs Leben

Eine gute Nachbarschaft ist ein Segen

Beruf und Berufung

Freude an sozialen und ökologischen Aufgaben

Abwechslung und Vielfalt

Was tun wir, um ein erquickliches Leben zu haben?

Teilen und Teilhabe an unserer Welt

Geben und Nehmen gehören zusammen

In Gang kommen – es braucht eine Grundaktivität

Aufgaben mit Freude übernehmen

Verantwortung in neuem Licht sehen

Die Pflicht mit neuen Augen sehen

Souveräner Umgang mit Hindernissen im Leben

Mit einer bejahenden Sprache Hindernisse überwinden

An der Wende – ein deutliches Ja zum Leben sagen

Präsenz entwickeln und zeigen

Gipfelglück

Der Irrtum des Multitasking

Präsent werden mit der Kraft der Sprache

Klar werden durch eine klare Sprache

Kurze, vollständige Sätze bringen Klarheit ins Denken und Handeln

Eine grundlegende Wertschätzung entwickeln

Aus der Ablehnung herausfinden

Auch andere Fehlhaltungen hinter sich lassen

Die Sehnsucht nach Wertschätzung

Mit der Sprache Wertschätzung zeigen

Lernen, sich zu freuen

Sich freuen statt sich ärgern

Sich freuen – wie geht das?

Grundvertrauen kann jeder entwickeln

Spiritualität und Religion

Was fangen wir mit der Unzufriedenheit an?

Was ist LINGVA ETERNA®?

Wir haben alles, was wir brauchen!

Körper, Seele und Geist

Tugenden sind Wegweiser für unser Leben

Reflexion und Dankbarkeit

Zufrieden sein und bleiben

Zufrieden sein – was heißt das?

Was macht mich zufrieden?

Das Geheimnis der Zufriedenheit

Was kann ich zur Zufriedenheit anderer beitragen?

Glossar

Zu den Autoren

Literaturhinweise

Einleitung

Wir sind beide im Ganzen glückliche Menschen. Doch auch wir ärgern uns manchmal: Wir stoßen uns an der Unzufriedenheit von so vielen Menschen in unserer Gesellschaft. Warum sind sie unzufrieden? In diesem Buch sind wir dieser Frage nachgegangen.

In unseren Gesprächen und in unseren Seminaren befassen wir uns viel mit der Struktur und dem Inhalt unserer Sprache. Wir wissen etwas von Wörtern und Sätzen; und wir denken über den Sinn von Negationen nach, die doch nur von dem leben, was sie leugnen wollen oder was jemand gerade abstreitet. Wir sind der Meinung, dass viele Menschen zu viel Konjunktiv II verwenden, wo es sich dabei doch um den Irrealis handelt. Uns ist aufgefallen, wie viele Menschen oft von ihrer Unzufriedenheit reden. Es ist, als ob sie sich das Leben schwermachen wollten. Doch – wollen sie wirklich unzufrieden sein?

Im Verlauf des Buches kommen wir zu dem Schluss, dass es keinen Grund zu Unzufriedenheit gibt. Dies stellen wir an zahlreichen konkreten Beispielen dar. Wir zeigen Wege auf, wie der Einzelne und auch die Gesellschaft als Ganzes aus der Unzufriedenheitsfalle herausfinden können. Das Instrument dafür ist eine klare und wertschätzende Sprache sowie eine entsprechende Grundhaltung in unserer Präsenz. Wir fördern und lehren eine solche Sprache mit unserem Lingva EternaSprach- und Kommunikationskonzept.

Dieses Buch nahm seinen Anfang in einem Gespräch, das Theodor und ich nach dem Ende eines Wochenendseminars auf dem Balkon seines Hauses führten. Die Teilnehmer waren schon abgereist. Bei der Schlussrunde hatten etliche betont, wie zufrieden und satt sie heimfahren. Die klare, wertschätzende Sprache sei für sie wie ein Türöffner zu einer anderen, zufriedenen Welt und Proviant für ihren weiteren Weg.

Wir genossen die Ruhe, die eingekehrt war, und schwiegen zufrieden. Da meinte Theodor spontan: Lass uns ein Buch schreiben – so viele Menschen sind unzufrieden. Da haben wir doch etwas zu bieten!

Diese Idee haben wir aufgegriffen und hatten damit den Arbeitstitel für unser neues Buch: „Unzufrieden!!“. Seitdem haben wir unsere Gedanken dazu in zahlreichen Gesprächen ausgetauscht und gemeinsam weiterentwickelt. Dabei haben wir unsere reichen Erfahrungen aus unseren Seminaren und Coachings sowie aus anderen Bereichen unseres Lebens einfließen lassen. Es war für uns eine neue und schöne Erfahrung, gemeinsam ein Buch zu schreiben und die Sichtweisen von uns beiden einzubringen. Bei unseren Seminaren und der Entwicklung von Lingva Eterna machen wir dies schon immer. Nun haben wir dies auch mit diesem Buch so gemacht. Wir haben gemerkt: Die Summe ist mehr als das jeweils Einzelne.

Möge unser Buch zur Zufriedenheit der Menschen und der Gesellschaft beitragen.

Es gibt viele Gründe, dankbar zu sein

Was wir haben und was unsere Großeltern und Urgroßeltern nicht hatten

Wir haben viele Annehmlichkeiten, die uns das Leben erleichtern und schöner machen. An viele haben wir uns gewöhnt und sie gehören ganz selbstverständlich in unser Leben. Wir finden sie in allen Lebensbereichen.

Dazu gehört für die Körperpflege und das Wohlbefinden die bequeme warme Dusche. Voraussetzung dafür ist das fließende warme und kalte Wasser im Haus. Die Mischbatterien erlauben uns, die ideale Wassertemperatur mit einem einzigen Handgriff einzustellen. Ebenso ist die Toilette in der Wohnung schon lange eine Selbstverständlichkeit geworden. Dabei sind die Klohäuschen draußen auf dem Hof noch gar nicht so lange her. Bei Regen oder Eis und Schnee war der Gang dorthin sicher oft eine Überwindung.

Wir haben es heute leicht, unsere Wohnungen und Häuser zu heizen. Durch das Einstellen des Thermostaten am Heizkörper können wir die Raumtemperatur fast mit einem Fingerschnipp regulieren. Das Schleppen von Kohle aus dem Kohlenkeller gehört der Vergangenheit an. Der Kamin mit seinem behaglichen Holzfeuer ist im Allgemeinen nur eine Ergänzung zur Hauptheizung und dient vor allem der Gemütlichkeit.

Vielerlei elektrisch betriebene Geräte bringen uns weitere Erleichterungen. Diese technischen Helfer gehören fest zu unserem Alltag. Die Waschmaschine hat schon lange das Waschbrett ersetzt, und die Zeitschaltuhren bringen eine zusätzliche Bequemlichkeit. Der Staubsauger mit all seinen Finessen lässt die Teppichstangen und das Ausklopfen der Teppiche in den Hinterhöfen vergessen. Die Spülmaschine ist ebenso selbstverständlich geworden. Sie erledigt den Abwasch wie nebenbei und lässt die Küche schnell wieder aufgeräumt aussehen. Noch viele weitere Geräte machen das Leben angenehm: der Pürierstab, die Saftpresse, das Radio, der CD-Spieler anstelle des alten Grammophons mit den zerbrechlichen Schellackplatten und vieles mehr. Die Liste ließe sich fast unendlich erweitern.

Wir können mit Hilfe der modernen Medien auch über Distanzen hinweg leicht mit anderen Menschen im Austausch sein und den Kontakt zu ihnen pflegen.

Auch im Gesundheitswesen gab und gibt es enorme Fortschritte in der Diagnostik und Therapie. Die bildgebenden Verfahren mit Computertomographie und Kernspintomographie haben die Diagnostik revolutioniert. Dank dieser Fortschritte bekommen heute viele Menschen Hilfe, die sie noch vor ein oder zwei Generationen nicht bekommen konnten. Noch eine wesentliche Errungenschaft im medizinischen und sozialen Bereich sind der angstfreie Sex mit der Pille und Kondomen sowie die Verhütung und Planung von Schwangerschaften.

All diese Errungenschaften der letzten Jahrzehnte machen uns das Leben leichter und schöner. Wer sich diese vielen Annehmlichkeiten schon morgens beim Aufstehen immer wieder neu bewusst macht, kann sich schon gleich am Morgen daran erfreuen.

Wir haben noch etwas, was unsere Großeltern und Urgroßeltern nicht hatten. Es ist etwas ganz Wesentliches und Großartiges: Wir leben im Frieden! Was für ein großes Geschenk unserer Zeit! Das allein ist ein Grund, zutiefst dankbar zu sein. Wir haben alle ein Dach über dem Kopf und können uns jeden Tag satt essen. Es gilt, den Frieden zu sehen und als Geschenk zu erkennen. Diese Sichtweise macht dankbar und froh.

Wir haben alle freien Zugang zu Bildung. Auch das ist ein Geschenk unserer Zeit und ist durch den Frieden möglich. Wir können uns in Europa dank der offenen Grenzen frei bewegen und weitgehend mit nur einer einzigen Währung reisen. Die Vielzahl der Geldbeutel für die unterschiedlichen Landeswährungen bei einer Reise ist Geschichte.

Wir können mit Leichtigkeit lange Wegstrecken zurücklegen. Das Auto hat uns allen eine große Freiheit beim Reisen beschert. Wir können ins eigene Auto steigen und uns allein oder gemeinsam mit anderen auf den Weg machen. Damit haben wir eine große Mobilität gewonnen. Das Auto ist für den Weg in die Arbeit ebenso bequem wie für einen Ausflug. Es hat auch das Einkaufen einfacher gemacht. Das Schleppen von schweren Taschen und Körben entfällt damit weitgehend. Auch das Bahnfahren ist leicht und schnell geworden. Mit dem ICE dauert die Fahrt von Nürnberg nach München statt zwei Stunden nur noch eine Stunde. Flugreisen eröffnen uns schier unermessliche Möglichkeiten.

Unsere Großeltern und Urgroßeltern hätten unseren modernen Alltag zu ihrer Zeit wahrscheinlich als ein Schlaraffenland mit fast paradiesischen Möglichkeiten gesehen. Sie würden sich vermutlich staunend die Augen reiben und noch ein zweites und drittes Mal hinschauen, um zu sehen, ob sie vielleicht nur träumen. Es wäre für sie wie eine Zauberwelt.

Jede einzelne dieser vielen dazugewonnenen Annehmlichkeiten ist für uns ein Grund zu Dankbarkeit und großer Freude. Es braucht freilich ein Bewusstsein für sie. Nur dann können wir alle diese Annehmlichkeiten als solche sehen und wahrnehmen. Sie geben uns schier grenzenlose Möglichkeiten, das Leben uns und anderen angenehm zu gestalten – jeden Tag neu. Was für großartige Möglichkeiten sich daraus für jeden Einzelnen und auch für die ganze Gesellschaft ergeben!

Was unsere Vorfahren hatten und was wir nicht mehr haben

Bislang haben Theodor und ich von den Errungenschaften der letzten Jahrzehnte gesprochen. Dabei haben wir nur eine kleine Auswahl von den vielen erfreulichen Neuerungen und Entwicklungen genannt, die es in dieser Zeit gab. Uns geht es darum, den Blick auf all das zu lenken, was wir haben und was unsere Großeltern und Urgroßeltern nicht hatten.

Lassen Sie uns die Entwicklungen auch aus einem zweiten Blickwinkel betrachten: Es ist nicht nur Neues dazugekommen. Wir haben auch manches ganz oder zumindest beinahe verloren. Etliches davon können wir bewusst wiederbeleben und neu nutzen oder auch in gewandelter Form neu erschaffen.

Jeder Mensch war ganz selbstverständlich in eine Gemeinschaft eingebettet. Das galt für die eigene Familie und die erweiterte Großfamilie ebenso wie für das rege Vereinsleben. Die Gemeinschaft zählte viel und gab Sicherheit und Orientierung.

Die Menschen verfügten damals über einen großen Reichtum an Ideen, die gemeinsame Zeit gut zu gestalten. Sie haben viel gesungen und kannten etliche Lieder auswendig, auch mit sämtlichen Strophen. Das waren teils Arbeitslieder, die sie zu ihrer Arbeit gesungen haben, und ansonsten haben sie in der Familie miteinander gesungen: einstimmig, mehrstimmig und im Kanon. Neben einem lebendigen Liedgut kannten sie viele Gedichte auswendig. Sie haben sie bei vielen Gelegenheiten des Alltags vorgetragen und auch selbst etwas gedichtet.

Meine Mutter hat mir begeistert von Scharaden erzählt, die sie sich als junge Frau oft mit ihren Freundinnen ausgedacht und dann aufgeführt hatten. Scharaden sind eine Art Improvisationstheater. Je ein bis drei Mitspieler bekamen Blätter mit darauf geschriebenen Wörtern. Daraus machten sie spontan eine pantomimische Darstellung. Die anderen Freundinnen haben sich dabei vor Lachen gebogen, und alle hatten enorm viel Spaß. An anderen Tagen haben sie gemeinsam Handarbeiten gemacht, und eine hat ihnen aus einem Buch vorgelesen. Oder sie haben gemeinsam eine Geburtstagsüberraschung vorbereitet und sich ein Theaterstück ausgedacht. Auch vielerlei Schreib- und Denkspiele füllten die Mußestunden, regten die Phantasie an und machten allen Beteiligten Freude.

Kinder haben von klein auf Gruppen erlebt. Sie waren bei den Erwachsenen dabei und bildeten mit ihren Geschwistern und auch mit anderen Kindern ihrer Straße oder ihres Dorfs eine Gruppe. Sie schauten aufeinander und nahmen kleinere Kinder ganz selbstverständlich mit. Ihre Eltern wussten sie alle in der Gruppe gut aufgehoben.

Die Kinder konnten durchs ganze Dorf ziehen oder ein Stück in den Wald gehen. Es gab kaum Verkehr. Jeder im Dorf kannte die Kinder und schaute mit auf sie. So waren sie bei ihren Streifzügen und Spielen in Sicherheit. Dies gab ihnen viel Freiheit und stärkte ihr Selbstbewusstsein und ihre Eigenständigkeit.

Sie hatten viele Gelegenheiten, ihre Geschicklichkeit zu üben. Dafür genügten ihnen wenige Spielsachen – mehr gab es auch nicht. Sie spielten gemeinsam oder abwechselnd mit Bällen, Murmeln, selbst gebastelten Stelzen und wenn es hoch kam mit einem Fahrrad für mehrere. Ihr Reichtum war woanders: Sie hatten einen großen Wissensschatz. Die Generation meiner Großeltern kannte noch über 170 Spiele mit festen Namen und Spielregeln. Dafür brauchten sie nichts außer Mitspieler. Bei diesen Spielen lernten sie ganz nebenbei Regeln und Sozialverhalten, übten ihre Konzentration und immer und immer wieder ihre Körpergeschicklichkeit. Heute kennen Kinder gerade einmal fünf bis sieben solcher Spiele. Da hat sich viel geändert.

Mein „Knaurs Spielbuch“ aus dem Jahr 1953 enthält allein elf für Eis und Schnee. Interessant sind dabei auch die Hinweise für die Anzahl der erforderlichen Mitspieler. Für die „Polarexpedition“ im eigenen Dorf waren 15 Spieler erforderlich. Die Kinder sind gerne und viel hinausgegangen. Sie waren bei Wind und Wetter draußen, bei Regen und bei Sonnenschein, bei Kälte und bei Wärme. Sie hatten viel Gelegenheit, die Welt mit allen Sinnen zu erfahren. Und sie hatten immer die Möglichkeit, spontan andere Kinder zum Spielen zu finden.

Heute wissen wir, dass umfassende und häufige Sinneserfahrungen sowie eine gut entwickelte Körpergeschicklichkeit grundlegende Voraussetzungen sind für Lesen, Rechnen und Schreiben. Die Sinneserfahrungen, die unsere Großeltern und Urgroßeltern als Kinder reichlich machen konnten, bekommen Kinder heute nur bei einer achtsamen Auswahl der Möglichkeiten durch ihre Eltern und pädagogischen Einrichtungen mit – und da nur in einem vergleichsweise geringen Umfang. Dazu gehört beispielsweise, dass Eltern ihre Kinder auch bei Wind oder Regen zu Fuß in die Schule gehen lassen und sie nicht gleich mit dem Auto fahren. Mit dem abgeschirmten Sitzen im Auto nehmen sie ihnen wichtige Sinneserfahrungen und auch Eigenständigkeit.

Es ist wichtig, dass Eltern von diesen Zusammenhängen und Auswirkungen erfahren und dass sie sie in ihrer großen Tragweite erfassen. Dann werden sie ihren Kindern die entsprechenden Lernerfahrungen ermöglichen. Auch wenn sie ein Auto haben und sich und den Kindern vieles ganz bequem machen können, heißt das noch lange nicht, dass sie ihr Auto für alles und jedes einsetzen. Zum bewussten Umgang mit dem Auto gehört, dass sie es hier und da stehen lassen und auch bei Wind und Wetter einmal zu Fuß gehen. Dabei können die Kinder wesentliche Sinneserfahrungen sammeln. Diese gehören zu den wesentlichen Voraussetzungen für leichtes Lernen in der Schule.

Die jetzt alten Menschen in unserer Gesellschaft können uns etwas davon erzählen, was sie als Kinder und junge Erwachsene gelernt haben, und uns etwas davon zeigen und beibringen. Vieles davon ist auch in der heutigen Zeit anwendbar. Wir können daran anknüpfen und das eine oder andere wieder hervorholen und ihm in angemessener Weise bewusst Raum geben. Wir haben so viele Möglichkeiten! Es ist eine Frage der Klugheit und auch der Lebensfreude, die alten Schätze zu bergen und unser aller Leben zu bereichern!

Und dennoch sind viele Menschen unzufrieden

Obwohl es uns in unserer Zeit so gut geht, sind viele Menschen unzufrieden. Sie haben so viel Grund, zufrieden zu sein. Doch scheinen sie dies nicht zu sehen. Sie sind missgestimmt und übellaunig, sehen überall eher den Mangel als die Möglichkeiten; und jedes halbvolle Glas ist in ihren Augen halbleer.

Wir alle kennen solche Menschen. Sie sind mühsame Mitmenschen. Am Arbeitsplatz drücken sie die Stimmung, und in der Familie und Nachbarschaft ist es ähnlich. Woran können wir sie erkennen?

Das chronische Nörgeln

Die Unzufriedenheit kann viele Gesichter haben. Da sind zum Beispiel die chronischen Nörgler. Sie nörgeln und nörgeln und haben an allem Möglichen etwas auszusetzen. Es genügt nicht, den einen von ihnen genannten Missstand zu beheben – sie nennen gleich etwas anderes, das ihnen auch nicht passt. Das Nörgeln wird bei ihnen zur Chronik ihres Lebens. Es ist chronisch und prägt ihre Lebensweise.

Michaela

Michaela ist eine solche chronisch nörgelnde Frau. Sie ist Ende 30, verheiratet und hat zwei gesunde Kinder. Sie hat ein stets wiederkehrendes Verhaltensmuster: Wenn ihre Nachbarin Margit ihr bei einem kurzen Plausch über den Zaun sagt, dass die Sonne so schön scheint, dann sagt sie, dass die Sonne nicht mehr lange scheint, weist dann auf den für den Nachmittag angesagten Regen hin und findet ihn sogar jetzt schon schrecklich. Und wenn Margit Michaela nach dem Kindergeburtstag vom letzten Wochenende fragt, dann erfährt sie, wie chaotisch er war und dass sich eines der eingeladenen Kinder gar nicht benehmen konnte. Michaela nennt immer etwas, was sie stört. Sie hat an allem und jedem etwas auszusetzen. Es ist für sie normal, so zu antworten. Andere Antworten gibt es bei ihr nicht.

Florian

Auch Florian ist ein Mensch, der viel nörgelt. Er ist Ende 60 und alleinstehend. Ihn stört vieles, und das sagt er jedem, mit dem er ins Gespräch kommt: „Hier gibt es jetzt so viele Autos. Das ist furchtbar. Die Leute haben zu viele Autos. Das geht nicht. Sie sollen mit dem Bus fahren. Da müssten die Politiker oder die Leute von der Stadt eingreifen.“ Das Nörgeln geht von da nahtlos weiter zum Bier und gleich zu den Brötchen, die früher alle besser geschmeckt haben. Auf seinem Weg geht er halblaut schimpfend weiter. Ihn stört gerade wieder irgendetwas, was aus der Sicht eines anderen belanglos wäre.

Ebenso wie bei Michaela ist das Nörgeln bei Florian eine Gewohnheit geworden. Sie haben es sich angewöhnt. Ihre Unzufriedenheit hat keinen konkreten, ernst zu nehmenden Anlass. Sie ist bei beiden mit der Zeit zu einer Grundeinstellung geworden.

Auch Kinder nörgeln manchmal. Sie sind dann in diesem Augenblick unzufrieden. Jedoch verliert sich das bei ihnen nach kurzer Zeit, und sie spielen wieder munter und lachen.

Im Bayerischen und Österreichischen gibt es einen eigenen Ausdruck für die Nörgler: Es sind die Grantler. Das Wort „Grantler“ ist verwandt mit dem Adjektiv „grantig“ und mit dem „Grant“. Wenn jemand grantig ist, dann ist er auf jemanden oder wegen einer konkreten Sache grantig. Der Grant ist wieder weg, sobald die Angelegenheit in Ordnung ist oder derjenige sich mit der Situation abgefunden hat. Anders ist es mit den Grantlern. Sie sind Menschen, die gewohnheitsmäßig granteln.

In dem mundartlichen „Grantler“ schwingt etwas Wohlwollendes mit: Der Sepp oder die Lisa ist eben ein Grantler. Solche Menschen gibt es, und es braucht Liebe, Humor und Kreativität, um mit ihnen zurechtzukommen.

Robert überwindet das Granteln mit Humor

Robert erzählte uns eine solche Geschichte von seinem betagten Vater, den er ausdrücklich als einen alten Grantler bezeichnete. Er hatte ihm eine vierwöchige Autoreise zu zweit in dessen alte Heimat geschenkt. Der Vater nahm dieses Geschenk mit Freude an, und so fuhren die beiden Männer los. Robert merkte bald, dass er trotz allen guten Willens das andauernde Granteln seines Vaters nicht vier Wochen lang so ohne Weiteres aushalten würde. So kam er auf eine Idee und führte zweimal am Tag eine Lächel-Übung ein. Dafür brauchte er einen Spiegel. Der Vater sollte fünf Minuten lang so in den Spiegel lächeln, dass seine Zähne zu sehen waren. Zu seiner großen Überraschung ließ er sich darauf ein – er saß vor dem Spiegel und grinste hinein und hatte zunehmend Spaß daran. Die Übung fruchtete! Sie hatten beide ihre Freude, und der Vater lächelte auch ohne diese Übung mehr als sonst. So konnten Vater und Sohn diese Reise in guter Stimmung durchführen.

Nach der Rückkehr hat der Vater diese Idee seiner Frau mit nach Hause gebracht und sie haben diese Übung in ihren Alltag eingeführt. Sie hat dann beiden gutgetan! Als sie das ihrem Sohn erzählten, hat er sich gleich noch einmal gefreut.

Der Hang zum Jammern

Auch häufiges Jammern gehört zu den möglichen Erscheinungsformen der Unzufriedenheit. Das Jammern ist etwas anderes als das Nörgeln und Granteln. Das Jammern ist kläglich und wirkt so, als ob die jammernde Person Zuspruch und Bestätigung ihrer Ansichten suchte. Sie fühlt sich als Opfer. Die anderen oder die Umstände sind an ihrem Missbefinden schuld.

Es gibt Menschen, die viel jammern. Sie jammern über alles Mögliche. Sie jammern beispielsweise, dass ihre Freundin oder die Kinder sie nur so selten anrufen, dass die neu eingerichtete Bushaltestelle vor ihrem Haus Unruhe bringt und dass ihr Lieblingsladen eine bestimmte Teesorte nicht ins Sortiment aufgenommen hat, obwohl der- oder diejenige dort diesen Wunsch ganz klar geäußert hat. Ihre Erwartungen an andere sind oft übertrieben. Obendrein erwarten solche Menschen, dass stets die anderen etwas ändern. Sie von sich aus bleiben bei ihrem Jammern.

Elke

Ich nenne Ihnen ein Beispiel. Elke ist eine Dame Ende 50. Sie sieht in ihrem nahen Umfeld und in der ganzen Gesellschaft nur beklagenswerte Entwicklungen und jammert darüber. Das macht sie oft. Sie jammert über die politische Entwicklung, sie jammert, dass die Bank ihre Filiale im Ortsteil schließt, dass der Verkehr so zugenommen hat und dass der Sohn des Nachbarn beim Klavierspielen oft ewig die gleichen Passagen übt, bis er sie endlich kann. Das langweilt sie. Sie findet, der Bub solle gefälligst ordentlich spielen, alles andere sei eine Zumutung.

Ihr Jammern ist regelrecht ein Spiel. Mit ihm füllt sie ihre Gespräche und mit Sicherheit auch ihre Selbstgespräche. Sie macht sich selber vor, dass sie selbst gar nichts ändern kann, und vermutlich will sie auch gar nichts ändern. Wenn andere ihr einen Weg aufzeigen wollen, was sie tun kann, dass es ihr besser geht, dann genießt sie kurzfristig diese Zuwendung. Ansonsten bleibt sie bei ihrem Jammern und bekommt damit Aufmerksamkeit.

Das substantivierte Verb „Jammern“ leitet sich ab von dem Substantiv „Jammer“. Doch ist ein Jammer etwas ganz anderes als das Jammern. Das Wort hat ursprünglich eine lautmalende Bedeutung. Es beschreibt das Schluchzen und Weinen von tieftraurigen Menschen.

Der Jammer gehört zum großen Kummer und Herzeleid. In ihrem Kummer und Herzeleid brauchen Menschen Beistand und Zeit für ihre Trauer. Sie weinen und klagen und trauern, bis sie nach einer gebührenden Zeit die Trauer hinter sich lassen können. Zum Trocknen ihrer Tränen brauchen sie ein Tüchlein. Das nannte man früher Jammerlappen. Dieses Wort kam Anfang des 20. Jahrhunderts auf und hatte diese Bedeutung.

Der „Jammer“ ist etwas Bedauerliches oder Schlimmes, das geschehen ist. Dann können wir sagen: Das, was geschehen ist, ist ein Jammer! Dies kann ein Unglück sein oder auch der Verlust von etwas, was uns kostbar ist, zum Beispiel: „Es ist ein Jammer, dass die kleine, feine Druckerei dem Druck der Konkurrenz nicht standgehalten hat und schließen musste. Sie haben dort so schöne Sachen gemacht!“

Das Wort „Jammerlappen“ änderte mit der Zeit seine Bedeutung. Heute ist es eine abfällige Bezeichnung für jemanden, der verweichlicht ist und wegen minimaler Anlässe jammert. Solche Jammerlappen sind lästig. Dabei kommt mir ein Büchlein in den Sinn, das mir einmal eine Seminarteilnehmerin mit einem Lachen überreicht hat. Es ist eine humorige Anleitung für den Umgang mit Jammerlappen. Dieses Büchlein enthält eine Strickanleitung für Jammerlappen mitsamt einer Abbildung einer Strickarbeit mit Stricknadeln: Eins rechts, eins links, eins fallen lassen. Das ist natürlich Spaß.

Der Drang zum Schwarzmalen

Beim Jammern geht es um Situationen, die in der Vergangenheit waren, oder um solche in der Gegenwart. Beim Schwarzmalen geht es dagegen um die Zukunft. Es ist sozusagen ein Jammern in die Zukunft hinein.

Es kann sich auf jegliche Situation im beruflichen und privaten Leben beziehen. Dabei stellen Menschen sich alle möglichen düsteren Entwicklungen in lebhaften Farben vor. Sie malen sich aus, was alles Schreckliches passieren kann, und befassen sich intensiv mit diesen bedrohlichen Phantasien. Dabei können sie große Ängste entwickeln.

Julia

Julia ist eine Frau Anfang 40, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie kennt das Schwarzmalen aus ihrer Familie von klein auf. Jeder machte es bei ihnen so. Schon ihr Vater hatte der Familie immer gesagt, was hoffentlich alles nicht passiert. Wurde ein Nachbar operiert, so sagte er: „Hoffentlich fängt er sich keinen Krankenhauskeim ein!“ Und wenn sie im Garten einen Baum pflanzte, dann sagte er: „Hoffentlich geht er nicht ein. Ihr habt so viele Wühlmäuse! Die fressen alle Wurzeln kurz und klein!“ Auch sie selber stellte sich immer als Erstes vor, was alles schiefgehen kann, und sorgte sich dann tage- und nächtelang. Dabei ging es um ihre Kinder, ihren Mann, ihre Geschwister, ihren Beruf oder ihren Garten. Alles und jedes war geeignet, ihren Drang zum Schwarzmalen zu aktivieren.

Durch die schrecklichen Vorstellungen war sie weit davon entfernt, zufrieden zu sein. Gleichzeitig gaben ihr die schlimmen Phantasien eine merkwürdige Entlastung. Sie meinte, dass sie am Ende nicht enttäuscht sein könnte. Denn schlimmer als in ihren Phantasien konnte es ja kaum kommen.

Dann lernte sie Lingva Eternakennen. Sie erkannte, dass jedes Wort wirkt. Ihr wurde bewusst, was sie sich und ihrer Familie mit dem andauernden Schwarzmalen antat, und wachte regelrecht auf. Sie hat einen neuen Weg gefunden, mit den Herausforderungen des Lebens umzugehen. Sie begann sich vorzustellen, dass es eine gute Lösung geben wird. Das Schwarzmalen hat sie nun schon lange hinter sich gelassen. Am Anfang war gelegentlich noch ein Impuls da, wieder damit anzufangen. Doch hat sie es zunehmend sein lassen. Dann hörte mit der Zeit auch dieser innere Drang zum Schwarzmalen auf.

Die arge Freude am Lästern

Das Lästern ist weit verbreitet. Menschen stehen oder sitzen zusammen und tauschen sich abfällig über eine abwesende Person aus. Sie kennen sie alle, machen Bemerkungen über sie und machen sich womöglich über sie lustig. Es fehlt dabei jegliche Wertschätzung. Sobald diese Person in Sichtweite kommt, wechseln sie schnell das Thema.

Das Lästern ist eine außerordentlich respektlose Verhaltensweise und obendrein feige. Menschen, die lästern, scheuen die offene und ehrliche Auseinandersetzung mit der Person, über die ein Einzelner oder auch mehrere gerade abfällig sprechen.

Ich kenne das aus früheren Zeiten, als ich mit anderen Müttern nach dem Beginn des Kindergartens noch gemeinsam vor dem Kindergarten stand und wir miteinander redeten. Auch ich redete gern mit den anderen Müttern. Meistens waren es schöne Gespräche. Doch gab es auch Lästerrunden. Wir sagten dann, was wir von den einzelnen Erzieherinnen oder anderen Eltern oder Kindern hielten. Sobald die Erste eine kritische oder gar etwas abfällige Bemerkung machte, schlossen sich schnell andere an und machten mit. Ein Wort ergab das andere. Die eine sagte etwas zur Frisur, die sie schrecklich fand, und die nächste zur Figur und gab gleich eine Empfehlung ab, die diejenige Person beachten sollte, ohne irgendwelche Hintergründe und Zusammenhänge zu kennen. Wieder die Nächste äußerte sich zur Kleidung, die sie nicht mochte.