Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Worte sind machtvoll: Sage ich das, was ich wirklich meine? Oder transportiere ich mit meinen Worten, meinem Satzbau und meiner Körpersprache gegenteilige Botschaften? Oder unklare? Der Alltag geht leichter von der Hand, wenn Denken, Fühlen und Handeln im Einklang sind. Mit vielen Beispielen, Tipps und Übungen, die Spaß machen. »Ich wünsche allen Lesern und Leserinnen, dass sie mit neuen Augen auf ihre Sprache sehen. Mit der Sprache fängt die Verwandlung des Einzelnen, aber auch der Gesellschaft an. So wünsche ich, dass ein neues Bewusstsein für unser Sprechen die Sprache unserer Gesellschaft wandelt und so unsere Welt heller, menschlicher und liebevoller macht.« Anselm Grün
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 296
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Überarbeitete Neuausgabe 2022
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2008, 2016 und 2022
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlaggestaltung und -motiv: Reingold GmbH, Nürnberg
Konvertierung: Arnold & Domnick, Leipzig
Lingva Eterna ist eine eingetragene Marke
ISBN Print 978-3-451-03391-9
ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-82876-8
Vorwort
1Einleitung
Was ist Lingva Eterna?
2Sprache neu erleben
Entdecken Sie Ihre Muttersprache neu
Wissen Sie wirklich, was Sie sagen?
Die Satzmelodie ist verräterisch
Überwinden Sie Ihr Grammatik-Trauma!
Die Etymologie eröffnet neue Blickwinkel
Sprache hat auch etwas mit Sprechen zu tun
3Sprache in alltäglichen Situationen
So stellen Sie den Kontakt sicher her: die drei A
Wie bestellen Sie Essen?
Wie melden Sie sich am Telefon?
Einkaufsfreuden
Wie fragen Sie in einer fremden Stadt nach dem Weg?
Komplimente machen und annehmen
Was ein alltäglicher Bericht alles zeigt
Wie danken Sie für ein Geschenk?
4Sprache und Lebensthemen
Lassen Sie die Hetze bewusst hinter sich
Gewalt in der Alltagssprache erkennen und wandeln
Krieg und kriegen in der Alltagssprache
Der Körper meldet sich zu Wort
Vom Suchen und Finden
Die Ahnen klopfen an
Voller Name – volle Kraft
5Sprache und Wert
Der „Wert“ in der Alltagssprache
Wie sagen Sie „Wert“?
Bewerten – was ist das?
Ehrlich und unehrlich
Die Treue in der Alltagssprache
Achtung: Achtung!
Ausklang
Anhang
Kontaktadresse
Literaturhinweise zum Lingva Eterna Konzept
Das Buch
Die Autorin
Von Anselm Grün
Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf hat in zahlreichen Kursen – viele davon hielt sie in unserem Haus Benedikt in Würzburg – die Menschen behutsam auf ihre Sprache aufmerksam gemacht. Sie hat ihnen gespiegelt, wie sie sprechen und mit welchen Worten sie ihre innere Haltung verraten. Sie hat ihnen aufgezeigt, dass manche Redewendungen und Worte auf alte Verletzungen hinweisen und dass sie sich mit solchen Worten von der eigenen Kraft abschneiden. Und sie hat den Teilnehmern und Teilnehmerinnen bei ihren Kursen geholfen, für sich eine Sprache zu finden, die ihrem Wesen entspricht und die sie in ihre eigene Kraft kommen lässt.
„Deine Sprache verrät dich ja“, sagen die Leute im Vorhof des Hohenpriesters zu Petrus. (Mt. 26,73) Im Griechischen heißt es hier: Dein Sprechen offenbart dich. Dein Sprechen zeigt deutlich, wer du bist. Petrus reagiert heftig. Er verleugnet seine Sprache, verflucht sich selbst und verrät Jesus. Unsere Sprache verrät uns, das zeigt dieses Beispiel sehr eindrücklich. Wie wir sprechen, welche Worte wir benutzen, in welchem Tonfall wir reden, all das verrät unsere Seele. In Firmen wird oft eine kalte Sprache gesprochen. Eine kalte, unpersönliche Sprache verschließt die Zuhörer. Niemand möchte sich an der Kälte des Sprechenden erkälten. Wenn manche Menschen zu reden beginnen, hört man sofort das Vorwurfsvolle oder das Bewertende heraus. Unsere Sprache verrät uns. Aber umgekehrt gilt auch: Wenn wir unsere Sprache verleugnen, wenn wir sie nicht achtsam und voller Wertschätzung sprechen, dann verraten wir uns selbst. Wir verfluchen uns dann selbst. Wir sprechen dann negative Worte gegen uns selbst, die uns schaden und uns von unserem wahren Selbst entfernen. Unsere Sprache drückt dann unsere innere Entfremdung aus.
In ihrem Buch „In der Sprache liegt die Kraft. Klar reden, besser leben“ beschreibt Mechthild R. von Scheurl-Defersdorf einfühlsam, welche oft unbewussten Redewendungen unser Sprechen prägen. Und sie lädt uns ein, mit einem anderen Sprechen unsere innere Verfassung zu verwandeln und so authentischer zu werden. Authentisch kommt von „autos“. „Autos“ ist für die stoische Philosophie das innere Heiligtum des Menschen, sein wahres Selbst, sein innerster Kern. Wenn wir mit diesem wahren Selbst in Berührung sind, dann sprechen wir aus unserem Herzen, dann werden unsere Worte echt und stimmig. Aber es gilt auch: Wenn wir auf unsere Sprache achten, wenn wir eine Sprache einüben, wie sie unserem Wesen entspricht, dann führt uns unser Sprechen zu unserem wahren Selbst, zum inneren Raum, in dem wir bei uns selbst zuhause sind.
So wünsche ich allen Lesern und Leserinnen, dass sie mit neuen Augen auf ihre Sprache sehen. Es geht nicht darum, sich in seinem Sprechen zu kontrollieren. Sonst würden wir es gar nicht mehr wagen, zu sprechen. Wir sollen uns selbst in unserer Sprache nicht verurteilen. Wir sollen uns bewusst werden, wie wir sprechen, und mit einem Wohlwollen uns selbst gegenüber behutsam ein anderes Sprechen einüben. Dann werden wir die Wohltat und die heilende Kraft der Sprache für uns entdecken. Und wir tragen dazu bei, dass auch die Menschen um uns herum anders zu sprechen beginnen. Mit der Sprache fängt die Verwandlung des einzelnen, aber auch der Gesellschaft an. So wünsche ich, dass ein neues Bewusstsein für unser Sprechen die Sprache unserer Gesellschaft wandelt und so unsere Welt heller, menschlicher und liebevoller macht.
Wir leben in einer Zeit, in der Kommunikation und eine gute Vernetzung von außerordentlicher Bedeutung sind. Dank einer hochentwickelten Technik können wir große Mengen an Daten in Sekunden über den ganzen Erdball senden und empfangen. Darin liegt eine große Chance – und eine große Herausforderung. Es ist für den Empfänger entscheidend, dass er aus dieser verfügbaren Menge an Informationen die jeweils für ihn richtige und wichtige zur rechten Zeit erhalten und mit dieser möglichst effizient umgehen kann. Nur dann ist die große Datenmenge ein Gewinn.
Je klarer und verständlicher die jeweiligen Informationen sind, desto leichter ist die Auswahl und desto leichter ist es für den Empfänger, sich diese zu merken und damit etwas anzufangen. Derjenige wird sich in einer Informationsgesellschaft am leichtesten tun, der mit dem Gut Information am effizientesten umgeht.
Und doch bleiben zu viele wertvolle Informationen durch Fehler in der Kommunikation auf der Strecke. Missverständnisse und Fehlinformationen beeinträchtigen den fruchtbaren Austausch in privaten und beruflichen Situationen.
Mit der stetig wachsenden Quantität an gesprochener und geschriebener Sprache ist die Qualität der täglichen Sprache in den Hintergrund getreten. Das Wort Qualität kommt von dem lateinischen „qualis“ und benennt die Art und Weise, das „Wie“. Die deutsche Sprache gilt als die Sprache der Dichter und Denker. Tatsächlich verfügt sie über ein außerordentlich reiches Ausdrucksvermögen im Hinblick auf Wortschatz, Wortbildung und Grammatik. Mit ihr sind feine, differenzierte Darstellungen und Betrachtungen möglich. Die Sprache ist mit der Zeit in erster Linie ein Mittel zum Zweck der Weitergabe von Informationen geworden. Das Gefühl für Sprache und der differenzierte Ausdruck sind mit der Quantität und der Schnelligkeit des Informationsaustauschs in den Hintergrund getreten, ja teilweise sogar verloren gegangen. Diese Entwicklung hat sich in den letzten Jahren stark beschleunigt.
Gemessen an ihren Eltern oder gar Großeltern haben die mittlere und die junge Generation einen vergleichsweise geringen, wenig differenzierten Wortschatz. Der aktive Wortschatz ist ebenso stark zurückgegangen wie der sichere Umgang mit Grammatik und Satzbau. Erzieher, Grundschullehrer, Lehrer an weiterführenden Schulen und Ausbilder können davon berichten, und auch Weiterbildern in den verschiedensten Bereichen von Wirtschaft, Pädagogik und Medizin ist diese bedauerliche Entwicklung bekannt.
Es lohnt sich, neben der Quantität auch der Qualität der Informationen Aufmerksamkeit zu schenken. Die Auswirkungen eines geringen Wortschatzes und einer schwachen Grammatik reichen weit und sind dramatisch. Eine nuancierte Sprache hingegen fordert und fördert den Geist und formt differenzierte Persönlichkeiten.
Menschen, die vor dem Zweiten Weltkrieg heranwuchsen, wurden mit einem reichen Wortschatz und einem reichen Lied- und Gedichtgut groß und kannten viele Märchen auswendig. Sie haben nicht nur einen umfangreicheren und differenzierteren Wortschatz als ihre Kinder und Enkel. Sie haben auch reichere Grammatikkenntnisse.
Noch ist dieses Wissen an Wortschatz und Grammatik vorhanden. Bei der mittleren Generation ist es allerdings vielfach nur noch ein passives Wissen. Sie kennen zahlreiche der schon weitgehend aus dem allgemeinen Sprachgebrauch verschwundenen Wörtern und auch Grammatikformen noch aus dem Sprachgebrauch ihrer Eltern und Großeltern. Jedoch setzen sie sie nicht mehr aktiv ein.
Unseren heutigen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen fehlt das Verständnis für manche Lieder und Gedichte und auch Märchen. Ihnen sind die Wörter und Grammatikformen unbekannt. Die Lösung kann nun nicht sein, alle Texte so zu gestalten, dass sie nur aus einfachsten Sätzen mit minimaler Grammatik und minimalem Wortschatz bestehen. Vielmehr ist es bedeutsam, die eigene Sprache wieder zu entdecken und neu zu beleben.
Hier ist ein großer Schatz verborgen, der nur darauf wartet, gehoben zu werden. Sprache ist weit mehr, als dies allgemein bekannt und bewusst ist. Jedes Wort wirkt – und auch jeder Laut und jeder Satz. Sie wirken und schaffen Wirklichkeit. Jeder Mensch schafft und gestaltet sich seine Wirklichkeit und seine eigene Welt durch sein persönliches Denken, Sprechen und Handeln. Die individuelle Sprache offenbart von einem Menschen weit mehr, als dieser auch nur im Entferntesten ahnt. Und sie bewirkt auch mit ihm selbst mehr, als er es auch nur im Entferntesten für möglich hält.
Jeder Mensch kann jederzeit damit beginnen, auf seine persönliche Sprache zu achten und damit einen großen Schatz heben. Gleichzeitig ist dies der Beginn für eine große Abenteuerreise: die Reise zu sich selbst.
Lingva Eterna ist ein Sprach- und Kommunikationskonzept. Es befasst sich mit der differenzierten Wirkung von Sprache. Es macht deutlich, wie sich die eigene Sprache auf die Kommunikation und auf das eigene Denken und Handeln auswirkt – und damit auf die Entwicklung unserer Persönlichkeit.
Dieses Konzept lenkt den Blick auf den Wortschatz, den Satzbau und die Grammatik und macht deren Wirkung bewusst. Es ist ein Unterschied, ob jemand sagt „Ich schreibe noch schnell den Satz zu Ende“ oder ob er sagt „Ich schreibe den Satz zu Ende“. Das „schnell“ hat eine Wirkung. Dabei weiß der Sprecher meistens nicht, dass er „schnell“ gesagt hat. Viele Menschen gebrauchen dieses Wort und viele andere gewohnheitsmäßig und inflationär.
Wir Menschen haben kein spontanes Bewusstsein für die Wörter, die wir genau gebrauchen. Wir haben alle gelernt, auf die Inhalte zu achten. Wenn wir etwas noch einmal erzählen, das wir gerade erst gesagt haben, dann bilden wir völlig neue Sätze. Wir wissen nicht mehr, welche Wörter wir vorher gebraucht haben, ob unsere Sätze vollständig waren und ob wir einen Aktivsatz oder einen Passivsatz gebildet haben.
Und doch sind diese Aspekte der Sprache wichtig, denn die Struktur der Sprache – Wörter, Grammatik, Satzbau und weitere Elemente – transportiert eine eigene Botschaft. Diese ist weitgehend unabhängig von den Inhalten des Gesagten. Beispielsweise laden häufige Passivformulierungen andere Personen ein, über denjenigen zu bestimmen, der so spricht. Dasselbe gilt für den häufigen Gebrauch von „man“.
Lingva Eterna fördert das Bewusstsein für die Struktur der Sprache und leitet Menschen an, ihre Ausdrucksweise mit dem Inhalt ihrer Aussage in Einklang zu bringen. Damit entsteht eine Kongruenz von Inhalt und Form, und die Wirksamkeit der Aussagen steigt. Fehlt diese Kongruenz, dann kommt es leicht zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen.
Es gibt noch weitere Missverständnisse. Der Satz „Ich fahre beim Bäcker vorbei“ soll im Allgemeinen heißen „Ich fahre zum Bäcker und kaufe dort ein“. Doch er sagt das nicht. Seine Aussage ist eine andere. Wir achten mit Lingva Eterna auf einen sinnkonformen Wortschatz und auf eine widerspruchsfreie Grammatik. Damit wird die Kommunikation klar. Das wirkt sich auch auf das Denken aus: Es wird präziser und schlüssiger.
Wir lernen alle unsere Sprache von unseren Eltern, Lehrern und Ausbildern. Mit ihrer Sprache übernehmen wir auch deren Denkmuster und Sichtweisen vom Leben. Mit der gewohnten Ausdrucksweise erhalten Sie oft auch noch als Erwachsene diese alten Muster unbewusst aufrecht.
Es kommt noch etwas hinzu: Die individuelle Ausdrucksweise eines Menschen steht in direktem Zusammenhang mit seiner Lebensgeschichte. Mit jedem Wort sind individuelle Erinnerungen und Gefühle gespeichert. Diese schwingen bei allen Äußerungen mit und können die ursprünglich beabsichtigte Botschaft verändern und belasten. Dabei gibt es Wörter und Formulierungen, die gut tun und aufbauen, und es gibt auch solche, die belasten und herunterziehen.
Diesen Unterschied machen wir mit Lingva Eterna bewusst. Wir begleiten Menschen dabei, eine Sprache zu entwickeln, mit der sie sich wohlfühlen und die ihnen entspricht.
Durch eine gezielte Änderung der eigenen Wortwahl oder des eigenen Satzbaus erreichen sie eine ungeahnte und nachhaltige Wirkung auf ihr Denken, Sprechen und Handeln. So eröffnen sie sich neue Handlungsspielräume.
Hier sei angemerkt, dass jegliches Wort seine eigene Bedeutung und an der rechten Stelle seine Berechtigung hat. Es geht uns bei unserer Arbeit um den häufig inflationären Gebrauch von Wörtern. In diesem Fall korrigieren wir und bieten eine sprachliche Alternative an.
Daneben fördern wir einen differenzierten Umgang mit Wortschatz und leiten Menschen an, ihren aktiven Wortschatz deutlich zu erweitern. Es dient der Sprachpflege, und es stärkt die Persönlichkeitsentwicklung: Eine differenzierte Sprache bringt differenzierte Persönlichkeiten hervor.
Zwischen der Sprache eines Menschen und dem, was er erlebt oder erleben will, gibt es vielfache Entsprechungen. Die Wörter, die ein Mensch gebraucht, entsprechen den Bausteinen seines Lebens. Und sein individueller Satzbau entspricht dem Bauplan seines Lebens. Mit ihnen zeigt er sich, und mit ihnen gestaltet er immerfort sein Leben neu. Das ist eine Wechselwirkung!
Mit diesem Wissen können wir Erfreuliches und Wünschenswertes fördern. Ebenso können wir Belastendes schrittweise hinter uns lassen oder doch zumindest einen anderen, freieren Umgang damit finden. Der Schlüssel ist immer wieder der bewusste Umgang mit Wortschatz, Grammatik und Satzbau. Wir sprechen hier vom Entsprechungsprinzip. Doch geht es um mehr als um ein Prinzip: Es geht um einen dynamischen Prozess zwischen zwei Polen. Dieser Prozess geht in beide Richtungen. Der eine Pol ist die individuelle Sprache eines Menschen, und der andere Pol ist das, was dieser Mensch in seinem Leben erlebt.
Mit Lingva Eterna können wir offene Fragen, Blockierungen oder Konflikte auf der rein sprachlichen Ebene lösen.
Die drei Säulen stellen eine bildhafte Zusammenfassung der wesentlichen Aspekte unseres Konzepts dar. Wir fördern und stärken alle drei durch unsere Arbeit mit der Sprache.
Die erste Säule ist die Präsenz des Sprechers. Mit ihr zeigt er sich. Er bringt seine Ideen und Stärken ein und steht zu seinen Schwächen und Ängsten. Er handelt selbstbestimmt und übernimmt in seinem Leben Verantwortung. Zur Präsenz des Sprechers gehört auch, dass er mit seiner Aufmerksamkeit in einer Situation ganz da ist. Er denkt nicht gleichzeitig an etwas anderes oder an jemanden anderen. Seine Präsenz ist als Energie in seiner Umgebung wahrnehmbar.
Die zweite Säule ist die Klarheit der Botschaft. Das Medium der Botschaft ist die Sprache. Zu der Klarheit gehören kurze, vollständige Sätze mit einem sinnkonformen Wortschatz und einer widerspruchsfreien Grammatik. Komplexe Satzstrukturen gelten bisweilen als ein Zeichen von Bildung. Doch weisen sie oft darauf hin, dass der Sprecher seine Gedanken noch nicht klar gefasst hat.
Dies gilt für die Sprache im Alltag. In der Dichtung gelten andere Regeln. Der Dichter spielt mit der Struktur der Sprache und erzeugt auf eine künstlerische Weise Emotionen.
Die dritte Säule ist die wertschätzende Grundhaltung des Sprechers gegenüber dem Gesprächspartner und zum Menschen überhaupt. Sie schließt auch die Achtung vor der Natur und den anerkannten sozialen Regeln mit ein. Diese fundamentale Wertschätzung beinhaltet auch die Achtung vor der Meinung und den Wertvorstellungen eines anderen. Sie schließt jegliche Manipulation bewusst aus.
Die drei Säulen beziehen sich auf den Sprecher, auf seine Botschaft und auf den Gesprächspartner. Alle drei sind gleichermaßen wichtig für eine gelingende Kommunikation.
Lingva Eterna ist ein fach- und themenübergreifendes Konzept. Es bewährt sich in der Wirtschaft, in der Verwaltung, im Handwerk, in der Personalentwicklung sowie im therapeutischen, pflegerischen und pädagogischen Bereich. Außerdem bewährt es sich für die eigene Entwicklung, für die Familie und für eine lebendige Partnerschaft.
Ich hatte schon als junges Mädchen Freude an Sprachen und studierte nach dem Abitur Englisch, Französisch und Arabisch mit dem Schwerpunkt Sprachwissenschaften. Am Ende meines Studiums glaubte ich, als typische Anfängerin, nun wüsste ich alles Wesentliche zum Thema Sprache. Ich war nach dem Studium mehrere Jahre in der Industrie im Bereich Kommunikation tätig. Dort befasste ich mich als Terminologin mit Fachwortschatz und wirkte am Aufbau einer mehrsprachigen Terminologie-Datenbank mit. Ich erkannte neben anderem, wie wichtig und zeitsparend eine klare, eindeutige Kommunikation ist, sowohl innerhalb eines Unternehmens vor Ort als auch global, und auf was es dabei ankommt.
In dieser Zeit heiratete ich. Wir bekamen zwei gesunde, muntere Kinder. Mit der Geburt des ersten Kindes beendete ich meine Berufstätigkeit und widmete mich von da an vor allem meiner Familie. Sie wurde bald größer, denn es kam noch ein Geschwisterchen dazu. In diesen Jahren lernte ich, wie bedeutsam die Entwicklung der Sinne für die Sprachentwicklung ist, und bildete mich im pädagogischen und sonderpädagogischen Bereich weiter. Damit eröffnete sich mir ein weiterer neuer Blickwinkel auf die Sprache. Mir wurde immer klarer, dass Sprachentwicklung und Sinnesentwicklung Hand in Hand gehen. Mir wurde auch immer klarer, dass dies nicht nur bei Kindern gilt: Auch beim Erwachsenen gewinnt die Sprache an Kraft, wenn er sie fühlt und mit Leib und Seele bei der Sache ist.
Mein in diesem Bereich gesammeltes Wissen wurde später ein wesentlicher Baustein in dem sich nach und nach entwickelnden Sprach- und Kommunikationskonzept.
Zu diesen Erfahrungen mit der Entwicklung der Sprache im Kindesalter kam nur wenig später ein weiterer wichtiger Erfahrungsbereich. Damals erkrankte mein Mann an einem chronischen Leiden, an dem er Jahre später starb. Er war schon früh immer mehr auf meine Hilfe angewiesen. Dabei kam ich oft an meine Grenzen und auch über sie hinaus. Mit ihm und durch ihn lernte ich die Sprache und ihre Wirkung nochmals von einer neuen Seite kennen. Der Besuch bei einer Ärztin und ihre ebenso kluge wie mutige Bemerkung sollten ein Wendepunkt in meinem Leben werden.
Ich hatte meinen Mann wegen einer Untersuchung zu ihr gefahren und ihm die Treppe hinauf geholfen. Nach der Untersuchung wechselte die Ärztin auch einige Sätze mit mir. Dann hielt sie inne, schaute mich aufmerksam an und machte eine Bemerkung, die mich aufhorchen ließ: „So wie Sie reden, denken Sie falsch. So können Sie Ihr Paket nicht tragen. Lernen Sie, neu zu denken!“ Diese Bemerkung öffnete mir die Augen und die Ohren. Von da an schenkte ich jedem Wort auf eine ganz und gar neue Weise Aufmerksamkeit. Das war die Geburtsstunde von Lingva Eterna.
Sie nannte mir eine Adresse und sagte noch: „Das alles ist jetzt viel zu umfangreich, als dass ich es Ihnen auf die Schnelle erklären könnte. Gehen Sie dahin. Ich kenne den Mann. Er bietet Mentaltraining an. Er wird Ihnen erklären, was das ist. Sagen Sie ihm schöne Grüße von mir!“ Dabei schaute sie mich aufmunternd an.
Ich nahm ihren Rat dankbar an und ging zu dem von ihr genannten Herrn. Ich lernte Mentaltraining kennen und erkannte, dass ich die Themen, mit denen ich mich oft befasse, geradezu in mein Leben einlade, indem ich meine Aufmerksamkeit dorthin lenke. Ich lernte auch, wie wichtig es ist, klare Ziele zu haben und sich gedanklich vor allem mit ihnen zu befassen – und nicht mit dem, was ich nicht oder nicht mehr haben will. Das leuchtete mir ein.
Bei diesen Trainings gab es einige Menschen, die in ihrem Leben weit mehr erreichten als die anderen, und die mit den Empfehlungen unseres gemeinsamen Mentaltrainers bemerkenswerte Erfolge erzielten, weit mehr als die meisten der Teilnehmer. Das machte mich stutzig. Die Bemerkung der Ärztin begleitete mich die ganze Zeit: „Lernen Sie, anders zu denken!“
Erfolge können ganz unterschiedlich sein: Der eine strebt eine Weltreise an, der andere eine ganz normale Stelle und viel Zeit zum Musizieren, der nächste wünschst sich viel Zeit mit seinen Kindern, und ein weiterer plant eine glanzvolle Karriere – was immer ein Mensch ersehnt und was er erreicht, macht ihn erfolgreich. Erfolg ist immer die Folge einer Ursache – es geht also immer darum, ob jemand sein Ziel klar vor Augen hat und es auch verfolgt.
Dabei will ich freilich etwas hervorheben, was für mich von großer Wichtigkeit ist: Wir Menschen können das Schicksal nicht durch unser Denken bezwingen. Der mentale Materialismus ist ein Irrglaube. Wir brauchen bei aller Entschlossenheit und allem klaren Willen auch die Weisheit, uns dem Schicksal zu beugen und auch Widrigkeiten anzunehmen und aus ihnen zu lernen.
Ich fand bei den Menschen, die ich als erfolgreich bezeichne, bald einige markante sprachliche Eigenarten heraus: Sie hatten einen anderen Satzbau und verwendeten auch andere Wörter als der Großteil der Bevölkerung. Sie bildeten beispielsweise so gut wie immer klare, vollständige Sätze mit einem hörbaren Punkt am Satzende. Sie kamen auch im Leben auf den Punkt! Es gab noch weit mehr Aspekte der Sprache, die ich bei solchen Menschen immer und immer wieder fand.
Mir wurde klar, dass die individuelle Sprache eines Menschen und das, was er im Leben erlebt, direkt miteinander zu tun haben. Der Schlüssel sind eben nicht nur die Themen, von denen Menschen sprechen, sondern die Sprache selbst. Die Ärztin hatte recht mit ihrer Äußerung: „So wie Sie reden, denken Sie falsch. Lernen Sie, neu zu denken!“
In mir keimte der Wunsch, einen Sprachkurs zu entwickeln, bei dem jeder Mensch die Sprache der Erfolgreichen lernen und mit ihr deren innere ziel- und lösungsorientierte Grundhaltung entwickeln kann.
Ich lernte „zufälligerweise“ noch etwas kennen, was auch mit Sprache zu tun hat und was noch gefehlt hatte: Es war die Erfahrung, dass mit einzelnen Wörtern individuelle Speicherungen einhergehen und dass diese in der Kommunikation immer mitschwingen und – wenn auch unbewusst – immer eine Wirkung haben.
In dieser Zeit kam ich mit der Feldenkrais-Methode in Berührung und lernte sie immer mehr zu schätzen. Seitdem praktiziere ich sie regelmäßig. Dabei geht es um Bewegung, und vor allem um die Bewusstheit der Bewegung. Wir können uns nur so bewegen, wie wir wollen, wenn wir wissen, wie wir uns bewegen. Ich lernte, dass Bewegung auch leicht sein darf. Alles Hemmende können wir nach und nach hinter uns lassen, wenn wir erkennen, wie wir uns unbewusst hemmen. Und wenn etwas noch nicht geht, dann ist es auch in Ordnung. Eines Tages wird es vielleicht möglich sein.
Es geht um ein lebenslanges Lernen aus Erfahrungen und ohne Druck. Diese Sichtweise habe ich mir über die Jahre zu Eigen gemacht, und sie ist in unsere Arbeit mit der Sprache eingeflossen.
Von all diesen Dingen rund um das Thema Sprache hatte ich in meinem Studium und auch während meiner Jahre in der Industrie im Bereich Kommunikation noch nie auch nur ansatzweise etwas gehört.
Mitte der Neunzigerjahre entwickelte ich aus diesem reichen Fundus an Wissen und Erfahrung mein Sprachkonzept. Ich nannte es anfangs Energetisches Sprachtraining. Es brauchte Training, um die Energie der Wörter und der Sätze zu spüren.
Mein Lebensweg führte mich ein ums andere Mal zu diesen einzelnen Erfahrungen. Wäre in meinem Leben alles einfach gegangen, hätte ich sie kaum kennengelernt. Es waren viele glückliche Fügungen dabei, die ich immer mehr als solche sehen und dankbar annehmen konnte. Die nächste Fügung kam im Jahr 2003.
Im Jahr 2003 lernte ich bei einem Symposium Dr. med. Theodor von Stockert kennen. Er leitete damals eine neurologische Reha-Klinik in Erlangen.
Er ist Neurologe und Psychiater und hat eine Zusatzausbildung im Qualitätsmanagement sowie weitere Zusatzqualifikationen. Er hatte sich in Deutschland und im Rahmen eines DFG Stipendiums in Boston/USA viele Jahre mit Neuropsychologie, Neurolinguistik und Transaktionsanalyse befasst und dazu etliche Publikationen verfasst.
Er hatte sich viel mit Sprache und Sprachstörungen befasst und interessierte sich für mein Sprachkonzept. Der Zufall wollte es, dass er zum Jahreswechsel aus Altersgründen aus der Klinik ausschied.
Seitdem arbeiten wir zusammen. Unsere unterschiedlichen beruflichen Hintergründe und Erfahrungsbereiche sind zu einem Nährboden für eine überaus fruchtbare Zusammenarbeit geworden. Theodor von Stockerts naturwissenschaftlich geprägte Vorgehensweise stellt eine ideale Ergänzung für den bislang pädagogisch geprägten Ansatz dar.
Wir bauten in unserer Zusammenarbeit auf dem auf, was ich bereits entwickelt hatte. Dabei entstand etwas Neues. Wir entdeckten miteinander die Bedeutung der Grammatik und des Satzbaus sowie weitere strukturelle Aspekte der Sprache. 2005 entschlossen wir uns, die Bezeichnung Energetisches Sprachtraining hinter uns zu lassen und eine neue Bezeichnung zu finden.
Wir nannten unser Konzept von nun an das Lingva Eterna Sprach- und Kommunikationskonzept. Die Bezeichnung Lingva Eterna trifft den Kern: Sie bedeutet wörtlich „ewige Sprache“. Es geht hierbei um die schöpferische Kraft der Sprache, die von Anfang an da war. Das Johannesevangelium benennt diese Kraft in seinem ersten Satz: Im Anfang war das Wort.
Seitdem hat unser Arbeit mit der Sprache erheblich an Struktur, Klarheit und Kraft gewonnen. Und wir haben damit mehr Leichtigkeit und Humor entwickelt.
Wir schreiben Lingva Eterna mit einem „V“ in Lingva und mit einem „E“ in Eterna. Das hat markenrechtliche Gründe. Die zutreffende Schreibweise „lingua aeterna“ mit einem „U“ und mit einem „AE“ ist Teil der lateinischen Sprache und damit Allgemeingut. Daher ist es als Markenname nicht schützbar.
Mit diesem Buch gebe ich Ihnen etliche Anregungen, Ihren eigenen Sprachgebrauch noch bewusster zu gestalten, als Sie dies vermutlich bislang getan haben.
Dabei habe ich eine Bitte an Sie: Bitte wenden Sie diese Anregungen nur bei sich selbst an. Vielleicht wollen Sie anderen Menschen von Ihren Erfahrungen erzählen. Das können Sie selbstverständlich machen. Vielleicht wird der eine oder andere neugierig und will mehr wissen. Doch nehmen Sie bitte davon Abstand, andere Menschen zu missionieren oder ihre sprachlichen Gewohnheiten ändern zu wollen. Sie könnten damit in Ihrem Umfeld auf Unverständnis und Ablehnung stoßen und sich damit Möglichkeiten verbauen.
Unsere Vorgehensweise ersetzt keinen Arzt und auch keine Psychotherapie. Doch hat sie mit Sicherheit eine förderliche Wirkung für die Entwicklung der Seele und auch des Körpers.
Ich lade Sie ein, Ihre Muttersprache neu zu erleben und sie mit allen Sinnen zu entdecken. Erlauben Sie sich, Sprache zu fühlen. Horchen Sie in sich hinein. Vielleicht ist das neu für Sie. Es ist ganz einfach. Lassen Sie sich überraschen.
Sprache entfaltet erst dann ihre volle Kraft, wenn wir sie nicht nur denken, sondern auch gleichzeitig fühlen. Dann sprechen Kopf und Herz dieselbe Sprache. So entwickeln Sie ungeahnte Kräfte. Doch bevor dies möglich sein wird, lassen Sie sich bitte auf einige für Sie wahrscheinlich völlig neue Anregungen und Erfahrungen ein.
Denken geschieht mit dem Kopf. Menschen denken und machen sich viele Gedanken. Es ist eine herausragende Fähigkeit des Menschen, sich Gedanken machen und bewusst denken zu können. Tiere können das in diesem Maße nicht.
Viele der Gedanken, die sich Menschen machen, bleiben im Kopf. Sie finden nicht den Weg ins Tun, in die Handlung. Menschen machen sich Gedanken und nochmals Gedanken. Sie überlegen noch dieses und jenes und machen es sich auf diese Weise kompliziert, komplizierter, als es sein müsste. Das Wort „überlegen“ zeigt schon, dass sie etwas „darüber legen“. Irgendwann ist die Mauer so hoch, dass sie darüber nicht mehr hinaussehen können.
Der bewusste Umgang mit der Sprache und mit dem Wort führt aus diesem Kreis der Gedanken heraus. Jedes einzelne Wort bezeichnet nicht nur einen Gedanken. Es benennt auch eine Handlung, ein Lebewesen oder einen Gegenstand. Ich sage „Hund“, „Haus“ oder „singen“, und jeder weiß, was ich meine. Oder besser gesagt: Er denkt, dass er weiß, was ich meine. Es hat nämlich jeder sein eigenes inneres Bild. Für den einen ist ein Hund ein Dackel und für den zweiten ist er ein Schäferhund.
Ein Wort ist nicht nur ein abstrakter, nur gedachter Gedanke. So etwas gibt es nicht. Ein Wort greift immer ins konkrete Leben hinein. Und das Leben ist handfest und nicht abstrakt. Es umfasst neben dem Gegenstand oder der Handlung, die es bezeichnet, immer auch Gefühle und Empfindungen. Diese inneren Bilder, Klänge und Empfindungen bleiben im Allgemeinen unter der Schwelle des Bewusstseins. Menschen reden schnell und viel und geben dem einzelnen Wort nur wenig Raum. So erfassen und spüren sie nicht, was ein Wort oder eine Redewendung für sie selbst und auch für einen Gesprächspartner wirklich bedeutet. Und „wirklich“ heißt, etwas wirkt und bewirkt auch etwas.
Erlauben Sie sich, Sprache mit allen Sinnen wahrzunehmen. Hören Sie in sich hinein und lassen Sie einzelne Wörter nachklingen. Kosten Sie Wörter. Lassen Sie sie sich auf der Zunge zergehen. Sind sie wohlschmeckend? Oder hinterlassen sie einen bitteren Beigeschmack? Spüren Sie in sich hinein.
Es ist aufregend, Sprache auf diese Weise neu zu erleben. Indem Sie sich auf diese Erfahrung einlassen, geschieht etwas Bemerkenswertes. Sie werden ein Wort nicht nur hören und mit dem Kopf verstehen. Sie werden es denken und gleichzeitig fühlen: Sie werden ein lebendiges inneres Bild haben.
Herz und Verstand sprechen dieselbe Sprache. Damit bündeln Sie Ihre Energie und fokussieren sie auf einen einzigen Punkt. Diese Erfahrung ist für viele Menschen gänzlich neu. Manche Teilnehmer unserer Seminare beschreiben dies mit dem Gefühl, dass sie wie ein Pflock in die Erde gerammt sind und auf einmal einen klaren, festen Standort haben. Oder sie wählen das Bild vom Sturm, in dessen Mitte das Auge ist. Dort ist es windstill. Sie sagen dann, dass sie sich nun an dieser ruhigen Stelle befinden, dort, wo in der Ruhe die Kraft liegt.
Es ist eine machtvolle Erfahrung, zu erleben, wie bei einem bewusst gesprochenen und gefühlten Wort Denken, Handeln und Fühlen in Einklang kommen. So finden Körper, Seele und Geist zusammen. Der Geist gelangt zur Ruhe. Und in dieser Ruhe liegt die Kraft, von der so oft die Rede ist.
In unserer Kultur nimmt das Denken noch viel zu viel Raum ein. Das viele Denken hindert uns daran, ins Fühlen und auch ins Handeln zu kommen. All das gehört zusammen. Das Denken darf sich nicht verselbstständigen. Sonst wird die Sprache herz- und kraftlos.
Das Wort „denken“ ist in der Alltagssprache weit verbreitet, viel mehr als das Wort „fühlen“. Entsprechend denken die Menschen mehr, als sie fühlen. Die Gefühle haben in unserer Gesellschaft einen deutlich geringeren Stellenwert als die Gedanken. So kommt es, dass viele Menschen von ihren Gefühlen abgeschnitten sind. Sie sind dann gefühllos, oder genauer gesagt: Sie wirken gefühllos. Und sie wirken tatsächlich: Sie haben eine Wirkung. Andere behandeln sie dann leicht so, als ob sie gefühllos wären. Dies setzt dann eine Negativspirale in Gang.
In Gefühlen ist viel Kraft gebunden. Wenn jemand mit seinen Gefühlen gut in Kontakt ist, dann kann er aus dieser Quelle schöpfen. Gefühllosen Menschen ist dieses Potenzial weitgehend versperrt.
Denken ist ein bewusster Akt. Häufig jedoch denken Menschen nicht wirklich, wenn ihnen hundert Gedanken durch den Kopf gehen. Vielmehr kreist in ihnen eine Schallplatte, die alte Gedankengänge und Argumentationsketten immer wieder von neuem abspielt. Oder es drängen sich ihnen Gedanken auf, die sie sich nicht selbst machen. Sie denken nicht. Sie denken nur, dass sie denken. Die guten Lösungen und die guten Ideen, die aus schwierigen Situationen herausführen können, kommen selten aus dem Kopf und auch selten am Schreibtisch. Sie sind auf einmal da, beim Duschen, beim Spazierengehen oder ganz einfach über Nacht.
Statt „denken“ und „nachdenken“ sagen manche Menschen, dass sie „sich etwas durch den Kopf gehen lassen“ oder gar, dass sie „sich deswegen den Kopf zerbrechen“. Das sind erstens merkwürdige Bilder. Und zweitens zeigen diese Redewendungen deutlich, dass das Denken im Kopf angesiedelt ist und nicht im Bauch oder Herzen.
Es ist naheliegend, dass sich bei so viel Denken Kopfschmerzen einstellen können. Der Kopf ist einseitig überlastet und meldet sich auf seine Weise. Der Gebrauch des Wortes „denken“ ist vielfach nur durch eine jahrelange Gewohnheit zu erklären. Meist hat der Gebrauch dieses Wortes mit Denken nichts zu tun.
Ich lade Sie für eine Entdeckungsreise ein. Entdecken Sie, wie oft Sie das Wort „denken“ hören und sagen. Achten Sie in einem weiteren Schritt auch auf Zusammensetzungen mit „denken“ wie „nachdenken“, „ausdenken“, „bedenken“ und zahlreiche andere. Dann probieren Sie Alternativen aus. Was können Sie noch sagen statt immerfort „ich denke“ oder „ich denke nach“ oder „ich denke schon“ oder auch „ich denke nicht“?
Gelegenheiten dazu bieten sich bei immer wieder. Ich nenne Ihnen zwei Beispiele. Ich stelle mir vor, dass jemand Sie anspricht und sagt: „Kommst du heute Abend zu der Informationsveranstaltung in den Gemeindesaal?“ Sie können sagen: „Ich denke schon.“ Sie können stattdessen auch sagen: „Ich werde voraussichtlich kommen.“ Oder: „Ich habe vor, zu kommen.“ Oder: „Ja, ich werde heute Abend kommen.“ Sie werden sicher noch weitere Möglichkeiten finden.
Da, wo das Wort „denken“ wirklich hingehört, da behalten Sie es bitte bei. In dem Moment, in dem Sie nicht mehr gewohnheitsmäßig „denken“ sagen, machen Sie sich und damit auch dem anderen bewusst, was Sie wirklich meinen. Sie gewinnen Präsenz und Klarheit. Und Sie eröffnen sich mehr von Ihrem Potenzial und bleiben nicht nur in Ihrem Kopf, indem Sie das einseitige Denken beenden. Dies ist die wesentliche Bedeutung und Wirkung dieser scheinbar kleinen Sprachübung.
Ich empfehle meinen Seminarteilnehmern gern ein „Denkfasten“ für vier Wochen. In dieser Zeit wählen sie bewusst Alternativen für das Wort „denken“ und seine Zusammensetzungen und Ableitungen oder lassen es einfach weg. Danach können sie das Wort „denken“ wieder gebrauchen, so wie es ihnen dann angenehm ist. Dieses Denkfasten klingt ganz einfach. Und doch ist die Durchführung eine wirkliche Herausforderung und erfordert eine Portion Humor und Durchhaltevermögen.
Parallel lenke ich die Aufmerksamkeit des Seminarteilnehmers auf das Wort „fühlen“ und damit auf die Sinne. So lädt der Seminarteilnehmer gleichzeitig mehr Fühlen in sein Leben ein und lädt allzu einseitiges Denken aus seinem Leben aus.
Wenn Menschen in ihrer alltäglichen Sprache bewusst dem Fühlen Raum geben und das Denken auf einen angemessenen Platz weisen, dann kommt sanft eine wohltuende Entwicklung in Gang. Diese wird schon bald sichtbar und spürbar.
Die Frage „Wie fühlst du dich?“ ist eine freundliche Frage an den anderen. Kaum jemand fragt bewusst nach dem Fühlen. Ist die Frage nach dem Fühlen eine Floskel geworden?
Viele Menschen sagen, dass sie sich schlecht fühlen, wenn sie ihren Körper so deutlich spüren, wie schon lange nicht mehr. Das Wort „fühlen“ gibt es für sich allein und auch in vielen schönen Zusammensetzungen. Etliche davon sind aus der Mode gekommen und es lohnt sich, sie wieder zu beleben. Das „Wohlgefühl“ und das „Mitgefühl“ sind zwei von ihnen.
Sprache ist nicht nur zum Denken da. In ihr ruht eine große Kraft. Sie wird frei, sobald wir bereit sind, Sprache zu fühlen, zu tun und gleichzeitig zu denken. Dies erlebe ich als ein großes Geschenk. Es liegt an jedem Einzelnen, wie er mit diesem Geschenk umgeht.
Mit dieser Einsicht bin ich vom Denken zum Danken gekommen. Das Leben ist schön und ich sehe das Schöne mit dieser inneren Haltung viel mehr als früher. Ich mache mir nun nicht mehr so viele Gedanken: Ich Geh-Danken.
Eine Wortprobe ist so etwas Ähnliches wie eine Weinprobe. Da nehmen wir einen Schluck Wein in den Mund und kosten ihn. Wir achten auf den Geschmack und auch auf den Nachgeschmack. Nur wenn ein Wein uns schmeckt, nehmen wir mehr davon.
So ähnlich ist es mit der Wortprobe. Auch da nehmen wir ein Wort in den Mund und schmecken ihm nach. Dann merken wir, ob ein Wort uns angenehm ist und uns wohltut, oder ob es uns unangenehm ist. Jedes Wort wirkt und hat eine Wirkung. Beim normalen Sprechtempo achten wir nur auf die Inhalte und nicht auf die Wirkung der einzelnen Wörter.
Diese bekommen wir nur mit, wenn wir einem einzelnen Wort bewusst Aufmerksamkeit schenken und es langsam sagen. Dann erst ist es uns möglich, die Bilder und Assoziationen wahrzunehmen, die das jeweilige Wort in uns auslöst.
Jeder Mensch hat seine eigene Geschichte und auch seine eigene Geschichte mit den einzelnen Wörtern. Seine individuellen Erfahrungen sind in den Wörtern gespeichert. Diese Speicherungen schwingen bei jeder Kommunikation mit. Der Hörer nimmt sie ebenso unbewusst auf, wie der Sprecher sie ihm beim Sprechen unbewusst mit auf den Weg gibt.
Es gibt noch etwas weiteres Bedeutsames bei den Wortproben: Wir entdecken, dass manche Wörter uns angenehm sind und sogar ein wohliges Empfinden auslösen – und dass wir sie dennoch kaum oder gar nicht benützen. Umgekehrt lösen manche ganz alltägliche Wörter spontan ein unangenehmes Gefühl aus – und wir gebrauchen sie oft!
Die Schlussfolgerung liegt nahe: Es liegt an jedem selbst, welche Wörter er gebraucht. Es ist leicht, wohltuende Wörter in die eigene Sprache aufzunehmen und sie bewusst zu gebrauchen.