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Die Familie ist ein Hort der Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit. Wir alle sehnen uns nach diesem Flucht- und Orientierungspunkt, der unsere persönliche Welt zusammenhält und schön macht. Das wichtigste Bindeglied der Familie ist Mami. In diesen herzenswarmen Romanen wird davon mit meisterhafter Einfühlung erzählt. Die Romanreihe Mami setzt einen unerschütterlichen Wert der Liebe, begeistert die Menschen und lässt sie in unruhigen Zeiten Mut und Hoffnung schöpfen. Kinderglück und Elternfreuden sind durch nichts auf der Welt zu ersetzen. Genau davon kündet Mami. Bevor sie die Tür öffnete, wußte Elena bereits, wer da draußen stand und Einlaß begehrte. Es gab nur einen Menschen, der so durchdringend klingelte. »Verflixt, Martin«, rief sie aus, während sie die Tür öffnete, »ich bin doch nicht taub.« Mit blutunterlaufenen Augen starrte Martin sie an, den Finger immer noch fest auf den Klingelknopf gedrückt. Erst jetzt nahm er den Finger weg und torkelte an ihr vorbei ins Haus. Martin wirkte wie ein Betrunkener, aber Elena wußte es besser. Sie war lange genug mit Martin verheiratet gewesen, um zu wissen, daß er keinen Tropfen Alkohol anrührte. Das war allerdings so ziemlich das einzige Laster, dem er nicht frönte. Martin, der freiberuflich als Fotograf arbeitete, war notorisch unzuverlässig, unbeständig, ständig pleite und dazu auch noch ein unverbesserlicher Frauenheld. Dabei war er so umwerfend charmant, daß es schwerfiel, ihm lange Zeit ernsthaft böse zu sein. So wie er jetzt aussah, hatte er einen harten Auftrag sowie ein anstrengendes und wahrscheinlich höchst kostspieliges amouröses Abenteuer hinter sich gebracht. Elena hoffte, daß er diesmal wenigstens soviel Geld behalten hatte, um zumindest die Unterhaltszahlungen leisten zu können. Jetzt war allerdings kaum ein günstiger Moment, um mit ihm darüber zu reden. Martin torkelte geradewegs ins Gästezimmer, ließ sich aufs Bett fallen und war bereits Sekunden später eingeschlafen. Seufzend zog Elena ihm die Schuhe von den Füßen, breitete eine Decke über ihn aus und betrachtete ihn nachdenklich. Heute erschien es ihr unverständlich, daß sie diesen Mann, der stets ein großes Kind geblieben war, einmal so sehr geliebt hatte. Immer wieder hatte er sie
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Bevor sie die Tür öffnete, wußte Elena bereits, wer da draußen stand und Einlaß begehrte. Es gab nur einen Menschen, der so durchdringend klingelte.
»Verflixt, Martin«, rief sie aus, während sie die Tür öffnete, »ich bin doch nicht taub.«
Mit blutunterlaufenen Augen starrte Martin sie an, den Finger immer noch fest auf den Klingelknopf gedrückt. Erst jetzt nahm er den Finger weg und torkelte an ihr vorbei ins Haus.
Martin wirkte wie ein Betrunkener, aber Elena wußte es besser. Sie war lange genug mit Martin verheiratet gewesen, um zu wissen, daß er keinen Tropfen Alkohol anrührte. Das war allerdings so ziemlich das einzige Laster, dem er nicht frönte.
Martin, der freiberuflich als Fotograf arbeitete, war notorisch unzuverlässig, unbeständig, ständig pleite und dazu auch noch ein unverbesserlicher Frauenheld. Dabei war er so umwerfend charmant, daß es schwerfiel, ihm lange Zeit ernsthaft böse zu sein. So wie er jetzt aussah, hatte er einen harten Auftrag sowie ein anstrengendes und wahrscheinlich höchst kostspieliges amouröses Abenteuer hinter sich gebracht. Elena hoffte, daß er diesmal wenigstens soviel Geld behalten hatte, um zumindest die Unterhaltszahlungen leisten zu können.
Jetzt war allerdings kaum ein günstiger Moment, um mit ihm darüber zu reden. Martin torkelte geradewegs ins Gästezimmer, ließ sich aufs Bett fallen und war bereits Sekunden später eingeschlafen.
Seufzend zog Elena ihm die Schuhe von den Füßen, breitete eine Decke über ihn aus und betrachtete ihn nachdenklich. Heute erschien es ihr unverständlich, daß sie diesen Mann, der stets ein großes Kind geblieben war, einmal so sehr geliebt hatte. Immer wieder hatte er sie mit seinen ständig wechselnden Affären verletzt. Ihr sofortige Treue geschworen, wenn sie deshalb völlig verzweifelt war, um bei der nächsten Gelegenheit wieder rückfällig zu werden.
Auf seine Art hatte auch er Elena geliebt. Sie war die erste und einzige Frau gewesen, mit der er das Abenteuer Ehe, wie er es nannte, gewagt hatte. Es hatte ihn wirklich hart getroffen, als sie endgültig genug von ihm und seinen Eskapaden hatte und die Scheidung einreichte.
Drei Jahre war das nun her. Elena hatte die Trennung gut überstanden. Mit Martin verband sie mittlerweile nicht mehr als eine eher lockere Freundschaft. Es störte sie nicht einmal, daß Martin in unregelmäßigen Abständen bei ihr auftauchte, sich erst einmal gründlich ausschlief und ihr anschließend den Kühlschrank leer futterte, bevor er sich in das nächste Abenteuer stürzte.
Elena brachte es einfach nicht übers Herz, ihn einfach vor die Tür zu setzen, wie ihre beste Freundin Jenny ständig vorschlug. Weil es da immer noch etwas gab, was sie mit Martin verband.
Sie liebte ihn nicht mehr, diese Pläne hatte sie Gott sei Dank überwunden. Was blieb, war die Vertrautheit zwischen ihnen, eine Art liebevoller Freundschaft – und nicht zuletzt ihre gemeinsame sechsjährige Tochter Kathrin, die sich dem Vater gegenüber allerdings weitaus weniger nachgiebig zeigte als Elena.
»Was machst du denn da?« fragte Elena überrascht, als sie in die Küche kam. Der Kühlschrank stand weit offen, und Kathrin steckte fast mit dem gesamten Oberkörper in dem großen Wandschrank, in dem Elena einen Teil ihrer Vorräte aufbewahrte.
»Ich verstecke meine Schokocreme, damit Martin sie mir nicht auffuttert«, ertönte die Antwort aus dem Schrank.
Elena grinste. Martin und Kathrin hatten gleichermaßen eine ganz besondere Vorliebe für diesen süßen Brotaufstrich. Da Elena sparen mußte, wo immer sie konnte, kam Kathrin nur selten in den Genuß dieser Köstlichkeit. Kein Wunder, daß sie nicht bereit war, mit ihrem Vater zu teilen.
»Du solltest nicht so geizig sein«, ermahnte Elena ihre Tochter trotzdem.
Kathrin kam aus dem Schrank heraus. Sie war eine Miniaturausgabe ihrer Mutter, mit schulterlangen dunklen Locken, dem herzförmigen Gesicht und den grünbraunen Augen. Groß blicke sie ihre Mutter an. »Es ist doch Martins Schuld, daß wir nie genug Geld haben.«
»Wie kommst du denn darauf?« fragte Elena überrascht. Sie hatte noch nie mit der Tochter darüber gesprochen, daß Martin seinen Verpflichtungen ihr gegenüber nur höchst selten nachkam. Er war ihr Vater, und sie wollte nicht, daß Kathrin schlecht über ihn dachte.
»Ich habe gehört, wie du es Jenny erzählt hast«, erklärte Kathrin. »Du hast ihr gesagt, daß Martin für mich keine Alumente bezahlt. Du Mutti, was ist das eigentlich?«
»Alimente«, berichtigte Elena und erklärte ihrer Tochter, was dieser Begriff bedeutete.
Aufmerksam hörte Kathrin zu. »Das ist aber gemein, daß Martin nicht bezahlt«, erklärte sie, nachdem Elena ihre Erläuterung beendet hatte.
»Martin hat manchmal eben kein Geld«, nahm Elena ihren Ex-Ehemann in Schutz, obwohl sie ihrer Tochter im Grunde recht gab. Überzeugen konnte sie Kathrin damit nicht.
Das Mädchen rutschte von ihrem Stuhl herunter und stolzierte Richtung Tür. »So geht das aber nicht«, stellte sie entschieden fest. »Dem Martin werde ich jetzt etwas erzählen.«
»Halt!« Elena eilte hinter ihrem Mädchen her und hielt sie zurück. »Martin schläft«, sagte sie energisch, »und ich möchte, daß du ihn jetzt in Ruhe läßt.«
Das kleine Persönchen stemmte die Fäuste in die Hüfte und sah mit dem Ausdruck größter Empörung zu Elena auf. »Aber Mutti, so geht das nicht. Die Männer sollen nicht meinen, daß sie mit uns Frauen nur ihren Spaß haben können.«
Verblüfft starrte Elena auf ihre Tochter hinunter. »Wo hast du das denn her?«
»Von Jenny natürlich«, erklärte Kathrin in einem Ton, als wundere sie sich darüber, daß ihre Mutter ihr diese Frage überhaupt stellte.
Elena seufzte tief auf. Sie und Jenny würden in Zukunft vorsichtiger sein müssen, wenn sie sich in Kathrins Gegenwart über Männer im allgemeinen und Martin im besonderen unterhielten.
»Ich möchte, daß du Martin ausschlafen läßt«, sagte sie freundlich und bestimmt noch einmal zu Kathrin, »und über die Alimente werde ich selbst mit ihm reden.«
*
Christian Wilfarth sprang aus dem roten Cabrio. Er war stolz auf seinen italienischen Sportwagen, für den er unlängst ein kleines Vermögen hingeblättert hatte. Dabei bestand sein Fuhrpark bereits aus zwei Limousinen. Einer der beiden Wagen war eine Sonderanfertigung aus England, den anderen hatte er bei einem bekannten deutschen Automobilhersteller geordert. Von einem anderen deutschen Hersteller besaß er bereits einen schwarzen Sportwagen. Dazu kamen die beiden Oldtimer, mit denen er zwar nur selten fuhr, weil der Komfort doch sehr zu wünschen übrigließ, die aber dennoch Unsummen an Wartungskosten verschlangen.
Nun, warum auch nicht. Christian konnte es sich schließlich leisten. Er besaß alles, von dem die meisten Menschen nur träumen. Ein Firmenimperium, das ihm sein Vater vererbt hatte, für das er selbst allerdings auch hart arbeitete. Eine Villa außerhalb der Stadt. Natürlich fehlte dazu weder der Swimmingpool noch der Tennisplatz.
Zudem besaß Christian ein Appartement in New York und eines in London. Seinen Winterurlaub verbrachte er selbstverständlich in seinem eigenen exklusiven Chalet in der Schweiz. Die Sommermonate pflegte er in der Karibik zu verbringen, obwohl er ein herrliches Anwesen auf Mallorca besaß. Dort war er allerdings das letzte Mal gewesen, als sein Vater noch lebte. Fünfzehn Jahre war das bestimmt her.
Ja, Christian besaß alles. Wirklich alles?
Vor einem Monat war Christian sechsunddreißig Jahre alt geworden. An diesem Tag war ihm zum ersten Mal mit aller Deutlichkeit bewußt geworden, daß seinem Leben etwas Entscheidendes fehlte: jemand, der zu ihm gehörte, der sein Leben mit ihm teilte. Eine Frau, die er liebte, und die ihn von ganzem Herzen wiederliebte.
Natürlich hatte er bereits einige Frauen in seinem Leben gegeben. Doch meistens hatte Christian sehr schnell feststellen müssen, daß diese Frauen zwar von Liebe sprachen, doch in erster Linie sein Vermögen meinten. Genau das war es, wovor er Angst hatte: Möglicherweise nicht um seiner selbst willen geliebt zu werden. Es sah ganz so aus, als hätte er jetzt die Frau gefunden, die diese Voraussetzung erfüllte. Durch Zufall hatte er Ortrud vor ein paar Tagen kennengelernt. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes aufeinandergeprallt, als er den Golfclub betrat, während sie ihn gleichzeitig verlassen wollte.
Christian hatte schnell zugegriffen, um sie festzuhalten. Es war eine rein instinktive Handlung gewesen. Unmittelbar darauf wurde ihm jedoch bewußt, daß er es als sehr angenehm empfand, dieses zarte Persönchen in den Armen zu halten, auch wenn sie mit einem sehr ärgerlichen Gesichtsausdruck zu ihm aufgesehen hatte. Es war dann auch gar nicht so einfach gewesen, sie zu besänftigen. Schließlich hatte sie sich allerdings zu einem Drink einladen lassen und ihm sogar ihre Telefonnummer gegeben, als er sie beim Abschied danach befragte. Seither waren sie schon mehrmals miteinander ausgegangen. Gestern abend hatte Christian die junge Frau zum ersten Mal geküßt. Es war ein berauschendes Gefühl gewesen, die Leidenschaft klang jetzt noch in ihm nach.
Christian war ganz sicher, daß Ortrud sich in ihn verliebt hatte, wie sie es ihm am vergangenen Abend ins Ohr flüsterte. Sie wußte schließlich nicht, wer er war, da sie von ihm nicht viel mehr als den Vornamen kannte. So sollte es auch noch eine Weile bleiben.
Christian hingegen glaubte, von Ortrud alles zu wissen. Sie besaß eine Boutique, in der ausschließlich die gehobene Schicht der Damenwelt einkaufte. Daraus, und aus der Tatsache, daß sie es sich leisten konnte, dem Golfclub beizutreten, schloß Christian, daß Ortrud selbst nicht ganz unvermögend sein konnte. Das allerdings war ihm völlig unwichtig.
Er betrachtete kurz das Schaufenster der Boutique, hinter dem jedoch niemand im Ladenraum zu sehen war. Weder Kundinnen noch Ortrud selbst. Die Tür stand weit offen, um frische Luft hereinzulassen.
Christian zuckte mit den Schultern. Irgendwo würde die Frau, an die er die letzten Tage beinahe ununterbrochen dachte, schon sein. Vom Rücksitz seines Wagens nahm er die einzelne langstielige Rose. Mit einem Lächeln auf den Lippen betrat er den Ladenraum. Er öffnete bereits den Mund, um nach Ortrud zu fragen, da vernahm er ihre Stimme.
Normalerweise war es nicht Christians Art, die Telefongespräche seiner Mitmenschen zu belauschen. Doch nun, da er unfreiwillig Zeuge eines Gespräches wurde, in dem es offensichtlich um ihn ging, konnte er einfach nicht anders, als sich ganz ruhig zu verhalten und den Worten Ortruds zu lauschen.
»Männer sind doch so dumm.« Albern lachte Ortrud auf. »Dieser Christian Wilfarth glaubt tatsächlich, ich wüßte nicht, wer er ist. Ich hätte Schauspielerin werden sollen.« Wieder erklang dieses alberne Lachen, das Christian allmählich die Zornesröte ins Gesicht trieb. Er mußte sich beherrschen, um nicht vorwärtszustürmen und ihr den Hörer aus der Hand zu reißen. Ihr all den Mut und besonders die Enttäuschung ins Gesicht zu schleudern, die er in diesem Augenblick empfand. Nein, er verhielt sich weiterhin ruhig, weil er hören wollte, was sie noch zu sagen hatte.
»Du hättest sehen sollen, wie ich ihm die Empörte vorspielte, nachdem ich selbst es auf diesen Zusammenstoß angelegt hatte.«
Eine Weile blieb es ganz still. Ganz offensichtlich sprach in diesem Augenblick die unbekannte Anruferin am anderen Ende der Leitung.
»Ganz recht«, bestätigte Ortrud schließlich eine Frage, die ihre Freundin ihr wohl gestellt hatte. »Ich habe ihn natürlich in dem Glauben gelassen, ebenfalls Mitglied des Golfclubs zu sein. Glücklicherweise hat Christian Wilfarth keine Ahnung, daß ich nicht einmal die Aufnahmegebühr leisten könnte. Ich hoffe, daß sich das bald ändert. Der Goldfisch zappelt fest an meiner Angel. Ach, Anita, drücke mir beide Daumen, daß es mir bald gelingt, ihn vor den Altar zu schleppen. Dann haben alle meine finanziellen Sorgen endlich ein Ende.«
Wieder war es eine Weile still, weil Anita nun sprach.
»Im Augenblick sieht es nicht besonders rosig aus«, hob Ortrud an. »Mein Lieferant weigert sich, mir neue Waren zu schicken, weil ich die letzten Rechnungen noch nicht bezahlt habe.« Ortruds Stimme klang ziemlich bedrückt. Gleich darauf war sie wieder von unerschütterlichem Optimismus durchdrungen. »Was interessiert mich das noch? Wenn ich erst Christians Frau bin, gebe ich mich mit diesem Laden ohnehin nicht mehr ab. Ich habe schon lange keine Lust mehr, mich von gelangweilten Millionärsgattinnen herumhetzen zu lassen. Ich hoffe vielmehr, daß ich es bin, die demnächst in exklusiven Geschäften einkaufen wird…«
Ortrud sah auf, als ein Schatten durch die geöffnete Tür des Hinterzimmers fiel, in dem sie telefonierte. Das Lächeln auf ihren Lippen erstarb, der Hörer fiel ihr aus der Hand.
»Christian…«, stammelte sie.
Christian ließ sie erst gar nicht weiter zu Wort kommen. Er hob gebieterisch die Hand. »Nein, sag nichts«, fuhr er sie an. »Ich habe alles gehört, jedes weitere Wort erübrigt sich.« Seine Lippen verzogen sich zu einem zynischen Lächeln, als er auf die Rose blickte, die er immer noch in der Hand hielt. Vor wenigen Minuten erst hatte er sie gekauft, voller Hoffnung auf die Zukunft. Eine gemeinsame Zukunft mit Ortrud, wie er glaubte. Nun hatte er ausgeträumt. Es würde lange dauern, bis er es noch einmal wagte, einer Frau zu vertrauen. Wenn ihm das überhaupt jemals wieder gelingen sollte.
*
»Ich begreife das nicht«, schüttelte Christian am gleichen Abend seinem besten Freund Benno Noack das Herz aus. »Irgendwo auf dieser großen, weiten Welt muß es doch eine Frau geben, der aufrichtige Gefühle wichtiger sind als ein üppiges Bankkonto.«
»Deine Sorgen möchte ich haben«, brummte Benno. Er bemühte sich zwar, Mitgefühl für den Freund aufzubringen, doch im Grunde war er mit einem ganz anderen Problem beschäftigt. Er hielt Christian eine Schale mit Keksen hin und forderte ihn auf zuzugreifen.
»Ich habe jetzt keinen Appetit«, lehnte Christian unwillig ab. Im Augenblick war er sogar davon überzeugt, nie wieder einen Bissen hinunterzubringen.
»Süßigkeiten sind gut gegen jede Art von Seelenschmerz«, behauptete Benno und drängte Christian die Schale mit den Keksen förmlich auf.
Automatisch griff Christian schließlich nach einem der Kekse, in Gedanken immer noch bei der heuchlerischen Ortrud. Ebenso gedankenlos biß er in den Keks. Gleich darauf verzog sich sein Gesicht zu einer angewiderten Miene. Er starrte auf das Gebäckstück in seiner Hand. »Pfui Teufel«, sagte er, »das schmeckt ja scheußlich.«
»Stimmt!« Benno seufzte tief auf. »Leider darf ich das in der Werbekampagne, mit der uns der Hersteller betraut hat, nicht erwähnen. Fällt dir kein fetziger Slogan ein?«
»Greifen Sie lieber zu dem Produkt eines anderen Herstellers«, schlug Christian vor und erntete damit erwartungsgemäß wenig Begeisterung bei seinem Freund. »Sag mal«, wollte er wissen, »wieso suchst du nach einem Slogan? Du bist Leiter der Werbeagentur, beauftrage doch einen deiner Texter damit.«
»Das geht nicht«, Benno schüttelte den Kopf. »Die haben die Kekse ebenfalls probiert und behaupten, daß ihre Kreativität dadurch eher behindert als gefördert wird.«
»Was durchaus verständlich ist«, brummte Christian und warf den Rest seines angebissenen Kekses in Bennos Papierkorb. »Was mache ich nur falsch?« kam er gleich darauf auf sein eigenes Problem zurück. »Warum finde ich eigentlich keine Frau, die mich liebt?« Nachdenklich betrachtete er Benno, der die Schale mit den Keksen endlich beiseite stellte, in der Überzeugung, daß ihm im Moment ohnehin nichts einfallen würde.
»Weißt du eigentlich, daß ich dich beneide?« sagte Christian plötzlich zu Benno.
»Du beneidest mich?« gab Benno zurück. Ungläubig lachte er auf. »Du besitzt alles, kannst dir alles leisten. Die Frauen laufen dir nach…«