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Die Brüder Uwe und Peter Berger verlebten einen Teil ihrer Kindheit gemeinsam in Ostfriesland. Peter Berger heiratete eine Wilhelmshavenerin und blieb sein ganzes Leben lang in diesem Landstrich. Uwe Berger lebte in Ost-Berlin. Die Teilung Deutschlands verhinderte jahrelang persönliche Kontakte zwischen den Brüdern. Erst mit der Wiedervereinigung entstanden wieder engere Beziehungen. So besuchten die Brüder gemeinsam Emden und andere Orte ihrer Kindheit. Daraus entstand 1990 das Projekt einer gemeinsamen Publikation über Ostfriesland und das Meer. Peter Berger hatte unzählige Aquarelle aus Liebe zu seiner Heimat gemalt. Uwe Berger hatte Ostfriesland in seinen Erinnerungen bewahrt und in vielen Gedichten diese Gegend und das geliebte Meer mit seinen vielen Facetten besungen. Die Verse benennen soziale und politische Probleme, zeugen von der Liebe zur und dem Respekt vor der Natur und ihrer Gewalt, von der Zerbrechlichkeit des Menschen, von Liebe, Leben, Hoffnung und Tod, skizzieren das geografisch Kleine und die große Welt. Nach dem Tode Uwe Bergers entdeckte seine Frau das Manuskript, welches 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung mit der Unterstützung der Tochter Peter Bergers zur Veröffentlichung kommt und neben dem politischen Ereignis die Wiederherstellung der persönlichen familiären Beziehungen dokumentiert.
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Seitenzahl: 29
Uwe Berger
Ein Schiff fährt über Land
Ostfriesland und das Meer
ISBN: 978-3-95655-298-4 (E-Book)
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta unter Verwendung eines Aquarells von Peter Berger
Aquarelle: Peter Berger
Herausgeber: Anneliese Berger
© 2015 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
Ein Damm aus Steinen.
Vom Schlick Gestank.
Mit steifen Beinen
ein totes Tier einsank
neben der Mole.
So weit. Unendlich.
Mein schwacher Schrei
blieb unverständlich
im Töne-Einerlei
rings um die Mole.
Und schwarze Tiefen.
Die Woge wuchs,
Rinnsale liefen,
und wieder, wieder schlug's
über die Mole
Ein Locken, Ziehen,
hinabzuschaun,
ich wollte fliehen,
doch bannte dumpfes Graun
mich auf die Mole.
Hafeneinfahrt, 1990
Was für eine Übermacht
in den Menschen, Häusern, Bäumen.
Träume, die mir angst gemacht,
ließen mich von neuem träumen.
In dem finstern Rathaus hingen
Panzer, Helm und Morgenstern
(Störtebekers Humpen klingen ...
ach, ich hülf dir, Rächer, gern).
Morsche Giebel, Tür und Stiegen.
Arbeitslose standen da,
spuckten in den Delft und schwiegen.
Ferne grölte die SA.
Jungenhorden auf den Gassen
machten Krieg und machten Krach.
Wollten auch die "Roten" hassen.
Taten's den Erwachsnen nach.
Emden Anfang des Jahrhunderts, 1990
Nur Weide
war sommers das Land,
baumlose Grüne,
Lagern
schwarzweißer Kühe,
Lauschen.
Zwischen den Herden
standen Gräben voll Wasser
(mit Stangen
setzten die Bauern hinüber).
Und Kanäle zogen sich hin,
schnurgerade Chausseen,
rundbauchige Boote am Grasufer,
geputzte Häuser.
Fiel aber die Sonne
auf stäubenden Schnee
und die blank und hart gewordenen Rinnen,
banden die Männer sich
Holländer-Kufen unter die Schuhe;
und mit weit ausholenden Schwüngen,
Geflügel und Eier
im Korb auf dem Rücken,
glitten
sie über die Ebene
zur Stadt.
Auf spitzen Schlittschuhen
mühten wir Jungen uns ab,
ihnen zu folgen.
Sie beachteten
uns kaum.
Ostfriesland, 1988
Erinnerung, die Flügel spann
und trage mich in alle Fernen,
zeig mir von fern mein Leben an,
lass mich mit dir mein Leben lernen
aus Sternenhöhen, Traumestiefen,
wo meine besten Worte schliefen.
Vergessend, war ich stumm und blind
und in Verzweiflung schon verschlagen –
führ mich, dass ich den Bruder find,
sein Losungswort ihm vorzusagen,
sein Bestes aus mir zu befreien,
dass seine Seufzer Taten seien.
Die Heimat liegt in deinem Schein,
durch Nebel kommend aus dem Grunde.
Bin Tau, ein Morgenwind zu sein,
ein leiser Bauch an ihrem Munde,
füg du mich in ihr großes Leben,
in Atemholen, Atemgeben ...
Ostfriesland, 1995
Du bist mir ferne nun.
Doch hat in meinem Leben
so viel mit dir zu tun –
und kann sich niemals geben.
Auch in die Herzen schnitt
sich ein der tiefe Graben.
Doch immer mit uns mit
geht, dass wir uns noch haben.
Was hält uns nur gebannt.
Sollt nicht die Wunde heilen –
es ist ja unser Land,
das lässt sich niemals teilen.
Ostfriesland, 1996
Weh, was ich greife, was ich trage,
zerfließt zur Ungestalt,
ich ringe, und ich schlage,
schon überkommen von Gewalt;
und Enge kommt, und Stöcke
wild prügeln auf mich ein,
erstarrend seh ich Blöcke,
die drücken meine Augen ein.
Vergehen muss ich, weichen
und tauchen in der Sande See –
bis Weiten durch mich streichen,
aus denen ich durchpulst ersteh.
Moorlandschaft, 1989
Himmel oben, Himmel unten. Taumelnd schweben wie als Kind,
wenn ein Spiegel in den Händen senkte mich und hob mich blind.
Anprall, immer neu, zerschnitten schäumend nahe. O der Bug: