Ein Sommer auf der Alp - Alfred Götz - E-Book

Ein Sommer auf der Alp E-Book

Alfred Götz

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Beschreibung

Heute ist es verlockend geworden, sich ein Leben weit abgeschieden von den Städten vorzustellen. Und der Inbegriff eines solchen Lebens ist die Alp. Aber was es wirklich einstmals bedeutet hat, dort zu wohnen und zu arbeiten, wissen die wenigsten. Alfred Götz hat im Alter von 12 Jahren im Sommer 1954 unter teils unwirtlichen Bedingungen auf der Alp Preda-Sovrana im Val Madris, einem Seitental vom Avers, beim Hüten der Rinder und der Käseherstellung geholfen. Durch seine lebendig geschriebene und faktenreiche Schilderung erfahren wir viel von einer Vergangenheit, die uns weit entfernt erscheint, aber eigentlich noch gar nicht so lange her ist. Unterstützt durch Archivmaterial und weitere Zeitzeugenberichte, entsteht so vor dem geistigen Auge der Leserinnen und Leser ein detailreiches, anschauliches Bild der damaligen Lebensumstände. Rezepte für traditionelle Gerichte runden diesen Einblick in eine mühevolle, aber auch erlebnisreiche Zeit ab.

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Seitenzahl: 45

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Zum Autor

Alfred Götz wurde 1942 in Stein am Rhein, Kanton Schaffhausen geboren und wuchs in Passugg, Kanton Graubünden auf. Nach dem Besuch der Volksschule in Passugg und Chur erlernte er den Beruf eines Mechanikers und studierte danach an der HTL in Chur Verfahrenstechnik. Seit einigen Jahren schreibt er genealogische Bücher vor allem interessieren ihn Familiengeschichten.

Inhaltsverzeichnis

Ein Sommer auf der Alp

Die Vorbereitung

Die Alpgenossenschaft

Die Alpfahrt

Die Alphütte

Das Hirtenleben

Alpabfahrt

Rezepte

Quellenangaben

Abbildungsverzeichnis

Dank

Ein Sommer auf der Alp

Viele Menschen träumen vom schönen Leben auf der Alp. Immer an der frischen Luft, totale Freiheit und viel Sonnenschein, so stellen sie sich das Leben dort vor. Das mögen sie auch so erleben, aber die meisten Touristen kommen nur bei gutem Wetter. Natürlich ist es schön als Hirt, natürlich hat man viel Freiheit, aber wenn es schneit, hagelt oder stürmt, dann sind meistens keine Besucher auf der Alp. Und wenn, dann fast immer in einer schützenden Unterkunft. Und beim Hirten, da geht die Arbeit dann erst richtig los. Darüber werde ich Ihnen noch mehr erzählen. Doch auch wenn ich am Schluss der Alpzeit immer gesagt habe: «Hierher komme ich nie wieder», war ich doch drei Jahre später wieder da in dieser gottverlassenen Gegend. Das, was ich hier berichten werde, spielt sich im Sommer 1954 auf der Alp Preda-Sovrana im Val Madris, einem Seitental vom Avers, ab.

Ich war gerade 12 Jahre alt. Die Alp gehörte der Gemeinde Soglio, die auf der anderen Seite des Berges, im Bergell liegt. Sie war schon viele Jahre von der Alpgenossenschaft Preda-Sovrana im Domleschg gepachtet. Diese Alp wurde bestossen mit Vieh aus dem Domleschg, Heinzenberg, Schams und Avers. Die Bauern von Soglio hatten ein ganz geländegängiges Vieh. Sie trieben es über den 2700 Meter hohen Prassignolapass. Unterhalb des Passes ist das Gelände derart steil, dass die Besitzer der Alp eine Treppe mit 120 Tritten gebaut hatten, über die das Vieh laufen konnte. Weiter unten war es nicht viel besser. Im Val Roda oberhalb der Alp Sovrana ist es so steil, dass es selbst für Bergwanderer nicht ganz ungefährlich ist.

Abbildung 1: Treppe am Prassignolapass 1985

Abbildung 2: Bauern mit Kuh von Soglio 19331

1. Kulturarchiv Graubünden, Archivio Storico Bregaglia.

Die Vorbereitung

Noch nicht lange war ich von einem Ferienaufenthalt im Kinderheim von Mümliswil wieder zuhause. Es war Mitte Mai und das Wetter regnerisch und für die Jahreszeit recht kühl. Röbi, mit dem ich zur Schule ging, besuchte mich und ich erzählte ihm von meinen Erlebnissen in Mümliswil, wo ich drei Wochen lang war und das während der Schulzeit. Da kam das Gespräch auf den bevorstehenden Sommer und was wir da machen würden. Meine Erinnerungen waren, dass ich in den Sommerferien meistens zuhause war, außer in den Sommern 1951 und 1952, als ich bei den Großeltern des Vaters in Stein am Rhein in den Ferien war. Tatsächlich, waren es ja nur die Sommer 1949, 1950 und 1953 wo ich in den Sommerferien zuhause war. Röbi erzählte mir vom letzten Sommer, als er mit seinem Onkel im Avers gewesen war und Galtvieh gehütet hatte.

«Ich gehe diesen Sommer auch wieder auf die Alp», erzählte er mir und fragte mich: «Kommst du mit mir auf die Alp?»

Ich hatte keine Ahnung, was man auf der Alp macht. Aber von anderen Schulkameraden wusste ich, dass diese im Sommer immer einer Beschäftigung nachgingen. So verdienten sie sich ein kleines Sackgeld, was in dieser Zeit immer ein willkommener Zustupf zum kargen Leben war. Nur wir hatten nie eine Nebenbeschäftigung in den Ferien, auch wenn wir dies dringend nötig gehabt hätten. Wieso eigentlich nicht, fragte ich mich oft.

«Was macht man da auf der Alp?», wollte ich von Röbi wissen. Ausser dass wir Kinder jeden Herbst ganz gespannt die Kuhherden bestaunten, die reich geschmückt mit Kränzen von der Ochsenalp herunterkamen, wusste ich von den Tätigkeiten dort überhaupt nichts.

Röbi erzählte mir, dass er schon zwei Sommer davor mit seinem Onkel Beni als Galtviehhirt in der Alp Preda-Sovrana gewesen war und dass man dort Kälber, Rinder und Kühe hüte. Röbi hatte mich begeistert, aber ich konnte mir trotzdem immer noch nicht so richtig vorstellen, wie es wirklich dort war.

«Ich werde mit meiner Mutter sprechen und sie fragen, was sie dazu meint, wenn ich im Sommer auf die Alp gehe», gab ich Röbi zur Antwort.

Voller Begeisterung erzählte ich meiner Mutter von meinem Vorhaben. Sie hatte natürlich nichts dagegen. Hatte sie doch so wieder eins weniger am Tisch, auch wenn es nur drei Monate waren. So gab ich Röbi die Antwort, dass er mit mir rechnen könne, und war gespannt, wie das auf der Alp so sein würde.

«Du musst noch einige Stecken mitnehmen, die brauchen wir, um das Vieh zu treiben», bemerkte Röbi. «Am besten sind Haselstecken, so ein bis zwei Zentimeter dicke und etwas mehr als einen Meter lang», erklärte er weiter. «Am besten so zehn Stück.»

Also ab in den Wald und Haselstecken schneiden. Das war aber gar nicht so einfach, weil es im Wald kaum Haselstauden gab. Aber irgendwie habe ich doch welche gefunden und geschnitten, einen ganzen Bund.

Abbildung 3: Alpabfahrt am Klausenpass 2017

Die Alpgenossenschaft