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Mit Geschichten, Gedichten, Bildern, Märchen und einem Tagebuchroman Eine Nöstlinger für jeden Tag: Eines der erfolgreichsten Nöstlingerbücher ist wieder zu haben - randvoll mit neuen Texten und einem neuen Fortsetzungsroman! 365 Mutmacher-Gedichte, echt wahre Märchen, Kinderträume, Ratschläge, Sehnsuchtsverse, Weisheiten, Bauernregeln, philosophische Schüler- und Elternfragen … Und zu alledem die spannende Geschichte des kleinen Außerirdischen PS-012, der eine Crashlandung auf der Erde hinlegt und sich nun mit allerhand seltsamen Erdlingen herumschlagen muss - in Fortsetzungen über das ganze Jahr verteilt. Eine wahre Schatzkiste an Ideen, Bildern und Sprachspiel. Das bunte Hausbuch für die ganze Familie.
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Seitenzahl: 196
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Das große Hausbuchmit Geschichten, Bildern, Texten, Sprüchen, Märchenund einem Tagebuch-Roman
CHRISTINE NÖSTLINGER
HEIDE STÖLLINGER
Ein und Alles
1.1.
Zum Hoffen
ist immer
ein Löchlein
offen!
(Alte Mäuseregel)
2.1.
Lieber XY!
1. Warum kommt ein Unglück selten allein?
2. Warum fällt ein Apfel nicht weit vom Stamm?
3. Warum sind aller guten Dinge drei?
Deine Iris
Liebe Iris!
1. Wer hat dir diesen Plunder erzählt?
2. Ein Unglück kommt immer allein! Das siehst du schon daran, dass es die Mehrzahl von Unglück gar nicht gibt. „Zwei Unglücke“? Na eben.
4. Dass aller guten Dinge weit mehr als drei sein können, wird dir ja wohl selbst ein Blick in die Auslage eines Konditors zeigen.
In der Hoffnung, dein Weltbild zurechtgerückt zu haben,
Dein XY
3.1.
4.1.
Entschluss
Am letzten Tag des alten Jahres fasste der Hans gute Vorsätze. Er stellte sich vor den Spiegel, schaute sich in die Augen und sprach: „Ab nun will ich in der Nacht nicht mehr schnarchen und auch meiner kleinen Schwester nicht mehr in den Hintern treten!“
Am Morgen des ersten Tages im neuen Jahr, als der Hans erwachte, sagte seine kleine Schwester zu ihm: „Heute in der Nacht hast du vielleicht wieder einmal laut geschnarcht!“ Da sprang der Hans aus dem Bett, lief zum Spiegel, schaute sich in die Augen und sprach: „Der Mensch hat eben keinen freien Willen!“ Dann drehte er sich um und trat seiner kleinen Schwester in den Hintern.
5.1.
Kleines Mutmachergedicht
Am Geburtstag den lieben Eltern aufzusagen
6.1.
Aus Aufzeichnungen, gefunden im Briefkasten der Sternwarte von Popelburg.
7.1.
8.1.
Aus Aufzeichnungen, gefunden im Briefkasten der Sternwarte von Popelburg.
9.1.
Mein Hals ist nicht rot, ich habe kein Fieber, meine Nase rinnt nicht, und mein Husten klingt auch nicht wirklich echt. Also habe ich nicht länger krankspielen können und muss heute in die Schule gehen. Garantiert schließt die Mama, wenn ich aus dem Haus bin, mein Fenster.
Dagegen kann ich im Moment nichts machen. Aber nach der Schule suche ich mir aus unserer großen Schlüsselkiste einen Schlüssel raus, der zu meiner Zimmertür passt. Und sperre mein Zimmer ab. Und die Mama kommt nicht mehr an mein offenes Fenster ran.
10.1.
Alle sind zufrieden mit mir
Die Mama ist zufrieden mit mir, wenn ich im Haushalt helfe. Der Papa ist zufrieden mit mir, wenn ich gute Noten habe. Der große Bruder ist zufrieden mit mir, wenn ich ihm von meinem Taschengeld etwas abgebe. Die kleine Schwester ist zufrieden mit mir, wenn ich ihre Rechenhausübung mache. Die Oma ist zufrieden mit mir, wenn ich nicht fernschaue und nicht Radio höre. Wahrscheinlich ist es sehr ungerecht von mir, wenn ich mit ihnen allen nicht zufrieden bin!
11.1.
VERWECHSELST DU
AM ELFTEN JÄNNER
NOCH IMMER DEN ZÄHLER
MIT DEM NENNER,
BIST DU KEIN WAHRES
RECHENGENIE
UND ERLERNST DAS BRUCHBRECHEN NIE!
Alte Lehrerregel
12.1.
Aus Aufzeichnungen, gefunden im Briefkasten der Sternwarte von Popelburg.
Normalerweise kann ich mit meiner Mama gut verhandeln. Sie ist nicht so eine, die Befehle ausgibt und erwartet, dass man sie ohne Widerspruch befolgt. Erklärt man ihr vernünftig, warum man etwas nicht tun kann, gibt sie fast immer nach. Aber mein offenes Fenster kann ich ihr nicht vernünftig erklären. Soll ich vielleicht sagen: „Damit PX-012 reinfliegen kann!“?
Und meine Schlüssel-Idee haut auch nicht hin. Die Mama hat nämlich in der Schlüsselkiste einen zweiten passenden Schlüssel gefunden.
So spielen wir halt: Ich reiße das Fenster auf, sie kommt rein und macht es zu, ich reiße es wieder auf, und sie kommt rein – und so weiter und so fort. Das nervt!
13.1.
Allergrößte Not
Es ist stockdunkel,
da sind Schritte ums Haus.
Hör auch Gemunkel.
Wag mich aus dem Bett nicht raus.
Mond will nicht scheinen,
viel Regen prasselt ans Fenster,
mir ist zum Weinen,
vor der Tür stehen Gespenster.
Sollt aufs Klo,
müsst dringend Pipi,
fürcht mich so.
Den Weg schaff ich nie!
Pitschpatschnass
ist nun die blöde Matratze.
Oh, wie ich das hass!
Morgen schieb ich’s auf die Katze!
14.1.
Das Kind träumt:
Es ist Montag, frühmorgens. Punkt sieben Uhr. Es steht auf und räumt seine Schultasche ein. Es will das Matheheft in die Schultasche tun, da fällt ihm ein, dass es vergessen hat, die Hausübung zu machen. „Mama, Papa, kommt her!“, schreit das Kind. „Ihr müsst mir helfen!“ Die Mama und der Papa kommen gelaufen. „Sind nur zwei Beispiele“, sagt das Kind. Es setzt sich zum Schreibtisch und schlägt das Matheheft auf. Die Mama beugt sich über seine Schulter und diktiert: „Zwei a plus sieben b plus drei a minus zwei b sind fünf a plus fünf b.“ Dann beugt sich der Papa über seine Schulter und diktiert: „Wenn zwei Maurer in acht Stunden eine Mauer bauen, bauen sechzehn Arbeiter diese Mauer in einer Stunde!“ Zehn Minuten nach sieben Uhr klappt das Kind sein Matheheft zu, und die Mama und der Papa sagen: „Na, das hätten wir wieder einmal geschafft!“
Das Kind wacht auf:
Es ist Montag, frühmorgens. Punkt sieben Uhr. Es steht auf und räumt seine Schultasche ein. Es will das Matheheft in die Schultasche tun, da fällt ihm ein, dass es vergessen hat, die Hausübung zu machen. Ganz blass wird das Kind, seine Hände zittern, sein Magen krampft sich zusammen. „Was ist denn wieder los mit dir?“, fragt die Mama. „Mir ist übel“, sagt das Kind und legt sich wieder ins Bett. Und der Papa sagt: „So oft wie unser Kind ist sonst keines krank!“
15.1.
Viel Latein
„Wie schaut denn deine neue Freundin, die Annaluise, aus?“, fragte die Mutter den Hans.
Der Hans antwortete: „Sie hat blitzblaue Oculi und einen blutroten Os, zierliche Pedes und eine winzige Nasus. Bloß das linke Auris steht ihr ab!“
Da rief die Mutter: „Hans, wie redest du denn? Bist du übergeschnappt?“ Der Hans zeigte mit einer Hand auf seinen Unterbauch und mit der anderen Hand auf den seiner Mutter und sprach: „Warum sollen nur Vagina und Penis einen Anspruch auf lateinische Namen haben? Gleiches Recht für alle Körperteile!“
16.1.
Sehnsucht
Ich habe Sehnsucht
nach einer Meeresbucht
mit Felsen und Strand
in einem fernen Land.
Dort möcht ich sitzen,
in der Sonne schwitzen
und Sehnsucht haben
nach hungrigen Raben
auf kahlen Feldern,
nach verschneiten Wäldern
und eisigem Windeswehn.
Kann’s selbst nicht verstehn.
17.1.
Leidenschaft
Was aus der Nase rauszubohren
und das Schmalz aus den Ohrenschützern
zu holen
und beides ganz verstohlen
zu einem Kügelchen zu drehen
und das genau zu besehen
und ein bisschen zu belecken
und es hierauf in den Mund reinzustecken,
das finden die meisten Leute abscheulich.
Aber für mich ist es so erfreulich
wie sonst nichts im Leben.
Drum muss ich es mir dreimal täglich geben!
18.1.
Abendgebet
Lieber guter Jesus Christ,
wennst ein bisschen einsichtig bist,
verstehst, dass ich sehr oft lüge
und Mama und Papa betrüge.
Die Wahrheit trägt mir bloß Prügel ein.
Das kann nicht dein Wille sein!
19.1.
Aus dem Schulbuch ELTERN IN ALLER WELT,
zugelassen für das Unterrichtsfach ELTERNLEHRE 5. und 6. Schulstufe:
Es gibt keine Eltern-Prüfungen. Der Eltern-Beruf wird ungelernt ausgeübt!
Gelernt wird am lebenden Objekt, dem Kind.
Die Annahme, dass Eltern mit vielen Kindern den Eltern-Beruf daher besser beherrschen als Eltern mit nur einem Kind, muss nicht richtig sein. Es kommt auch auf das Talent an! Möglicherweise haben sogar viele kinderlose Menschen mehr Talent zum Eltern-Beruf als Normal-Eltern!
Merke:
Eltern haben keine Eltern-Berufsausbildung.
Besprecht das in der Klasse!
Denkt nach, welche kinderlosen Menschen ihr kennt, die mehr Talent zum Eltern-Beruf haben als eure Eltern!
20.1.
Liebe Tante Olga,
woran erkennt man, wer in der Familie das Oberhaupt ist?
Dies will wissen
dein Felix
Lieber Felix,
allgemein gilt: Der Vater hält sich dafür, die Mutter ist es! Andersherum kann es aber auch sein. Es gibt etliche Tricks, das Oberhaupt rauszufinden. Etwa: Wer den ganzen Abend die TV-Fernbedienung in der Hand hält! Wer sich dreimal die Woche Sauerkraut mit Blutwurst als Mittagessen bestellen kann, obwohl außer ihm niemand diese Speise mag! Und dergleichen mehr. Wer schreit und herumbrüllt, kann auch ein „Schein-Oberhaupt“ sein, das in Wirklichkeit harmlos ist und nichts zu melden hat. Probier doch einmal Folgendes aus: Frag alle deine Familienmitglieder, ob sie sich als Oberhaupt fühlen. Falls nur dein kleiner Bruder die Frage mit „Ja“ beantwortet, dann gehört ihr zu einer Minderheit.
Aber auch damit lässt sich leben.
Deine Tante Olga
21.1.
21. 1.–19. 2.
Wassermann sucht Wasserfrau,
will keine andre küssen,
weiß aber doch recht genau,
er wird sich bescheiden müssen.
Denn Wasserfrauen lieben nur Fische
und teilen mit denen Bett und Tische.
22.1.
Lebenshilfe
Rede dir deinen Jammer vom Herzen.
Das lindert deine Seelenschmerzen.
Lass allen Kummer aus dir raus!
Sprich dich aus, sprich dich aus!
Und hast du zu keinem Menschen genügend Vertrauen,
musst dir beim Jammern halt im Spiegel zuschauen.
23.1.
Bei uns gibt es alles für den kleinen Puppenvater!
Unsere sprechenden, nässenden und fütterwilligen
Puppenkinder sehnen sich nach einem lieben Vater.
Puppenkinder brauchen Väter,
sonst werden sie später
alte, neurotische Puppen
und müssen in therapeutische Gruppen!
Puppen und Zubehör bei Spielwaren Berger!
24.1.
Dialog nach begangener Schandtat
Vater:
Entscheide selbst: Willst du Hiebe
oder dreiwöchigen Entzug von Liebe?
Kind:
Komm mir doch nicht gar so grob,
spendier mir lieber ein wenig Lob!
Vater:
Dreimal verdammt soll ich sein,
fiel mir an dir was zum Loben ein!
Du baust ja immer nur Riesenmist,
weil du der geborene Versager bist!
Kind:
Derart nichts nütze sein ist schwere Lebenslast,
und wenn du das endlich einmal begriffen hast,
dann überwinde dich
und tröste mich.
25.1.
Selbsthilfe
„Ich bin so unglücklich“, sagte der Hans zur Mutter. „Was soll ich dagegen tun?“
„Versuche es mit guten Taten“, sagte die Mutter. „Tue jeden Tag eine gute Tat!“
„Warum?“, fragte der Hans.
„Weil gut sein glücklich macht“, sagte die Mutter
„Ich will es versuchen“, murmelte der Hans.
Nach drei Tagen erkundigte sich die Mutter, ob es der Hans mit den guten Taten schon versucht habe.
„Ja!“, rief der Hans. „Und es hat fabelhaft geholfen! Vorvorgestern habe ich mir Schokolade geschenkt! Vorgestern habe ich mir eine Kinokarte gekauft! Gestern habe ich mir eine Geschichte vorgelesen!“
„Du dir selber? Alles du dir selber?“, rief die Mutter entsetzt.
„Na, sowieso!“, sagte der Hans. „Wer so unglücklich ist wie ich, hat gute Taten wohl am allernötigsten!“
26.1.
Äußerst ungewöhnlich
Kindchen mühte sich im Meer,
Schwimmflügel an den Armen.
Kam ein großer Fisch daher,
den tat das Kind erbarmen.
Fisch rief: „Setz dich auf meinen Rücken!
Ich trage dich durch die Wogen!“
Kindchen tat’s mit viel Entzücken.
Dann sind sie losgezogen.
Seit Jahren ziehen nun die beiden
durch alle Weltenmeere.
Kindchen mag den Fisch gut leiden,
wüsst nicht, bei wem’s besser wäre!
Manchmal sieht sie ein Hafenpolizist
und denkt, dass er nun spinne,
weil das ja ganz unmöglich ist
und gewiss eine Täuschung der Sinne!
27.1.
Ohrfeigen
Nachdem der große Bruder dem Hans wieder einmal eine Ohrfeige gegeben hatte, sagte sich der Hans: „Beim nächsten Mal wird zurückgeschlagen! Haut er mir eine runter, hau ich ihm eine rauf! Das ist nur gerecht!“
Und dann dachte sich der Hans: Da die Hände meines Bruders doppelt so lang sind wie die meinen, muss ich ihm eigentlich zwei Ohrfeigen geben! Und da sie auch doppelt so breit sind, muss ich ihm eigentlich vier Ohrfeigen geben. Und da er auch mit doppelt so viel Kraft zuschlagen kann, muss ich ihm eigentlich acht Ohrfeigen geben, wenn er mir eine gibt! Ob ich das auch schaffe?
Lange dachte der Hans darüber nach, dann sagte er zu sich:
„Ich glaube, brutale Gewalt sollt’ in der Familie nicht sein!“
28.1.
Aus Aufzeichnungen, gefunden im Briefkasten der Sternwarte von Popelburg.
Der Kampf um das offene Fenster ist beendet. Die Mama hält sich für die Siegerin. Aber ich habe freiwillig nachgegeben. Drei Wochen sind seit der Nacht, in der PX-012 bei mir gelandet ist, vergangen. Ich habe die Hoffnung, ihn wiederzusehen, aufgegeben. Die winzige silberne Jacke liegt ganz hinten in einer Schreibtischlade versteckt. Meine Schwester hat sie nämlich gesehen und wollte sie für ihre Barbies haben, und hat einen Schreikrampf bekommen, weil ich sie ihr nicht gegeben habe. Normalerweise bin ich nicht geizig zu ihr, aber ich verschenke doch nicht das einzige Andenken, das ich an einen Außerirdischen habe!
29.1.
Nicht schön,
dass sie im Suppenpott
den Teddy
und die Puppen sott!
30.1.
Brief an Martina
Wenn du bei mir zu Besuch bist, reißt du meiner liebsten Puppe ein Bein aus, schmierst Schokolade auf meine schönen Bücher, sagst, dass bei dir alles besser sei, steckst heimlich mein neues Matchboxauto ein, schnäuzt deinen Nasenrotz in meine Gardine, lachst meine Oma aus, weil die ein bisschen dick ist, und immer, wenn ich es dir nicht recht mache, sagst du: Ich geh heim! Wenn ich bei dir zu Besuch bin, darf ich deine liebste Puppe nicht anfassen, bekomme ich ekligen Kakao mit Haut zu trinken, muss ich dir meine schöne, neue Haarspange schenken, soll ich dir unsere Rechenhausübung vorsagen, muss ich deinen widerlichen kleinen Bruder herumtragen, die Schuld an der kaputten Fensterscheibe, die du eingeschlagen hast, auf mich nehmen, und immer, wenn ich es dir nicht recht mache, sagst du: Geh heim!
Wenn ich dich nicht so schrecklich lieb hätte, würde ich mit so einem hundsgemeinen Luder wie dir nicht einmal eine Sekunde meines Lebens verbringen!
31.1.
Frau Huber und Gatte
Frau Huber und ihr Gatte
bekamen einen Sohn.
Sie packten ihn in Watte
und kauften ihm einen Thron.
Hätschelten ihn, rund um die Uhr,
und liebten ihn über die Maßen.
Doch der Knabe quengelte nur,
verfiel auch oft ins Rasen.
Er schätzte die viele Liebe nicht,
Watte und Thron war’n ihm ein Graus.
Er war auf Abenteuer erpicht
und verließ eines Nachts das Haus.
Keiner hat ihn je mehr gesehen.
Frau Huber und Gatte starben vor Gram.
Aber jedes Kind wird sicher verstehen,
dass sich der Sohn die Freiheit nahm!
1.2.
Frost und Frust
– genau besehn –
sind auch
im Februar nicht schön!
Alte Bauernregel
2.2.
Alle Eltern sind gleich
Alle Kinder sind verschieden
Das Bedürfnis der Eltern ist: Gebraucht zu werden.
Das Bedürfnis der Kinder ist: Eltern nicht zu brauchen. So etwas ist ein Konflikt.
Die Schwierigkeiten, die aus diesem Konflikt entstehen, haben die Kinder zu tragen. Doch gute Eltern helfen ihren Kindern beim Tragen. Das heißt: Sie kaufen den Kindern einen erstklassigen Rucksack, der das Gewicht schön gleichmäßig auf beide Schultern verteilt.
3.2.
Lieber XY,
ich lese sehr gerne, aber ich weiß nicht, wie man sich verhalten muss, wenn man ein Buch fertig gelesen hat. Darf man die Geschichte weiterdenken? Ganz wie man will? Oder muss man vorher beim Buch-Autor anfragen, wie er das gern hätte?
Deine Elvira
Liebe Elvira,
mit dem Kauf eines Buches hast du das Recht erworben, die Geschichte, ganz nach Belieben, weiterzudenken. Du kannst sogar, ohne dass der Autor etwas dagegen tun kann, im Buch herumstreichen. Wenn dir der Name des Helden zum Beispiel nicht gefällt. Wenn der Josef heißt und dir Franz besser gefallen würde, kannst du sämtliche Josefs durchstreichen und Franz drüberschreiben. Wenn du allerdings auf Maria ausbesserst, musst du auch alle „er“ auf „sie“ ändern. Ob sich die Mühe lohnt?
Dein XY
4.2.
Deutschland – Österreich
1. Lektion
Was bei euch eine Griebe ist,
ist bei uns eine Grammel,
wenn uns der Reis geht,
habt ihr einen Bammel!
Was bei euch ein Furz ist,
ist bei uns ein Schas,
und redet ihr Quatsch,
erzählen wir einen Kas!
Eure Ladenschränke sind unsere Kasteln.
Apropos Schas:
Es gibt auch einen mit Quasteln –
was bei euch ein Furz
mit Pommeln wär.
Und überreife Tomaten
sind gatschige Paradeiser, bitte sehr!
Bonbons sind Zuckerln,
Locken sind Wuckerln,
depperte Umurken
sind doofe Ziegen,
und wenn wir einen Strauken kriegen,
habt ihr einen Schnupfen.
Und Punkte sind Tupfen!
So weit die erste Lektion.
Weiteres folgt morgen schon.
5.2.
Deutschland – Österreich
2. Lektion
Pfannkuchen sind
üblicherweise Omeletten.
Hupfen wir in die Hapfen,
kriecht ihr in die Betten.
Omeletten können aber auch
Palatschinken sein,
und wenn wir piperln,
dann trinkt ihr viel Wein.
Wertloser Kram
ist notiges Klumpert,
und ein Herz, das laut klopft,
das pumpert.
Brötchen sind Semmerln,
Hasenscheiße sind Bemmerln.
Ein Hefenapfkuchen
ist ein Germgugelhupf,
und türmt sich was auf,
dann hat’s einen Gupf!
Ein Kuddelmuddel
ist ein Wirrwarr,
und mir wird sehr klar:
Alle Vokabeln sind nicht in zwei Lektionen zu schaffen,
so schnell ist die Übersetzerei nicht zu raffen!
6.2.
Ein braver Hai
frisst Haferbrei
7.2.
Deutschland – Österreich
3. Lektion
Malochen heißt bei uns hackeln
und unterwürfig sein dackeln.
Eine Tunke ist eine Soß',
ein Knödel ist ein Kloß.
Macht ihr Zicken, machen wir Faxen,
und Beine sind bei uns Haxen.
Storchenbeine
sind Kakaosprudler,
Kräuterlimonade
ist Almdudler.
Ein Dreikäsehoch
ist ein Zwutschkerl, ein kleines.
Ein fieser Knülch
ist ein Gfrast, ein gemeines.
Stelzen
sind Eisbeine.
Wuzerln sind Krümel, sehr kleine.
Ein Nasenpopel ist ein Rammerl,
und Schweinebauch heißt Wammerl.
Wer bei euch einen Pimmel hat,
hat bei uns ein Zumpferl,
und ein Bleistiftrestchen
ist ein Stumpferl.
Das WC nennen wir Abort.
Und morgen fahre ich weiter fort.
8.2.
Deutschland – Österreich
4. Lektion
Schaufenster sind bei uns Auslagen.
Und wenn wir zu einem Herzbinkerl sagen,
dann ist der unser liebstes Schätzchen.
Und Honigbusserln sind kleine Plätzchen!
Maschen sind Schleifen,
und keppeln heißt keifen.
Ein widerlicher Mensch ist ein Untam,
und Schlagobers ist Süßrahm.
Oder nennt ihr das süße Sahne?
Jedenfalls hat einer, der nach Schnaps riecht,
eine mordsdrum Fahne!
Aber auch wir sind cool
und plantschen im Pool,
haben einen Walkman,
wollen Movies sehn,
fühlen uns okay, super und fit,
singen den allerletzten Hit,
checken was und fixen,
zahlen cash und mixen,
brüllen „stopp!“
und sind on top.
Man sieht: Ob Deutschland oder Österreich,
sehr viele Wörter sind doch gleich!
9.2.
Aus Aufzeichnungen, gefunden im Briefkasten der Sternwarte von Popelburg.
Meine Oma sagt oft: Die Hoffnung stirbt zuletzt!
Bei mir war die Hoffnung, PX-012 noch einmal zu sehen, schon vor gut einer Woche gestorben. Doch heute am Nachmittag schaue ich zum Fenster raus, weil es dicke Flocken schneit, da sehe ich zwischen dem Marillenbaum und dem Apfelbaum einen kleinen Mugel in der dünnen Schneedecke. Als ob unter dem Schnee ein toter Igel liegt. Oder ob ein Gummiball meiner Schwester eingeschneit worden ist. Aber im Februar spielt meine Schwester nicht im Garten Ball, und Igel ziehen sich zum Sterben in einen ruhigen Winkel mit Gestrüpp zurück. Außerdem schimmert irgendetwas aus dem Mugel rosarot heraus. Nicht dauernd, sondern alle paar Sekunden für einen Augenblick. Sofort ist meine gestorbene Hoffnung wieder lebendig! Ich reiße das Fenster auf, springe raus, renne zum Mugel, wische ihn vom Schnee frei, und da liegt tatsächlich die Kugel-Kapsel und blinkt vor sich hin!
Jetzt ist es fast schon Mitternacht. Alle im Haus schlafen. Ich sitze beim Schreibtisch und starre die Kugelkapsel an. Sie ist bummfest geschlossen! Einen Knopf oder eine Taste zum Öffnen hat sie nirgendwo. Und brutale Gewalt anzuwenden, wage ich nicht. Da könnte ich sie kaputt machen. Ich bin echt ratlos! Ich weiß ja nicht einmal, ob PX-012 in der Kapsel ist. Und falls er drin ist, ob er nicht raus kann oder nicht raus will. Jetzt schlägt die Kirchturmuhr Mitternacht und mir fällt vor Müdigkeit fast der Stift aus der Hand. Also übersiedle ich besser ins Bett!
10.2.
Menschlichkeit
Meiers Katze fing im Garten eine junge Wühlmaus
und brachte sie zum Spielen ins Meierhaus.
Ließ sie lang laufen, fing sie schnell wieder ein
und schlug ihr die Krallen ins Fell hinein.
Warf sie hoch in die Luft, fing sie wieder auf
und hockte sich auf das arme Luder noch drauf!
Voll Empörung brüllte der gutherzige Meiervater:
„Ja, schämst du dich nicht, du mieser Kater?“
Und die Meiermutter flehte beseelt und inbrünstig:
„Ach, Kater, sei nicht so blutrünstig!“
Wild entschlossen entrissen sie dem Kater die Maus
und setzten sie, jammernd und klagend, vors Haus.
Das lädierte Vieh entschwand zwischen Kieselsteinen,
Mutter und Vater Meier war vor Mitleid zum Weinen.
Dann kauften sie Mausgift und streuten es aus fünf Tage.
Denn Wühlmäuse sind wirklich eine arge Plage!
11.2.
Aus dem Schulbuch ELTERN IN ALLER WELT,
zugelassen für das Unterrichtsfach ELTERNLEHRE 5. und 6. Schulstufe:
Manche Eltern sind dauernd in Sorge, aus ihrem Kind könnte „nichts Rechtes“ werden. Sie haben Angst, es könnte in der Schule „nicht mitkommen“, es könnte auf die „schiefe Bahn“ geraten, sich üble Charaktereigenschaften zulegen und dergleichen mehr. Diese Eltern haben kein gut entwickeltes Selbstbewusstsein. Sie halten von der Erbmasse, die sie an das Kind weitergegeben haben, nicht viel.
Merke:
Diese Eltern fragen sich im Geheimen stets:
Was kann denn aus einem Kind, das mir nachgerät, schon werden?
Denk darüber nach, ob es in deiner Familie jemanden gibt, den deine Eltern bewundern und für ehrenwert halten. Eine Großtante vielleicht? Oder ein Onkel! Studiere Benehmen, Gestik und Sprechweise dieser Person! Imitiere dies alles. Versuche auch, der Person ähnlich zu sehen. Etwa durch Frisur, Schielblick, Fettleibigkeit oder Abspreizen der Ohren!
Bald werden deine Eltern meinen, ihre Erbmasse habe bei dir nicht angeschlagen, und du kämst total nach dem Onkel bzw. der Großtante. Und sie werden deine Entwicklung weit weniger misstrauisch begleiten!
12.2.
Kleines Glückwunschgedicht
Der Schwester am Abend aufzusagen
Liebe Schwester,
ich gratuliere dir
zu dem Brief, den du gestern bekommen,
den hab ich nämlich an mich genommen
und der Familie vorgelesen.
Ach, ist das eine Freude gewesen!
Du weißt doch, wie traurig die Alten oft sind.
Ach, diese Trauer verschwand gestern geschwind!
Dass es so was gibt: dass dich einer liebt
und dass dich der „Hasimausi“ nennt,
das war denen bisher fremd.
Am liebsten haben sie den Satz gehört,
wo dieser Egon „ewige Treue“ schwört.
Und wo er schreibt,
wie ihr zusammen in den Mond gesehn,
da kicherte Tante Marie besonders schön.
Dein Brief, gute Schwester, hat es vollbracht:
hat traurige Eltern und traurige Tanten lachen gemacht.
Sei stolz auf dieses Egon-Schreiben,
umarme mich und lass das Weinen bleiben!
13.2.
Weiß der Kuckuck was?
Weil die Elstern gern glitzerndes Kleinzeug auflesen
und damit davonfliegen, nennt man einen Menschen, der stiehlt: DIEBISCHE ELSTER.
Weil die Spatzen gern in Schlammpfützen baden und davon schmutzig werden, nennt man einen Menschen, der recht vergammelt ist: DRECKSPATZ.
Weil die Pfaue gern prächtige Räder schlagen, nennt man einen Menschen, der sich mächtig aufputzt: EITLER PFAU.
Weil die Tauben so friedlich gurren, nennt man einen Menschen, der nie Streit anfängt und immer nett ist: SANFTE TAUBE.
Aber warum ruft man: WEISS DER KUCKUCK, WARUM? Warum sollte der Kuckuck etwas wissen, was sonst niemand weiß?
14.2.
Solche und solche
Einer hat eine Brandbombe durch ein Fenster in ein
Asylantenheim geworfen. Hinter dem Fenster haben
zwei kleine Mädchen geschlafen.
Die zwei kleinen Mädchen liegen nun mit schrecklichen
Brandwunden im Krankenhaus.
Wenn man nun den, der die Brandbombe geworfen hat,
ins Krankenhaus führen würde, zu den zwei kleinen
verbrannten Mädchen, was würde der denken, wenn
er sich die zwei kleinen verbrannten Mädchen genau
anschauen müsste?
Würde er denken: Das habe ich nicht gewollt!
Oder würde er denken: Gute Arbeit geleistet!
Das kann keiner wissen.