EinBlick ins Gehirn - Dieter F. Braus - E-Book

EinBlick ins Gehirn E-Book

Dieter F. Braus

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Beschreibung

<p><strong>Überblick über alle derzeitigen Modelle zu Hirnfunktionen und Neurowissenschaften</strong></p> <ul> <li>Komplexe Zusammenhänge einfach dargestellt</li> <li>Neurowissenschaftliche Forschungsergebnisse und ihre Bedeutung für die psychiatrischen Erkrankungen und ihre Behandlung</li> </ul> <p>Ein spannendes, innovatives Thema!</p> <p>Neu in der 3. Auflage</p> <ul> <li>komplett überarbeitet und aktualisiert</li> </ul> <p><br />Aus dem Inhalt</p> <ul> <li>Hirnentwicklung und funktionelle Neuroanatomie</li> <li>Neuroplastizität als Grundlage der Veränderung</li> <li>aktuelle Grundlagenforschung#</li> </ul> <p> </p>

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EinBlick ins Gehirn

Psychiatrie als angewandte klinische Neurowissenschaft

Dieter F. Braus

3., aktualisierte Auflage

64 Abbildungen

Vorwort zur 3. Auflage

Nach dem unerwartet großen Erfolg von „EinBlick ins Gehirn: Moderne Bildgebung in der Psychiatrie“ aus dem Jahr 2004 entstand im Jahr 2011 dieses zweite Buch „EinBlick ins Gehirn: Eine andere Einführung in die Psychiatrie“, das ich nun 2014 aktualisiert und erweitert habe. Diese spannende Thematik, die mich seit Jahrzehnten begleitet und immer noch fasziniert, bewegt sich weiter im Theoriegebäude der Hirnfunktion(en). Dieses Theoriegebäude wird gespeist von den Neurowissenschaften, den Naturwissenschaften sowie den sog. Lebens- und Kognitionswissenschaften. Es ist jedoch abzugrenzen vom Theoriegebäude der Geist-Seele-Funktion(en) bzw. der Geisteswissenschaften.

Das Buch soll Interesse für die Psychiatrie des 21. Jahrhunderts wecken oder vertiefen. Zumal die „Biologie der geistigen Prozesse“ für Psychiater und Psychotherapeuten (weiblich wie männlich) in Klinik und Praxis im Alltag z.B. für Psychoedukation und Entstigmatisierung immer mehr an Bedeutung gewinnt und auch auf die neuen Klassifikationssysteme DSM-V und ICD-11 Einfluss nehmen wird. Es ist abzusehen, dass im Curriculum der Psychiatrie und Psychotherapie der Anteil neurowissenschaftlicher Inhalte im Laufe der nächsten fünf Jahre weiter steigen und damit der Weg zur Psychiatrie als klinische Neurowissenschaft geebnet wird. In diesem Buch werden einige „Highlights“ der neurowissenschaftlichen Forschungsergebnisse und auch die zwischenzeitlich verfügbaren Methoden und Werkzeuge präsentiert, wobei die Auswahl – unter Berücksichtigung internationaler Strömungen – natürlich subjektiv aus der Sicht des Autors erfolgte.

Gleichzeitig wird versucht, den Praxisbezug der neuen Erkenntnisse herzustellen, wobei es nicht alleine um den Patienten (weiblich wie männlich), seine Erkrankung und deren Behandlung geht, sondern auch um einen EinBlick in das Verständnis der Welt, in der Patienten, Angehörige und Behandler gleichermaßen leben und zurechtkommen müssen. Ein Beispiel ist die ausführliche Beschäftigung mit dem „Social Brain“, das sowohl Beziehungen zur menschlichen Evolution und zu (aktuellen) politisch-ökonomischen Vorgängen als auch zum Empfinden und Verhalten des psychiatrischen Patienten hat. Auch wird das Basisprogramm für psychische Gesundheit (Bewegung, Ernährung, lebendige Sozialkontakte, Rhythmen und Rituale, kognitive Herausforderung, Entspannung und Achtsamkeit) an vielen Stellen thematisiert und die Bedeutung für den Alltag hervorgehoben.

Vertragen sich Neurowissenschaften überhaupt mit den gängigen Klassifikationssystemen psychiatrischer Erkrankungen? Vieles spricht dafür, dass neurowissenschaftliche Ergebnisse aus der Genetik, Molekularbiologie, Bildgebung und aus Tiermodellen dazu führen werden, dass der bisherige kategoriale Ansatz zugunsten eines dimensionalen verlassen wird. Das wird ein Umdenken im klinischen Alltag erfordern, was wahrscheinlich von langwierigen „Grabenkriegen“ zwischen den Protagonisten der alten Einteilung und des eher hypothesengeleiteten, neuen dimensionalen neurowissenschaftlichen Denkens begleitet sein wird. Einen kleinen Beitrag dazu, dieses Umdenken vorzubereiten und zu erleichtern, will dieses Buch leisten.

Und zum Schluss: Vergessen Sie bei aller Ernsthaftigkeit der Thematik nicht das Lachen, auch über sich selbst. Möglicherweise ist einmal lachen nicht ganz so gesund wie 10 Minuten joggen, aber Humor und Lachen haben eine wichtige Funktion für unser Belohnungssystem und damit für unsere psychische Gesundheit als soziales Wesen. Ein positiver emotionaler Stil, also z.B. auch mehr als einmal am Tag zu lachen, hat günstige Effekte auf das Immunsystem, das mit dem Nervensystem eng verwandt ist, und stärkt damit u.a. die Widerstandskraft gegen Viruserkrankungen und manche andere Unbill. Es kommt aber noch besser: Optimismus trotz kollektiver Trübsinnsorgien reduziert die kardiovaskuläre Mortalität und echte Freundschaft unter Menschen ist ein gesundheitsfördernder Faktor.

All diese guten Nachrichten beruhen auf ernsthafter Forschung, die zudem herausgefunden hat, dass unzufriedene und unzuverlässige Menschen früher sterben und sich in ihrer kürzeren Lebensfrist auch noch mit unzufriedenen Zeitgenossen umgeben; während glückliche und zuverlässige Menschen ebenso wie diejenigen, die gut über das Älterwerden denken, nicht nur länger leben, sondern in ihrem längeren Leben auch noch eher glückliche Menschen um sich scharen. Viel Spaß beim Lesen!

Dieter F. Braus, im Mai 2014

Abkürzungen

A

ABCB 

ATP-binding Cassette Sub-family B member

ADHS 

Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung

AMPA 

α-Amino-3-Hydroxy-5-Methyl-4-Isoxazol-Propionsäure

B

BDNF 

Brain derived neurotrophic factor

BMI 

Body-Mass-Index

BMP 

Bone morphogenetic Protein

BOLD 

Blood Oxygen Level Dependency

C

cAMP 

zyklisches Adenosinmonophosphat

COMT 

Katechol-O-Methyltransferase

CREB 

cAMP Response Element-binding Protein

CT 

Computertomografie

D

DAT-10R 

10-Repeat-(10R-)Variante des Dopamintransportergens

DAT1–440 

440er-Risikovariante des Dopamintransportergens

DNA 

Desoxyribonukleinsäure

DRD4–3R 

3er-Repeat-Variante des Dopaminrezeptorgenotyps 4

DTI 

Diffusions-Tensor-Imaging

DWI 

diffusionsgewichtete Bildgebung

E

EPI 

Echo-Planar-Imaging-Technik

F

fMRT 

funktionelle Magnetresonanztomografie

G

GABA 

γ-Aminobuttersäure

M

MRA 

Magnetresonanzangiografie

MRS 

Magnetresonanzspektroskopie

MRT 

Magnetresonanztomografie

N

NINCDS-ADRDA 

National Institute of Neurological and Communicative Disorders and Stroke – Alzheimer’s Disease and Related Disorders Association

NMDA 

N-methyl-D-aspartat-Glutamat

P

PET 

Positronenemissionstomografie

R

REM 

Rapid Eye Movement

S

SPECT 

Single-Photon-Emissionscomputertomografie

SWS 

Slow Wave Sleep

W

WHO 

World Health Organization

Inhaltsverzeichnis

Vorwort zur 3. Auflage

Abkürzungen

1 Psychiatrie im Kontext der Neurowissenschaften

1.1 Der Mensch, eine besondere Spezies

1.2 Vom Wurm zum „Social Brain“: assoziatives Lernen, Vorurteil, Weltbild

1.2.1 Reiz, Assoziation, Reaktion

1.2.2 Assoziatives Lernen und Vorurteile

1.2.3 Weltbilder

1.3 Psychiatrie und ihre gesellschaftliche Relevanz

1.4 Pathophysiologisches Modell für psychische Störungen

1.5 Bildgebung: Wichtiger Wegbereiter der Psychiatrie des 21. Jahrhunderts

1.5.1 Geschichte der Bildgebung in der Psychiatrie

1.5.2 Ausblick

1.6 Erkenntnistheoretische Überlegungen

2 Hirnentwicklung und Neuroanatomie

2.1 Entwicklungspsychobiologie

2.1.1 Hirnentwicklung intrauterin

2.1.2 Hirnentwicklung nach der Geburt

2.1.3 Frühe Erfahrungen

2.1.4 „Frühjahrsputz“ in der Pubertät

2.1.5 Genotyp und die Folgen früher Erfahrungen – Vulnerabilitätsgen (1. Beispiel)

2.1.6 Hirnentwicklung und Alterung

2.2 Funktionelle Neuroanatomie

2.2.1 Frontallappen

2.2.2 Temporallappen

2.2.3 Okzipitallappen

2.2.4 Parietallappen

2.2.5 Der „emotionale Apparat“: Gefühle – Emotionen – Motivation

2.2.6 Inselregion: „Wie fühle ich mich?“

2.2.7 Thalamus: „Tor zum Bewusstsein“

2.2.8 Basalganglien: Motorik und Belohnung

2.2.9 Hirnstamm

2.2.10 Kleinhirn

3 Plastizität – biologische Grundlage der Veränderung

3.1 Wie arbeitet das menschliche Gehirn?

3.1.1 Einteilung der Nervenzellen

3.1.2 Einteilung der neuronalen Verbindungen

3.2 Zusammenspiel zwischen lokalen Spezialisten und global integrierenden Arealen

3.3 Neuroplastizität

3.4 Gliazellen – weit mehr als nur Stützgewebe für Neuronen

3.5 Grundmodule neuronaler Plastizität

3.5.1 Aktionspotenzial und Neurotransmission

3.5.2 Neurotransmitter und Neuromodulatoren

3.5.3 Endocannabinoidsystem: „neuronale Notbremse“

3.5.4 Long-Term Potentiation (LTP) und Long-Term Depression (LTD)

3.5.5 Biologie des Lernens – dopaminerge Stimulation

3.5.6 Synaptische Reorganisation – Verankerung auf der DNA-Ebene

3.6 Mutation in der Promotorregion des BDNF-Gens stört Neuroplastizität – Vulnerabilitätsgen (3. Beispiel)

3.7 Genregulation und psychiatrische Erkrankungen

3.8 Tiermodelle für Plastizität und Lernen

3.8.1 Kalifornische Nacktschnecke

3.8.2 Languste

3.8.3 Maus/Ratte

3.8.4 Affe

3.9 Stress, Immunsystem und Neuroplastizität

4 Grundlagenforschung für die Psychiatrie des 21. Jahrhunderts

4.1 Genetik

4.1.1 Grundlagen

4.1.2 Familien- und Zwillingsforschung, Human Genome Project

4.1.3 Gene, Hirnfunktion und Kognition bzw. Emotion (4. Beispiel)

4.1.4 Arzneimittelwirkungen und -nebenwirkungen

4.1.5 Komplexe genetische Strukturvariationen

4.1.6 Genomic Imprinting

4.1.7 Epigenetik

4.1.8 Transposons: Mobile DNA-Elemente machen jedes Gehirn einzigartig

4.1.9 Genetische Reprogrammierung: Primärprävention psychischer Störungen?

4.1.10 Ausblick

4.2 Bedeutung von Tiermodellen für die Psychiatrie

4.2.1 Maus

4.2.2 Zebrafisch

4.2.3 Seeigel

4.2.4 Fruchtfliege

4.3 Was treibt uns bei Entscheidungen an?

4.3.1 Unbewusste Prozesse und „freie“ Entscheidung

4.3.2 Wie gelangt man zu einer befriedigenden Entscheidung?

4.3.3 Entschlossene und unentschlossene Wähler

4.3.4 Denken hilft zwar, nützt aber häufig nichts

4.3.5 Lassen sich Angst und Lust bei Entscheidungen beeinflussen?

4.4 Die Biologie des Menschlichen – Mensch und Social Brain

4.4.1 Kooperation als Evolutionsvorteil

4.4.2 Soziale Evaluation und Interaktion – hohe Kompetenz schon des Kleinkinds

4.4.3 Sozialer Ausgleich

4.4.4 Geld ausgeben für andere macht glücklicher

4.4.5 „Wären Sie glücklicher, wenn Sie reicher wären?“

4.4.6 Soziale Strafen, Neid und Ausgrenzung

4.5 Prosozialität und Religion

4.6 Ich-Erleben und Ich-Einheit

4.7 Bindung, Entspannung und Placeboeffekt als mögliche Grundlagen von Therapieerfolg

4.7.1 Bindung

4.7.2 Placeboeffekt

4.7.3 Meditation und Entspannung

4.8 Das Gehirn von Mann und Frau

4.8.1 Unterschiede in der Mikrostruktur des Gehirns

4.8.2 Unterschiede im Hirnfunktionsmuster

4.8.3 Einfluss der Erwartungshaltung auf die Forschungsergebnisse

4.9 Ernährung: mehr als Energiezufuhr

4.10 Schlaf und Gehirn

4.10.1 Schlafverhalten

4.10.2 Auswirkungen von Schlafdeprivation

5 Psychiatrische Erkrankungen

5.1 Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

5.1.1 Epidemiologie und Klinik

5.1.2 Persistenz und Flexibilität

5.1.3 Befunde bei ADHS

5.1.4 Neurotransmitter und die genetische Basis der ADHS

5.1.5 Gen-Umwelt-Interaktion

5.1.6 Normalisierung gestörter Hirnreifung in der Pubertät

5.1.7 Therapie mit Methylphenidat oder Atomoxetin

5.2 Schizophreniespektrum

5.2.1 Krankheitsbild – Historie und heutiges Konzept

5.2.2 Neuronale Korrelate von Psychosen und kognitiven Defiziten

5.2.3 Neuronale Korrelate von Negativsymptomen und Störungen im Sozialverhalten

5.2.4 Hirnentwicklungsstörung – funktionelle und therapeutische Auswirkungen

5.2.5 Just the facts – Genetik des schizophrenen Spektrums

5.2.6 Konsequenzen für die aktuelle und zukünftige Therapie

5.3 Affektive Störungen

5.3.1 Klinische Daten

5.3.2 Stimmung, Serotonin und Dopamin

5.3.3 Aspekte der Grundlagenforschung zur Pathogenese

5.3.4 Tiermodelle der Depression

5.3.5 Befunde bei Depression

5.3.6 Therapie

5.4 Demenzen

5.4.1 Diagnostische Verfahren – prognostische Aussagen

5.4.2 Revidierte NINCDS-ADRDA-Leitlinien

5.4.3 Therapie

5.5 Suchterkrankungen

5.5.1 Erkrankung des heranwachsenden Gehirns

5.5.2 Gibt es ein neuronales System der Sucht?

5.5.3 Kokain – rasche und lang anhaltende Desensitivierung des Dopaminsystems

5.5.4 Nikotin

5.5.5 Alkohol

5.6 Zwangsstörungen

5.6.1 Serotonin und Dopamin

5.6.2 Reversal Learning

6 Ausblick

6.1 Derzeitiger Stand in Deutschland

6.2 Quo vadis, Psychiatrie und Psychotherapie?

6.3 Epilog

7 Literatur

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum

1 Psychiatrie im Kontext der Neurowissenschaften

„Ohne Ungleichheit hätte die Menschheit weder jemals ihre gegenwärtige Größe erreichen können, noch könnte sie diese heute bewahren.“Friedrich August von Hayek (1899-1992, österreichischer Ökonom)

1.1 Der Mensch, eine besondere Spezies

Die Spezies Homo sapiens ist als Gruppe und Individuum außergewöhnlich und gleichzeitig auch das nachverfolgbare Ergebnis einer biologischen (Miller 2009)▶ [318] und parallel abgelaufenen kulturellen Evolution mit gemeinsamen, verlässlichen, aber beliebigen symbolischen Markern (Efferson et al. 2008)▶ [136]. In uns stecken die Prinzipien des Lebens der Einzeller und der Pilze sowie neuronale Funktionsmodule wie bei Seeanemone, Seeigel, Blasenmützenmoos oder Würmern. Gleichzeitig erleben wir uns mit unserem jungen Verstand so ganz anders. Zumindest seit Sokrates und Platon spekulieren wir über die Natur geistiger Prozesse, die wir subjektiv bei uns und anderen erleben. Wie die Ameisen und die Bienen lösen wir komplexe Probleme am besten mittels Koordination und Kooperation (Wiltermuth u. Heath 2009)▶ [493]. Wie Nager und Schimpansen synchronisieren wir uns zum Aufbau interpersoneller Bindung (Paukner et al. 2009)▶ [361]. Archaische Neuropeptide wie Oxytozin und Vasopressin helfen, die Beziehung und damit die Kooperationsbereitschaft aufrechtzuerhalten, Vertrauen, Empathie und Großzügigkeit zu fördern (Donaldson u. Young 2008)▶ [125], aber auch Angst, Furcht und territoriale Aggression zu triggern (Zink et al. 2010)▶ [510].

Besonders Oxytozin spielt bei Autismus eine pathophysiologische Rolle (Andari et al. 2010)▶ [10] und ist eine wichtige Wirkvariable in der Psychotherapie der affektiven Störungen (Heinrichs et al. 2009)▶ [194]. Zusätzliche kulturelle Faktoren wie Religionsgemeinschaften mit ihren Symbolen und Riten und ihrer Spiritualität fördern Altruismus unter Fremden (Culotta 2009)▶ [99], schützen vor Kuckuckskindern und auch vor Rezidiven der Depression (Balbuene et al. 2013)▶ [19].

Lebenslang verfügen wir durch unseren „emotionalen Apparat“ über Resonanz- und Schwingungsfähigkeit; er schenkt uns des Weiteren auch Kreativität, Neugier, den Wunsch nach Weissagung über die Zukunft und nach Explorationsverhalten, birgt aber auch die Gefahr von Sucht, Impulsivität und Psychose. Wir generieren eine Vielzahl von Affekten (von lat. „affectus“: Leiden, Leidenschaft) und Emotionen (von lat. „ex“: heraus und „motio“: Bewegung, Erregung) – basale und soziale – wie Lust, Zorn und Angst sowie Geborgenheit, Stolz, Neid und Ärger. Aggressivität bis hin zu Suizid und Amoklauf mit erweitertem Suizid, Angsterkrankung oder Depressionen sind die Kehrseite dieser Medaille. Nicht zuletzt sind wir zu Liebe fähig, einer sozialen Emotion, die über den biologischen Altruismus hinausgeht. „Kinder“ der Liebe sind die Eifersucht, Verlustangst, Kränkung, Wut und auch Hass. Menschen töten aus Liebe. Als Georg Büchners Woyzeck Marie tötet, sagt er: „Wenn ich Dich nicht haben kann, dann auch kein anderer.“ Der Philosoph Richard D. Precht bezeichnet die Liebe als „unordentlich“, mit dem Hinweis, dass wir durch die Liebe am meisten über die sonderbaren Eigenheiten unserer Spezies erfahren. Er reiht sich damit in die große Zahl von Veröffentlichungen vor allem aus dem Bereich der „echten“ Literatur ein, die sich mit diesem menschlichen Phänomen seit Jahrtausenden beschäftigt. Mit der Liebe ist jedoch auch der Liebeskummer mit allen seinen vegetativen, emotionalen und kognitiven Symptomen verknüpft, die man ebenso bei depressiven Störungen findet.

Das Phänomen der Liebe als spezifischer Gehirnprozess?

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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