Einfach. Ganzheitlich. Führen. - Ute Mariacher - E-Book

Einfach. Ganzheitlich. Führen. E-Book

Ute Mariacher

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Beschreibung

FÜHRUNG MUSS FÜHREN - SICH SELBST, MITARBEITER UND DIE ORGANISATION. Führung verstanden als Leadership und Management ist dann einfach, wenn wir das im Buch vorgestellte Grundschema von Hirn, Herz und Hand verinnerlichen. Ob Sie sich selbst, Menschen oder Organisationen führen möchten - das Prinzip bleibt das selbe. Dieses Buch unterstützt Sie auf Ihrem Weg zum ganzheitlichen Führen durch kompaktes Führungswissen, praxisnahe Impulse und AHA-Erkenntnisse mittels Selbstreflexion. Wie von selbst erweitern Sie so Ihre Handlungsräume und erhöhen die Wirkungskraft in Ihrer Führungsrolle.

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Ute Mariacher

Einfach. Ganzheitlich. Führen.

Wie Sie mit Hirn, Herz und Hand erfolgreich führen.

© 2018 Ute Mariacher

Umschlag: Lisa Schamschula

Lektorat: Susanne Felkel

Verlag: tredition GmbH, Hamburg

ISBN

978-3-7439-2466-6(Hardcover)

978-3-7439-2467-3 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhalt

Vorwort

1 Was ist Führung?

1.1 Stellenwert von Führung

1.1.1 Führung als Dank für Loyalität und Leistung

1.1.2 Führung als Dekoration

1.1.3 Führung als Liebhaberei

1.2 Führung als Rolle

1.3 Führung als verantwortungsvolle Aufgabe

1.4 Führung ist mehr als eine Stilfrage

2 Systemisch denken und Möglichkeiten entdecken

2.1 Systemisch Denken – was steckt dahinter?

2.1.1 Puzzle und Schach

2.1.2 Henne oder Ei

2.1.3 Wahrheit trifft Wirklichkeit

2.2 Systemisches Führungsverständnis

2.2.1 Darüber hinaus denken

2.2.2 Verhältnismäßige Ausgewogenheit

2.2.3 Führung ist Leadership und Management

3 Sie in Führung

3.1 Ihr Erfolg in Führung

3.2 Ihre authentische Haltung

3.3 Ihre Kernkompetenzen in Führung

3.4 Wen oder was führen Sie?

4 Sich selbst führen

4.1 Motive

4.2 Werte

4.3 Glaubenssätze und innere Motivatoren

4.4 Stärken

4.5 Ziele

4.6 Gewohnheiten

4.7 Wirkung

5 Menschen führen

5.1 Kommunizieren als A und O von Führung

5.1.1 Wissenswertes über Kommunikation

5.1.2 Führung als Königsweg der Kommunikation

5.2 Aufgaben, Menschen, Organisation verbinden

5.2.1 Menschen und Aufgaben verbinden

5.2.2 Menschen und Menschen verbinden

5.2.3 Menschen und Organisationen verbinden

6 Organisationen führen

6.1 Organisation beeinflusst Führung

6.1.1 Funktion oder Position

6.1.2 Kultur

6.1.3 Struktur

6.1.4 Passung von Funktion, Position, Kultur, Struktur

6.2 Führung beeinflusst Organisation

6.2.1 Wirkende Prinzipien in Unternehmen

6.2.2 Wesenselemente einer Organisation

6.2.3 Entwicklung verlangt Wollen

Zusammenfassung

Literatur

Danke!

Über die Autorin

Vorwort

Erinnern Sie sich an den Tag zurück, an dem Sie Ihre erste Stelle mit Führungsverantwortung bekommen haben. Was tauchte damals auf? Vielleicht ein „Hurra – ich hab’s geschafft. Jetzt geht’s nur noch nach oben!” Oder, sogar ein „Klasse – jetzt habe ich die Chance, es besser als mein Vorgänger zu machen!“ Vielleicht verspürten Sie den einen oder anderen Zweifel, ob Sie das schaffen würden. Doch die Dynamik Ihres Karriereschrittes ließ zusammen mit Anspannung ob der übertragenen Verantwortung, Euphorie und Glückwünschen Ihres Umfelds kaum Raum für Emotionen wie Zweifel und Unsicherheit. Schließlich ging es darum, den Blick nach vorne zu richten und zukunftsweisend Position zu beziehen, um den Erfolg des Unternehmens aktiv mitzugestalten.

Aus dem Rückspiegel betrachtet: Was hat sich an dem Tag für Sie geändert, an dem Sie Führungsverantwortung übernommen haben? Zu Beginn eventuell nicht viel. Schließlich haben Sie auch davor gute Leistung erbracht, Verantwortung übernommen und mit Menschen zusammengearbeitet. Wie aber hat sich Führung bei Ihnen im weiteren Verlauf entwickelt? Welche Aufgaben wurden mehr, welche weniger? Und wie gestaltet sich Ihr Führungsalltag aktuell?

Möglicherweise ist es auch bei Ihnen so, dass Sie heute – mit etwas Abstand zu Ihrem initialen Karrieresprung – rückblickend feststellen, dass Sie während Ihrer Führungstätigkeit viele beeindruckende oder auch nahezu unglaubliche Situationen mit Mitarbeitern, Kollegen, Kunden, Chefs erlebt haben, die Sie am ersten Tag Ihrer Führungskarriere kaum für möglich hielten. Situationen, die Sie bei allem Engagement gefordert, herausgefordert und ab und an sogar überfordert haben. Zum Glück aber konnten Sie auf Ihre Kompetenzen, Ihre Fähigkeiten und Ihre Erfahrung vertrauensvoll zurückgreifen.

Eventuell wurden Herausforderungen über die Zeit durch andere ersetzt bzw. haben an Priorität verloren. Oder, Sie hielten sich sprichwörtlich an folgende Empfehlung: „Wir wachsen mit der Herausforderung.“ Schließlich verleihen uns Ideen wie diese Mut und Zuversicht, uns über Wasser zu halten.

Es mag berechtigte Zweifel geben, ob es die ideale Führungskraft gibt. Und wenn, dann eher in der Vorstellung jener, die sich an Führung interessiert zeigen.

Als Führungskraft werden Sie nicht geboren. Manche müssen sich sogar damit abfinden, dass ihnen die notwendigen Voraussetzungen nicht in die Wiege gelegt wurden. Einen Startvorteil haben Sie gewiss dann, wenn Sie erforderliche Führungskompetenzen mitbringen und darüber hinaus Mut zur Selbstreflexion sowie den Willen zur Weiterentwicklung aufbringen. Genau darin unterscheiden sich Führungskräfte von guten Führungskräften oder sogar besseren Führungskräften. – Den Schlüssel, ob Sie zu den Führungskräften, den guten oder sogar besseren Führungskräften zählen, haben Sie selbst in der Hand. Er liegt in Ihrer Persönlichkeit und darin, was Sie daraus machen und wie Sie Ihren Führungsalltag gestalten.

Dieses Buch halten Sie als Baustein zu Ihrer persönlichen Reflexion und Weiterentwicklung in Händen. Es richtet sich an neugierige Selbst-weiter-Entwickler und weniger an Alles-eh-schon-besser-Wisser. Es bietet die Möglichkeit, die Führungswelt trotz der komplexen Zusammenhänge aus einer einfachen aber nicht minder wirkungsvollen Logik heraus zu betrachten. Ich verspreche Ihnen nicht, dass Sie – sobald Sie die letzte Seite erreicht haben – eine bessere Führungskraft sind. Ich biete Ihnen an, gemeinsam Zusammenhänge zu entdecken und ergänze mit praktischen Anregungen, die Sie in Führung stärken.

Lassen Sie sich inspirieren!

Ihre Ute Mariacher

Innsbruck, Mai 2018

utemariacher.at

PS: Eigentlich sollte es sich von selbst verstehen: Wenn ich von Führungskräften, Managern oder Mitarbeitern spreche, schließe ich beide Geschlechter mit ein. Auf Doppelkonstruktionen verzichte ich bewusst aus Gründen der Lesbarkeit.

1 Was ist Führung?

Wie du gesät hast, so wirst du ernten.

(M. T. Cicero)

Reden wir nicht alle gerne über Führung und machen uns Gedanken über gute oder weniger gute, erfolgreiche oder weniger erfolgreiche Führungspersönlichkeiten? Und darüber, ob gute Führung zum Unternehmenserfolg beiträgt oder ob es der Unternehmenserfolg erst ermöglicht, gutes Führungsverhalten an den Tag zu legen?

Führung ist ein Phänomen, mit dem wir alle in Berührung kommen. Ein Phänomen also, das nicht alleine Führungskräften vorbehalten bleibt. Wie nun ist unsere grundsätzliche Einstellung als Führungskraft, Mitarbeiter oder interessierter Beobachter? Bedienen wir uns dazu des National-Trainer-Syndroms. Dieses zeigt uns, dass Menschen im Allgemeinen eines ganz genau wissen: Wie die Mannschaft aufzustellen und zu führen ist. Jedenfalls aber, dass sie selbst es besser machen würden. Oder, wie es S. de Shazer ausdrückt: „Man muss nicht wissen, was gut ist, um zu wissen, was besser ist.“ Obwohl nur wenige von uns National-Trainer sind, lohnt sich ein Blick auf Führung aus der persönlichen Perspektive:

»Wie führe ich mich selbst?

»Wie gehe ich mit mir um?

»Wie lasse ich mich führen?

»Wie reagiere ich auf Menschen, die mich kritisieren?

»Wie reagiere ich auf Menschen, die in Führungspositionen sind?

»Welche Art von Führung will ich erfahren und wo setze ich Grenzen?

Von den einen wird Führung als reizvolle Aufgabe gesehen, von den anderen als notwendiges Übel. Aus Sicht von Geführten und Beobachtern kann Führung begeistern oder demotivieren. Es gibt jene, die es magnetisch in eine Führungsaufgabe zieht und jene, die diesen Kelch gerne an sich vorüberziehen lassen.

In unseren Breiten verbinden wir Führungsverantwortung mit einem bestimmten Status. Dabei ist Führung alles andere als eine Position. Führung ist eine Aufgabe. Diese Aufgabe beinhaltet: Orientierung und Sinn vermitteln, zu Höchstleistungen befähigen, Feedback geben, Rahmenbedingungen schaffen u.v.a.m. Tatsächlich braucht es hierfür Führung. Dies jedoch fällt dann auf, wenn Führung fehlt und nimmt an Wert zu, wenn Routinen versagen. Daraus lässt sich zudem folgern, dass Führung erst dann wirksam ist, wenn Führung als verantwortungsvolle Aufgabe im Unternehmen bzw. von Mitarbeitern anerkannt wird und auf Echo stößt. Das Wissen darüber schützt jedoch nicht davor, dass Führungshandeln aus Sicht der Einen Führung ist, aus der der Anderen simples Verursachen von täglichem Chaos.

Wir können das Blatt drehen und wenden, wie wir wollen: Führung fasziniert. Führung polarisiert. Die Sicht auf Führung ist facettenreich und es wäre höchst anmaßend, die Definition von Führung festmachen zu wollen. Viel eher erklärt sich Führung selbst unter der wohlwollenden Annahme, dass die gewählte Definition für das jeweilige Führungssystem hilfreich und nützlich ist. Führung entsteht als Interaktion, an der alle beteiligt sind.

Ihre Standortbestimmung

Starten Sie vorweg mit einer Selbstreflexion zu Führung!

Nehmen Sie sich bewusst Raum, Zeit und etwas zum Schreiben zur Hand. Und beantworten Sie für sich folgende Fragen:

»Was kann ich besonders gut?

»Was ist mir besonders wichtig?

»Wo liegen meine Stolpersteine?

»Welches ist mein Führungsmotto?

1.1 Stellenwert von Führung

Führung muss man wollen.

(A. Herrhausen)

Führung kristallisiert sich – über die Reputation hinweg – als wesentlicher Erfolgsfaktor in Unternehmen heraus. Ist es doch zentrale Aufgabe von Führung, die Zukunftsfähigkeit der Organisation unter komplexen und dynamischen Bedingungen sicherzustellen. Da wundert es, dass Führung mancherorts wenig Aufmerksamkeit gewidmet wird und paradoxen Widrigkeiten ausgesetzt ist. Folgende Beispiele sollen dies veranschaulichen:

1.1.1 Führung als Dank für Loyalität und Leistung

Führungspositionen werden nach wie vor als Anerkennung für langjährige Unternehmenszugehörigkeit vergeben. Vielleicht wäre hier das Wörtchen verliehen etwas passender. Gemeint ist: Führungspositionen mutieren zum Bestandteil eines internen Anreizsystems. Dagegen spricht grundsätzlich wenig. Genau genommen profitiert das Unternehmen von Personalentwicklungsmaßnahmen; eine davon ist das Schaffen von Perspektiven im Unternehmen.

Der Haken an dieser Art der Anreizpolitik: Die langjährige Treue zum Unternehmen (bei guter Führung) wird mit der erbrachten Leistung gleichgesetzt bzw. eher verwechselt. Die Frage, ob der beförderte Mitarbeiter auch der passende ist, bleibt unbeantwortet. So heißt es dann: „Der Mitarbeiter hat sich das Vorrücken auf die nächste Stufe schon längst verdient. Ja – die Beförderung ist sogar überfällig geworden.“ Es mag sein, dass diese auf Loyalität fußende Strategie in dem einen oder anderen Fall die beste ist. Jedenfalls birgt sie das Risiko, dass Sie beispielsweise im Tausch für eine durchschnittliche Führungskraft Ihren besten Verkäufer verlieren. – Ein typischer Fall für das in der Managementliteratur bekannte Peter-Prinzip. Die These von L. J. Peter besagt, dass in einer ausreichend komplexen Hierarchie jeder Beschäftigte so lange befördert wird, bis er eine Stufe erreicht, an der er unfähig ist, seine Aufgabe zu erfüllen.

1.1.2 Führung als Dekoration

Kennen Sie Führungskräfte ohne Mitarbeiter? In der Praxis erleben wir Führung sehr interpretationsoffen. So gibt es Unternehmen, in denen Menschen in Positionen gehoben und mit Verantwortungen samt entsprechender Gage ausgestattet werden, die bei einer hierarchischen Betrachtungsweise alle Parameter für Führung in ihrem System erfüllen. Wir sprechen von Menschen, die in ihrem Selbstverständnis nach außen und nach innen als Führungskraft auftreten und auch für viele Themen verantwortlich sind. Eines jedoch wird diesen Personen nicht zugesprochen: Mitarbeiter. Es handelt sich um Führungskräfte, die gleichzeitig ihre einzigen Mitarbeiter sind. Welche Gründe auch immer dazu veranlassen, Führung in derartigen Konstellationen zu dekorieren. Führung gemäß den Betrachtungen in diesem Buch ist das jedenfalls nicht.

Betrachten wir ein weiteres Beispiel dekorativer Führung, zu welchem letzteres – genau genommen – die eher komfortable Variante darstellt: In vielen Unternehmen ist Führung proper installiert, Strukturen bzw. Linien sind beinahe vorbildlich aufgebaut. Verantwortungen, Entscheidungskompetenzen sowie der Handlungsspielraum scheinen klar geregelt. Zumindest theoretisch. Praktisch stellt sich die Situation aber ganz anders dar: Manche der eingesetzten Führungskräfte müssen jede Entscheidung im Vorfeld von der nächst höheren Ebene absegnen lassen. Tun sie das nicht, werden sie bei auch noch so winzigen Themen chronisch ausgehebelt oder zurückgepfiffen. Das zeigt sich, indem übergeordnete Vorgesetzte direkt mit Mitarbeitern Vereinbarungen treffen, ohne die eigentlich zuständige Führungskraft darüber zu informieren. Oder, dass Entscheidungen von Führungskräften durch deren Vorgesetzte für Null und Nichtig erklärt werden und Zurückrudern zum Mannschaftssport wird. Hand aufs Herz: Führungsverantwortliche in Sandwichpositionen wie eben beschrieben benötigen einen hohen Frustrationslevel. Wird doch ihre Führungsverantwortung auf das Niveau der Urlaubsgenehmigung reduziert.

Die Tragweite des so gelebten Führungsansatzes hat nicht nur für die dekorativ eingesetzte Führungskraft, sondern vor allem auch für das Unternehmen als Ganzes weitreichende Folgen. Wie sollen Mitarbeiter Orientierung haben und ihren Platz im Unternehmen finden, wenn ihre Führung nicht führt (weil sie nicht führen darf)? Systemisch gesehen wird hier die natürliche Ordnung empfindlich gestört, was zu Irritationen führt und das System langfristig schwächt.

Sie können sich das irritierende Durcheinander mit folgender Analogie vorstellen: Es gibt Großeltern, Eltern und Kinder (Enkelkinder). Nehmen wir an, die Großeltern vereinbaren mit ihren Enkelkindern eine Woche Urlaub in Italien. Sie halten es für nicht wichtig, die Eltern im Vorfeld über ihre Pläne zu informieren. Gesagt – getan: Die Enkelkinder sind von dem Plan begeistert: „Italien – da waren wir noch nie!“ Irgendwann später werden die Eltern von den Kindern oder Großeltern über die Vereinbarung informiert. Sie können sich vorstellen: Die Verwunderung bei den Eltern ist groß. Haben doch die Großeltern ungefragt in den elterlichen Verantwortungsbereich eingegriffen und ihre Entscheidungskompetenz übergangen. Die Eltern sind in der Zwickmühle. Sie können begeistert sein von dieser Idee oder eben nicht. Was, wenn nicht? Zwangsläufig gibt es Diskussions- und Klärungsbedarf mit den Großeltern und mit den Kindern.

Nehmen wir an, diese Vorgehensweise wiederholt sich oder wird nicht geklärt. Was passiert nun langfristig mit den Kindern? – Es wird ihnen etwas sehr Wichtiges genommen. Die Orientierung. Berechtigterweise taucht diese Frage im Kopf des Kindes auf: „Sind es die Eltern oder die Großeltern, die hier was zu sagen haben? Wohin soll ich mich wenden?“ Kurzfristig schafft es das Kind möglicherweise, diese Unklarheit auszugleichen. Mittel- und langfristig beginnt das gesamte System jedoch mangels Klarheit in seinen Grundfesten zu wanken und instabil zu werden.

1.1.3 Führung als Liebhaberei

„Ich habe keine Zeit zum Führen, ich muss auch arbeiten.“ Diese aufrichtig gemeinte Rechtfertigungsfloskel mancher Führungskräfte signalisiert fehlende Führung. Berechtigterweise drängt sich nun folgende Frage auf: Ist Führung keine Arbeit? Bei genauem Hinsehen könnte der Eindruck gewonnen werden, dass diese Führungskräfte und Manager die ihnen übertragenen Aufgaben eher als Nebentätigkeit oder sogar Liebhaberei ausüben. Sind sie doch stark im Tagesgeschäft eingebunden und zeichnen für konkrete Projekte persönlich verantwortlich. 82 % der befragten Führungskräfte und Manager geben im Hays HR-Report 20171) selbst an, dass ihnen zu wenig Zeit für Führungsarbeit bleibt. Wird hier strukturell unterschätzt, dass das Zeitkontingent für Führungsarbeit einer Investition in die Personalentwicklung gleichkommt?

Mitunter liegt der Verdacht nahe, dass Führung solange gut ist, so lange sie das tägliche Geschäftsleben nicht behindert und integrierter Teil des täglichen Geschäftslebens ist. Die Tiefe der Verstrickung von Führungskräften in operativen Tätigkeiten lässt sich in Seminaren gut beobachten. Schier unverzichtbar scheinen viele zu sein, die jede Pause fast ausschließlich zum Abarbeiten der nicht angenommenen Anrufe von Mitarbeitern und anderen Personen nutzen.

Zur Orientierung: Wenn Sie auf professionelle Führung statt auf das Konzept Führung als Liebhaberei oder Nebentätigkeit setzen, sollten Sie (die Teamgröße berücksichtigend) eher 25 % als 5 % der verfügbaren Zeit für Führungsaufgaben reservieren.

Zeit ist und bleibt ein magisches Wort in Führungskreisen. Haben Sie doch tendenziell zu wenig davon, womit auch Sie möglicherweise Opfer fortschreitender Ressourcenverknappung sind. Und trotzdem beweisen Sie immer wieder nahezu akrobatische Geschicklichkeit, wenn es darum geht, sowohl die fachlichen als auch die führungsbezogenen Erwartungen zu erfüllen und die täglich lauernden Gefahren von inhaltlicher und bürokratischer Verzettelung einzugrenzen. Und zwar nicht zuletzt deshalb, damit Sie aktionistisches und stressbetontes Führungshandeln als Zeichen Ihrer Unersetzlichkeit ausklammern können.

Sollte auch Ihnen die Frage der Unersetzbarkeit nur allzu bekannt sein, lade ich Sie genau hier und jetzt zu Folgendem ein: Stellen Sie ein Stoppschild auf und machen Sie einen Schritt zurück! – Ein Grundprinzip guter Führung liegt in der Konzentration auf Weniges: Die Schwerpunkte achtsam wählen und die Energien bündeln ist die Devise. Wie wollen Sie in Ihren Aufgaben weiterkommen, wenn Sie laufend für Störungen offen sind? Mehr noch: Störungen magnetisch anziehen, weil es ohne Sie nicht funktioniert? Verstehen Sie mich richtig: Bei manchen Anfragen von Kunden, Lieferanten oder Mitarbeitern kann der Druck derart hoch sein, dass die Angelegenheit zur Chefsache wird. Sobald aber dringliche Aufgaben zulasten Ihrer wichtigen Führungsaufgaben chronisch über Hand nehmen, ist’s Zeit, sich Zeit zu nehmen und bewusst hinzuschauen, was wirklich wichtig ist, um Ihrer Führungsrolle nachzukommen.

1.2 Führung als Rolle

Handle wirksam, ohne je im Voraus wissen zu können, wie oder wohin die Maßnahme führen wird!

(K. Ludewig)

Rollen sind wie soziale Kleider.

So wie wir unterschiedliche Kleidungsstücke besitzen, nehmen wir in unserem beruflichen und privaten Alltag verschiedene Rollen ein. Als Familienmitglied oder Elternteil werden andere Erwartungen an unsere Rollen gestellt denn als Mitarbeiter eines Unternehmens. Es würde sogar eher befremdlich auf Ihr Umfeld wirken, würden Sie die Elternrolle im Unternehmen und die Angestelltenrolle in der Familie bekleiden.

Wie werden Rollen geschaffen?

Zum einen bringen Sie Erwartungen gegenüber sich selbst mit. Zum anderen sind es von anderen entwickelte Vorstellungen, wie Sie sich darstellen sollen. So betrachtet kreieren Sie sich eine Rolle nicht ausschließlich selbst, sondern sie wird Ihnen auch von Mitarbeitern, Führungskollegen, Kunden und anderen zugewiesen. Zugespitzter formuliert: Unternehmen kaufen über den mit Ihnen vereinbarten Vertrag ein erwünschtes Rollenverhalten ein. Da kann es auch schon mal vorkommen, dass der Eine oder Andere zu Beginn seiner Tätigkeit der Rolle noch nicht ganz gewachsen ist und in seine Rolle erst reinwachsen muss.

Die von außen gestellten Erwartungen treffen auf Ihren eigenen Anspruch, der Rolle gerecht zu werden. Als Gradmesser Ihres Erfolgs bietet sich die Erfüllung, Übererfüllung oder Nichterfüllung der Erwartungen an. Diese können in Muss-, Kann- und Soll-Erwartungen unterschieden werden:

»Muss-Erwartungen sind (festgeschriebene) Pflichten. Sie appellieren an Ihre Verbindlichkeit. Bsp.: Sie müssen bei einem Konflikt zwischen Mitarbeitern einschreiten, wenn Auswirkungen auf den betrieblichen Erfolg absehbar sind.

»Soll-Erwartungen weisen weniger einen Pflicht- als einen Empfehlungscharakter auf. Werden sie nicht erfüllt, sind keine direkten Sanktionen zu erwarten. Bsp.: Wenn Sie zu einem Meeting einladen, ist es ratsam persönlich anwesend zu sein, anstelle die Vertretung zu senden.

»Kann-Erwartungen sind solche, die über das Notwendige hinausgehen. Sie müssen sie nicht erfüllen; tun Sie es dennoch, steigern Sie Ihr Ansehen, lösen Begeisterung aus und ernten positives soziales Feedback. Bsp.: Kombinieren Sie ab und an ein Teammeeting mit einem kleinen Frühstück oder lassen Sie es mit einem After-Work-Drink ausklingen.