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Die Schriftenreihe für angewandte Sozialgeschichte StudIaS stellt die Fortsetzung der mit Auflösung des Instituts für angewandte Sozialgeschichte (InfaS) der FU in Bonn im Jahre 1989 abgebrochenen Schriftenreihe für sozialwissenschaftliche, genealogische, heraldische und historische Studien des Instituts für angewandte Sozialgeschichte StudIaS dar. In der Schriftenreihe StudIaS werden die bis 1989 nicht mehr zur Veröffentlichung gelangten Manuskripte als auch neue Arbeiten der RvS Stiftung jeweils in einer Auflage als e-Buch und in einer als Sachbuch gedruckten Ausgabe realisiert. Die neue Schriftenreihe ist strukturiert in nachfolgende Serien: StudIaS- allgemeine Serie mit deutsch- und fremdsprachigen Titeln StudIaS-GEN - Hilfsmittel zu genealogisch-heraldischen Forschungen StudIaS-E - Einführungen- Serie landesbezogene Einführungen zu genealogisch-heraldischen Forschungen StudIaS-I - Indices - Suchhilfen in Werken ohne Indices StudIaS-R - Werksausgaben kommentierten Reprints vergriffener Titel StudIaS-Stammfolgen - Serie mit deutschsprachigen monographischen Geschlechterdarstellung StudIaS-Wappengenossenschaften - Serie mit deutschsprachigen Wappendarstellungen RES PUBLICA
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Seitenzahl: 279
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RvS Stiftung
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Wappenabbildungen erfolgen durch Zustimmung des Autors des elektronischen Wappenidentifikationssystem Herrn Tadeusz Gajl.
Einführung in ausgesuchte Problembereiche der genealogisch-heraldischen Forschung in Ländern der Res Publica: Litauen, Polen, der Ukraine und Weißrussland
Edward Ondřej von Schlesinger
Die Publikation erfolgt im Rahmen des Forschungsprojektes “Eliten der Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae 1385 - 1569 - 1795 und in deren Gebieten bis 1918”
Schriftenreihe für angewandte Sozialgeschichte StudIaS
Serie: Einführungen #
E1
0. Einleitung
0.1. Territorialer Umfang der Erfassung des Adelstandes
0.2. Problematik des geringen Grades der Namensfestigung in Res Publica
0.3. Problematik des verdunkelten Adels in der demokratischen Gesellschaft
0.4. Namensproblematik in Anbetracht fehlender Konvertierungstabelle
1. Thematischer Überblick
1.1. Von polnischen Ritterfamilien zu adligen Szlachtageschlechtern
1.2. Besonderheiten der Namensproblematik im östlichen Europa
1.3. Bevölkerungsentwicklung und das Erlöschen von Geschlechtern
1.4. Adelsdichte der Res Publica am Beispiel Galiziens, Litauens, Masowiens
1.5. Besitzformen
1.6. Ist Szlachta polnischer Adel oder Adel der Res Publica?
1.7. Begriff des “Klein-Adels”
1.8. Herrschaft des Adels - Ausbeutung oder frühzeitlicher Sozialstaat?
1.9. Orwellsche Umschreibung der Geschichte an sozialistischen Beispielen
2. Vertretung des historischen Adels in den Gebieten der Res Publica
2.1. Estland
2.2. Lettland
2.3. Altlitauen als heutiger Sammelbegriff für das Großfürstentum Litauen
2.4. Polen
2.5. Ukraine
2.6. Weißrussland
2.7. Die Nationalstaaten übergreifenden Aktivitäten
2.8. Editierungsgrundlage zum Eintrag im Adelslexikon und Wappenlexikon
2.8.1. Richtlinie für die Fortschreibung des Adelslexikon
2.8.2. Vereinheitlichung der Namensschreibweise
2.8.3. Sprachliche Regelungen
2.8.4. Methodisch bedingte Abgrenzungsfehler
3. Wie starte ich die Suche nach den Familienwurzeln?
3.1. Generations- und Personenanzahlbezeichnung und Kékule-Nummer
3.2. Wie sehen die Schritte der Ahnenforschung aus?
3.3. Verwendete Nomenklatur der Stammfolgen
3.4. Verwendeten Generationsbezeichnungen
4. Kartenmaterial zur Darstellung des geschichtlichen Kontextes
4.1.1. Europa im Jahr 900
4.1.2. Osteuropa im Jahr 900
4.2.1. Europa im Jahr 1000
4.2.2. Osteuropa im Jahr 1000
4.3.1. Europa im Jahr 1100
4.3.2. Osteuropa im Jahr 1100
4.4.1. Europa im Jahr 1200
4.4.2. Osteuropa im Jahr 1200
4.5.1. Europa im Jahr 1300
4.5.2. Osteuropa im Jahr 1300
4.6.1. Europa im Jahr 1400
4.6.2. Osteuropa im Jahr 1400
4.7.1. Europa im Jahr 1500
4.7.2. Osteuropa im Jahr 1500
4.8.1. Europa im Jahr 1600
4.8.2. Osteuropa im Jahr 1600
4.9.1. Europa im Jahr 1700
4.9.2. Osteuropa im Jahr 1700
4.10.1. Europa im Jahr 1800
4.10.2. Osteuropa im Jahr 1800
4.11.1. Europa im Jahr 1900
4.11.2. Osteuropa im Jahr 1900
5. Materialsammlung
6. Publikationsverzeichnis
Die StudIaS Reihen richten sich an eine breit gefächerte Grupppe von Lesern. Angefangen bei Personen, die mehr über einen entsprechenden Namen der Szlachta erfahren möchten, über versierte Genealogen und Heraldiker, welche forschungsbedingt in Gebiete vorstoßen, in denen sie nicht bewandert sind bis zu Fachleuten wie Politologen spezialisiert auf Demokratie- und Migrationsforschung, Akkulturations-, Inkulturations- und Assimilierungsprozesse, Historiker, die sich mit Umformungen im östlichen Europa beschäftigen, bis zu langfristigen gesellschaftlichen Wandel analysierenden Soziologen. Dementsprechend beinhaltet es neben hoch spezialisierten Elementen auch Bereiche allgemeiner Einführung in die Thematik der Adelsrepublik, Genealogie und Heraldik.
Die polnisch genannte "Rzeczpospolita" [LIT-Respublika oder Žečpospolita, BY-Рэч Паспалітая, UA-Річ Посполита, RU-Речь Посполитая, RUT-Рѣчь Посполита], seit dem XIX. Jhdt. durch polnische Forscher auch "Republik beider Nationen" abgekürzt "RON" [Rzeczpospolita Obojga Narodów], ist im öffentlichen Bewusstsein besser bekannt unter der Bezeichnung "polnisch-litauische Adelsrepublik“ und umfasste die heutigen Territorien der Republik Polen, der Republiken Litauen, Lettland, Weißrussland sowie der Ukraine, Teile des Sondergebietes Kaliningrad und des westlichen Russlands.
Ausdehnung des Stammgebietes der Szlachta der Res Publica:
Bisher fehlt es an deutschen Arbeiten, welche die multikulturellen, multireligiösen, multinationalen und multisprachlichen Familien der Staatsbürger des als Adelsrepublik bezeichneten polnisch-litauischen Doppelreiches, das seit 1385 als Personalunion und seit 1569 als Realunion in der Form einer demokratisch verfassten, föderativen Wahlmonarchie funktioniert hat, in seiner Gesamtheit nach Familien auflistet und die Forschungsergebnisse der Nachwendezeit berücksichtigt 1. Im Jahre 2013 jährte sich 600 Jahre der Union von Horodlo, die als Entstehung des Entstehung des Adelstandes der Res Publica angesehen werden kann – in den Sprachen des Reiches unterschiedlich bezeichnet als LIT-Didikai Respublika, PL-Szlachta Rzeczypospolitej, RU-Дворянство Речи Посполитой, UA-Шляхта Речі Посполитої und BY-Шляхта Рэчы Паспалітай.
Mit dem Forschungsprojekt "Eliten der Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae 1385-1569-1795 und in deren Gebieten bis 1918" wird eine bisherige Lücke in der Erforschung des Phänomens des ersten europäischen, demokratisch verfassten Staates in Ostmitteleuropa geschlossen, die bisher an sprachlichen und staatlichen Grenzen Halt machte.
Die fremdsprachigen Arbeiten (in polnischer-, litauischer-, russischer-, ukrainischer- und weißrussischer Sprache) sind vielfach von nationalstaatlichen Hintergründen getragen und infolgedessen als nicht objektiv anzusehen und geben dazu jeweils nur einen Ausschnitt des Sachstandes wieder.
Überdies konnte bisher die Problematik der Transliterierung/Transskribierung noch nicht einmal im Ansatz behoben werden. So besteht nicht einmal eine sachgerechte Empfehlung für Transliterierung lateinisch - kyrillisch - lateinisch Familiennamen, womit grenz- und sprachübergreifende Forschung erschwert wird. Wegen des Umfangs der Forschungsarbeit ist ein Abschluss des Projektes im Jahre 2030 vorgesehen. Das Projekt ist modular aufgebaut, wobei die einzelnen Module zeitversetzt bearbeitet werden können und einzeln abschließbar sind.
Die gewählte Veröffentlichungsform eines WIKI2 soll zugleich Teilnehmer und Nachkommen der großen Migrationswellen des XX. Jahrhunderts motivieren und befähigen, das elektronische Medium im Sinne einer lebendigen Geschichte und Pflege der oralen Tradition zu nutzen und dem Verlust an Quellen im XX. Jhdt. entgegen-zuwirken. Zugleich wird eine Einbindung interessierter Laien in das Vorhaben ermöglicht. Daher besitzt das Forschungsvorhaben auch eine hohe gesellschaftliche und integrative Relevanz.
Der Adel des entstandenen Reiches setzte sich zusammen aus einer Vielzahl von Gruppen unterschiedlicher historischer Prägung und Herkunft. Außer der polnischen Ritterschaft fanden auch deutsche Ordensritter, preußische Landadlige, livländische Edelleute sowie adlige Immigranten aus Frankreich, Großbritannien, allen Gebiete des Heiligen Römischen Reiches, Italien und Schweden Eingang. Allen Gruppen gemeinsam waren die mittelalterliche, westeuropäische Kultur, das Bekenntnis zum europäischen Rittertum und Formen der feudalen Herrschaft.
Das Spätmittelalter brachte jedoch neue Gruppen in den Dunstkreis der polnischen Rittergeschlechter. Aus dem Großfürstentum Litauen3 traten nun Krieger, Fürsten und Bojaren, aus Ruthenien und aus Vorderasien armenische, tatarische und karäische Adlige hinzu, denen allen das Konzept des Rittertums bis dahin fremd gewesen war.
In der Union von Horodło 1413 verbanden sich die polnischen Adligen mit den katholisch gewordenen litauischen Bojaren, welche in die polnischen Wappengenossenschaften aufgenommen wurden und die gleichen Privilegien wie ihre polnischen Standesbrüder erhielten. Diese Partnerschaft nahm ihren Anfang im 14. Jahrhundert, als nach 1385 der litauische Großfürst Jogaila in Krakau getauft worden war, die polnische Königin Jadwiga 4 ehelichte und schließlich am 4. März mit dem Namen Władysław II. Jagiełło zum König von Polen gekrönt worden war. Die Übernahme der Herrschaft durch die litauischen Dynastie im Königreich Polen in Personalunion ermöglichte den Aufstieg der Res Publica Serenissima zu einer regionalen Großmacht.
In der Lubliner Union von 1569 wurden beide Staaten durch eine Realunion verbunden und der Aufstieg der Adelsrepublik zur europäischen Großmacht5eingeleitet. Bereits im 14. Jahrhundert begann die kulturelle und politische Annäherung der unterschiedlichen Gesellschaften, welche in einer Polonisierung weiter Teile des litauischen und ruthenischen Adels gipfelte. Diese Polonisierung der Eliten barg einen Großteil des Sprengstoffs in sich, der in der Aufteilung dieses Reiches mit Präsidialkönigtum durch dessen absolutistische Nachbarstaaten Österreich, Preußen und Russland gipfelte und deren nationalistische Auswirkungen sich bis heute auswirken6.
In Folge der politischen und sozialen Verhältnisse in der Res Publica machte sich innerhalb der adligen Gesellschaft die Tendenz bemerkbar, den Begriff Nation ausschließlich auf die Szlachta zu begrenzen. Man sprach von einer Adelsnation [naród szlachecki]. Dieser Auffassung folgend war nur die herrschende Elite Bestandteil der Nation der "Res Publica".
Das XVII. Jhdt. war durch zahlreiche Konflikte mit äußeren Gegnern geprägt, welche größtenteils auf dem polnisch-litauischen Territorium ausgetragen wurden. Die Weigerung der polonisierten Teile der Elite, eine Staatsreform durch die Umbildung der bipolaren zu einer tripolaren Föderation umzusetzen, sowie Defizite in der Rechtsprechung 7 legten den Grundstein zu einer Vielzahl von Aufständen in den 1569 vom Großfürstentum Litauen an das Königreich Polen übertragenen südöstlichen Gebieten. Die gewaltigen Verluste an Bevölkerung und Ressourcen (manche zentralpolnische Gebiete haben bis zu drei Fünftel ihrer Bewohner verloren) in Verbindung mit den Folgen der inneren Kämpfe, Pest und Hungersnöte, Zerstörung der Städte und dem damit verbundenen Rückgang handwerklicher Fertigkeiten, verhinderten eine rasche Erholung.
Die Adelsgesellschaft der Res Publica nahm einen besonderen Platz innerhalb der europäischen Staaten ein. Zum einen ragte sie durch den überdurchschnittlich hohen Anteil des Adels an der Gesamtbevölkerung (nach unterschiedlichen Schätzungen zwischen 3 - 8 %) heraus. Zum anderen hatte es die Szlachta der Res Publica Serenissima geschafft, erfolgreich alle anderen Schichten vollständig aus dem politischen Leben zu verdrängen.
Die Bauern sahen sich ab dem 16. Jahrhundert ganz der adligen Gerichtsbarkeit ausgeliefert und in die Erbuntertänigkeit gepresst. Den Städten wurde durch Gesetze, wie etwa das Grundbesitzverbot für Nichtadlige, zollfreie Ein- und Ausfuhr durch Szlachta-Angehörige sowie Verbot des Exports und Imports für einheimische Kaufleute, die notwendige wirtschaftliche Expansion erschwert und auch politisch jede Möglichkeit der Einflussnahme genommen. Dennoch bildete die sogenannte Adelsrepublik, wie Prof. Davis betont, den ersten europäischen Staat mit einer demokratischen und föderalen Struktur, an deren politischer Ausgestaltung ein wesentlich größerer Bevölkerungsanteil, die Gesamtheit der rechtlich gleichgestellten Szlachta, partizipierte als vergleichweise in England.
Diese Elite der Staatsbürger der "Rzeczpospolita" wurde bisher nur aus den jeweiligen nationalen Gesichtspunkten der heute bestehenden Staaten - Litauen, Polen, Ukraine, Weißrussland und Russland mit seinen westlichen Gebieten erforscht und es fehlt bisher an einer neutralen und grenzüberschreitenden Untersuchung. Ebenfalls beschränkte sich die deutsche Forschung überwiegend auf Aspekte der Preußischen Problematik oder Fragen bezüglich der österreichischen Erbländer (Galizien).
In Deutschland gibt es verschiedene geförderte historische Forschungsprojekte mit Bezug auf Ostmittel- und Osteuropa, jedoch keines mit der Zielsetzung der Erforschung des ersten transnationalen demokratischen Staatswesen in Europa. So wird z. B. im Zeitraum von 2014-2019 alleine das Forschungsprogramm des GWZO in insgesamt elf Projektgruppen, die auf vier Forschungscluster verteilt sind, gefördert.
"Das interdisziplinäre und international ausgerichtete Geisteswissenschaftliche Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas (GWZO) an der Universität Leipzig erforscht in vergleichender Perspektive Geschichte und Kultur des Raumes zwischen Ostsee, Schwarzem Meer und Adria vom Frühmittelalter bis zur Gegenwart." 8
Wie bei anderen Projekten wurde die Zeitgrenze beim Jahr 1500 gezogen; auch faktisch am Beispiel der Projekte des GWZO enden die Forschungsarbeiten zu Beginn des Spätmittelalters. Als bisherige Forschungsgrenze ist somit die Vereinigung des Königreichs Polen mit dem Großfürstentum Litauen unter der litauischen Dynastie anzusehen. Dabei dient nicht nur die Geschichte der Res Publica auf dem Wege zum Vereinigten Europa, sondern auch wegen der Wirrungen und Irrungen eines europäischen, demokratisch verfassten Staatswesens, als historisches Vorbild. Diese Situation der Behandlung des als „Adelsrepublik“ genannten Reiches bedingt einen dringenden Handlungs-bedarf. An diesem Punkt setzt das Projekt der Elitenforschung der Res Publica Serenissima an.
Ein möglicher weiterer Grund für das Zögern einer ganzheitlichen Auseinandersetzung mit der "Rzeczpospolita" und deren Eliten sind die Voraussetzungen im Bezug auf die Quellenzugänglichkeit und besondere sprachliche Kompetenz der Forscher. Durch die eingangs aufgeführte nationale, religiöse und multikulturelle Struktur des Reiches mit dessen Sprachenvielfalt entstand eine Situation, welche die separierende Betrachtung nur förderte. So ignorierte die russische, ukrainische und weißrussische Historiographie durchweg die deutsch- und polnischsprachigen Werke des XIX. und XX. Jhdts., und in deutschen Forschungen fanden Ergebnisse der kyrillisch verfassten Berichte kaum Eingang. Die Tiefe dieses Schismas kann man beispielsweise bei den Arbeiten des wohl besten neuzeitlichen Kenners der dynastischen Strukturen Osteuropas ablesen, des ukrainischen Historiker Prof. Leontij Voytovich, der trotz des Fehlens einer ideologischen Brille und seiner fortschriftlichen Publikationsmethoden der Forschungsergebnisse im Internet es nicht vermochte, diese Barriere ganz zu überwinden9.
Die Förderung des im Jahre 2011 gestarteten Projektes "Eliten der Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae 1385-1569-1795 und in deren Gebieten bis 1918" wurde insgesamt in zwei Sitzungen des Kuratoriums der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften verhandelt. Dennoch konnte eine Förderung aus deutschen Fördermitteln nicht erreicht werden, denn das Projekt wurde im Wesentlichen als gesamteuropäisches Forschungsvorhaben angesehen und daher auf die Förderung durch die Europäische Union verwiesen. Auch wenn der übernationale Charakter nicht zu verkennen ist10, bedeutete diese Entscheidung faktisch einen Verzicht auf eine staatliche Unterstützung. Tatsächlich bietet die getroffene Entscheidung jedoch den Vorteil, dass keine staatliche Beeinflussung der Forschungsergebnisse droht, andererseits mußte der Forschungsansatz den neuen Gegenbenheiten angepasst werden.
Für die Zeiten vor der Einführung der kirchlichen Register über Taufen, Heiraten und Todesfälle, die durch eine, fast lückenlose, Erfassung der biologischen Entwicklung eine genealogische Nachverfolgung ermöglichen, ist eine ganzheitliche Generationserfassung kaum möglich. Über die leichtere Datenzugänglichkeit der kirchlichen Register über Internet und durch die Mormonen-Filme wird leicht vergessen, dass eigentlich nur die Einträge in den Gerichtsbüchern [księgi grodzkie] Auskunft über die gesellschaftliche Stellung und Wappenzugehörigkeit geben ebenso wie die Tatsache, dass das recht häufige freiwillige Eingehen eines Untertanenverhältnisses11 von Freien im XVII. und XVIII. Jhdt. die Ursache für das nicht Personenaufzufinden in Matrikeln darstellt.
Die zögerlich eintretende Namensfestigung im östlichen Europa und die freie Namenswahl der Szlachta – des Souverän der Adelsrepublik – wie auch die nachfolgenden Verdrehungen und Namensänderungen aus nationalistischer Motivation oder mangelnder Kompetenz der Amtsträger vertiefen diese Problematik.
So sind vor der Einführung der Matrikeln weibliche Nachkommen überwiegend nur durch Erwähnung als Ehefrauen sowie durch Einträge bezüglich einer erbrechtlichen Regelung oder Besicherung der Mitgift bekannt.
Sogar bei reichlich begüterten Familien sind nachrangige männliche Nachkommen kaum zu erfassen und deren Linien werden somit zum verdunkelten Adel, so dass vielfach nur die Hauptlinien der Adelsgeschlechter bekannt sind. Dies gilt auch für die über ein Halbes Jahrtausend währende Geschichte der dynastischen Geschlechter. Über das Ausmaß solcher Verdunkelung wurde eine Beispieluntersuchung als Referat auf dem 25. Jubiläumskongress Historischer Grundwissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau im Jahre 2013 vorgestellt. 12Gerade die nachgeborenen Linien waren es, die besonders von einer Pauperisierung im ausgehenden XVI. und im XVII-XVIII. Jhdt. betroffen waren. Hierdurch erfolgte ein nicht unerheblicher Bestandsschwund der bekannten adligen Geschlechter. Kam es in den betroffenen Linien ebenfalls zu einem Bewußtseinsverlust, so trat eine Verwischung der eigenen Herkunft ein. Diese Entwicklung wurde durch machtpolitische Faktoren beim Verfall der Strukturen der litauisch-polnischen Adelsrepublik, gezielte ständefeindliche Politik der Teilungsmächte nach 1772 wie auch der Umwandlung des regionalen Patriotismus in aggressiven Nationalismus als negative Auswirkung der Französischen Revolution beschleunigt und durch die wirtschaftlichen Umwälzungen forsiert.
Durch den Umstand, dass der historische Adel (und nicht nur die dynastischen Häuser mit eigenen, staatlich sanktionierten Hausgesetzen) eigene Regeln und Rituale auf-weist, die außerhalb der positiven13 Rechtsetzung des Staates liegen – allein z. B. aus der heute überwiegenden Sicht das Salische Prinzip14 - ist es gerechtfertigt, den Adelstand als eine Parallelgesellschaft zu bezeichnen.
Eine Parallelgesellschaft15 bedeutet eben, dass es eine in der Regel in sich abgeschlossene Personengruppe gibt, die eigene Regeln befolgt, welche sich entweder in einer Übereinstimmung mit dem jeweils aktuellen positiven stattlichen Regelwerk befinden oder auch nicht. Diese kann entweder deutschsprachig sein wie beim Adel oder den jüdischen Gemeinden16 in Deutschland oder auch fremdprachig wie bei den in Deutschland lebenden Türken17, Russen18, Jesiden19 oder Japanern20.
Schema der Entwicklungen der rechtlich gleichberechtigten Szlachta in der “Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae” bis deren Untergang 1795 und dann bis 1918
http://de.szlachta.wikia.com * http://be.szlachta.wikia.com * http://lt.szlachta.wikia.com * http://pl.szlachta.wikia.com * http://ru.szlachta.wikia.com * http://uk.szlachta.wikia.com
copyright Dr. Edward von Schlesinger
Als Familien des historischen Adelstandes in den Grenzen der heutigen Nachfolgestaaten der Res Publica sind anzusehen:
Familien der historischen Szlachta der Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae;
Familien, der historischen Szlachta welche im Herzogtum Warschau, III. und IV. Königreich Polen oder im Königreich Galizien und Lodomerien adelslegitimiert worden sind;
Familien des historischen Dworjanstwo des Kaiserreiches Russland, welche landsässig oder ansässig und in den ehemaligen Gebieten der Res Publica adelslegitimiert sind;
Familien, welche in den Genus der systemmässigen Nobilitierung im Kaiserreich Österreich gekommen sind und landsässig oder ansässig in den ehemaligen Gebieten der Res Publica (Beamten- und Funktionsadel) sind oder waren;
Familien, welche in den Genus der systemmässigen Nobilitierung im Kaiserreich Russland gekommen sind und landsässig oder ansässig in den ehemaligen Gebieten der Res Publica (Beamten- und Funktionsadel), sind oder waren, sowie die
außerhalb der ehemaligen Gebieten der Res Publica stammenden Adelsgeschlechter, welche zumindest in einer Generation in deren Gebieten landsässig- oder ansässig waren (z. B. Nobilitierungen des Heiligen Stuhls oder im Kaiserreich Frankreich unter Napoleon).
Es kommt in Arbeiten über den Adel der Res Publica vielfach vor, dass identische Familien unter anderer Schreibweise mehrfach aufgeführt werden. Als unmittelbare Folge erfolgt eine rechnerische Aufblähung der Gesamtzahl des Adelstandes der Res Publica, deren Ausmass nur schwerlich einzuschätzen ist.
Diese Problematik wird verschärft durch die Folge der vorherschenden Realteilung. Bedingt durch Erbschaften und Aussteuerregelungen fand ein fortlaufender Eigentumswechsel und dadurch eine weitere Eigentumsaufsplitterung der Güter und Ortschaften statt. Durch die Annahme eines neuen Namens nach dem neuen Besitzstand erfolgte eine weitere Namensaufsplitterung der so entstandenen Linien. Dies ist die Ursache des häufigen Vorfindens einer Vielzahl von namensidentischen Familien in einem Dorf vor, die genetisch unterschiedlichen Geschlechtern angehören und sich nur durch deren Wappenzugehörigkeit unterscheiden lassen.
Diese Aufblähung des numerischen Bestandes der Szlachtafamilien beträgt sicherlich zumindest 10 % der ermittelten Namen, es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass es in einigen Gebieten des Adelsrepublik bis zu 1/3 des Bestandes der in neuen Wappenbüchern Glisteten beträgt.
Dennoch gilt auch für alle Publikationen der Auspruch des Autors des Adelsregisters des Heiligen Römischen Reiches und des Kaiserreiches Österreich, von Frank zu Döfering, dass ein Fehlen eines Adelsgeschlechtes in einer solchen Zusammenstellung nicht gleichbedeutend ist mit dessen fehlenden Adelstand.
Die Serenissima Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae war eine demokratische, föderal verfasste Republik mit einer einzigen Einschränkung – zu den Staatsbürgern und damit dem Personenkreis mit aktivem und passivem Wahlrecht gehörte nur der Adelstand an. Allerdings war dessen Bevölkerungsanteil erheblich höher als bei der Partizipation der späteren Demokratie in Großbritannien und den Staaten Europas bis in das ausgehende XIX. Jhdt. hinein. In diesem ersten Anlauf der Schaffung eines übernationalen Reiches in Europa lassen sich viele negative Erscheinungen der heutigen Europäischen Union erkennen.
Es drängen sich vielfältige parallelen zu heutigen demokratischen Staaten auf. Als bezeichnendes Beispiel kann die Übermacht der staatlichen Verwaltung der Adelsrepublik bei der Behandlung des verdunkelten Adels angeführt werden. So führen Volumina Legum, das Gesetszeswerk des Res Publica Serenissima bis zur deren Untergang 1795 im Band VIII auf der Seite 296 aus: Für das Jahr 1775 wird in Volumina Legum ein Rechtstreit notiert, in dem der Starost von Owrucz (an der Grenze der heutigen Ukraine zu Weißrussland, beide Teile des altlitauischen Großfürstentum im Rahmen der Res Publica gelegen) die nachfolgenden Familien als Bauern klassifizierte und sie mit entsprechenden Steuerabgaben belegen wollte, bis diese gerichtlich ihren Adelstand nachweisten:
Bech,
Białocki,
Branowski Dumiński,
Buwsonowski,
Dorotycz,
Hecejowski,
Kobyliński,
Korczewski,
Kościuszko,
Lewkowski,
Marakowicz,
Mieleniewski,
Moszkowski,
Niewmierzycki,
Paszyński,
Perszk vel Perszek,
Redcyzc,
Rożmeyko,
Serninka,
Szwab,
Tołkacz,
Usarewicz,
Uszczapowski,
Waskowiec vel Waskowski,
Werpowski,
Wołkowski und
Zakusioło.
Bezeichnend ist, dass heute vielfach erst ein äußerer Anlass erfordelich ist, um in Familien mit Ursprung im östlichen Europa sich des eigenen Adelstandes bewußt und aktiv zu werden. So entsprang der Familie Kościuszko, vorstehend unter # 9, ein Anführer des letzten bewaffneten Aufstandes zur Verteidigung der Demokratie der Adelsrepublik und berühmter General des amerikanichen Unabhängigkeitskrieges. Alle nachfolgenden Aufstände in westlichen, polnischen Teilen der ehemaligen Adelsrepublik sind nicht als Konföderationen zum Zweck des Erhaltes oder Wiederherstellung der Res Publica, sondern als Rebelionen anzusehen.
In der Zeit seit der Entstehung der Szlachta nach 1385 wandelte sich vielfach die Schreibweise sowohl der Familiennamen als auch der Bezeichnungen der Wappengenossenschaften und der Wappenrufe. Hierdurch kann eine und die gleiche Familie unerkannt unter abweichenden Namen geführt. Die Feststellung, ob es sich hierbei um unterschiedliche oder identische Familien handelt, kann nur durch intensive historische Forschung vermittelt werden.
Durch Quellenverluste oder einfach durch geringe Quellendichte kann trotz eingehender Forschungen nicht selten keine Aussage über die Identität abweichender Schreibweisen herbeigeführt werden. Beispiel: Dabrowski [latinisierte Version] und Dąbrowski [polonisierte Version], Dambrowski und Dombrowski [mögliche phonetische Schreibweise], Dobrowski [vereifachte phonetische Version], und hierzu kommen noch die Schreibweisen in kyrillischen Alphabet.
Wie dramatisch Verwaltungsbeamte Namen und damit Genealogien verfälschen können, sei es durch Nachlässigkeit, fehlende Kompetenz oder bewußt auf Weisung, sieht man an einem Beispiel aus dem ehemaligen Ostpreußen:
Heiraths-Haupt-Register des Königlich Preußischen Standesamtes Marwalde, Kreis Osterode, Ostpreußen für das Jahr 1893, Eintrag Nr. 1 [Marwalde, Księga małżeństw 1893] 21:
“Marwalde am siebenzehnten Januar tausendachthundertneunzig drei. Vor dem unterzeichneten Standesbeamten erschienen heute zum Zwecke der Eheschließung:
Der Wirtssohn
Johann
Zuchowski
, bisher ledigen Standes, der Persönlichkeit nach bekannt, katholischer Religion, geboren den elften April des Jahres tausendachthundertvierundsechszig, zu Ruhwalde, Kreis Osterode, wohnhaft zu Ruhwalde. Sohn des verstorbenen Wirth
Johann
Zuchowski
und dessen noch lebenden Ehefrau Veronika, geb. Gawarzeck, wohnhaft zu Ruhwalde.
Die Wirtstochter Katarine (geschrieben steht Karatine) Koschmieder, bisher ledigen Standes, der Persönlichkeit nach bekannt, evangelischer Religion, geboren den zweiundzwanzigsten November des Jahres tausendachthundertzweiundsechszig zu Ruhwalde, wohnhaft zu Ruhwalde. Tochter des verstorbenen Wirt Friedrich Koschmieder und dessen noch lebenden Ehefrau Justine, geb. Groß, wohnhaft zu Ruhwalde. Als Zeugen waren zugezogen und erschienen:
Der Wirth Friedrich Koschmieder, der Persönlichkeit nach bekannt, dreiunddreißig Jahre alt, wohnhaft zu Ruhwalde.
Der Wirth Gottlieb Sterna, der Persönlichkeit nach bekannt, einunddreißig Jahre alt, wohnhaft zu Marzien, jetzt,Wirth Osterode. In Gegenwart der Zeugen richtete der Standesbeamte an die Verlobten einzeln und nacheinander die Frage: ob sie erklären, dass sie die Ehe miteinander eingehen wollen. Die Verlobten beantworteten diese Frage bejahend und erfolgte hierauf der Ausspruch des Standesbeamten, dass er sie nunmehr Kraft des Gesetzes für rechtmäßig verbundene Eheleute erkläre.
Vorgelesen, genehmigt und unterschrieben: Johann Zacharowski, [unleserlich] Zacharowski, geb. Koschmieder, Friedrich Koschmieder, Gottlieb Sterna. Der Standesbeamte: Borowski”
Obwohl sowohl der Ehemann als auch die neu Angetraute mit “Zacharowski” unterschrieben, werden sie in der Urkunde durch den Beamten als “Zuchowski” aufgeführt. Von Verunstaltungen durch Aufschreiben nach Gehör oder Verschreiben, so dass in einem Dokumen zwei, ja sogar drei unterschiedliche Namensversionen erscheinen, oder der Transliterierung aus oder in das Kyrillische, ganz zu schweigen.
Bis zum XVIII. Jhdt. gab es wie im Lateinischen nur den Buchstaben I. Man sprach J oder I, je nachdem, welcher Buchstabe folgte. Beispiel: "INRI" (= Kreuzesinschrift), wo die beiden I für Jesus und Judaeorum stehen. Später hatte man für die zwei Laute J und I auch die zwei Buchstaben J und I. Die deutsche Schrift (Sütterlin) hat beide Buchstaben zur Verfügung. Nur scheinen nicht alle Standesbeamten den Unterschied nicht genau zu kennen. Als Beispiel: in der Urkunde Hauptregister Gumbinnen, 12. IV. 1880, Nr. 9, nach Belieben geschrieben: "Institut" 2 x mit I und 2 x mit J, "Insterburg" mit I und "Januar" 3 x mit I sowie "Isakeit" mit J und "Jantzon" mit I dazu.
Weiterhin verschärft wird die Lage durch die Tatsache der Namensverfälschung durch alle bestehenden Transliterierungsysteme in das lateinische Alphabet wie z. B. die Lautverschiebung v > f oder o > a wie auch die bekannte ch – g – h Problematik. Aus diesem Grund gibt es bisher nock keine verbindliche Konvertierungstabelle für Namen aus dem Lateinischen / Polnischen in das kyrillische Alphabet (der russischen, ukrainischen und weißrussischen Ausprägung) und eben aus diesen wieder in das Lateinische und Polnische.
Wohl wurden bisher auf Regionen beschränkte Konvertierungstabellen veröffentlicht. Wegen der imensen Datenmenge ist es bisher jedoch nicht gelungen, eine Konvertierungstabelle für das gesamte Gebiet der ehemaligen Res Publica Serenissima zu erstellen. Es bleibt abzuwarten, ob es dem laufenden Forschungsprojekt “Eliten der Res Publica Serenissima 1385 – 1569 – 1795 und in deren Gebieten bis 1918” gelingt, als Nebenprodukt zumindest für die Familien der historischen Szlachta im östlichen Europa eine beiderseitige Konvertierungstabelle zu erstellen, die für eine Umsetzung von Familiennamen obligatorisch sein könnte.
Somit bleibt der alltägliche Kampf der von dieser Problematik betroffenen nicht nur bei westlichen Standesämtern Personen (z. B. bei nationalen Mischehen), sondern auch im Fall von Registrierungen bei den Amtsgerichten weiter bestehen. Betroffen sein kann jeder, der in einem Land in welchem sich die Amtssprache des kyrillischen Alphabets bedient, einen Reisepass oder internationalen Führerschein beantragt. Hierbei ist es nach geltendem Recht üblich, den kyrillisch geschriebenen Namen auch in lateinischen Buchstaben anzugeben. In Ermangelung einer Konvertierungstabelle erfolgt dies durch die Transcribierung. Die üblicher Weise verwendeten Transscribierungsnormen generieren manchmal sogar kaum lesbare und aussprechbare Namen und man ist auf einen Kampf mit Fachgutachten über die korrekte Konvertierung des historischen Familiennamens angewiesen.
Das dies keine rein theoretische Überlegungen sind, wird an einem unlängst bekannten Fall eines über 2 Jahre dauernden Rechtsstreits über die korrekte Namenskonvertierung vor dem Amtsgericht Posen-Mitte (Republik Polen) deutlich. Der neue Geschäftsführer wurde erst nach wiederholten Gutachten in das Handesregister eingetragen und das Unternehmen wurde damit soweit geschädigt, dass nachdem die neue Organbesetzung im Handelsregister eingetragen wurde, es wegen zwischenzeitlich eingetretenen Zahlungsunfähigkeit Konkurs anmelden musste.
Auch im Bereich der Standesämter gilt die korrekte Namenskonvertierung nicht selten als ein kaum zu überwindendes Hindernis – soweit die Eheleute sich nicht damit abfinden, dass jeder von ihnen eine abweichende Schreibweise des gleichen Ehenamens führt. Oder dass der Name eines der Ehepartners nach sachlich fehlerhaften jedoch nach geltenden Transkribierungsnormen korrekten Transliterierung fast unaussprechlich wird. Dies gilt nicht nur für Familiennamen sondern auch für Vornamen. Wer würde bei “Katsiaryna” in der amtlichen Transkribierung aus dem Russischen an eine weißrussische “Katrin/Katharina” denken?
Das in diesem Bereich dem Autor bekannte bisher am längsten andauernde Verfahren (bis geheiratet wurde) ist mit 3 ½ Jahren im Rheinland notiert und verursachte eine Schadensersatzforderung von knapp 100.000 €. Zu diesem unhaltbaren Zustand bleibt noch anzumerken, dass es sich um Eheleute aus europäischen Ländern handelte und nicht etwa aus dem russischen, chinesischen, japanischen oder thailändischen Sprachraum und dass es nur deshalb bei 3 ½ Jahren verblieb, da sie es dann doch vorzogen nicht in Deutschland, sondern im Königreich Dännemark zu heiraten.
Beispiel für die Umschrift von Namen:
Kyrillisch (Ukrainisch)
Марко Лукич Кропивницький
Transl.: Marko Lukyč Kropyvnyc'kyj
Transkr.: Marko Lukytsch Kropywnyzkyj
Kyrillisch (Russisch)
Марк Лукич Кропивницкий
Transl.: Mark Lukič Kropivnickij
Transkr.: Mark Lukitsch Kropiwnizki
In Klammern stehen Wikipedia-Beispiele ggf. unter Transliteration die strengere ISO 9 von 1995 und unter deutsch die DDR-Transkription.
Kyrillische
Schreibweise
Transliteration
Transkription
Deutsch
Englisch
französisch
Александр Солженицын (russisch)
Aleksandr Solženicyn
Alexander Solschenizyn (Solshenizyn)
Aleksandr Solzhenitsyn
Alexandre Soljenitsyne
Михаил Зощенко (russisch)
Michail (Mihail) Zoščenko (Zoŝenko)
Michail Soschtschenko (Sostschenko)
Mikhail Zoshchenko
Mikhaïl Zochtchenko
Михаил Горбачёв (russisch)
Michail (Mihail) Gorbačëv
Michail Gorbatschow
Mikhail Gorbachev
Mikhaïl Gorbatchev
Борис Николаевич Ельцин (russisch)
Boris Nikolaevič El’cin
Boris Nikolajewitsch Jelzin
Boris Nikolayevich Yeltsin
Boris Nikolaïevitch Eltsine (Ieltsine)
Владимир Владимирович Путин (russisch)
Vladimir Vladimirovič Putin
Wladimir Wladimirowitsch Putin
Vladimir Vladimirovich Putin
Vladimir Vladimirovitch Poutine
Руслана Лижичко (ukrainisch) / Лыжичко (russisch)
Ruslana Lyžyčko / Lyžičko
Ruslana Lyschytschko (Lyshytschko) / Lyschitschko (Lyshitschko)
Ruslana Lyzhychko / Lyzhichko
Rouslana Lyjytchko / Lyjitchko
Зоран Ђинђић (serbisch)
Zoran Đinđić
nur Transliteration:
Zoran Đinđić (Djindjić)
nur Transliteration:
Zoran Đinđić (Djindjić)
nur Transliteration:
Zoran Đinđić (Djindjić)
1 Dem wird auch nicht die Publikation von Mühle, Eduard (Hrsg.): Studien zum Adel im mittelalterlichen Polen, Wiesbaden: Harrassowitz 2012, gänzlich gerecht. Zwar wird der Textzugriff durch die mit großer Sorgfalt zusammengestellten Register Texte erleichtert - ein Register der polnischen Adelsgeschlechter und der Wappengemeinschaften, ein Ortsregister sowie ein Personenregister. Dennoch kann es nur als eine unzureichende Aktualisierung von Werken vor dem ersten Weltkrieg angesehen werden, auch wenn die ausführlichen bibliografischen Angaben in den Fußnoten den neuesten Forschungsstand polnischer Forschungen wiedergeben.
2 Wikia Szlachta unter: http://de.szlachta.wikia.com/wiki/Home.
3 Die eigentlich sachgerechte Übersetzung für Litauen aus “Res Publica Coronae Regni Poloniae Magnique Ducatus Lithuaniae“ wäre „Großherzogtum Litauen“. Wohl aus dem Polnischsprachigen, in dem nicht zwischen Herzogtum und Fürstentum unterschieden wird, hat sich in deutschen Publikationen die Staatsbezeichnung „Großfürstentum Litauen“ durchgesetzt. Daher wird diese Bezeichnung auch in den Publikationen des Forschungsprojektes verwendet.
4 Der Originaltitel lautete bis zur Trauung nicht Königin, sondern "König von Polen", aus sprachlichen Gründen wird hier jedoch die Form "Königin" verwendet.
5 Die maximale territoriale Ausdehnung als größter Staat in Europa wurde mit 990.000 km2 und einer geschätzten Bevölkerung in den Jahren 1569-1650 von 7,5 - 11 Millionen Personen im Jahre 1618 erreicht.
6 Ethnische Säuberungen durch die Republik Polen wie bei der "Aktion Weichsel", die polnisch-ukrainische Problematik der "Kresy", der Grenzansprüche Polens an die Nachbarn Litauen und Weißrussland nach dem ersten Weltkrieg und Annexionen der Gebiete der II. Tschecho-Slowakischen Republik durch die II. Republik Polen in den 20-er Jahren und im März 1939.
7 Kristallisierungspunkte bei vielen "ukrainischen Aufständen" Ende des XVI. und im XVII. Jhdt. waren Rechtsbrüche, die staatlicherseits nicht sanktioniert wurden wie z. B. bei Chmielnicki, die dann von diesem instrumentalisiert wurden.
8 Aus der WEB-Präsentation der GWZO.
9 Wie z. B. bei den Stammfolgen der Großfürsten von Litauen im Falle der Linie der Fürsten Chowanski des Wappens Pogoń Litewska offensichtlich wird. Die in anerkannten Grundlagenliteratur wie in Adam Boniecki, Herbarz Polski, Band III, in gedruckter Form seit 1900 vorliegenden (nichtrussischen) Linien wurden nicht erkannt. Siehe hierzu: Schlesinger, Edward, von: Konzeption einer Neubearbeitung der Geschichte der Fürsten Chowański, München 2012, und Chowanski, Sergiej Aleksandrovich, Fürst: Fürsten Chowanski, Moskau 2007. Hierbei handelt es sich um ein namhaftes Geschlecht, welches mit dem Zaren Ivan dem Schrecklichen direkt verschwägert war. Dieser Umstand führte zur Ermordung der potentiellen Tronanwärter. Es waren ebenfalls Mitglieder dieses Geschlecht, die im Jahr 1682 mit dem Strehlitzenaufstand, bekannt als "Chowańszczyzna", eine Tronübernahme in Moskau versucht haben.
10 So war im Rahmen des Forschungsprojektes vorgesehen ein multinationales Wissenschaftskuratorium von ca. 30 Forschern aus der Bundesrepublik Deutschland, der Republiken Litauen, Österreich, Polen, Russland, der Tschechischen Republik, der Ukraine und der Republik Weißrussland zusammenzustellen. Die Forscher sollten nicht nur aus dem Bereich der staatlichen Universitäten berufen werden, sondern die Auswahlkriterien beruhten ausschließlich auf deren Sachkenntnis, so dass auch akademische Forschungsstellen wie das private Charkover Kosakeninstitut, privaten, nicht kommerziellen Datenbanken wie Dr. Minakowski, oder Spezialisten z. B. aus Bibliotheken und Adelsverbänden sowie DNA-Spezialisten vertreten wären.
11 Hierzu siehe StudIaS “Das freiwillige Eingehen von Untertahnenverhältnisen durch Freie”.
12 Schlesinger, Edward von: Auswertung der Adelsproben der Kanoniker der Kathedrale von Plock unter dem Gesichtspunkt der Ermittlung des Anteils verdunkelten Adels innerhalb der Szlachta der Adelsrepublik, Referat zum 25. Jubiläumskongress Historischer Hilfswissenschaften der Russischen Akademie der Wissenschaften in Moskau, Januar/Februar 2013, erstellt auf der Grundlage der von Adam Pszczółkowski aus den Akten des Kathedralkapitels von Plock angefertigten Abschriften (Wywody kanoników katedralnych płockich sygn. 8-25). Siehe: http://de.szlachta.wikia.com/wiki/ Verdunkelt-Adelsrepublik, Zugang 10. 11. 2016.
13 D. h. gesetztem Recht als Unterschied zum Überpositiven/Naturrecht. Positives Recht ist vom Menschen gemachtes und damit veränderliches Recht. Das überpositive Recht, je nach Ausgangspunkt – ist „naturgegeben“, „im Wesen des Menschen liegend“ oder „von Gott vorgegeben“. Positives Recht gilt (im Gegensatz zum überpositiven bzw. Naturrecht) zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten. Es gilt, selbst wenn es nach dem „Gefühl“ eines Einzelnen - oder im besonderen Fall sogar nach Meinung der Mehrheit der Menschen - als „ungerecht“ und damit als Unrecht empfunden wird. Per Definitionem ist das positive Recht unvollkommen und jederzeit veränderbar, beansprucht jedoch als jeweils gegenwärtige Gestalt der Rechtsordnung zunächst einmal Befolgung. Das positive Recht kann durch Einwirkung auf den Gesetzgeber neu gefasst werden.
14 Bei Lex Salica (Pactus Legis Salicae, D - Salisches Recht) wurden 507–511 alte mündlich überlieferte Rechtsgepflogenheiten erstmals schriftlich niedergelegt. Benannt ist sie nach dem fränkischen Stamm der Salfranken. Der Text ist auf Latein verfasst, enthält jedoch germanische Fragmente. „Des Weiteren enthielt die Lex Salica … Bestimmungen über das Erbrecht und die Gerichtsordnung. In Anlehnung an diese Erbrechtsbestimmungen wurde später in vielen europäischen Herrscherhäusern die Thronfolge so festgelegt, dass Frauen nicht die Krone erben konnten, selbst dann nicht, wenn keine männlichen Erben existierten: In terram salicam mulieres ne succedant. …Diese besondere Bestimmung der Lex Salica wird heute oft als das Salische Recht schlechthin verstanden. In dieser Form wurde sie jedoch erstmals in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts verwendet – um zu legitimieren, dass 1317 Philipp V. unter Umgehung der weiblichen Erbfolge auf den französischen Thron gelangt war, es wurden also nicht nur Töchter des Königs von der Erbfolge ausgeschlossen, sondern auch deren Nachkommen. Dieser Erbfolgestreit wurde eine der Ursachen für den Ausbruch des Hundertjährigen Krieges. Diese Bestimmung gilt noch heute in einigen Monarchien und als Hausrecht in den meisten deutschen Adelshäusern.“
Irrtümlicher Weise führt Wikipedia an, dass der Zerfall bereits zu Beginn des XVIII. Jhdt. begann, als es „1713 mit der Pragmatischen Sanktion für die Habsburgermonarchie außer Kraft gesetzt“ wurde. Wohl aus Unkenntnis der Geschichte Europas wurde die Pragmatische Sanktion auf das Geburtsjahr 1713 und nicht
den Herrschaftsantritt Maria Theresias von 1740 datiert. Daneben wurde die erste dynastische Verletzung des Salischen Prinzips im Königreich Polen ausgeklammert. Allerdings wurde Jogailo im Unterschied zu Franz I. Stefan, der bis zur Wahl zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches 1745 nur Consorte blieb, tatsächlich König von Polen. Ähnlich der Situation 350 Jahren später bei Habsburg wurde aus Mangel an männlichen piastischen Nachkommen in direkter Linie im I. Königreich Polen Hedwig von Anjou, polnischsprachig Jadwiga, am 16. Oktober 1384 gekrönter „König“ von Polen [also nicht zur Königin], um dann die Krone an ihren Gemahl, den gedimischen Großfürsten von Litauen Jogailo, weiterzugeben, womit in der Krone Polens und im Großfürstentum Litauen die Dynastie der Jagiellonen begründet wurde. Die Trauung erfolgte nach der Taufe Jogailos am 18. Februar 1386 und er wurde am 4. März 1386 als Władysław II. Jagiełło