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Hans-J. Grünitz erinnert sich an seine Zeit als Wehrpflichtiger und Reservist der Nationalen Volksarmee. Detailgetreu schildert er das Leben eines gewöhnlichen Soldaten, lässt unmittelbar teilhaben an Drill, Kommissgeschichten, gelegentlichen Vergnügungen und schwerwiegender Gewissensentscheidung. 1977 eingezogen, gelingt ihm ein authentischer, anekdotenreicher Blick in den Militäralltag der DDR in den 1970er Jahren. Später erlebt er anlässlich einer Reserveübung die ersten Auflösungserscheinungen der sozialistischen Ordnung.
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Seitenzahl: 224
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Hans-Joachim Grünitz
Eingezogen
Ein Wehrpflichtiger der NVA erinnert sich
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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3. unveränderte Auflage
© 2012 by Verlag Ludwig
Holtenauer Straße 141
24118 Kiel
Tel.: +49-(0)431-85464
Fax: +49-(0)431-8058305
www.verlag-ludwig.de
ISBN 978-3-86935-154-4
Für meine Eltern
Im Oktober vor zwölf Jahren hatte ich per Befehl das letzte Mal offiziell eine Militäruniform zu tragen. Wir haben jetzt wieder Oktober. Es sind die letzten Tage dieses Monats im Jahr 2000 und es ist wohl dem trüben Herbstwetter geschuldet, daß ich mal wieder an meinem Schreibtisch sitze um nun endlich die letzten Zeilen an diesem Buch zu schreiben. Die Armee, deren Uniform ich damals und in Abständen auch Jahre davor trug, gibt es nicht mehr. Auch nicht den Staat, zu dem diese Armee gehörte. Der dem Staat einst geschworene Eid hat keinen Wert mehr. Dennoch meine ich, daß der Alltag im militärischen Leben eines Soldaten bei der Nationalen Volksarmee sowie den Grenztruppen der DDR eine Geschichte wert ist. Eben weil es Geschichte ist und weil Geschichte oft und gern vergessen oder nicht überliefert wird. Natürlich kann dieses Buch nur einen winzigen Ausschnitt, ein ganz kleines Stück dieser Geschichte wiedergeben. Sicher gibt es Menschen, die durch abweichende Erfahrungen eine andere Sicht auf das Vergangene haben. Dieser Bericht verfolgt nicht das Ziel einer wissenschaftlichen Abhandlung, sondern erzählt meine eigene Geschichte, ich hoffe auf unterhaltsame Art, mal satirisch, mal ernst, mal nachdenklich.
Das Jahr 1977 war dazu bestimmt, mir in ewiger Erinnerung zu bleiben. Diese vorwiegend negativ geprägten Erinnerungen verblaßten mit den Jahren. In den Vordergrund drängen sich heute fast nur noch die übrig gebliebenen positiven Eindrücke. So ist das eben, der Mensch verdrängt das Schlechte und ist geneigt, aus seinen Erinnerungen nur noch das Gute zu berichten. Und letzteres geschieht besonders gern in Männerrunden »Gedienter«. Hier werden die tollsten Geschichten zum Besten gegeben und manche Erzählung läßt die Tendenz zur Übertreibung vermuten, so daß der willig Zuhörende wohl hin und wieder am Wahrheitsgehalt zweifeln dürfte. Nicht zweifeln hingegen muß der Leser am Inhalt und Wahrheitsgehalt des nun folgenden Berichtes. Bewußt wird hier von Höhen und Tiefen, guten wie schlechten Seiten einer Zeit erzählt, die immer wieder Erinnerungsstoff bietet: der Militärzeit.
»Musterung«, ein für mein Befinden unwürdiges Wort. Pferde werden ja bekanntlich auch gemustert. Aber gut, heute schreiben wir das der Militärtradition zugute und regen uns nicht mehr sonderlich auf. Die Musterung bedeutete nichts anderes als die Feststellung der militärischen Tauglichkeit, nein, nicht der von Kavalleriepferden, sondern der von jungen Männern. Es war die erste medizinische Untersuchung zu diesem Zweck und fand in der Regel jährlich für die jeweils 18jährigen statt und die wußten schon, was kommen würde. So auch bei mir, im Jahre 1973.
Man hatte einen ganzen Gebäudeflügel in der Betriebspoliklinik frei gemacht. Jeder mußte zwei Ärzte nebst Schwestern über sich ergehen lassen. In diesem Zusammenhang fällt mir immer wieder das wohl auch traditionelle »Hosen runter und bücken« ein. Hätte bis zu diesem Zeitpunkt nie gedacht, daß es das in dieser Form tatsächlich gibt. Man denkt dabei sofort an Hämorrhoiden! Aber in diesem Alter? In meinem G-Buch, dem mich nun immer begleitenden »Gesundheitsbuch« der NVA, ist im Kapitel »Musterung« jedenfalls kein diesbezügliches Wort zu finden. Erst das Kapitel »Entlassungsuntersuchung« nennt einen solchen Eintrag. Könnte das etwa zu der Annahme führen, daß der Armeedienst diesbezüglich förderlich wäre? Um es vorweg zu nehmen, bei mir ist »nein« unterstrichen!
Nun, man wollte wohl nur die Wirbelsäule prüfen und das machte sich in gebückter Haltung mit heruntergelassenen Hosen und in Anwesenheit der Schwester wohl besonders gut. Zum Glück war letztere bereits in gereiftem Alter und hätte meine Mutter sein können. Peinlicher waren dagegen die Fragen des Arztes nach meinem Intimleben. Des weiteren sollte ich ihm die Bezeichnungen diverser Teile meiner Genitalien nennen! Das muß wohl auch der in der Mimik starren Schwester seltsam vorgekommen sein. Ihre Gesichtsfarbe veränderte sich zumindest in Richtung »mehr Blut«.
Was nach dem »medizinischen Teil« kam, war die verbale Attacke, geführt von der Einberufungskommission, die auf Biegen und Brechen einen Längerdienenden, sprich Unteroffizier auf Zeit oder gar Berufssoldaten aus mir machen wollte. Es hat nicht geklappt. Weder die anfänglich väterliche Tour der Offiziere, noch die dann folgende strenge Aufforderung, gerade zu sitzen, verbunden mit der Drohung, man werde mich dann eben erst »sehr spät« und »ganz weit weg von zu Hause« einberufen, konnten mich von einem Dienst, länger als die obligatorischen eineinhalb Jahre, überzeugen.
Auch nicht der unfaire Verweis auf den Beruf meines Vaters. Mein herzensguter Vater, der zu diesem Zeitpunkt noch als Geschichtslehrer arbeitete, hat für mich stets nur das Beste gewollt und mir selbstverständlich die Entscheidungsfreiheit gelassen. Er sollte nun auf Grund seines Lehrerdaseins als ideologische Waffe herhalten. In der Luft schwang, wenn auch nicht direkt ausgesprochen, unmißverständlich die Drohung, daß mein Vater durch meine Unwilligkeit Ärger bekommen könnte. Ganz so weit ging die Macht der Herren nun aber doch nicht. Ich äußerte mich darauf wohl überaus ungehalten, worauf die Einberufungskommission des Wehrkreiskommandos mich in ebenfalls ungehaltener Stimmung entließ.
Da war er nun, der berüchtigte Einberufungsbefehl zur Ableistung des Grundwehrdienstes. Mit Sicherheit nicht ersehnt und Schrecken verbreitend. Die Zeit bis zum Tag X wurde immer kürzer und dann ging es im Mai 1977 unweigerlich auf die Reise. Ich war zweiundzwanzig und »weit weg« ging es tatsächlich. Mit dem Sonderzug nach Johanngeorgenstadt, zu den »Grenztruppen der DDR«, den Einberufungsbefehl in der Tasche. Ein Sammeltransport ab Cottbus brachte uns Rekruten in professioneller Begleitung etappenweise an die vorbestimmten Ziele. Da gab es einige, die hatten es im Vorfeld schon übers Herz gebracht, den Friseur aufzusuchen. Ich gehörte nicht dazu, meine Haare waren lang, wie es in den Siebzigern halt Mode war. Angetrunken wegen des nun bevorstehenden, waren wir aber einheitlich alle. Dieses sollte eigentlich die Begleitung verhindern. Ein ungleicher Kampf. Die Ernüchterung kam dann aber mit dem Anblick des Kasernentores und dem Schrecken, als dieses hinter uns zukrachte.
Von nun an war für 18 Monate eigenes Denken offiziell gestattet aber praktisch unerwünscht. Es herrschte die Macht des Militärs - der Befehl. Was auch immer ab jetzt getan wurde, für alles gab es das Werk der Werke für den Soldaten: die Dienstvorschrift. Sie regelte einfach alles und so war das mit dem Denken sowieso überflüssig. Und das war auch gar nicht so schlecht, denn wer abschalten konnte, merkte nur gedämpft, was jetzt auf ihn zukam.
Johanngeorgenstadt - welch klingender Name, aber nur für die Touristen und Urlauber in diesem beliebten Ferienziel der DDR. Und wir mitten drin für ein halbes Jahr Grundausbildung! Diese Zeit war in den Reihen der Grenztruppen vorgeschrieben. Fit machen wollte man uns für den dann planmäßig folgenden einjährigen Dienst an der »Grünen Grenze«. So nannten wir alle Grenzabschnitte, außer dem nach Westberlin. Offiziell hieß unser Abschnitt »Grenzkommando Süd«. Planmäßig allerdings sollte bei mir nichts so recht verlaufen.
Beim Militär geht es erst mal los mit dem Loswerden der eigenen Kleidung. Und dies geschah gründlich. Außer einem Schlafanzug behielten wir nichts individuell Anziehbares. Alles genormt, alles gleich in Farbe und Form, wie sich das für eine anständige Truppe gehört und was ja auch die zuständigen Befehle für die Anzugsordnung erheblich vereinfachte. Man hatte auf dem Kasernenhof eine Reihe Zelte aufgestellt, die wir nun passierten. In jedem Zelt gab es andere Kleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, von der Unterwäsche bis zur Feldflasche. Die Zivilkleidung mußte eingepackt und nach Hause geschickt werden. Nach erfolgter Einkleidung mit den unweigerlich begleitenden Worten »paßt, paßt«, standen wir im Armee-Trainingsanzug und einem riesigen Bündel voll Klamotten über der Schulter auf dem Hof.
Es folgten Fragen der Unteroffiziere an die Rekruten »Wer kann was?«. Wer jetzt viel konnte, hatte später die Chance, hin und wieder abducken zu können, sprich, sich vor der einen oder anderen Maßnahme zu drücken. Wie durch Eingebung dachte ich mir das schon und konnte Schreibmaschine schreiben, gut zeichnen, Gitarre spielen. Die ersten beiden genannten Fähigkeiten brachten mir die Stellung eines Wandzeitungsredakteurs, ja sogar die des Chefredakteurs ein und den Schlüssel für einen Kellerraum - unserer Redaktion. Der Schlüssel war Gold wert, wie sich später herausstellte. Wenn wir, es wurden mir noch zwei weitere Genossen zur Seite gestellt, nicht mit dem Anfertigen von Wandzeitungen, der Herstellung von Agitations- und Propagandamaterial oder wunderschön gezeichneten Lehrtafeln über Kleidung und Ausrüstung unseres Klassenfeindes beschäftigt waren, schlossen wir von innen ab und legten uns auf den Tischen schlafen. Hin und wieder machte uns aber auch ein Schluck aus der geschmuggelten Schnapsflasche besonders munter.
Die Unteroffiziere, meist jünger als so mancher von uns, hatten in der Folgezeit alle Hände voll zu tun. Mußten sie doch erst einmal »Menschen aus uns machen«. Mein angeborener Ordnungssinn half mir jetzt in so mancher Angelegenheit. Im Spind bekam alles seinen Platz nach DV (Dienstvorschrift). Die Unterwäsche, bei der NVA und den Grenztruppen, egal ob Sommer oder Winter, ausschließlich aus langem Unterhemd und langer Unterhose in weißer Baumwollqualität bestehend, wurde aus Gründen exakter Geometrie und glatter Kannten mittels eingelegter Zeitungen zusammengelegt. Hierzu war bestens geeignet die »Volksarmee«, ein Blatt, dessen Bezug Pflicht war, wie auch das FDJ-Organ »Junge Welt«. Auf dem 10-Mann-Zimmer hätten wir die Zeitungen gleich zehnmal lesen können. Sinnigerweise mußte jeder seinen Sold für eigene Zeitungen schmälern. Sonst hätte das mit der Wäschegeometrie ja auch nicht geklappt. Geometrische Linien- und Flächenführung ohne chaotische Falten waren auch den Betten zugedacht. Hierzu gab es das Procedere des Bettenbaus. Wie gut, wenn jemand von uns eine noch intakte, nicht durchgelegene Matratze erwischt hatte. Sonst war es schwierig, ein Bett zu bauen, das wie eingeschalt aussehen sollte. Sehr zu beachten war auch die Falttechnik der an das Fußende aufgelegten Decke. Das in großen Lettern aufgedruckte »NVA« hatte immer sichtbar nach oben zu zeigen. Wir sollten schließlich nie vergessen, wo wir uns jetzt befanden.
Bei Nichteinhaltung dieser wichtigen Dienstvorschriften kam die »Mutter der Kompanie«, sprich der Spieß oder offiziell Hauptfeldwebel genannt und machte aus dem angeblich unordentlichen Bett nachdrücklich einen Saustall. Gleiches konnte durch Auskippen des Spindes geschehen, wenn dieser in den Augen des Hauptfelds nicht der DV entsprach. Das war allerdings Auslegungssache und von Genosse zu Genosse oder von Tag zu Tag, je nach Laune des Spießes, verschieden. Also Ordnung, Ordnung, nochmals Ordnung und Acht geben, wenn der Spieß kommt! Der hatte auch immer im höchsten Maße ein Auge auf die Sauberkeit. Die gesamte Kaserne und deren Umfeld hatte zu blitzen. Reinigungsgeräte gab es dazu von verantwortlichen Soldaten der Besenkammern. Die Armee muß Großabnehmer von Bohnerwachs gewesen sein. Das gab es in Pappeimern und wurde in Unmengen auf Zeitungspapier, sozusagen haufenweise, ausgeteilt.
Der Bohnerbesen wurde kräftig geschwungen, es galt, lange Flure und Stubenfußböden blitzblank zu machen. Der Spieß kannte jedes noch so versteckte Eckchen, wo Staub liegen könnte. Die Konzentration auf Sauberkeit und Ordnung ließ uns manchmal den Blick auf unseren Feind vergessen; also auf das Wesentliche, den oft und gern herbeigeredeten»Aggressor«.
Der Spieß stand jeden Morgen zum Appell vor der Truppe, schickte die Unrasierten wieder weg und gab den Dienstplan bekannt. Der Dienstplan, Dokument von Furcht und Hoffnung, hatte für jeden etwas dabei. Frühsport, Märsche, Sturmbahn, Politunterricht, Übungsschulgelände, Imitationssgrenzdienst und und und. Nur Freizeit war rar. Wochentags eine Stunde, Samstag einen halben und Sonntags den ganzen Tag. Freizeit hieß allerdings nicht frei sein. Auch hier warteten viele Überraschungen auf uns. Wie z.B. der bei mir so besonders beliebte Sport. Da ich von Geburt an nichts vom Sport hielt, was sich bis zum heutigen Tage nicht geändert hat, gab man mir Gelegenheit, in meiner Freizeit meine nicht vorhandenen sportlichen Fähigkeiten wenigstens in Ansätzen zu trainieren.
Die ersten Wochen sind die Schlimmsten, erzählte man sich. Das trifft für den normalen Rekruten in der sogenannten Grundausbildung für etwa 4 bis 6 Wochen zu. Nicht aber in unserer Truppe. Die Zeit bis zum ersten Ausgang sollte 14 Wochen dauern. Uns kam sie unendlich vor. Das Leben hatte sich gravierend geändert. Man war irgendwie nicht mehr Subjekt, sondern nur noch Objekt. In allen Lebenslagen geführt, gelenkt und geleitet von Befehlen. Übermittelt meist durch Unteroffiziere, von denen es damals leider auch einige gab, deren Intellekt wohl keinen anderen Beruf zuließ. Allgemein bekannt war, daß viele der sogenannten 10-Ender, also zehn Jahre dienende Berufsunteroffiziere von der Armee geworben wurden, egal zu welchen Leistungen sie in der Schule fähig waren. Ähnliches traf auf einige Offiziere zu, die an der damaligen EOS (Erweiterte Oberschule, entspricht dem heutigem Gymnasium) nur zum Abitur kamen, weil sie sich für die Offizierslaufbahn verpflichteten. Wie gesagt, das traf für einige Armeeangehörige zu, nicht für alle. Ich habe auch Vorgesetzte, sowohl Unteroffiziere als auch Offiziere, mit menschlicher Stärke und großen Fähigkeiten kennengelernt. Nicht vergessen sind auch all jene, die sozusagen zwangsweise 3 Jahre dienten, nur um später einen Studienplatz zu bekommen, und das waren nicht wenige. Zwischen den Unteroffiziersdienstgraden und den Offizieren gab es noch den Fähnrich. Nicht jeder BU (Berufsunteroffizier) wollte oder konnte nach 10 Jahren Armee so einfach in das Zivilleben wechseln. Die Fähnrichschule war sozusagen der Ausweg für einen weiteren Werdegang in der Truppe.
Besonderes Vergnügen muß es manchem Unteroffizier gemacht haben, den militärischen Tag zu beginnen. Und zwar um 6.00 Uhr früh mittels Trillerpfeife auf hallenden Fluren, Türen aufreißend und laut brüllend »Kompanie, Nachtruhe beenden!«. Dann hieß es raus aus den Betten in Sekundenschnelle, der Kreislauf wird´s danken. Schnell zur Toilette. Der nächste Befehl kommt bestimmt. Kurz darauf: »Fertigmachen zum Frühsport. Sportzeug kurz. Zeit fünf Minuten«. »Alles raustreten zum Frühsport!«. »Im Laufschritt marsch, marsch!«. Normales Gehen war ohnehin verpönt. Also nichts wie runter die Treppen, raus auf den Kasernenhof und zur Einstimmung erst mal immer schön im Kreise mit Einlagen, wie Schlußstrecksprung, Liegestütze etc. Und dann in eine andere Ecke des Hofes, denn dort lagen sie schon und warteten auf uns, die schön bunt (!) angestrichenen Panzerkettenglieder. Beliebte, kraftfördernde, aber erst mal entkräftende Trainingsgeräte.
Nach diesem Treiben war meist die erste Hürde des militärischen Dienstplanes genommen. Der Frühsport konnte aber auch in einen 3000 Meter-Lauf ausufern. Dann rannten wir aus dem Kasernengelände hinaus, durch die Urlauberstadt, vorbei an früh aufgestandenen, neugierig gaffenden Touristen, direkt zu einem Wanderweg, um auf diesem dann immer hin und her zu rennen. Die Uffze paßten auf, daß auch ja keiner abduckte. Da diese Genossen aber auch nicht immer dienstlustig waren, hatten wir hin und wieder auch mal Glück. Es waren eben immer die kleinen Dinge, die kleinen fast unscheinbaren Vorteile, welche man für sich zu nutzen wußte und die einem jedesmal wie ein Sieg vorkamen.
Nun war die morgendliche Zeremonie des Mannschaftswaschens an der Reihe. Mehrere Züge mußten es fertig bringen mit wenigen Waschgelegenheiten, die irgendwie an Viehtränken erinnerten und scheinbar nur mit Kaltwasserhähnen ausgestattet waren, auszukommen und das selbstverständlich nach vorgegebener Zeit. Das Wort »Dusche« war in dieser Kompanie nur als Massendusche bekannt und das auch nur einmal in der Woche.
Was jetzt kam, wurde ausdrücklich als »Dienst« ausgewiesen, das Frühstück. In der Tat waren bei der Armee sämtliche Mahlzeiten Dienst und Erscheinen somit Pflicht. Man ging, wie immer in Marschordnung, Bestecktasche und Plastetasse in der Hand, zum Speisesaal. Der war in einem separatem Gebäude, in dem sich auch die Küche befand, gleich neben unserem Quartier untergebracht. Der Weg dorthin konnte allerdings hin und wieder ziemlich lang werden. Zum Beispiel, wenn das befohlene Lied nicht laut genug vorgetragen wurde oder der Gleichschritt nicht klappte. Drei bis fünf Runden um den Kasernenhof waren dann nicht unüblich. Das Frühstück bestand aus Brötchen und Marmelade, etwas Wurst und wer wollte Mehlsuppe. Die Krönung war der Malzkaffee oder auch der Tee. Diese aus Aluminiumkannen in unsere roten oder blauen Plastetassen, welche es übrigens auch in Kindergärten und an Schulen gab, gefüllten Flüssigkeiten schäumten jedesmal so verdächtig, daß die Erkenntnis nicht ausblieb, hier muß noch was anderes drin sein. Hartnäckig hielt sich das Gerücht, es handele sich um das sogenannte »Hängolin«, der Spitzname für einen chemischen Zusatz zur Dämmung sich regender Manneskraft.
Das wichtigste beim Militär ist zu wissen, wie man sich zu bewegen hat. Für jede Lebenslage, Gangart, Drehung oder Formation gibt es eindeutige Befehle. Das erleichtert im Kriegsfall den geordneten Gang in den Tod oder, was dann doch angenehmer wäre, den Rückzug nach dem Motto: »Kameraden, die Welt ist rund, wir greifen von hinten an!«. Wie auch immer, Bewegung zu erlernen hieß im Dienstplan »Exerzierausbildung«. Zwar langweilig aber nicht sonderlich anspruchsvoll, sollte man meinen und, außer dem Paradeschritt, von körperlicher Anstrengung her zu ertragen. Also eine der leichteren Übungen. Selbstverständlich fand das Ganze auf dem Kasernenhof statt und bei solchen Aktivitäten mußte man unwillkürlich an die alten Preußen denken. In der Tat dauerte es aber doch seine Zeit, bis alle Soldaten diesen hochwichtigen Part beherrschten, denn scheinbar wußte nicht jeder wo links oder rechts ist, eine der grundlegenden Voraussetzungen für erfolgreiches Exerzieren. Irgendwann nach zahlreichen Tobsuchtsanfällen der Ausbilder und ebensovielen Strafrunden schaffte unser Zug und natürlich auch alle anderen es doch. Der Grundstein war gelegt, und künftig war das räumliche Dirigieren der Truppe mit kurzen Worten möglich, egal wohin es ging.
Sehr beliebt in diesem Zusammenhang war der Marsch im Gleichschritt mit gesungenem Lied. Talentierte konnten sich austoben. Die eine oder andere Stimme war in beeindruckendem Klangvolumen zu vernehmen, so daß man dachte, man sei in einem russischen Männerchor. Dagegen kämpften allerdings die falschen Töne mit großem Erfolg an. Probleme bereitete meist der zu singende Text. Zwar wurde dieser eigens im Unterricht vermittelt, irgendwann einigte man sich aber dann doch auf nur ein oder zwei Lieder. Meine Singbereitschaft ging immer nur soweit, daß ich einfach mit dem Mund wackelte. Äußerst unbeliebt war der sogenannte Exerzier- oder Paradeschritt. Eine Gangart, die nicht gerade der Natur abgelauscht und somit also äußerst anstrengend war. Mit durchgedrückten Knien, die Beine beinahe bis zur Waagerechten hochreißend, hatte man Mühe, vorwärts zu kommen. Aber unerläßlich, denn dieser Schritt war für die spätere Vereidigung vorgesehen. In weiser Voraussehung allerdings nur für eine kurze Wegstrecke.
Wir lernten nacheinander alle für das militärische Leben wichtigen »Unterordnungsübungen« wie z.B. Grußanweisungen mit und ohne Mütze, wie man sich zu melden hat, wie man einen Vorgesetzten anspricht, wenn ein noch höherer Vorgesetzter im Raum ist, was man zu sagen hat, wenn man den kargen Sold empfängt und und und. Es war an alles gedacht. Wenn im Gebäude keine Kopfbedeckung getragen wurde, hatte man einen Vorgesetzten mittels einer sogenannten Blickwendung zu grüßen. Dabei waren bestimmte Abstände, vor und nach dem Vorbeigehen, einzuhalten.
Eines Tages lief ich den Flur in der Kaserne entlang, da kam mir ein BU entgegen. Dieser Mensch war von kleinem Wuchs, wofür er ja nichts konnte, aber irgendwie mußte der einen Schaden, um es vorsichtig auszudrücken, in seiner Psyche davongetragen haben. Jedenfalls wendete ich im Vorbeigehen meinen Kopf und blickte ihn vorschriftsmäßig an. Der BU tat gleiches, allerdings riß der seinen Kopf so herum, daß man das Knacken der Halswirbel hören konnte und verzog sein Gesicht dabei dermaßen zu einer Grimasse, man kann sagen »Gesicht zur Faust geballt«, daß ich nicht so recht wußte, will der mich nun verscheißern, hat er was gesoffen oder siehe oben! Ich nehme an, es war der lange Dienst und die Jahre, die noch vor ihm lagen. Im Übrigen gehörte dieser BU zu den unangenehmen Typen, die mangels Intellektes nur kraft ihres Dienstgrades über ihre Untergebenen herrschten. Solche Leute waren unberechenbar, da sie ihren Geist, wenn überhaupt welcher vorhanden war, vor dem Kasernentor zurückgelassen hatten.
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