Einlassen! - Lars-Oliver Schröder - E-Book

Einlassen! E-Book

Lars-Oliver Schröder

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Beschreibung

Einlassen gehört zur erfolgreichen Trilogie "Loslassen!", "Zulassen!" und "Einlassen!". Eine Reisegruppe trifft sich zum Vorbereitungsabend einer Abenteuerreise, die in einen Nationalpark Afrikas führt, mit Übernachtungen im Zelt. Der Ehemann von Elisabeth, der ansonsten nur Luxus gewohnt ist, weiß nicht, ob er sich auf die einfachen Verhältnisse einlassen kann. Eine zweite Person der Gruppe berichtet von einer bevorstehenden Pilgerreise mit Unterkünften in 40-Betten-Zimmern, auf die sie sich auch erst einmal einlassen musste. Dann ergreift die Reiseleiterin das Wort und erzählt eine parabelhafte Geschichte, die schon lange Jahre im Kollegenkreis herumgereicht wird. Sie handelt von einem weisen Lösungsdenker, der in einem Dorf der Problembeschreiber und Bedenkenträger, den Einwohnern das Einlassen beibringt. Er erzählt ihnen, warum die meisten Menschen sich so schwer damit tun. Eben, dass das Einlassen nicht gleichbedeutend mit der Abgabe der Führung ist und damit einhergehend Kontrollverlust bedeutet. Der Weise zeigt, wenn man kurzzeitig bereit ist, das Steuerrad aus der Hand zu geben, einen der Strom des Lebens immer an seine Mündung führt. Anhand nachvollziehbarer Beispiele öffnet er ihre Augen und beschreibt Vergleiche, wie es müheloser funktionieren kann.

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Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Wie es dazu kam und alles anfing

Vorbereitungsabend der Abenteuerreise

Wie auf das Abenteuer einlassen?

Reiseerfahrungen der anderen

Kapitel 2

Die Geschichte vom weisen Lösungsdenker

Die Ursächlichkeit des Problemdenkens

Kanufahrt als Lehre fürs Leben

Umgang mit neuen Erkenntnissen

Alt und erfahren gegen jung und unerfahren

Die Geschichte des siegreichen Feldherrn

Das biegsame Korn gewinnt

Wie nur auf Nähe und Zärtlichkeit einlassen?

Auf Einlassen konditionieren

Ursprung des Einlassens

Je besser es passt, desto leichter das Einlassen

Kehrseite des Einlassens

Weisheiten des Einlassens

Merkmale des Einlassens

Kapitel 3

Zurück zum Vorbereitungsabend

Von der Tanzschule fürs Leben lernen

Aus dem Abenteuerurlaub zurückgekehrt

Die Charaktere hinter den Mitreisenden

Alle Weisheiten des Einlassens

Stimmen zum Buch

Buchempfehlungen

Kapitel 1

Wie es dazu kam und alles anfing

Jetzt ist es ihm tatsächlich schon wieder passiert!

Verdammt noch mal!!!

Dabei hat er es sich doch so felsenfest vorgenommen, sich dieses Mal nicht dazu hinreißen zu lassen.

Vom Grundsatz her war sein Geist auch die ganze Zeit überaus willig, jedoch ist sein altes Verhaltensmuster einfach zu eingefahren und ließ ihn somit im Stich!

Mitten im Gespräch ist es ihm erneut untergekommen.

Aber wie soll er es auch jemals hinbekommen?

Sie weiß ihn aber auch stets nur zu gut zu piesacken und reizt ihn mit messerscharf sitzenden Formulierungen, bis er eben explodieren muss.

Ihre Sticheleien sitzen so perfekt wie der maßgeschneiderte Armani-Anzug in seinem Garderobenschrank.

Wenn es früher einmal vorkam, entschuldigte er sich dann selber immer mit den Worten: „Nun denn, wenn man sich so lange kennt, wie wir zwei uns kennen, nämlich weit mehr als zwanzig Jahre, da weiß man eben, wo der neuralgische Punkt seines Gegenübers liegt.“

Und sie wusste sich nur zu gut auf eben jenen Punkt einzuspielen und konnte ihn bedienen wie die Tasten eines Flügels. Ja, das trifft es ganz gut, sie konnte seine neuralgischen Punkte abtasten wie die Klaviatur eines Konzertflügels von Steinway. Und wenn sie die Tasten so meisterlich in Perfektion drückte abtastete und nahezu virtuos bediente, konnte er eben nur so reagieren, wie er dann reagierte! Genau!

Wenn man es nüchtern betrachtet, ist sie dann auch schuld!

Genaugenommen hat sie eigentlich damit angefangen und ebenso genaugenommen ist sie dann damit logisch schlussfolgernd natürlich auch schuld daran, dass er so überaus aufbrausend reagiert, wie er eben in der Folge des Gesprächs reagierte. Und schon beruhigt sich sein schlechtes Gewissen und seine Rage findet langsam wieder zur altbekannten und gewohnten Ruhe zurück.

Damit kann er nun gut leben … sie ist schuld! Basta!

Sie ist im Übrigen immer schuld, wenn er seine angestammte Kontrolle verliert und laut wird, denn es passiert ihm schließlich und stetig immer nur bei heftigen Streitigkeiten und Auseinandersetzungen mit ihr.

Nun denn, irgendwas ist ja auch immer!

Da er sich nun wieder gefangen und seine altbekannte Contenance zurückgewonnen hat, kann er erneut Anlauf nehmen und mit ihr über den Zwist sprechen. Bevor er jedoch starten kann, holt er noch paar tiefe Atemzüge Frischluft, als wenn er sich damit aufpusten wolle.

Doch es gibt ihm irgendwie Selbstvertrauen und Mut.

So präpariert, geht er entschlossen forschen Schrittes auf die geschlossene Küchentür zu, öffnet sie mit einem kräftigen Druck auf die Klinke und schreitet noch ebenso forsch hindurch. Aber bereits an der Treppe, die hinauf zum Obergeschoss des Hauses führt, verlangsamt sich seine Schrittabfolge und die Straßenschuhe mit ihren derben Absätzen geben nur noch in halber Lautstärke bekannt, dass hier jemand geht.

Er steigt quälend langsam, als trage er einen Doppelzentner schweren Sack Zement auf den Schultern, Stufe um Stufe herauf und endlich oben angelangt, scheint die Atemluft aus der Küche sich doch lieber aus dem Staub machen zu wollen, denn sie will zügig heraus aus seinen Lungenflügeln. Seine Blicke schauen den langgezogenen Flur herunter. Sein Brustkorb wiederholt das gleiche Spielchen wie schon unten in der Küche und pumpt sich auf. So gestärkt, kann er den Körper in Bewegung setzen und schleicht anders als noch unten in der Küche langsam, nahezu kaum hörbar auf Zehenspitzen über den Flurteppich in Richtung Tür am Ende des Ganges.

Dort angekommen, bemerkt er fette Schweißperlen auf seiner Stirn. Wo die herkommen, ist ihm vollkommen schleierhaft, schließlich waren es bis hierher zur Tür nur ein paar Gehsekunden? Seine Hand greift automatisch nach dem Türöffner, doch Millimeter vor der Klinke machen sie abrupt halt. Der Oberkörper beugt sich nun vor, aber nur soweit, dass sein Ohr bis kurz vor die Tür heranreicht. Er lauscht, doch kann nichts hören.

Und erneut verlangt seine Lunge begierig einmal mehr nach Austausch der Atemluft, denn zu dünn und inhaltsleer ist sie geworden, zumindest für das, was gleich noch kommen soll. Zaghaft und vorsichtig klopft er mit seinem gekrümmten Zeigefinge an die Zierleiste des weißen Holztürblattes.

Ein zweites Hervorbeugen und genauso vorsichtiges Lauschen an der Tür erfolgt, bringt aber auch keine anderen Resultate hervor.

Gut, das Klopfen war jetzt auch so leise, dass selbst er es kaum wahrnehmen konnte.

Ein zweites Anklopfen mit doppelter Klopfkraft brachte wenigsten ein leicht hörbares Nock, Nock zutage. Seine Stimmenbänder erzeugen mit der abermals zu dünn gewordenen Atemluft nur ein langgezogenes und seichtes, nahezu geflüstertes „Schatz?“

Doch seine als Ein-Wort-Ellipse geformte Frage bleibt unbeantwortet. Er wusste aber, schlafen wird sie ganz sicher noch nicht, denn es ist gerade einmal 5 Minuten her, dass er wutentbrannt im Sturmschritt und wehenden Fahnen das gemeinsame Schlafzimmer verlassen hatte. Also wiederholt er die ganze Prozedur und öffnet mutig vor der Wiederholung der Ein-Wort-Ellipse die Schlafzimmertür.

Es ist fast so, als wenn ihn jemand von hinten durch die Zarge in die Räumlichkeiten hineinschieben würde und schon stand er inmitten des Zimmers.

Ein leise gehauchtes und noch weit mehr in die Länge gezogenes „Schatz?“ lief überlaufendes Wasser ähnlich plätschernd über den Rand eines Waschbeckens und passiert so gequält tropfend seine Ober- und Unterlippe. „Schatz, du hast gewonnen, ich komme morgen mit zum Reisevorbereitungsabend.“

Sie sitzt gekleidet mit Nachthemd im Bett, klemmt dabei ein dickes Buch mit beiden Händen, die wie zwei mächtige Haken den oberen Rand des Lesewerkes justieren, unten an der Brust ein und tut gerade so, als wenn sie voll konzentriert und gebannt liest.

Es scheint ihm, als wenn sie seine Anwesenheit gar nicht wahrnimmt, einfach provozierend!

So räuspert er sich noch einmal lautstark, um sich und seine Anwesenheit bemerkbar zu machen.

Ihr rechter Zeigefinger zeigt den Anflug einer Reaktion, denn er schiebt, den Rahmen in der Mitte berührend, ihre schwarze Lesebrille leicht den Nasenflügel herunter, doch ihre Blicke bleiben scheinbar über den Brillenrand hinausschauend weiterhin am Buch gefesselt.

Es sieht aus, als wenn sie nach wie vor gebannt liest, aber das konnte definitiv nicht sein, das ist ihm durchaus bewusst. Ohne Lesebrille, wusste er nur zu gut, ist sie nahezu blind wie ein Maulwurf.

Nun zog sie eine Augenbraue hoch und meint, ohne ihren Kopf nur einen Millimeter in seine Richtung zu drehen oder ihre ernste Mimik zu verändern:

„Nun, mein Schatz, willst du dich nicht erst einmal bei mir entschuldigen?“

Unverzüglich und geradezu empört denkt er:

Ich, entschuldigen?

Wofür?

Du hast doch angefangen und damit Schuld daran. Aber sein Esswerkzeug, Brustkorb und die Stimmbänder haben sich gemeinsam gegen ihn verschworen und bringen nur gegenteilig ein:

„Ja, natürlich mein Schatz!“, heraus.

„Bitte entschuldige meine ungestüme Art, und dass ich so aufbrausend zu dir gewesen bin und eingeschnappt unser Schlafzimmer verlassen habe.“

Sein Gehirn rebelliert sofort, zumindest in seinen stillen Gedanken und beleidigt sich selbst prompt und brutal mit dem Schimpfwort: Schlappschwanz!

Sie jedoch nimmt das Gesagte vom Gatten auf und resümiert triumphierend:

„Also gilt es als abgemacht, dass wir uns morgen Abend nach der Arbeit im Reisebüro bei dem vereinbarten Vorbereitungsabend treffen?“

Mit diesem Satz, der ihm seine Niederlage verdeutlicht, fasst seine Frau noch einmal ihren Sieg zusammen.

Bereits beim Hören dieser Worte sackt sein Körper in sich zusammen und mit gesenktem Kopf gibt er nun kapitulierend zur Antwort: „Jawohl, mein Schatz!“ und schon wieder kontert sein Gehirn mit: Schlappschwanz!

Vorbereitungsabend der Abenteuerreise

Zum Auftakt begrüßt die Reiseleitung alle Anwesenden und bittet jeden, sich in einer Vorstellungsrunde kurz vorzustellen, damit jeder wisse, wer ihm gegenübersitzt. Es ist die Auftaktveranstaltung für eine Abenteuerreise ins ferne Afrika, genauer gesagt inmitten eines Nationalparks, sogar mit abenteuerlichen Übernachtungen im Zelt. Und allein das schlichte Wort Zelt versetzt Thomas in großes Unbehagen. Wenn sich die Gedanken des auf der Erdeliegens noch dazu gesellen oder des Schlafens unter freien Himmel, nur eingerollt in einen einfachen Schlafsack, verändert sich der eben noch frische Geschmack in seinen Mund in fahl abgestandene Bitterkeit und er muss sich davon angewidert schütteln.

Thomas ist ein angesehener und überaus erfolgreicher Marketingleiter einer weltweit agierenden Firma. Es ist sein täglicher Job, die abwegigsten Vorteile der Produkte seiner Company zu verkaufen, jedoch will es ihm einfach im Privaten nicht einmal ansatzweise gelingen, sich selber diese Abenteuerreise schmackhaft zu machen. Zu sehr liebt er die zahlreichen vergangenen Luxusurlaube in den über die Maße komfortablen 5-Sterne-Hotels dieser Welt mit ihrem feudalen Ambiente und ihren allerlei Verwöhn-Programmen.

Genau das ist es, was er stetig anstrebt: Entspannung, Luxus im Überfluss, Bedienung und Verwöhnung an jeder erdenklichen Stellschraube.

Doch seine Frau Mariann ließ diesmal keine Zweifel daran, wenn er sich nicht auf ihren Reisewunsch einlasse, würde sie tatsächlich eine Scheidung in Erwägung ziehen, so war zumindest ihre brutale Androhung.

Okay, er wusste, dass es nur eine bloße Drohung war, aber ahnte gleichzeitig auch, dass hier dann etwas seine Anfänge nehmen könnte, was seine Zukunft und Pläne gehörig durcheinander wirbeln vermag.

Mariann ist Richterin am Oberlandesgericht und hat sich nach ihrem Geschmack zu lange schon ihrem Mann unterworfen. Gut, unterwürfig kann man sie ganz sicher nicht nennen. Sein übermäßiges Wohlstandsgehabe geht ihr aber mittlerweile dermaßen auf den Geist.

Es ist erst vor Kurzem auf einem Klassentreffen gewesen, bei dem ein ehemaliger Klassenkamerad und ihr Jugendschwarm von eben genau so einer Abenteuerreise berichtete. Sie sieht heute noch seine strahlenden Augen, wie er von dem phantastisch anmutenden Sternenhimmel Afrikas schwärmte.

Er war es, der in ihr den Traum von dieser Abenteuerreise entzündete. Und sie wird die Reise mitmachen, ob Thomas nun mitkommt oder auch nicht, das stand fest wie das Amen in der Kirche.

Zu sehr ausgebrannt und leer fühlt sie sich nach der langanhaltenden Phase im Beruf und Privatleben.

Sie braucht Abwechslung, aber solche, die sie wieder zu erden vermag. Solche Ablenkung, die ihr zeigt, es gibt noch wichtigere Dinge im Leben als dem schlichten Mammon hinterherzujagen. Sie wollte nicht noch eine Designerhandtasche, nicht noch einen Ring, nicht noch ein goldenes Kettchen, keinen weiteren Luxusurlaub! Sie träumt nun regelmäßig davon, mit einfachen Mitteln, am liebsten mit Rucksack bepackt, eine Backpackerreise zu unternehmen. Oder wie früher in ihrer Jugend, mit Freunden auf dem Boden sitzend, eine Pizza zu teilen. Genauso würde sie nur zu gerne eine Nacht unter freiem Himmel verbringen, sich dabei den unendlichen Sternenhimmel betrachten und fallende Sternschnuppen am Nachthimmel zählen. Sie möchte endlich einmal wieder Demut erfahren und dieses Wort beinhaltet eben auch die Eigenschaft Mut und den würde sie brauchen, um sich gegen Thomas durchzusetzen.

Nach der Vorstellungsrunde wusste Thomas sofort, warum er diese Art der Reisen ablehnte.

Es ist ein Lehrerinnenpärchen dabei, die über ihren Beruf hinaus sicherlich auch ein Pärchen zu sein scheinen, zumindest in seinen misstrauisch spießigen Augen.