Loslassen! Zulassen! Einlassen! - Lars-Oliver Schröder - E-Book

Loslassen! Zulassen! Einlassen! E-Book

Lars-Oliver Schröder

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Beschreibung

Dieses Buch ist auf vielfachen Wunsch der Leser entstanden, alle drei Titel der Trilogie in einem Exemplar zu vereinen. Jedoch die Ursprungsidee zu den drei Buchtiteln ist eine nette Anekdote und folgendermaßen entstanden: Es war eine EX-Freundin, die mir in der Trennungswut eine klasse Idee sprichwörtlich an den Kopf geworfen hat: "Schreib doch ein Buch über das Loslassen, da bist du schließlich Meister drin, du Hammel!", waren damals ihre wütenden und sicherlich nicht nett gemeinten Worte. Und was soll ich sagen, ... ich habe es geschrieben! Doch die Geschichte geht noch weiter, denn als ich einer Bekannten eine nette Passage aus dem Skript "Loslassen!" vorgelesen habe, meinte sie zu mir: "Ach weißt du, mit dem Loslassen habe ich eigentlich gar kein Problem. Meines ist, ohne es dir näher beschreiben zu wollen, das Zulassen." Als ich dann später bei der Schwester meiner Ex auf ein Käffchen reinschaute und ihr davon erzählte, sagte sie: Sie habe weder ein Problem mit dem Loslassen, noch eines mit dem Zulassen, sondern ihre Schwäche wäre eher das Einlassen. Was soll ich noch sagen? Ich empfand es als tolle Inspiration, prima Aufgabe und bin gleich damit angefangen, die Trilogie zu verfassen.

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Inhaltsverzeichnis

Die Lösungsstrategie Band 1

Loslassen!

Die Lösungsstrategie Band 2

Zulassen!

Die Lösungsstrategie Band 3

Einlassen!

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Buchempfehlungen

Über den Autor

1. Auflage 2019

Copyright © Lars-Oliver Schröder

Printed in Germany

Titelbild Andrea Karlipp

Korrektorat u. Lektorat Monika Klein

Impressum

TWENTYSIX – Der Self-Publishing-Verlag

Eine Kooperation zwischen der Verlagsgruppe Random

House und BoD – Books on Demand

Herstellung und Verlag:

BoD – Books on Demand GmbH, Norderstedt.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliogrphie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnd.de abrufbar.

ISBN

Paperback: 97837 407 45615

e-Book: 97837 407

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Die Lösungsstrategie

Band 1

Loslassen!

Lars-Oliver Schröder

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Wie es dazu kam und alles anfing

Das unerwartete Klassentreffen

Kapitel 2

Die Geschichte des Vaters

Die Reise zum Dorf der Lösungsdenker

Das Prinzip der Steinzeitmenschen

Der Messie

Immer zu viel im Reisegepäck

Wandere bloß mit leichtem Gepäck!

Dagegenhalten koste zu viel Kraft

Wer Liebe erzwingen will, bekommt Hass!

Lass die Toten ins Himmelreich gehen!

Vom Efeu lernen?

Die scheinbar geordneten Bahnen einer Ehe

Die vier Jahreszeiten einer Beziehung

Der ewig selbstzweifelnde Künstler

Die Entstehungsgeschichte eines Ohrwurms

Der Hufschied und der ungestüme Hengst

Die Gleichung vom niedlichen Eichhörnchen

Der Reichste Mann der Stadt

Die Quintessenz gierigen Handelns

Kapitel 3

Warum die tödliche Schlacht ertragen?

Zum Loslassen muss man Energie entziehen

Mit sturem Festhalten fängt man Affen

Ende eines umschwenkenden Besuchs

Fürs Leben mehr gelernt als jemals zuvor

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Buchempfehlungen

Über den Autor

Kapitel 1

Wie es dazu kam und alles anfing

Eines Morgens lag plötzlich dieser seltsame Brief mit der komischen Einladung in seinem Briefkasten. Zuerst konnte er den Adressaten auf dem Kuvert nicht richtig zuordnen, doch es musste ein persönliches Schreiben sein, weil alles mit einer auffällig schwungvollen wie liebevollen Handschrift erfüllt war. Der Name des Absenders sagte ihm irgendetwas, er wollte aber nicht darauf kommen, was. Mit leicht erweckter Neugier öffnete er den Briefumschlag. Hinaus kam eine in sorgfältiger Schönschrift versehene, eng beschriebene Din-A4-Seite.

Eigentlich hatte er es zu diesem Zeitpunkt, wie an jedem Morgen, bereits eilig, zur Arbeit zu kommen, denn er war meistens ziemlich spät dran und sprintete jetzt schon fast täglich im Schweinsgalopp zum Arbeitsplatz. Doch eines ist gerade anders. Das Lesen des Briefes konnte gefühlstechnisch auf gar keinen Fall bis zum Abend warten. So las er den Briefbogen.

…hiermit, lieber Peter, wollen wir dich zu unserem ersten Klassentreffen der Abschlussklasse unserer gemeinsam besuchten Oberschule einladen. Die meisten Klassenkameraden haben bereits ihr Kommen zugesagt, jedoch bei dir hat die Recherche nach deiner Wohnanschrift etwas mehr Zeit und Aufwand in Anspruch genommen, deshalb erhältst du erst heute diese Einladung von mir.

Klassentreffen? Na, das können die aber voll vergessen! Dafür habe ich keine Zeit und „Lusten“ schon mal gar nicht. Mit einem Schmunzeln im Gesicht, als wenn jemand von ihm etwas absolut Absurdes verlange, warf er den Brief mit einer achtlosen Handbewegung auf seinen Esszimmertisch und fuhr eilig zur Arbeit.

Während er an seinem Schreibtisch im Büro sitzt, fällt ihm wie aus dem Nichts kommend plötzlich ein, wer die Einladung geschrieben haben muss.

Na klar, das war der Thomas, der zur Schulzeit eine Tischreihe vor ihm auf dem linken Platz saß, mit dem er an so manchen Nachmittagen Mathe gepaukt hatte.

Was aus dem verrückten Kerl wohl geworden ist?

Damals wollte er immer Mediziner werden und später die Arztpraxis seines Vaters übernehmen, wenn dieser sich in den Ruhestand verabschieden würde.

Ob er es tatsächlich geschafft hat?

Thomas, in einen weißen Kittel gekleidet, in seiner eigenen Praxis. Ha, ein absurder Gedanke!

An diesem Arbeitstag hatte Peter wenig Gehaltvolles zu tun. Er musste eher langweilige Routinen abarbeiten, so ist er für jede Ablenkung offen und erinnerte sich bereitwillig weiter, dass Thomas und er eine Zeitlang beide in dasselbe Mädchen verknallt waren und sich häufig stritten, wer sie von den beiden bekommen mag. Die Antwort kann man sich vorstellen. Keiner von ihnen, denn die reizvolle Schönheit hat sich dann einfach der Kumpel Torsten geschnappt.

Tja, wenn zwei sich streiten, freut sich eben der Dritte im Bunde, das hatte hier wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge gepasst.

Und schon drängte sich bereits die nächste Frage auf. Was wohl aus Susanne geworden ist?

Peter versuchte verbissen, sich an ihren Berufswunsch zu erinnern. Vergeblich!

Doch viel wichtiger erschien ihm die Antwort auf eine weiterführende Frage zu sein, wie sie heute, nach so vielen Jahren, wohl aussehen mag? Ob sie immer noch so „scharf“ und sexy wie damals ist? Er bemerkt, wie er in Erinnerungen versunken seine Arbeit vernachlässigt, sie dadurch immer mehr in den Hintergrund gerät und ihn nur noch über seine längst vergangene Schulzeit nachdenken lässt. Für gewöhnlich arbeitete er sehr strukturiert, konzentriert und beständig. Seltsamerweise machte es ihn tatsächlich im Moment irgendwie glücklicher, an die alten Zeiten zu denken und solche Glücksgefühle, wie er sie gerade verspürt, waren zurzeit in seinem Leben rar gesät.

Damals, in der Schulzeit, war die Welt noch in Ordnung, doch heute, im Berufsleben, ist so vieles kompliziert geworden. Nichts erscheint heutzutage logisch und einfach zu sein!

Nach seiner Betrachtungsweise ist das Leben an und für sich schon kompliziert!

Jede Menge weitere Fragen aus der Vergangenheit schlichen sich klammheimlich in den Fokus seiner Aufmerksamkeit. Zum Beispiel, ob Frau Mayer, die alte Klassenlehrerin, noch lebt? Sie müsste heute mindestens zwischen siebzig und achtzig Jahre alt sein. Sie erschien ihm zu seiner Schulzeit schon uralt. So verging der Arbeitstag gedankenversunken recht schnell.

Als er am Abend wieder in seinen eigenen vier Wänden war, saß er am Küchentisch und überlegte die Namen aller Klassenkameraden. Zum Glück steckte in dem Kuvert noch ein Bild, welches die Mitschüler im Klassenverbund aufgenommen, vor dem Schulgebäude zeigte. Es war kein richtiges Foto, sondern eine mit dem Drucker vervielfältigte Kopie. Obwohl es leicht verschwommen und unscharf wirkte, half es ihm bei seinen Erinnerungsbemühungen. Die meisten wollten ihm somit tatsächlich irgendwann noch spät in der Nacht einfallen, doch einige wusste er einfach nicht mehr einzuordnen. Auch die Gesichter waren in seinen Erinnerungen vage und nur schemenhaft zu erkennen, ähnlich wie auf dem Foto, welches er die ganze Zeit betrachtete. Dabei waren sie damals doch so eine eingeschworene Gemeinschaft, die alles miteinander gemacht hatte, die zusammen durch „dick und dünn“ gegangen sind!

Apropos dick? Ob der „dicke“ Frank immer noch so fett und schwabbelig ist wie seinerzeit? Oh Gott, der arme Kerl! Peter fiel es wie Schuppen von den Augen, dass er es höchstpersönlich war, der ihm diesen Spitznamen verpasste - der „dicke“ Frank!

Alle hatten ihn nach der Namensgebung nur noch so angesprochen und zur Schulzeit immer damit aufgezogen, obwohl man ihm beim Sport nie seine Leibesfülle angemerkt hatte. Eigentlich war er stets richtig gut im Sportunterricht und hat bei den Bundesjugendfestspielen mit seiner Ehrenurkunde meistens einen der vorderen Plätze belegt. Nur wenn er einen beim Spiel einen unfairen Bodycheck verpasste, bekam man ein Gefühl für seine Körpermasse zu spüren. Und der „Dicke“ wusste sehr wohl stets diesen Vorteil für sich richtig einzusetzen.

Peter bemerkte, wie sich seine Mundwinkel immer wieder nach oben richteten und sich die Laune somit deutlich verbesserte.

So in Erinnerungen schwelgend und in der Vergangenheit versunken, ja fast schon automatisch und unbewusst, holt er sein Handy hervor, um zu schauen, ob im eigenen Terminkalender der Termin des Treffens noch frei sei. Erleichtert stellt er fest, er ist es, denn an diesem bestimmten Datum hat er noch keinen Eintrag hineingeschrieben, was für ihn ungewöhnlich war.

Er hört sich selber im Geiste fragen:

„Hm…, was spricht eigentlich dagegen, dort hinzugehen? Ein bisschen Ablenkung könnte dir ganz guttun und mit deinen Klassenkameraden über alte Zeiten zu quatschen, kann nicht schaden. Schließlich haben allein die Gedanken an die längst vergangene und vergessen geglaubte Schulzeit dir im Büro spontan bessere Laune bereitet. Außerdem wartet Zuhause auch niemand auf dich, denn du bist bereits eine ziemlich lange Zeit ein Single.“

Peter ist schon seit langem geschieden und sieht seine Tochter eher unregelmäßig und selten. Nie hatte er sich darüber beklagt, sie nur noch in so großen Abständen zu sehen, schließlich ist er voll an Beruf und Job gebunden. Nach ausgiebigem hin und her Grübeln und genauem Abwägen weiß er, was er machen wird.

Die Entscheidung ist gefallen.

Er wird nun doch zu dem Treffen gehen.

Diese Ablenkung kann ihm gewiss nur guttun. Wenn jetzt nicht irgendetwas ganz Besonderes dazwischen kommt, fährt er definitiv dorthin.

Das unerwartete Klassentreffen

Bereits im Eingangsbereich trifft er Susanne …und ja, sie ist immer noch ein absolut „heißer Feger“, wie schon seinerzeit zur Schulzeit. Die Zeit und die vielen vergangenen Lebensjahre konnten ihr scheinbar nichts anhaben, denn sie sieht extrem jung und irgendwie auch unverbraucht aus. Sie begrüßen sich, als wären die zahlreichen Jahre nie zwischen sie gerückt. Auch mit Frank gab es ein großes Hallo. Einen nach dem anderen schüttelt Peter die Hand oder er nimmt sie oder ihn freudig zur Begrüßung überschwänglich in seine Arme. Bei so mancher erwachsenen Person, die heute vor ihm steht, konnte er sich nicht an den damaligen Schulkameraden erinnern, dann sind immer ein paar Geschichten notwendig, um sie einordnen zu können.

Nachdem sich die durchaus überschwängliche Wiedersehensfreude legte und ein bisschen die Luft heraus war, setzt er sich nach draußen an einen Tisch und raucht zur Entspannung eine selbstgedrehte Zigarette. Er dreht sich seine Zigaretten nicht selbst, weil er sparsam ist oder er sich das teure „Vergnügen“ des Zigarettenrauchens wenig leisten kann, das war ganz gewiss nicht der Grund. So nutzte er schon von jeher die Zubereitungszeit des Drehens zur eigenen Entspannung. Es war ihm mittlerweile ein liebgewonnenes Ritual geworden. Das behutsame Portionieren der perfekten Tabakmenge, das knisternde, hauchdünne Blättchen zwischen seinen Fingerspitzen und das bedächtige Befeuchten mit der tupfenden Zunge, er liebt diese ausgiebige Entspannungszeremonie schon vor dem eigentlichen Rauchen.

Susanne setzte sich zu ihm: „Ach, sieh mal einer an! Dein altes Laster konntest du wohl immer noch nicht aufgeben…, wie?“

Wenig später kommen Thomas und der „dicke“ Frank, der heute kein Stück mehr übergewichtig ist, zu ihnen in die Runde. Gut, ein „Spargel“ ist auch heutzutage nicht aus ihm geworden, er schaut mehr wie jemand aus, der sehr viel seiner Freizeit in einer Fitnessbude verbringt. Nee, heute wollte Peter ganz gewiss keinen „Bodycheck“ mehr von ihm bekommen, das könnte nämlich sehr schmerzhaft für ihn ausgehen.

Nun sitzen sie in alter Gesellschaft zusammen und reden über dies und das, bis Frank erzählt, dass er Probleme mit seiner Mutter hat, die, nachdem sein Vater verstorben war, in schwere Depressionen gefallen sei und einfach vom verblichenen Gatten nicht ablassen will. Manches Mal tat sie sogar so, als wenn er noch lebte. Frank macht die Tatsache große Sorgen, das spürte man bereits als Zuhörer sehr schnell.

Auch Peter erinnert sich schweigend an das ewige Nachjaulen seiner Tochter nach ihrem verflossenen Freund, der mit ihr urplötzlich Schluss gemacht hatte. Es war Peter als Papa, aber auch als Mann ein Dorn im Auge, dass sein kleines Mädchen so darunter litt, dass dieser Taugenichts Schluss machte und sie einfach verließ. Das war es, was der Boyfriend seiner Tochter im Meinungsbild des Vaters darstellte, ein Taugenichts. Er mochte den Typen seiner Tochter nie und war insgeheim froh, dass die beiden kein Paar mehr waren. Doch es tat ihm auch irgendwie weh, sein Töchterchen so leiden zu sehen.

Thomas erinnert sich gedankenversunken, dass sein Bruder sich von nichts in seinem Leben, möge es noch so entbehrlich sein, trennen kann und alles sammelt, was man unter normalen Umständen und in seinen Augen nicht gebrauchen kann. Man musste ihn mittlerweile leider als Messie bezeichnen.

Sie hielten in der Runde fest, dass wir Menschen uns doch irgendwie alle schwer damit tun, uns von etwas oder jemandem zu trennen! Sie waren sich alle unisono einig, dass die meisten ihnen bekannten Personen sich an irgendetwas festhielten. Sie diskutierten so eine ganze Weile, was wohl die Ursache dafür sei, dass wir alle uns an so manche Dinge krampfhaft festklammern, auch wenn schon längst klar ist, dass uns dieses Festhalten offensichtlich nicht guttun würde.

KAPITEL 2

Die Geschichte des verstorbenen Vaters

Mitten im Gespräch platzte Susanne mit einer Geschichte ihres Vaters heraus.

„Früher tat ich mich auch immer besonders schwer damit, Dinge oder Menschen loszulassen und jede Trennung, war sie auch noch so klein, schmerzte mich sehr. Da hat mir mein weiser aber mittlerweile leider verstorbener Paps, Gott hab dich selig, eine tolle Geschichte erzählt, die mir fortan half, loszulassen. Er sagte stets zu mir:

,Mädchen, loslassen kann man lernen! Ich kann es dir erklären, wie es funktioniert, doch dann musst du mir eines versprechen: Dass du loslässt und daran festhältst, dass eben das Loslassen die einzige Lösung ist.‘

Nach diesem Satz von meinem Vater war ich damals sehr gespannt, was nun von ihm kommen konnte, doch eines nehme ich hier schon einmal vorweg, es hat bei mir von da an stets geklappt.“

Vaters Geschichte:

Es gab da in einem fernen Land, zu einer ganz anderen Zeit, ein kleines Dorf, das Dorf der Festhalter. Jeder an diesem Ort, wirklich ausnahmslos jeder, der dort wohnte, hatte ein Problem.

„Einige von ihnen hatten sogar dasselbe Problem wie deine Mutter, Frank“, warf Susanne ein.

Der eine konnte sich von keinem Ding trennen, welches er einmal besaß oder in die Finger bekam und es war ganz egal, ob derjenige es noch brauchte oder nicht. Er musste alles wie unter Zwang sammeln und behalten. Heute würden wir sagen, dass er ein Messie sei.

„Bingo, Susanne! So einen kenn ich auch, es ist mein Bruder und ich frage mich immer, wie ich ihm helfen kann, doch es wollte mir bisher nicht gelingen“, platzte es bei Thomas spontan heraus.

Susanne erzählte weiter:

Wieder ein anderer musste aus dringenden Gründen seinen Wohnort wechseln, wenn man es genau nimmt, verblieb er eigentlich auch weiterhin im Dorf, nur ein paar Straßen weiter, doch er konnte sich nicht von seinem vorherigen Haus trennen, obschon das neue viel schöner ist und das alte für ihn baulich sogar gefährliche, fast lebensbedrohliche Zustände annahm.

Ein weiterer Einwohner litt unter so manch einer schlechten Angewohnheit, von der dieser einfach nicht lassen konnte, so sehr derjenige es wollte und egal wie angestrengt die Versuche auch waren, er kam nicht davon los.

„Na, Peter? Jetzt müsstest du eigentlich dich erkennen! Zumindest wenn man Rauchen als schlechte, gesundheitsgefährdende Angewohnheit betrachtet. Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, wolltest du schon zu Schulzeiten das Rauchen aufgeben! Und wie man sieht, qualmst du immer noch wie ein Schlot“, schmiss der „dicke“ Frank ketzerisch in die Runde.

Doch Frank führte selbstkritisch weiter aus und meinte: „Bei mir war ja die schlechte Angewohnheit das fortwährende Futtern. So konnte ich mich nie davon abhalten, alles in mich hineinzufressen, was sich mir anbot. Mich beschlichen schon die unangenehmen Gefühle, aufzugehen wie ein Hefekloß bei der notwendigen Dampfgarung im heißen Kochtopf. Vor meinem geistigen Auge stopfte ich das Essen oben in den Mund hinein und in wenigen Augenblicken nahm das Volumen meines Körpers zu, eben wie ein im Wasserdampf aufgehender Hefekloß.“

Bei seinen Ausführungen unterstrich er das Gesagte, indem er seine Wangen mit Atemluft zu runden Backen aufblies und dabei über seine aufeinandergepressten Lippen laut ausprustete und seine zu Halbkreis geformten Hände mit langsamen Armbewegungen auseinandergehen ließ.

„Irgendwie habe ich es dann doch geschafft und konnte meine Fresssucht besiegen.

Hm…, eigentlich stimmt das auch wieder nicht so ganz! So richtig ablegen vermochte ich es leider nie. Mein Trick war: Ich habe nur durch erhebliche Steigerung meiner Bewegungsaktivitäten mit unendlich viel Sport den täglichen Kalorienverbrauch deutlich über meine Kalorienzufuhr getrieben. Wenn ich nicht so viel Fitness treiben würde, dann hätte ich sicherlich noch heute das gleiche Gewichtsproblem wie damals, als wir noch zur Schule gingen. Es reizt mich aber auch zu sehr, „tonnenweise“ ungesunde und kalorienreiche Nahrung zu verputzen, davon kann ich einfach nicht lassen.“

Nach diesen anschaulichen Einwürfen der anderen erzählte Susanne die Geschichte des Vaters weiter:

So hatte wirklich jeder Einwohner dieses Dorfes ein Riesenproblem. Manche hatten das gleiche Problem, andere wiederum ein ganz spezielles, aber alles hatte etwas mit Festhalten zu tun, wobei nur die Kunst des Loslassens zu helfen vermochte.

Eines Tages rief der Dorfälteste zu einer Versammlung ausnahmslos von allen Bewohnern. Ein jeder musste kommen. Nur er besaß die Kompetenz und das Anrecht, dazu eine Vollversammlung einzuberufen.

Im übergroßen Versammlungsraum herrschte helle Aufregung. Alle fragten sich, was es denn so wichtiges zu besprechen gab. Das letzte Mal, dass alle zusammengerufen wurden, ist inzwischen viele Jahre her und damals gab es eine bedrohliche Situation von feindlich gesinnten Kriegsvölkern.

Alle waren gekommen. Nun warteten sie ungeduldig mit sorgenvollen Gesichtern auf das Erscheinen des Ältesten. Das Gemurmel der aufgebrachten Stimmen füllte die Halle und verband sich zu einem eigenartigen Raunen. Als er kam, stellte er sich schweigend nach ganz vorne und schaute allen frontal in die betrübt dreinblickenden Gesichter. Langsam und gewichtig drehte er seinen Kopf in die erwartungsvolle Runde. Er nahm sich ausgiebig Zeit dafür und schaute bedächtig von der linken Seite der Halle herüber zur anderen nahezu jeden Einzelnen direkt und persönlich an. Er nahm sich viel Zeit dafür und machte es für die anderen dadurch noch spannender. Im Raum machte sich erwartungsvolle Spannung, gepaart mit unruhiger Neugier, breit und erfasste jeden von ihnen.

Ein langgezogenes, fragendes „Hm?“ kam über seine Lippen.

„Meine Lieben, so kann es einfach nicht mehr weitergehen! Uns kann man berechtigterweise das Dorf der Festhalter nennen. Wir alle haben eine bedrückende Schwäche, von der wir ohne Hilfestellung von außen nicht von allein loskommen werden. Ihr wisst alle, jeder Einzelne von euch, dass ich damit recht habe, zumindest, wenn ihr ehrlich zur eigenen Person seid. Somit habe ich als Dorfältester beschlossen, dass wir Hilfe benötigen, jedoch können wir diese bei uns selber nicht finden. Wir alle müssen lernen, wie man irgendetwas loslässt, etwas, was uns schadet, was uns belastet, was ungut für uns ist, was wir nicht mehr brauchen oder nutzlos bzw. schädlich für uns ist.“ Natürlich brach sofort eine hitzige Diskussion aus, die so laut war, dass verstärkt durch den hohen Hallenbau, man im Versammlungsraum sein eigenes Wort nicht mehr verstand. Einige intervenierten unverzüglich und meinten, sie benötigen keine Hilfe von außen. Andere wollten sich gar weigern, Ratschläge von Fremden anzunehmen. Besonders Schlaue fragten wiederum, wo man denn diese kluge Person finden möchte, die allen zugleich helfen könne?