Einmal zum Mond bitte - Michael Heide - E-Book

Einmal zum Mond bitte E-Book

Michael Heide

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Beschreibung

Dieses Buch erzählt meine Gründergeschichte und was mich dazu angetrieben hat, meine Erfindung auf den Markt zu bringen, ohne zu wissen, was auf mich zukam. Gibt es den perfekten Gründer und was macht »erfolgreiches Gründen« aus? Jeder Mensch ist Unternehmer seines eigenen Lebens. Mit Mut die Chancen und Momente zu ergreifen, die sich ergeben, und diese für sich zu nutzen, ist eine spannende und herausfordernde Aufgabe. Es spielt keine Rolle, woher du kommst, wer du bist und welchen Schulabschluss du in der Tasche hast. Wenn du dein Leben selbst in die Hand nimmst, kann alles passieren. Erfolg ist stets eine Verabredung mit dem richtigen Zeitpunkt. Aufgeben zählt nicht. Irgendwann kommt der richtige Moment, der passende Zeitpunkt für jeden! Ehrlich und unterhaltsam erzählt Michael Heide seine ganz persönliche Start-up-Geschichte. Neben Tipps und Witz gibt es auch persönliche Gründertipps, um anderen Startern Mut zu machen.

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Michael Heide

Einmal zum Mond bitte

Seid mutig genug, anders zu denken

Copyright: © 2021 Michael Heide

Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Umschlag & Satz: Erik Kinting

Titelbild: © Michael Heide

Copyright für alle Bilder im Buch: Michael

Heide, außer Seite 155: Copyright Bernd-Michael Maurer

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

978-3-347-30938-8 (Paperback)

978-3-347-30939-5 (Hardcover)

978-3-347-30940-1 (e-Book)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugäng-lichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Buch ist meiner Familie gewidmet

Inhalt

Rückblick

Jeder hat eine Chance verdient

Aller Anfang ist schwer

Erster Anlauf

Neue Wege

Selbst ist der Gründer

Klinkenputzen

Den Löwen sei Dank

Das Bauchgefühl entscheidet

Ein Traum wird wahr

Man hat nur ein Leben

Hungrige Löwen

Showbühne

Dank

Wer mutig ist, seine Träume umzusetzen, beginnt neue Wege zu gehen

Michael Heide

Rückblick

An einem sonnigen Nachmittag im April 2017 befanden sich meine Frau Christina und ich in unserem SmartQ-Lager in Berlin. Wochen zuvor hatten wir schon Regale bestellt und aufgebaut, Schreibtische bestückt, den Computer angeschlossen und unsere geliebte Nespressomaschine platziert. Den ständigen Blick auf die Uhr gerichtet warteten wir gespannt auf den Anruf, sahen hoffnungsvoll unserer ersten Lieferung entgegen: meine Erfindung, meine Tapezierbürsten waren unterwegs. Was für ein fieberndes Gefühl! Ich ging nach draußen und hielt nach dem Lkw Ausschau, als mein Handy klingelte: »Ich bin in fünf Minuten da.«

Als der Lkw in die Straße einbog, winkte ich ihn in unsere Einfahrt. »Herr Heide?«, rief der Fahrer aus dem Fenster. »Ich habe drei Paletten smartQ-Tapezierbürsten für Sie.«

»Das ist richtig«, erwiderte ich und bekam mein Grinsen nicht aus dem Gesicht.

Inzwischen war auch meine bessere Hälfte nach vorne gekommen, um alles fotografisch festzuhalten.

Die Laderampe senkte sich mit lauten Quietschgeräuschen zu Boden. Da standen drei Paletten mit Kartons, auf denen mein Firmenlogo zu sehen war. Ich schwebte förmlich.

Wir schafften erst mal alles zum Eingang vor unserem Lager und trugen dann die Kartons in die Hochregale. Das war ein irres Gefühl. Die Regale waren auf einmal voll mit meiner Erfindung. Ein seltsamer Anblick. Ich war stolz wie Bolle.

Den ersten Karton stellten wir in die Mitte des Schreibtischs. Ich schnappte mir die Schere, Christina das Handy, um es zu filmen, und dann öffnete ich ihn: Da war sie, die beste Tapezierbürste der Welt – meine Erfindung. Unglaublich, sie das erste Mal so in der Hand zu halten. Ein langer Weg – so viele Jahre der Entbehrung, so viel Arbeit, und das alles, damit dieses Werkzeug so wurde, wie es heute ist. Heute bin ich glücklich, diesen Weg geschafft zu haben.

Jeder hat eine Chance verdient

Ich hatte nie einen Fahrplan, bin auch in der Schule kein Überflieger gewesen. Ich bin und war ein Träumer, eher ruhig, aber voller Energie. Ich sehnte mich schon immer nach Anerkennung, war aber nicht bereit, mich irgendwelchen Autoritäten unterzuordnen. Alles wollte ich, ohne von irgendetwas Ahnung zu haben – ein klassischer Halbstarker.

In der Schule überdeckte ich meine Unsicherheit mit meinen Zeichenkünsten und später mit der Musik. Meine Klassenkameraden bewunderten mich sogar. Mit meinem langjährigen Kumpel Olli, der mir die ersten Akkorde auf der Gitarre beibrachte, mache ich bis heute Musik. Wir kennen uns bereits seit der Vorschule. Wir schreiben Songs, komponieren und nehmen unsere Musik in unserem eigenen Tonstudio auf. – Ein Ventil zum Ausgleich unseres Alltages. Ich entspanne durch Kreativsein; das erdet mich ungemein. Die Leidenschaft zur Musik, so erzählte es mir einmal meine Oma, muss ich von meinem Onkel geerbt haben. Dieser spielte als Trompeter in einer Jazzband. – Wie cool!

Ansonsten war ich ziemlich faul und etwas pummelig. Mit 16 Jahren spielte ich in meiner ersten Band. Auch Olli war mit dabei. Das war so überwältigend, weil es mir zum ersten Mal in meinem Leben einen Sinn gab! Das war es, was ich für immer machen wollte …

Doch als die Schule vorbei war, musste ich erkennen, dass mir die Musik kein Geld einbrachte. Also musste ich in eine Ausbildung. Nur in welche? Der Vater meines Kumpels Olli nahm mich an die Hand und sagte: »Du kommst zu mir in die Backstube und lernst Bäcker.« Es war die zweitgrößte Backstube in Berlin, eine riesige Halle. Na gut, dachte ich, warum nicht. Ich aß ja gerne und war gegen Mittag zu Hause, um Musik zu machen.

Mehrere Jahre hielt ich das frühe Aufstehen auch durch, mittlerweile war ich schlank und hatte lange Haare, aber irgendwann saß ich morgens um 3.30 Uhr in meinem Auto vor der Backstube und konnte nicht aussteigen. – Ich wollte diesen Job nicht mehr. Kennst du das Gefühl, so ausgelaugt und lustlos zu sein, dass du dich nicht bewegen kannst? Ich hatte einfach keinen Bock mehr und wollte etwas anderes machen. Ich startete meinen knallroten Opel Kadett 16V, drehte um und fuhr zurück nach Hause. Meinen Job war ich los.

Durch einen Bekannten kam ich dann zu einer Ausbildung zum Maler und Lackierer, später besuchte ich die Meisterschule und machte mich selbstständig. Ausdauernd war ich stets, was mir nun zugutekam.

In der Zeit meiner Selbstständigkeit war ich glücklich, wenn der Kunde es auch war. Eine meiner Charaktereigenschaften, für die mich schon so einige auf den Mond schießen wollten, ist meine Penibilität: Meine Baustelle verlasse ich immer sauber und aufgeräumt; erst wenn es mir gefällt, ist es gut genug.

Zwischendurch habe ich einige Jahre als Ausbilder an Berufsschulen für Maler und Lackierer gearbeitet. Ein toller Job, den ich hoffentlich irgendwann wieder ausüben kann. Den Kids meine Tipps und Tricks weiterzugeben hat mir immer Spaß gemacht, den Schülern scheinbar auch.

Ich bin ein Tüftler, Erfinder, Spinner, Musiker und Songwriter, Patentinhaber, Ehemann, Papa, Schwiegersohn, stolzer Opa von zwei zuckersüßen Enkelkindern und ein kreativer Kopf. Zu meinen Eigenschaften zählen Wagemut, Kreativität, Fleiß, Hartnäckigkeit, Sturheit, Eigensinn und Unbeirrbarkeit. Von einer Idee lasse ich erst ab, wenn ich sie umgesetzt habe – manchmal zum Leidwesen meiner Frau. Sie ist eine aufrichtige, liebevolle, direkte und loyale Person. Von Anfang an stand sie mir bei der Umsetzung meiner Idee bis hin zum Verkauf der ersten Tapezierbürste zu Seite. Dafür bin ich ihr sehr dankbar. Als Erzieherin ist sie sehr geduldig und optimistisch. Gemeinsam haben wir alles gemeistert, egal wie hart und anstrengend dieser lange Weg auch war. Es heißt doch immer: Hinter jedem Mann, der erfolgreich ist, steht eine Frau, die ihn unterstützt.

Aller Anfang ist schwer

Es war November 2001 und bereits richtig kalt geworden. Meine Arbeit als selbstständiger Maler lief eher schlecht als recht; ich jobbte nebenbei noch als Messebauer und war dadurch kaum zu Hause. Das war eine anstrengende aber wirklich tolle Zeit: immer unterwegs, nie zu Hause und jede Woche ein anderer Schauplatz. Nach zwei Jahren wurde es ruhiger. Die Meisterschule lag noch in weiter Ferne und die Tätigkeit als Ausbilder ebenfalls.

Meine ersten Schritte auf dem langen Weg zum Erfinder machte ich mehr oder weniger zufällig, und zwar während eines Jobwechsels bei einem guten Kumpel. Er arbeitete schon länger als Tapezierer und verdiente anscheinend gut – er hatte es einfach drauf. Von ihm habe ich viel gelernt. Frisch arbeitslos geworden nahm er mich mit in die Firma, in der er seit Jahren arbeitete: Dort wurde ausschließlich tapeziert.

Für einen Auftrag mussten wir als kleines Team mit einem VW-Bus von Berlin-Reinickendorf in die Nähe von Hamburg fahren und wurden dort auf die jeweiligen Baustellen verteilt. Ich stieg bei einem Neubau aus und suchte mit der firmeneigenen Tapeziermaschine und meinen Rucksack in der Hand den Eingang. Die Kollegen riefen mir aus dem fahrenden Auto noch ein »Viel Spaß!« zu und los gings. Ich und war gespannt, was mich erwartete. Mein Kumpel hatte von diesem Job geschwärmt.

Das ganze Gebäude musste tapeziert werden. Das waren viele Tausend Quadratmeter. Die Decken- und Wandflächen wurden unter den anwesenden Kollegen aufgeteilt. Die guten Flächen, die den schnellen Taler brachten, waren schon weg, so blieben für mich Ecken und Kanten zum Tapezieren. Auch gut, dachte ich. Wenn es für die Miete und den Kühlschrank reicht, dann los.

Die Jungs, die hier tapezierten, verstanden wirklich ihren Job. Wie so schnell, akkurat und geradlinig Tapetenbahnen an die Decken und Wände geklebt wurden, hatte ich vorher noch nie gesehen. Ich nahm an, dass ich ebenso ein Akkordtapezierer werden konnte. »Bau mal deinen Kram hier auf, ich komme später noch mal vorbei«, meinte einer der Kollegen und verschwand im Rauch seiner Zigarette.

Ich hatte schon alles vorbereitet. Als ich dann aber mit dem Tapezieren startete, nahm mich der Kollege lachend zur Seite und meinte: »Das zeige ich dir nur einmal, also pass gut auf.« Dann wurde mir klar, wie weit ich vom lukrativen Akkordtapezieren entfernt war: ungefähr so weit, wie die Erde vom Mars.

Nach den ersten Tagen hatte ich den Dreh dann schon halbwegs raus. Trotzdem stand ich immer noch auf der Leiter, wenn meine Kollegen bereits mit einem fröhlichen »Bis später Micha, wir sehen uns heut Abend!« an mir vorbeizogen. Dieser Job war eine Herausforderung und gar nicht so einfach, wie ich anfangs dachte. Was mich störte, war mein Werkzeug: die Tapezierbürste aus Holz. Das Ding hatte weder einen richtigen Griff noch machte es Sinn, aber alle arbeiteten damit. Vielleicht lag es ja an mir, vielleicht kam nur ich nicht damit zurecht? Ein paar Stunden später schmerzte jedenfalls immer mein Handgelenk und das ging gar nicht, denn wie sollte ich so die nächsten Wochen überstehen? Ein Holzblock mit Borsten, so wird tapeziert – und das wahrscheinlich seit Kollege Neandertaler.

»Hey, Leute, gibts denn hier keine andere Tapezierbürste?«, fragte ich die Kollegen in der Pause.

Ein lautes Lachen schallte über den Tisch. »Daran wirst du dich schon gewöhnen müssen, da gibts nix anderes«, war die Antwort.

»Ach, irgendwann merkst du es gar nicht mehr«, meinte einer. Der Kollege lachte und zeigte mir, dass er bereits Wasserablagerungen in den einzelnen Fingerknöcheln hatte.

Oh Mann, der konnte seine Finger ja gar nicht mehr ausstrecken. Das war gruselig! Ist der Job es wert, sich die Finger so zu verbiegen? Mit Sicherheit nicht!

Es gab ein paar Tapezierer, die hier und da etwas an ihrem Werkzeug verändert hatten, um sich das Arbeiten zu erleichtern. In den nächsten Tagen fachsimpelten wir in den Pausen darüber, was das eigentliche Problem war. Ich erinnere mich, dass wir einmal mit der Säge etwas Holz aus einer Tapezierbürste sägten. Das sah komisch aus, ergab jedoch Sinn. Ich zeichnete Bürstenformen aufs Papier, die eventuell beim Arbeiten hilfreicher und schonender zum Handgelenk sein konnten. Nach und nach beschäftigte mich das Thema immer mehr und so entstanden meine Ideen.

Wenn du schon einmal tapeziert hast, ist dir bestimmt aufgefallen, dass diese Tapezierbürsten oder auch Tapezierwischer aus Holz sind. Es gibt in den Bauhäusern den Do-it-yourself-Bereich (DIY), wo du Holzbürsten für fünf Euro bekommst. Das reicht wahrscheinlich völlig aus, wenn du zu Hause mal eine Wand tapezieren musst. Wir im Profibereich brauchen da eine ganz andere Qualitätsstufe, schließlich arbeitet man damit jeden Tag. Diese Profi-Tapezierbürsten hatten sich aber in den letzten Jahrzehnten in Sachen Formgebung nicht wirklich verändert – eigentlich haben wir mit einem Dinosaurier tapeziert. Alles entwickelt sich ständig weiter, wird leichter, effiziente, ergonomischer … Die Industrie hat den Handwerkern in einigen Bereichen wirklich innovative Werkzeuge und Möglichkeiten geboten, die früher undenkbar gewesen wären. Nur bei der Tapezierbürste war nichts passiert.

Ich wollte nun ausprobieren, wie effizient es sein könnte, wenn Taschentücher und Klebeband zum Einsatz kamen. Mit Säge, Schere und Lackfarbe fertigte ich ein neues Tapezierbürsten Modell an, das wesentlich effizienter war. Na geht doch! Mir war klar, dass das erst der Anfang war, denn da ging noch mehr.

Da ich ganz gut zeichnen konnte, machte ich am Wochenende erste Entwürfe. So cool könnte die neue Tapezierbürste aussehen! Doch damals war ich noch nicht soweit und dachte weder über ein Patent noch über ein Start-up nach. Somit geriet die Idee in Vergessenheit und landete in einem kleinen Kasten irgendwo in meinem Keller.

Die Jahre vergingen. Ich hatte eine Weile als Ausbilder gearbeitet und besuchte nun seit einem Jahr die Meisterschule. Ich war bis auf die Unterhose abgebrannt und konnte mir nicht einmal mehr eine Currywurst ohne Soße leisten. Da rief mich mein alter Arbeitgeber des Ausbildungszentrums in Berlin-Schöneberg an und wollte, dass ich in meinen alten Job als Ausbilder für Maler und Lackierer zurückkomme. Das kam genau richtig, denn durch die Meisterschule hatte ich mich verschuldet. Also nahm ich das Angebot an und musste nur die letzten Wochen der Meisterschule irgendwie mit der neuen Stelle unter einen Hut bringen. Mit alten Kollegen wieder zusammenzusitzen, war wie nach Hause zu kommen. Ich unterrichtete das zweite und dritte Lehrjahr, doch im Jahr 2008 wurden wieder mal Gelder gestrichen und wer zuletzt kam, musste zuerst gehen. – Das war ich.

Also gründete ich Ende 2008 mit einem Kumpel, den ich im Meisterkurs kennengelernt hatte, eine Malerfirma. Die lief nach kleinen Anlaufschwierigkeiten dann wirklich gut. Wir hatten ein kleines schickes Büro am Kurt-Schumacher-Damm im ersten Stock und das machte mich alles richtig stolz. An unseren Wänden hingen Bilder unserer Bauprojekte, das wirkte sehr motivierend auf uns und da wir oft Besuch von Auftraggebern und Subunternehmer hatten, war das zugleich eine Präsentation unserer Leistungen.

Mein Kumpel Chris arbeitete nach der Meisterschule bei einem traditionellen Großunternehmen und brachte uns wenig später als Subunternehmer in diese Firma, die uns noch mal gut mit Aufträgen versorgte. Die Firma lief so, wie wir uns das gewünscht hatten:

viele lukrative Aufträge, wenig Zeit zum Luftholen.

Meine Erfindung hatte ich noch immer im Kopf, gerade dann, wenn wir auf Baustellen tapezierten. Seit ich 2008 einen TV-Beitrag über Erfindungen und Patente sah, hat mich der Gedanke, diese Tapezierbürste irgendwann mal ins Regal zu bekommen, nicht mehr losgelassen. Dieser Beitrag packte mich, holte mich ab, wie man so schön sagt. Es ging darum, wie Erfindungen entstehen, was Schutzrechte bedeuten und es gab viele interessante Gründergeschichten. In den letzten Jahren gab es einige Umzüge, aber irgendwo musste dieser Holzklumpen, den ich 2001 als Prototypen entworfen hatte, noch sein. Ich durchsuchte also meinen Keller und fand ihn tatsächlich. Mir fehlte jedoch die Zeit, weiter an meiner Erfindung zu tüfteln. Das konnte ich nur abends oder nachts machen, wenn überhaupt. In all den Jahren hatte ich mir aber mein Leben so aufgebaut, dass es gut passte, da war praktisch keine Luft mehr, ohne irgendwo Abstriche zu machen. So was setzt man aber ja nicht so einfach aufs Spiel. Bleib immer auf dem Teppich, dann kann dich auch nichts aus der Bahn werfen, war meine Devise. – Ich habe später viele Menschen geradezu aus der Bahn fliegen sehen, bloß weil sie das Wort Patent gehört hatten. Unglaublich, was das in manchen Köpfen verursacht.

Hattest du schon mal eine Idee, die du bis hin zur Umsetzbarkeit durchgedacht hast? Hast du sie vielleicht sogar umgesetzt? Dann kennst du bestimmt einige der Situationen, die ich im Laufe dieses Buches beschreiben werde oder wirst sie vielleicht erst noch erleben. Egal wie: Bereite dich darauf vor, dass so gut wie nichts so läuft, wie du denkst! Ob ich all die Entbehrungen und Misserfolge auf mich genommen hätte, die mir widerfahren sind, wenn ich es vorher gewusst hätte? Ehrlich gesagt: Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich es ohne meine Frau an meiner Seite irgendwann nicht mehr durchgehalten hätte. Mit einer Erfindung ist das so: Neben dem Job und der Familie startet man damit noch ein zusätzliches Projekt, das in den Jahren immer größer wird, denn eine Erfindung zur Marktreife zu bringen ist keine Kleinigkeit, das ist nicht eben mal so nebenbei zu machen, sondern kann einen mitunter alles kosten.

Ein Patent anzumelden für eine Erfindung oder ein Verfahren, dem die geistige Leistung eines Entwicklers zugrunde liegt, ist extrem aufwendig. Ist die Erfindung gewerblich nutzbar, dann kann man sie sich gesetzlich schützen lassen, eben durch eine Anmeldung beim Patentamt – je nach Art der Erfindung in verschiedenen Formen. Die Entwicklung einer Technologie ist meist sehr aufwendig, kostet viel Zeit und wirklich viel Geld, das kaum jemand investieren würde, wenn sich das Ergebnis dann nicht schützen ließe. Man sollte schon lange vor diesem Schritt eine realistische Einschätzung der Technik und Marktsituation gegenüber den Produkten der Wettbewerber sowie eine erste Schätzung von Kosten und möglichen Erträgen machen, um absehen zu können, ob sich das überhaupt lohnt. Dann die Fragen: Patent, Marke, Gebrauchsmuster oder Design? Was sollte, was muss, was kann man sich überhaupt schützen lassen?

Zum Thema Patentschutz wurde ich in den letzten Jahren oft gefragt ob die Tapezierbürste von smartQ denn patentiert sei. Die meisten Menschen denken, dass geht ganz schnell, Anmeldung ausgefüllt und Patent erhalten, schon gehts los. – Und genau so geht es eben nicht. Ich persönlich kann euch nur empfehlen das nicht im Alleingang zu machen, sondern die Hilfe eines Patentanwalts, der auf eurer Produkt bzw. eure Idee spezialisiert ist, in Anspruch zu nehmen. Stellt euch vorab die Frage, was euer langfristiges Ziel ist, denn das erleichtert euch den Weg. Vielleicht wäre es auch ratsam, sich direkt zwei verschiedene Anwälte für ein Erstgespräch zu suchen und danach zu entscheiden. Wichtig ist nur, nicht am falschen Ende zu sparen. Das kann ganz schön teuer werden.

Bevor du dein Wissen mit anderen teilst, also womöglich die erste Präsentation vor einem Kunden oder einem Hersteller beziehungsweise Produzenten machst, solltest du dir eine Geheimhaltungserklärung unterschreiben lassen – zum Schutz deiner Erfindung; die bekommst du bei einem guten Anwalt (irgendein Standardformular aus dem Internet reicht in der Regel nicht aus). Ich hatte wirkliches Anfängerglück, dass ich das gemacht habe.

Jede Idee beginnt mit einer Erfahrung oder einem Gedanken. In meinem Fall hatte ich bereits alles im Kopf, es musste nur noch zu Papier gebracht und umgesetzt werden. Zeichnen war für mich ja nicht das Problem, damit kannte ich mich aus, also legte ich los und ging die Sache ernsthaft an.

Mit einer Zeichnung allein kommt man erst mal nicht weit. Die Umsetzung war gefragt und damit begannen die ersten Herausforderungen. Es war klar, dass das Aufgabenfeld sehr umfangreich werden würde. Es geht nicht nur um eine Zeichnung und deren Umsetzung in ein Produkt, sondern um vieles mehr. In meinem Kopf schwirrten nur noch Fragezeichen: Was kostet was? Wo finde ich einen guten Patentanwalt? Soll ich das Patent dann verkaufen oder Lizenzen vergeben? Selbst produzieren? Wer produziert für mich? Wie sieht meine Verpackung aus? Wer macht Werbung? Was kostet Werbung? Wer produziert meine Verpackung? Wo kommt das Geld her? Hilfe!

Wie gesagt, unsere Malerfirma lief prima und wir hatten gute Aufträge, konnten vorausplanen. Das spielte mir bei meinem Vorhaben in die Hände, denn ich konnte für mein Projekt etwas zurücklegen. Bei der Bank zu betteln lag mir nicht, lieber das nötige Kapital zusammensparen. Die Möglichkeit, jemanden anders mit ins Boot zu holen, fand ich auch besser als einen Bankkredit, aber mein Firmenpartner bekundete erst einmal Interesse.

Leider konnte ich bis dato die Kosten, die auf mich zukamen, schlecht abschätzen. Was ein Patent tatsächlich am Ende kostet, kann einem vorher keiner sagen, aber es geht auf jeden Fall in die Tausende.

Ich fand Partner und wir trafen uns fortan in regelmäßigen Abständen im Cancun am Potsdamer Platz. Hier konnten wir gepflegt etwas Essen und dabei die weiteren Schritte besprechen. Wir erstellten eine Aufgabenliste und vereinbarten einen Zeitpunkt, bis wann die einzelnen Punkte abgearbeitet sein sollten. Dazu gehörten die Arbeitsfelder Entwürfe, Modellzeichnungen, Beschaffung von Verkaufszahlen herkömmlicher Tapezierbürsten und alles rund ums Thema Patent.

Theoretisch waren wir erst mal gut aufgestellt und versuchten in den weiteren Monaten, erste Ziele zu erreichen. Doch was nützt es, etwas zu erarbeiten, wenn sich nicht alle Beteiligten an den Plan halten? Wenn du willst, dass etwas erledigt wird, dann mach es selber! Verlass dich nie auf andere. Ein positiver Gedanke, eine tolle Geschäftsidee kann einen in den Himmel schießen, jedoch habe ich die Erfahrung gemacht, dass die meisten Menschen nach kurzer Zeit schon wieder ihrem Alltag mehr Aufmerksamkeit widmeten und den Traum schnell vergessen. Es dauert den meisten einfach zu lange. Anders gesagt: Nicht jeder ist als Gründer geeignet. Das muss man einfach mal so sehen. Wir bedienten uns also an den frisch servierten und käseüberlaufenen Nachos, erfreuten uns am kalten Bier und sagten uns: »Du, beim nächsten Mal dann aber wirklich!«

Irgendwann, so nach einem halben Jahr, wurde mir dann klar, dass mein Projekt nicht ausreichend ernst genommen wurde. Erwartet hatte ich Ehrlichkeit, aber meist laufen die Dinge eben anders als geplant. Einen Freund zum Beispiel, der sich finanziell einbrachte, nahm ich im Gesellschaftsvertrag auf,