Einsatztaktik für den Zugführer - Jürgen Wohlrab - E-Book

Einsatztaktik für den Zugführer E-Book

Jürgen Wohlrab

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Beschreibung

Beim Zugführerlehrgang spielt die praktische Ausbildung eine ganz wesentliche Rolle. Die Teilnehmer müssen mehrere Übungslagen mit einem (Lösch-)Zug absolvieren. Hierzu ist ein umfangreiches einsatztaktisches Wissen unerlässlich. Das Buch stellt zunächst die Aufgaben eines Zugführers und die Zusammensetzung eines Zuges vor. Anschließend behandelt der Autor die möglichen Einsatzformen des Zuges und die verschiedenen Taktikschemen. Eine Erläuterung der Führungsgrundsätze und Führungsmittel sowie die Besonderheiten bei verschiedenen Einsatzlagen runden das Thema ab.

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Seitenzahl: 115

Veröffentlichungsjahr: 2022

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Jürgen Wohlrab

[3]Einsatztaktik für den Zugführer

2., aktualisierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

[4]Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Die Abbildungen stammen – sofern nicht anders angegeben – vom Autor.

2., aktualisierte Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© 2020/2022 W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-041089-3

E-Book-Formate:

pdf: ISBN 978-3-17-041091-6

epub: ISBN 978-3-17-041092-3

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

[5]Vorwort

Bei allen Einsätzen der Feuerwehren ist die taktische Gliederung der eingesetzten Einheiten für einen geordneten Einsatzablauf ein vermeintlich wichtiger Faktor für den Einsatzerfolg.

Die typische Gliederung in Trupp, Staffel, Gruppe, Zug und Verband ist in den einschlägigen Feuerwehr-Dienstvorschriften (FwDV) genau beschrieben und erläutert. An dieser Struktur hat sich in den letzten 80 Jahren fast nichts geändert. Geändert haben sich aber durch die moderne Industriegesellschaft die Anforderungen an die Feuerwehren und in diesem Zusammenhang insbesondere die technischen Möglichkeiten von Fahrzeugen und Geräten.

In der Praxis werden diese Möglichkeiten nicht immer in vollem Umfang ausgeschöpft. Häufig kommt es zu personellen und strukturellen, aber auch führungstechnischen Problemen. Der entscheidende Faktor in allen noch so geregelten und technisierten Systemen bleibt deshalb der Mensch mit seinen persönlichen Stärken und Schwächen. Neben der Funktion des Gruppenführers nimmt die Person des Zugführers ab einer bestimmten Einsatzgröße eine Schlüsselfunktion ein.

Ziel des Buches ist es, dem Zugführer eine umfassendere Sichtweise auf seine Aufgabenstellung zu ermöglichen, als dies in den einschlägigen Feuerwehr-Dienstvorschriften geregelt ist.

Diese Sichtweise soll nicht in Konkurrenz zu den Dienstvorschriften oder einem bewährten Taktikschema stehen. Es ist vielmehr der Versuch, die komplexen Aufgabenstellungen eines Einsatzes auf einfache Fragestellungen, Handlungsabläufe und Merkregeln zu reduzieren und den Zugführer in seiner richtigen Entscheidung zu unterstützen. In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, beim Zugführer ein Bewusstsein und Verständnis für sein eigenes Handeln zu erzielen. In der kritischen Auseinandersetzung mit seinem eigenen Führungsverhalten und den vorgegebenen Strukturen liegt die Chance, die Rolle als Zugführer klarer auszuführen und somit wesentlich zum Gelingen des Einsatzes beizutragen.

Trotz aller vielfältigen Möglichkeiten unserer Zeit bleiben deshalb als entscheidender Faktor der Mensch und sein Handeln.

Hinweis:

Das Buch richtet sich ausdrücklich an alle interessierten Personen – ob männlich, weiblich oder divers – gleichermaßen. Zur leichteren Lesbarkeit des Textes wird an manchen Stellen allerdings nur die männliche Form verwendet.

[7]Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Aufgaben des Zugführers

1.1   Geschichtlicher Hintergrund

1.2   Rechtliche Grundlagen

1.3   Aufgaben im Einsatz

2 Zusammensetzung des Zuges

2.1   Einsatztaktischer Wert von Fahrzeugen und Geräten

2.1.1   Beispiele zum einsatztaktischen Wert

2.1.2   Anwendung des einsatztaktischen Wertes

2.2   Fahrzeugzusammensetzung eines Zuges

2.2.1   Darstellung eines Zuges anhand taktischer Zeichen

2.2.2   Leistungsfähigkeit der Fahrzeuge

2.3   Aufgabenverteilung innerhalb des Zuges

2.3.1   Besonderheiten bei Brandeinsätzen

2.3.2   Besonderheiten bei der Technischen Hilfeleistung

2.3.3   Besonderheiten bei ABC-Einsätzen

2.3.4   Einbindung von Sonderfahrzeugen

2.4   Mannschaft

2.4.1   Ausbildung

2.4.2   Erfahrung

3 Einsatzformen des Zuges

3.1   Entwicklung der Einsatzformen

3.2   Arten der Aufteilung in der alten FwDV 5

3.2.1   Einsatzform nebeneinander

3.2.2   Einsatzform hintereinander

3.2.3   Einsatzform geschlossen

3.2.4   Einsatzform getrennt

3.3   Praktischer Nutzen der Einsatzform

4 Taktische Schemata und ihre Anwendung

4.1   Entwicklung der Taktikschemata

4.2   Grundlegende Elemente des Führungsvorgangs

4.2.1   Erkundung

4.2.2   Beurteilung

4.2.3   Entschluss

4.3   Arten der Schemata

4.3.1   Regelkreis der Taktik

4.3.2   Ablaufschema

4.3.3   Weiterentwicklungen

4.3.4   Praktische Anwendung

5 Führungsgrundsätze

5.1   Klassische Führungsgrundsätze

5.1.1   Checklisten

5.1.2   Standardeinsatzregeln

5.1.3   Merkwörter

5.1.4   Verhaltensmuster

5.2   Taktische Grundsätze

5.2.1   Standards

5.2.2   Besonderheiten bei der technischen Rettung

5.3   Führungsstile

5.3.1   Überblick

5.3.2   Autoritärer Führungsstil

5.3.3   Kooperativer Führungsstil

5.3.4   Auftragstaktik und Befehl

5.4   Standardvorgehen

5.5   Umsetzung in Form von praktischen Tipps

5.6   Besonderheiten beim eigenen Führungsverhalten

6 Die Phasen des Einsatzes

6.1   Einsatzvorbeugung

6.2   Einsatzvorbereitung

6.3   Einsatzlenkung

6.4   Einsatznachbearbeitung

7 Einsatzbeispiele

7.1   Einsatzbeispiel 1 – Zimmerbrand: »Person droht zu springen«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.2   Einsatzbeispiel 2 – Verkehrsunfall mit Straßenbahn: »Viele Verletzte«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.3   Einsatzbeispiel 3 – Umgestürzter Kran in Baugrube: »Person vermisst«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.4   Einsatzbeispiel 4 – Bagger brennt auf Baustelle: »Brandausbreitung auf Gebäude«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.5   Einsatzbeispiel 5 – Verkehrsunfall mit Lkw: »Person eingeklemmt«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.6   Einsatzbeispiel 6 – Zimmerbrand: »mehrere Personen vermisst«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

7.7   Einsatzbeispiel 7 – Verkehrsunfall mit Pkw und Motorrad: »Person eingeklemmt«

Ausgangslage:

Kräfteansatz:

Fragestellungen:

8 Zusammenfassung

Literaturverzeichnis

[11]1    Aufgaben des Zugführers

1.1   Geschichtlicher Hintergrund

Die von uns allen gewohnten Strukturen der heutigen Feuerwehr sind nun bereits fast hundert Jahre alt. Die Anfänge führen uns in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Hier wurden die ersten Feuerwehrschulen in den Ländern des ehemaligen Deutschen Reiches gegründet und erließen eigene Ausbildungsvorschriften (Internationale Arbeitsgemeinschaft für Feuerwehr- und Brandschutzgeschichte, 2014). Die taktische Zusammensetzung der Einheiten und die Aufgabenverteilung innerhalb dieser wurden allerdings regional noch sehr unterschiedlich geregelt.

Bei der Berliner Feuerwehr ergab sich bereits 1922 eine Unterteilung in Angriffstrupp, Leitertrupp und Schlauchtrupp, welche den heute noch bekannten Regelungen in den Dienstvorschriften stark ähnelt.

Die endgültig eingeführte und heute noch praktizierte Einteilung in Angriffstrupp, Wassertrupp und Schlauchtrupp wurde von Walter Schnell im Jahre 1934 durch sein Buch zum dreiteiligen Löschangriff verbreitet.

Die Kernaussagen dieser Vereinheitlichung nennen folgende Elemente:

Ausbildung als zentrales Element

Einheitsfeuerwehrmann

Schwerpunkt Innenangriff

Bild 1: Der dreiteilige Löschangriff

Interessant ist in diesem Zusammenhang bereits die Schwerpunktbildung bei Brandeinsätzen auf den Innenangriff.

Durch die Kriegsvorbereitungen der Nationalsozialisten im Dritten Reich wurde diese Struktur endgültig im Jahre 1938 durch eine reichsweit gültige Ausbildungsvorschrift für den Feuerwehrdienst eingeführt.

[12]Als taktische kleinste Einheit mit 1/8/9 in Verbindung mit einem Löschfahrzeug findet sich diese Grundstruktur in allen Ausbildungsvorschriften und der Beschaffung von Fahrzeugen damals wie heute. Nach Kriegsende fanden sich diese Strukturen in dem Standartwerk »Ausbildung der Feuerwehren« von Heimberg und Fuchs aus dem Jahre 1947 wieder.

Bild 2: Buchcover »Die Ausbildung der Feuerwehren«

Als Vorläufer des Katastrophenschutzes wurde in Deutschland in der Nachkriegszeit der Luftschutzhilfsdienst etabliert. Dieser war stark geprägt durch die Auswirkungen und Erfahrungen des zweiten Weltkrieges. Im Besonderen ist hier die Luftschutzhilfsdienst-Dienstvorschrift 111(LSHD-DV 111) im Sinne einer Ausbildungsvorschrift für Feuerwehrbereitschaften aus dem Jahre 1967 zu nennen. In dieser sind die ersten Unterteilungen in Löschzug-Retten oder Löschzug-Wasser zu finden.

In der Folge dieser Gliederung der Einheiten wurden durch den Bund auch entsprechende Fahrzeuge für diese Aufgaben beschafft. Exemplarisch ist hier das Löschgruppenfahrzeug (LF 16 TS), der Schlauchkraftwagen (SKW) oder der Hilfs[13]rüstwagen (HRW) zu nennen. Auch hier findet sich in den Fahrzeugen die typische Besatzung von Gruppe, Staffel oder Trupp wieder. In den entsprechenden Feuerwehrbereitschaften wurden somit taktische Einheiten in Form von Zügen oder Verbänden zusammengestellt.

Mit der bundesweiten Erstellung der uns heute bekannten Feuerwehr-Dienstvorschriften wurde in den Jahren ab 1971 begonnen. Wichtig für den Zugführer wurden vordringlich drei Vorschriften erarbeitet:

Die Gruppe im Löscheinsatz (als erste Feuerwehr-Dienstvorschrift im Jahr 1972)

Die Staffel im Löscheinsatz

Der Zug im Löscheinsatz

Wie in der Namensgebung erkennbar sind diese Vorschriften stark auf den Löschangriff ausgelegt. Die Verwendung der Vorschriften bei einem Hilfeleistungseinsatz ist nur im übertragenen Sinn möglich. Die grundsätzliche Struktur blieb zwar beim Hilfeleistungs- oder ABC-Einsatz erhalten, der Grundgedanke, dass jeder Trupp zum Angriffstrupp wird, ist aber in THL- bzw. ABC-Einsätzen nicht möglich. Dies ist auch der entscheidende Unterschied in Bezug auf die Struktur bei einem Brandeinsatz.

Im Brandeinsatz soll grundsätzlich der Wasser- und Schlautrupp nach Erledigung seiner Aufgaben zum zweiten bzw. dritten Angriffstrupp werden. Dass dieser Grundgedanke leider in der taktischen Verwendung der Funktionen nicht immer so durchgeführt wird, ist Gegenstand der Betrachtungen im Kapitel zur Aufgabenverteilung im Zug (Kapitel 2.3). Aus dieser Differenzierung ergaben sich auch teilweise die unterschiedlichen Führungsstile bei Brandeinsätzen oder Technischen Hilfeleistungen.

Bei der Technischen Hilfeleistung bzw. bei ABC-Einsätzen erfolgt vom Grundsatz her ebenfalls eine Aufteilung in drei Trupps, die nach Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 die gleiche Bezeichnung tragen. Wesentlicher Unterschied ist aber die bleibende Funktion in Rettungs-, Sicherungs- und Gerätetrupp bei der Technischen Hilfeleistung bzw. in ABC-Lagen.

Grundlage unseres Handelns ist in dieser geschichtlichen Entwicklung der Feuerwehr zu finden. Die grundsätzlichen Betrachtungsweisen, die Sprache der Feuerwehr und die Zusammensetzung der Mannschaft sind in über 100 Jahren zwar gewachsen und einem gewissen Wandel unterlegen, aber vom Grundsatz immer gleich geblieben.

Erst in den letzten zwanzig Jahren haben sich, auf Grund der komplexeren Anforderungen, der technischen Möglichkeiten und der individuellen Lösungen, [14]Abweichungen dieses Systems bei den Feuerwehren ergeben. Von der klassischen Einteilung in Angriffs-, Wasser- und Schlauchtrupp wurde aber selten abgewichen.

Werkfeuerwehren fallen in dieser Betrachtungsweise schon immer aus dem Rahmen, da hier die personelle Verfügbarkeit noch geringer anzusetzen ist und häufig Sonderfahrzeuge für spezielle Anwendungen zum Einsatz kommen. In diesem Bereich ist auf Grund der personellen und technischen Anforderungen (z.B. große Mengen Wasser in kurzer Zeit oder Sonderlöschmittel auf dem Erstfahrzeug) bereits sehr früh auf Sonderlösungen gesetzt worden.

Trotz aller dieser Einschränkungen wird immer noch versucht bei allen Einsätzen in diesem taktischen System von vor über 80 Jahren zu arbeiten.

1.2   Rechtliche Grundlagen

Derzeit sind zwei Feuerwehr-Dienstvorschriften (FwDV 3 und FwDV 100) für den Einsatz eines Zuges grundlegend. Die restlichen Regelwerke für die Aufgaben eines Zugführers sind in keinen offiziellen Vorschriften hinterlegt. Hier sind Merkblätter der Landesfeuerwehrschulen und Ausbildungsstätten der Länder für Feuerwehren hinsichtlich der internen Festlegungen auf Kreis- bzw. Gemeindeebene oder weitere Fachliteratur verfügbar.

In der »Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 – Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz« wird die Aufgabe des Zugführers wie folgt beschrieben:

»Der Zugführer führt den Zug im Einsatz. Er ist an keinen speziellen Platz gebunden; er ist über seine Befehlsstelle erreichbar.«

Im Weiteren erfolgen noch einige Festlegungen zur Einsatzleitung und Führung des Zuges sowie zur Befehlsgebung. Eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Aufgaben des Zugführers ist in den Vorschriften nicht zu finden. Die Aufgaben der einzelnen Trupps bzw. des Gruppenführers sind dagegen sehr ausführlich und genau beschrieben. Das Wissen, im Einsatzfall das Richtige zu tun, soll der Zugführer aus den verschiedenen Taktikschemata gewinnen. Im klassischen Sinn nach FwDV 100 ergibt sich folgendes Handlungsschema:

Erkunden

Bewerten

Entscheiden

Befehlen

Kontrollieren

[15]Bild 3: Darstellung des Führungsablaufs als Handlungskette

Ein exakter Handlungsablauf und eine genaue Aufgabenbeschreibung, wie wir diese beispielhaft für den Angriffstruppmann finden, fehlen gänzlich. Für den Gruppenführer ist gemäß der Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 sein Handlungsfeld und sein Aufgabengebiet klar beschrieben. Hier finden sich durchaus klare Regelungen zum Ablauf eines Einsatzes (z.B. Einsatz mit bzw. ohne Bereitstellung). Auffällig ist in diesem Zusammenhang die immer noch starke Ausrichtung auf die Brandbekämpfung.

Für den Zugführer existieren diese Vorgaben nicht. Einzig der Befehl ist eindeutig geregelt. Dieser stellt aber nur das Ergebnis der gesamten Überlegungen im Sinne von Erkunden, Bewerten und Entscheiden dar.

In der ehemaligen Feuerwehr-Dienstvorschrift 5 wurde der Versuch unternommen, dem Zugführer in der taktischen Verwendung seines Zuges mit vier unterschiedlichen Einsatzformen eine Hilfestellung in der Verwendung seiner taktischen Einheiten zu geben. In Kapitel 3 wird auf diese Möglichkeit im Detail eingegangen. Durch Zusammenfassung der drei ursprünglichen Dienstvorschriften Staffel, Gruppe und Zug zur Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 (FwDV 3) ist diese grundsätzliche taktische Gliederung entfallen. Begründet liegt dies in der Tatsache, dass bis zur Einführung der FwDV 3 die vorgehenden Dienstvorschriften sehr stark auf den Löschangriff ausgelegt waren, wobei auch die Feuerwehr-Dienstvorschrift 3 den Hilfeleistungseinsatz nur auf wenigen Seiten aufgreift und längst nicht so umfassend behandelt wie die Möglichkeiten eines Löschangriffs.

Die zweite und umfassendere Dienstvorschrift stellt die »Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 – Führung und Leitung im Einsatz – Führungssystem« dar. In der FwDV’100 werden als Grundlage des taktischen Handelns alle systemisch relevanten Vorgänge und Abläufe beschrieben. Diese Beschreibung ist aber für alle Führungsstufen gedacht und anwendbar. Konkrete und praktikable Festlegungen und Abläufe für die Funktion des Zugführers fehlen. Trotzdem bietet diese Dienstvorschrift eine sehr gute Grundlage für das strukturierte Handeln im Einsatz und sollte von jedem Zugführer verstanden, beherrscht und angewendet werden können. Die Abläufe sind klar benannt und allgemein geregelt. Konkrete Angaben, im Sinne von wie »muss ich persönlich in der Funktion des Zugführers handeln«, sind aber nicht zu finden.

[16]1.3   Aufgaben im Einsatz

In der Theorie sind die in den FwDV beschriebenen Abläufe für die meisten Zugführer bereits nach kurzer Zeit nachvollziehbar. Die einzelnen Handlungsschritte des Taktikschemas werden fast ohne Ausnahme von angehenden Zugführern theoretisch verstanden und können in den meisten Fällen richtig wiedergegeben werden.

In der Ausbildung ergeben sich verschiedenste Möglichkeiten, dieses theoretische Wissen auch praktisch zu vermitteln, zu erläutern bzw. zu erklären. Häufig kommt hier das Planspiel oder eine Planbesprechung als Methode zum Einsatz, um eine gewisse Routine im Umgang mit den theoretisch erlernten Abläufen zu erzeugen. In der Umsetzung haben aber fast alle diese Methoden das Problem, in der praktischen Anwendung zu versagen. Ursächlich hierfür ist der zeitliche Ablauf bei einem Planspiel bzw. einer Planbesprechung. Für das Verständnis des Führungsvorgangs wird dieser zeitliche extrem in die Länge gezogen und in entsprechende Einzelteile [17]zerlegt. In der Praxis muss dieser Entscheidungsprozess aber innerhalb weniger Sekunden erfolgen.

Bild 4: Planspiellage