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Wissenschaftlicher Aufsatz aus dem Jahr 2007 im Fachbereich Politik - Politische Theorie und Ideengeschichte, Note: keine, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg (Institut für Politikwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: Die jüngsten Berichte über Menschenrechtsverletzungen und kriegerische Konflikte in aller Welt lassen keine Zweifel darüber aufkommen, dass die von Vielen nach dem Kalten Krieg getragene Hoffnung, Frieden, Freiheit und Demokratie könnten sich nun ungehindert um den Globus verbreiten, nicht erfüllt wurde. Auf der Suche nach Erklärungsmöglichkeiten für die anhaltenden Auseinandersetzungen hat die Theorie vom »Kampf der Kulturen« von Samuel P. Huntington sowohl in wissenschaftlichen als auch außerwissenschaftlichen Diskursen eine bedeutende Stellung eingenommen und zur Diskussion über die Beziehungen von kultureller Identität und politischem Handeln beigetragen. Die Thesen Huntingtons werden im ersten Teil dargestellt. Darauf kann nicht verzichtet werden, weil die Popularität des Buches in der breiten Öffentlichkeit unabhängig von einer eingehenderen Auseinandersetzung mit den Thesen Huntingtons fortbesteht, öffentliche Diskussionen über einen möglichen »Kampf der Kulturen« also häufig ohne den Hintergrund genauerer Lektürekenntnisse geführt werden. Die daraufhin folgenden Kritiken im zweiten Teil sollen belegen, dass es sich beim »Kampf der Kulturen« nicht um ein wissenschaftliches Paradigma handelt und auf begriffliche sowie inhaltliche Inkonsistenzen und Widersprüche hinweisen. Die Kritik ist aufgeteilt in die Gliederungspunkte »Der Begriff des Paradigmas«, »Einteilung in Kulturen«, »Kulturelle oder ethnische Konflikte« sowie »Neorassismus«. Gelegentliche Polemiken gegen Huntingtons »Kampf der Kulturen« im zweiten Teil mag der Leser mir verzeihen, sie können der Polemik und dem Zynismus Huntingtons gegenüber politischen Realitäten und historischen Tatsachen nicht das Wasser reichen.
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Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Teil I
»Welt aus Kulturen« – ein neues Paradigma
Der Westen als universale Kultur? – Die Differenz zwischen Modernisierung und Verwestlichung
Struktur und globale Politik der Kulturen
Zur Dynamik von Bruchlinienkriegen
»Die Zukunft der Kulturen«
Teil II - Kritik
Der Begriff des Paradigmas
Einteilung in Kulturen
Kulturelle oder ethnische Konflikte
Neorassismus
Literaturverzeichnis
Verallgemeinerungen sind immer gefährlich und oft falsch.(Samuel P. Huntington)[1]
Die jüngsten Berichte über Menschenrechtsverletzungen und kriegerische Konflikte in aller Welt lassen keine Zweifel darüber aufkommen, dass die von Vielen nach dem Kalten Krieg getragene Hoffnung, Frieden, Freiheit und Demokratie könnten sich nun ungehindert um den Globus verbreiten, nicht erfüllt wurde. Die Anschläge vom 11. September 2001 zeugen von einer maßlosen Gewalt islamischer Fundamentalisten und einer neuen Form des Terrorismus, der nicht mehr nur regional und aus europäischer und amerikanischer Sicht scheinbar weit entfernt agiert, sondern nun die westlichen Staaten selbst bedroht. Auch für die andauernden Gewaltszenarien im Nahen und Mittleren Osten zeichnet sich keine Lösung ab, vielmehr scheint die Virulenz internationaler Konflikte und von Bürgerkriegen anzuhalten oder sogar zuzunehmen. Der von Seiten der USA begonnene »Krieg gegen den Terror« ist hinsichtlich zahlreicher Menschenrechtsverletzungen in die Kritik geraten. Die Bilder von Folterungen aus Abu-Ghraib, verübt von amerikanischen Soldaten an irakischen Gefangenen, gingen um die ganze Welt und erregten Protest und Zweifel an den Methoden der amerikanischen Besatzung im Irak und dem Sinn dieser selbst.
Auf der Suche nach Erklärungsmöglichkeiten für die anhaltenden Auseinandersetzungen hat die Theorie vom »Kampf der Kulturen« von Samuel P. Huntington sowohl in wissenschaftlichen als auch außerwissenschaftlichen Diskursen eine bedeutende Stellung eingenommen und zur Diskussion über die Beziehungen von kultureller Identität und politischem Handeln beigetragen. Die Thesen Huntingtons werden im ersten Teil dargestellt. Darauf kann nicht verzichtet werden, weil die Popularität des Buches in der breiten Öffentlichkeit unabhängig von einer eingehenderen Auseinandersetzung mit den Thesen Huntingtons fortbesteht, öffentliche Diskussionen über einen möglichen »Kampf der Kulturen« also häufig ohne den Hintergrund genauerer Lektürekenntnisse geführt werden. Die daraufhin folgenden Kritiken im zweiten Teil sollen belegen, dass es sich beim »Kampf der Kulturen« nicht um ein wissenschaftliches Paradigma handelt und auf begriffliche sowie inhaltliche Inkonsistenzen und Widersprüche hinweisen. Die Kritik ist aufgeteilt in die Gliederungspunkte »Der Begriff des Paradigmas«, »Einteilung in Kulturen«, »Kulturelle oder ethnische Konflikte« sowie »Neorassismus«. Gelegentliche Polemiken gegen Huntingtons »Kampf der Kulturen« im zweiten Teil mag der Leser mir verzeihen, sie können der Polemik und dem Zynismus Huntingtons gegenüber politischen Realitäten und historischen Tatsachen nicht das Wasser reichen.
Die Hauptthese Huntingtons im »Kampf der Kulturen« lautet:
Kultur und die Identität von Kulturen, auf höchster Ebene also die Identität von Kulturkreisen, prägen heute, in der Welt nach dem Kalten Krieg, die Muster von Kohärenz, Desintegration und Konflikt.[2]
Die neue Weltordnung wird nach Huntington von sieben bis acht Kulturen dominiert, der westlichen, orthodoxen, sinischen, hinduistischen, islamischen, japanischen, lateinamerikanischen und möglicherweise von einer afrikanischen Kultur. Die Unterschiede zwischen den Ländern seien nicht mehr politischer, ideologischer oder ökonomischer Natur, sondern primär kultureller Art. Kulturelle Zugehörigkeit und Identität habe für den Menschen höchste Bedeutung und nach dem Kalten Krieg, in welchem Ideologien diese überlagert und verwischt haben, würden die Menschen jetzt versuchen, ihre alten kulturellen Wurzeln wieder zu entdecken. Huntington untergliedert die Hauptthese in fünf Hypothesen:[3]
Teil Eins. Zum ersten Mal in der Geschichte ist globale Politik sowohl multipolar als auch multikulturell; Verwestlichung ist etwas anderes als Modernisierung; und wirtschaftliche und soziale Modernisierung erzeugt weder eine universale Kultur irgendeiner Art noch die Verwestlichung nichtwestlicher Gesellschaften.
Teil Zwei. Das Machtgleichgewicht zwischen den Kulturkreisen verschiebt sich: Der Westen verliert an relativem Einfluß; asiatische Kulturen verstärken ihre wirtschaftliche, militärische und politische Macht; der Islam erlebt eine Bevölkerungsexplosion mit destabilisierenden Folgen für muslimische Länder und ihre Nachbarn; und nichtwestliche Kulturen bekräftigen selbstbewusst den Wert ihrer eigenen Grundsätze.
Teil Drei. Eine auf kulturellen Werten basierende Weltordnung ist im Entstehen begriffen: Gesellschaften, die durch kulturelle Affinitäten verbunden sind, kooperieren miteinander. Bemühungen, eine Gesellschaft von einem Kulturkreis in einen anderen zu verschieben, sind erfolglos; und Länder gruppieren sich um die Führungs- oder Kernstaaten ihrer Kultur.
Teil Vier. Seine universalistischen Ansprüche bringen den Westen zunehmend in Konflikt mit anderen Kulturkreisen, am gravierendsten mit dem Islam und China. Auf lokaler Ebene bewirken Bruchlinienkriege (im wesentlichen zwischen Muslimen und Nichtmuslimen) den »Schulterschluß verwandter Länder«, die Gefahr einer breiten Eskalation und damit Bemühungen von Kernstaaten um Eindämmung und Unterbindung dieser Kriege.