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Der Einsatz der im angloamerikanischen Raum als eigenständige psychologische Disziplin etablierten Verhaltensanalyse oder "Behaviour Analysis" ermöglicht große Fortschritte in Kommunikation, Entwicklung und Selbständigkeit für Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen. Das Werk führt in störungsbezogene lernpsychologische Grundprinzipien ein, schildert die Einführung von entsprechenden Therapieprogrammen in Nordirland über die Initiative PEAT (Parents= Education as Autism Therapists) und enthält Darstellungen von Eltern und Therapeuten zu exemplarischen Behandlungsverläufen. Prof. Dr. med. Hanns Rüdiger Röttgers, FH Münster, und Dr. med. Schide Nedjat, Psychiaterin und Psychotherapeutin mit Schwerpunkt ASS, erläutern die fachliche und sozialrechtliche Situation in Deutschland.
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Seitenzahl: 320
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Englischsprachige Originalausgabe:
Parents’ Education as Autism Therapists
Alle Rechte vorbehalten
© copyright 2000 Jessica Kingsley Publishers
This translation of Parents’ Education as Autism Therapists is published by arrangement with Jessica Kingsley Publishers Ltd.
Deutschsprachige Ausgabe:
1. Auflage 2015
© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart
Print:
ISBN 978-3-17-022198-7
E-Book-Formate:
pdf: ISBN 978-3-17-028574-3
epub: ISBN 978-3-17-028575-0
mobi: ISBN 978-3-17-028576-7
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Danksagungen
Wir danken all jenen, die uns praktisch oder anderweitig bei der Gründung von PEAT und beim Abfassen dieses Buchs geholfen haben.
Mickey Keenan
Ken P. Kerr
Karola Dillenburger
Vorwort
Geleitwort
1
Aktueller Wissensstand und Versorgungslandschaft bei Autismus-Spektrum-Störungen in Deutschland
1.1 Zur Terminologie in diesem Buch: ABA und autismusspezifische Verhaltenstherapie (AVT)
1.2 Grundsätzliches zum Autismusbegriff
1.3 Ursachen: von der »Kühlschrank-Mutter« zur Neurobiologie
1.4 Versorgungssituation in Deutschland: verzögerte Diagnostik, therapeutische Beliebigkeit und ungünstige Langzeitverläufe
1.5 Zuständigkeiten im deutschen Sozialsystem: wer ist für die Hilfen bei ASS zuständig?
1.6 Rechtsprechung und Verwaltungshandeln
1.7 Autismus im Jugend- und Erwachsenenalter
1.8 Autismus und Schulwahl
1.9 Autismus und Arbeitsmarkt
1.10 Einzelinitiativen und AVT-/ABA-Angebote in der Bundesrepublik
1.11 Zum Abschluss: Was können Sie als Eltern eines autistischen Kindes in Deutschland tun?
2
Applied Behaviour Analysis: Die Elternperspektive
2.1 Was versteht man unter ABA?
2.2 Wie sieht die Behaviour Analysis Autismus?
2.3 Was sind die Ziele der Behaviour Analysis?
2.4 Warum nutze ich ABA für mein Kind?
2.5 Wie wende ich die Behaviour Analysis an?
2.6 Zusammenfassung
3
Angewandte Verhaltensanalyse: »Die Therapie der Wahl«
3.1 Was ist Autismus?
3.2 Was sagen uns die Forschungsergebnisse?
3.3 Kriterien einer effektiven Behandlung
3.4 Elterntraining: ABA ist leicht zugänglich
3.5 Worüber man sich im Klaren sein muss
3.6 Das Treffen fundierter Entscheidungen
3.7 Zusammenfassung
4
Funktionale Beurteilung, Funktionale Analyse und Problemverhalten
4.1 Angewandte Verhaltensanalyse (ABA)
4.2 Die Notwendigkeit von anhaltenden Verhaltensveränderungen
4.3 Warum mangelt es an langfristiger Verhaltensveränderung?
4.4 Bestimmung der Ursachen des Problemverhaltens vor einer Intervention
4.5 Gründe für Problemverhalten
4.6 Gefahren für die Veränderung des problematischen Verhaltens beim Einsatz von Maßnahmen ohne Berücksichtigung der Ursachen
4.7 Hilfestellung zur Identifikation der auslösenden Bedingungen und Konsequenzen des Verhaltens
4.8 Funktionale Verhaltensbeurteilung und Funktionale Verhaltensanalyse
4.9 Funktionale Beurteilung von Verhalten
4.10 Funktionale Verhaltensanalyse
4.11 Fallbeispiel
4.12 Schlussfolgerung
5
Colins Geschichte
5.1 Colins erste Jahre
5.2 Wie war Colins Weg zur ABA-Behandlung?
5.3 Eltern in ABA schulen
5.4 Setting
5.5 Verhaltensmessung
5.6 Applied Behaviour Analysis mit Colin
5.7 Generelle Diskussion
5.8 Fazit
6
Was wollen wir unseren Kindern beibringen?
6.1 Planung des Curriculums
6.2 Überblick über ein allgemeines ABA-Programm
6.3 Lernverhalten
6.4 Schulische und vorschulische Fähigkeiten
6.5 Spielen und Beschäftigung
6.6 Fallbeispiel: Chris
6.7 Zusammenfassung
7
Zusammenfassung und Ausblick
7.1 Einführung
7.2 Das Recht des Kindes auf eine effektive Behandlung
7.3 Vorurteile und Fehlwahrnehmungen
7.4 Ausbildung in Applied Behaviour Analysis
7.5 Schlussüberlegung
Anhang 1: Colins Sprache, 4 Monate nach Therapiebeginn
Anhang 2: Colins Wortschatz
Anhang 3: Sprachtherapie
Anhang 4: Colins Tag
Register
Ich besitze weder einen Pullover noch eine Jacke mit dem Logo der Universität, an der ich studiert habe. Nicht etwa, dass Queens College keine gute Einrichtung wäre, aber ich habe irgendwie niemals das brennende Verlangen oder den Wunsch verspürt, so etwas zu besitzen. Das einzige College-Kleidungsstück, das ich besitze, ist eines der University of Ulster (UU) in Coleraine in Nordirland. Die UU wird mir immer im Gedächtnis bleiben, weil sie für das steht, was eine Universität tun sollte: nämlich Erkenntnisse zu erarbeiten und anzuwenden, damit diese praktischen und wissenschaftlichen Nutzen bringen.
Ich kam erstmals für einen einwöchigen Aufenthalt zur UU, nachdem mich Dr. Michael (»Mickey«) Keenan nach Nordirland eingeladen hatte. Wir kannten uns aus dem Internet und von einer kurzen Begegnung auf einer Konferenz in Washington, DC. Mickey studiert und praktiziert die Wissenschaft, die als ABA bekannt ist. Wir nahmen Kontakt auf, als er in einem Internetforum mitteilte, dass er sich als Behaviour Analyst (nachfolgend: BA) in seinem Heimatland ohne Kollegen, mit denen er sich austauschen könnte, ein wenig isoliert fühle. Ich versicherte ihm, dass sogar in den USA Behaviour Analysts dazu neigen, sich isoliert zu fühlen, obwohl dort die meisten Mitglieder des internationalen Dachverbands, der International Association for Behavior Analysis, tätig sind. ABA ist einfach kein weithin studiertes Fach.
Mickey beeindruckte mich zuerst mit seinem Wissen über das Fach und dem Wunsch, dies an andere weiterzugeben. Da er immer auf der Suche nach neuen Wegen war, seine Studenten zu unterrichten und zu inspirieren, fragte er mich, ob ich interessante Demonstrationen für die Studenten hätte. Ich schickte ihm die Kopie eines Artikels von mir und einigen Kollegen über ein spaßiges kleines Experiment, bei dem meine Studenten im Fach »Experimentelle Psychologie« die klassische Konditionierung erlernen, indem sie sich gegenseitig kitzeln. An diesem Punkt bewies mir Mickey seinen Computersachverstand, indem er eine Computeranimation schuf, mit der er das Vorgehen in dem Experiment illustrierte. Diese EDV-gestützte Anleitung zur Durchführung von Mickey ist die beste Einführung in die Behaviour Analysis, die ich je gesehen habe.
Meine eigene Arbeit befasst sich schwerpunktmäßig mit ABA für die Probleme von Menschen, bei denen Autismus oder eine verwandte Störungen diagnostiziert wurde. Daraus ergab sich, dass ich meine Beschäftigung mit Mickeys Arbeit noch einmal aufleben ließ. Man muss wissen, dass ABA zu Beginn meiner wissenschaftlichen Laufbahn nicht sehr angesehen war. Sie wurde häufig als ein eher reduktionistischer Zugang zum menschlichen Verhalten abgelehnt. In den 1970er Jahren gab es in einigen US-Bundesstaaten sogar Gesetzesinitiativen, die Anwendung von ABA zu verbieten. Um es mit Richard Foxx, einem der besten derzeitig tätigen Behaviour Analysts, zu sagen, ist das Ausmaß, mit dem Menschen ABA diffamieren, in der Regel umgekehrt proportional zu dem Ausmaß, zu dem sie ABA verstanden haben.
Aus meiner Sicht ist ABA mittlerweile so ausgereift, dass sie als ein eigenes Fach und nicht länger als Bestandteil der Psychologie verstanden werden sollte. Die für mich naheliegendste Analogie ist die zwischen Chiropraktikern und Osteopathen. Sie beschäftigen sich mit einigen identischen Phänomenen, aber ihre Methoden und ihre Verpflichtung gegenüber wissenschaftlichen Methoden liegen so weit auseinander, dass es wenige Gesprächsmöglichkeiten gibt1.
Im Jahre 1987 wurde eine Untersuchung veröffentlicht, die die Arbeit von Otto Ivar Lovaas und seinen Kollegen beschrieb. In dieser wegweisenden Untersuchung wurden autistische Kinder im Vorschulalter intensiv mit ABA behandelt. Nach dem Ende der Studie war fast die Hälfte der so behandelten Kinder nicht mehr von ihren Alterskameraden zu unterscheiden. Sie hatten jeden Anschein ihrer früheren Diagnose verloren.
Verblüffend war nicht so sehr das Ergebnis dieser Studie als vielmehr dessen Aufnahme. Die meisten versuchten, die Ergebnisse wegzuerklären. Wenn der Zustand der Kinder sich gebessert hatte, waren sie nicht wirklich autistisch. Andere bemängelten, dass die Teilnehmer nicht nach dem Zufallsprinzip in Experimental- und Kontrollgruppen aufgeteilt worden waren, sondern nach dem Kriterium, ob ein qualifizierter Anleiter für die Therapie vorhanden war. Diese Reaktion war ein typischer Fall davon, vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen, und die meisten Menschen nahmen ABA nicht zur Kenntnis.
Diese Wahrnehmung von ABA änderte sich in den frühen 1990ern drastisch. Damals erschien das Buch »Let Me Hear Your Voice«2. Die Verfasserin, Catherine Maurice, war keine ausgebildete BA. Sie war auch keine Wissenschaftlerin. Sie war eine Mutter. Eine Mutter, die beschrieb, wie ihre Kinder durch ABA aus dem Autismus herausfanden. Die Schleusentore öffneten sich und plötzlich verlangte JEDER nach ABA. Mein Anrufbeantworter genau wie der aller anderen bekannten Anbieter von ABA für Autismus war täglich voll mit Nachrichten von Menschen, die davon gehört hatten und unsere Nummern nachgeschlagen hatten. Ich weiß noch, wie ich damals gedacht habe, dass, falls es einen anderen Bobby Newman im Telefonbuch gegeben haben sollte, dieser mich sicher verflucht haben muss, weil so viele Leute ihn auf der Suche nach mir angerufen haben.
Diese schlagartige Popularität hatte zwei Seiten. Auf der einen Seite erhalten immer mehr Menschen qualitativ hochwertige behaviorale Interventionen und ernten die Früchte, auf der anderen Seite gibt es nicht ansatzweise genügend ausgebildete Behaviour Analysts, um den Bedarf zu decken. Die Natur verabscheut das Leere (Aristoteles): So treten weniger qualifizierte Personen auf den Plan, wo es einen Bedarf gibt und nicht genügend Fachpersonal vorhanden ist.
In den meisten Staaten der Welt ist ABA kein kontrolliertes Betätigungsfeld in dem Sinne, dass es Zulassungsprüfungen oder staatliche Anerkennungen gäbe. Dieser Prozess beginnt erst jetzt langsam. Solange das so ist, sind die, die ABA-Unterstützung suchen, sich auf Mundpropaganda und Behauptungen angewiesen, um sich der Qualität der entsprechenden Dienstleister zu versichern. Viele »Behaviour Analysts« haben keine anerkannten Berufsqualifikationen. Bestenfalls haben sie einmal als Assistenten eines Behaviour Analysts gearbeitet. Bedauerlicherweise kann Unkenntnis in diesem Feld für den Betroffenen einen großen Schaden nach sich ziehen.
Dieses schlagartige Interesse an ABA aber brachte mich nach Nordirland, wo ich die erste Reihe von Kursen an der University of Ulster gab. Die Eltern und Professionellen, die Autoren des Textes, den Sie gerade lesen, fragten mich, ob ich eine Reihe von einführenden Seminaren zu dem faszinierenden Gebiet der ABA veranstalten könne: Ich fühlte mich geehrt und sagte zu.
Anfangs gab es sprachliche Missverständnisse (mit dem nordirischen Englisch, Anm. d. Übersetzers). Ich beschrieb etwa eine Technik zur häuslichen Anwendung für Eltern. Sie kamen am nächsten Tag zurück und sagten »It worked a treat«3. Ich stockte und fragte: »Ist das gut oder schlecht?«. Eine andere Mutter beschrieb das Verhalten ihres Kindes und schloss dies ab mit: »Am Ende des Tages spricht er nicht.« Da ich nicht wusste, dass mit »am Ende des Tages« eine Zusammenfassung des Gesagten gemeint ist, antwortete ich: »Nun, spricht er denn am Morgen?«. Die folgende Stille in der Zuhörerschaft war ohrenbetäubend.
ABA reitet nun auf einer Welle der Popularität, und das Einzige, was ihr gefährlich werden kann, ist die Ausbreitung von Leuten, die behaupten, Behaviour Analysts zu sein, aber tatsächlich nichts davon verstehen. Jedes Mal, wenn eine unqualifizierte Person mit einer angeblichen ABA-Intervention scheitert, untergräbt dies das Vertrauen in ABA. Wir müssen mehr Personen seriös ausbilden, vermitteln was ABA wirklich ist und was nicht, und für die wirklich Qualifizierten klare Nachweise schaffen. Dieses Buch steht für das Bemühen von Menschen, genau das zu tun, und ich bin stolz, daran mitzuwirken.
Eine meiner ersten Ausbilderinnen, Claire Poulson, hat mich seinerzeit gewarnt, ABA werde niemals eine besonders populäre Behandlungsmethode werden. Sie bietet keine Wunderheilung an, sondern regelmäßige und teils anstrengende Arbeit über viele Jahre. Diese Feststellung charakterisierte den Stand der Dinge vor dem Erscheinen von »Let me hear your voice«. In manchen Stadtvierteln sind Behaviour Analysts nun die beliebtesten Kinder auf der Straße. Diesen Ruf haben sie verdient. Ich lade Sie ein, zu verstehen, warum das so ist.
Prof. Bobby Newman
»Association in Manhattan for Autistic Children«
1 Die US-amerikanischen Heilberufsbezeichnungen sind nicht 1:1 ins Deutsche zu übersetzen. Im Deutschen wäre eine passende Analogie die zwischen universitär ausgebildeten Ärzten und Heilpraktikern ohne fachliche Ausbildung (Anm. d. Übersetzers).
2 Deutsche Fassung: »Ich würde euch so gern verstehen!« (Anm. des Übersetzers).
3 Wörtlich: Es hat wie ein leckeres Dessert funktioniert. Sinngemäß: Es hat sehr gut geklappt.
Am 17. März 1997 veröffentlichte der Belfast Telegraph, eine nordirische Lokalzeitung, einen Artikel über den Jungen »Colin« (ein Pseudonym), bei dem die Diagnose eines Asperger-Syndroms gestellt worden war.
Darin wurden die Fortschritte dargestellt, die mit dem Jungen erzielt worden waren, nachdem ihn sein Hausarzt an den Behaviour Analyst Mickey Keenan an der University of Ulster überwiesen hatte.
Das öffentliche Interesse an diesem Artikel war so groß, dass eine Informationsveranstaltung für Eltern über behaviorale (lernpsychologisch fundierte, verhaltenstherapeutische, Anm. des Übersetzers) Methoden zur Unterrichtung ihrer Kinder mit Autismus angesetzt wurde.
Im Juni 1997 bot Prof. Newman von der Association of Behavior Analysis in Manhattan eine Woche lang Workshops in Behaviour Analysis für Eltern und an Autismus interessierte Fachleute an. Als ein Ergebnis dieses Workshops gründeten Eltern den Verein »Parents’ Education as Autism Therapists (PEAT)«, der als gemeinnützig anerkannt wurde.
Außerhalb dieses Vereins und der ehrenamtlichen Arbeit von Dr. Keenan und der Beratung von Dr. Kerr (Ausbildungsleiter von PEAT) gibt es keine Organisation, die sich der Ausbildung von Eltern in Behaviour Analysis angenommen hat. Tatsächlich gibt es in ganz Irland (also Nordirland [Großbritannien] und Republik Irland, Anm. des Übersetzers) keine Behaviour Analysts, die in Frühinterventionsmethoden für diese Kinder qualifiziert sind.
Die Motivation dieses Buchs rührt aus dem Gedanken, dies zu ändern. Die PEAT-Eltern und Behaviour Analysts machten sich auf den Weg, ein Buch anzubieten, das zu einer effektiven Ausbildung und Förderung für andere Eltern und deren autistische Kinder beitragen kann.
Dieses Buch umfasst sieben Kapitel4. In Kapitel 2 schildern Hillary Johnston, Barbara Hanna, Laura McKay und Mary O’Cahan den elterliche Blickwinkel auf das, was ABA für sie und ihre Kinder bedeutet. Sie erläutern die zugrunde liegenden Prinzipien für die Entwicklung von verhaltensanalytischen Programmen und beschreiben einige der Verfahren, die am häufigsten für autistische Kinder angewandt werden.
In Kapitel 3 setzt Ken P. Kerr die elterliche Perspektive in den wissenschaftlichen Kontext. Behaviour Analysis wird schon seit sehr langer Zeit bei autistischen Kindern eingesetzt und ihre Wirksamkeit ist in der wissenschaftlichen Literatur überzeugend belegt. Dieses Kapitel beschreibt die Schlüsselergebnisse, identifiziert die Kriterien für eine effektive behaviorale Intervention, stellt die Bedeutung des Beitrags von Eltern bzw. Familie dar und korrigiert einige der Ungenauigkeiten, die sich in die öffentliche Wahrnehmung eingeschlichen haben. Die wissenschaftliche Beweislage spricht eindeutig dafür, dass ABA tatsächlich die Therapie der Wahl für autistische Kinder ist.
In Kapitel 4 führt Ian Taylor in das wichtige Gebiet der funktionalen Beurteilung und der funktionalen Analyse ein, dies in Bezug auf das herausfordernde Problemverhalten, das nur all zu oft bei autistischen Kindern beobachtet wird. Er erläutert, wie mithilfe solcher Techniken effektive Interventionen entwickelt werden können, die den Bedürfnissen des Kindes angemessen sind.
Kapitel 5 beschreibt das erste Behandlungsjahr von Colin. Seine Mutter, Laura McKay, Mickey Keenan und Karola Dillenburger skizzieren viele der Verfahren, die im ersten Jahr von Colins Behandlung eingesetzt wurden. Die Daten, die Colins Mutter erhoben hat, werden in der Reihenfolge vorgestellt, in der die Behandlungselemente eingesetzt wurden. Auf diese Weise illustrieren die Autoren den Umfang und die Präzision der Arbeit, die für eine korrekte Anwendung von ABA erforderlich sind. Gleichzeitig werden bedeutsame Fragen, die im Zusammenhang mit ABA auftreten, diskutiert.
In Kapitel 6 beantwortet Ken P. Kerr die Frage »Was wollen wir unsere Kinder lehren?« mit Blick auf ein ABA-Curriculum und identifiziert einige der Hauptaufgaben, die häufig in der ABA vermittelt werden. Er zeigt, welch ausgeklügelte ABA-Interventionen von den Eltern von PEAT entwickelt worden sind.
In Kapitel 7 schließen Mickey Keenan, Ken P. Kerr und Karola Dillenburger das Buch ab und schildern, dass die überzeugende Beweislage für die Effektivität von ABA und der Schulung von Eltern zu Autismustherapeuten noch nicht von der gesamten Fachöffentlichkeit zur Kenntnis genommen worden ist. Sie unterstreichen das Recht eines jeden Kindes auf eine wissenschaftlich abgesicherte und effektive Behandlung und zeigen einige der Probleme auf, mit denen Eltern konfrontiert werden können, wenn sie sich für eine Schulung in behavioralen Methoden entscheiden.
Mickey Keenan, Ken P. Kerr und Karola Dillenburger im Jahr 2000
4 In der deutschen Fassung kommt ein zusätzliches Kapitel dazu, deshalb wurden die Zahlenangaben gegenüber dem Original geändert.
Das vorliegende Buch schildert anhand fachlicher Überlegungen und an konkreten Beispielen die erfolgreiche Anwendung der Applied Behaviour Analysis (ABA) bei Menschen mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) in Nordirland. Die ABA hatte und hat sich dort trotz überzeugender wissenschaftlicher Wirkungsnachweise gegen massive institutionelle Interessen und finanzielle Hindernisse durchzusetzen.
In Deutschland können wir von den dortigen Erfahrungen profitieren. Einerseits gilt dies natürlich für die ABA als das einzige evidenzbasierte Bezugssystem zur wirksamen Hilfe bei ASS: Das ist das Hauptanliegen dieses Buchs. Andererseits gilt dies ebenso für die Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung und Verbreitung, da hier ähnliche strukturelle Probleme wie in Nordirland bestehen. Auch in Deutschland bejahen Fachgesellschaften (Dt. Ges. für Kinder- und Jugendpsychiatrie 2007) und Bundesbehörden (Weinmann et al. 2009) die Anwendung genau der evidenzbasierten lernpsychologischen Prinzipien, die der ABA zugrunde liegen, um damit Menschen mit ASS die bestmöglichen Chancen zu bieten, ihre Fähigkeiten zu entfalten und ein möglichst selbstbestimmtes Leben zu führen. Sie benennen ebenso klar die offenkundige Nutzlosigkeit, teilweise sogar Gefährlichkeit anderer, nicht wissenschaftlich fundierter Ansätze. Dies entspricht den Einschätzungen anderer Länder, exemplarisch seien die italienischen Leitlinien (Sistema nazionale per le linee guida 2011) und aus den USA die des Bundesstaates Maine genannt (Maine Dept. of Health and Human Services 2009). Auch in Deutschland spielt dies allerdings im Versorgungsalltag an vielen Orten und in vielen Einrichtungen derzeit noch keine Rolle.
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