Emotionale Intelligenz für Führungskräfte & Teams -  - E-Book

Emotionale Intelligenz für Führungskräfte & Teams E-Book

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Beschreibung

Mit diesem Werk erwarten Sie Methoden zur Förderung emotionaler Führungsintelligenz, die die Entwicklung in Richtung Agilität und zunehmender Komplexität berücksichtigen und auch ihre neurodidaktische Wirkung beschreiben. In Trainings, Coachings und Workshops helfen diese Methoden, den EQ von Teams und Führungskräften zu erhöhen. Sie sind nach den Themen Selbstbewusstheit, Selbstregulation, Empathie und Beziehungsmanagement eingeteilt. Das Besondere an dem Werk ist, dass aktuelle Entwicklungen und Erfordernisse im Bereich Digitalisierung und New Work berücksichtigt werden und Ansätze aus der agilen Führung mit denen der emotional intelligenten Führung verwoben werden. Alle Übungen sind online durchführbar.

Eine dezidierte Methodensammlung zum Einsatz für Trainings, Coachings & Workshops, eingeteilt nach Selbstbewusstheit, Selbstregulation, Empathie & Beziehungsmanagement, um den EQ von Teams und Führungskräften zu erhöhen.

Das Werk ist besonders geeignet für Trainerinnen, Moderatoren, Coachs & Beraterinnen, die die emotionale Intelligenz von Führungskräften oder Teams erhöhen möchten. Außerdem für alle, die sich mit agiler Führung beschäftigen.

Beteiligte Autorinnen und Autoren:
Christian Deuschle, Jens Dröge, Sandra Dundler, Thomas Fehr, Markus Fischer, Bea Giersig, Beatrice Gloor, Alexandra Götzfried, Alexandra Hagemann, Susanne Heiß, Sara Huang, Mailin Jappé, Theresa Klauda, Thomas Lahnthaler, Juliane Pälmer, Leona Petereit, Melanie Schray, Etrit Shkreli, Sonja Sinz, Janina Weingarth

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Alexandra Götzfried (Hrsg.)

Emotionale Intelligenz für Führungskräfte & Teams

Digitale und analoge Trainingsmethoden zur Stärkung von EQ-Kompetenzen

© 2023 managerSeminare Verlags GmbH

Endenicher Str. 41, D-53115 Bonn

Tel: 0228-977910

[email protected]

www.managerseminare.de/shop

Der Verlag hat sich bemüht, die Copyright-Inhaber aller verwendeten Zitate, Texte, Abbildungen und Illustrationen zu ermitteln. Sollten wir jemanden übersehen haben, so bitten wir den Copyright-Inhaber, sich mit uns in Verbindung zu setzen.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und der Verbreitung sowie der Übersetzung vorbehalten.

ISBN: 978-3-98856-372-9

Herausgeber der Edition Training aktuell:

Ralf Muskatewitz, Jürgen Graf, Nicole Bußmann

Lektorat: Jürgen Graf

Cover: istockphoto/Ibrahim Akcengiz

E-Book: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt

Ihre Download-RessourcenBegleitend zum Buch stehen Ihnen Arbeitshilfen für die persönliche Verwendung zum Download im Internet zur Verfügung. Sie können die Vorlagen jederzeit in hoher Qualität abrufen und einsetzen.

https://www.managerseminare.de/tmdl/k,60722

Inhalt

Vorwort

Der emotionale Auftakt

Zu Aufbau und Anwendung des Buchs

Was ist emotionale Intelligenz?

Wie erlange ich eine tiefere Trainerpräsenz?

EI-Komponente

Selbstbewusstheit

Bedürfnis-Gläser

Das Mood Meter

Das Trojanische Pferd

Die Kompetenzkarte effektiver Kommunikation

Emotions-Montagsmaler

Fünf-Finger-Reflexion

Für deine Gefühle bist du selbst verantwortlich

Meine Rollen im Leben

Picture your feelings

Vertiefte Selbstreflexion

EI-Komponente

Selbstregulation

Box Breathing

Das Ressourcen-Take-away und die Ressourcen-Geschenke

Die Aaaah!-Taste

Gedankenreise – Zeit für neuen Mut

Kleine Innenschau

Kleine Monster

Raus aus dem Gedankenkarussell – rein in den Fokus

Schattenarbeit in vier Schritten

Spannungsspeicher

Zähneputzen für die Seele

EI-Komponente

Empathie

Bildperspektiven

Das Conversation-Café

Der bewegte Zeitungsreporter

Der Turm

Empathie-Landkarte

Fremde Sinneswelten

Perspektiven-Pingpong

Retrospektive mit den sechs Denkhüten

Zahlenmagie

EI-Komponente

Beziehungsmanagement

Aufstellungen von Gedanken, Gefühlen und Stimmungen

Das ABC eines Themas

Der Bedürfnis-Stern

Der Zoom-Zirkus

Die goldene Wippe

Emotions-Seestern-Retro

Kommunikations-Challenge

Sag, was du wirklich willst

Wertschätzung ermöglichen

Team-Mindset

Wertschätzungsmodell

Der intelligente Abschluss

Für den schnellen Überblick (Übersichtsmatrix)

Workshop-Reihe zur gezielten Entwicklung der vier EI-Bereiche

Die Autorinnen und Autoren

Vorwort

„Wer einen Blick nicht versteht, wird auch eine lange Erklärung nicht verstehen.“

– Arabisches Sprichwort –

Im weiten Feld der Führung und Teamdynamik strahlt für mich ein richtungsweisendes Konzept wie ein Leuchtturm: emotionale Intelligenz (EI). Mit jeder Zeile, die ich an diesem Buch schrieb, wurde mir klarer, dass ich eine Botschafterin für dieses wichtige Thema bin und sein möchte. Mein Ziel ist es, nicht nur eine Sammlung hilfreicher Methoden und Werkzeuge zur Verfügung zu stellen, sondern ein breites Publikum zu erreichen und das Bewusstsein für die Bedeutung der emotionalen Intelligenz zu schärfen. Durch die Hände von dir – als wahrer Multiplikator des positiven Wandels – kann EI in der Gesellschaft Beachtung finden und sich verbreiten.

Das „Wozu?” hinter dieser Mission ist für mich offenkundig: Emotionale Intelligenz ist nicht nur ein „Soft Skill“ oder ein „Nice-to-have“. Sie ist vielmehr ein grundlegender Baustein des menschlichen Miteinanders und der Zusammenarbeit. Dieser Baustein hat weitreichende Auswirkungen auf die Welt, auf Unternehmen und die Gesellschaft. Wenn Menschen emotionale Intelligenz entwickeln, handeln sie selbstreflektierter und einfühlsamer, sie sind nicht nur authentisch, sondern zollen anderen Respekt und kommunizieren klar und mit Bedacht. Diese Qualitäten fördern eine Kultur der Fürsorge und Wertschätzung und schaffen eine Welt, in der die Menschen einander verstehen und sich gegenseitig unterstützen.

In Unternehmen ist der Bedarf an EI nach wie vor groß: In vielen Unternehmen werden Emotionen stigmatisiert oder als Tabuthema behandelt. Wenn wir jedoch wirklich eine effektive Zusammenarbeit und echte Teamsynergie anstreben, müssen wir den ganzen Menschen einbeziehen – einschließlich seiner Emotionen. Nur wenn wir unsere Emotionen anerkennen und verstehen, können wir komplexe Situationen meistern, andere inspirieren sowie belastbare und leistungsstarke Teams aufbauen.

Indem ich mit dem Tabu um Emotionen in der Unternehmenswelt breche, möchte ich ein Umfeld schaffen, in dem der Einzelne authentisch sein kann, in dem Verletzlichkeit nicht als Schwäche gesehen wird und in dem EI zu einer Säule von Führung und Teamarbeit wird. Ich hoffe, dass dieser Paradigmenwechsel zu transformativen Unternehmenskulturen führt, die psychisches Wohlbefinden, Potenzialentfaltung, Kreativität und Innovation in den Vordergrund stellen.

Das Buch wäre jedoch nicht das, was es ist, hätten nicht zahlreiche weitere Personen mitgewirkt.

Allen Autoren, die zu diesem Buch beigetragen haben, spreche ich an dieser Stelle ein riesiges Dankeschön aus. Eure unterschiedlichen kulturellen Hintergründe, einzigartigen Perspektiven und vielfältigen Erfahrungen haben diese Sammlung von Methoden unschätzbar wertvoll gemacht! Der Reichtum liegt in der Heterogenität eurer Ideen, die es den Lesern ermöglicht, die Welt durch verschiedene Linsen zu sehen und Einsichten zu gewinnen, die innerhalb der Grenzen einer einzigen (meiner) Sichtweise unmöglich gewesen wären.

Danke an Mailin Jappé, Christian Deuschle, Jens Dröge, Sandra Dundler, Etrit Shkreli, Thomas Fehr, Markus Fischer, Bea Giersig, Béatrice Gloor, Alexandra Hagemann, Susanne Heiß, Sara Huang, Anna Theresa Klauda, Thomas Lahnthaler, Juliane Pälmer, Leona Petereit, Melanie Schray und Sonja Sinz. Insbesondere dankbar bin ich Janina Weingarth, die sowohl als Autorin an diesem Buch mitgewirkt als auch wertvolle Impulse, Ideen und Gedanken zu den Workshop-Konzepten beigesteuert hat. Sara Huang bereichert das Kapitel „Wie erlange ich eine tiefere Trainerpräsenz?“ mit ihrem Gastbeitrag.

Außerdem klatsche ich Herrn Ralf Muskatewitz und Herrn Jürgen Graf und ihrem Team vom managerSeminare Verlag begeistert Beifall: für die professionelle Begleitung, die wundervolle Umsetzung und dass sie mir zu jeder Zeit mit Rat und Tat zur Seite standen.

Meine besondere Wertschätzung gilt meinem Mann Thomas Götzfried, ohne den ich niemals die Zeit gefunden hätte, dieses Buch ansatzweise entstehen zu lassen und der mir stets den Rücken freihält.

Und ich danke dir, der du diese Zeilen gerade liest, dass du mich bei diesem Unterfangen begleitest, und hoffe, dass dir dieses Buch als Leitfaden, Nachschlagewerk und Impulsgeber gute Dienste leistet. Ich freue mich über dein Feedback. Und jetzt ist es an der Zeit, dich mit mir auf die transformative Reise zu größerer EI zu begeben. Lass uns loslegen!

Alexandra Götzfried

Und ja, als Nachtrag noch zwei Hinweise, die mir am Herzen liegen …

Wie wir die Leserinnen und Leser ansprechen: Du hast es bereits bemerkt – ja, wir nutzen in diesem Buch durchgängig „du” und „ihr”, wenn wir uns an die Leserinnen und Leser richten. In Workshops und Trainings ist dies inzwischen üblich, um auf Augenhöhe miteinander zu arbeiten, und auch in der Arbeitswelt setzt sich das „Du” inzwischen nahezu flächendeckend durch. Vor allem aber passt es zu unserem Thema: Respektvoller Umgang miteinander hat unserer Ansicht nach sehr viel mit emotionaler Intelligenz zu tun und nur noch sehr wenig mit Konvention und Hierarchie. Und darum geht es uns schließlich ;-)

Um emotionale Intelligenz haben wir uns auch beim Aufregerthema „Gendern” bemüht: Wir verzichten weitestgehend auf Sonderzeichen und umständliche Satzkonstruktionen oder Wortschöpfungen, die den Lesefluss erschweren. Stattdessen sprechen wir einfach wechselweise mal in der weiblichen und mal in der männlichen Form bzw. von Teilnehmenden, womit immer ausnahmslos alle angesprochen sind. Mit Kompromissen, die das manchmal mit sich bringt, gehen wir entspannt um.

Download-Ressourcen: Zu einer ganzen Reihe der hier vorgestellten Übungen und Tools findest du PDF-Vorlagen und -Arbeitshilfen in den Download-Ressourcen, die du ausdrucken oder zum Teil auch direkt online nutzen und ausfüllen kannst. Über den Link in der hinteren Umschlagklappe (Print-Ausgabe) bzw. unter den bibliografischen Angaben auf Seite 2 (E-Book) hast du darauf Zugriff. Das Download-Symbol bzw. der entsprechende Hinweis am Ende des Beitrags weist dich auf eine solche Ressource hin.

Der emotionale Auftakt

Zu Aufbau und Anwendung des Buchs

Zu den Fragen „Wozu brauchen wir emotionale Intelligenz (EI) überhaupt?” und „Wieso sollte emotionale Intelligenz verstärkt Eingang in Unternehmen und unsere Gesellschaft finden?” findest du bereits im Vorwort einige persönliche Anmerkungen von mir als Herausgeberin. Und natürlich auch die Antwort auf die zentrale Frage nach dem „Wozu?”, dem Grund für die Entstehung dieses Buchs. Darüber hinaus enthält es eine Würdigung aller an diesem Buch beteiligten Personen.

Im folgenden Abschnitt mit der Überschrift „Was ist emotionale Intelligenz?” (siehe S. 13) werden prägnante Erläuterungen zu den folgenden Aspekten gegeben: Welche Konzepte verbergen sich hinter dem Begriff emotionale Intelligenz? Wie lässt sich emotionale Intelligenz in Teilbereiche gliedern? Welche Bedenken, Grenzen und Kritiken bestehen bezüglich emotionaler Intelligenz?

Das Herzstück des Buchs ist der Methodenteil. Er ist analog zu den vier EI-Bereichen in vier Abschnitte aufgeteilt:

1. Selbstbewusstheit (siehe S. 32)

2. Selbstregulation (siehe S. 88)

3. Empathie (siehe S. 142)

4. Beziehungsmanagement (siehe S. 188)

Jedes Tool ist einem der vier Bereiche zugeordnet. Die Zuordnung erfolgt danach, wo die Methode nach Erfahrung der Autorin oder des Autors hauptsächlich ihre Anwendung findet. Allerdings decken viele Methoden oft mehrere Bereiche des Emotionale-Intelligenz-Spektrums ab und können ebenso in den anderen Bereichen eingesetzt werden. Darüber klärt dich der Info-Kasten zu Beginn einer Methodenbeschreibung auf und zusätzlich auch die Übersichtsmatrix auf Seite 246.

Neben der Angabe der EI-Komponente findest du gleich zu Beginn einer Übung auch eine Angabe zur benötigten Zeit und zur Teilnehmerzahl. Beachte bei der Zeitangabe, dass sich diese nach der beschriebenen Schritt-für-Schritt-Anleitung richtet. Oftmals gibt es über diese Anleitung hinaus zusätzliche Möglichkeiten, die Übung zu modifizieren und in einer abgewandelten Version einzusetzen. Beachte hier unbedingt, dass sich die benötigte Zeit je nach Einsatz und Kontext entsprechend verkürzt oder verlängert.

Die emotionale Tiefe, die ebenfalls am Anfang jeder Methode erwähnt wird, gibt Aufschluss über die Intensität ihrer Wirkung. Diese Einschätzung ist äußerst subjektiv und stellt lediglich eine grobe Einteilung dar. Selbst vermeintlich harmlose Fragen können bei einzelnen Teilnehmenden starke Emotionen auslösen. Die Angabe zur emotionalen Tiefe dient dem Zweck, unser Bewusstsein zu schärfen. Sie erinnert uns daran, stets einfühlsam vorzugehen und uns mental auf den Workshop oder die Coaching-Session vorzubereiten.

Ich empfehle dringend, die Tools, die du einsetzen möchtest, bereits im Vorfeld selbst an dir auszuprobieren. Dies dient vor allem dazu, ihre potenzielle Wirkung zu verstehen. Denn das kognitive Verstehen einer Übung unterscheidet sich stark von der emotionalen Erfahrung. So erinnere ich mich noch gut an das Coaching-Tool „Der heiße Stuhl“, das ich während meiner Coaching-Ausbildung vor einigen Jahren kennenlernte. Beim Einsatz dieser Methode versetzte ich mich in eine andere Person, sprach mit ihrer Stimme und beantwortete alle Fragen aus ihrer Perspektive. Dies wühlte mich sehr auf und es dauerte eine Weile, um mich emotional davon zu erholen. Dies verdeutlichte mir sehr eindrücklich die Bedeutung des emotionalen Verstehens.

Das eigene Erproben der Methoden eröffnet nicht nur eine bessere Vorstellung davon, wie andere diese Techniken erleben könnten, sondern es bietet auch eine bedeutsame Möglichkeit zur Steigerung der eigenen emotionalen Intelligenz (EI) und zur Erweiterung des damit verbundenen Selbstverständnisses. Mehr dazu, wie du die Tools und Übungen im Sinne der eigenen Professionalisierung sowie zur Unterstützung, Vor- und Nachbereitung deines Arbeitsalltags als Facilitator, Trainerin oder Coach nutzen kannst, findest du im Kapitel „Wie erlange ich eine tiefere Trainerpräsenz?“ auf Seite 20.

Nach dem Methodenteil folgt ab Seite 248 der Abschnitt „Workshop-Reihe zur gezielten Entwicklung der vier EI-Bereiche“. In enger Zusammenarbeit zwischen der Autorin Janina Weingarth und mir entstand ein durchdachtes Programm, das die vier EI-Bereiche in einer aufeinander aufbauenden Struktur fördert. Dieses Beispiel verdeutlicht, wie die Übungen aus diesem Buch sinnvoll kombiniert werden können. Es wurde gezielt für eine spezifische Zielgruppe entwickelt und dient als Quelle der Inspiration für die Gestaltung eigener Lehrformate.

Die Tool-Übersicht auf Seite 246 bietet einen schnellen Überblick über sämtliche Methoden und ihre möglichen Anwendungsbereiche und erleichtert dir die Vorauswahl der passenden Methode nach deinen Anforderungen und Vorlieben. Abschließend präsentieren wir ab Seite 254 die Profile der Autorinnen und Autoren, die auf wunderbare Weise zu diesem Buch beigetragen haben. Ihre Expertise und Erfahrung bereichern das Werk und verleihen ihm eine vielschichtige Perspektive.

Was ist emotionale Intelligenz?

Über die Bedeutung von emotionaler Intelligenz (EI) habe ich bereits im Vorwort gesprochen. Aber was genau verstehen wir darunter?

Eine Auslegung für emotionale Intelligenz wurde Anfang der 1990er-Jahre von zwei US-amerikanischen Wissenschaftlern namens John D. Mayer von der University of New Hampshire und Peter Salovey von der Yale University vorgestellt. Ihrem Verständnis nach ist EI die Fähigkeit, dass wir unsere Gefühle und die der anderen wahrnehmen, verstehen, beeinflussen und nutzen: „We define emotional intelligence as the subset of social intelligence that involves the ability to monitor one‘s own and others‘ feelings and emotions, to discriminate among them and to use this information to guide one‘s thinking and actions.”1 (Darugar, 2021)

Grundlage der EI – das Konzept der „sozialen Intelligenz”

Grundlage dafür war das Konzept der „sozialen Intelligenz“ des Psychologen und Intelligenzforschers Edward Lee Thorndike aus den 1920ern. Soziale Intelligenz nannte man die Fähigkeit, andere Menschen richtig einschätzen und anleiten zu können. Den Durchbruch mit „Emotionaler Intelligenz“ erlangte schließlich Daniel Goleman 1995 durch die Veröffentlichung seines Buches „EQ. Emotionale Intelligenz“. Er unterteilte EI in fünf Kernbereiche, die er später auf vier reduzierte. An diesen orientieren wir uns in diesem Buch:

1. Selbstbewusstheit

2. Selbstregulation

3. Empathie

4. Beziehungsmanagement

Diese vier Bereiche lassen sich bildhaft darstellen (siehe Abb. 1). Selbstbewusstheit und Selbstregulation umfassen dabei intrapersonelle Kompetenzen, wohingegen Empathie und Beziehungsmanagement interpersonelle Kompetenzen darstellen.

Abb. 1: Zuordnung der vier EI-Bereiche

Was bedeuten nun diese vier Bereiche?

Selbstbewusstheit

Generell bezeichnet Selbstbewusstheit die Fähigkeit, die eigenen Gefühle, Gedanken und Verhaltensweisen zu erkennen und zu verstehen. Darüber hinaus können wir jedoch auch ihre Wirkung auf uns und andere abschätzen, um sie adäquat zu nutzen.

Der klare und reflektierte Blick auf sich selbst

Verständlicher formuliert: Wir spüren unsere Gefühle bewusst im Körper, können ihre Nuancen wahrnehmen und sie benennen. Darüber hinaus wissen wir, worin wir gut sind und was wir gerne machen, welche Werte uns am Herzen liegen und mit welchen Überzeugungen wir aufgewachsen sind. Wir sind uns unserer persönlichen Voreingenommenheit, interessensgefärbten Ansichten und Tendenzen bewusst. Gleichzeitig sind wir in der Lage, diese zu hinterfragen, ihre Wirkung auf andere einzuschätzen und sie bewusst zu steuern.

Ein Beispiel: Stell dir vor, du bekommst eine neue Position als Führungskraft offeriert. Gut für den Geldbeutel, da mit der Annahme der neuen Stelle eine Gehaltserhöhung verknüpft ist. Gleichzeitig übernimmst du mehr Verantwortung und führst ein Team. Dir ist unwohl dabei. Die Frage ist nun: Nimmst du das Angebot an oder nicht? Bist du dir im Klaren darüber, was hinter diesem Unwohlsein steckt? Welche Informationen spielen dir deine Gefühle zu? Geht es ums „Sich-Zutrauen“? Hast du eigentlich gar kein Interesse daran, andere zu coachen und zu entwickeln? Oder fürchtest du Konflikte im Team? Was auch immer dahintersteckt: Wenn du selbstreflektiert bist und dich gut kennst, kannst du unter Berücksichtigung deiner Emotionsdaten eine für dich geeignete Entscheidung treffen – auch auf die Gefahr hin, gegen eine vermeintliche gesellschaftliche Norm zu verstoßen.

Selbstregulation

Überlegte Entscheidungen beziehen die Emotionen mit ein

Selbstregulation umfasst die Fähigkeit, mit den eigenen aufkommenden Emotionen bewusst umzugehen und überlegte Entscheidungen zu treffen. Eine überlegte Entscheidung beruht keinesfalls auf „blindem“ Nachgeben unserer Emotionen. Vielmehr werden alle zur Verfügung stehenden Informationen (inklusive unserer Emotionsdaten) in unserem präfrontalen Kortex berücksichtigt, jenem Gehirnbereich, in dem unsere Fähigkeiten zur komplexen Problemlösung sowie zum zukunftsgerichteten Planen verortet sind.

Erst dadurch wird es uns möglich, ein Vorhaben durch zielgerichtetes Handeln zu verwirklichen. Außerdem gelingt es uns, kurzfristige Wünsche langfristigen Zielen unterzuordnen – selbst, wenn diese für uns zunächst Nachteile, Unannehmlichkeiten oder einen Belohnungsaufschub mit sich bringen.

Selbstregulation spielt auch dabei eine Rolle, wie wir mit (emotionalem) Stress umgehen bzw. wie emotional resilient wir sind.

Beispiel: Du träumst schon lange davon, eine Ausbildung zum agilen Coach zu machen. Das Programm erstreckt sich über viele Monate und besteht aus synchronen und asynchronen Lerneinheiten. Diese kannst du dir größtenteils je nach Gusto einteilen und um deine aktuelle Arbeit herumbauen. Dennoch bedeutet der zusätzliche Aufwand Einschnitte in deine Freizeit. Du bist dir dessen wohl bewusst und entscheidest dich nach bewusstem Abwägen für die Ausbildung. Hast du die Fähigkeit der Selbstregulation, kannst du auch mit überwiegend unangenehm empfundenen Gefühlen umgehen, die mit dieser Entscheidung einhergehen. Stell dir vor, du wirst von Freunden auf ein Abendessen eingeladen. Bei dem Gedanken, ihnen abzusagen, nimmst du Gefühle wie Einsamkeit und Betrübnis wahr. Du lässt diese Emotionen zu, gibst ihnen Raum und akzeptierst sie. Du überlegst dir ganz bewusst, ob du die Zeit für deine Ausbildung nutzt oder lieber mit deinen Freunden zum Essen gehst.

Empathie

Die drei Formen der Empathie: emotionale Empathie

Wenn wir an Empathie denken, dann kommt uns häufig das Wort „Einfühlsamkeit“ in den Sinn. Fühlen wir mit anderen, also spüren wir ihre Emotionen in uns selbst, nennen wir das auch „emotionale Empathie“. Das kann selbst dann passieren, wenn wir eine fiktive Geschichte, z.B. in Form eines Films, anschauen. Empfindet die Protagonistin tiefe Trauer, dann kann es gut sein, dass bei uns ebenfalls die Tränen fließen.

… kognitive Empathie

Manchmal verbinden wir mit Empathie, dass wir in die Schuhe des anderen schlüpfen und die Welt aus dessen Blickwinkel sehen. Catherine Bell schreibt in einem Harvard-Business-Review-Artikel: „Empathy is an act of imagination in which you try to look at the world from the perspective of another person, a human being, whose history and point of view is as complex as your own.”2 Das ist die „kognitive Empathie“.

… behaviorale Empathie

Es gibt jedoch auch noch eine dritte Komponente: die „behaviorale Empathie“. Sie geht über reines Verstehen hinaus. Es ist die Bereitschaft, dem anderen unterstützend zur Seite zu stehen, falls er es braucht und wünscht.

Empathie ist damit eine erst einmal nicht wertende Offenheit für die Gefühle und Erfahrungen anderer. Das Verstehen steht vor unserer Wertung. Wir berücksichtigen das, was wir vom anderen empfangen, in unserem Handeln. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir unreflektiert das tun, was der andere möchte. Es bedeutet, dass wir darum wissen und es in unsere Reaktion, in unsere Entscheidungsfindung einfließen lassen können. Mit der Verbindung, die Empathie schafft, ist sie nicht nur essenziell für das gegenseitige Verständnis und mitfühlendes Handeln. Sie ist der Schlüssel zu tragfähigen, vertrauensvollen Beziehungen.

Beispiel: Eine Klientin vertraut dir ein privates Problem an. Wie hörst du ihr zu? Geht in deinem Kopf ein Feuerwerk an Bewertungen, Annahmen oder Lösungsvorschlägen los? Wie gehst du damit um? Zeigst du ein empathisches Verhalten, dann hörst du deiner Klientin zu, ohne vorschnell zu urteilen. Vielleicht nimmst du ihre Gefühle wahr. Möglicherweise stellst du Verständnisfragen, um dich besser in ihre Lage hineinversetzen zu können. Und vielleicht hilfst du ihr, indem du einfach nur zuhörst und sie fragst, wie du sie unterstützen kannst – anstatt ihre Probleme auf deine Weise lösen zu wollen.

Beziehungsmanagement

Beziehungsmanagement ist der vierte Bereich innerhalb des Modells der emotionalen Intelligenz und konzentriert sich auf die Fähigkeit, harmonische Beziehungen aufzubauen, Konflikte zu lösen und effektiv mit anderen zusammenzuarbeiten.

Starke Beziehungen mit und zwischen anderen Menschen aufbauen

Das Beziehungsmanagement baut in gewissem Maße auf den anderen Kompetenzen auf. Können wir uns beispielsweise in andere Menschen hineinversetzen, hören ihnen empathisch zu und erkennen ihre Gefühle und Bedürfnisse, sind wir in der Lage, klar und respektvoll mit ihnen zu kommunizieren. Berücksichtigen wir in schwierigen Situationen unterschiedliche Perspektiven, gelingt es uns, Konflikte konstruktiv anzugehen und Lösungen zu finden, die für alle Beteiligten akzeptabel sind. Dies erfordert neben Empathie eine hohe emotionale Selbstregulierung, um in emotional aufgeladenen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Es erfordert außerdem ein klares Verständnis unserer eigenen Haltung, Wertvorstellungen und Grenzen.

Ein guter Beziehungsmanager zu sein, bedeutet, starke Beziehungen aufzubauen, zu pflegen und Menschen zusammenzuführen. Eine Führungskraft beispielsweise kann durch Beobachtung und Feedback die Potenziale der einzelnen Teammitglieder erkennen, wecken und fördern. Sie kann ihr Team durch Veränderungsprozesse begleiten, das Team entwickeln und in Richtung einer motivierenden Vision lenken.

Beispiel: Ein Teammitglied verstößt zum wiederholten Mal gegen eine in der Teamvereinbarung festgelegte Regel. Welche Beweggründe stecken hinter dem Verhalten des Teammitglieds, dass es diese Regel nicht einhält? Wie wurde darauf bisher reagiert? Welche Aspekte im Unternehmenskontext sollten außerdem beachtet werden? Welchen Rahmen wählst du für dein Feedback? Als guter Beziehungsmanager hinterfragst du, findest die Bedürfnisse hinter dem Verhalten heraus und verstehst es, ein verständliches Feedback zu formulieren, das klar in der Sache, jedoch fair im Umgang ist.

Kritik am Konzept der emotionalen Intelligenz

Nichts ist nur schwarz oder weiß. An dieser Stelle möchte ich daher kurz auf die Kritik an Daniel Golemans Arbeit eingehen.

Alter Wein in neuen Schläuchen?

Ihm wird grundsätzlich vorgeworfen, dass er in seinem Konzept alten Wein in neuen Schläuchen präsentiere, indem er auf bestehende Erkenntnisse und Ansätze aufbaut. Das wiederum ist eben keine Kritik an den Inhalten, sondern zielt maßgeblich darauf, diese unter dem Schlagwort der emotionalen Intelligenz „nur” geschickt vermarktet und in der Öffentlichkeit bekannt gemacht zu haben. Darüber hinaus gibt es jedoch noch weitere Kritikpunkte inhaltlicher Art. Ich habe vier Aspekte herausgezogen, von denen ich denke, dass wir sie auf jeden Fall im Hinterkopf behalten sollten:

Oversimplification: Goleman wird vorgeworfen, dass er emotionale Intelligenz zu stark vereinfache und als eine Art Allheilmittel für alle Herausforderungen darstelle. Dies könne möglicherweise zu einer übermäßigen Vereinfachung komplexer menschlicher Verhaltensweisen führen.

Lack of Scientific Rigor: Es gibt zudem Meinungen, dass seine Arbeit nicht immer den strengen wissenschaftlichen Methoden und Standards entspräche, die für psychologische Forschung und Theorien erforderlich sind. Einige Kritiker sehen seine Theorien als zu vage und subjektiv an.

Cultural Bias: Manche Argumente weisen darauf hin, dass Golemans Ansatz zur emotionalen Intelligenz westlich geprägt und möglicherweise nicht in allen Kulturen und Gesellschaften gleichermaßen relevant sei.

Morality: Einige Kritiker nehmen Anstoß daran, dass Goleman emotionale Intelligenz mit ethischem Handeln in Verbindung bringe. Er erwecke den Eindruck, dass ein Mensch mit hohem EQ ein guter Mensch sei. Salovey und Mayer lehnen dies strikt ab. Sie vertreten die Meinung, dass EI unabhängig von der Ethik und den Werten eines Menschen zu sehen ist und folglich auch missbraucht werden kann.

Das Konzept der emotionalen Intelligenz ist alltagstauglich

Die Frage ist nun, warum ich dieses Buch dennoch nach Golemans Einteilung aufgebaut habe? Die Antwort lautet: Weil ich es trotzdem als lohnenswert erachte, sich an seinen Ideen zu orientieren. Während seine Theorie nicht ohne Kritik ist, sehe ich sie als einen pragmatischen Ausgangspunkt, von dem aus wir unsere Transformationsreise beginnen können. Denn unstrittig ist ihre praktische Anwendbarkeit, um die eigene soziale Kompetenz und unsere zwischenmenschlichen Fähigkeiten weiterzuentwickeln.

Darüber hinaus haben zahlreiche Studien und Beispiele gezeigt, dass die Entwicklung emotionaler Intelligenz positive Auswirkungen auf Individuen wie auf Organisationen hat. Mein Kernanliegen ist es, dazu beizutragen, mehr Zufriedenheit und Wohlbefinden sowohl im Leben als auch am Arbeitsplatz zu erreichen.

Mit dem anfangen, was zur Verfügung steht

Denjenigen, die Schwierigkeiten mit dem Begriff „Intelligenz” haben, steht es natürlich frei, diesen gedanklich durch „Kompetenz” zu ersetzen. Auch wenn wir wissenschaftlich die Komplexität dieser Thematik noch nicht vollumfänglich durchdrungen haben und sich Definitionen und Konzepte noch im Nebel verbergen, sollten wir mit dem zu arbeiten beginnen, was uns zur Verfügung steht. Unabhängig von der Terminologie bleibt meine Absicht unberührt: Mein Fokus liegt darauf, eine spürbare, für uns alle positive Veränderung herbeizuführen. Und ich bin davon überzeugt, dass wir diese durch emotionale Intelligenz erreichen können.

1 „Wir definieren emotionale Intelligenz als die Teilmenge der sozialen Intelligenz, die die Fähigkeit umfasst, die eigenen und die Gefühle und Emotionen anderer zu beobachten, zwischen ihnen zu unterscheiden und diese Informationen zu nutzen, um das eigene Denken und Handeln zu steuern.“ Quelle: Darugar, Hanan (2021). A leader’s emotional intelligence. Medium. Verfügbar unter: https://hanandarugar.medium.com/a-leaders-emotional-intelligence-ad9a-32e2decd [abgerufen am 10.07.2023]

2 „Empathie ist ein Akt der Vorstellungskraft, bei dem man versucht, die Welt aus der Perspektive einer anderen Person, eines Menschen zu betrachten, dessen Geschichte und Sichtweise ebenso komplex ist wie die eigene.” Quelle: Bell, Katherine (2009). Empathy: Not such a soft skill. HBR. Verfügbar unter: https://hbr.org/2009/05/empathy-not-such-a-soft-skill [abgerufen am 10.07.2023]

Wie erlange ich eine tiefere Trainerpräsenz?

Von Sara Huang und Alexandra Götzfried

Emotionale Intelligenz ist Teil des professionellen Selbstverständnisses

In den Rollen als Trainerin, Facilitator, Coach oder Führungskraft geht es nicht allein um Fachkompetenz und methodisches Geschick. Ein ebenso entscheidender Faktor ist ein ausgeprägtes Maß an Selbsterkenntnis und eigener emotionaler Intelligenz. Leona Petereit vermittelt diese Bedeutung treffend mit den Worten: „Wir können nichts aus einem leeren Glas gießen.” (siehe S. 33) Die bewusste Auseinandersetzung mit unserer eigenen Persönlichkeit, unseren inneren Strukturen und emotionalen Mustern ermöglicht es uns, nicht nur unsere professionelle Wirksamkeit zu steigern, sondern auch zu einer bedeutsamen und positiven Lernerfahrung für die Teilnehmenden beizutragen.

In diesem Zusammenhang widmen wir uns in diesem Abschnitt intensiven Überlegungen, Reflexionsfragen und Übungen aus diesem Buch, die wir gezielt zur Entwicklung unseres eigenen EQs einsetzen können. Ich freue mich besonders, dass sich Sara Huang bereit erklärt hat, einen Gastbeitrag beizusteuern. Sara ist seit Jahren auf bemerkenswerte Weise erfolgreich darin, schwierige Gespräche und Veränderungsprozesse auf eine angenehme, befähigende und effektive Art zu gestalten. Mit ihren magischen, alle Sinne einbeziehenden Workshops führt sie die Teilnehmenden zu tiefer Selbstreflexion. Dabei ermutigt Sara dazu, sich auch mit denjenigen Seiten von uns zu beschäftigen, vor denen wir nur allzu gerne die Augen verschließen oder wegsehen:

„… Bevor ich darüber Bewusstsein erlangte, konnte ich weder als Erwachsene noch als Elternteil funktionieren. Stattdessen erlebte ich die Ohnmacht aus meiner eigenen Kindheit. Als Kind wollte ich meine Mutter retten. Sie war unglücklich, als mein Vater sie verbal attackierte. Der Wille meines Vaters war Gesetz. Seine Kurzsichtigkeit und sein geringes Selbstwertgefühl raubten den Menschen in seiner Umgebung viel Energie. Rückblickend habe ich als Kind endlose Versuche unternommen, um zu retten, was es zu Hause zu retten gab. Von der Wiederaufnahme der Kommunikation zwischen meinen Eltern nach dem x-ten Streit bis hin zur Notlüge, wenn mein Vater zu deprimiert war, um einer sozialen Verpflichtung nachzugehen. Ich war das Kind, das aus Liebe zu seiner Mutter versuchte, Gutes zu tun. In meiner Wahrnehmung war ich diejenige, die die Probleme der anderen lösen sollte. Auf diese Weise habe ich mich aufgerieben, in der Hoffnung, gesehen zu werden.“

(Auszug aus dem Buch „Lessons from Courageous Child” von Sara Huang)

Als Facilitator kennst du wahrscheinlich viele verschiedene Tools und Arbeitsweisen. Je besser du dich selbst kennst, desto besser kannst du Teams begleiten. Du bist das Instrument. Ganz gleich, wie gut du eine bestimmte Methode oder Theorie kennst, die Art und Weise, wie dein Herz und dein Verstand geprägt wurden, beeinflusst, wie du ein Tool oder ein Denkmodell anwendest.

Selbstreflexion

Was triggert dich?

Wie bemerkst du, wenn deine eigenen Verhaltensweisen inkongruent sind?

An wen in deinem Umfeld kannst du dich wenden, um aufrichtige Beobachtungen und ein Feedforward zu erhalten?

Wenn die Vergangenheit Macht über dein Tun im Hier und Jetzt gewinnt

In manchen Momenten ist es, als würdest du in deinem Kopf eine Horror-Filmmusik hören, die zu der Szene passt, die sich gerade vor deinen Augen abspielt. Das Verhalten, das du an den Tag legst, entspringt in diesem Moment einer anderen Szene aus einer Vergangenheit und nicht dem, was wirklich im Hier und Jetzt passiert.

Vom „shitty self” zum „centred self”

Nicht zu wissen, was dich aufregt, sorgt dafür, dass alte Verhaltensweisen wieder auftauchen. Dann geht es nicht mehr um die Gruppe, sondern nur noch um dich und das, was in diesem Moment in dir selbst vorgeht. Auf diese Weise unterscheidet Wendy Palmer1 zwischen einem „shitty self“ und einem „centred self“: Wenn deine Reaktionen aus dem Ruder laufen, hast du die Wahl, entweder ein „shitty self“ und voller Selbstmitleid zu sein oder du kannst dich den schwierigen und schmerzhaften Ereignissen deiner Vergangenheit stellen, aus ihnen lernen und die daraus gewonnenen Erfahrungen als Dünger nutzen („centred self“). Dadurch entsteht eine andere Version von dir. Oder wie Heather Plett2 es so schön formuliert: „Mit allem, was ich habe, präsent zu sein. Ohne das Bedürfnis, meinen eigenen Schmerz und mein Leid an jemand anderem auszulassen.”

Der einzige Ausweg ist, hindurchzugehen

Als Facilitator, Trainerin und Coach sind Selbsterkenntnis und Selbstreflexion von größter Bedeutung. Heißt es nicht: „Der einzige Ausweg ist, hindurchzugehen?” Wie dein Weg aussieht, liegt ganz bei dir.

Überlegungen für dich persönlich

Fragen, die mir in diesem Prozess geholfen haben, waren:

Welches Problem habe ich immer wieder? Welches Muster wiederhole ich ständig?

Welchen Schmerz habe ich noch nicht ganz „verdaut”?

Was hat mir dieser Schmerz gebracht?

Wie will ich mich meinem Schmerz stellen?

Welche neue Geschichte ist dadurch entstanden?

Ich lade dich ein, eine Selbstanalyse zu machen. Erkenne, welche Faktoren dich auf die Palme bringen. Verstehe die tiefere Botschaft dieser dunklen Erinnerungen und schreibe dein eigenes Buch der Sehnsüchte aus dieser Traurigkeit.

Überlegungen zur Ergänzung deines Trainer-Werkzeugkastens

1. Checkliste vor dem Training oder Workshop:

Was ist dein Traum und was dein Albtraum, wenn es um den anstehenden Termin geht?

Leitest du den Termin allein oder mit anderen?

In welchem Szenario vermutest du, dass du auf dich selbst oder eine alte Geschichte stoßen wirst? Wer oder was könnte dir helfen?

2. Checkliste während des Trainings oder Workshops:

Wenn du die Session alleine durchführst, bringe etwas mit, das etwas Besonderes für dich darstellt.

Wenn du einen oder mehrere Co-Trainer im Boot hast, sprecht euch vorher ab, was in plötzlich auftretenden „Albtraum-Situationen” zu tun ist, und einigt euch auf ein Handzeichen, um euch gegenseitig zu unterstützen.

Wenn du merkst, dass du nicht weitermachen kannst oder kurzatmig wirst und Dinge denkst wie „Es läuft aus dem Ruder, ich muss das jetzt klären!”, gehe nicht sofort in den Aktionsmodus. Atme (mit offenen Augen!) bewusst und kontrolliert fünf Sekunden lang. Auch wenn es sich in diesem Moment wie eine Ewigkeit anfühlt: Habe Vertrauen in die Gruppe. Niemand wird dich angreifen, weil du fünf Sekunden lang nichts sagst.

Während du durchatmest, beobachte:

• Was fühle ich?

• Woran erinnert mich das?

• Wo befinde ich mich jetzt gerade?

Benenne nach den fünf Sekunden, was du wahrgenommen hast, und teile es mit der Gruppe. Sei danach still und warte auf die Reaktion. Mache dann von dort aus weiter.

Erste Hilfe bei Notfallsituationen im Workshop: Nimm dir Zeit!

Betrachte den Raum, in dem der Workshop stattfindet, als den gemeinsamen Bezugspunkt. Angenommen, du wirst von der Gruppe herausgefordert, entweder weil die Teilnehmenden deinen Moderationsstil missbilligen oder weil sie mit bestimmten Entscheidungen, die du triffst, nicht einverstanden sind. Dann reagiere nicht sofort auf die Worte, sondern lass die Worte im Raum ankommen. Betrachte, wie die Worte neben deinen Füßen auf dem Boden herumwirbeln und denke: „Welche Version von mir selbst möchte oder kann ich in diesem Moment sein?” Dehne den Abstand zwischen Aktion und Reaktion aus und schaff dir einen „Zwischenraum”, denn dann kannst du aus einer Position der Ruhe heraus antworten statt aus der des Stresses.

(Sara Huang)

Sara ist nicht nur eine erfahrene Facilitator, sondern sie öffnet auch großherzig ihr Innerstes für uns und gewährt uns Einblick in den Prozess, den sie durchlebt hat. Trotz ihres umfangreichen Erfahrungsschatzes teilt sie mutig mit uns die Reise, auf der sie sich mit ihren eigenen Dämonen auseinandergesetzt hat. Wir alle haben unsere Dämonen, die uns in Form von Zweifeln, Ängsten oder Sorgen heimsuchen. Diese Tatsache verbindet uns, obwohl viele von uns selten darüber sprechen.

Ausgehend von den reflektiven Fragen, die Sara gestellt hat, möchte ich als unterstützende Mini-Impulse hierzu einige Übungen aus dem Buch vorschlagen.

Ein kurzer Hinweis an dieser Stelle: Du wunderst dich vielleicht, wieso ich mich auf Übungen aus diesem Werk beschränke. Wenn man es genau nimmt, verdient dieses Thema ein eigenes Buch. Allerdings mache ich bewusst von dem Gebrauch, was uns aktuell zur Verfügung steht, um nicht den Rahmen zu sprengen. Natürlich stehen dir auch zahlreiche andere Herangehensweisen, Fragen und Methoden zur Verfügung. Solltest du weitere Ansätze kennen, teile sie bitte mit mir!

Den Werkzeugkasten für die eigene Selbsterkenntnis zusammenstellen

Die Passung für jeden Einzelnen ist äußerst individuell. Was in meinem Fall funktioniert, mag nicht zwangsläufig auch für dich geeignet sein. Gestalte deinen eigenen Werkzeugkasten mit Methoden und finde die für dich stimmigen Routinen. Im Folgenden biete ich dir Anregungen, die sich für mich als hilfreich erwiesen haben.

Selbstentschlüsselung: Erste Beispielübungen und Tipps

Generell lohnt es sich stets, sich mit unserer Identität, unseren Triggern und der Art und Weise, wie wir kommunizieren, zu beschäftigen. Wie kannst du dich noch besser kennenlernen?

Hier sind einige Anregungen, die dir langfristig in dem Prozess der Selbsterkenntnis helfen können:

Entdeckung der vielschichtigen Identität: Die Übung „Meine Rollen im Leben” (siehe S. 69) fördert ein tieferes Verständnis der eigenen Identität und ermöglicht es, die eigenen Stärken in verschiedenen Kontexten zu erkennen. Diese Übung verschaffte mir Klarheit darüber, welches gerade meine ausgeprägten und bevorzugten Rollen sind.

Morgenritual für innere Stärke: „Zähneputzen für die Seele“ (siehe S. 135) ist ein wunderbares Ritual, um den Tag zu beginnen. Ich habe es als Haftnotiz an der Innenseite meines Spiegelschrankes im Badezimmer platziert.

Aufdecken emotionaler Muster: Die „Vertiefte Selbstreflexion“ (siehe S. 79