Emotionsregulation und psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter -  - E-Book

Emotionsregulation und psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter E-Book

0,0

Beschreibung

Eine dysfunktionale Emotionsregulation begünstigt die Entstehung und Aufrechterhaltung vieler psychischer Störungen im Kindes- und Jugendalter. Im Buch werden theoretischer Hintergrund, Entwicklung, diagnostische Verfahren und Trainings zur Emotionsregulation dargestellt. Die Rolle der Emotionsregulation wird anhand verschiedener Störungen erläutert, u. a. internalisierende und externalisierende Störungen, Autismusspektrum-, Ess- und Traumastörungen. Für die 2. Auflage wurde das Buch aktualisiert und um neue Themen wie Neurobiologie und Geschlechtsidentität erweitert.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 570

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Titelei

Autorenverzeichnis

Vorwort zur 2. Auflage

1 Theoretischer Hintergrund zur Emotionsregulation

1.1 Emotionen

1.2 Emotionen und Kognitionen

1.3 Emotionen und Emotionsregulation: Sind sie unterscheidbar?

1.4 Emotionsregulation

1.4.1 Das erweiterte Prozessmodell der Emotionsregulation nach Gross (1998, 2002, 2015)

1.4.2 Das Modell der Emotionsregulation von Gratz und Roemer

1.5 Emotionsregulation und Psychopathologie

1.6 Emotionsregulations-Flexibilität

1.7 Emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit

1.8 Fazit

1.9 Literaturverzeichnis

2 Entwicklung der Emotionsregulation in Kindheit und Jugend

2.1 Emotion und Emotionsregulation

2.1.1 Arten der Emotionsregulation

2.1.2 Allgemeine Veränderung der Emotionsregulation von der Kindheit zum Jugendalter

2.2 Entwicklung emotionsspezifischer Regulationsstrategien

2.2.1 Entwicklungsveränderungen in der Regulation von Ärger

2.2.2 Entwicklungsveränderungen in der Regulation von Trauer

2.2.3 Entwicklungsveränderungen in der Regulation von Angst

2.2.4 Fazit

2.3 Literaturverzeichnis

3 Diagnostische Verfahren der Emotionsregulation

3.1 Einführung

3.2 Darstellung der Verfahren zur Diagnostik im Bereich der Emotionsregulation

3.2.1 Selbstberichtmethoden

3.2.2 Fremdberichtmethoden

3.2.3 Beobachtungsmethoden

3.2.4 Physiologische Methoden

3.2.5 Computerunterstützte Verfahren

3.3 Ausblick

3.3.1 Multimethodaler Zugang als Goldstandard?

3.3.2 Weiterentwicklungen

3.4 Literaturverzeichnis

4 Neurobiologie der Emotionsregulation im Kindes- und Jugendalter

4.1 Methoden zur Untersuchung neuronaler Mechanismen der Emotionsregulation

4.2 Neuronale Mechanismen der Emotionsregulation bei Erwachsenen

4.2.1 An der Generierung von Emotionen beteiligte Hirnregionen

4.2.2 An der Regulation von Emotionen beteiligte Hirnregionen

4.2.3 Vermittelnde Regionen

4.3 Entwicklung der neuronalen Mechanismen der Emotionsregulation im Kindes- und Jugendalter

4.3.1 Ähnlichkeiten und Unterschiede in neuronalen Korrelaten der Emotionsregulation bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen

4.3.2 Emotionsregulation in Abhängigkeit von der Reifung des Gehirns

4.3.3 Altersabhängige Unterschiede in der Reaktivität emotionsgenerierender Hirnstrukturen

4.3.4 Altersabhängige Unterschiede in der Aktivität und Konnektivität emotionsregulierender Hirnstrukturen

4.4 Soziale Einflussfaktoren auf die Entwicklung der neuronalen Grundlagen der Emotionsregulation im Kindes- und Jugendalter

4.5 Fazit

4.6 Literaturverzeichnis

5 Emotionsregulationstrainings zur Prävention und Intervention

5.1 Grundbegriffe

5.2 Präventionsprogramme zur Förderung emotionaler Kompetenzen

5.3 Elternzentrierte Präventionsprogramme

5.3.1 Die Rolle der Eltern

5.3.2 Elternzentrierte Präventionsprogramme zur Förderung funktionaler Emotionsregulation

5.4 Interventionsprogramme zur Förderung emotionaler Kompetenzen

5.5 Zusammenfassung und Ausblick

5.6 Literaturverzeichnis

6 Emotionsregulation bei Störungen im Säuglings- und Kleinkindalter

6.1 Kurzbeschreibung des Störungsbildes

6.1.1 Exzessives Schreien

6.1.2 Schlafstörungen und Probleme mit der Schlafregulation

6.1.3 Frühkindliche Fütter- und Essstörungen

6.2 Aktueller Überblick zu Forschungsergebnissen im Bereich der Emotionsregulation

6.3 Rolle der Emotionsregulation in der ätiologischen Forschung und in der Psychotherapie

6.4 Ausblick und Schlussfolgerungen

6.5 Literaturverzeichnis

7 Emotionsregulation bei Autismusspektrumstörungen

7.1 Was sind Autismusspektrumstörungen?

7.2 Emotionen bei Autismusspektrumstörungen

7.2.1 Emotionserkennung und -wahrnehmung

7.2.2 Emotionsexpression

7.3 Theory of Mind, Empathie und Emotionen

7.4 Emotionsregulation bei Autismusspektrumstörungen

7.5 Implikationen für Interventionen bei Menschen mit Autismusspektrumstörungen

7.5.1 Trainings zur Verbesserung der Emotionswahrnehmung

7.5.2 Umgang mit Defiziten in der Expression von Emotionen

7.5.3 Interventionen zur Verbesserung der Emotionsregulationsfähigkeit

7.6 Zusammenfassung und Ausblick

7.7 Literaturverzeichnis

8 Emotionsregulation und Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

8.1 Beschreibung des Störungsbildes

8.1.1 Diagnostische Klassifikation

8.1.2 Diagnostik

8.1.3 Geschlechtsverhältnis und Verlauf der Störung

8.1.4 Ätiologie

8.2 Aktueller Überblick zu Emotionsregulation und ADHS

8.3 Bedeutung der Emotionsregulation für Ätiologie und Psychotherapie der ADHS

8.3.1 Dysfunktionale Emotionsregulation als Strategiedefizit?

8.3.2 Dysfunktionale Emotionsregulation: Ein Problem der Emotionserkennung und -wahrnehmung oder der Aufmerksamkeit?

8.3.3 Dysfunktionale Emotionsregulation: Ein Epiphänomen gestörter Exekutivfunktionen?

8.4 Ausblick und Schlussfolgerungen

8.5 Literaturverzeichnis

9 Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation bei Störungen des Sozialverhaltens

9.1 Einleitung

9.2 Störungen des Sozialverhaltens: Symptomatik und Verlauf

9.3 Klassifikation

9.4 Phänotypen aggressiven Verhaltens: Verhaltensbezogene, emotionale und persönlichkeitsspezifische Korrelate

9.5 Neurobiologische Korrelate der Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation

9.6 Psychosoziale Einflussfaktoren auf die Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation

9.7 Klinische Implikationen

9.8 Zusammenfassung und Ausblick

9.9 Literaturverzeichnis

10 Emotionsregulation und Angststörungen im Kindes- und Jugendalter

10.1 Einleitung

10.2 Aktueller Überblick zu Forschungsergebnissen im Bereich der Emotionsregulation

10.2.1 Die Rolle der Emotionsregulation für Angststörungen

10.3 Spezifische Regulationsstrategien und -kompetenzen im Kontext von Angststörungen

10.3.1 Kognitive Umstrukturierung

10.3.2 Aufmerksamkeitslenkung

10.3.3 Situationsauswahl, Situationsmodifikation und Reaktionsmodulation

10.3.4 Emotionswissen

10.3.5 Emotionserkennen

10.4 Die Rolle der Emotionsregulation in der ätiologischen Forschung und in der Psychotherapie

10.4.1 Ätiologie-Modelle

10.4.2 Familiale Transmission von Angststörungen – Rolle der Emotionsregulation

10.4.3 Psychotherapie

10.5 Ausblick und Schlussfolgerungen

10.6 Literaturverzeichnis

11 Die Rolle impliziter und expliziter Emotionsregulation bei Traumafolgestörungen

11.1 Einleitung

11.2 Emotionale Verarbeitung während des traumatischen Ereignisses und deren Folgen für die Emotionsregulation

11.3 Neurobiologische Aspekte

11.4 Auswirkungen auf die Kognitive und Verhaltensebene

11.5 Traumafolgestörungen und deren Auswirkungen auf die implizite und explizite Emotionsregulation

11.6 Transgenerationale Aspekte der Emotionsregulation aus psychotraumatologischer Perspektive

11.7 Diagnostische Einordnung: Trauma, Posttraumatische Belastungsstörung und Komplexe Traumafolgestörungen

11.8 Psychotherapeutische Behandlung

11.9 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen für Forschung und Praxis

11.10 Literaturverzeichnis

12 Emotionsregulation bei Essstörungen im Kindes- und Jugendalter

12.1 Einleitung

12.2 Gestörtes Essverhalten im Kindes- und Jugendalter

12.2.1 Anorexia Nervosa

12.2.2 Bulimia Nervosa

12.2.3 Binge-Eating-Störung und Loss of Control Eating

12.2.4 Interpersonale Emotionsregulation: Zurückweisungsempfindlichkeit und Essstörungen

12.3 Emotionsregulation und gestörtes Essverhalten

12.3.1 Anorexia Nervosa

12.3.2 Bulimia Nervosa, Binge-Eating-Störung bzw. Loss of Control Eating

12.4 Klinische Implikationen

12.4.1 Anorexia Nervosa

12.4.2 Bulimia Nervosa

12.4.3 BES und LOC

12.5 Ausblick

12.6 Literaturverzeichnis

13 Depression

13.1 Kurzbeschreibung des Störungsbildes

13.2 Emotionsregulation und Depressionen: Eine Einführung

13.3 Verschiedene Emotionsregulationsstrategien als Risikofaktoren der Depression

13.3.1 Reappraisal und Suppression

13.3.2 Gedankenunterdrückung

13.3.3 Rumination und Co-Rumination

13.3.4 Risiko für Depression bei Kindern von Müttern mit einer depressiven Störung

13.4 Therapeutische Implikationen und Ausblick

13.5 Literaturverzeichnis

14 Emotionsregulation bei Jugendlichen mit Nichtsuizidalen Selbstverletzungen

14.1 Einleitung

14.2 Nichtsuizidale Selbstverletzungen bei Jugendlichen

14.3 Epidemiologie und Verlauf

14.4 Klassifikation: Emotionsregulation in den Diagnosekriterien

14.5 Assoziation Borderline-Persönlichkeitsstörung

14.6 NSSV und Suizidalität

14.7 Emotionen und NSSV

14.8 NSSV und Emotionsregulation

14.8.1 Einfluss der Eltern

14.9 Störungsmodelle

14.10 Klinische Implikationen

14.11 Ausblick

14.12 Literaturverzeichnis

15 Die Rolle der Emotionsregulation bei Online-Verhaltenssüchten im Kindes- und Jugendalter

15.1 Online-Verhaltenssüchte bei Kindern und Jugendlichen

15.5.1 Computerspielnutzung bei Kindern und Jugendlichen

15.1.2 Das Abhängigkeitspotenzial von Computerspielen

15.1.3 Klassifikation von Online-Verhaltenssüchten

15.2 Aktueller Überblick zu Forschungsergebnissen im Bereich der Emotionsregulation

15.2.1 Strukturelle Veränderungen des Belohnungssystems durch Gaming

15.2.2 Maladaptive Emotionsregulationsstrategien als Entstehungs- und aufrechterhaltende Faktoren

15.3 Rolle der Emotionsregulation in der ätiologischen Forschung und in der Psychotherapie

15.3.1 Ätiologische Forschung

15.4 Psychotherapie

15.5 Ausblick und Schlussfolgerungen

15.6 Literaturverzeichnis

16 Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter

16.1 Definition und Klassifikation

16.1.1 Prävalenz

16.1.2 Begleitende psychische Störungen

16.2 Stressoren und emotionale Belastung trans*identer Jugendlicher

16.3 Emotionsregulationsschwierigkeiten und dysfunktionale Strategien trans*identer Jugendlicher

16.4 Psychotherapie

16.4.1 Emotionen und Emotionsregulation in der Psychotherapie

16.4.2 Zwischen »innerem« und »äußerem« Coming-out

16.4.3 Individuelle Therapieziele

16.4.4 Arbeit mit der Familie/dem Umfeld

16.5 Fazit und Ausblick

16.6 Literaturverzeichnis

17 Emotionsregulation und die transgenerationale Transmission psychischer Störungen

17.1 Einleitung

17.2 Transgenerationale Transmission von Emotionsregulation

17.3 Transgenerationale Transmission psychischer Störungen

17.3.1 Arten transgenerationaler Transmission psychischer Störungen

17.3.2 Prozesse der transgenerationalen Transmission psychischer Störungen

17.4 Die Rolle von Emotionsregulation für die transgenerationale Transmission psychischer Störungen

17.5 Klinische und präventive Implikationen

17.6 Ausblick

17.7 Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Die Herausgeberin

Prof. Dr. Tina In-Albon ist Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters an der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau in Landau sowie Leiterin der Landauer-Psychotherapie Ambulanz für Kinder und Jugendliche und Leiterin des Ausbildungsganges in Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Tina In-Albon (Hrsg.)

Emotionsregulation und psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter

Grundlagen, Forschung und Behandlungsansätze

2., erweiterte und aktualisierte Auflage

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Pharmakologische Daten, d. h. u. a. Angaben von Medikamenten, ihren Dosierungen und Applikationen, verändern sich fortlaufend durch klinische Erfahrung, pharmakologische Forschung und Änderung von Produktionsverfahren. Verlag und Autoren haben große Sorgfalt darauf gelegt, dass alle in diesem Buch gemachten Angaben dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Da jedoch die Medizin als Wissenschaft ständig im Fluss ist, da menschliche Irrtümer und Druckfehler nie völlig auszuschließen sind, können Verlag und Autoren hierfür jedoch keine Gewähr und Haftung übernehmen. Jeder Benutzer ist daher dringend angehalten, die gemachten Angaben, insbesondere in Hinsicht auf Arzneimittelnamen, enthaltene Wirkstoffe, spezifische Anwendungsbereiche und Dosierungen anhand des Medikamentenbeipackzettels und der entsprechenden Fachinformationen zu überprüfen und in eigener Verantwortung im Bereich der Patientenversorgung zu handeln. Aufgrund der Auswahl häufig angewendeter Arzneimittel besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen und sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche gekennzeichnet sind.

Es konnten nicht alle Rechtsinhaber von Abbildungen ermittelt werden. Sollte dem Verlag gegenüber der Nachweis der Rechtsinhaberschaft geführt werden, wird das branchenübliche Honorar nachträglich gezahlt.

Dieses Werk enthält Hinweise/Links zu externen Websites Dritter, auf deren Inhalt der Verlag keinen Einfluss hat und die der Haftung der jeweiligen Seitenanbieter oder -betreiber unterliegen. Zum Zeitpunkt der Verlinkung wurden die externen Websites auf mögliche Rechtsverstöße überprüft und dabei keine Rechtsverletzung festgestellt. Ohne konkrete Hinweise auf eine solche Rechtsverletzung ist eine permanente inhaltliche Kontrolle der verlinkten Seiten nicht zumutbar. Sollten jedoch Rechtsverletzungen bekannt werden, werden die betroffenen externen Links soweit möglich unverzüglich entfernt.

2., erweiterte und aktualisierte Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten© W. Kohlhammer GmbH, StuttgartGesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:ISBN 978-3-17-040334-5

E-Book-Formate:pdf: ISBN 978-3-17-040335-2epub: ISBN 978-3-17-040336-9

Autorenverzeichnis

PD Dr. Björn AlbrechtAG Klinische Kinder- und JugendpsychologiePhilipps-Universität Marburg, Fachbereich PsychologieGutenbergstr. 29D-35037 [email protected]

Prof. Dr. Anne Mareike AltgassenJohannes Gutenberg-Universität MainzPsychologisches InstitutAbteilung EntwicklungspsychologieBinger Straße 14 – 16D-55122 [email protected]

Dr. Diana Armbruster-GençRPTU Kaiserslautern-LandauFachbereich PsychologieBiologische PsychologieFortstraße 7D-76829 [email protected]

Prof. Dr. Ulrike BastenRPTU Kaiserslautern-LandauFachbereich PsychologieBiologische PsychologieFortstraße 7D-76829 [email protected]

PD Dr. Margarete BoltenUniversität BaselUniversitäre Psychiatrische Kliniken, Klinik für Kinder- und Jugendliche (UPKKJ)Kornhausgasse 7CH-4051 [email protected]

Dr. Mira-Lynn ChavanonAG Klinische Kinder- und JugendpsychologiePhilipps-Universität Marburg, Fachbereich PsychologieGutenbergstr. 18D-35037 [email protected]

Prof. Dr. Hanna ChristiansenAG Klinische Kinder- und JugendpsychologiePhilipps-Universität Marburg, Fachbereich PsychologieGutenbergstr. 18D-35037 [email protected]

Matthias GalleiKinder- und JugendlichenpsychotherapeutSchloßstraße 8D-76829 [email protected]

Dr. Raphael GutzweilerKlinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersRheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-LandauOstbahnstraße 12D-76829 [email protected]

Prof. Dr. Nina HeinrichsUniversität Bielefeld | Abteilung Psychologie |AE 20 – Klinische Kinder- und Jugendlichenpsychologie und PsychotherapieUniversitätsstraße 25D-33615 Bielefeld |[email protected]

Dr. Andrea B. HornPsychopathologie und Klinische InterventionUniversität ZürichBinzmühlestr. 14/17CH-8050 Zü[email protected]

Prof. Dr. Tina In-AlbonKlinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersRheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-LandauOstbahnstraße 12D-76829 [email protected]

Dr. Dipl.-Psych. Alexandra IwanskiFakultät 2 – PsychologieLehrstuhl EntwicklungspsychologieBergische Universität WuppertalGaußstraße 20D-42119 [email protected]

Dipl.-Päd. Verena KathmannKinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin (VT)Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersRheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-LandauOstbahnstraße 12D-76829 [email protected]

Laura Kraus, M.Sc.Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersRheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserslautern-LandauOstbahnstraße 12D-76829 [email protected]

Dr. Anett Kretschmer-TrendowiczBezirkskrankenhaus LandshutKlinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und PsychosomatikProf.-Buchner-Str. 22D-84034 [email protected]

M. Sc.-Psych. Lucie LichtensteinFakultät 2 – PsychologieLehrstuhl EntwicklungspsychologieBergische Universität WuppertalGaußstraße 20D-42119 [email protected]

Prof. Dr. Katajun LindenbergKlinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersJohannes Gutenberg-Universität MainzWallstr. 3D-55122 [email protected]

Michael W. Lippert, M. Sc.Ambulanzleitung BQT-3 AmbulanzFBZ – Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische GesundheitRuhr-Universität BochumMassenbergstraße 9 – 13D-44787 [email protected]

Dr. Arleta LuczejkoLeanderbank 11D-45239 [email protected]

Dipl.-Psych. Johanna MaxwillMumsenstr. 18D-22767 [email protected]

Dr. Cornelia MohrAbteilung für KinderschutzVestische Kinder- und Jugendklinik DattelnUniversität Witten/HerdeckeDr.-Friedrich-Steiner Str. 5D-45711 [email protected]

Verena Müller, M.Sc.Universität FribourgDepartment für PsychologieKlinische Psychologie und Psychotherapie2, Rue de FaucignyCH-1700 [email protected]

Prof. Dr. Simone MunschUniversität FribourgDepartment für PsychologieKlinische Psychologie und Psychotherapie2, Rue de FaucignyCH-1700 [email protected]

Dr. Simone PfeifferKlinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und JugendaltersRheinland-Pfälzische Technische Universität Kaiserlautern-LandauOstbahnstraße 12D-76829 [email protected]

Prof. Dr. Patrick PösselDep. of Educational and Counseling PsychologyUniversity of LouisvilleWoodford and Harriett Porter BuildingCollege of Education and Human Development1905 South 1st StreetLouisville, KY 40 [email protected]

PD Dr. Marc SchmidLeitender PsychologeUniversitäre Psychiatrische Kliniken (UPK) BaselKlinik für Kinder und JugendlicheWilhelm Klein-Strasse 27CH-4002 [email protected]

Prof. Dr. Silvia SchneiderFBZ – Forschungs- und Behandlungszentrum für psychische GesundheitDZPG – Deutsches Zentrum für psychische GesundheitRuhr-Universität BochumMassenbergstraße 9 – 13D-44787 [email protected]

Prof. Dr. Christina SchwenckJustus-Liebig-Universität GießenKlinische Kinder- und JugendpsychologieOtto-Behaghel-Straße 10CD-35394 Gieß[email protected]

Prof. Dr. Dr. Dipl. Psych. Christina StadlerKlinische Professorin für Entwicklungspsychopathologie (Full Professor)Leitende Psychologin und Bereichsleitung DTKUniversitäre Psychiatrische Kliniken (UPK) BaselKlinik für Kinder und JugendlicheWilhelm Klein-Strasse 27CH-4002 [email protected]

† Dr. Célia Steinlin-DanielssonZHAW Institut für Angewandte Psychologie in ZürichPfingstweidstrasse 96CH-8005 Zürich

Prof. Dr. Peter ZimmermannFakultät 2 – PsychologieLehrstuhl EntwicklungspsychologieBergische Universität WuppertalGaußstraße 20D-42119 [email protected]

Vorwort zur 2. Auflage

Vor ca. 10 Jahren: Gestern war so ein Abend... und das Einschlafen meines Sohnes klappte häufig nur mit Fremdregulation. In der Zwischenzeit ist mein älterer Sohn 11 Jahre alt und er hat die Entwicklungsaufgabe, alleine einzuschlafen sehr gut bewältigt. Aktuelle Herausforderung ist, wenn er durch seinen jüngeren Bruder provoziert wird, er überfordert ist und man ihm seine Wut ansehen kann. Dann kann es sein, dass er Unterstützung braucht, da das Ignorieren oder sich Abwenden nicht immer klappt.

Das Beispiel zeigt, dass die Fähigkeit, sich selbst zu beruhigen, manchmal ganz schön anstrengend sein kann. Gelingt es nicht, gibt es noch die Möglichkeit zur Fremdregulation. Die Emotionsregulation und deren Strategien verändern sich mit dem Alter. So nimmt die Fremdregulation mit zunehmendem Alter ab, dafür nimmt die Selbstregulation zu. Neue Strategien kommen hinzu, andere werden ausgebaut. Der Erwerb von Strategien zur Emotionsregulation ist für Kinder und Jugendliche eine wichtige Entwicklungsaufgabe. Gelingt dieser Schritt nicht oder nur ungenügend, so stellt eine andauernde, dysfunktionale Emotionsregulation einen Risikofaktor für die Entwicklung einer Vielzahl psychischer Störungen dar. Schwierigkeiten der Emotionsregulation begünstigen neben der Entstehung auch die Aufrechterhaltung verschiedener psychischer Störungen. Somit stellt die Emotionsregulation einen transdiagnostischen Ansatz dar. Dies impliziert wiederum, dass das Erlernen oder der Aufbau flexibler Emotionsregulationsstrategien wichtige Komponenten der Psychotherapie und der Prävention darstellen. Dass eine dysfunktionale Emotionsregulation bei verschiedenen psychischen Störungen von zentraler Bedeutung ist, bildet sich auch in den diagnostischen Klassifikationssystemen ab, indem bei den meisten psychischen Störungen mindestens ein Symptom Schwierigkeiten im Umgang mit Emotionen beinhaltet.

Die Forschungsarbeiten im Bereich der Emotionsregulation haben seit Erscheinen der ersten Auflage dieses Buches sichtbar zugenommen. Daher ist die Überarbeitung des Buches notwendig und sinnvoll. In den vergangenen Jahren haben Theorien, wie die Emotionsregulation psychische Störungen beeinflusst, aufrechterhält und dazu beiträgt, an empirischer Unterstützung gewonnen. Diese empirische Fundierung stimuliert wiederum Behandlungs- und Präventionsansätze.

Der Aufbau des Buches wurde beibehalten, es besteht wiederum aus zwei Teilen. Der erste Teil des Buches beinhaltet übergreifende Kapitel zum Thema Emotionsregulation. Im zweiten Teil des Buches wird die Rolle der Emotionsregulation beispielhaft anhand verschiedener psychischer Störungen des Kindes- und Jugendalters vorgestellt. Sowohl im ersten als auch im zweiten Teil sind neue Kapitel hinzugekommen.

Teil 1 beinhaltet das Kapitel »Theoretischer Hintergrund«, mit Beschreibung und Definition von Emotionsregulation und theoretischen Aspekten. Danach folgen Kapitel zur Entwicklung der Emotionsregulation und zu diagnostischen Verfahren. Ergänzt wird Teil 1 mit einem neuen Kapitel zu Neurobiologie und transgenerationaler Emotionsregulation. Das Kapitel zu Prävention wurde in »Emotionsregulationstrainings zur Prävention und Intervention« umbenannt.

Im zweiten Teil wird die Rolle der Emotionsregulation beispielhaft anhand verschiedener psychischer Störungen des Kindes- und Jugendalters vorgestellt. Zu den bisherigen Kapiteln Regulationsstörungen, Autismusspektrumstörungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, Störungen des Sozialverhaltens, Angststörungen, Traumata, Essstörungen, Depressionen und Nichtsuizidales Selbstverletzendes Verhalten sind Kapitel zu Medien-Abhängigkeit und Geschlechtsinkongruenz und Geschlechtsdysphorie dazugekommen. Die Darstellung der störungsspezifischen Kapitel erfolgt nach einem einheitlichen Schema. Zunächst wird das Erscheinungsbild der Störung dargestellt, anschließend wird der aktuelle Forschungsstand der Emotionsregulation bei der spezifischen Störung erläutert. Abgeschlossen werden die Kapitel mit Erläuterungen zu klinischen Implikationen, Schlussfolgerungen und einem Ausblick.

An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die zum Gelingen dieses Buches beigetragen haben. Ein großes Dankeschön an die Autorinnen und Autoren des Buches für die konstruktive Zusammenarbeit. Frau Kastl und Frau Ehmann vom Verlag W. Kohlhammer danke ich für die freundliche und kompetente Betreuung.

Tina In-AlbonBasel, April 2023

1 Theoretischer Hintergrund zur Emotionsregulation

Tina In-Albon

When afraid, we may run, but do not always do so.When angry, we may strike, but do not always do so.And when amused, we may laugh, but do not always do so.How we regulate our emotions matters:Our well-being is inextricably linked to our emotions.(Gross, 2002, S. 281)

1.1 Emotionen

Emotionen wie Freude, Trauer, Wut und Angst prägen unser Leben. Sie können uns vieles erleichtern (z. B. soziale Beziehungen), aber auch zum falschen Ort, zur falschen Zeit und in falscher Intensität auftreten. Emotionen steigen auf, wenn uns etwas Wichtiges berührt (Greenberg & Paivio, 2000) oder wenn wir einer Situation einen für uns aktuellen und relevanten Zweck zuschreiben (Lazarus, 1991). Zentral ist, dass es die Bedeutung ist, die wir einer Situation zuschreiben, welche Emotionen auslöst. Da sich diese Bedeutungen über die Zeit hinweg verändern können, ändern sich auch Emotionen. Schließlich sollen uns Emotionen motivieren, etwas zu tun. Dabei lassen sie Raum für das Ausmaß und die Art der Reaktion.

Bereits Aristoteles (384 – 322 v. Chr.; 1999) hat sich mit der Definition von Emotionen beschäftigt. Dabei hat er sich vor allem mit der Emotion Wut auseinandergesetzt. »Jeder kann wütend werden, das ist einfach. Aber wütend auf den Richtigen zu sein, im richtigen Maß zur richtigen Zeit, zum richtigen Zweck und auf die richtige Art, das ist schwer« (S. 61, übersetzt durch die Autorin). Dieses Zitat ist noch immer zeitgemäß. Es verweist darauf, dass Emotionen unser Verhalten prägen und eine bedeutsame Rolle für zwischenmenschliche Beziehungen spielen. Somit hat der Umgang mit Emotionen eine zentrale Bedeutung für die allgemeine psychische Gesundheit. Aristoteles' Analyse von Wut beinhaltet denn auch eine kognitive Komponente, einen sozialen Kontext, eine Verhaltenstendenz und körperliches Arousal. Der kognitiven Komponente hat er einen besonders wichtigen Stellenwert zugeschrieben. So ging er davon aus, dass durch Argumente Emotionen verändert werden können, d. h. ein Gedanke kann dazu führen, eine Situation anders zu bewerten und somit eine andere Emotion auszulösen.

Eine konkrete Definition von Emotion gibt es nicht. LeDoux hat es folgendermaßen ausgedrückt: »Eines der wichtigsten Dinge, was jemals über Emotionen gesagt wurde, könnte sein, dass alle wissen, was damit gemeint ist, bis sie gefragt werden, sie zu definieren« (LeDoux, 1996, S. 23. übersetzt durch die Autorin). Ganz allgemein können positive Emotionen wie Freude abgegrenzt werden von negativen Emotionen wie Angst, Wut oder Trauer. Allen theoretischen Ansätzen ist gemein, dass es sich bei Emotionen um komplexe Antworten auf die für den Organismus wichtige interne oder externe Situationen handelt, welche Reaktionen auf Verhaltens-‍, Wahrnehmungs- und physiologischer Ebene auslösen (Buck, 1988; Garber & Dodge, 2004; Frijda, 1986). Beispielsweise wenn wir Angst empfinden, spüren wir physische Reaktionen, wie z. B. Schwitzen, Zittern und/oder Herzklopfen. Emotionen sind auch handlungsweisend. Das Wort »motion« für Bewegung findet sich bereits im Wort Emotion, so ist die Absicht einer Emotion, in Bewegung bzw. in Handlung zu kommen, im Wort eingebettet. Emotionen beeinflussen ebenso die kognitiven Prozesse und tragen dazu bei, eine Entscheidungsfindung entweder zu erleichtern oder zu erschweren (Greenberg & Paivio, 2000). Des Weiteren sind Emotionen zentral für die Gestaltung von interpersonellen Beziehungen. Dies geschieht in Form von Mimik, Gestik, empathischem Verständnis und Verhalten (Ekman et al., 1972; Fridlund, 1994).

Neben der Beeinflussung von Entscheiden, Aufmerksamkeit, Verhalten, psychischer Gesundheit und sozialer Interaktion sind Emotionen veränderbar. Emotionen können dabei unkonditionierte Reaktionen auf intrinsische Reize oder gelernte konditionierte Reaktionen darstellen und eher automatisiert oder bereits moduliert auftreten (Barnow, 2020). Für das Verständnis der Bedeutung ist der jeweilige Kontext relevant.

Die primäre Funktion von Emotionen ist, den Organismus zu befähigen, schnell auf Anforderungen zu reagieren. Zum Beispiel weichen wir ohne zu überlegen automatisch zurück, wenn wir einer Schlange begegnen. So verweist LeDoux (2001) darauf, dass das Gehirn Verhaltensziele oft ohne Beteiligung des Bewusstseins verwirklicht. Dies ist so zu verstehen, dass das Ergebnis einer emotionalen Bewertung zwar bewusst wird, aber nicht, dass wir die Grundlage der Bewertung bewusst verstehen. Emotionen beeinflussen zudem, wie wir auf Herausforderungen und Gelegenheiten reagieren (Gross, 2002).

Bereits William James (1884) sah Emotionen als Antworten an, welche durch verschiedene Faktoren moduliert werden können. Die Funktion, dass Emotionen uns unterbrechen können, in dem, was wir gerade tun, und in unser Bewusstsein vordringen können, nannte Frijda (1986) »control precedence«. Gross (2002) geht davon aus, dass dieser Aspekt der Fähigkeit zur Emotionsmodulation zentral ist, indem sie die Grundlage darstellt, dass Emotionsregulation überhaupt stattfinden kann.

Während Affekt als Oberbegriff für Gefühlszustände wie Emotionen, Stimmungen und Stressreaktionen verwendet wird (Gross & Thompson, 2007), sind Stimmungen eher ungerichtet, diffus, länger andauernd und weisen meist eine geringere Intensität auf. Emotionen dagegen sind eher instabil, intensiv, von kurzer Dauer und gerichtet.

1.2 Emotionen und Kognitionen

Bower (1981) stellte eine Netzwerktheorie der Emotionen auf, in welcher Emotionen als Knoten in einem semantischen Gedächtnisnetzwerk repräsentiert sind. Diese Emotionsknoten stehen in Verbindung mit anderen Knoten, die emotionsbezogene Informationen enthalten (z. B. Ereignisse, bei denen die jeweilige Emotion auftrat, Ausdrucksverhalten, auslösende Bewertungen, physiologische Reaktionen, sprachliche Bezeichnungen der Emotionen). Durch die vielfältigen Verbindungen erklärt sich, dass Emotionen durch viele unterschiedliche Reize aktiviert werden können. Nach Bower kann die Aktivierung der Netzwerkstrukturen schon vor der bewussten Wahrnehmung wirksam werden. Aus dieser Theorie lässt sich ableiten, dass sich Informationen, die z. B. mit Angst assoziiert sind, in ängstlicher Stimmung besser abrufen lassen als in anderen emotionalen Zuständen, während der Abruf anderer Inhalte erschwert ist.

Die Emotionstheorie von Lang (1979, 1988) baut auf Bowers Modell auf. Nach Lang sind – um bei der Emotion Angst zu bleiben – angstbezogene Informationen über Reize, Reaktionen und Bedeutungen in einem assoziativen Netzwerk gekoppelt, d. h. Angst kann durch Reaktionen, Bedeutungen und durch Reize ausgelöst werden. Lang betont die Schnelligkeit und den Automatismus der Informationsverarbeitungsprozesse bei Ängsten. Foa und Kozak (1986) erweiterten die Theorie von Lang. Ihre Informations-Prozess-Theorie besagt, dass auch Informationen über die Auftretenswahrscheinlichkeit und die Wertigkeit von Ereignissen im Netzwerk gespeichert sind. Ihrer Ansicht nach sind potentielle Angstauslöser über die Gedächtnisstruktur mit einer Schadensüberzeugung, d. h. befürchteten Konsequenzen, verbunden. Die Autor:innen nehmen an, dass bei der Angstentstehung immer Bewertungsvorgänge beteiligt sind. Diese sind den Betroffenen häufig nicht bewusst. Mithilfe einer Expositionstherapie kann die Gedächtnisstruktur durch Informations- und Habituationsprozesse so verändert werden, dass die Wahrscheinlichkeitseinschätzungen betreffend der befürchteten Konsequenzen realistischer werden.

Appraisal-Theorien sehen Kognitionen, körperliche Zustände als Bestandteil emotionaler Prozesse, die insbesondere die Bedeutung der Emotion für die jeweilige Person festlegen (Damasio & Carvalho, 2013; Scherer, 2009).

Die 2-System-Modelle gehen von reziprok agierenden Systemen aus, die sich wechselseitig beeinflussen. Kahneman (2003, 2013) beschreibt System 1 als intuitiv, implizit, automatisch, schnell, assoziativ operierend, welches sich auch als Bottom-up oder Lower-Level-System verstehen lässt. System 2, welches langsam, flexibel, seriell, kontrolliert, neutral agiert und komplexere Informationen verarbeitet, sowie auf exekutive Funktionen zugreift. Die Folge ist ein reziprokes Zusammenspiel. Hingegen tragen integrative Modelle, die von einem dimensionalen emotionalen/kognitiven Aspekt ausgehen, die je nach Kontext und Motiv schwächer oder stärker miteinander agieren, zu einem ausgeprägteren Verständnis bei (Pessoa, 2013).

1.3 Emotionen und Emotionsregulation: Sind sie unterscheidbar?

Emotionen und Emotionsregulation (ER) sind miteinander verbunden, so dass kontrovers diskutiert wird, ob diese unterscheidbar sind oder nicht. Die eine Seite argumentiert, dass Emotionen und ER nicht zu unterscheiden sind und dass alle Emotionen zu einem gewissen Maß reguliert werden, so dass die ER als Teil der Emotionen zu betrachten sei (Campos, Frankel & Camras, 2004; Frijda, 1986). Die andere Seite argumentiert gegen die Annahme, dass alle Emotionen regulierte Emotionen sind. Sie geht davon aus, dass Emotionen und ER zu unterscheiden sind, da die Annahme, dass jedes Verhalten unbewusst motiviert ist, nicht überprüfbar sei (Gross, 2007; Kring & Werner, 2004).

1.4 Emotionsregulation

ER hat ihre Ursprünge in der Psychoanalyse und den Arbeiten von Lazarus (1966) und Selye (1956) zu Stressbewältigung und Coping. Freud (1926/1959) beschrieb in seinem Strukturmodell der Persönlichkeit zwei Strategien, Angst zu regulieren. Zum einen die Unterdrückung von Verhaltensweisen und zum anderen die Vermeidung angstauslösender Situationen. Selye (1974) unterschied zwischen zwei Arten von Stress: den Eustress, assoziiert mit positiven Gefühlen, und den Distress, welcher mit negativen Gefühlen in Zusammenhang gebracht wird. Das Modell von Lazarus sieht Stresssituationen als komplexe Wechselwirkungsprozesse zwischen den Anforderungen der Situation und der handelnden Person. Entscheidend dabei ist die subjektive Bewertung, ob eine Situation Stress auslöst oder nicht. Diese kann von Person zu Person variieren. Lazarus unterschied Coping-Reaktionen. So beschrieb er problem-fokussiertes Coping, welches die Lösung von Problemen anstrebt, und emotions-fokussiertes Coping, welches zum Ziel hat, negative Emotionen zu verringern. Das Konstrukt von emotions-fokussiertem Coping legte den Grundstein für die Studien zur ER (Gross, 1999).

Eine einheitliche Definition von ER liegt bis heute nicht vor. Gross (2002, S. 282) definiert ER folgendermaßen: »Emotion regulation refers to the processes by which we influence which emotions we have, when we have them, and how we experience and express them.« Übersetzt: ER bezieht sich auf alle Prozesse, die einen Einfluss darauf haben, ob und wann welche Emotion auftritt, wie intensiv wir sie wahrnehmen und wie sie ausgedrückt wird. Die Definition von Gross lokalisiert die ER im Individuum selbst. Eher entwicklungspsychologisch orientierte Definitionen betonen intrinsische (z. B. Temperament) und extrinsische Faktoren (z. B. die Beziehung des Kindes zu den Eltern). Beispielsweise definiert Thompson (1994, S. 27) ER wie folgt: »Emotion regulation consists of the extrinsic and intrinsic processes responsible for monitoring, evaluation, and modifying emotional reactions, especially their intensive and temporal features, to accomplish one's goals.« So ist die ER bei Säuglingen fremdreguliert und erst im Verlauf der Entwicklung von Kindern beginnt die Entwicklung intrapersoneller regulatorischer Fähigkeiten. Zusätzlich beschreibt er mehrere Möglichkeiten wie Emotionen reguliert werden können, z. B. durch neurophysiologische Reaktionen, Aufmerksamkeitsprozesse, Attributionen, Verfügbarkeit von Coping-Ressourcen, Konfrontation und Verhalten.

In einer gemeinsamen Konzeptualisierung wurden die beiden Definitionen von Gross und Thompson kombiniert. Sie besagt, dass ER auf einem Kontinuum von bewusster, mühsamer und kontrollierter Regulation zu unbewusster, müheloser und automatischer Regulation abläuft (Gross & Thompson, 2007). Diese Sichtweise erlaubt interne und externe Strategien der ER. Vorteil dieser Definition ist die Möglichkeit des Einsatzes in der Grundlagenforschung und im Zusammenhang mit der Psychopathologie.

Allgemein kann festgehalten werden, dass mit dem Begriff der ER alle Prozesse bezeichnet werden, die der mentalen Verarbeitung emotionaler Zustände dienen, d. h. Prozesse, durch die Individuen das Entstehen, die Bewertung, den Verlauf und den Ausdruck von Emotionen modifizieren (Gross, 1998, 1999, 2014, 2015).

ER bedeutet des Weiteren, Ziele zu verfolgen, auch wenn negative Gefühle erwartet werden, und eigene Impulse zu kontrollieren. ER heißt auch, Regulationsstrategien einsetzen zu können, die der Situation angemessen sind (Gross & Thompson, 2007). Daher sollten Emotionen nicht ungefiltert an die Umwelt weitergegeben werden (Gratz & Roemer, 2004; Thompson, 1994). Für ein kleines Kind mag es adaptiv sein, aus Hunger oder Müdigkeit zu schreien. Bei einer erwachsenen Person wäre ein solches Verhalten jedoch inakzeptabel.

Individuelle Ziele der ER mögen relativ vage sein, es ist jedoch klar, dass ER zwei grundlegende Aspekte beinhaltet, die Reduktion negativer und die Steigerung positiver Emotionen. Wichtig ist dabei, dass positive und negative Emotionen funktional sind und ihre Berechtigung haben und daher keine a priori-Annahmen getroffen werden sollten, ob eine bestimmte ER gut oder schlecht ist.

1.4.1 Das erweiterte Prozessmodell der Emotionsregulation nach Gross (1998, 2002, 2015)

Die Definition der ER von Gross wurde bereits weiter oben wiedergegeben. Gross (2002, 2015) bezeichnet das Erleben, Ausdrücken und Beeinflussen von Emotionen als Emotionsregulation. Dies zeigt sich auch in seinem Prozessmodell der ER, welches 2015 erweitert wurde (▸ Abb. 1.1). Das Modell beschreibt zunächst den zeitlichen Ablauf von Situation, Aufmerksamkeit, Bewertung und Reaktion. Bei diesen Prozessen setzen fünf Emotionsregulationsstrategien an. Die Prozesse können automatisch oder kontrolliert und bewusst oder unbewusst ablaufen. Dabei werden die Emotionsregulationsstrategien in zwei Strategien eingeteilt, die zu unterschiedlichen Zeiten der ER eingesetzt werden, nämlich die antizipatorischen und die reaktive. Die antizipatorischen Strategien beziehen sich auf die Zeit, bevor eine Emotion entfaltet ist. Die antizipatorischen Strategien umfassen die Situationsauswahl, die Situationsmodifikation, die Aufmerksamkeitslenkung und die Kognitive Veränderung. Die reaktive Strategie hingegen fokussiert auf die unmittelbare emotionale Reaktion, wenn die Emotion bereits erlebt wird. Als reaktive Strategie wird die Strategie der Reaktionsveränderung beschrieben. Der Prozess der ER wird in drei Phasen beschrieben, der Identifikationsphase, in der ein emotionaler Zustand wahrgenommen und in Bezug auf Ziele bewertet wird und in der in Anbetracht der Situation entschieden wird, ob an diesem Zustand etwas verändert werden soll. Es folgt die Selektionsphase, in der aus einer Auswahl von Emotionsregulations-Strategien anhand von Kontext und Intensität eine Strategie gewählt wird. In der Implementierungsphase geht es um die angepasste Umsetzung einer Strategie.

Die Erweiterung des Modells besteht darin, dass Wertungen und dem Kontext und damit auch Interaktionsprozessen mehr Gewicht verliehen werden. Im Prozess wird die Welt (W) in ihrer momentanen Zusammensetzung (innere und äußere Bedingungen) wahrgenommen (Perception, P), es folgt eine Wertung (Valuation, V, »ist es gut oder schlecht für mich«), die dann eine Aktion begründet (Action, A). Die Aktion wiederum beeinflusst die Umwelt (W) usw., so dass die Feedbackschleifen immer wieder durchlaufen werden (Gross, 2015).

Die genannten fünf Emotionsregulationsstrategien wirken allgemein auf die Umwelt ein und diese werden im Folgenden beschrieben. Die Situationsauswahl beinhaltet die Selektion von Situationen, Personen oder Orten. Typisches Beispiel ist das Vermeidungsverhalten von Patienten mit Angststörungen, bspw. vermeiden Personen mit sozialen Ängsten soziale Situationen, was kurzfristig zu einer Angstreduktion, langfristig jedoch zu einer Angststeigerung führt. Die Situationsmodifikation beinhaltet die Kontrolle und die aktive Veränderung der Situation, bspw. durch das Durchführen von Sicherheitsverhalten (Begleitperson dabeihaben, Rückversicherung einholen) oder die Einnahme von Medikamenten. Bei der Aufmerksamkeitslenkung geht es um die Fokussierung einzelner Aspekte, bspw. wenn ich etwas Falsches in der Schulklasse sage, werden mich alle auslachen. Die Strategie der Kognitiven Veränderung beschreibt, welche Bedeutung einer Situation zugeschrieben wird. An diesem Punkt kann eine kognitive Neubewertung (Reappraisal) stattfinden, indem man die Situation neu bewertet und ihr eine andere Bedeutung zuweist.

Die Strategie der Reaktionsveränderung ist diejenige, welche reaktiv eingesetzt werden kann. Die vorhandene Emotion kann zwar nicht mehr verändert, hingegen unterdrückt oder überspielt werden. Die Reaktionen auf die Emotion können sich im Verhalten, im Erleben und in physiologischen Reaktionen widerspiegeln. Die beiden Strategien der kognitiven Neubewertung (Reappraisal) als antizipatorische und Unterdrückung (Suppression) als reaktive Strategie wurden bislang am häufigsten untersucht. Die Unterdrückung wird definiert als die Hemmung von anhaltendem emotionalem Verhalten. Die kognitive Neubewertung ist eine Form kognitiver Veränderung, die darin besteht, eine potentiell emotionserzeugende Situation in einer Art und Weise zu konstruieren, dass deren emotionales Potential verringert wird. Beide Strategien, Neubewertung und Unterdrückung, dienen der Down-Regulation von Emotionen und haben affektive, kognitive und soziale Konsequenzen, kurz- und langfristig, welche in den folgenden Abschnitten erläutert werden.

Abb. 1.1:Adaption des erweiterten Prozessmodells der Emotionsregulation nach Gross & Thompson (2007) und Gross (2015), mit freundlicher Genehmigung von Guilford Press

Affektive Konsequenzen

Gemäß Modell wird angenommen, dass die Neubewertung die emotionale Reaktion verändert und somit zu geringeren Reaktionen auf der Erlebens-‍, Verhaltens- und physiologischen Ebene führt. Hingegen kann Unterdrückung das Ausdrucksverhalten verändern, nicht aber das emotionale Erleben. Die physiologische Reaktion kann dadurch sogar verstärkt werden (Gross, 1998). Labor- und Fragebogenuntersuchungen weisen darauf hin, dass sich die affektiven Konsequenzen individuell unterscheiden (Gross, 2002). Personen mit wiederholter Unterdrückung als Emotionsregulationsstrategie erleben häufiger negative und weniger positive Emotionen. Das Ausdrucksverhalten nach außen wird jedoch gehemmt. Personen mit der Regulationsstrategie Neubewertung erfahren weniger negative, jedoch mehr positive Emotionen und zeigen dies entsprechend auch nach außen. Nach Gross und John (2003) können beide Regulationsstrategien langfristige Einflüsse auf Lebenszufriedenheit, Wohlbefinden und Depression haben, wobei Neubewertung mit einer positiven und Unterdrückung mit einer negativen Assoziation einhergeht (Gross & John, 2003). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Unterdrückung und Neubewertung unterschiedliche affektive Konsequenzen haben.

Kognitive Konsequenzen

Die Strategie der Unterdrückung erfordert Selbstkontrolle und benötigt somit kognitive Ressourcen. Daraus geht die Annahme hervor, dass Unterdrückung im Vergleich zu Neubewertung zu einem schlechteren Erinnerungsvermögen führt (Richards & Gross, 2000). Im Gegensatz zur Strategie Unterdrückung erfordert Neubewertung keine kontinuierliche Selbstkontrolle, daher bleiben die Erinnerungsleistungen intakt.

Soziale Konsequenzen

Der emotionale Ausdruck spielt eine wichtige Rolle bei sozialen Interaktionen. Das Ausdrucksverhalten und die Mimik senden soziale Signale aus, welche die Kommunikation erleichtern.

Die Annahme des Prozessmodells geht davon aus, dass Unterdrückung sowohl negative als auch positive Emotionsausdrücke reduziert. Somit werden wichtige soziale Signale maskiert, welche dem Interaktionspartner zur Verfügung stehen würden. Personen, welche Unterdrückung als Emotionsregulation verwendeten, zeigten bei Interaktionen weniger positive Gefühle und waren unempfindlich gegenüber emotionalen Cues (Butler et al., 2003). Das heißt, sie zeigten weder soziale Signale noch nahmen sie diese von ihren Interaktionspartnern wirklich wahr. Eine erhöhte physiologische Aktivität bei der Unterdrückung wurde ebenfalls gezeigt. Weitere soziale Konsequenzen, wie das Ausmaß an sozialer Hilfe und Beliebtheit, wurden anhand von Fragebögen erfasst (Gross & John, 2003). Die Ergebnisse wiesen darauf hin, dass Personen mit Unterdrückung als Emotionsregulationsstrategie weniger beliebt waren als Personen, welche Neubewertung als Regulationsstrategie verwendeten. Ebenfalls wurde Unterdrückung mit weniger sozialer Hilfe im Vergleich zur Neubewertung in Verbindung gebracht. In einer Studie von Mauss, Cook, Cheng und Gross (2007) wurde das Gefühl Ärger experimentell ausgelöst. Dabei wurden kardiovaskuläre Werte gemessen sowie die Emotionsregulationsstrategie anhand eines Fragebogens erfasst. Die Ergebnisse zeigten, dass die Probanden mit hohen Werten in der Emotionsregulationsstrategie Neubewertung signifikant weniger Ärger verspürten als die Probanden, die niedrige Werte aufwiesen. Die Autoren schließen aus diesen Ergebnissen, dass die Strategie der Neubewertung sich positiv auf die eigene Gesundheit und die sozialen Beziehungen auswirkt (Gross, 2002; Mauss et al., 2007).

Insgesamt kann aus den bisherigen Ergebnissen abgeleitet werden, dass die Strategie Unterdrückung mehr negative Auswirkungen auf affektiver, kognitiver und sozialer Ebene hat und somit Neubewertung eine erfolgreichere Strategie zur ER darstellt. Es können jedoch alle fünf aufgeführten Strategien des Prozessmodells Stolpersteine darstellen und eine dysfunktionale ER zur Folge haben. Erfolglose Strategien gehen grundsätzlich mit negativen Auswirkungen in verschiedenen Bereichen, wie Lebenszufriedenheit oder Wohlbefinden, einher. Jedoch wurde in bisherigen Studien der Fokus hauptsächlich auf die zwei Regulationsstrategien Neubewertung und Unterdrückung gelegt. Anzumerken ist des Weiteren, dass die Prozesse, obwohl sie voneinander getrennt und nacheinander dargestellt sind, wahrscheinlich nicht getrennt nacheinander ablaufen, sondern überlappend oder teilweise sogar parallel stattfinden, dies entspricht der aktuellen Konzeptualisierung von ER als Polyregulation (Ford et al., 2019).

1.4.2 Das Modell der Emotionsregulation von Gratz und Roemer

Gratz und Roemer (2004) fassen mehrere Teilbereiche von ER zu einem umfassenden, multidimensionalen Modell zusammen. Wie Thompson (1994) gehen sie davon aus, dass eine adaptive Regulation flexibel ist, d. h. auch abhängig von Kontextinformationen betrachtet werden muss und unter anderem die Modulierung von Emotionen beinhaltet und nicht die Elimination bestimmter Emotionen. Für eine adaptive Regulation ist es auch zentral Emotionen zu akzeptieren und zu validieren (Linehan, Bohus & Lynch, 2007), da Versuche Emotionen zu unterdrücken die Gefahr für Emotionsdysregulation erhöhen. Eine erfolgreiche ER hat die Veränderung von Intensität und Dauer einer Emotion zur Folge, die Emotion selbst bleibt gleich. Zudem ermöglicht eine erfolgreiche ER einer Person unangemessene oder impulsive Verhaltensweisen, trotz negativer Emotionen, zu kontrollieren (Linehan et al., 2007). Des Weiteren verstehen Gratz und Roemer ER nicht nur als die Fähigkeit, das emotionale Erleben und den emotionalen Ausdruck zu kontrollieren, sondern fügen an, dass die zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche ER im Wahrnehmen der eigenen Emotionen liegt.

Basierend auf den genannten Konzepten der ER, entwickelten Gratz und Roemer (2004, S. 42) ihr integratives Modell. Sie definieren ER wie folgt:

»Emotionsregulation beinhaltet:

1.

Das Bewusstsein und Verständnis von Emotionen,

2.

Die Akzeptanz von Emotionen,

3.

die Fähigkeit impulsives Verhalten zu kontrollieren und trotz negativer Emotionen zielgerichtet zu handeln,

4.

die Fähigkeit situationsangepasste Emotionsregulationsstrategien flexibel zu nutzen, um Emotionen wie gewünscht modulieren und Ziele erreichen zu können.«

Fehlen eine oder mehrere dieser Fertigkeiten, so kommt es zu Schwierigkeiten bei der ER. In Anlehnung an dieses Modell entwickelten Gratz und Roemer (2004) die »Difficulties in Emotion Regulation Scale« (DERS) zur Erhebung von Schwierigkeiten bei der ER (▸ Kap. 3 »Diagnostische Verfahren der Emotionsregulation«).

1.5 Emotionsregulation und Psychopathologie

Die Fähigkeit emotionale Reaktionen auf Ereignisse zu regulieren, ist zentral für die psychische Gesundheit. Da Psychopathologie mehrheitlich durch negative Emotionen charakterisiert ist, geht es dabei vor allem um die Regulation negativer, aversiv wahrgenommener Emotionen. Eine Gemeinsamkeit verschiedener psychischer Störungsbilder sind Schwierigkeiten im Umgang mit der ER, siehe dazu die Meta-Analyse von Aldao et al. (2010, 2012), Lukas et al. (2018), sowie für das Kindes- und Jugendalter Compas et al. (2017). Somit kann die ER als transdiagnostischer Faktor betrachtet werden, was ihn sowohl für therapeutische als auch präventive Interventionen sehr interessant macht. Es konnte gezeigt werden, dass nach einer erfolgreichen Psychotherapie – über verschiedene Störungsbilder hinweg – Schwierigkeiten in der Affektregulation reduziert werden können (Sloan et al., 2017) und auch im Rahmen eines Präventionsprojekts mit Schulkindern zeigte sich eine Verbesserung in der ER (Pfeiffer et al., 2019). Fernandez et al. (2016) haben Affektregulation daher als sechste Domäne für das RDoC-Rahmenmodell vorgeschlagen.

Bezüglich der Frage, was mit dysfunktionaler ER gemeint ist und wie sie sich von der adaptiven ER unterscheidet: Gemäß Cicchetti, Ackerman und Izard (1995) ist die »Emotionsdysregulation« die maladaptive Implementierung von Emotionsregulationsstrategien, wenn die Fähigkeit der Implementierung dieser Strategien sonst intakt ist. Zudem schlagen die Autoren vor, dass sich »Probleme in der Emotionsregulation« auf die Abwesenheit oder Defizite bei Regulationsprozessen beziehen, wenn die Fähigkeit zur Implementierung beeinträchtigt ist. Die Konzeptualisierung von Gross und Thompson geht davon aus, dass es zunächst notwendig ist, Emotionsregulationsfähigkeiten zu entwickeln und dann diese Fähigkeiten kontextabhängig und angemessen einzusetzen sind.

Die einfachste Klassifizierung von Emotionsregulationsstrategien ist die Einteilung in adaptiv und maladaptiv. Akzeptanz, Neubewertung und soziale Unterstützung werden als eher adaptive Strategien gesehen, die mit psychischer Gesundheit einhergehen, während Vermeidung, Rumination und Unterdrückung als maladaptive Strategien klassifiziert werden und damit mit Psychopathologie einhergehen. Diese Unterscheidung ist jedoch insofern zu simpel, als dass die Funktionalität einer Strategie vom Kontext abhängig ist (Aldao et al., 2010; Aldao et al., 2012), von der Intensität der erlebten Emotionen (Sheppes et al., 2011) und, dass jede Strategie hilfreiche und weniger hilfreiche Aspekte beinhaltet.

1.6 Emotionsregulations-Flexibilität

Die einfache Klassifizierung von Emotionsregulationsstrategien in adaptiv und maladaptiv ist nur bedingt hilfreich, der Komplexität des Umgangs mit Emotionen gerecht zu werden. Dabei zeigt sich zunehmend die Bedeutung einer flexiblen ER für die physische und psychische Gesundheit.

Bei der Emotionsregulations-Flexibilität wird dem Einfluss des Kontexts Rechnung getragen, wie auch der Interaktion von Kontext und Zielen einer Person (Aldao et al., 2010; Bonanno und Burton, 2013). Aldao et al. (2015) beschreiben Emotionsregulations-Flexibilität auch als Variabilität von Emotionsregulations-Strategien über Situationen hinweg. Zur Operationalisierung sind EMA-Designs anwendbar.

Gross (2015) hat diesen Aspekt der flexiblen ER als drei sequenzielle Stufen in sein erweitertes Prozessmodell (▸ Abb. 1.1) aufgenommen: 1. Identifikation, 2. Selektion, 3. Implementierung. Emotionsregulations-Flexibilität bezieht sich dabei auf die ständige Überprüfung von Kontextänderungen sowie die bedarfsabhängige Anpassung von Strategien.

Bonanno und Burton (2013) beschreiben drei nacheinander folgende Komponenten regulatorischer Fertigkeiten: 1. Kontextsensitivität, d. h. die Fähigkeit, Anforderungen und Möglichkeiten der Situation zu identifizieren 2. Emotionsregulations-Repertoire, d. h. die verfügbaren Emotionsregulationsstrategien und 3. Rückmeldung zur Emotionsregulations-Wirksamkeit, d. h. wie effektiv wurde die entsprechende Emotion reguliert.

Eine flexible ER erfordert zudem exekutive Prozesse. Erfolgreiche ER beruht u. a. auf dem Zusammenspiel von metakognitiven Prozessen, die flexibles Denken und Handeln ermöglichen. Diese exekutiven Funktionen umfassen die Kernbereiche Arbeitsgedächtnis, Inhibition und kognitive Flexibilität (Miyake et al., 2000). Das Arbeitsgedächtnis ist für das Speichern und Aktualisieren von Informationen zuständig, Inhibition erlaubt das Unterdrücken unpassender Reaktionen und kognitive Flexibilität erlaubt das Wechseln zwischen Aufgaben und Inhalten. Das Arbeitsgedächtnis unterstützt Affektregulation, indem es kognitive Kapazität für die Bewertung von Situationen bereitstellt (z. B. McRae, Jacobs, Ray, John, & Gross, 2012). Durch Inhibition können negative Bewertungen unterdrückt werden (Tabibnia et al., 2011), und kognitive Flexibilität kann die Neubewertung von Situationen unterstützen (McRae et al., 2012), für ein Review siehe Pruessner et al. (2020).

Basierend auf dem Konzept der flexiblen ER und dem erweiterten Prozessmodell von Gross (2015) hat Barnow (2020) ein heuristisches integratives Modell der flexiblen ER (I-FER) vorgestellt. Das Modell setzt sich aus sechs Modulen zusammen, die sich wechselseitig beeinflussen. Dies sind: 1) Evaluation der Situation und Identifikation des Regulationsbedarfs, 2) die Emotionserkennung, als Grundlage der bewussten Regulation emotionaler Zustände, 3) Aufmerksamkeitslenkung als Grundlage für kontextbezogene ER, 4) Festlegung des Regulationsziels gemäß Kontext, d. h. die Kontextsensitivität ist bedeutsam für die Auswahl und Effizienz der Emotionsregulationsstrategie, 5) Selektionsprozess: Auswahl der Emotionsregulationsstrategie aus dem Repertoire, 6) Evaluation der Emotionsregulations-Effektivität, welche auch wichtig ist für das Erlernen neuer Emotionsregulation-Kontext Zusammenhänge.

1.7 Emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit

Selbstwirksamkeit ist die eigene Überzeugung, auch schwierige Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft erfolgreich bewältigen zu können. Nach Saarni (2002) äußert sich emotionale Kompetenz als Selbstwirksamkeit in emotionsauslösenden sozialen Transaktionen. Somit können Fähigkeiten in der ER und der Selbstwirksamkeit als wichtige Aspekte für die Entstehung, Aufrechterhaltung und Intervention psychischer Schwierigkeiten angesehen werden. Daher rückt derzeit die emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit verstärkt in den Fokus der Forschung. Die emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit beschreibt die individuelle Überzeugung, Emotionen regulieren und bewältigen zu können. Im Längsschnitt zeigte sich emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit als Prädiktor für psychologisches Wohlbefinden und Depressivität (Tamir et al., 2007). Zudem zeigte sich die emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit als protektiver Faktor für depressive Symptome und Einsamkeit (Calandri et al., 2020). Des Weiteren konnte die emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit den Erfolg der ER vorhersagen (Benfer et al., 2018).

1.8 Fazit

Die Emotionsregulation ist ein hoch faszinierender, wenn auch sehr komplexer Prozess der relevant ist für die Entstehung, Aufrechterhaltung und Behandlung einer Vielzahl psychischer Auffälligkeiten. Dieser transdiagnostische Aspekt macht ER bzw. den noch etwas breiteren Ansatz der emotionalen Kompetenzen für Präventionsmaßnahmen besonders geeignet. Wichtige Weiterentwicklungen sind die Berücksichtigung des Kontexts und damit der Emotionsregulations-Flexibilität und die emotionsregulatorische Selbstwirksamkeit.

Bei den Emotionsregulationsstrategien ist zu berücksichtigen, dass diese, obwohl sie voneinander getrennt und häufig nacheinander dargestellt sind, sehr wahrscheinlich nicht getrennt nacheinander ablaufen, sondern überlappend oder teilweise parallel stattfinden. Dies wird mit dem Begriff der Polyregulation (Ford et al., 2019) beschrieben und ist sicherlich auch ein wichtiger zukünftiger Forschungsaspekt. Des Weiteren zeigen neuere Studien, dass es einen bidirektionalen Einfluss von Emotionsregulationsstrategien gibt, d. h. am Beispiel Suppression, dass diese sowohl symptomatisch als auch ein Prädiktor für psychologischen Distress sein kann (Dawel et al., 2021).

1.9 Literaturverzeichnis

Aldao, A., & Nolen-Hoeksema, S. (2012). The influence of context on the implementation of adaptive emotion regulation strategies. Behavior Research and Therapy, 50, 493 – 501.

Aldao, A., Nolen-Hoeksema, S., & Schweizer, S. (2010). Emotion-regulation strategies across psychopathology: A meta-analytic review. Clinical psychology review, 30‍(2), 217 – 237.

Aldao, A., Sheppes, G., & Gross, J. J. (2015). Emotion regulation flexibility. Cognitive Therapy and Research, 39, 263 – 278.

American Psychiatric Association (2013). Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders: DSM-5 (5th ed). Washington, D.C: American Psychiatric Association.

Aristoteles (1999). Nicomachean ethics (2nd ed.), (T. Irwin, Trans.) Indianapolis, In: Hackett (Original work published in tablet form).

Barnow, S. (2020). Handbuch Emotionsregulation. Zwischen psychischer Gesundheit und Psychopathologie. Heidelberg: Springer.

Benfer, N., Bardeen, J. R., & Clauss, K. (2018). Experimental manipulation of emotion regulation self- efficacy: Effects on emotion regulation ability, perceived effort in the service of regulation, and affective reactivity. Journal of Contextual Behavioral Science, 10, 108 – 114.

Bonanno, G. A., & Burton, C. L. (2013). Regulatory flexibility: An individual differences perspective on coping and emotion regulation. Perspectives on Psychological Science, 8, 591 – 612.

Bower, G. H. (1981). Mood and memory. American Psychologist, 36, 129 – 148.

Buck, R. (1988). Human motivation and emotion (2nd edition). Oxford, UK: John Wiley & Sons.

Butler, E. A., Egloff, B., Wilhelm, F. H., Smith, N. C., Erickson, E. A., & Gross, J. J. (2003). The social consequences of expressive suppression. Emotion, 3, 48 – 67.

Calandri, E., Graziano, F., Cattelino, E., & Testa, S. (2020). Depressive symptoms and loneliness in early adolescence: The role of empathy and emotional self-efficacy. The Journal of Early Adolescence, https://doi.org/10.1177/0272431620919156.

Campos, J. J., Frankel, C. B., & Camras, L. (2004). On the nature of emotion regulation. Child Development, 75‍(2), 377 – 394.

Cicchetti, D., Ackerman, B. P., & Izard, C. E. (1995). Emotions and emotion regulation in developmental psychopathology. Development and Psychopathology, 7, 1 – 10.

Compas, B. E., Jaser, S. S., Bettis, A. H., Watson, K. H., Gruhn, M. A., Dunbar, J. P., Williams, E., & Thigpen, J. C. (2017). Coping, emotion regulation, and psychopathology in childhood and adolescence: A meta-analysis and narrative review. Psychological bulletin, 143‍(9), 939.

Damasio, A., & Carvalho, G. B. (2013). The nature of feelings: Evolutionary and neurobiological origins. Nature Reviews Neuroscience, 14, 143 – 152.

Dawel, A., Shou, Y., Gulliver, A., Cherbuin, N., Banfield, M., Murray, K., Calear, A. L., Morse, A. R., Farrer, L. M., & Smithson, M. (2021). Cause or symptom? A longitudinal test of bidirectional relationships between emotion regulation strategies and mental health symptoms. Emotion, 21‍(7), 1511 – 1521.

Ekman, P. (1993). Facial expression and emotion. American Psychologist, 48, 384 – 392.

Ekman, P., Friesen, W. V., & Ellsworth, P. (1972). Emotion in the human face: guidelines for research and an integration of findings. New York: Pergamon Press.

Fernandez, K. C., Jazaieri, H., & Gross, J. J. (2016). Emotion regulation: A transdiagnostic perspective on a new RDoC domain. Cognitive Therapy Research, 40, 426 – 440.

Foa, E. B., & Kozak, M. J. (1986). Emotional processing of fear: exposure to corrective information. Psychological Bulletin, 99, 20 – 35.

Ford, B. Q., Gross, J. J., & Gruber, J. (2019). Broadening our field of view: The role of emotion polyregulation. Emotion Review, 11, 197 – 208.

Freud, S. (1959). Inhibitions, symptoms, anxiety (A. Strachey, Trans., & J. Strachey, Ed.). New York: Norton (Original work published 1926).

Fridlund, A. J. (1994). Human facial expression: an evolutionary view. San Diego, CA: Academic Press.

Frijda, N. H. (1986). The emotions. Cambridge, UK: Cambridge University Press.

Garber, J., & Dodge, K. A. (2004). Domains of emotion regulation. In J. Garber & K. A. Dodge (Eds.), The development of emotion regulation and dysregulation (pp. 3 – 11). Cambridge: Cambridge University Press.

Gratz, K. L., & Roemer, L. (2004). Multidimensional assessment of emotion regulation and dysregulation: development, factor structure, and initial validation of the Difficulties in Emotion Regulation Scale. Journal of Psychopathology and Behavioral Assessment, 26‍(1), 41 – 54.

Greenberg, L. S., & Paivio, S. (2000). Trabajar con las emociones en psicotherapia [Arbeiten mit Emotionen in der Psychotherapie] (M. Blasco & C. Mateu, Trans.). Barcelona: Ediciones Paidos Iberica, S.A. (Original erschienen 1997: Working with emotions in psychotherapy).

Gross, J. J. (1998). The emerging field of emotion regulation: an integrative review. Review of General Psychology, 2‍(3), 271 – 299.

Gross, J. J. (1999). Emotion regulation: past, present, future. Cognition and Emotion, 13‍(5), 551 – 573.

Gross, J. J. (2002). Emotion regulation: affective, cognitive, and social consequences. Psychophysiology, 39, 281 – 291.

Gross, J. J. (Ed.) (2007). Handbook of emotion regulation. New York: Guilford Press.

Gross, J. J. (2014). Handbook of emotion regulation (2. Aufl.). New York: Guilford Press.

Gross, J. J. (2015). Emotion regulation: Current status and future prospects. Psychological Inquiry, 26, 1 – 26.

Gross, J. J., & John, O. P. (2003). Individual differences in two emotion regulation processes: implications for affect, relationships, and well-being. Journal of Personality and Social Psychology, 85‍(2), 348 – 362.

Gross, J. J., & Thompson, R. A. (2007). Emotion regulation: conceptual foundations. In J. J. Gross (Ed.), Handbook of emotion regulation (pp. 3 – 24). New York: Guilford Press.

James, W. (1884). What is an emotion? Mind, 9, 188 – 205.

Kahneman, D. (2003). A perspective on judgment and choice: Mapping bounded rationality. American Psychologist, 58‍(9), 697 – 720. https://doi.org/10.1037/0003-066x.58.9.697.

Kahneman, D. (2013). Thinking, fast and slow. London: Penguin.

Kring, A. M., & Werner, K. H. (2004). Emotion regulation and psychopathology. In P. Philippot & R. S. Feldman (Eds.), The regulation of emotion (pp. 359 – 385). Mahwah, N. J., US: Lawrence Erlbaum Associates Publishers.

Lang, J. P. (1979). A bio-informational theory of emotional imagery. Psychophysiology, 16, 495 – 512.

Lang, J. P. (1988). Fear, anxiety, and panic: context, cognition, and visceral arousal. In S. Rachman & J. D. Maser (Eds.), Panic: psychological perspectives (pp. 219 – 236). Hillsdale: Erlbaum.

Lazarus, R. S. (1966). Psychological stress and the coping process. New York: McGraw Hill.

Lazarus, R. (1991). Emotion and adaptation. New York: Oxford University Press.

LeDoux, J. (1996). The emotional brain. New York: Simon & Schuster.

LeDoux, J. (2001). Das Netz der Gefühle. Wie Emotionen entstehen. München: Deutscher Taschenbuch Verlag.

Linehan, M. M., Bohus, M., & Lynch, T. R. (2007). Dialectical behavior therapy for pervasive emotion dysregulation: theoretical and practical underpinnings. In J. J. Gross (Ed.), Handbook of emotion regulation (pp. 581 – 605). New York: Guilford Press.

Lukas, C. A., Ebert, D. D., Fuentes, H. T., Caspar, F., & Berking, M. (2018). Deficits in general emotion regulation skills – Evidence of a transdiagnostic factor. Journal of Clinical Psychology, 74, 1017 – 1033.

Mauss, I. B., Cook, C. L., Cheng, J. Y. J., & Gross, J. J. (2007). Individual differences in cognitive reappraisal: experiential and physiological responses to an anger provocation. International Journal of Psychophysiology, 66, 116 – 124.

McRae, K., Jacobs, S. E., Ray, R. D., John, O. P., & Gross, J. J. (2012). Individual differences in reappraisal ability: Links to reappraisal frequency, well-being, and cognitive control. Journal of Research in Personality, 46, 2 – 7.

Miyake, A., Friedman, N. P., Emerson, M. J., Witzki, A. H., Howerter, A., & Wager, T. D. (2000). The unity and diversity of executive functions and their contributions to complex »frontal lobe« tasks: A latent variable analysis. Cognitive psychology, 41, 49 – 100.

Ochsner, K. N., & Gross, J. J. (2007). The neural architecture of emotion regulation. In J. J. Gross (Ed.), Handbook of emotion regulation (pp. 87 – 109). New York: Guilford Press.

Pessoa, L. (2013). The cognitive-emotional brain. Cambridge: MIT Press.

Pfeiffer, S., Gutzweiler, R., Tschan, T., & In-Albon, T. (2019). Konzeption, Akzeptanz und Durchführbarkeit einer modularisierten universellen Präventionsmaßnahme zur emotionalen Kompetenz für Kinder und Jugendliche an Schulen im Rahmen eines Service-Learning-Konzepts. Verhaltenstherapie, 29‍(4), 244 – 253.

Pruessner, L., Barnow, S., Holt, D. V., Joormann, J., & Schulze, K. (2020). A cognitive control framework for understanding emotion regulation flexibility. Emotion, 20‍(1), 21 – 29.

Richards, J. M., & Gross, J. J. (2000). Emotion regulation and memory: the cognitive costs of keeping one's cool. Journal of Personality and Social Psychology, 79‍(3), 410 – 424.

Saarni, C. (2002). Die Entwicklung von emotionaler Kompetenz in Beziehungen. In von Salisch, M. (Hrsg), Emotionale Kompetenz entwickeln (S. 3 – 30). Stuttgart: Kohlhammer.

Scherer, K. R. (2009). The dynamic architecture of emotion: Evidence for the component process model. Cognition and Emotion, 23, 1307 – 1351.

Selye, H. (1956/1976). The stress of life. New York: McGraw-Hill.

Selye, H. (1974). Stress without distress. Philadelphia: Lippincott.

Sheppes, G., Scheibe, S., Suri, G., & Gross, J. (2011). Emotion-regulation choice. Psychological Science, 22, 1391 – 1396.

Sloan, E., Hall, K., Moulding, R., Bryce, S., Mildred, H., & Staiger, P. K. (2017). Emotion regulation as a transdiagnostic treatment construct across anxiety, depression, substance, eating and borderline personality disorders: A systematic review. Clinical Psychology Review, 57, 141 – 163.

Tabibnia, G., Monterosso, J. R., Baicy, K., Aron, A. R., Poldrack, S., & Chakrapani, S. (2011). Different forms of self-control share a neurocognitive substrate. The Journal of Neuroscience, 31, 4805 – 4810.

Tamir, M., John, O. P., Srivastava, S., & Gross, J. J. (2007). Implicit theories of emotion: Affective and social outcomes across a major life transition. Journal of Personality and Social Psychology, 92‍(4), 731 – 744.

Thompson, R. A. (1994). Emotion regulation: a theme in search of definition. The development of emotion regulation: biological and behavioral considerations. Monographs of the Society for Research in Child Development, 59, 25 – 52.

2 Entwicklung der Emotionsregulation in Kindheit und Jugend

Peter Zimmermann, Lucie Lichtenstein und Alexandra Iwanski

Entwicklungsprozesse sind in der Regel transaktionale Veränderungen, die häufig bereichsspezifisch erfolgen. Dies gilt auch für die emotionale Entwicklung. Einzelne diskrete Emotionen differenzieren sich im Laufe der Entwicklung erst heraus und ebenso emotionsspezifisch entwickelt sich die Fähigkeit zur effektiven Beeinflussung von Emotionen, also die Emotionsregulation.

2.1 Emotion und Emotionsregulation

Emotionen werden, strukturalistisch betrachtet, als Zustand erfasst, der sich jedoch in Intensität und Qualität durch die Dynamik des Emotionsverlaufs selbst oder durch Emotionsregulation sehr schnell ändert. Emotionen sind, funktionalistisch betrachtet, Reaktionen, die darauf abzielen, eine bestimmte Beziehung des Individuums zur Umgebung entweder herzustellen, zu erhalten oder zu verändern (Saarni et al., 2006; Walle & Dahl, 2020). Sie basieren auf der Bewertung aktueller Situationsgegebenheiten in Bezug auf Neuigkeit, auf eigene Bedürfnisse und Ziele und deren Gefährdung, Beeinträchtigung oder Erreichung im Vergleich zu den eingeschätzten eigenen Kompetenzen und Handlungsmöglichkeiten (Sander et al., 2005). Diese Bewertungen erfolgen sehr schnell, so dass man mehr von automatischen als von willentlich gesteuerten und sprachlich zugänglichen Prozessen ausgehen kann.

Die Funktionalität von Emotionen ist nicht prinzipiell immer gegeben. Ärger kann z. B. funktional oder dysfunktional sein, je nachdem, ob er in der Intensität und für die jeweilige Situation angemessen ist, d. h. einen den eigenen Zielen näherbringt oder dies verhindert. Gleiche Gefühle können mit unterschiedlichem Verhalten einhergehen, aber auch eigentlich funktional unterschiedliche Emotionen (z. B. Ärger und Angst) können sich im Verhalten (z. B. Angriff) oder der Informationsverarbeitung (z. B. Tunnelblick) ähneln (Zimmermann, 1999). Die Wiederherstellung der Funktionalität von Emotionen ist ein wesentliches Ziel der Emotionsregulation.

Emotionsregulation umfasst all jene Prozesse, die an der zielgerichteten Beeinflussung, Überwachung, Bewertung und Steuerung emotionaler Reaktionen mit dem Ziel der kurz- oder langfristigen Anpassung des Individuums beteiligt sind (Gross & Thompson, 2007). Emotionsregulation setzt also dann ein, wenn entweder bereits eine Emotion ausgelöst wurde oder – vorausschauend – das Erleben einer Emotion erwartet wird und deren Eintreten oder Qualität beeinflusst werden soll (»antezedente Emotionsregulation«; McRae & Gross, 2020). Durch die Auswahl oder Gestaltung von Situationen, in die sich ein Individuum begibt, oder die Art der Aufmerksamkeitslenkung werden Emotionen reguliert, noch bevor sie erlebt werden.

Im Emotionsregulationsprozess werden vor allem die Intensität, die Qualität, der Ausdruck, sowie der zeitliche Verlauf einer Emotion, also die Latenz bis zum Auftreten einer Emotion, die Dauer der Emotion, sowie die Latenz bis zum vollständigen Abklingen gesteuert (vgl. Zimmermann & Thompson, 2014). Im Gegensatz zu Emotionsregulation, zielt Coping darauf ab einen unspezifischen, herausfordernden oder überfordernden negativen Belastungszustand zu verringern. Emotionsregulation hingegen umfasst auch Prozesse der Intensivierung von Emotionen, z. B. von Ärger zur Durchsetzung eigener Ziele, und die Beeinflussung positiver und negativer Emotionen. Emotionsregulation dient somit der Steuerung der Anpassung des Individuums.

Emotionsregulation verläuft auf einem Kontinuum zwischen automatischer bzw. impliziter und willentlicher Beeinflussung von Emotionen. Je intensiver Emotionen, desto automatischer werden sie reguliert, aber umso seltener ist eine effektive Emotionsregulation. Je jünger Kinder sind, umso automatischer sind diese Prozesse (Zimmermann & Thompson, 2014), da die zielkorrigierte Selbststeuerung noch weniger willentlich beeinflussbar ist.

Überwiegend wird Emotionsregulation als stabiles Persönlichkeitskonstrukt verstanden. Allerdings hängt es von situativen Gegebenheiten sowie der Qualität und der Intensität des erlebten Gefühls ab, wie man Emotionen konkret tatsächlich reguliert (vgl. Zimmermann & Iwanski, 2014). Emotionen bleiben nicht unreguliert. Intensive und nicht situationsangepasste emotionale Reaktionen werden als emotionale Dysregulation betrachtet, zeigen ein Defizit der effektiven Emotionsregulation (Cole et al., 2019) und stehen in Zusammenhang mit Psychopathologie (z. B. Schäfer et al., 2017).

2.1.1 Arten der Emotionsregulation

Die Möglichkeiten Emotionen zu regulieren sind vielfältig und lassen sich hinsichtlich der regulierenden Person und der Art der Beeinflussung der Emotion unterscheiden.

Wer reguliert Emotionen und welche Strategien lassen sich unterscheiden?

Emotionsregulation kann sowohl durch das Individuum selbst erfolgen als auch durch oder für andere Personen, also in sozialer Form. So sind beispielsweise Trost, Beruhigung oder Ermutigung durch oder für andere Formen sozialer Emotionsregulation, in denen durch soziale Interaktion Emotionen wie Trauer oder Angst verringert oder Stolz und Freude intensiviert werden (Zimmermann, 1999).

Es gibt eine Reihe an individuellen Emotionsregulationsstrategien, die zu verschiedenen Alterszeitpunkten genutzt werden, jedoch altersspezifisch modifiziert sein können. So werden die Auswahl von Situationen und Kontexten und die Veränderungen der Situationsparameter als Regulationsstrategien vor Auftreten der Emotion eher von älteren Kindern genutzt. Bei bereits gegebener Emotion zählen Aufmerksamkeitslenkung, Exploration des Emotionsauslösers, Neubewertung oder Selbstberuhigung zu den aktiven Strategien der Regulation. Deaktivierende Regulationsstrategien sind z. B. Ausdruckskontrolle, Vermeidung, oder Passivität, hyperaktivierende Strategien sind z. B. Rumination oder Dysregulation.

2.1.2 Allgemeine Veränderung der Emotionsregulation von der Kindheit zum Jugendalter

Die Veränderung der Emotionsregulation von der Kindheit zum Jugendalter erfolgt im Wesentlichen durch die Verbesserung der zielkorrigierten Selbststeuerung, also der Fähigkeit zur Vorhersage, Kontrolle und Modifikation von emotionalen Reaktionen zur Anpassung an Ziele oder Motive. ▸ Abb. 2.1 beschreibt hierzu ein allgemeines Modell der Entwicklung der Emotionsregulation mit fünf Basismodulen des Emotionsregulationsprozesses: (1) Ereignismodul, (2) Bewertungsmodul, (3) Emotionsmodul, (4) Emotionsregulationsstrategiemodul und (5) übergeordnetes Modul der »Zielkorrigierten Selbststeuerung«.

Das Ereignismodul (1) umfasst alle Prozesse, bei denen Merkmale von emotionsauslösenden Ereignissen oder Situationen antizipiert werden, so dass im Sinne antezedenter Emotionsregulation eine Auswahl oder potentielle Modifikation von Ereignissen und Situationen initiiert werden kann. Das Bewertungsmodul (2) umfasst alle Prozesse, welche ein Ereignis auf Relevanz, Dringlichkeit, Bewältigbarkeit und Konsequenzen der Situation prüfen, und variiert in der Menge der hierfür genutzten Information, der Qualität und Art der Bewertung und der Komplexität. Das Emotionsmodul (3) umfasst alle Prozesse, die sich durch den emotionalen Zustand ändern, also den Emotionsausdruck, die Handlungstendenzen, das Gefühl, die Informationsverarbeitung oder die physiologische Aktivierung. Das Emotionsregulationsstrategiemodul (4) umfasst das individuelle Repertoire aller potenziell zur Verfügung stehenden Strategien zur Regulation der Emotion (▸ Abb. 2.1). Die zielkorrigierte Selbststeuerung (5) schließlich steuert und beeinflusst potentiell alle anderen Module. Dies gelingt dann umso effektiver, je mehr man (a) den eigenen emotionalen Zustand oder die eigenen Bewertungen der Situation kohärent wahrnimmt und versteht, je klarer man (b) seine eigene emotionale Reaktion wahrnimmt und hinsichtlich der Zielerreichung und der Konsequenzen der eigenen Handlungen prüfen kann und (c) je mehr Wissen man über die Strategien und deren situative Wirkung hat (Zimmermann, 1999; Zeman & Shipman, 1997; Cole & Hollenstein, 2018).

Abb. 2.1:Allgemeines Modell der Emotionsregulation im Entwicklungsverlauf

Die Veränderungen der Emotionsregulation von der Kindheit bis zum Jugendalter basieren hauptsächlich auf einer Verbesserung der zielkorrigierten Selbststeuerung. Von der Kindheit bis zum Jugendalter wird die Modifikation und Anpassung der vorausschauenden Situationsauswahl, der Bewertung von aktuellen Ereignissen und der emotionsspezifischen Reaktion (z. B. Ausdrucks- oder Aufmerksamkeitsregulation) selektiver und dadurch langfristig effektiver. Allerdings verlaufen diese Entwicklungsveränderungen emotionsspezifisch unterschiedlich für die Nutzung und Effektivität (Zimmermann & Iwanski, 2018).

Entwicklungsveränderungen: Ereignismodul (Modul 1)

Nach McRea und Gross (2020) kann man antezedente Emotionsregulation von der Regulation nach ausgelöster Emotion unterscheiden. Antezedente Emotionsregulation setzt voraus, dass erwartete Emotionen in zukünftigen Situationen vorweggenommen werden und diese durch die Auswahl der Situationen und deren Modifikation bereits vor dem Auftreten der Emotionen reguliert werden. Dies erfordert, dass man (a) Wissen darüber hat, welche Situationen generell oder individuell welche Emotionen auslösen, (b) eine Zukunftsperspektive entwickelt hat und (c) weiß, wie man Situationen modifizieren kann. Überwiegend wird dies bei Erwachsenen untersucht (Webb et al., 2012). Vermeidungsreaktionen von Kindern gegenüber Personen in weißen Kitteln nach vorherigen angstauslösenden Arztbesuchen sind auch eine Form antezedenter Situationsselektion. Situationsselektion und vor allem vorausschauende Selektion setzt jedoch mehr Gedächtnisprozesse und Vorwissen voraus als eine reine Reaktion auf Stimuli. Allerdings erweitern sich auch einige Kompetenzen von der Kindheit bis zum Jugendalter, die antezedente Emotionsregulation zunehmend möglicher machen. Zwischen drei und zehn Jahren können Kinder zunehmend mehr externe Situationen als Auslöser von zunächst einfachen Emotionen wie Angst bis zu komplexeren Emotionen wie Erleichterung korrekt benennen (vgl. Zimmermann, 2019) und somit zukünftige Emotionen differenzierter vorhersagen. Ab ca. vier Jahren verfügen Kinder über basale, explizit-deklarativ zugängliche mentale Modelle für die Vorhersage des Ablaufs von zukünftigen Ereignissen (Suddendorf & Redshaw, 2013) und haben ab ca. fünf Jahren auch Erwartungen für das Auftreten späterer Emotionen. Hierbei werden für negative Ereignisse (z. B. Verlieren im Spiel) aber negativere Emotionen erwartet als diese dann später tatsächlich erlebt werden (Suddendorf, 2017). Außerdem zeigt sich, dass selbst bei Siebenjährigen die korrekte Vorhersage zukünftigen Verhaltens durch aktuelle emotionale (»hot«) Zustände oder Gedanken beeinträchtigt ist (Mahy et al., 2014).

Die Effektivität der mentalen zeitlichen Situationsauswahl verändert sich im Jugendalter. Für ältere Jugendliche (18 Jahre) führt die Vorstellung, dass ein negatives Ereignis erst später auftritt, effektiver zur Reduktion von Belastung als für jüngere Jugendliche (11 Jahre). Die jüngeren zeigen dabei aber auch eine kürzere Zukunftsperspektive als die älteren Jugendlichen (Suksasilp et al., 2020). Bei schulischen Leistungsemotionen treten Situationsauswahl und -modifikation häufig auf und sind somit kontextspezifisch (Jarell & Lajoje, 2017). Bei antezedenter Situationsselektion gibt es vermeidungsorientierte und annäherungsorientierte Personen, die sich auch in der Emotionsregulation bei bereits ausgelöster Emotion unterscheiden (Duijndam et al., 2021).

Entwicklungsveränderungen: Bewertungsmodul (Modul 2)

Eine Reihe von Entwicklungsveränderungen im emotionalen und kognitiven Bereich beeinflussen die Art der Bewertung von Situationen und somit die ausgelöste Emotion (Gross & Thompson, 2007). Die Entwicklung des Emotionsverständnisses sowie der Theory of Mind im emotionalen Bereich ermöglichen es Kindern ab ca. sechs Jahren durch die Fähigkeit der mentalen Trennung von eigener und fremder Interpretation der emotionalen Bedeutung von Situationen, die eigene Bewertung von der von anderen zu trennen und damit zu vergleichen (Pons et al., 2004). Das Verständnis gemischter Gefühle oder von Auslösern komplexer Emotionen wie Eifersucht oder Neid ab dem Alter von ca. zehn Jahren hilft Kindern und Jugendlichen, das eigene emotionale Erleben und auch das anderer Personen besser zu verstehen. Somit wird die Bewertung von Situationen komplexer und die Emotionsregulation variabler.

Die kognitive Entwicklung führt zur zunehmenden Fähigkeit in Abstraktionen zu denken und Abstraktionen zu vergleichen und ermöglicht den komplexeren Vergleich eigener und externer Bewertungen und führt so letztendlich zu mehr Flexibilität der zielkorrigierten Selbststeuerung (Modul 5). Zu Beginn des Jugendalters halten Jugendliche aber noch oft rigide an einer Abstraktion, z. B. Ehrlichkeit oder Gerechtigkeit bei der Bewertung von Situationen, fest (Mascolo & Fischer, 2010).