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Blake Monroe verliert eine Wette mit Jordan Brooks und nimmt eine Rolle als schwuler Protagonist an, die seine Karriere gefährden könnte. Als die Produktion gestoppt wird und eine erfundene Geschichte die Medien erreicht, müssen Blake und Jordan untertauchen. Wegen eines unbedachten Fotos und Jordans verbittertem Ex-Freund stehen nun ihre Karrieren auf dem Spiel. Willkommen in Hollywood – dem Land der Skandale und PR-Albträume. Um den Ärger über seinen Ex zu verdrängen, beginnt Jordan ein »Method Acting«-Experiment mit Blake. Blake findet überraschend schnell Gefallen an seiner Rolle. Trotz der PR-Probleme, die eine echte Beziehung mit Blake bringen würde, können beide nicht voneinander lassen. Aber wie führt man eine Beziehung inmitten von Hollywood-Skandalen?
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Seitenzahl: 381
Veröffentlichungsjahr: 2025
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EDEN FINLEY
ENCORE
FAMOUS 4
Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld
Über das Buch
Blake Monroe verliert eine Wette mit Jordan Brooks und nimmt eine Rolle als schwuler Protagonist an, die seine Karriere gefährden könnte. Als die Produktion gestoppt wird und eine erfundene Geschichte die Medien erreicht, müssen Blake und Jordan untertauchen. Wegen eines unbedachten Fotos und Jordans verbittertem Ex-Freund stehen nun ihre Karrieren auf dem Spiel. Willkommen in Hollywood – dem Land der Skandale und PR-Albträume.
Um den Ärger über seinen Ex zu verdrängen, beginnt Jordan ein »Method Acting«-Experiment mit Blake. Blake findet überraschend schnell Gefallen an seiner Rolle. Trotz der PR-Probleme, die eine echte Beziehung mit Blake bringen würde, können beide nicht voneinander lassen. Aber wie führt man eine Beziehung inmitten von Hollywood-Skandalen?
Über die Autorin
Eden Finley schreibt heitere Liebesromane voller Herz, die sich wunderbar für kleine Fluchten aus dem Alltag eignen. Ihre Bücher entstehen meist aus einer schrägen Idee. Ursprünglich schrieb Eden auch in vielen anderen Genres, doch seit 2018 hat sie in der queeren Romance ihr Zuhause gefunden.
Eden lebt mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in Australien.
Die englische Ausgabe erschien 2021 unter dem Titel »Encore«.
Deutsche Erstausgabe Februar 2025
© der Originalausgabe 2021: Eden Finley
© für die deutschsprachige Ausgabe 2025:
Second Chances Verlag, Inh. Jeannette Bauroth,
Hammergasse 7–9, 98587 Steinbach-Hallenberg
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Umschlaggestaltung: Frauke Spanuth
unter Verwendung von Motiven von Andrey Lapshin, Brilliant Eye, pandaclub23 und Andrey Kiselev, alle stock.adobe.com
Lektorat: Annika Bührmann
Korrektorat: Tanja Eggerth
Schlussredaktion: Daniela Dreuth
Satz & Layout: Judith Zimmer
ISBN E-Book:978-3-98906-059-3
ISBN Taschenbuch: 978-3-98906-060-9
Auch als Hörbuch erhältlich!
www.second-chances-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Titel
Über die Autorin
Impressum
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Epilog
Playlist zur Reihe
BLAKE
Jordans Grinsen weckt in mir den Wunsch, ihm in sein echt hübsches Gesicht zu schlagen. Selbst vom anderen Ende der Bar aus ist seine hämische Arroganz spürbar.
Er hat mir geschrieben, dass ich ihn in dieser altmodischen, exklusiven Zigarren-Lounge treffen soll, und schon beim Eintreten habe ich mich fehl am Platz gefühlt. Ich bin es gewohnt, angestarrt zu werden – das passiert ganz automatisch, wenn man berühmt ist – aber hier ist es anders. Die Leute drehen die Köpfe, als wäre ich eine Nonne auf einer Porno-Convention. Oder … eher andersrum. Eine Porno-Convention in einem … Kloster?
Es ist ein typischer Herrenclub, und alle tragen Anzüge. Hey, meine zerrissenen Jeans sind auch Designerware – vielen herzlichen Dank, ihr protzigen, männlichen Männer, die exklusive Männerräume brauchen, um sich überlegen zu fühlen. Doch Jordan Brooks … Er ist genauso leger gekleidet wie ich, aber so entspannt und selbstbewusst wie immer. Als müsste sich seine Umwelt an ihn anpassen und nicht umgekehrt. Ich kenne ihn noch nicht lange, weiß allerdings bereits, dass er das komplette Gegenteil von mir ist.
Ich habe mit der Musik aufgehört und bin Schauspieler geworden, weil ich gern vorgebe, jemand anderes zu sein. Er ist Schauspieler, da er, nun ja, die Aufmerksamkeit liebt. Mit seinen unglaublichen eins dreiundneunzig, den dunkelbraunen Haaren mit den dezenten Strähnchen und dem stoppeligen Kinn ist er zweifellos einer der attraktivsten Männer der Welt. Seine grauen Augen schimmern so typisch … Hollywood.
Ich setze mich ihm gegenüber in einen üppig gepolsterten Sessel an einem niedrigen Tisch. »Gibt es einen Grund, warum wir uns hier und nicht in einem Club oder irgendwo treffen, wo es weniger …« Ich sehe mich um. »Hochnäsig zugeht?«
»Ein Gentlemen’s Agreement sollte auch an einem Ort für Gentlemen getroffen werden.« Er breitet die Arme aus und lächelt besserwisserisch.
»Du bestehst wirklich auf dieser albernen Wette?«
»Die Wette, bei der ich dir gesagt habe, dass deine Ex-Bandkollegen miteinander schlafen, und die du für absurd gehalten hast?«
Verflucht sollen Mason und Denver sein, weil sie sich gestern Abend im landesweiten Fernsehen geoutet haben.
»Genau die. Tatsächlich hab ich es schon vor ein paar Wochen herausgefunden, aber sie haben nicht den Eindruck gemacht, als würden sie sich bald outen wollen.«
»Und du wolltest es mir nicht verraten?« Jordan zieht einen Schmollmund, was total lächerlich aussieht.
»Hey, ich werde niemanden outen. Ich kenne mich in der queeren Community vielleicht nicht gut aus, aber das ist ein absolutes Tabu, oder?«
»Mmhmm, und es hat ganz bestimmt nichts damit zu tun, dass du nicht in meinem Film mitspielen willst.«
Überhaupt nicht. Oder so.
»Und diese Wette war ganz sicher nicht hypothetisch?«, frage ich. »Du weißt schon, wie wenn man sagt ›Ich wette um zehn Millionen Dollar, dass Marcus Talon nicht noch mal den Super Bowl gewinnt‹. Würdest du in dem Fall wirklich auf dem Geld bestehen?«
»Jap. Das hättest du für diese unsinnige Wette verdient. Marcus Talon ist der größte Spieler aller Zeiten.«
»Tom Brady«, huste ich.
»Sollen wir wetten? Ich könnte zehn Millionen gut gebrauchen. Ich würde eine Welpenauffangstation kaufen und alle Welpen Blake nennen. Blake eins, Blake zwei …«
»Keine Wetten. Vor allem, da du offensichtlich der Typ bist, der mich zur Kasse bittet.« Warum habe ich mich überhaupt auf diese alberne Wette eingelassen? Ach ja, weil ich dachte, dass Denver und Mason unmöglich was miteinander haben können, da wir sieben Jahre zusammengearbeitet haben und ich nie irgendwelche Schwingungen gespürt habe.
»Eine Wette ist eine Wette«, sagt Jordan. »Ehre, Bro-Code und Integrität stehen auf dem Spiel.«
»Du hast Bro-Code und Integrität in einem Satz gesagt. Ich bin nicht sicher, wie ernst du es wirklich meinst.«
»Ich meine es immer ernst.«
Ja, klar.
»Warum willst du mich unbedingt für diesen Film?«, frage ich. »Es gibt doch sicher unzählige andere Schauspieler für die Rolle – schwule Schauspieler.«
Es ist ja nicht so, dass ich etwas gegen die Rolle habe. Es könnte sogar eine tolle Gelegenheit sein, um mich von den Actionfilmen zu lösen, für die ich bekannt bin. Es ist ein romantisches Drama mit zwei männlichen Hauptrollen und einem großen Budget. Wenn sie sich auf den dramatischen Aspekt konzentrieren, könnte der Film zu einem Oscar-Kandidaten werden, allerdings liest sich das Drehbuch zu sehr wie eine romantische Komödie, um dafür infrage zu kommen.
So oder so, mit dieser Rolle könnte ich mich vom Klischee des Actionhelden lösen. Außerdem müsste ich dafür keine dreizehn Kilo Muskelmasse zulegen. Das wäre mal eine nette Abwechslung. Ernsthaft, jedes Mal, wenn ein Coby-Godspeed-Film abgeschlossen ist und ich nicht mehr sechs Tage die Woche hart trainiere, fallen meine Muskeln schneller in sich zusammen als ein Heliumballon.
Aber wenn schon wieder ein heterosexueller Schauspieler einen schwulen Charakter in einem Film spielt, wird es Gegenwind geben. Repräsentation ist wichtig, und da draußen gibt es zahlreiche queere Schauspieler, die die Rolle übernehmen könnten.
»Ben wird keinen weiteren queeren Schauspieler engagieren«, sagt Jordan. »Er will einen aus dem Mainstream, jemanden, der die Leute ins Kino lockt, und ich will dich. Ich finde, du hast das Talent, um mehr zu machen, als mit nacktem Oberkörper hinter fahrenden Zügen herzurennen oder von explodierenden Gebäuden zu springen.«
Was ich dank der Stuntleute nie wirklich getan habe. Dies wäre eine Chance, in meiner Schauspielkarriere tatsächlich voranzukommen.
»Was läuft da zwischen dir und Ben?«, frage ich.
Benjamin Randt ist der Regisseur, und ich werde für diese Rolle überhaupt nur in Betracht gezogen, weil ich ihn und Jordan zufällig in einem Nachtclub getroffen habe. So funktioniert das in Hollywood.
Jordan leckt sich die Lippen. »Wir sind … haben was miteinander.« Er zuckt zusammen.
»Hm, klingt nach wahrer Liebe«, erwidere ich trocken.
»Ich gewöhne mich noch immer an die feste Bindung. Ist neu für mich.«
»Weil er nicht teilt. Das hast du doch gesagt, oder nicht?« Es war nur eine beiläufige Bemerkung gewesen, als wir uns kennengelernt haben – als er das erste Mal versucht hatte, mich von der Rolle zu überzeugen.
»In der Hinsicht ist er ziemlich traditionell. Vor mir war er noch nicht mit einem Mann zusammen, deshalb ist er sehr heteronormativ.«
»Und du bist es nicht?«
»Auf keinen Fall.« Angesichts dieser Vehemenz muss eine Geschichte dahinterstecken. Möglicherweise sträubt er sich auch etwas zu sehr.
»Wie läuft es denn so?«, frage ich.
Er erschaudert.
»So gut?« Ich muss lachen.
»Es ist schon in Ordnung. Beruflich gesehen ist es sinnvoll. Solange wir zusammen Filme drehen, ist es einfacher, treu zu sein, als sich mit Eifersucht und dem ganzen anderen Mist rumzuschlagen.«
»Klingt unheimlich romantisch. Hoffentlich finde ich eines Tages auch so eine Beziehung.«
»Romantik ist albern.«
»Sagt der Typ für die romantischen Komödien.«
Jordan lehnt sich zurück. »Okay, du hast recht, Romantik kann funktionieren, wenn man jemanden findet, den man auf ewig ertragen kann. Ich habe solche Verbindungen schon gesehen. Mein bester Freund aus meiner alten Heimat und sein Mann sind so ekelerregend verliebt, dass sich nichts zwischen sie stellen könnte. Aber in Hollywood? Vergiss es. Unmöglich. Auf keinen Fall. Schon nach ein paar Jahren hier habe ich es aufgegeben, auch nur danach zu suchen.«
Das kann doch nicht stimmen, oder? Bis zu einem gewissen Grad verstehe ich es. Ich könnte nie mit einem Fan ausgehen, weil ich mich ständig fragen würde, ob es ihr nur um meinen Ruhm geht. In Hollywood kann man nur dann eine Beziehung auf Augenhöhe finden, wenn man mit einem anderen Promi zusammen ist, aber da muss man sich dann mit massiven Terminkonflikten rumschlagen.
»Du weißt, dass ich recht habe«, sagt Jordan.
»Ich gebe zu, dass es schwer ist, in einer so falschen Welt etwas Echtes zu finden.«
»Wow. Wie philosophisch.«
»Aber ich hab es schon gesehen.« Alle meine Ex-Bandkollegen sind in festen Beziehungen. Mit Männern.
Wie sich herausgestellt hat, haben die anderen vier Mitglieder der ehemaligen Chartstürmerband Eleven zufälligerweise alle feste Partner – und bis gestern Abend waren alle nicht geoutet. Denver und Mason haben ihre Beziehung während eines Duetts im Fernsehen öffentlich gemacht, aber es lässt sich noch nicht sagen, ob das im Hinblick auf ihre Karriere eine gute Entscheidung war. Das ist das Üble an Hollywood. Um einen Hauch von Privatsphäre zu haben, muss man verschwiegen sein, doch wenn diese Geheimnisse ans Licht kommen, besteht die Chance, dass man von der Branche im Stich gelassen wird.
So einfach ist das.
Es ist nicht schön, und ich kann verstehen, warum sich Harley und Ryder immer noch nicht sicher genug fühlen, umder Öffentlichkeit ihr wahres Ich zu zeigen.
»Du hast es in Hollywood gesehen?«, fragt Jordan.
»Hey, ich kann dir einen Haufen Hollywood-Pärchen nennen, die schon seit einer Ewigkeit zusammen sind. Tom Hanks und Rita Wilson. Kevin Bacon und Kyra Sedgwick. Goldie Hawn und Kurt Russell.«
»Sie sind die Ausnahme. Wenn man Glück hat, hält eine Beziehung in Hollywood fünf Jahre. Höchstens.«
Ich winke einen Kellner heran, um mir einen Drink zu bestellen. »Na schön. Du gewinnst. Ich weiß nicht mal, warum ich mit dir darüber diskutiere, da ich nicht aus eigener Erfahrung sprechen kann. All meine Beziehungen der letzten zehn Jahre waren …«
»Oberflächlich«, antwortet er für mich.
»Ganz genau.« Ich bin nicht mal sicher, ob man sie überhaupt als Beziehungen bezeichnen kann.
»Du wirst dir jemanden am Set suchen müssen. Es hilft, wenn man Zeit miteinander verbringen muss.«
»Und wenn wir uns streiten und uns dann trotzdem jeden Tag sehen müssen?«
»Sei ein Profi.« Bei Jordan klingt es, als ließe sich Beziehungsdrama so leicht ignorieren.
»Glaubst du wirklich, du könntest dich professionell verhalten, wenn zwischen Ben und dir Schluss wäre?«
Die Drinks werden serviert und Jordan hebt sein Glas zum Toast. »Deshalb ist es eben einfacher, monogam zu bleiben, solange wir gemeinsam Filme machen.«
»Es klingt nur so … kalt und unromantisch.«
Jordan lächelt.
»Was?«
»Du bist perfekt für die Rolle, weil du tatsächlich ein Romantiker bist.«
»So weit würde ich nicht gehen.« Wie kann ich ein Romantiker sein, wenn ich die Liebe selbst nie erlebt habe? Da ich mit siebzehn berühmt geworden bin, hatte ich nie die Gelegenheit, ein normales Leben zu führen.
»Na komm schon, du weißt, dass du es willst«, reizt er mich.
»Mein Agent meint, dass ich es tun soll.«
Jordan zieht einen Stift hervor und kritzelt etwas auf eine Serviette.
»Hast du immer einen Stift dabei, falls dich mal jemand nach einem Autogramm fragt?«
»Was denn, du nicht?«
»Nein.« Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, würde es die Dinge einfacher machen. Es wirkt nur so aufgeblasen.
Er schiebt mir die Serviette zu, und ich lache schnaubend.
»Ich, Blake Monroe, schwöre feiherlich – was übrigens falsch geschrieben ist –, dass ich Jordans und Bens ultraschwulen Film machen werde. Allerdings wird das vor Gericht möglicherweise keinen Bestand haben, fürchte ich.«
»Wollen wir uns küssen? Das ist rechtlich bindend.«
»Nein, ist …«
»Bei meinen Lippen schon. Ich bin wirklich so gut.«
Ich seufze. »Das hätte ich kommen sehen müssen. Außerdem glaube ich nicht, dass Ben sich darüber freuen würde.«
Er reicht mir den Stift. »Du hast recht. Also unterschreib.«
»Wie du willst.« Ich tue es.
Dann steht er auf und klopft mir auf die Schulter. »Ich kann den ganzen Fake-Sex mit dir gar nicht erwarten.«
»Moment, es gibt Sexszenen?«, rufe ich ihm nach, als er geht.
Er wirbelt herum. »Hast du das Drehbuch nicht gelesen?«
»Ich hab’s überflogen!«
Jordan grinst. »Das wird ein Riesenspaß.«
JORDAN
Der erste Drehtag ist immer der beste. Ich bin wie ein Kind an Weihnachten. Am Abend zuvor kann ich nicht schlafen, und wenn der Tag anbricht, fühle ich mich wie ein aufgeregter Welpe.
»Es ist der erste Tag«, singe ich Ben vor.
Er schiebt mich von sich. »Geh trainieren und werd die überschüssige Energie los. Ich weiß, wie du sonst am Set bist.«
»Mir würde noch eine andere Methode einfallen, um die überschüssige …« Ich reibe mich an ihm.
»Lass mich schlafen. Wenn du nicht willst, dass ich heute den ganzen Tag lang Praktikanten und Produktionsassistenten feuere, solltest du mich in Ruhe lassen.«
»Na gut. Die Gewichte werden mir guttun. Ich muss heute für die Kamera schön straff sein.«
Heute steht eine Szene auf dem Drehplan, bei der ich größtenteils halb nackt bin. Ich werde schwimmen und dann triefnass aus dem Pool kommen. Da soll Blakes Charakter zum ersten Mal auffallen, wie heiß ich bin.
Bitte, das ist so unrealistisch. Selbst Heteromänner wissen, wie heiß ich bin. Vor meiner Schauspielkarriere war ich Model. Ich habe mein Geld mit meinem Aussehen verdient.
Aber bei Filmen geht es ja um die Unterhaltung. Wer braucht da schon Realismus?
Heute wird ein toller Tag.
Blake hat mir die ganze Woche geschrieben und mich um Inspiration für den Charakter gebeten, weil er versucht, sich in Madden hineinzuversetzen. Ich bewundere ihn dafür, wie ernst er die Rolle nimmt, auch wenn er es nur macht, weil er eine alberne Wette verloren hat – aus der ich ihn durchaus hätte aussteigen lassen, wenn er es wirklich gewollt hätte, aber ich glaube, tief in seinem Inneren weiß er, dass es ein guter Karriereschritt ist.
Ich freue mich auf die Dreharbeiten mit ihm. Ich hab ihn schon seit einer Weile im Blick, und das hat nichts mit seinen Schauspielkünsten zu tun. Der Mann ist heiß. Blonde Haare, blaue Augen, der typisch amerikanische Junge. Während seiner Boybandzeit ist er mir nicht wirklich aufgefallen, aber in den Coby-Godspeed-Filmen hat er einen knallharten Typen gespielt und war oft mit nacktem Oberkörper …
Hui, ist es hier drin heiß? Dabei hab ich noch gar nicht mit dem Training angefangen.
Ich gehe in den Fitnessraum in Bens Poolhaus. Mein Plan sieht vor, so lange zu trainieren, bis diese Blase aus Aufregung und Energie platzt.
Allerdings taucht meine Assistentin Jojo auf, bevor das passieren kann. Lächelnd bringt sie mir meinen morgendlichen Kaffee. »Wie lange verausgabst du dich schon?«
Ich bin verschwitzt und außer Atem, doch noch immer vibriert die Energie unter meiner Haut. Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Hoppla.
Ich wische mir mit dem Shirt den Schweiß vom Kopf. »Eine Weile.« Wenn zwei Stunden eine Weile sind. Wahrscheinlich werden sich meine Muskeln später wegen der Überanstrengung verkrampfen. Entweder das, oder ich werde vom Adrenalin durch den Tag getragen, bis ich mich morgen nicht mehr bewegen oder aufstehen kann.
»Du hast fünfzehn Minuten, um zu duschen und dich anzuziehen, sonst kommst du bereits am ersten Tag zu spät«, erklärt Jojo. »Ben ist schon weg.«
Okay, das ist irgendwie nervig. Er hätte mir echt Bescheid sagen können. Aber wenn wir getrennt zum Set fahren, kann ich immerhin gehen, sobald meine Szene abgedreht ist.
Jojo reicht mir den Kaffee. »Trink den.«
»Danke.« Ich nippe daran. Er ist kaum lauwarm. »Wie lange bist du schon hier?«
»Zwanzig Minuten. Mir war nicht klar, dass ich dich aus dem Fitnessraum schleifen muss. Normalerweise hältst du an einem guten Tag nur eine Viertelstunde durch.«
»Greifst du meine Ausdauer oder meinen Hang zur Faulheit an?«
»Ich habe nichts über deine Ausdauer gesagt, Mr Egoistisch.«
»Gut. Dir muss ich es ja nicht beweisen. Du bist zwar eine Frau, allerdings könnte ich mir Ryan Reynolds vorstellen, während ich mit dir schlafe.«
Sie seufzt, da sie an meine Art gewöhnt ist und weiß, dass ich zu einhundert Prozent schwul bin, dafür aber zu zweihundert Prozent flirte. Das macht mich zu dreihundert Prozent großartig.
»Ich verzichte. Aber danke für das Angebot«, erwidert sie süßlich.
»Du bist immer so höflich.«
»Das muss ich sein, weil ich es wiedergutmachen muss, wenn du unpassende Dinge sagst.«
»Stimmt.«
Ich dusche schnell, dann fahren wir los, doch sobald ich das Set betrete, merke ich, dass etwas nicht stimmt. Wir drehen heute in einem Countryclub in L. A., aber weder die Beleuchtung noch die Kameras sind aufgebaut. Jemand sitzt heulend in der Ecke – vermutlich ein Praktikant –, die Produktionsassistenten vermeiden tunlichst jeden Blickkontakt, und Ben geht neben seinem Regiestuhl auf und ab. Das dämpft meine Vorfreude gewaltig.
Ich gehe zu Ben und lege ihm die Hände auf die Schultern. »Hey.«
Er zuckt zusammen.
»Was ist los?«, frage ich.
»Wir sind schon eine Stunde in Verzug, nichts ist vorbereitet, und wenn wir nicht bald anfangen, verschwindet die Sonne hinter dem Gebäude und die Beleuchtung ist falsch und …«
»Atme.« Ich atme tief ein und versuche, ihn ebenfalls dazu zu bringen.
Er entzieht sich meinem Griff. »Geh dich umziehen und in die Maske. Wir dürfen nicht noch mehr Zeit verlieren.«
Ich diskutiere gar nicht erst mit ihm. Seit fast einem Jahr bin ich mit Ben zusammen. Er ist ein Genie, und ich bewundere seine Arbeit, aber er ist der Inbegriff eines stereotypen Künstlers. Das bedeutet, dass er stur wird, wenn er sich etwas in den Kopf gesetzt hat, und sich auch nicht mehr beruhigen lässt.
Also lasse ich ihn toben, und im Anschluss wird er einfach so tun, als wäre nichts passiert. Eine Entschuldigung? Ich glaube, er weiß nicht mal, was das ist.
»Ach, und Jordy?«, ruft Ben mir nach.
Ich hasse es, wenn er mich Jordy nennt, aber das ist noch mal eine ganz andere Sache. »Ja?«
»Sieh mal nach deinem Freund. Den ich unbedingt engagieren musste. Er verliert die Nerven.«
Ach, verdammt. Warum können die anderen den ersten Drehtag nicht genauso lieben wie ich?
Zuerst gehe ich in die Garderobe, weil ich schon weiß, woraus mein Outfit bestehen wird: einer knappen Badehose. Mehr nicht.
In der heutigen Szene trifft Blakes Charakter Madden mich zum ersten Mal, nachdem uns meine Filmschwester ein Scheindate organisiert hat. Maddens Ex heiratet, und er muss in Begleitung auf der Hochzeit auftauchen, damit er nicht so erbärmlich wirkt, wie er laut Drehbuch ist. Unser Film ist eine schwule Version von The Wedding Date mit Debra Messing und Dermot Mulroney. Allerdings mit weniger männlicher Prostitution.
Ben will diese Szene vermutlich zuerst drehen, um ein bisschen mit unserer Chemie zu spielen. Zuerst wollte er mit der Sexszene anfangen, aber ich habe ihm gesagt, dass das mit einem heterosexuellen Schauspieler nur zu Verzögerungen führt, da wir länger brauchen würden. Tja, offenbar benötigen wir dafür nicht mal eine Liebesszene.
Ich schlüpfe in die Badehose und bekomme einen Bademantel und Badelatschen für das Set. In der Maske werde ich eingeölt, und sie betonen meine Bauchmuskeln mit Make-up, damit sie vor der Kamera definierter aussehen. Es ist kein einfaches Leben, aber irgendjemand muss es ja tun.
Jojo folgt mir wie ein Schatten und bringt mir Wasser, während ich in der Maske bin, doch als ich zu Blakes Trailer gehe, bitte ich sie, in meinem eine Pause zu machen.
Ich klopfe. Auf der anderen Seite raschelt es, dann öffnet Blake mit großen Augen die Tür. Seine blonden Haare sind perfekt gestylt – und ich meine nicht wie bei Coby Godspeed, wo sie toupiert und zu einer Schmalzlocke zurückgekämmt waren – und er trägt ein weißes Hemd und Chinohosen.
»Ich hab gehört, dass du gerade die Nerven verlierst«, begrüße ich ihn.
»Ich verliere nicht die Nerven.« Seine Stimme wird schrill. »Du verlierst die Nerven. Warum sollte ich die Nerven verlieren?« Okay, jetzt quietscht er.
Ich werde nicht darauf hinweisen und ihn in Verlegenheit bringen, aber es ist liebenswert und süß und macht ihn irgendwie noch heißer.
»Warum verlierst du denn die Nerven?«, frage ich.
»Ich habe noch nie einen ernsten Film gedreht. Die Hälfte meiner Coby-Godspeed-Streifen ergibt überhaupt keinen Sinn.«
»Falls du dich dann besser fühlst, Ben spielt nach wie vor mit dem Drehbuch, weil er noch nicht glücklich damit ist. Bald wird es gar kein ernster Film mehr sein. Hast du schon den neuen Titel gehört? Faking It. Das klingt nicht gerade oscarverdächtig.«
»Das ist nicht hilfreich. Absolut nicht. Ich hab die Rolle angenommen, um von einem breiteren Publikum gesehen zu werden, mehr Tiefe zu entwickeln und als Schauspieler ernst genommen zu werden. Das werde ich schon als Musiker nicht, und da jetzt die Reunion kommt…«
»Wow, Eleven kommt wieder zusammen? Wann denn?«
»Mist. Das soll noch niemand wissen. Ich hab nichts gesagt, okay?« Er tut so, als würde er seine Lippen verschließen.
»Vertrau mir. Ich verrate es nicht.«
»Wir schreiben und spielen das Album während der Dreharbeiten ein und gehen anschließend auf Tour.«
»Und was ist mit der Schauspielerei?« Wie schon gesagt, Blake hat das Potenzial, ganz groß rauszukommen, deshalb verstehe ich nicht, warum er wieder Backgroundsänger in einer Boyband sein will.
»Damit mache ich weiter. Die Sache mit Eleven soll zwischen meinen Filmprojekten laufen. Wir machen das eher zum Spaß und nicht für Geld oder Ruhm.«
»Aus … Spaß? Und nicht … zur persönlichen Bereicherung?«, sage ich mit Roboterstimme. »Tut mir leid. Ergibt keinen Sinn.«
»Hattest du noch nie für etwas eine Leidenschaft und wolltest es einfach nur so tun? Bungee-Jumping? Lesen? Alte Filme?«
»Sex? Zählt das?«
»Äh … sicher. Wie auch immer, das ist Eleven für mich. Für uns alle, denke ich. Aber jetzt habe ich mir mit diesem Film und der Reunion zu viel zugemutet, und drehe nicht mehr einen Actionfilm nach dem anderen, mit Pausen dazwischen, sondern habe mehrere Projekte am Laufen und einen engen Zeitplan und, und, und …«
Ich reibe über seine Arme und tröste schon zum zweiten Mal jemanden, obwohl der Tag noch nicht mal richtig angefangen hat. »Atme. Du schaffst das.«
Er atmet scharf ein. »Ja. Ich schaff das. Und wie.«
»Du wärst glaubwürdiger, wenn du nicht hyperventilieren würdest.«
Blake atmet noch einmal tief ein, um sich zu sammeln. »Ist alles bereit?«
Noch während er fragt, klopft es an der Tür und Jojo taucht auf. »Das Set ist so weit. Fangen wir an.«
Blake sieht aus, als würde er wieder die Nerven verlieren.
»Atme«, wiederhole ich. »Und drück meine Hand, falls es sein muss.«
»Ich … soll deine Hand halten?«
Ich zucke mit den Schultern. »Wenn jemand fragt, sagen wir, dass wir uns in unsere Rollen finden.«
»Danke.«
»Wofür?«, frage ich.
»Den Versuch, meine Nerven zu beruhigen.«
»Funktioniert es?«
»Nö.«
Mist.
Am Set schmieren sie mir noch mehr Gel in die Haare, damit es nass aussieht, und sprühen mich mit Wasser ein, um den Eindruck zu erwecken, ich wäre gerade aus dem Pool gestiegen. Diese Szene wird im Anschluss gedreht, denn ich darf während der Unterhaltung nicht unterschiedlich nass aussehen.
Das Filmemachen hat mich schon immer fasziniert, weil die Szenen unterteilt, zu verschiedenen Zeiten gedreht und dann zusammengesetzt werden. Manchmal scheint die Handlung absolut keinen Sinn zu ergeben, weil man sie als Schauspieler nicht in der richtigen Reihenfolge erlebt. Deshalb ist es immer etwas Besonderes, den Film bei der Premiere zum ersten Mal zu sehen.
Sobald alle bereit sind, ruft Ben »Action!«. Ich setze das überhebliche Grinsen meines Charakters auf und spreche die kitschigen Zeilen.
»Sieh an, sieh an, was hast du mir denn da mitgebracht, Schwesterherz?«
Meine Kollegin Lori Lacy spricht ihren Text und zieht Blake nach vorn. »Das ist Madden.«
Blake, nicht Madden, sieht aus, als würde er sich gleich übergeben. Er ist ganz klar nicht in seiner Rolle.
»Madden«, sage ich sanfter, als es im Drehbuch vorgesehen ist, aber es hilft ihm hoffentlich.
Blake blinzelt mich an.
»Cut«, ruft Ben.
Wir atmen alle auf.
»Blake, du sollst von Jordan überwältigt sein«, erklärt Ben. »Und dich nicht vor ihm fürchten.«
»Oh. Stimmt. Tut mir leid.«
»Noch mal.«
Wir wiederholen es. Wieder. Und wieder und wieder und wieder.
»Ich gebe auf. Fünf Minuten Pause.« Ben stürmt vom Set.
Jetzt ist meine Freude über den ersten Drehtag verschwunden.
Ich beuge mich zu Blake. »Dauert es immer so lange, bis du dich in die Szene findest?«
»Nein!«, schreit Blake und seine erhobene Stimme lässt alle am Set erstarren. Er senkt den Kopf und fügt leiser hinzu: »Und es macht mich nervös.« Er reibt sich übers Gesicht, doch dann scheint ihm das Make-up wieder einzufallen. »Ich vermassle die ganze Produktion.«
»Du bist zu verkopft. Wie versetzt du dich normalerweise in Coby Godspeed hinein?«
Er sieht sich um. »Das ist anders. Coby ist ein wandelnder Muskelprotz und hat nur Stroh im Kopf, kann aber Dinge in die Luft jagen. Das war nicht gerade eine Herausforderung. Doch ein schwuler Mann direkt nach dem Coming-out, den es nervös macht, seine Familie zu besuchen, die seine Sexualität noch nicht wirklich akzeptiert hat, ist …«
»Eine Geschichte, die viele queere Männer erlebt haben. Deshalb wollten Ben und ich diesen Film drehen. Wir brauchen gute Repräsentation, und …«
»Und aus diesem Grund wollte ich den Film nicht machen, weil ich absolut keine Ahnung habe, wie es ist, schwul oder heimlich schwul zu sein oder sich outen zu müssen.«
»Aber deine Bandkollegen wissen es. Kannst du dich nicht von ihnen inspirieren lassen?«
Denver Smith und Mason Nash haben sich kürzlich geoutet, der Gerüchteküche in Hollywood zufolge sind sie allerdings nicht die einzigen queeren Mitglieder von Eleven. Ich würde mein linkes Ei darauf verwetten, dass Blake hinter den Kulissen Gespräche darüber gehört hat. Er kann auf jeden Fall aus seinem persönlichen Erfahrungsschatz schöpfen, auch wenn es nicht seine eigenen Erfahrungen sind.
»Es würde die schwulen Götter verhöhnen, wenn wir vor der Kamera keine Chemie hätten«, verkünde ich. »Dafür sind wir einfach zu gut aussehend.«
Blake lacht auf, seine Schultern entspannen sich ein wenig, und der nächste Take ist fast perfekt. Nach ein paar weiteren ist Ben sicher, dass wir alles haben.
»Machen wir weiter.« Ben sieht mich nicht gerade glücklich an. »Endlich.«
Ich werde heute wohl lieber bei mir schlafen.
»Blake, du bist für heute fertig. Jordy, ich brauche noch Takes davon, wie du aus dem Pool kommst.«
Ben hat diese Szene mit Sicherheit nur ins Drehbuch geschrieben, damit er mich triefnass und praktisch nackt sehen kann, und sieh mal einer an, nach einem Take und einem heißen Blick von Ben ist alles vergeben und er zerrt mich zu meinem Trailer.
Bester erster Tag aller Zeiten. Na ja … bester Anfang und bestes Ende des ersten Tages. Der mittlere Teil war nicht so prickelnd.
Hoffen wir, dass morgen alles glatt läuft.
BLAKE
Der erste Drehtag lief bescheiden. Und der zweite ist nicht viel besser. Schon nach zwei Tagen Zusammenarbeit kann ich sagen, dass Ben einer dieser Regisseure ist, vor denen ich gewarnt wurde, als ich aus der Musikbranche zur Schauspielerei gewechselt bin. Er behandelt alle wie Dreck, auch Jordan ergeht es nicht anders. Keine Ahnung, was er in ihm sieht.
Irgendwann hat Ben die Arme nach oben gerissen und gesagt: »Ich ertrage das nicht. Ich bin Künstler!«
Aber … er ist der Regisseur. Er hat die Leitung. Deshalb bemühe ich mich jedes Mal, ihn zufriedenzustellen, wenn er mir die Anweisung gibt, nicht so zu gucken, als hätte ich Verstopfung oder Angst. Weil ich es muss. Es ist mein Job. Außerdem will ich es mir nicht mit den Regisseuren verderben. So wird man als Schauspieler arbeitslos.
Irgendwie schaffen wir es durch meine Szenen, und ich darf Schluss machen. Ich kann nicht schnell genug abhauen. Dann fällt mir wieder ein, dass ich ja momentan bei Denver und Mason untergekommen bin, weil wir für das neue Eleven-Album schreiben, aber heute Abend kann ich einfach nicht.
Gestern waren sie bis spät für ein Interview unterwegs – sie geben seit ihrem Coming-out häufig welche –, deshalb war ich nach dem Dreh allein und bin vor lauter geistiger Erschöpfung eingeschlafen. Heute wird es nicht anders sein.
Im Trailer schreibe ich meinem Fahrer und bitte ihn, mich abzuholen, und als ich geduscht und mich umgezogen habe, wartet er draußen schon auf mich.
Die Fahrt nach Malibu ist lang und verläuft schweigend. Dadurch habe ich nur noch mehr Zeit, um mir den Kopf über meine miserable Leistung zu zerbrechen, und als ich das Haus betrete, machen Denver und Mason auf der Couch rum. Ich versuche, mich an ihnen vorbeizuschleichen und sie nicht zu stören, doch sie hören mich und lösen sich voneinander.
Ich winke ab. »Macht weiter. Bin gleich wieder weg.«
»Warte«, sagt Denver. »Wie läuft’s? Wir konnten dich ja gestern nicht fragen.«
Ich lasse mich bäuchlings auf den Boden fallen. Die Antwort verlangt nach Dramatik. »Ich hasse euch beide. Das ist alles eure Schuld.«
»So schlimm?«, fragt Mason.
»Schlimmer.«
»Wo liegt das Problem?« Denvers sorgenvoll gerunzelte Stirn ist wirklich süß.
Denver ist der Jüngste von uns und sieht mit seinem Babyface so aus, als wäre er kaum zwanzig. Für uns alle ist er der unschuldige kleine Bruder. Welche Ironie, wenn man bedenkt, dass er der am wenigsten Unschuldige von uns ist und außerdem auch noch ein Alkoholproblem hat.
»Der Regisseur ist ein Arsch, und ich bin beschissen.«
»Du hast schon mit dem Arsch des Regisseurs Tuchfühlung aufgenommen?«, fragt Mason.
Ich zeige ihm den Mittelfinger. »Mein Hirn ist nicht schwul genug.«
Die beiden lachen laut auf.
Mason reibt sich das Kinn. »Wie kann denn ein Hirn schwul sein?«
»Verdammt, Mason. Ich meine es ernst. Mir fehlt die Lebenserfahrung einer schwulen oder queeren Person, deshalb fällt es mir schwer, mich in sie hineinzuversetzen. Und das sieht man. Laut Drehbuch verwandle ich mich in einen heißen, süßen Chaoten, der kein Wort rausbringt, aber anscheinend wirke ich eher verängstigt, wenn ich versuche, meine Anziehung zu einem anderen Mann zu zeigen.«
»Nur, um das klarzustellen, ich darf keine Witze darüber machen, dass du Angst vor Schwänzen hast, richtig?«, fragt Mason.
Ich seufze. »Kannst du wieder zu einem deprimierten Einsiedler werden?«
Er ist erst kürzlich nach Hollywood zurückgekehrt, nachdem er achtzehn Monate lang praktisch wie vom Erdboden verschluckt war. Lange Zeit war er sehr wütend und verbittert gewesen, und obwohl ich mich freue, dass er seine alte, sarkastische Persönlichkeit wiedergefunden hat, wäre es schön, wenn es nicht auf meine Kosten ginge.
»Okay, mal ehrlich«, sagt Mason. »Wahrscheinlich bist du zu verkopft, und dazu kommt die Nervosität in der ersten Woche … Sicher wird es bald besser.«
Ich setze mich auf. »Wie seid ihr damit umgegangen, als ihr euch das erste Mal zu einem Mann hingezogen gefühlt habt?«
Die beiden sehen sich an und rutschen unbehaglich herum.
»Die Frage ist nicht leicht zu beantworten«, erwidert Denver. »Ich wusste schon lange, dass ich etwas für Mason empfinde, und als ich diesen Gefühlen nachgegeben habe … Sagen wir mal so, es lief echt nicht gut, und ich glaube nicht, dass Verlegenheit gut zu deinem Charakter passt.«
»Wohl nicht.«
»Vielleicht könnten Ryder und Harley dir bessere Ratschläge geben«, schlägt Mason vor. »Meine Gefühle für Denver waren immer da, aber ich habe sie nicht bemerkt. Ich musste erst von ihm getrennt sein, um ihn anders zu sehen. Wir haben nicht wirklich Erfahrung damit, wie sich eine plötzliche Anziehung zu einem Mann anfühlt.«
»Trotzdem danke.« Ich stehe auf. »Ich geh lieber früh schlafen. Morgen wird wieder so ein Tag.«
»Ich verspreche es dir, er wird besser«, sagt Mason.
Ich gehe ins Bett, doch während ich so da liege, nehme ich mein Handy und überlege, Harley oder Ryder anzurufen. Allerdings ist es schon spät, und Ryder hat ein Kind, also wird er wahrscheinlich nicht rangehen. Dann eben Harley.
Ich rufe seinen Kontakt auf, stelle dann jedoch fest, dass ich nicht weiß, was ich ihn eigentlich fragen will.
Wie ist man schwul?
Ich kann seine sarkastische Antwort bereits hören: Man schläft mit Männern.
Ich kümmere mich sofort darum.
Mist, so langsam glaube ich, das könnte die Antwort sein. Es ist ja nicht so, dass ich die männliche Form hasse oder verabscheue. Ich habe männliche Körper oder Gesichter schon häufig aus der Ferne bewundert – darunter auch Jordan. Er ist ein attraktiver Mann, das lässt sich nicht leugnen. Ich habe nur nie das Verlangen verspürt, mit einem Typen zu schlafen. Das heißt nicht, dass ich es nicht könnte.
Oh Mann. Ich lege das Handy neben mich und schlafe ein, bevor ich mir erneut darüber den Kopf zerbrechen kann. Wie Mason schon sagte, bald wird es besser.
***
Wird es nicht.
Sobald ich am nächsten Tag ans Set komme, ist es genauso schlimm wie an den vergangenen zwei Tagen. Wir fangen spät an, weil die Szenen nachts gedreht werden, doch es ist schon nach neun, bevor wir etwas Brauchbares haben, und selbst dann sind es nur Teile der Szene. Wir kommen einfach nicht in einen Fluss.
Ben schreit so oft »Cut!«, dass es irgendwann klingt, als würde er an seiner Spucke ersticken.
»Er hasst mich echt«, murmle ich Jordan in der Pause zu. »Warum hat er mich überhaupt für die Rolle engagiert?«
Jordan wendet den Blick ab und ein schuldbewusster Ausdruck huscht über sein Gesicht.
»Er wollte mich nicht haben, nicht wahr?«
Jordans mitfühlender Blick verrät mir alles, was ich wissen muss. »Okay, möglicherweise hab ich ihn dazu überredet. Er wollte jemanden mit mehr Erfahrung und Diversität als einen Actionhelden, aber ich habe ihm gesagt, dass du die richtige Wahl bist.«
»Alter, du hast viel zu viel Vertrauen in mich. Dieser Film ist dem Untergang geweiht.«
Er packt meine Schulter. »Nein, du schaffst das. Wir müssen einfach …« Dass ihm nichts einfällt, ist sehr vielsagend.
»Eine Hirntransplantation durchführen?«
»Na ja, im Grunde schon. Du schauspielerst, also solltest du nicht du selbst sein.«
Frustration wallt in mir auf. »Das weiß ich, aber es fällt mir schwer, weil die einzigen queeren Kerle, die ich kenne, jahrelang ihre Orientierung verheimlicht haben. Oder sich gerade erst darüber klar werden.«
»Was ist mit mir?«
Ich schnaube. »Ich habe keine Ahnung, wie du tickst. Dieses Projekt hat auch politische Aspekte, und ich muss der Rolle gerecht werden, wobei ich eine Community nicht beleidigen darf, die eh schon mit so viel negativem Mist fertigwerden muss. Das erfordert zu viel Konzentration und …«
»Alles klar, ich verstehe dein Problem und habe eine Idee.« Jordan geht zu Ben, der gerade einen der armen Praktikanten anschreit.
Ich will ihm sagen, dass er das lassen soll, allerdings würde das nur für noch mehr Aufruhr sorgen.
Als Jordan ihn anlächelt, atmet Ben sofort tief ein, doch der finstere Ausdruck auf seinem Gesicht bleibt. Ich kann sie von hier aus nicht hören, aber Jordan hüpft auf und ab und wedelt dabei mit den Armen. Eine Sekunde später küsst er Ben auf die Wange und kommt strahlend zu mir zurück.
»Na los. Wir verschwinden.«
»Was? Wir haben die Szene nicht fertig.«
»Und das werden wir auch nicht, wenn du nicht aus deinem Kopf rauskommst und zu jemand anderem wirst. Also komm mit.«
Ich folge ihm, bemerke aber die Blicke der Crew, als wir das Set verlassen.
»Ich fühle mich wie ein Schulschwänzer«, flüstere ich.
Jordan lacht. »Bist du hergefahren?«
»Nein, ich hab einen Fahrdienst.«
»Gib deinem Fahrer heute Nacht frei.«
»Wohin gehen wir?«
»Wir verschaffen uns ein paar Einblicke.«
»Ein Hoch auf vage Beschreibungen.« Allerdings bin ich bereit, alles zu tun, um diesen Film zum Laufen zu bringen, bevor ich gefeuert werde, also schreibe ich meinem Fahrer.
Noch kann Ben mich ersetzen, und obwohl ein Teil von mir darauf hofft, will ich nicht als der Schauspieler bekannt werden, der seine erste ernsthafte Rolle verloren hat. So einen Ruf wird man nicht mehr los.
Jordan führt mich zum Parkplatz und öffnet einen … Prius?
»Das ist dein Auto?«
»Die Umwelt ist wichtig, Blake«, antwortet er ausdruckslos.
»Ich habe dich für einen Lambo- oder Porsche-Typ gehalten.«
»Wenn es nach mir ginge, hättest du wahrscheinlich recht. Aber der PR-Mensch meiner Agentur will, dass es so aussieht, als lägen mir gewisse Dinge am Herzen.«
Ich schnaube. »Obwohl es nicht so ist?«
»Das hab ich nicht gesagt.«
Jordan Brooks ist schwer zu durchschauen. Er flirtet gern und ist charismatisch, verrät aber nichts über sich selbst. Niemals. Möglicherweise wurde er darauf gedrillt. Je weniger er preisgibt, desto weniger kann aus dem Kontext gerissen werden.
Wir haben seit unserem Kennenlernen etwas Zeit miteinander verbracht, und es hat immer Spaß gemacht, war aber nur oberflächlich. Er ist nicht unbedingt verschlossen, allerdings auch nicht tiefgründig. Daran ist nichts falsch, doch vielleicht trägt das zu meinen Schwierigkeiten bei, mich in den Szenen an ihm zu orientieren.
Andererseits muss ich keine Verbindung zu ihm, sondern eine zu seinem Charakter herstellen. Wäre ich ein guter Schauspieler, sollte ich das aus dem Drehbuch ziehen können, doch so langsam halte ich meine schauspielerischen Fähigkeiten eher für nicht existent. Die Rolle als Coby Godspeed hat mir durchaus Kritik eingebracht – ganz klar, denn immerhin sind Meinungen wie Ärsche: Jeder hat einen –, aber die Rückmeldungen waren hauptsächlich positiv, ebenso wie die Kartenverkäufe, also bin ich davon ausgegangen, ein anständiger Schauspieler zu sein.
Offensichtlich nicht.
»Verrätst du mir jetzt, wohin wir fahren?«, frage ich.
Jordan antwortet nicht, sondern fährt einfach Richtung Sunset Boulevard. Vermutlich bringt er mich in eine heiße neue Bar, aber das haben wir schon hinter uns. Ich verstehe nicht, wie mir das helfen soll. Schließlich fährt er in einem zwielichtigen Teil von West Hollywood in ein Parkhaus. Ich bin verwirrt.
»Da, wo wir hingehen, gibt es keinen Parkservice?«, frage ich.
»Auf keinen Fall. So ein Laden ist es nicht.«
»Werden wir ausgeraubt?«
»Du bist so behütet. Einfach süß. Heute Abend sind wir nicht berühmt.«
»Ich weiß nicht, wie das bei dir ist, aber ich kann nicht rausgehen, ohne erkannt zu werden.«
»Oh, du wirst erkannt werden, allerdings wirst du hier zuerst wie ein Mensch und dann wie ein Promi behandelt.«
»Und was ist das für ein magischer Ort?«
Jordan findet eine Parklücke. »Eine Schwulenbar.«
Oh, Mist. Mir müssen meine Gedanken anzusehen sein, denn Jordan reagiert sofort.
»Du denkst darüber nach, deinen Agenten anzurufen, nicht wahr? Hast du gehört, dass Schwulsein ansteckend sein soll, und machst dir jetzt Sorgen, du hast es dir eingefangen?« Er zieht mich nur auf, doch das ist es nicht.
»Es ist mir egal, was die Leute von mir denken, aber ich stelle mir gerade die Schlagzeilen vor. Da Eleven wieder zusammenkommt, muss ich auch berücksichtigen, wie meine Handlungen sich auf die anderen Jungs auswirken.«
»Blake, du spielst einen schwulen Charakter in einem Film. Das hier ist der Inbegriff von Recherche für deine Rolle. Wenn du gleich durch diese Tür gehst, bist du nicht länger Monroe. Sondern Madden.«
Richtig. Ich bin Madden.
Ich schaffe das.
JORDAN
Ich habe mit Absicht die kleine, abgelegene und unscheinbare Bar Hole ausgesucht. Sie ist alt und runtergekommen, aber die Drinks sind billig, die Besitzer ein altes, verheiratetes Pärchen – die süßesten Typen in ganz L. A. –, und ein so diverses Publikum bekommt man sonst nirgends in der Stadt zu sehen.
Es gibt die Partytypen, die zum Vorglühen herkommen, bevor sie später in eine Bar voller Twinks gehen, um sich dort halb nackt und verschwitzt zu amüsieren. Dann sind da die unauffälligen Stammgäste, die sich hier jede Woche mit ihren Freunden treffen. Die Barkeeper sind muskulös, die Kellner affektierte Dragqueens vom alten Schlag, und die ganze Atmosphäre ist einfach heimelig. Es gibt Daddys, Bären, Twinks, Femmes, trans und nicht binäre Menschen und auch alle anderen Buchstaben des Regenbogenalphabets. Von den Stereotypen bis hin zu den kompletten Gegensätzen und allem dazwischen. Doch eine Sache haben sie alle gemeinsam: Akzeptanz.
In meiner Zeit als Model bin ich immer hergekommen, wenn ich das Gefühl haben wollte, irgendwo dazuzugehören. Es ist die einzige Bar in der Gegend, die mir eingefallen ist, in der Blake die große Vielfalt innerhalb der Community erleben kann. Ich glaube, er ist zu sehr darauf fixiert, einen schwulen Mann richtig zu spielen, um überhaupt zu kapieren, dass es kein Falsch gibt. Alle Darstellungen sind wichtig, und jeder Mensch hat andere Erfahrungen gemacht. Er sollte einfach Madden spielen. Dessen Homosexualität ist nicht alles, was ihn ausmacht, und hoffentlich erkennt er das im Hole.
Wir treten über die Schwelle, und ich beobachte seine Reaktion.
Er sieht sich um, doch sein attraktives Gesicht bleibt neutral. Sein kantiger Kiefer ist mit dem dünnsten blonden Bart der Menschheitsgeschichte bedeckt. Einfach sexy. Allerdings wird mir bei dem Gedanken klar, was für eine schlechte Idee dieser Ausflug sein könnte. Die Jungs hier werden versuchen, ihn bei lebendigem Leib zu verschlingen.
Ach egal, dann beschütze ich ihn eben.
»Einen Drink, Madden?«, frage ich.
Er lacht leise. »Klar doch, Eamon.«
Wir gehen an der kleinen Tanzfläche vorbei, auf der sich Körper aller Größen und Formen drängen, und direkt zur Bar, wo John, einer der Besitzer, bedient. Sobald er mich sieht, hellt sich sein Gesicht auf.
»Superstar!«
»Ha, ha, alter Mann.« Ich beuge mich über die Bar und drücke ihm einen Kuss auf die Wange.
John und sein Mann haben mich vor vielen Jahren in diese Szene aufgenommen. Ich bin nach gescheiterten Vorsprechen, beschissenen Shootings und wann immer ich besonders down war, hierhergekommen. Diese Leute haben mich wieder zum Lächeln gebracht und mich ermutigt, weiterzumachen, als ich aufgeben und beim Modeln bleiben wollte.
Die Jobs als Model waren in Ordnung und wurden gut bezahlt – immerhin musste ich mich nicht mit Kellnern durchschlagen wie die meisten sich abrackernden Schauspieler – aber die Schauspielerei war immer mein Traum gewesen. In Boston war ich vor meinem Umzug nach L. A. auf der Kunsthochschule.
»Du warst schon viel zu lange nicht mehr hier«, sagt John.
»Ich weiß, ich weiß.« Ben kommt nicht gern hierher, deshalb bin ich auch nicht gekommen.
John bemerkt Blake. »Hey, du siehst wie der Typ aus diesen Actionstreifen aus.«
Mir ist aufgefallen, dass Blake auf zwei verschiedene Arten erkannt wird – entweder als Blake Monroe, Ex-Boybandmitglied, oder als Coby Godspeed, Actionstar. Und für gewöhnlich sind es immer dieselben Gruppen: Frauen unter dreißig erkennen ihn als Blake, alle anderen als Coby.
Blake öffnet den Mund, aber ich schneide ihm das Wort ab.
»Das hört er ständig. Das ist Madden.«
Blake sieht mich aus dem Augenwinkel an.
»Was darf’s sein?«, fragt John.
»Ich nehme eine Cola. Muss fahren.« Blake scheint die Frage zu verwirren. »Was will Madden?«
»Ich nehme einen Macallan. Pur.«
John kümmert sich um unsere Getränke, und ich stupse Blake an.
»Mut aus der Flasche?«
»Ich hab überlegt, was Madden trinken würde, aber ich habe noch kein Gefühl für ihn. Also hab ich das genommen, was ich will. Vielleicht haben wir ja den gleichen Geschmack.«
»Ich dachte schon, du würdest einen bunten Cocktail bestellen.«
»Ich habe entschieden, dass Madden kein Fan von Stereotypen ist.«
»Okay.« Ich nicke. »Na schön. Dir ist aber klar, dass er klischeehaft sein kann, oder? Es gibt extravagante schwule Männer, und daran ist nichts auszusetzen.«
»Aber in den Medien werden schwule Männer immer als überschwänglicher Sidekick dargestellt. Und die, die nicht überschwänglich sind, haben eine tragische Geschichte. Ich habe in der Variety einen Artikel darüber gelesen, dass es auf dem Markt eine Lücke für mehr Diversität bei der Darstellung von queeren Menschen gibt, deshalb versuche ich, das mit einzubauen.«
Langsam kommen wir zum Grund für sein Problem. »Ich weiß, du befürchtest, der Rolle nicht gerecht zu werden, aber allein dadurch, dass es dir so wichtig ist, machst du schon irgendwas richtig.«
John kommt mit unseren Drinks zurück. Blake sieht nachdenklich aus.
»Meinst du, Madden ist ein Typ, der in einer Bar tanzen würde?«, frage ich.
Blake hebt seinen Whiskey. »Vielleicht, nach dem hier.«
Ich führe ihn in den hinteren Bereich mit den zerschlissenen Sitzecken, wo sich die Stammgäste treffen. Hier ist die Musik leiser.
In der Ecke lärmt eine Gruppe Fünfzig- und Sechzigjähriger, und ich drücke Blake auf eine freie Bank im vorderen Teil, sodass wir den Rest des Clubs noch sehen können. Ich setze mich ganz nah neben ihn. Wir müssen uns daran gewöhnen, eine Weile ständig zusammen zu sein. Es wird helfen, wenn er sich dabei an ungezwungene Berührungen von mir und öffentlich gezeigte Zuneigung gewöhnt.
Er wirkt angespannt und stürzt seinen Drink in einem Zug hinunter.
Ich winke eine der Dragqueens für Nachschub heran und drehe mich dann zu ihm. »Warum wolltest du Schauspieler werden, nachdem du in einer erfolgreichen Boyband warst?«
»Ich dachte, ich soll Madden sein.«
»Wir machen damit mal kurz Pause. Du strahlst dieselbe nervöse Energie aus wie am Set. Deswegen versuche ich, dich abzulenken. Du hast erzählt, dass Eleven wieder zusammenkommt, stimmt’s?«
»Richtig. Die anderen schreiben die Songs, während ich diesen Film drehe.«
»Okay, also noch mal, warum bist du Schauspieler geworden?«