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Als sein Freund Foster Grant in die NHL wechselt, ist sich Christopher Jacobs sicher: Jetzt wird er Teamcaptain der Eishockeymannschaft an der Colchester University. Doch das ist nicht so einfach wie gedacht, denn der Coach stellt auch seinen Rivalen TJ »Beck« Beckett zur Wahl. Dabei ist Beck ebenso unzuverlässig und rücksichtslos wie verwöhnt und reich. Kurz gesagt: das komplette Gegenteil von Jacobs und daher ganz sicher nicht als Anführer geeignet! Um den neuen Captain zu finden, hat sich das Team eine Reihe von Mutproben ausgedacht – möge der Bessere gewinnen! Doch als die erklärten Feinde Jacobs und Beck plötzlich zusammenarbeiten müssen, wird es erst recht kompliziert … »Rivalen auf dem Eis« ist der zweite Band der fünfteiligen College-Eishockey-Reihe von Eden Finley und Saxon James. Jedes Buch ist in sich abgeschlossen und kann als Einzeltitel gelesen werden. Um alle Nebengeschichten zu verfolgen, empfiehlt es sich jedoch, die Bände in der richtigen Reihenfolge zu lesen.
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Seitenzahl: 366
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EDEN FINLEY SAXON JAMES
RIVALEN AUF DEM EIS
EISKALT VERSCHOSSEN 2
Aus dem Englischen von Anne Sommerfeld
Über das Buch
Als sein Freund Foster Grant in die NHL wechselt, ist sich Christopher Jacobs sicher: Jetzt wird er Teamcaptain der Eishockeymannschaft an der Colchester University. Doch das ist nicht so einfach wie gedacht, denn der Coach stellt auch seinen Rivalen TJ »Beck« Beckett zur Wahl. Dabei ist Beck ebenso unzuverlässig und rücksichtslos wie verwöhnt und reich. Kurz gesagt: das komplette Gegenteil von Jacobs und daher ganz sicher nicht als Anführer geeignet!
Um den neuen Captain zu finden, hat sich das Team eine Reihe von Mutproben ausgedacht – möge der Bessere gewinnen! Doch als die erklärten Feinde Jacobs und Beck plötzlich zusammenarbeiten müssen, wird es erst recht kompliziert …
Über die Autorinnen
Eden Finley schreibt heitere Liebesromane voller Herz, die sich wunderbar für kleine Fluchten aus dem Alltag eignen. Ihre Bücher entstehen meist aus einer verrückten Idee. Ursprünglich schrieb Eden auch in vielen anderen Genres, doch seit 2018 hat sie in der Gay Romance ihr Zuhause gefunden.
Eden lebt mit ihrem Ehemann und ihrem Sohn in Australien.
Saxon James ist eine australische Autorin, die voller Begeisterung über queere Charaktere schreibt. Ihre Bücher umfassen eine breite Spanne – von Young Adult bis zu Unterhaltungsliteratur für Erwachsene ist alles dabei. Eins haben ihre Bücher jedoch gemeinsam: Immer geht es um die Liebe in all ihren wunderbaren Facetten.
Wenn sie nicht gerade schreibt, gönnt sich Saxon jede Menge Kaffee und Schokolade bei ihrer Lieblingsbeschäftigung, dem Lesen.
Die englische Ausgabe erschien 2020 unter dem Titel »Face Offs & Cheap Shots«.
Deutsche Erstausgabe März 2023
© der Originalausgabe 2020: Eden Finley, Saxon James
© für die deutschsprachige Ausgabe 2023:
Second Chances Verlag
Inh. Jeannette Bauroth, Hammergasse 7–9, 98587 Steinbach-Hallenberg
Alle Rechte, einschließlich des Rechts zur vollständigen oder auszugsweisen Wiedergabe in jeglicher Form, sind vorbehalten.
Alle handelnden Personen sind frei erfunden, Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Umschlaggestaltung: Ronja Forleo
Lektorat: Annika Bührmann
Korrektorat: Anabelle Stehl
Satz & Layout: Second Chances Verlag
ISBN: 978-3-948457-41-9
www.second-chances-verlag.de
Inhaltsverzeichnis
Titel
Über die Autorinnen
Impressum
Vorwort
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Weitere Bücher der Autorinnen
VORWORT
Dieser Roman ist eine erfundene Geschichte.
Er enthält Situationen, die als Schikane betrachtet werden könnten. Wir haben versucht, die Jungs dazu zu bringen, sich zu benehmen, aber weißt du, wie schwer es ist, College-Eishockeyspielern zu sagen, was sie tun sollen? Wenn das Thema Schikane problematisch für dich ist, solltest du hier aufhören und mit dem dritten Buch der Reihe weitermachen.
Obwohl wir uns so gut wie möglich an die Richtlinien und Regeln der NCAA bezüglich Eishockeys halten, haben wir uns bei bestimmten Einzelheiten kreative Freiheiten erlaubt, denn wie gesagt, es ist eine erfundene Geschichte. Geschichten sollen Spaß machen und manchmal nehmen die echten Regeln darauf keine Rücksicht.
Namen, Charaktere, Unternehmen, Orte, Ereignisse und Begebenheiten entspringen entweder der Vorstellung der Autorinnen oder wurden fiktiv verwendet. Jegliche Ähnlichkeit zu echten Personen, ob lebend oder tot, oder tatsächlichen Ereignissen ist rein zufällig.
JACOBS
Meine Aufregung ist nicht mit dem zu vergleichen, was ich spüre, wenn ich aufs Eis gehe. Da sind es Vorfreude und Adrenalin. Das hier ist so viel mehr. Das ist Ungeduld. Ein frustrierender Drang, der die Vorlesung quälend macht. Sobald sie vorbei ist, werde ich aufspringen und versuchen, mich an dem Strom der Studenten, die zur Tür gehen, vorbeizuducken.
Ich hätte mich für eine schnelle Flucht näher an den Ausgang setzen sollen, aber natürlich bin ich von lauter Menschen umgeben, die es offenbar genauso eilig haben wie ich, als der Professor uns schließlich entlässt. Sobald ich im Flur bin, werde ich von meinem Teamkollegen Cohen aufgehalten, der aus der anderen Richtung kommt.
»Jo, Jacobs!«
Scheiße.
»Kann jetzt nicht reden.« Ich laufe, so schnell ich kann, ohne zu rennen.
Er schließt zu mir auf und hält mühelos Schritt. »Ich hab gehört, dass du dich mit Coach triffst. Das ist es jetzt, nicht wahr? Herzlichen Glückwunsch!«
Ich schubse ihn. »Beschrei es nicht. Mist. Du bist kein echter Eishockeyspieler, wenn du nicht abergläubisch bist.«
Er schnaubt. »Grant und du, ihr habt uns letzte Saison gezeigt, wo der Hase läuft. Du hast das im Sack.«
»Aaaaalter.«
Sein Lachen folgt mir, als ich das Gebäude in Richtung Eishalle verlasse. Da Grant seinen Posten als Captain der CU aufgibt und zur NHL wechselt, ist der nun frei. Auf diesen Moment habe ich meine ganze College-Karriere über hingearbeitet.
Wenn man außer Acht lässt, dass ich nur wegen des Eishockeys überhaupt studieren durfte, liebe ich es aufrichtig. Ich habe mir jede Minute auf dem Eis den Arsch abgerackert, um dafür zu sorgen, dass mein Abschlussjahr mein Jahr wird.
Ich werde das absolut Beste daraus machen.
Als ich die Arena erreiche, atme ich tief ein, um mir diesen Moment einzuprägen. Drei Jahre lang bin ich durch diese Flure gelaufen, stand sechs Tage die Woche auf diesem Eis, und jetzt passiert es endlich.
Ich zwinge mich, langsamer zu gehen und durchzuatmen, ehe ich versuche, meinen inneren Grant heraufzubeschwören. Das ist mein Jahr, verdammt, und ich werde dem Team zeigen, dass ich unseren Sieg bei den Frozen Four mit einem weiteren untermauern und uns erneut zur College-Meisterschaft führen kann.
Der Adrenalinrausch ähnelt dem Hoch, kurz bevor wir aufs Eis gehen. Es summt in meinen Adern. Ich klopfe an und schüttle die Arme aus, um die überschüssige Energie loszuwerden, aber es ist unmöglich. Coach ruft mich herein, und ich bin bereit, meine Zukunft an den Hörnern zu packen … oder wie auch immer das Sprichwort lautet.
»Hey, Coach, Sie wollten …« Mir bleiben die Worte im Halse stecken, als ich eine weitere Person im Zimmer sehe. Und sie muss sich nicht mal umdrehen, damit ich weiß, wer es ist – diese teure blonde Frisur würde ich überall erkennen.
Der verfluchte TJ Beckett.
Beck.
Ein elitäres Arschloch, das mehr Geld hat, als irgendein Einundzwanzigjähriger haben dürfte. Außerdem ist er der zweitbeste Spieler des Teams. Der beste Verteidiger, den die CU je hatte.
Allerdings werde ich das nie laut zugeben.
Beck und ich machen einander keine Komplimente. Unsere Beziehung besteht eher aus finsteren Blicken, während der andere bissige Kommentare von sich gibt.
Das … ist nicht gut.
Mein unglaubliches Hoch ebbt langsam ab. Ich habe eine Million verschiedener Theorien, warum Beck hier ist, und ich hoffe wirklich, dass er beim letzten Drogentest durchgefallen ist oder so was. Ihn aus dem Team zu verlieren, wäre nicht ideal, aber immer noch besser als meine erste Vermutung.
»Jacobs, danke fürs Kommen«, sagt Coach Hogan.
Mein Blick huscht zwischen Beck und Coach hin und her, während ich mich neben meinen Teamkollegen setze. Mehr sind wir nicht. Keine Freunde. Ich würde ihn nicht mal als Bekannten bezeichnen. »Kein Problem. Worum geht’s?«
Coach beugt sich vor, stützt die Ellbogen auf den Schreibtisch und verschränkt die Finger. »Ich vermute, ihr beide wisst schon, warum ihr hier seid.«
Na ja, ich dachte, ich wüsste es. Aber jetzt …
»Ich habe darauf gehofft.« Beck verhält sich, als hätte er wie immer alle Trümpfe in der Hand.
Wir sind seit drei Jahren Teamkollegen und spielen seit einer Saison in derselben Reihe, aber obwohl wir als Team gut funktionieren und wissen, wie wir auf dem Eis miteinander klarkommen, haben wir uns ohne Schlittschuhe an den Füßen nie verstanden. Er hat einen Treuhandfonds, während ich es mit meinem Stipendium gerade so über die Runden schaffe. Er geht gern davon aus, dass alles in der Welt schön und gut ist, weil er so daran gewöhnt ist, sich mit einem Lachen durch alles durchzumogeln. Dem Typ müssen echt mal die Augen geöffnet werden. Nicht jeder bekommt das, was er will, auf einem Silbertablett serviert.
»Mir müssen Sie es vielleicht erklären«, erwidere ich.
Coach lehnt sich zurück. »Ihr wart beide herausragend in dieser Saison. Jacobs, deine Punktzahl reicht an Grants heran, und Beck, deine Werte sind die besten, die ich seit Langem gesehen habe. Ihr beide eignet euch hervorragend als Captain.«
Beide?
Dämlicher Cohen, er musste es ja beschreien.
Meine Kiefermuskeln spannen sich an, aber ich behalte meinen Missmut für mich. Während ich mir bei jedem Training den Arsch aufgerissen habe und am Wochenende im Fitnessstudio war, hat Beck bei jeder sich bietenden Gelegenheit gefeiert. Er ist zwar zum vorgeschriebenen Krafttraining und dem Training selbst gekommen, hat sich aber nie darüber hinaus bemüht.
»Danke, Coach«, sagt Beck.
Igitt. Selbst in seiner Bescheidenheit ist er anmaßend.
»Es kann nur einer von uns werden«, werfe ich ein, und irgendwie gelingt es mir, meine Stimme ruhig zu halten. Co-Captains und stellvertretende Captains sind im Eishockey üblich, aber nicht an der CU. Solange ich hier bin, gab es immer nur einen.
»Die Sache ist …« Er streckt die Hände aus. »… der Assistenztrainer und ich können nicht entscheiden, wen wir benennen sollen. Wir nehmen die Auswahl eines Mannschaftscaptains nicht auf die leichte Schulter. Die Wahl kann ein Team zum Sieg führen oder es brechen, und mit einem schlechten Anführer könnt ihr euch von den Frozen Four verabschieden. Als Titelverteidiger brauchen wir den Besten.«
Das weiß ich alles schon. Deshalb war ich so entschlossen, allen zu beweisen, dass ich derjenige bin, den das Team braucht. Nicht einen arschigen Verteidiger, der sich für was Besseres hält.
Ich kann nicht leugnen, dass er auf dem Eis talentiert ist, aber ich sollte in der nächsten Saison Captain sein. Ich. Grant hat mich praktisch darauf vorbereitet, seit er mich im ersten Jahr unter seine Fittiche genommen hat.
Meine Begeisterung ist dahin.
Bitte nehmt mir diese eine Sache nicht weg.
»Deshalb«, fährt Coach fort, »haben wir uns entschlossen, das Team entscheiden zu lassen.«
»Was?« Ich schieße auf meinem Stuhl nach vorn, was Beck anscheinend amüsant findet. Teamabstimmungen sind theoretisch nicht verboten, aber das gab es noch nie.
»Gute Entscheidung, Coach«, stimmt Beck, der Schleimer, zu. »Das Team weiß, was gut für es ist.«
»Ja, und das wirst nicht du sein.«
Er grinst, und ich runzle angesichts der vorhersehbaren Reaktion die Stirn. Aber Beck hat Grund, anmaßend zu sein. Grant und ich waren ein starkes Team. Mit seinem Eishockey-Talent und seiner natürlichen Fähigkeit, die Leute mit seinem Charme einzuwickeln, war Grant immer eine Autoritätsperson. Wenn jemand im Team Probleme hatte, ist er zu Grant gegangen. Wenn jemand von ihnen Gras, Alkohol oder einen Wingman brauchte, war Beck seine Anlaufstelle. Die Teamdynamik schlägt zu seinen Gunsten aus.
Ich wäre die richtige Wahl, aber Beliebtheit hat nicht immer etwas mit dem Richtigen zu tun. Ich verstehe mich mit den anderen, aber es ist nicht so, als würde ich ständig ausgehen. Ein Drink nach den Spielen oder hin und wieder eine Verbindungsparty sind alles, was ich mir gestatte. Ich spiele hart, arbeite aber noch härter, denn da ich ein Eishockey-Stipendium habe, fliege ich von der Uni, wenn meine Noten nicht gut genug sind, um im Team zu bleiben.
Und Beck … Das Arschloch könnte das Team dazu bringen, ihm die Schuhe zu lecken, und sie würden noch um mehr betteln. Ich weiß nicht, ob es an dem charmanten Lächeln, seiner sorglosen Einstellung oder den schlagfertigen Antworten liegt, aber jeder liebt ihn auf eine Weise, die ich nie verstanden habe.
Coach lacht über die offensichtliche Feindseligkeit zwischen uns. »Langsam, Jungs. Ihr müsst zusammenarbeiten und darauf vertrauen, dass das Team die richtige Entscheidung trifft.«
Das werden sie. Das müssen sie. Und zum Glück habe ich den Vorteil, den Sommer mit einigen von ihnen im Trainingscamp zu verbringen. Vor allem Cohen. Ich habe mich immer gut mit ihm verstanden, und viele der Jungs hören auf ihn, vielleicht habe ich also eine Chance, wenn ich ihn diesen Sommer auf meine Seite ziehe.
Ich greife hier nach Strohhalmen, aber das ist das Einzige, was mich noch auf diesem Stuhl hält.
»Okay.« Ich nicke. »Sie haben recht. Das Team sollte die Chance bekommen, zu entscheiden, wem es folgen will. Und wen auch immer sie auswählen« – mich –, »wird große Fußstapfen füllen müssen. Wir sollten uns also besser vorbereiten.«
»Gute Einstellung. Jetzt schüttelt euch die Hände, und wünscht euch Glück.«
Meint er das ernst?
Aber ich werde keine Einwände erheben, wenn er die Position des Captains ganz und gar nach seinem Willen verteilen kann. Ich drehe mich zu Beck und versuche, nicht zu schwitzen, als er mir seine große Hand reicht. Wir drücken beide etwas zu stark zu und halten etwas zu lange fest, während wir darauf warten, dass der andere einknickt. Becks volle Lippen beben in dem Versuch, sein typisches Lächeln zu unterdrücken. Die Aufregung, die ich vorhin nicht loswerden konnte, ist nirgendwo zu entdecken.
»Viel Glück«, presse ich hervor und versuche, ein paar Führungsqualitäten zu zeigen.
»Ja, dir auch.« Seine blauen Augen funkeln. »Du wirst es brauchen.«
Zieh ihm keins über. Zieh ihm auf keinen Fall eins über.
»War’s das?«, frage ich Coach, weil ich unbedingt weg will.
»Danke für eine gute Saison. Ich könnte mit dem Verlauf nicht glücklicher sein.«
Frozen-Four-Champions ist der beste Titel, den man sich wünschen kann, also kann man dem nur zustimmen.
Ich verlasse das Büro, so schnell es geht, um so viel Abstand wie möglich zwischen Beck und mich zu bringen.
Aber er ist mir auf den Fersen. »Das lief gut.«
»Das war absoluter Schwachsinn, und das weißt du.« Das Knurren in meiner Stimme scheint ihn nicht zu beeindrucken. Ich will nicht wie ein undankbarer Arsch klingen, aber diese Katastrophe hat mich vollkommen überrascht, und ich werde Beck auf keinen Fall zeigen, dass ich verletzlich bin. Ich kann ihn nur anblaffen oder losheulen, und Letzteres werde ich ganz sicher nicht tun.
»Ich weiß. Ich hätte es direkt werden sollen, aber ich spiele mit. Wir beide wissen, für wen das Team stimmen wird.«
Ich balle die Hände zu Fäusten und stopfe sie in die Hosentaschen. »Dann brauchst du es ja gar nicht erst versuchen. Genieße deinen Sommer in Frankreich oder Argentinien oder wohin auch immer du als Nächstes fliegst.«
»Argentinien?« Er lacht. »Bitte. Aber nein, ich bin jetzt im Abschlussjahr. Da sollte ich das College noch mal richtig erleben.«
»Was meinst …«
»Vielleicht bleibe ich diesen Sommer in Vermont.«
»Wie langweilig für dich.« Ich kann ihn nicht mal auf dem Weg zu den Wohnheimen loswerden, weil wir im selben Gebäude untergebracht sind.
»Sicher finde ich etwas, um mich zu beschäftigen.«
Richtig. Gut. Schön. Warum erzählt er mir diesen Mist? Ich versuche, ihn zu ignorieren, aber da Beck nun mal Beck ist, versteht er den Wink nicht.
»Vielleicht verbringen wir den Sommer zusammen. Kommen uns näher. Etwas Zeit nur zu zweit.«
»Was?« Endlich bleibe ich stehen und schenke ihm meine Aufmerksamkeit. »Was laberst du da?«
»Trainingscamp.« Er legt den Kopf schräg. »Coach sucht immer nach Helfern für das Training mit den Highschool-Kids. Oh, du dachtest doch nicht, dass ich das ganz allein dir überlasse, oder? Das ist süß.«
»Du warst noch nie in deinem Leben im Trainingscamp.«
»Wie gut, dass ich neue Erfahrungen liebe.«
»Unglaublich.« Ich laufe schneller in Richtung Wohnheim. Je eher wir dort ankommen, desto eher werde ich ihn los.
»Vielen Dank auch.«
»Das war kein Kompliment.«
»Und trotzdem betrachte ich es als solches.«
Es gelingt mir, all meine Gedanken für mich zu behalten, als ich die Treppen hinaufjogge und ins Wohnheim rausche. Ich versuche, Beck die Tür vor der Nase zuzuknallen, aber er schlüpft hinter mir herein und bleibt dicht bei mir. Er steigt sogar mit mir in den verfluchten Fahrstuhl.
Sobald sich die Türen schließen, wirble ich zu ihm herum. »Warum tust du das?«
»Im Moment könntest du damit wirklich alles meinen.«
Gutes Argument. Ich weiß nicht mal, was mich am meisten nervt. »Du willst beim Trainingscamp mitmachen, schön, aber das ist kein Urlaub. Es ist viel Arbeit.«
»Oh nein, wie soll ich das nur schaffen?«
»Ist mir egal. Komm mir nur nicht in die Quere.«
Der Fahrstuhl erreicht meine Etage, und als ich aussteigen will, hält Beck meinen Arm fest. Er zieht mich zu sich herum, und ich vergesse alles, was ich sagen wollte.
Zu nah. Viel zu nahe.
Ich kann jede einzelne seiner hellen Wimpern erkennen. Sein Blick gleitet zu meiner Nase, meinem Mund, meinem Kinn.
Dann breitet sich ein Lächeln auf seinen Lippen aus, das sündhafte Dinge verspricht, und ich kann den Blick nicht davon lösen, während ich mich für das wappne, was als Nächstes kommt.
»Der Posten als Captain ist mir so gut wie sicher.«
»Wenn du das sagst«, knurre ich.
Beck tippt mir auf die Nase, und ich reiße mich aus seinem Griff los, um zu verschwinden. Er wartet, bis sich die Fahrstuhltüren schließen, um das letzte Wort zu haben. Wie immer. »Möge der beste Captain gewinnen.«
BECK
Ich weiß nicht, was Christopher Jacobs gegen mich hat, und wünschte, ich könnte behaupten, es würde mich interessieren, tut es aber nicht. Eigentlich gefällt mir sein bissiges Verhalten mir gegenüber sogar. Wahrscheinlich mehr, als es sollte.
Sich für das Befinden anderer interessieren, ist was für Erwachsene, und bis ich nächstes Jahr in einem Talar und einer albernen Kappe über die Bühne schreite, werde ich mich selbst nicht als Erwachsenen betrachten. Oder reif. Oder irgendwie verantwortungsbewusst.
Damit muss sich mein zukünftiges Ich beschäftigen, denn mein derzeitiges Ich zeigt dem den Mittelfinger.
Ehrlich, ich war überrascht, dass die Trainer mich überhaupt als Captain in Betracht gezogen haben. Ich bin davon ausgegangen, dass Jacobs die Sache unter Dach und Fach hat. Foster Grant und er sind seit einer Ewigkeit eng befreundet. Es ist sinnvoll, dass Jacobs die Position einnimmt.
Nun, da ich das gesagt habe, werde ich auf keinen Fall einen Rückzieher machen. Das ist mein letztes Jahr, um Ruhm zu ernten. Mein letztes Jahr Freiheit. Wenn ich es an die Spitze schaffen kann, werde ich die Chance dazu ergreifen.
Es hilft auch, dass ich in meinem letzten Sommer ein Spiel spielen werde, das ich liebe und noch nicht aufgeben will. Jacobs hatte mit meinen Plänen für den Sommer möglicherweise recht. Ich hatte vorgehabt, nach Griechenland zu fliegen und die Semesterferien auf der Jacht meiner Eltern zu verbringen. Klingt glamourös, ist aber total langweilig. In letzter Zeit scheint mich alles zu langweilen. Die Vorstellung, mit meiner jüngeren Schwester in den Clubs von Griechenland zu feiern, hat ihren Reiz verloren.
Je weiter die Uhr meiner Jugendzeit gnadenlos abläuft, desto mehr Action und Aufregung will ich. Adrenalin. Testosteron. Eishockey.
Dieses Jahr beim Trainingscamp auszuhelfen, war die perfekte Ausrede, um mich nicht ständig von Dad daran erinnern lassen zu müssen, dass sich meine Zeit für Blödsinn dem Ende neigt. Wann immer ich verkatert oder mit einem One-Night-Stand nach Hause komme oder er mich aus dem Knast holen muss – was nur ein einziges Mal passiert ist –, tippt er auf seine Armbanduhr. »Die Zeit für diese Dummheiten läuft ab, Junge.«
Also, ja, dieser Sommer wird großartig. Und Jacobs dabei zu quälen, ist ein Bonus.
Die Herausforderung in seinen Augen wegen dieser Captain-Sache hat mir einen Adrenalinschub verpasst, und so ein Hoch hatte ich schon seit einer Weile nicht mehr.
Das wird lustig.
***
Der Campus ist praktisch leer, als ich am ersten Tage des Camps zur Eishalle gehe. Es gibt ein paar Sommerprogramme an der Uni, aber ohne die ganzen Studenten ist der Campus eine unheimliche Geisterstadt.
Alle anderen fahren nach Hause oder in den Urlaub, während wir in den nächsten sieben Wochen so gut wie jeden Tag in der Eishalle oder dem Fitnessraum festsitzen.
Ich hätte nie gedacht, dass das so verlockend sein kann.
Ich ziehe meine Karte an der Eishalle durch den Scanner und gehe direkt in die Umkleide. Ich bin ein paar Minuten zu spät, und natürlich lässt Jacobs das nicht durchgehen.
»Captains sollten die Ersten und Letzten sein.« Offensichtlich hat er sich die Haare an den Seiten vor dem Camp frisch rasiert, sodass die Strähnen oben auf dem Kopf wie immer länger sind. Das und seine Einstellung – ich könnte schwören, dass sich an diesem Typen nie etwas ändert.
»Danke für den Tipp. Ich werde daran denken, wenn ich nächste Saison Captain bin.«
Die anderen Jungs brüllen und rufen laut: »Ooooh.«
Unser Team besteht aus 25 Spielern, aber nur zwölf von uns helfen über den Sommer aus. Wir machen mit den Highschool-Kids Trainingsübungen und unterstützen sie dabei, ihre Fähigkeiten zu verbessern, während die Trainer nach vielversprechenden Talenten für die Mountain Lions suchen.
Ich gehe zu meinem üblichen Fach und ziehe mich aus, damit ich meine Ausrüstung anlegen kann. Es überrascht mich, dass Jacobs nichts erwidert. Dafür tut Cohen es. Sein Fach befindet sich neben meinem, und er tritt näher, während er sich das Shirt auszieht. »Schon mal was von Distanz gehört?«
»Nur, damit du es weißt, ich bin im Team Jacobs.«
»Ich bin im Team Edward.«
Cohen verdreht die Augen. »Twilight-Anspielungen? Ernsthaft?«
»Ich hab eine Schwester.«
»Mhm. Sicher.«
»Willst du mir irgendwas sagen, Cohen?«
»Ja. Obwohl ich für ihn stimmen werde, wollte ich dich vorwarnen. Er ist schon auf Stimmenfang. Wenn er alle Stimmen von den Jungs aus dem Sommercamp bekommt, wird er mit Leichtigkeit die Mehrheit haben, sobald das Semester beginnt. Du solltest dich also vielleicht anstrengen.«
»Klingt nach einer Herausforderung.«
»Willst du die Position überhaupt?«
Diese Unterhaltung ist nicht mehr amüsant. »Ich hätte sie abgelehnt, wenn ich sie nicht wollen würde.«
»Tja, du wirst dich dafür anstrengen müssen. Mehr wollte ich nicht sagen.«
Ich scheue mich nicht vor harter Arbeit, aber wenn man bedenkt, dass ich bei dieser ganzen Aktion lediglich meine Teammitglieder – meine Freunde – für mich gewinnen muss, werde ich mich nicht so anstrengen müssen, wie Cohen denkt.
Jacobs ist ehrgeizig und klasse im Eishockey, aber er ist nicht gerade freundlich. Drei Jahre lang hat er sich an Grant gehängt und war nur dank seiner Anwesenheit beliebt, aber jetzt, wo Grant seinen Abschluss gemacht hat und seiner Wege gegangen ist, ist Jacobs auf sich allein gestellt.
Wenn überhaupt jemand ein Lächeln aufsetzen und jemanden umstimmen kann, dann bin ich es. Ich greife nach meinem Trainingstrikot, aber Cohen hält mich auf.
»Am ersten Tag müssen wir unsere Spieltrikots tragen. Coach will, dass wir einschüchternd aussehen.«
Natürlich. Beim Eishockey geht es immer um Psychospiele. Sobald wir alle fertig sind, warten wir darauf, dass uns der Assistenztrainer holt und wir unseren Auftritt haben.
Und ja, sobald wir aufs Eis kommen, reißen die Kids die Augen auf. Alle 40 von ihnen. In einem Jahr wird ein Viertel von ihnen ein Stipendium bekommen, um das Trikot der Mountain Lions zu tragen. Die Quoten stehen also nicht gut, aber es ist schon eine Leistung, überhaupt an diesem Camp teilnehmen zu dürfen. Ich war nie in einem hier an der CU. Meine Eltern haben mich zu den teuersten privaten Eishockeycamps geschickt, die man mit Geld kaufen kann. Diese Jungs sind wegen ihres Talents hier.
Die Kids sitzen auf den Spielerbänken, und ich weiß, dass sie alle etwa sechzehn und siebzehn Jahre sind, aber sie sehen wie Babys aus. Schwer zu glauben, dass ich erst vor vier Jahren in ihrem Alter war.
Die Zeit vergeht viel zu schnell.
»Das sind diesen Sommer eure Mentoren«, erklärt Coach. »Das sind die Typen, die ihr beeindrucken müsst. Sie werden uns Bericht erstatten. Aber seid versichert, dass wir auch zusehen werden.« Coach pustet in seine Pfeife und dreht sich zu uns. »Zeigt ihnen, was ihr draufhabt, Jungs. Trainingsspiel.«
Das Team teilt sich in zwei Reihen auf. Schofield, unser Ersatztorhüter aus der letzten Saison, der dieses Jahr aufsteigt, ist bei mir. Die anderen zögern kurz, bevor sie sich zwischen mir und Jacobs entscheiden, der nur Cohen hat.
Jacobs’ finsterer Blick richtet sich unnachgiebig auf mich. Wie originell. »Martin, Hansen und Rossi, ihr geht zu Beck. Er wird jemanden brauchen, der wirklich punkten kann.«
Die Jungs kichern und kommen zu mir.
Ich versuche, nicht zu lachen, weil ich für einen Verteidiger eine ziemlich hohe Punktebilanz habe. Nicht annähernd so hoch wie die von Jacobs, aber ich sollte gar keine haben. Ich bin nicht nur ein Schläger auf dem Eis. Ich kann dabei helfen, Spielzüge aufzubauen und den Puck in unsere Zone zu holen.
Rossi übernimmt als Mittelstürmer und positioniert sich zum Bully gegenüber Greer.
Zufällig stehe ich Jacobs gegenüber. Total unbeabsichtigt, ich schwöre.
Wir zeigen den Kids, die wir diesen Sommer betreuen, was es heißt, auf dem College Eishockey zu spielen, und da wir die Frozen Four gewonnen haben, geben wir alles, um mit unseren Fähigkeiten anzugeben. Ich bin größer und breiter als die meisten anderen Eishockeyspieler und weiß, wie ich hart zuschlagen kann. Als Jacobs mir direkt im Weg und ungeschützt ist, zögere ich nicht, ihn gegen die Bande zu rammen und den Puck zu stehlen. Ich bringe meine Jungs an die blaue Linie, und sie kümmern sich darum, den Puck an Simms vorbeizubringen, der versucht, das Tor zu schützen, obwohl er Stürmer und erst im zweiten Jahr ist.
Als ich zu Jacobs blicke, ist sein Gesicht hochrot, und er sieht aus, als würde er mich am liebsten aufs Eis werfen. Was sagt es über mich aus, dass das auch spaßig klingt?
Ich bin es gewohnt, von allen gemocht zu werden und mich mit allen zu verstehen, weshalb seine Abneigung faszinierend ist. Ich habe keine Ahnung, was ich ihm getan habe, aber was auch immer es war, es tut mir nicht leid.
Denn … Seltsamerweise mag ich es.
Wahrscheinlich sollte ich deshalb zur Therapie, aber stattdessen werde ich ihn in den nächsten sieben Wochen in den Wahnsinn treiben.
Ich fahre an ihm vorbei und salutiere spöttisch.
Sein mörderischer Gesichtsausdruck ist wieder da.
So. Viel. Spaß.
***
Der erste Tag ist anstrengender, als ich gedacht hätte. Als man uns sagt, dass wir duschen sollen, könnte ich einen Drink vertragen. Oder einen Fick.
Die Teenager im Camp erfahren zum ersten Mal in ihrem kurzen Leben, wie es in einem Wohnheim zugeht. Keine Erwachsenen. Keine Beaufsichtigung. Und anscheinend sind wir dafür verantwortlich, dass sie nichts Dummes anstellen.
Nicht ganz, diejenigen unserer Teamkollegen, die noch zu jung sind, um Alkohol zu trinken, sind dafür verantwortlich, während der Rest von uns in eine Bar geht.
Das McIntyre’s ist beim Team beliebt, weil man es vom Campus aus zu Fuß erreichen kann. Dort angekommen entdecke ich Jacobs sofort, der zusammen mit Grants Freund Zach in einer Nische sitzt.
Grant hat aus seiner Bisexualität nie ein großes Geheimnis gemacht – es war eines der ersten Dinge, die ich bei unserem Kennenlernen über ihn erfahren habe –, aber erst seit dem letzten Jahr hat er wirklich einen Freund und hat das auch öffentlich gemacht.
Sein Freund ist irgendwie … nicht der Typ, den ich von Grant erwartet hätte. Zach steht nicht auf Sport, interessiert sich für Wissenschaft und ist ein … Okay, ich versuche, eine weniger beleidigende Bezeichnung als Nerd zu finden. Aber genau das ist er.
Ich dachte, wenn Grant sich auf jemanden einlässt, dann einen großen, maskulinen Typ mit Muskeln und einem ebenso großen Ego wie seinem. Lange Zeit bin ich tatsächlich davon ausgegangen, dass Jacobs und er was miteinander hätten. Nicht, dass ich viel über Grants Liebesleben nachgedacht hätte.
Grant steht an der Bar, und ich klopfe ihm auf den Rücken. »Was geht, Mann? Wann reist du ab?«
Breit lächelnd dreht er sich zu mir um. »Nächste Woche. Zach und ich fahren hoch und lernen den Sommer über die Stadt kennen.«
Der glückliche Mistkerl hat einen Vertrag bei der NHL ergattert. Er wird mit Eishockey seinen Lebensunterhalt verdienen, und ich bin wahnsinnig neidisch.
Das steht für mich nicht zur Debatte.
Wir schnappen uns unsere Drinks und gehen zurück zum Tisch, wo sich Grant neben seinen Freund setzt und einen Arm um Zachs schmale Schultern legt.
Jacobs sieht mich finster an, als ich neben ihn rutsche und Platz für Cohen und Rossi mache.
»Weißt du, ich hab gehört, dass man fürs Lächeln weniger Muskeln braucht als fürs Stirnrunzeln. Das solltest du mal ausprobieren.« Um meine Aussage zu bestätigen, lächle ich ihn ungezwungen an.
»Ich hab gehört, dass es einfacher ist, kein Arsch zu sein. Vielleicht solltest du das mal probieren.«
Lachend nippe ich an meinem Bier.
Grant verdreht die Augen. »Was werdet ihr beiden machen, wenn ich fort bin? Es wird niemanden mehr geben, der sich zwischen euer Gezanke stellt.«
»Warum zankt ihr?«, will Zach wissen.
»Ich habe keine Ahnung«, antwortete ich im selben Augenblick, als Jacobs sagt: »Er ist ein Arsch.«
»Warum bist du so von meinem Arsch besessen?«, stichle ich.
Zach verzieht den Mund. »Solche Feindseligkeit zwischen zwei Menschen kann ein Hinweis auf sexuelle Spannung sein.«
Grant beugt sich zu seinem Freund. »Das war ein Witz, Babe.«
Die Erkenntnis breitet sich auf Zachs Gesicht aus. »Oh. Richtig. Blöde Sprüche. Los, Sportler!« Halbherzig reckt er die Faust in die Luft.
Grant drückt ihm einen Kuss auf den Kopf.
Irgendetwas an diesem Anblick lässt mir ganz warm im Bauch werden, aber ich schüttle es schnell ab. Zuneigung habe ich noch nie erhalten. Nicht von meinen Eltern und wohl kaum von den Mädchen, mit denen ich ausgegangen bin. Ich hatte noch nie das Bedürfnis, jemanden liebevoll auf den Kopf zu küssen oder besitzergreifend den Arm um ihn zu legen.
Aber wenn ich Grant und seinen Freund sehe, frage ich mich, ob ich etwas verpasse.
»Also, ich hab gehört, dass ihr um die Stelle als Captain kämpft«, sagt Grant.
»Jap. Der Coach überlässt dem Team die Abstimmung«, erwidert Jacobs. »Das ist Quatsch. Als ob Mr Party da drüben nicht alle Register ziehen würde, wenn es so weit kommt.«
Grant reibt sich den Kiefer, und ich sehe, wie sein Captain-Hirn nach einer Lösung sucht. »Co-Captains zu haben, ist immer eine Option. Oder ein Captain und ein stellvertretender Captain?«
»Auf der CU gibt es keine stellvertretenden Captains«, widerspricht Jacobs. »Das weißt du.«
»Normalerweise lässt man an der CU auch nicht das Team über den Captain abstimmen«, stelle ich klar. »Ich mache dich gern zu meinem Stellvertreter.«
Jacobs zeigt mir den Mittelfinger.
»Was, wenn ihr bestimmte Captain-Aufgaben für das Team absolviert?«, schlägt Grant vor. »So wäre es fair und weniger ein Beliebtheitswettbewerb.«
Ich lächle. »Das sagst du nur, weil du weißt, dass dein Kandidat verliert, wenn es darum geht, wer beliebter ist.«
Cohen wippt neben mir. »Nein, nein. Ich liebe diese Idee. Wir könnten euch nackt über den Campus laufen lassen, oder … Oh, ein Wetttrinken.«
Grant runzelt die Stirn. »Das habe ich nicht gemeint. Überhaupt nicht.«
Cohen zieht sein Handy hervor. »Was? Kann dich nicht hören. Bin zu beschäftigt, den anderen zu schreiben.«
Jacobs und ich tauschen einen Blick. Wahrscheinlich sind wir zum ersten Mal einer Meinung und denken dasselbe.
Wir sind am Arsch.
JACOBS
Es wird spät, und ich hatte eigentlich vorgehabt, schon lange weg zu sein, aber Beck kippt Drinks runter, als wäre er auf einer Mission. Ich würde gern behaupten, dass ich nicht hoffe, er würde sich betrinken und dann morgen versagen, aber die Vorstellung hat einen gewissen Reiz.
Aber das ist nicht der Grund, warum ich noch hier bin. Beck könnte sich auch ohne mich die Kante geben. Nein, stattdessen habe ich dieses nutzlose Verantwortungsgefühl, dafür zu sorgen, dass alle sicher zurück ins Wohnheim kommen. Auch Beck.
»Verdammt, das werde ich vermissen«, sagt Grant.
»Wohl kaum.« Beck schnaubt. »Du wirst ein NHL-Leben führen. Eishockey, Alkohol, Puck-Bunn… Ah, ich meine …«
Ich verpasse ihm einen Schlag auf den Hinterkopf. »Arschloch.«
Zach lacht und sieht Grant geradezu übelkeitserregend liebevoll an, während er mit mir redet. »Ist schon okay, Topher. Wir wissen, wie es wirklich sein wird.«
»Moment …« Beck legt eine Hand auf mein Bein, während er sich nach rechts beugt, um Zach anzusehen. »Wie hast du ihn genannt?«
»Toph…«
»Nein«, schneide ich ihm das Wort ab. »Nein. Ruhe. Das will ich nicht hören.«
»Topher.« Beck lehnt sich wieder zurück, sodass ich endlich wieder Platz habe, und drückt sich die Faust an den Mund. Seine Augen sind aufgerissen, als hätte Zach ihm ein Geschenk gemacht. »Topher.«
»Halt die Klappe.«
»Was immer du willst, Topher.«
Tja, ich werde es wohl doch hören. Jetzt kann ich nur versuchen, mir nicht anmerken zu lassen, wie lahm ich diesen Namen finde. Ich habe es Zach durchgehen lassen, weil er Grants Typ und irgendwie lustig ist, habe es aber immer unterbunden, wenn Grant damit anfangen wollte.
Aus genau diesem Grund.
Beck wird sich auf alles stürzen, womit er mir unter die Haut gehen kann.
»Mach so viele blöde Sprüche, wie du willst. Für dich wird es bald Captain Topher heißen.«
Beck legt den Kopf schräg. »Es ist süß, dass du das denkst.«
»Tut mir leid, dass du die Tatsachen nicht erkennen willst.«
»Tatsachen?« Er zeigt auf Cohen. »Wenn wir für diese Verlierer erst nackt durch die Gegend gelaufen sind, wird es keine Frage mehr geben, wer am besten bestückt ist.«
»Ein großer Schwanz bedeutet auf dem Eis nicht das Geringste.«
Sein strahlendes Lächeln kommt mit voller Kraft zurück. »Und da hätten wir’s, jetzt redest du nicht nur von meinem Arsch, sondern auch von meinem Schwanz. Müssen wir dir Hilfe besorgen?«
Grant klopft auf den Tisch. »Okay, wir verschwinden.«
Das lenkt mich von meiner Antwort ab, und ich beobachte, wie Zach und er aufstehen. Das ist – wow. Plötzlich wird mir klar, dass ich meinen Freund für eine Weile zum letzten Mal gesehen habe. Wer weiß, wann das nächste Mal sein wird.
Unbeholfen stehe ich auf. »Viel Glück, Mann.«
»Danke.« Er umarmt mich. »Captain oder nicht, du wirst dieses Jahr großartig sein.«
»Du denkst also auch nicht, dass ich es schaffe?«
»Hab ich das gesagt?« Er lässt mich los, und Zach winkt mir unbeholfen zu. »Vertrau dem Team. Sie sind vielleicht ein Haufen Spinner, aber wenn es ums Spiel geht, sind sie klug. Und …« Er tauscht einen Blick mit Zach. »… hab Spaß dabei. Es ist dein letztes Jahr. Dein letztes Mal mit diesen Jungs. Wenn sie euch schwachsinnige Herausforderungen stellen, mach mit.«
»Irgendwie habe ich das Gefühl, dass du das nicht sagen würdest, wenn es dich betreffen würde.«
»Ja, aber das tut es nicht.« Lachend hebt er die Hand in Richtung der anderen. »Ich werde euch Arschlöcher vergessen, wenn ich berühmt bin.«
Zach seufzt, als würde er Grant mittlerweile zu gut kennen.
Na ja, das tun wir alle. Er hinterlässt große Fußstapfen.
Der Druck auf meiner Brust ist groß, und als Grant einen Arm um Zach legt, höre ich Zach sagen: »Ich weiß, ich bin hoffnungslos, aber da war definitiv sexuelle Spannung.«
Grant tut es mit einem Lachen ab.
Spannung, ja. Da hat er recht. Sexuelle Spannung? Nein. Nein, nein und nochmals nein. Niemals. Nein. Absolut nein. Sieben Mal nein sollte reichen. Nein, Moment, einmal noch: Verflucht, nein!
Es ist Zeit, den Abend zu beenden. Ich will dem Team gerade sagen, dass sie ihre Hintern bewegen sollen, doch als ich mich umdrehe, ist nur noch Beck da.
»Gehen wir.« Ich finde mich mit einem weiteren, nervigen Fußmarsch zum Wohnheim ab.
Beim Laufen betrachte ich Beck abschätzend, um zu sehen, ob ich ihn tragen muss, aber scheint gerade zu gehen. »Du bist nicht betrunken«, stelle ich fest.
»Hm? Wovon redest du?«
»Du hast mindestens doppelt so viel getrunken wie wir, wie kannst du noch auf den Beinen sein?« Ich bin nicht annähernd betrunken, aber dank des Biers leicht beschwipst.
»Alter, die Hälfte davon war Cola.«
»Was?«
»Das nennt man verantwortungsvolles Trinken.«
»Ich glaube nicht, dass du die Bedeutung des Wortes kennst.«
»Was, trinken? Ich habe das recherchiert.«
Ich seufze langgezogen und geduldig, während ich mich daran erinnere, dass eine Diskussion sinnlos ist. Dieser Typ kann nicht eine einzige Unterhaltung führen, ohne sie in einen Witz zu verwandeln.
»Oh, ich verstehe.« Er legt seinen Arm um meine Schultern, und ich schüttle ihn sofort ab. »Du hattest gehofft, dass ich morgen verkatert bin. Wow. Mies, Topher, selbst für dich.«
Geduld. Ich brauche einfach nur etwas Geduld.
»Und ich dachte, du wolltest auf ehrenhafte Weise Captain werden. Stattdessen wolltest du, dass ich mich betrinke, um dann die Situation auszunutzen. Und nicht auf die spaßige Art.«
»Hat dir schon mal jemand gesagt, dass deine Stimme wie zerbrochenes Glas klingt?«
»Vielleicht würdest du mich erfreulicher finden, wenn du den Eishockey-Stock aus deinem Arsch nehmen würdest.«
»Zweifelhaft. Du wärst immer noch … du.«
»Interessant.« Beck streicht sich übers Gesicht. »Langsam denke ich, dass diese Sache zwischen uns persönlich ist.«
»Das fällt dir erst jetzt auf?«
»Um ehrlich zu sein, hat es mich vorher kein bisschen interessiert.«
»Klasse Story.« Seit wann ist der Campus so groß? Wir haben immer noch nicht mal den halben Weg hinter uns gebracht. »Warum kümmert es dich jetzt?«
»Tut es nicht. Aber es wäre um einiges leichter für dich, mir nächstes Jahr zu folgen, wenn du mich ein wenig mögen würdest.«
»Es wäre um einiges leichter, dich zu mögen, wenn du nicht so ein selbstgefälliger Arsch wärst.«
»Und schon wieder mein Hintern. Himmel, Topher, vielleicht hat Grants Betthäschen recht.«
»Nenn Zach nicht so. Ich hab nicht von deinem Hintern gesprochen. Und niemand hat mit irgendwas recht.« Mein Gesicht wird heiß, und ich erinnere mich wieder an die Sache mit der Geduld. Beck wird mich nicht aus der Reserve locken, indem er andeutet, ich wäre schwul. Bin ich nicht. Aber … nein. Nein. Die Sache mit Grant war nur Heldenverehrung, nichts weiter. Ich bekomme eben bei echtem Talent einen Ständer.
Mehr nicht.
Als Beck nicht antwortet, weiß ich, dass etwas im Busch ist. Und so ungern ich in sein arrogantes Gesicht sehen will, kann ich mich nicht davon abhalten. Für jemanden, der mindestens genauso betrunken ist wie ich, ist in seinem Kopf viel zu viel los.
»Was?«
»Nichts. Du bist plötzlich echt wütend geworden.«
»Ich bin nicht wütend, du redest Mist.«
»Klar.« Er hebt ein wenig die Brauen, was in mir das Bedürfnis weckt, ihm diesen Ausdruck aus dem Gesicht zu wischen. »Das erklärt auf jeden Fall, warum deine Fäuste geballt sind.«
Schnell entspanne ich meine Hände. »Wie sich herausstellt, sind mehr als ein paar Stunden mit dir anstrengender als das erste Training der Saison.«
»Übergibst du dich jetzt auch?«
»Das war nur ein Mal, im ersten Jahr. Lass es gut sein.«
»Sicher doch, Topher.«
Stöhnend versuche ich, nicht auf ihn loszugehen. Die Sache ist, dass ich bei jedem anderen gesagt hätte, dass er die Klappe halten soll, und dann weitergegangen wäre. Man beleidigt mich, ich schieße zurück, und dann kommen wir darüber hinweg.
Aber Beck hat es irgendwie geschafft, all die kleinen Punkte bei mir aufzudecken, die mich nerven, und noch ärgerlicher ist, dass ich mir das an die Nieren gehen lasse. Diesen Sommer geht es darum, am Team zu arbeiten, neue Talente und künftige CU-Studenten zu finden und allen zu beweisen, dass ich der Captain bin, den sie brauchen. Wenn ich mich weiter von Beck auf die Palme bringen lasse, wird nichts davon passieren. Ich habe es in den letzten Jahren geschafft, cool zu bleiben, hatte aber noch nie so direkt mit ihm zu tun.
Und als ich feststelle, dass er wieder so dämlich grinst, weiß ich, dass mich dieser Sommer umbringen wird.
Ich muss eine neue Methode finden, mit ihm klarzukommen. Sonst kann ich mich davon verabschieden, Captain zu sein.
BECK
Topher spielt ein neues Spiel namens: Mal sehen, wie lange er Beck ignorieren kann. Ich bin ehrlich überrascht, dass er es seit drei Tagen durchhält.
Wenn ich ihn provoziere, lächelt er und geht dann.
Was wird das?
So soll es nicht laufen.
Ich will ihm unter die Haut gehen.
»Hey, Kleiner«, spreche ich einen der Schüler an, die ich betreue.
»Tamm.«
Richtig. Egal. »Ja, du musst mir einen Gefallen tun. Kannst du den Typen da …« Ich zeige auf Jacobs. »… Topher nennen? Oh, und wenn du die anderen Jungs auch dazu bringst, springt ein Sechserpack Bier für dich raus.«
»W-wirklich?«
»Jap.« Alkoholfreies. Das er sich mit den anderen teilt. Aber das behalte ich für mich.
»Abgemacht.«
Jetzt heißt es warten.
Wir beenden das Training mit einigen leichten Schlittschuhübungen für die Highschool-Kids. Jacobs und Rossi bleiben zurück, um sie zu beaufsichtigen, während der Rest von uns unter die Dusche geschickt wird.
Als ich das Eis verlasse, höre ich, wie eines der Kids Jacobs Topher nennt, und genieße es. Bis ich sein Lachen höre.
Ich wirble herum. Jacobs schüttelt den Kopf, lacht aber immer noch.
Inakzeptabel.
Und definitiv kein Sechserpack Bier wert.
Beim Duschen überlege ich, wie ich den guten alten Topher auf die Palme bringen kann, aber mir fällt absolut nichts ein. Erst als Jacobs und Rossi in die Umkleide kommen, fällt mir auf, dass ich der Letzte unter der Dusche bin und sicher zwanzig Minuten gebraucht habe.
Ich stelle das Wasser ab, schlinge mir ein Handtuch um und gehe zurück zu meinem Fach. Nachdem ich eine Jeans, ein T-Shirt und die CU-Eishockey-Jacke angezogen habe, will ich gehen, werde aber von Cohen aufgehalten.
Ich sehe mich in der Umkleide um. Alle Jungs lächeln breit.
»Wo willst du denn hin?«, fragt Cohen.
»Es ist Freitag. Also … ins McIntyre’s?«
»Nein. Setz dich.«
»O-okay.« Ich nehme auf einer Bank in meiner Ecke der Umkleide Platz. »Worum geht’s?«
Cohen und Martin rollen das riesige Whiteboard heran und drehen es um.
CULE CAPTAINSAUFGABEN steht ganz oben. Darunter folgt eine nummerierte Liste, doch die eigentlichen Aufgaben sind mit Klebezetteln abgedeckt.
»Äh … cule?«
Alle kichern.
»Colchester University Lion-Eishockey«, erwidert Cohen. »Ist doch klar.«
»Okay, du weißt aber schon, dass wir Mountain Lions sind und das Wort total falschgeschrieben ist, oder? Ansonsten würde ich mich wundern, wie du es an die Uni geschafft hast.«
Cohen schnaubt. »Schön.« Er schnappt sich einen Stift und macht CUMLE draus. »Zufrieden? Spaßbremse.«
»Was ist los?«, fragt Jacobs, als er aus der Dusche kommt.
Mein Blick bleibt an den Wassertropfen hängen, die von seinen braunen Haaren auf seinen trainierten Oberkörper fallen. Seine Muskeln machen meinen Konkurrenz.
Ich bin breiter und vielleicht ein winziges bisschen definierter, aber an seinen Armen sind verdammt viele Adern zu sehen. Nicht wie bei einem Bodybuilder, aber da ist diese eine markante Vene, die von seiner Schulter zu seinem Ellbogen führt. Wann ist das denn passiert?
Okay, seltsam, dass mir das auffällt.
Ich richte meinen Blick wieder auf die dämliche CULE-Tafel. Auch wenn jetzt das M eingefügt wurde, ist es für immer ruiniert.
Die Kids müssen sich die Besucherumkleide teilen, während wir den Raum für uns haben. Zumindest gibt es so keine Zeugen für diese Demütigung.
»Sie haben unsere Aufgaben aufgeschrieben«, erkläre ich und vermeide es, in Jacobs’ Richtung zu sehen, während er sich anzieht.
In den letzten drei Jahren habe ich ihn unzählige Male nackt gesehen. Ich weiß nicht, warum ich plötzlich das Bedürfnis habe, seinen Körper mit meinem zu vergleichen, oder warum ich so von dieser Vene fasziniert bin.
»Alles klar. Schießt los.« Jacobs setzt sich. Ich wage einen Blick in seine Richtung, und zum Glück ist er jetzt vollständig angezogen.
Cohens Begeisterung ist geradezu peinlich. Er hüpft durch die Umkleide wie ein Kind in Disneyland. »Okay, also es gibt fünf Aufgaben, und für jede könnt ihr zwischen zehn und dreißig Punkte bekommen, je nachdem, wie schwer sie ist.«
Jacobs und ich sehen einander an.
»Können wir nicht für jede Aufgabe einen Punkt bekommen? Wer am Ende mehr gewinnt, ist der Sieger?«, frage ich.
»Einverstanden«, stimmt Jacobs zu.
Moment, das ist zu einfach. Ich keuche. »Wir … sind uns in einer Sache einig? Was … was passiert gerade?«
»Wir nehmen das Punktesystem.« Jacobs sieht mich finster an.
Hurra! Endlich! Eine typische Jacobs-Reaktion. Hat lange genug gedauert.
»Irgendwie stimme ich Beck zu«, wirft Rossi ein. »Die vierte und fünfte Herausforderung sind jeweils dreißig Punkte wert. Also müssten sie sich nur bei den beiden wirklich anstrengen, um zu gewinnen.«
Zustimmendes Gemurmel breitet sich aus.
Cohen wirft geschlagen die Hände in die Luft. »Schön. Aber ich hatte ein System.«
»Du genießt das viel zu sehr«, stelle ich fest. Er ignoriert mich.
»Okay, als Erstes.« Cohen reißt den ersten Klebezettel ab. »Trinkspiel.«