Engelssturm - Michael - Heather Killough-Walden - E-Book

Engelssturm - Michael E-Book

Heather Killough-Walden

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Beschreibung

Glamourös, aufregend, sexy – die Erzengel sind zurück!

Michael ist der sanftmütigste der vier Erzengel, die vor zweitausend Jahren auf die Erde kamen, um ihre Sternenengel zu suchen. Auf Michael ist immer Verlass, und er nutzt seine Zeit auf der Erde, um den Menschen zu helfen. Niemand – nicht einmal seine Brüder Uriel, Gabriel und Azrael – ahnt, wie sehr es Michael quält, als Einziger seine große Liebe noch nicht gefunden zu haben. Als er der schönen Rhiannon begegnet, scheint sich sein Schicksal endlich zu erfüllen, doch dann fällt Rhiannon Michaels Todfeind in die Hände ...

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Seitenzahl: 403

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HEATHER KILLOUGH-WALDEN

ENGELS-

STURM

MICHAEL

Roman

WILHELM HEYNE VERLAG

MÜNCHEN

 

Das Buch

Einst wurden vier weibliche Engel geschaffen, um den Erzengeln in Liebe und Treue zur Seite zu stehen – Sternenengel. Die Folge davon waren Neid, Missgunst und Eifersucht in den himmlischen Gefilden. Um die Zwietracht zwischen den Engeln zu beenden, schickte der Schöpfer die Sternenengel zur Erde, woraufhin die vier Erzengel beschlossen, vom Himmel herab­zusteigen, um ihre Geliebten zurückzuholen. Jahrtausende der Suche blieben jedoch erfolglos – bis jetzt: Als Detective Michael Salvatore, ehemals der Oberste der Erzengel und Anführer der himmlischen Heerscharen, im Central Park der bezaubernden Rhiannon Dante begegnet, weiß er, dass er in ihr seinen Sternenengel gefunden hat. Doch noch bevor er Kontakt zu ihr aufnehmen kann, wird Rhiannon angegriffen und schwer verletzt. Während sie mit dem Tode ringt, steht Michael vor der schwersten Entscheidung seines Lebens: Entweder er lässt die Liebe seines Lebens gehen, bevor sie einander richtig kennenlernen konnten, oder er rettet ihr Leben – auch wenn er dafür einen Pakt mit dem Teufel schließen muss …

»Eine mitreißende Geschichte, tolle Charaktere und prickelnde Erotik machen Engelssturm zu einem unvergesslichen Lesevergnügen!«

Romantic Times Book Review

Die Engelssturm-Serie:

Erster Roman: Uriel

Zweiter Roman: Gabriel

Dritter Roman: Azrael

Vierter Roman: Michael

Die Autorin

Heather Killough-Walden wurde in Kalifornien geboren. Sie studierte Jura, Religionswissenschaften und Archäologie und bereiste die Welt, bevor sie beschloss, sich ganz dem Schreiben zu widmen. Die Autorin lebt mit ihrer Familie in Texas.

Weitere Informationen zu Autorin und Werk erhalten Sie unter:

www.killough-walden.com

 

 

www.twitter.com/HeyneFantasySF

@HeyneFantasySF

www.heyne-fantastisch.de

 

Titel der amerikanischen Originalausgabe:

WARRIOR’S ANGEL

Deutsche Übersetzung von Sabine Schilasky

Deutsche Erstausgabe 03/2015

Redaktion: Uta Dahnke

Copyright © 2014 by Heather Killough-Walden

Copyright © 2015 der deutschsprachigen Ausgabe und der

Übersetzung by Wilhelm Heyne Verlag, München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München,

unter Verwendung eines Motivs von thinkstock

Satz: Christine Roithner Verlagsservice, Breitenaich

ISBN: 978-3-641-13424-2

 

»Glaubst du wirklich, dass es Schwäche ist,

die der Versuchung nachgibt?

Ich sage dir, es gibt schreckliche Versuchungen,

und es erfordert Kraft, Kraft und Mut,

ihnen nachzugeben.«

Oscar Wilde

 

 

 

Vor langer Zeit versammelte der Alte Mann seine vier liebsten Erzengel, Michael, Gabriel, Uriel und Azrael. Er zeigte auf vier Sterne am Himmel, die heller leuchteten als alle anderen. Er wollte sie für ihre Loyalität belohnen und hatte Seelengefährtinnen für sie geschaffen. Vier perfekte weibliche Wesen – Sternenengel.

Doch bevor die Erzengel sich mit ihren Gefährtinnen vereinen konnten, verschwanden die vier Sternenengel. Sie wurden in alle Winde zerstreut, jenseits ihrer Gefilde und unerreichbar. Die Erzengel trafen die Entscheidung, ihre eigene Welt zu verlassen, auf die Erde zu kommen und ihre Gefährtinnen zu suchen.

Über zweitausend Jahre haben die Erzengel seither gesucht. Und sie waren mit ihrer Suche nicht allein.

Denn sie sind nicht die Einzigen, die ihre Gefilde verlassen haben und auf der Erde wandeln, um die Sternenengel ausfindig zu machen. Jemand ist ihnen gefolgt …

 

 

Prolog

 

Der Central Park war natürlich der berühmteste Park von New York. Theoretisch konnte Sam auch jeden anderen Park auf der Welt gemeint haben, aber weil Michael in New York lebte und der Vergewaltiger hier sein Unwesen trieb, musste es wohl der Central Park sein.

Sag ihm, er soll im Park spazieren gehen. Das hatte ­Samael Azrael aufgetragen, als sie den Pakt geschlossen hatten, der Michael seiner Heilkraft beraubte. Viele Leute behaupten, dort würden sie die Antworten finden, die sie suchen.

Am 1. Mai arbeiteten die Gärtner rund um die Uhr, stutzten Hecken und Bäume, düngten Blumenbeete und mähten Rasenflächen. Jetzt, am späten Nachmittag, tummelten sich unzählige Leute im Park – Familien mit Frisbees, junge Paare und Betrunkene. Im Schatten schliefen Junkies und waren hoffentlich nicht tot.

Michael stand neben einer Parkbank und schaute sich langsam um. Ein paar Schritte entfernt lockte ein Hotdog-­Kiosk mit dem Geruch von heißen Würstchen und Senf. Tauben pickten die Essensreste auf. Hin und wieder versuchte ein angeleinter Hund die Vögel zu verscheuchen.

Alles normal.

Aber die letzten zweitausend Jahre hatten den einstigen Krieger gelehrt, dass nichts so normal war, wie es aussah. Mit der Zeit würde sich das herausstellen.

Und so setzte sich der Beamte in Zivil vom New York Police Department auf die Bank, lehnte sich geduldig zurück und schlug die Füße übereinander.

Eine Stunde verstrich. Dann noch eine. Ein Mann setzte sich zu ihm und versuchte ihn anzumachen. Höflich lehnte Michael ab. Ein paar Frauen gingen vorbei und lächelten ihn an, eine Gruppe junger Mädchen wollte seine Aufmerksamkeit erregen, indem sie sich albern benahm. Aber die meisten Leute hielten sich von ihm fern. Er strahlte eine gewisse Aura aus. Intensiv, vielleicht ein bisschen beängstigend. Vermutlich merkten sie ihm an, dass er ein Cop war.

Oder sie spürten, dass er noch etwas mehr war.

Als die Nacht hereinbrach, gingen die Lampen an und warfen schwaches Licht auf die Wege. Insekten umschwirrten die Glühbirnen, mit jeder Stunde wurden es mehr. Allmählich verschwanden die Leute, die Art der Besucher des Parks änderte sich. Die Familien kehrten heim, Liebespaare rückten näher zusammen, und einige verschwanden im Gebüsch.

Aus braunen Papiertüten tauchten Schnapsflaschen auf. Feuerzeuge flackerten im Dunkel. Wie Michael wusste, würden sie nicht nur Zigaretten anzünden.

Dafür müsste sich der Polizist in ihm interessieren. Aber da er seit Generationen inmitten der Menschen lebte, kannte er ihre Leiden und verstand das Bedürfnis, dem Elend zu entfliehen. Jeder hatte das Recht, sein Leben etwas erträglicher zu gestalten. Nur wenn dadurch anderen geschadet wurde, mischte er sich ein.

Bei diesem Gedanken runzelte er die Stirn. Vor langer Zeit war er an der Spitze eines Engelsheers dahingeflogen. Das Schwert hatte einen Abdruck in seiner Handfläche hinterlassen – unsichtbar, aber sehr tief, und der diktierte seine Handlungsweise als Cop und als Mann. Er war ein Verteidiger, ein Krieger. Aber auch ein Heiler. Doch derzeit besaß Azrael die magische Fähigkeit Michaels, Wunden zu heilen. Noch immer war sie nicht zu ihm, Michael, zurückgekehrt, was zweifellos an Samaels hinterhältigen, mysteriösen Machenschaften lag. Wer wusste schon, was der Gefallene so trieb? Michael erkannte nur, wie schmerzlich er diesen Teil seines Wesens vermisste, und er hoffte, er würde ihn vorerst nicht brauchen.

Nach einem tiefen Atemzug stand er auf. Die Hände in den Taschen seiner Lederjacke folgte er einem der Wege, hielt Augen und Ohren offen. Die Nacht wurde dunkler, die Schatten tiefer, das Laub ringsum raschelte leiser. In der immer deutlicheren Stille erklangen Michaels Schritte in den Stiefeln hart und einsam. Eine kühle Brise ließ seinen Nacken prickeln. Geistesabwesend klappte er seinen Kragen hoch.

Hinter ihm regte sich etwas, er spürte eine Veränderung in der Luft, und er fuhr herum. Aber der Weg war dunkel und leer. Sanft bewegte der Nachtwind einen Weidenzweig. Sonst rührte sich nichts.

Zu seiner Rechten blitzte etwas Blaues auf, und er wandte sich in diese Richtung. Wieder nichts Ungewöhnliches, nur ein kleiner Teich hinter einer Wiese, der den Mond reflektierte.

Aber irgendetwas stimmte da nicht.

Die abrupte Veränderung der Nacht ließ seine Haut kribbeln. Als hätte etwas darauf gewartet zu atmen und würde jetzt Luft holen, seine Lungen mit magischer Energie füllen. Er spürte Blicke, die ihn fixierten, hörte beinahe das Zischen zwischen scharfen Zähnen ausgestoßenen Atems. In seinen Adern schien das Blut zu blubbern und erinnerte ihn an seinen Kampf mit dem blauen Drachen vor zwei Wochen.

Ringsum frischte der Wind auf, am eben noch klaren Himmel grollte Donner, und Michael schaute zu wirbelnden Wolken empor. Die Bäume neigten sich im Sturm, ihre Blätter zitterten und tanzten. Aus einer Baumgruppe stieg ein schwarzer Vogelschwarm auf, verließ den Park und suchte sich eine ruhigere Gegend.

Und dann, so unerwartet und heftig, dass es Michael unvorbereitet traf, schlug etwas Hartes seitlich gegen seinen Brustkorb. Er roch schwachen Parfümduft, sah etwas Rotes aufblitzen, schwankte und fand sein Gleichgewicht wieder. Irritiert wandte er sich seinem Angreifer zu.

Ich hatte recht, dachte er. Doch es war nur ein flüchtiger, wirrer Gedanke. Da stand ein großer Mann in einer schwarzen Lederjacke voll unzähliger Saphire und Aquamarine – ein blauer Drache.

Aber zwischen dem Drachen und Michael stand noch jemand. Eine Frau mit einem Körperbau, der auf stundenlanges tägliches Training hinwies. Ihr langes, gewelltes rotes Haar erweckte den Eindruck, sie wäre soeben dem Meer entstiegen. Vom Sturm gepeitscht, flog es umher. Sie trug schwarze Jeans, ein schwarzes T-Shirt und schwarze Stiefel.

Ihr Gesicht sah er nicht, weil sie ihm den Rücken kehrte. Aber ihre Haltung wirkte herausfordernd, und sie hatte die Arme ausgestreckt, als wollte sie etwas Böses abwehren.

Michaels Gedanken überschlugen sich. Beunruhigende Gedanken. Offenbar hatte die Frau ihn beiseitegeschoben, um ihn vor diesem »Mann« zu schützen, den sie für gefährlich hielt. Aber wieso wusste sie das? Er war nicht so groß wie Michael. Und Michael war bewaffnet, und alles an ihm deutete auf einen verdeckten Ermittler hin.

Und wieso bildete sie sich ein, sie wäre eher als Michael imstande, den Fremden zu bekämpfen? Wofür hielt sie sich?

Das verwirrte ihn am meisten. Wer war sie?

Obwohl er sie nur von hinten sah, erschien sie ihm seltsam vertraut. Ihr Anblick faszinierte ihn, beschwor ein altes Versprechen herauf, Äonen einer vergeblichen Suche. Wonach? Irgendetwas in ihm wusste, was es war. Aber es würde eine Weile dauern, bis er es klar erkannte. Und dazu fehlte ihm die Zeit.

Michael wollte gerade vorstürmen, um den Drachen selbst zu attackieren, da schlug das Biest in dem unglaublich rasanten Tempo seiner Rasse zu.

Aber das Monster hatte es gar nicht auf Michael abge­sehen, sondern auf die Frau. Es schaute ihn nicht einmal an. Offenbar war es dem Drachen von Anfang an nur um sie gegangen.

Blitze erfüllten die Luft ringsum, und Michael wurde von einer dritten Partei angegriffen – so brutal, dass er durch die Luft geschleudert wurde und nach ein paar Metern gegen einen Lampenpfosten prallte. Ächzend verbog sich das Metall. Die Glühbirne knisterte und flackerte. Kurz bevor sie erlosch, sah Michael die rothaarige Frau einem Rückhandschlag ausweichen, dann trat sie den Drachen in die Brust.

Nachdem das Licht ausgegangen war, stand Michael auf. In der Finsternis hörte er die Geräusche eines grausigen Kampfes, ein Ächzen und Zischen und dumpfe Schläge. Kaum hatte er sich aufgerichtet, wurde er erneut attackiert. Die kalte Berührung, der plötzliche Frost in der Luft, der eisige Gestank des Atems wiesen den Angreifer als Phantom aus. Früher waren Phantome nur von den Mächtigsten in der übernatürlichen Welt angeheuert worden – Elitekiller, schwierig zu beauftragen, fast unbezahlbar. Aber neuerdings schienen sie scharenweise aus ihren Schlupflöchern aufzutauchen und arbeiteten sowohl mit ihresgleichen als auch mit anderen übernatürlichen Wesen zusammen.

In Gregoris Auftrag? Steckte er auch hinter diesem Anschlag?

Mit einem kraftvollen Fausthieb schleuderte Michael das Phantom von sich und fragte sich, ob es mit dem Drachen unter einer Decke steckte.

Ging es ausschließlich um die Frau? Ein plötzlicher stechender Schmerz in seiner rechten Schulter unterbrach diese Gedanken. Aus seiner Brust ­ragte die Klaue eines zweiten Phantoms, Raureif verkrustete die Ränder des zerfetzten Hemds und der Haut um die offene Wunde. Er biss die Zähne zusammen, unterdrückte einen Schmerzensschrei und versuchte seinem Gegner den Arm zu brechen. Aber das Phantom verwandelte sich in körperloses Nichts, ehe er richtig zupacken konnte.

Zu seiner Linken öffnete sich das Dunkel der Nacht, ein drittes Phantom pirschte sich heran. Dann materialisierte sich ein vierter Widersacher, eine Koboldgestalt starrte Michael mit Katzenaugen an – ein Icaraner, ein Magie-Egel, zweifellos von der geballten Magie herbeigelockt.

Wenn sich in Michaels Schicksal nicht bald eine Wende vollzog, würde das Biest die Mahlzeit seines Lebens ge­nießen.

Knapp fünfzig Meter entfernt schlugen jetzt Blitze in den Boden und ließen Michael die Ohren klingen. Schwindelgefühle erfassten ihn. Aber das Phantom hinter ihm riss seinen Arm brutal aus Michaels Körper und weckte seine Aufmerksamkeit erneut.

Hungrig fletschte der Icaraner seine grellweißen Zähne und kroch näher heran. Das Phantom, das er weggeschleudert hatte, stürzte sich auf ihn, ebenso das Monster zu seiner Linken, und das hinter ihm umfasste seinen Nacken und ließ seine Wirbelsäule fast gefrieren. Nicht weit entfernt rang die Frau, die ihn zu retten versucht hatte, immer noch mit dem Drachen. Sie bewegte sich unglaublich geschmeidig. Es war ein Wunder, dass sie noch lebte.

Nein, eigentlich nicht. In der Tiefe seines Herzens verstand er, was das bedeutete. Aber wenn er sich die Wahrheit eingestand, würde ihn seine Angst um die Frau lähmen. Und dann würden sie beide sterben.

Und so gestattete er seinem Blut, eine alte Melodie zu singen. Er erinnerte sich, wer er war, woher er, der Erz­engel und Krieger, stammte. Mit geschlossenen Augen ließ er dieses uralte Wissen wie ein Elixier durch seine Adern fließen.

Als er die Augen wieder öffnete, spürte er ihre Glut. Der Park drehte sich um ihn, sein Körper bewegte sich wie von selbst. Jetzt kontrollierte Michael seine Aktionen nicht mehr, die Welt regte sich außerhalb von Raum und Zeit und schien sich ebenfalls zu erinnern.

Wenige Sekunden später lagen zwei Phantome tot am Boden. Vor lauter Angst war der Icaraner wieder unsichtbar geworden und zweifellos geflohen. Während Michael sich dem dritten Phantom zuwandte, kämpfte die rothaarige Frau weiterhin gegen den Drachen.

Doch dann quollen die Schatten von neuen Gestalten über, die massenweise in den Park strömten und die Luft mit ihrer bösen Aura verpesteten. Mindestens fünf schwarze Drachen zählte Michael fassungslos. Er taumelte, konnte eine Attacke nicht abwehren. Schmerzhaft spürte er eine zweite Eiswunde an seinem Körper. Er versuchte die Drachen im Auge zu behalten, eine dunkle gefährliche Gruppe, die sich langsam näherte, das Terrain sondierte und zweifellos die Frau ansteuerte.

Michael verschwendete keine Zeit auf einen Warnschrei. Stattdessen konzentrierte er seine Kräfte auf die Feinde, die ihn umzingelten. In schneller Folge stürzten sie zu Boden. Wie ein schwingendes Schwert durchfuhr er die finstere Phalanx, so schnell, dass den tödlichen Schlägen keine bewussten Gedanken vorauseilten. Dafür war auch gar keine Zeit.

Inzwischen hatten sich die schwarzen Drachen getrennt, die Hälfte der Gruppe erkannte die Bedrohung, die von Michael ausging, und nahm es mit ihm auf. Ohne zu zögern, streckte er die furchterregenden Bestien nieder, hörte Knochen brechen, Haut bersten, qualvolles Stöhnen. Doch er ignorierte den Schlachtenlärm, bis die Frau aufschrie.

Es war ein herzzerreißender Schrei, hoffnungslos, eine Klage über eine unabwendbare Kapitulation. Ein Todesschrei.

Sekundenlang stand die Erde still. Ein letztes Mal spaltete ein Blitz den Himmel und fällte einen Baum. Was danach geschah, wusste Michael nicht genau. Alle Geräusche verstummten. Die Zeit tat einen Sprung, alles verschwamm vor seinen Augen, und plötzlich waren da noch viel mehr Wesen um ihn herum, und der Kampf ging weiter, wenngleich ohne ihn, während Michael unnatürlich schnell und zugleich albtraumhaft langsam zu der Frau eilte. Halb lag sie im Gras, halb auf dem Parkweg, das Haar wie ein blu­tiger Wasserfall. Ihr Kopf war von ihm abgewandt.

Er kniete neben ihr nieder. Behutsam umfasste er ihr Gesicht und sah sie an.

O Gott.

Irgendetwas hielt ihn gefangen. Unsichtbar, unhörbar, hinterließ es keine verwertbaren Spuren, war aber so real wie die Monstren, die er eben noch bekämpft hatte. Gnadenlos verengte es seine Brust, krampfte sein Herz zusammen und jagte verzehrende Emotionen durch seine Seele.

Sie war atemberaubend. Obwohl sie die Augen geschlossen hatte, wusste er, wie sie aussahen. Als hätte er es schon immer gewusst. Jede Linie ihrer zarten Züge kannte er, als hätte er sie selbst gezeichnet. Er wusste, wie ihre Stimme klingen würde, wenn sie jemals seinen Namen aussprechen sollte. Und wie sich ihre Berührung anfühlen würde.

Wie ein Engel sah sie aus.

Weil sie einer war.

»Rhiannon!« Die weibliche Stimme riss Michael aus seinen Gedanken, und ihm fiel auf, dass es um ihn herum wieder ganz still geworden war. Der Kampf war vorbei, das Gewitter war weitergezogen, und die Wolken über ihnen hatten sich aufgelöst. Abermals war der Park in Mondlicht getaucht. Michael löste seinen Blick von der Frau vor ihm und sah auf.

Zwei Leute kamen auf ihn zu. Einen erkannte er, die andere nicht: Hesperos, der König der Vampire, hatte seinen Arm um eine junge Frau mit braunem Haar und braunen Augen gelegt. Sie war verwundet, und er musste sie stützen. Es war nicht zu übersehen, dass sie sich abmühte, schnellstens zu Michael und der Frau vor ihm am Boden zu gelangen.

Hesperos sah Michael ernst an. Um sie verstreut lagen die Leichen diverser Drachen, Phantome, Geister und Icaraner – ein wahres Bataillon von übernatürlichen Monstren war über sie hergefallen. Michael hatte keine Ahnung, was Hesperos und die junge Frau gerade jetzt ausgerechnet hierher gebracht hatte, doch wären sie nicht gewesen, hätte Michael es ganz gewiss nicht überlebt.

Er sah wieder zu dem gefallenen Engel vor ihm am Boden.

»Rhiannon«, wiederholte die Frau an Hesperos’ Seite. Sie waren noch gute fünf Meter entfernt. »Sie muss geheilt werden.«

Das Wort »geheilt« traf Michael einer eisigen Lanze gleich, die ihm schneidend kalt ins Herz fuhr.

»Das kann ich nicht«, flüsterte er verzweifelt. Er konnte sie nicht heilen. Diese Macht war dank Samael von ihm auf Azrael übergegangen. Nun bräuchte Michael eine Tür, um ins Herrenhaus zu gelangen. Aber in diesem riesigen Park gab es keine Türen, er würde es nie schnell genug zu jemandem schaffen, der seinen Sternenengel heilen konnte.

Was für ein Zufall war denn das? Warum war all das ausgerechnet hier geschehen? Warum jetzt? Wurde er bestraft? War er bei dem Alten Mann in Ungnade gefallen?

»Das kann ich nicht«, sagte er noch einmal, und dann sprach er ihren Namen aus, weil er ihn wenigstens ein einziges Mal aussprechen wollte, solange sie noch existierte, solange er ihren lebendigen Leib berühren und festhalten konnte. »Rhiannon.« Es war ein schöner Name …

»Der Drache hat sie gebissen!«, schrie die Frau an He­spe­ros’ Seite. »Sie hat Luft in den Adern!«

Das hatte Michael bereits an der Schulterwunde erkannt … Rhiannon hatte vielleicht noch eine oder zwei Minuten zu leben. Und besäße Michael seine Kräfte noch, hätte er mindestens so lange gebraucht, um sie zu heilen.

Michael blickte erneut zu der braunhaarigen Frau auf, als sie erstarrte. Hesperos blieb neben ihr stehen und sah sie an. »Angel?«

Ihre braunen Augen waren weit aufgerissen. »O nein«, hauchte sie kopfschüttelnd. Ihr Blick wanderte von Mi­chael zu Rhiannon. »O nein. Jetzt kommt er hierher. Er darf mich nicht finden, ich kann nicht bleiben. Ich darf sie nicht heilen.« Sie sah verzweifelt aus, geradezu innerlich zer­rissen.

Vage wurde Michael klar, dass sie eine Freundin von Rhiannon sein musste.

Eine Freundin seines Sternenengels.

»Michael, du musst es tun!«, sagte Angel und biss die Zähne vor Schmerz und Verzweiflung zusammen.

Michael wunderte sich nicht einmal, woher sie seinen Namen kannte. Er hörte sich abermals »Das kann ich nicht« sagen, doch es klang sehr weit weg. Sein Körper fühlte sich an, als wäre er nicht mehr hier, und seine Brust schmerzte so sehr, dass alles andere verblasste.

»Ich muss weg«, schluchzte Angel beinahe. Und dann nutzte sie eine Kraft, die Michaels Wissen zufolge nur sehr wenige auserwählte Übernatürliche besaßen, um rasch zu verschwinden. Und Hesperos blieb allein bei Michael und Rhiannon zurück.

Einen Moment später hob Hesperos sein Kinn, blickte Michael unendlich traurig an und verschwand ebenfalls.

Benommen starrte Michael auf die Stelle, wo sie eben noch gewesen waren. Sein Körper fühlte sich an, als würde er nicht existieren, die Realität riss ihn entzwei, die letzte Hoffnung war ihm geraubt.

»Nein«,würgte er hervor, von Entsetzen erfasst, und blickte auf seinen Sternenengel hinab. Rhiannons Lippen färbten sich violett. Da verkrallte er seine Hände in ihr warmes T-Shirt und warf seinen Kopf in den Nacken. »­Neiiiiin!«, schrie er in die Nacht.

»Also wirklich, Michael«, ertönte eine kühle, vertraute Stimme aus den Schatten vor ihm. »Wie dramatisch.«

Ungläubig erstarrte Michael und sah Samael aus der Finsternis treten, hochgewachsen und attraktiv, wie üblich in einem der teuren maßgeschneiderten Anzüge, die man mit Geld oder Magie kaufen konnte. Die Hände in den Hosentaschen wirkte er ruhig und gelassen. Hinter ihm erschien sein »Assistent« Jason.

Weder freundlich noch unfreundlich blickte Sam auf ­Michael hinab, dann musterte er ebenso wie Jason die reglose Frau am Boden.

»Du musst sie bald heilen, Michael. Sonst verlierst du deinen Sternenengel, den du jahrhundertelang gesucht hast.«

»Verdammter Hurensohn«, fauchte Michael. »Ich werde dich töten. Und wenn ich dabei sterbe.«

Anscheinend hörte Sam nicht zu. Oder die Drohung interessierte ihn nicht. »Wenn du dich beeilst – ich glaube, am Ende dieses Weges liegt ein Videoladen, der rund um die Uhr geöffnet ist. Die einzige Tür weit und breit.« Sein Blick glitt von Rhiannon zu Michael. »In dem Tempo, zu dem du fähig bist, brauchst du nur ein paar Minuten.«

Diesen Worten folgte ein drückendes Schweigen. Noch nie war Michael einem Selbstmord so nahe gewesen, noch keine Nacht so dunkel.

»Oder ich könnte sie für dich heilen«, sagte Sam.

Die Schatten spitzten ihre Ohren, der Mond lauschte, die Welt wartete.

Mit tränennassen Wangen richtete Michael sich auf, ihm blutete das Herz. Bitte, dachte er verzweifelt. »Tu es«, flüsterte er mit zitternder Stimme.

Langsam verzog Sam seine Lippen zu einem emotionslosen Lächeln. Er trat neben Rhiannon und kniete anmutig nieder. Hinter seinen anthrazitfarbenen Augen verbargen sich unergründliche Geheimnisse, und Michael verspürte den grässlichen Impuls, sie dem Gefallenen aus dem Kopf zu reißen und sie sich wie Kaviar in den Mund zu stopfen.

Aber sein Leben zerrann ihm zwischen den Fingern, die das T-Shirt seines Sternenengels festhielten. »Bitte«, fügte er hinzu. Aller Stolz war vergessen.

Samael schaute ihn an. Dann legte er seinen schönen Kopf schräg. Im Mondlicht schimmerte der Stahl seiner Augen. »Dafür musst du einen Preis zahlen, Michael. Aber das wusstest du, nicht wahr?« Jetzt wirkte sein Lächeln fast wehmütig. »Nichts im Leben ist umsonst.«

Hilfloser Zorn verwandelte Michaels blaue Augen in arktisches Eis. Weder Sam noch er selbst gaben sich irgend­welchen Illusionen hin. Beide wussten sie schon seit Sams Ankunft, dass Michael alle Forderungen des Gefallenen erfüllen würde.

Samael berührte die Brust des Sternenengels.

Michael stockte der Atem, Sams Blick schien ihn zu durchbohren.

»Nun, Krieger?« In den Worten des Gefallenen spiegelte sich der Triumph angesichts seiner jahrtausendelang ersehnten Rache. »Was ist dir deine Seelengefährtin wert?«

Michael spürte das Unwetter, das sich im Blick des Gefallenen zusammenbraute. Ein aufziehender Sturm von Albträumen streifte sein Haar, blies durch seine Kleidung und wisperte von Orkanen, Flutwellen und Terror. Von bösen Geistern und Monstren, überall. Er hatte keine andere Wahl.

»Alles.«

Alles, was ich habe und was ich kann.

»Nimm dir, was du willst, Sam«, sagte Michael, und jedes seiner Worte war ein feierlicher Schwur. »Egal was, es gehört dir. Mich interessiert es nicht mehr.« Im Grunde hatte es ihn auch nie interessiert. Nicht annähernd so wie diese Frau hier. »Mach endlich und rette sie!«

Samaels Lächeln gefror in seinem schönen Gesicht, und die Zeit verlangsamte sich.

»Ist schon geschehen«, sagte er, bevor er seine Hand von Rhiannons sich nun wieder hebender und senkender Brust nahm, um seinen Handel mit Michael sogleich per Handschlag zu besiegeln. »Und um dich ist es auch geschehen.«

Michael kam die Berührung wie ein Bündel von Blitzen vor. Sie durchzuckten ihn grell und schmerzhaft, verbrannten ihn innerlich.

»Alles, was du liebst, alles, was du verehrst, alles, was dir teuer ist, du ewig Bevorzugter«, zischte Samael, »wirst du hier und jetzt verlieren. Und was du verabscheust, fürchtest und zu Unrecht verurteilst, wird zu deiner Last.« Samael lehnte sich zu ihm vor, wie Michael durch einen Nebel unvorstellbarer Schmerzen wahrnahm. »Manche Dinge rächen sich. Und jetzt erwischt es dich.« Ein hämisches Lachen folgte Michael hinab in die Dunkelheit der Verdammnis. »Viel Glück mit deinem Sternenengel!«

Michaels Schmerzen erreichten einen Höhepunkt und tauchten die Welt in ein knisterndes weißes, blendendes Licht. Er schrie auf, doch seine Stimme verlor sich im Brüllen seines sich aufbäumenden Verstandes und der Magie, die Samael so gekonnt und brutal freigesetzt hatte.

Dann schwächte sich das Licht wieder ab, ähnlich der untergehenden Sonne, bis es schließlich zu einem Schmerzpunkt nahe seines Herzens wurde. Michael fühlte seinen Herzschlag, begleitet von einem unangenehmen Ziehen, und öffnete die Augen.

Samael war fort. Jason war fort. Alle waren weg, einschließlich Rhiannon.

Er hatte keine Ahnung, wie viel Zeit vergangen war, seit Sam ihn berührt und mit ihm gemacht hatte, was immer er an Bösem hatte tun wollen. Und er wusste auch nicht, wohin alle verschwunden waren, sondern nur, dass zweifellos auch dabei Sam seine Hand im Spiel gehabt haben dürfte.

Michael schluckte angestrengt. Sein Mund fühlte sich seltsam an. Seine Kehle war wie zugeschnürt, und er war sich ziemlich sicher, dass er einen metallischen Geschmack in seinem Mund wahrnahm. Er war allein im dunklen Central Park, inmitten einer unheimlichen Stille, einzig vom Pochen seines Herzens erfüllt. Es war lauter, als es sein sollte. Und ihm war kalt. Es war spät, so viel wusste er, doch diese Kälte war unnatürlich und so durchdringend, dass sie ihm bis in die Knochen fuhr und ihm in Wellen eine Gänsehaut über den Leib jagte. So musste sich Fieber anfühlen.

Nur war er Michael, der Krieger, und er bekam kein Fieber.

Ein leises spöttisches Lachen wehte ihm durch die Dunkelheit hinterher, als er aufstand und den Park verließ.

 

1

Rhiannon wachte auf und fand sich von einem weißen Nebel umgeben, der sie, obschon nachgiebig, zugleich schwer und schrecklich weich einhüllte. Sie blinzelte und stöhnte, als sie versuchte, sich zu bewegen. So zerschunden hatte sie sich überhaupt noch nie gefühlt. Alles tat ihr weh, nicht bloß ihre Muskeln; es reichte bis in ihr Innerstes, in ihr Blut, ja, jede Faser ihres Körpers schmerzte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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