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Je nach Quelle begegnen knapp ein Viertel aller Jugendlichen beim Erlernen einer Fremdsprache besonderen Herausforderungen, weil sie beim Lesen und Schreiben Schwierigkeiten haben. Im vorliegenden Buch sollen die Lese-Rechtschreibstörung kurz erklärt und die rechtlichen Grundlagen erläutert werden, damit die Wichtigkeit des Nachteilsausgleichs bewusst wird. In dieser Handreichung werden im Englischunterricht erprobte Möglichkeiten aufgezeigt, wie der Unterricht gestaltet und organisiert werden kann, um Jugendliche mit LRS zu entlasten und dennoch zu fördern, so dass sie erfolgreich Englisch lernen. Dabei wird auf Hör-, Schreib-, Lese- und Sprechanlässe genauso eingegangen wie auf das Erlernen des Wortschatzes.
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Seitenzahl: 59
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Kathrin Treidel, geb. 1972. 2000 – 2004 Studium zur Sekundarschullehrerin phil I an der Pädagogischen Hochschule St. Gallen, Schweiz. 2019 – 2022 Studium zum Master of Arts in Special Needs Education an der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik Zürich, Schweiz.
Seit 2004 unterrichtet sie neben Englisch auch Deutsch, Französisch und zeitweise auch Italienisch sowie Geschichte und Geografie auf allen Stufen der Sekundarschule. Im Rahmen ihrer Masterarbeit nutzte sie ihre Unterrichtserfahrungen aus der Arbeit mit jugendlichen Fremdsprachenlernerinnen und -lernern und verfasste nach intensivem Studium wissenschaftlicher Veröffentlichungen über die Lese-Rechtschreibestörung, bzw. -schwäche die hier vorliegende Handreichung. Es ist ihr Wunsch, auf diese Weise Lehrpersonen Ideen aufzuzeigen, wie Jugendliche trotz Lernschwierigkeiten erfolgreich eine Fremdsprache erlernen können.
Abb. 01: Auszug aus einer Gemeinschaftsübung (eigene Darstellung)
Diese Handreichung richtet sich an alle, die sich für das Thema «Umgang mit LRS im Englischunterricht» interessieren.
Mit der Handreichung werden folgende Ziele verfolgt:
Verständnis schaffen, wie sich Lernende mit LRS im Englischunterricht fühlen.
Bewusstheit schaffen, dass eine LRS nicht auch eine kognitive Beeinträchtigung bedeutet.
Schulischen Heilpädagoginnen und Heilpädagogen Mut machen, auch im Fremdsprachenunterricht mitzuarbeiten.
Lehrpersonen für Fremdsprachen im Umgang mit Lernenden mit LRS sensibilisieren.
Mögliche konkrete Umsetzungsideen zur Entlastung von Schülerinnen und Schülern mit LRS im Englischunterricht aufzeigen.
Die vorliegende Handreichung
führt in der Einleitung in die Situation von Lernenden mit LRS ein.
erklärt in
Kapitel 2
kurz, was LRS ist und was dies für den Schulalltag allgemein bedeutet.
weist in
Kapitel 3
auf die rechtlichen Grundlagen hin.
informiert in
Kapitel 4
darüber, was ein Nachteilsausgleich (NTA) ist und wie die Aufgaben eines schulischen Heilpädagogen, einer schulischen Heilpädagogin (SHP) aussehen können.
stellt in
Kapitel 5
Ideen zur Ermöglichung der Teilhabe von Schülerinnen und Schülern (SuS) vor.
präsentiert in
Kapitel 6
verschiedene Entlastungsmöglichkeiten für SuS mit LRS im Rahmen der auditiven Vermittlung, Instruktionen und in
Kapitel 7
Unterstützungsmöglichkeiten bei «Hör-Anlässen».
greift in
Kapitel 8
den Kompetenzbereich des Lesens in den Bereichen des Lesenlernens an sich auf, ebenso Trainings- und Übungsansätze sowie das verstehende Lesen.
weist in
Kapitel 9
auf die Wichtigkeit einer LRS-freundlichen Textgestaltung hin und legt in
Kapitel 10
ein Augenmerk auf die Rolle des Schriftbildes.
erläutert in
Kapitel 11
den Sprachbereich «Sprechen» unter den Aspekten der Unterrichtssprache, der situativen Sprechanlässe und der Kommunikation. Zudem werden didaktische Unterstützungsangebote erläutert.
thematisiert in
Kapitel 12
das Erlernen des fremdsprachigen Wortschatzes.
Die zugrunde liegende Masterarbeit ermöglicht einen vertieften Einblick in die Thematik.
Ziel der Handreichung
Vorwort
Einleitung
Eine kurze Definition von LRS und ihre Bedeutung
Die rechtlichen Grundlagen
Was ist ein Nachteilsausgleich (NTA)?
4.1 Beispiel für ein Merkblatt zuhanden von Lehrpersonen
4.2 Was ist die Aufgabe der/des SHP?
Teilhabe am Unterrichtsgeschehen im (Fremd-) Sprachenunterricht
«Hör-Unterstützungen»
6.2 Rituale
6.3 Standard-Wortschatz, schülerinnen- und schülergerechte Etymologie und Eselsleitern
«Hör-Anlässe» im Fremdsprachenunterricht
7.1 Hörverstehen
7.2 Lebensrealität im Hörverständnis oder eine Machtdemonstration?
7.3 Ein mögliches didaktisches Vorgehen
Lesen
8.1 Lesen im englischen Fremdsprachenunterricht
8.2 Lesen trainieren
8.3 Trainingseinheiten
8.4 Leseverständnis
8.5 Hole ihn bitte wieder ins Boot!
Textgestaltung: Erleichterungen schaffen statt Hürden aufstellen
Schreiben
10.1 Schriftbild
10.2 Fehlerfreies Schreiben bzw. der Umgang mit Texten von LRS-Jugendlichen
Sprechen
11.1 Unterrichtssprache
11.2 Vorbereitetes und situatives Sprechen
11.3 Kommunikation
Wortschatz
12.1 Wie Wortschatz erarbeitet werden könnte
12.2 Wie bekannter Wortschatz aktiviert und erweitert werden könnte
12.3 Wörter schreiben üben
12.4 Neue Wörter mit bekannten Begriffen verknüpfen
Abkürzungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Literaturverzeichnis
Liebe Leserin, lieber Leser,
viele Menschen können jonglieren – fragen Sie mal in Ihrem Umfeld, Sie werden bestimmt den einen und die andere finden, die diese Kunst beherrschen. Sind Sie bereit, sich auf ein Gedankenspiel einzulassen?
Stehen Sie auf und schliessen Sie die Augen, damit Sie nicht abgelenkt werden. Stellen Sie sich vor, wie Sie mit Bällen jonglieren. Machen Sie sich bewusst, wie sehr Sie diese Kunst beherrschen wollen. Sie spüren mit jeder Faser Ihres Körpers, dass Sie dies wollen. So, nun lege ich Ihnen sechs Jonglierbälle in die Hände, drei in die linke, drei in die rechte Hand. Alles klar? Spüren Sie noch einmal intensiv, wie sehr Sie jonglieren wollen – und nun beginnen Sie!
Vermutlich hat es nicht funktioniert und die sechs Bälle sind schnell Opfer der Schwerkraft geworden – dabei haben Sie es doch so sehr gewollt, oder? Nicht? – Dann lassen Sie sich einfach sagen, wenn Sie nur richtig wollten, dann würden Sie es schaffen. Ich glaube, Sie haben gar nicht richtig gewollt. Sie müssen sich mehr anstrengen – mehr wollen. Los, probieren Sie es noch einmal! «Die spinnt!», denken Sie vermutlich und es stimmt, das Experiment ist völlig absurd.
Die sechs Jonglierbälle stehen für «Hören», «Lesen», «Sprechen», «Schreiben», «Sprache(n) im Fokus» und «Kulturen im Fokus». Jugendliche mit LRS fühlen sich im Englischunterricht in etwa so, wie Sie sich mit den sechs Bällen in den Händen gefühlt haben. Wie soll es zu schaffen sein, all dies in ein harmonisches, ausgeglichenes und regelmässiges Zusammenspiel zu bringen?
Anmerkung:
Auf der Internetseite des Starjongleurs, verfügbar unter http:// www.starjongleur.ch, findet man kurze Instruktionen, wie man das Jonglieren erlernen kann: 1. Übung: mit einem Ball jonglieren, 2. Übung: mit zwei Bällen jonglieren, 3. Übung mit drei Bällen jonglieren. Jede Übung soll so lange geübt werden, bis man sich sicher fühlt, und erst dann zur nächsten Übung übergehen.
Das Credo von Greene, dass Kinder ihre Sache gut machen, wenn sie können (2019, S. 27), führt vor Augen, wie wichtig es ist, die Schülerinnen und Schüler so zu begleiten, dass sie ihre Fähigkeiten selbst erkennen und entfalten können. Lernende mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche (LRS) erfahren sehr früh in ihrer Schulzeit, wo ihre Stolpersteine sind, und sie merken auch, dass ihre Klassenkolleginnen und -kollegen sich im Lesen und Schreiben leichter tun als sie. Umso wichtiger ist es also, den Lernerinnen und Lernern Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie mit den für sie erhöhten Anforderungen umzugehen lernen, und vor allem auch, welche Unterstützungsmöglichkeiten es gibt, damit ihnen auch mit LRS die Teilhabe am Unterricht, am Alltag gelingt.
Im Unterricht wird erwartet, dass gut zugehört, der Text gelesen, zum Thema etwas gesagt, die Frage beantwortet wird und Notizen gemacht werden. Nur, was tun, wenn ich …
… nichts verstehe? Nicht feststellen kann, wann ein Satz beginnt, wann ein Wort fertig ist?
… keine Ahnung habe, wie die Worte klingen (sollten), gar nicht weiss, wie die Buchstabenkombinationen ausgesprochen werden?
… das Wort, das ich sagen will, auf Englisch gar nicht kenne, keine Idee für eine Antwort habe, nicht weiss, wie ich einen Satz bilde?
… etwas auf Englisch sagen könnte, aber keine Ahnung habe, wie ich das, was ich sagen möchte, schriftlich festhalten soll, ich gar nicht weiss, wie ich die Laute mit Buchstaben festhalte, und ich mir nicht sicher bin, wie viele Worte das sind, was ich da aufschreiben möchte?