Entrepreneurship - Annette Blöcher - E-Book

Entrepreneurship E-Book

Annette Blöcher

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Beschreibung

Entrepreneurship means thinking and acting in a businesslike way & a mindset that is equally relevant for start-ups and for established companies in solving the challenges of managing a business. Entrepreneurial ventures are characterized by a capacity for innovation, effectiveness, proactiveness and a willingness to take risks, as well as flexibility and agility. In planning and organization, there are many different approaches that make entrepreneurial thinking possible and promote it, but there are also approaches that may inhibit it. From this point of view, this book looks at the challenges facing companies, discusses normative issues and explains company planning as the basis for entrepreneurial activity. Building on this, ways of developing strategic options and business models, as well as opportunities for organizational implementation are indicated. In addition, the influence of corporate culture on entrepreneurial thinking and action is examined. The focus of the presentation is on knowledge transfer and practical benefits.

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Annette Blöcher

Entrepreneurship

Herausforderungen der Planung und Organisation unternehmerisch lösen

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

1. Auflage 2020

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-030999-9

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-031000-1

epub:   ISBN 978-3-17-031001-8

mobi:   ISBN 978-3-17-031002-5

Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweilige Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung.

Vorwort

Das Themengebiet Entrepreneurship erfährt derzeit eine große Aufmerksamkeit, insbesondere in Verbindung mit Start-ups. Aber auch in etablierten Unternehmungen spielt Entrepreneurship eine bedeutende und weiter wachsende Rolle, denn der Markt fordert von Unternehmungen zunehmende Proaktivität und Umsetzungsstärke sowie Innovationsfähigkeit. Das übergeordnete Ziel einer jeden Unternehmung ist es, am Markt zu existieren und die Geschäftstätigkeit erfolgreich weiterzuentwickeln. Weiterentwicklung ist ohne Veränderung und den Willen zu lernen nicht möglich. Entwicklung ist die Reaktion einer Unternehmung auf Veränderungen von außen oder sie wird von innen angestoßen. Unternehmungen können proaktiv ihre Weiterentwicklung vorantreiben und damit ihre Zukunft gestalten. Entrepreneurship als Mindset fordert und fördert Veränderungen sowie die aktive Chancensuche; Risiken werden kalkuliert und verantwortungsbewusst eingegangen und es wird die Umsetzung der Unternehmungsziele vorangetrieben. In diesen Bereichen können etablierte Unternehmungen und Start-ups voneinander lernen.

Die Herausforderung beim Verfassen einer praxisorientierten Publikation ist die Vermittlung einer hinreichend tiefgehenden Theorie in Verbindung mit einem praxisorientierten Anwendungsbezug. Ziel des Buches ist es, dem Leser einen Eindruck von der Vielfältigkeit unternehmerischer Herausforderungen zu vermitteln, Zusammenhänge zwischen Strategie, Organisation und Unternehmungskultur aufzuzeigen sowie die Verbindung zur Praxis herzustellen. Die Auswahl der dargestellten Theorien, Konzepten und Praxisbeispielen erfolgte selektiv nach thematischer Relevanz. Um den Lernprozess zu fördern, finden sich am Ende jeden Kapitels die wichtigsten Kernaussagen zusammengefasst sowie Diskussionsfragen. Im letzten Kapitel ermöglicht eine Fallstudie die eigene Kontrolle. Große Teile des Buches werden und wurden im Hochschulunterricht verwendet und sind damit lehrerprobt. Das Buch richtet sich in erster Linie an Studierende, weiterbildungsinteressierte Führungskräfte und Praktiker, die sich in die Themengebiete Entrepreneurship, Unternehmungsstrategie, Organisation und Unternehmungskultur einarbeiten möchten – somit an alle, die an unternehmerischer Veränderung und Weiterentwicklung interessiert sind. Lernen ist etwas Wunderbares!

Düsseldorf, im April 2020

Annette Blöcher

How to use this book

 

 

 

 

 

Art der Publikation

Die vorliegende Publikation richtet sich an Studierende, Führungskräfte und Praktiker gleichermaßen.

Blick in die Praxis

»Es gibt nichts Praktischeres als eine gute Theorie.« – Gemäß dieser Aussage von Kurt Lewin (1951) werden Theorie und Praxis in diesem Buch miteinander verknüpft. Neben theoretischen Grundlagen werden Beispiele aus der Unternehmungspraxis gegeben.

Gendervermerk

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird auf eine genderspezifische Differenzierung in den Formulierungen verzichtet. Sämtliche Rollen-Bezeichnungen sind der Einfachheit halber in der männlichen Form, sie gelten grundsätzlich für alle Geschlechter (männlich, weiblich, divers) im Sinne einer Gleichbehandlung.

Abbildung und Tabellen

Die Publikation enthält zahlreiche Abbildungen und Tabellen. Diese haben zum Ziel, Sachverhalte schnell erfassbar zu machen und Kontexte zu verdeutlichen. Zum Zwecke eines einheitlichen Erscheinungsbildes wurden die Abbildungen selbst erstellt oder neu abgesetzt. Dadurch weichen sie von den in den Quellen genannten Ursprungs-Abbildungen ggf. ab.

Zitate

Jedem Kapitel ist ein Zitat als einführender Denkanstoß vorangestellt.

Kernaussagen

Die wichtigsten Kapitelinhalte sind in verkürzter Form in Kernaussagen zusammengefasst. Sie ersetzen nicht das Lesen und Durcharbeiten der Kapitel.

Übungsaufgaben

Damit der Lernfortschritt überprüft werden kann, gibt es am Ende jedes Kapitels Aufgaben zur Beantwortung. Besonders effektiv ist es, diese nicht alleine durchzuarbeiten, sondern in Lerngruppen zu diskutieren.

Stichwortverzeichnis

Am Ende der Publikation findet sich ein Stichwortverzeichnis.

Feedback

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Inhaltsverzeichnis

 

 

 

 

 

Vorwort

How to use this book

1 Entrepreneurship als Ansatz zur Begegnung der aktuellen Herausforderungen der Unternehmungsführung

1.1 Systematik und Zielsetzung

1.2 Entrepreneurship als unternehmerisches Mindset

1.2.1 Neue Möglichkeiten für Kunden und Unternehmungen

1.2.2 Entrepreneurship als Mindset der Unternehmungsführung

1.2.3 Kennzeichen unternehmerischer Unternehmungen

1.3 Herausforderungen der Unternehmungsführung im Zeitverlauf

1.4 Veränderungen im Unternehmungsumfeld und aktuelle Trends

1.5 Innovation als zentrale Marktanforderung

1.5.1 Innovation als Wachstumstreiber

1.5.2 Zusammenarbeit von etablierten Unternehmungen und Start-ups zur Förderung von Innovationen

1.6 Kernaussagen von Kapitel 1

1.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 1

2 Normative Fragestellungen der unternehmerischen Tätigkeit

2.1 Normative Unternehmungsführung als Basis unternehmerischer Entscheidungen

2.2 Wert- und Sinnfragen sowie Verantwortung des unternehmerischen Handelns

2.3 Formulierung einer wirksamen Vision und eines Unternehmungsleitbildes

2.4 Menschenbilder als Kompass grundlegender unternehmerischer Entscheidungen

2.5 Gestaltungsgrundlagen normativer Fragestellungen zwischen Kontrolle und Vertrauen

2.5.1 Principal-Agent-Theorie

2.5.2 Stewardship-Theorie

2.6 Kernaussagen von Kapitel 2

2.7 Übungsaufgaben zu Kapitel 2

3 Unternehmungsplanung als Grundlage unternehmerischer Tätigkeit

3.1 Unternehmungsplanung in einer volatilen, unsicheren, komplexen und ambigen Welt?

3.2 Grundlagen der Unternehmungsplanung

3.2.1 Unternehmungsziele als Basis der Unternehmungsplanung

3.2.2 Funktionen der Unternehmungsplanung

3.3 Planungsebenen und Planungsprozess

3.3.1 Strategische und operative Ebene der Unternehmungsplanung

3.3.2 Prozess und Bestimmungsfaktoren der Unternehmungsplanung

3.4 Kernaussagen von Kapitel 3

3.5 Übungsaufgaben zu Kapitel 3

4 Exkurs: Verhaltenstheoretische Aspekte in der Unternehmungsplanung

4.1 Verhaltenstheoretische Phänomene in der Praxis der Unternehmungsplanung

4.2 Unternehmungsplanung unter Einbeziehung begrenzter Rationalität

4.2.1 Verhaltenstheoretische Phänomene im Zusammenhang mit den Planungsakteuren

4.2.2 Verhaltenstheoretische Phänomene im Planungsprozess

4.2.3 Verhaltenstheoretische Phänomene bezüglich Zielinhalt, Zielausmaß und Zeitbezug der Unternehmungsplanung

4.3 Handlungsempfehlungen für Entscheider

4.4 Kernaussagen von Kapitel 4

4.5 Übungsaufgaben zu Kapitel 4

5 Entwicklung von strategischen Optionen und Geschäftsmodellen

5.1 Entwicklung von strategischen Optionen

5.1.1 Strategisches Denken ist nicht gleich strategische Planung

5.1.2 Strategische Optionen auf Unternehmungsebene

5.1.3 Strategische Optionen auf Geschäftsfeld- und Funktionsbereichsebene

5.2 Geschäftsmodellentwicklung als strategische Aufgabe unternehmerischer Unternehmungen

5.2.1 Strategische Erneuerung durch Geschäftsmodellinnovation

5.2.2 Kunden- und Nutzenorientierung als zentrales Element der Geschäftsmodellentwicklung

5.2.3 Entwicklung und Beschreibung von Geschäftsmodellen

5.2.4 Geschäftsmodelle als Bezugssystem für die Unternehmungsplanung

5.3 Kernaussagen von Kapitel 5

5.4 Übungsaufgaben zu Kapitel 5

6 Organisation als Instrument der Strategieumsetzung

6.1 Grundlagen der Unternehmungsorganisation

6.1.1 Koordination der Aktivitäten auf die Unternehmungsziele

6.1.2 Von der traditionellen zur moderneren Unternehmungsorganisation

6.2 Traditionelle Modelle der Unternehmungsorganisation

6.2.1 Gestaltungsparameter der Hierarchie

6.2.2 Funktionale und divisionale Organisation als Einlinienorganisationen

6.2.3 Matrix- und Tensororganisation als Mehrlinienorganisationen

6.3 Modernere Modelle der Unternehmungsorganisation

6.3.1 Agile Organisation

6.3.2 Netzwerkorganisation, Virtuelle Organisation und Schwarmorganisation

6.4 Organisatorische Strukturen im Spannungsverhältnis von Effektivität und Effizienz

6.4.1 Profitables Wachstum als Ziel der Unternehmungsorganisation

6.4.2 Vergleich der idealtypischen Organisationsmodelle anhand externer und interner Anforderungen

6.5 Kernaussagen von Kapitel 6

6.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 6

7 Unternehmungskultur und ihr Einfluss auf unternehmerisches Denken und Handeln

7.1 Definition und Funktionen von Unternehmungskultur

7.2 Ansätze zur Messung der Unternehmungskultur

7.2.1 Cultural Map nach Goffee und Jones

7.2.2 Organizational Culture Inventory von Human Synergistics

7.3 Entstehung und Entwicklung der Unternehmungskultur

7.4 Aktuelle Diskussionsansätze zur unternehmerischen Unternehmungskultur

7.4.1 Kultur des unternehmerischen Denkens und Handelns

7.4.2 Digitalisierung und Kulturwandel

7.4.3 Innovationskultur und vom Wert der Fehler

7.5 Kernaussagen von Kapitel 7

7.6 Übungsaufgaben zu Kapitel 7

8 Praktische Anwendung

8.1 Zusammenfassende Fragestellungen zu den unternehmerischen Herausforderungen

8.1.1 Überblick

8.1.2 Team, Idee und Ressourcen

8.1.3 Umfeld, Markt und Marktpotenzial

8.1.4 Vision und Zielplanung

8.1.5 Strategische Optionen und Geschäftsmodell

8.1.6 Organisation

8.1.7 Unternehmungskultur

8.2 Fallstudie: Club Hotel Relax

8.2.1 Einführung

8.2.2 Aufgabenstellungen

Literaturverzeichnis

Stichwortverzeichnis

1          Entrepreneurship als Ansatz zur Begegnung der aktuellen Herausforderungen der Unternehmungsführung

»Leadership is an education. And the best leaders think of themselves as the students, not the teachers.« Simon Sinek1

1.1       Systematik und Zielsetzung

Die unternehmerischen Herausforderungen sind wesentlich dadurch determiniert, dass Unternehmungen2 im Wandel sind – und das in einem zunehmend kompetitiven Umfeld. Diesen Herausforderungen kann durch Unternehmungsplanung und eine Organisation begegnet werden, die geprägt sind von unternehmerischem Denken und Handeln – einem Mindset, das als Entrepreneurship zu bezeichnen ist.

Die Unternehmung ist ein zielgerichtetes, offenes und soziales System, das eine wirtschaftliche, rechtliche und soziale Einheit bildet. In dieser Einheit besteht eine enge Verzahnung zwischen Vision, Unternehmungszielen, Strategie, Organisation und Unternehmungskultur besteht. Die Aufgabe der Unternehmung liegt in der Erstellung und dem Absatz marktfähiger Leistungen. Die Unternehmungsführung umfasst alle grundlegenden Entscheidungen und Handlungen der zielgerichteten Steuerung und Weiterentwicklung der Unternehmung unter Übernahme der damit verbundenen Verantwortung.

Der Erfolg von Unternehmungen als auch von einer Gesellschaft als Ganzes basiert in einer Welt, die von Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität geprägt ist (VUCA-Welt), zunehmend auf der Fähigkeit zur Generierung neuen Wissens. Denn Unternehmungen müssen auf immer kürzer werdende Produkt- und Technologielebenszyklen immer schneller reagieren. Die unternehmerische Notwendigkeit einer immer schnelleren Entwicklung von Technologien sowie Skalierung von Produkten zeigt exemplarisch die Verbreitungsgeschwindigkeit von (digitalen) Technologien. Dauerte es bis zur Marktetablierung (dem Zeitraum, bis weltweit 100 Millionen Nutzer erreicht werden) des Telefons noch 75 Jahre, d. h., ein ganzes Menschenleben, hat sich diese Zeit beim Mobiltelefon schon auf 16 Jahre, beim Internet auf 7 Jahre reduziert; bei dem Konzentrationsspiel Candy Crush liegt diese Zeit bei einem Jahr und drei Monaten. Exponentiell wachsende Geschwindigkeiten bei digitalen Technologien stellen disruptive Spielregeln auf3 und setzen Unternehmungen einer enormen Dynamik aus. Dafür bestimmend ist neben der Digitalisierung, die über technische Transformationen einen Prozess der schöpferischen Zerstörung in vielen Branchen einleitet, der durch die internationale wirtschaftliche Integration entstandene globale Wettbewerb. Dieser erhöht, verbunden mit einer teils unentschlossenen Politik, die Unsicherheit für Unternehmungen zusätzlich. Der demografische Wandel verknappt die qualitative und quantitative Arbeit und verlangt veränderte Arbeitswelten. Zudem erfordert der gesellschaftliche Wertewandel eine stärkere Fokussierung von Unternehmungen auf Nachhaltigkeit in vielen Bereichen.

Abbildung 1 zeigt im Überblick Ansatzpunkte für die Unternehmungsführung zur Bewältigung dieser aktuellen Herausforderungen. Die Darstellung stellt unternehmerisches Denken und Handeln als Mindset der Unternehmungsführung zur Bewerkstelligung der Wandlungsfähigkeit von Unternehmungen im Sinne von Entwicklung, Wachstum und Innovation ins Zentrum der Betrachtung. Ausgehend von normativen Fragestellungen, d. h. grundlegenden Wert- und Sinnfragen, den der Führung zugrunde gelegten Menschenbilder sowie dem Verhältnis von Kontrolle und Vertrauen in Arbeitsbeziehungen sind die Vision und die Zielplanung der Unternehmung abzuleiten. Diese werden in strategischen Optionen konkretisiert und mit Hilfe der Organisation und der Unternehmungskultur zielgerichtet umgesetzt. Die Darstellung spiegelt somit die grundlegenden Zusammenhänge in der Systematik dieser Publikation wider.

Zielgerichtet bedeutet, dass neben dem obersten Unternehmungsziel, der Sicherung der Existenz der Unternehmung am Markt und deren erfolgreiche Weiterentwicklung, auch weitere Ziele, Individual- und Organisationsziele, definiert werden. Diese können durch geeignete Handlungsalternativen mittels eines organisatorischen Systems umgesetzt werden. Der Organisation kommt somit eine Umsetzungsfunktion für die Unternehmungsziele zu. In diesem Sinne ist die Unternehmung ein Zielerreichungszentrum, denn sie dient der Interessendurchsetzung der mit ihr in Beziehung stehenden Stakeholder. Basis dafür sind Mitarbeiter, die kooperieren, Sinn in ihrer Aufgabe sehen und die bereit sind, ihre kreative Kraft der Unternehmung zur Verfügung zu stellen und eine Unternehmungskultur zu leben, die die Unternehmungsziele unterstützt.

Abb. 1: Unternehmerisches Denken und Handeln als Ansatzpunkt zur Bewältigung der Herausforderungen der Unternehmungsführung

Das Buch ist in acht Kapitel unterteilt. Ausgehend von den Herausforderungen der Unternehmung

   wird Entrepreneurship als Mindset definiert, das den Herausforderungen der VUCA-Welt zu begegnen vermag. Dieses Mindset formt unternehmerische Unternehmungen und ermöglicht, den neuen Marktanforderungen proaktiv zu begegnen – insbesondere durch die Stärkung der Innovationsfähigkeit von Unternehmungen (Kap. 1),

   wird verdeutlicht, dass die normative Unternehmungsführung die Grundlage der unternehmerischen Entscheidungen bildet und gezeigt, wie eine wirksame Vision und ein Leitbild entwickelt werden können, in denen Mitarbeiter Sinn finden (Kap. 2),

   wird die Planung als Grundlage der unternehmerischen Tätigkeit definiert und mit einem Zielsystem und einer Unternehmungsplanung konkretisiert (Kap. 3),

   werden verhaltenstheoretische Aspekte in die Unternehmungsplanung integriert (Kap. 4),

   werden strategische Optionen auf Unternehmungs- und Geschäftsfeldebene thematisiert und gezeigt, wie diese mit Hilfe von Geschäftsmodellen kommunizier- und umsetzbar zu machen sind (Kap. 5),

   wird die Verbindung zwischen Strategie und Organisation verdeutlicht, da die Unternehmungsziele nur umgesetzt werden können, wenn Strukturen und Prozesse kunden- bzw. nutzerzentriert4 ausgerichtet und zugleich wettbewerbsfähig sind, d. h., die Organisation den Kriterien der Effektivität und der Effizienz gleichermaßen gerecht wird (Kap. 6),

   wird die enge Verbindung zur Unternehmungskultur verdeutlicht; denn neben der formellen Ausgestaltung der Arbeitsteilung basiert die Kooperation von Mitarbeitern auf einer gelebten Unternehmungskultur, die unternehmerisches Denken und Handeln zulässt, ermutigt und fördert (Kap. 7),

   wird die Möglichkeit zur praktischen Anwendung gegeben, indem ein zusammenfassender Überblick über die unternehmerischen Fragestellungen im Sinne von Entrepreneurship sowie eine semesterbegleitende Fallstudie, um den eigenen Lernerfolg zu sichern, die Publikation abschließen (Kap. 8).

Abbildung 2 verdeutlicht die beschriebene Systematik anhand derer die zentralen unternehmerischen Herausforderungen der Planung und Organisation bewältigt werden können.

Die Zielsetzung der Publikation besteht darin, die Zusammenhänge zwischen normativen Werten, Vision, Leitbild, Zielplanung der Unternehmung, strategischen Optionen, Organisation und Unternehmungskultur aufzuzeigen und diese Themenkomplexe integriert zu betrachten. Entrepreneurship als Mindset verändert die Perspektive auf die Gestaltung dieser Themenfelder.5 Somit steht die Beantwortung der Frage, wie eine Unternehmung auf Basis eines unternehmerischen Mindsets so geplant und organisiert werden kann, dass sie sich im Wettbewerb bzw. in der Kooperation mit anderen Unternehmungen erfolgreich entwickeln kann, im Mittelpunkt der Betrachtung.

Abb. 2: Systematik der Publikation

1.2       Entrepreneurship als unternehmerisches Mindset

1.2.1     Neue Möglichkeiten für Kunden und Unternehmungen

Heutige Konsumenten erfahren durch gestiegene Möglichkeiten der Information und Kommunikation sowie ein Mehr an Mobilität eine zunehmend höhere Entscheidungsfreiheit und können eine gezieltere Wahl treffen als noch vor wenigen Jahren. Das Internet als Informationsquelle, lässt Angebote schnell und einfach auch über Grenzen hinweg miteinander vergleichen und Einkäufe schnell und mobil erledigen. Kunden nutzen internetbasierte Medien, um ihre Erfahrungen und Meinungen auszutauschen, und bestärken damit – im positiven Fall – ihre Loyalität zu Produkten und Unternehmungen. Im negativen Fall distanzieren sie sich von Unternehmungen, wenn sie mit dem Produktnutzen nicht zufrieden sind oder Wertvorstellungen nicht teilen. Zudem interagieren sie aktiv mit Unternehmungen und werden so zu einer wichtigen Inspirationsquelle für neue Produkte und Dienstleistungen. Gleichzeitig haben Unternehmungen vielfältige neue Möglichkeiten: Neue Technologien machen es möglich, auf Basis modularisierter Produktionsprozesse Produkte kostengünstig zu differenzieren und zu individualisieren. Zudem bietet das Internet einen sehr leistungsfähigen Informations-, Kommunikations- und Absatzkanal. Auf Websiten können neben den Produkten u. a. auch die Geschichte der Unternehmung, Vision und Werte dargestellt werden. Unternehmungen können sehr viel schneller und leichter Informationen zu Märkten, tatsächlichen und potenziellen Kunden, Nutzern und Wettbewerbern sammeln und analysieren. Soziale Medien erlauben es, die relevanten Zielgruppen passgenau, schnell und effizient zu erreichen und so die Wirksamkeit von Marketingmaßnahmen zu erhöhen. Auch werden Personalgewinnung und -qualifizierung sowie die interne und externe Kommunikation durch die neue Technik wesentlich vereinfacht und verbessert. Insgesamt ist eine Steigerung der Kosteneffizienz möglich. Dem entgegen steht eine erheblich zunehmende, in vielen Bereichen globale, Wettbewerbsintensität, die für Unternehmungen eine große Herausforderung darstellt.6

Um die Reaktionsfähigkeit auf Umfeldveränderungen zu erhöhen wird von Unternehmungen und deren Organisation zunehmend Agilität gefordert. Das traditionelle Weltbild, in dem die Unternehmung ihren Kunden eine Leistung anbietet, wird ersetzt durch eine Welt, in welcher der Kunde definiert, welches Produkt bzw. Servicebündel er kaufen möchte (Abb. 3). In gesättigten Märkten mit immer stärker austauschbaren Produkten und Dienstleistungen dreht sich zunehmend alles um den Kunden: Der zufriedene Kunde wird zum Mittelpunkt der Unternehmung. Es geht darum, das Bedürfnis des Kunden zu erfüllen, ihm innovative Produkte und Leistungen zu bieten und ihn an die Unternehmung zu binden.7 Gleichzeitig ist auch die Zufriedenheit der Mitarbeiter und ihre Bereitschaft, ihre Leidenschaft zum Wohle der Unternehmung einzusetzen, zentrales Element der erfolgreichen Entwicklung von Unternehmungen.

Abb. 3: Wende in der Unternehmungsorganisation (In Anlehnung an Scheller (2017), S. X nach Denning (2016a))

Diese Sichtweise erfordert ein verändertes Mindset der Unternehmungsführung und stellt insbesondere die traditionelle Organisationslehre auf den Kopf: Standen bislang strategisch denkende Manager an der Unternehmungsspitze, wird Hierarchie infrage gestellt, und es gewinnen die an Einfluss, die in strategischen Optionen denken, nah am Kunden sind und dessen Bedürfnisse verstehen. Neue Technologien machen es möglich, dass nicht nur die Hierarchiespitze, sondern alle Mitarbeiter, die Informationen benötigen, diese auch (fast) ohne Zeitverzögerung erhalten. Die Unternehmungsspitze gibt ihre Informationsmacht zunehmend ab.

1.2.2     Entrepreneurship als Mindset der Unternehmungsführung

Für den Begriff Entrepreneurship gibt es in der Literatur keine allgemein gültige Definition. Entrepreneurship kommt von dem französischen ›entreprendre‹, was übersetzt ›etwas unternehmen‹ bedeutet. Es bezeichnet damit vornehmlich eine Tätigkeit, einen Prozess des in Gangsetzens, des Vorantreibens. Zentral ist die Idee der Veränderung und deren aktive Gestaltung. Seit Anfang der 1980er Jahre hat sich die Diskussion um Entrepreneurship stark intensiviert; dies zeigt sich an der zunehmenden Anzahl an Publikationen in diesem Bereich sowie an der wachsenden Anzahl der Entrepreneurship-Lehrstühle an Hochschulen.

»Entrepreneurship ist unternehmerisches Denken und Handeln und ist die erlernbare Kunst des Entdeckens von Gelegenheiten und der geistigen Antizipation eines Geschäftsmodells vom Einfall (oder der Technologie), über die Idee- und Ideenentwicklung bis zum Konzept durch kreative Faktorkombination, verbunden mit einer Kunst des Handelns, nämlich des Durchsetzens des Konzeptes mit dem Bewusstsein, dass Fehler möglich und nötig sind.«8Entrepreneurship ist ein unternehmerisches Mindset, das bedeutet, proaktiv Entscheidungen unter Unsicherheit zu treffen und dafür die Verantwortung zu übernehmen. Dazu gehört die intensive Beobachtung des Umfelds der Unternehmung, um Herausforderungen zu erkennen und neue Lösungen zu deren Meisterung zu entwickeln. Die Entwicklung von Innovationen nimmt eine tragende Rolle ein.

Unternehmerische Unternehmungsführung ist eine proaktive Führung, die die erfolgreiche Entwicklung und Anpassung der Unternehmung an Umfeldveränderungen aktiv vorantreibt und den Kunden in den Mittelpunkt der Organisation stellt. Mut zum Risiko und das Erkennen unternehmerischer Gelegenheiten bis hin zur Entwicklung einer starken Innovationskraft sind dabei unerlässlich. Es geht nicht um das Verwalten einer Unternehmung und das Sichern des Status quo, sondern um die aktive, zielgerichtete Weiterentwicklung der Unternehmung.

Dabei steht insbesondere die Person der Führungskraft im Vordergrund, die eine visionäre Vorstellungskraft der Unternehmungszukunft entwickelt und diese dann mit aktiver Handlungskompetenz umsetzt. Von Führungskräften und Mitarbeitern wird dabei eine Reihe von Eigenschaften gefordert, z. B. die Fähigkeit, Gelegenheiten und Chancen zu erkennen, Kreativität, Initiative, proaktive Handlungsbereitschaft und Gestaltungswillen, Streben nach Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung, Selbstvertrauen, eigenverantwortliches Handeln, Leidenschaft und Eigenmotivaton, Durch- und Umsetzungswille und -fähigkeit sowie Risikobereitschaft und Dynamik.9

Tabelle 1 zeigt die grundlegende Definition, die Kennzeichen sowie die verschiedenen Arten von Entrepreneurship.

Tab. 1: Was ist Entrepreneurship?

Entrepreneurship im Sinne dieser Publikation geht über Entrepreneurship im Sinne einer Unternehmungsgründung (Start-up-Entrepreneurship) hinaus und integriert auch die Unternehmungsführung etablierter Unternehmungen (Intrapreneurship/ Corporate Entrepreneurship) im Sinne einer unternehmerischen Denk- und Handlungsweise. Somit ist Entrepreneurship ein Mindset der Unternehmungsführung, von dem meist junge Unternehmungen geprägt sind, das aber auch und gerade für etablierte Unternehmungen eine besondere Relevanz besitzt. Tabelle 2 zeigt die wesentlichen Unterschiede von Entrepreneuren in Start-ups, in etablierten Unternehmen und von Managern hinsichtlich relevanter Kriterien.

Tab. 2: Start-up-Entrepreneur, Intrapreneur und Manager im Vergleich (In Anlehnung an Vahs/ Brem (2013), S. 180; nach Kiechl (1990), S. 28)

Der Start-up-Entrepreneur nutzt sein Mindset, seine Vision und Motivation, um eine neue Unternehmung aufzubauen. Er besitzt in der Regel eine große Leidenschaft für seine Idee, hat aber zu Beginn meist nur begrenzte finanzielle Mittel und auch nur begrenztes Know-how über den Kunden und den Markt. Somit steigt für ihn das Risiko erheblich. Gewinn- und Risikoverteilung, Handlungsbedingungen, Ressourcenverfügbarkeit und die Bedeutung eines eventuellen Scheiterns unterscheiden sich deutlich von den entsprechenden Gegebenheiten beim Intrapreneur. Der Intrapreneur oder Corporate Entrepreneur agiert in etablierten Unternehmungen. Er verfügt i. d. R. über ausreichend finanzielle Ressourcen, Know-how, professionalisierte Prozesse und den Zugang zum Markt. Sein persönliches Risiko ist stark begrenzt auf seine weiteren Karriereoptionen. Für ihn sind Fehler eine wertvolle Lernquelle.

Der Begriff ›Management‹ ist kein Synonym für Entrepreneurship, sondern eindeutig abgrenzbar. Management kommt von dem lateinischen Wortstamm ›manus‹ und den daraus abgeleiteten italienischen Wörtern ›maneggiare‹ (= handhaben, gebrauchen, lenken) sowie ›mano‹ (= Hand). Im Zusammenhang mit der Leitung einer Unternehmung bedeutet dies das Führen und Lenken von Mitarbeitern. Der Manager befähigt Mitarbeiter dazu, die Ziele der Unternehmung durch Planung, Steuerung und Kontrolle zu erreichen. Dabei geht es um das Verwalten einer Unternehmung und weniger um ihre proaktive Weiterentwicklung. Den Manager prägt somit ein anderes Mindset als den Entrepreneur.

Die Begriffe »Management« und »Unternehmungsführung« werden im betriebswirtschaftlichen Sprachgebrauch häufig synonym verwendet. Management oder Unternehmungsführung bezeichnet die Führung einer Unternehmung aus institutioneller Sicht (Leitungspersonen oder -gremien – dabei spielen die Eigentumsverhältnisse und die Rechtsform einer Unternehmung eine Rolle und haben Auswirkungen auf die Corporate Governance). Formal besteht zwischen Management und Unternehmungsführung ein Unterschied: Ein Familienunternehmer oder ein Unternehmungsgründer würde nicht als Manager, sondern als der Unternehmungsführung zugehörig bezeichnet werden, da hier Eigentum und Management einer Unternehmung zusammenfallen. Wesentliche Unterschiede können aus prozessorientierter Sicht (Wie wird geführt? Welches Mindset herrscht? Wie kommen Entscheidungen zustande?) sowie aus funktioneller Sicht (Welche Funktionen – im Sinne von Planung, Steuerung, Kontrolle – sind zu erfüllen? Welche Entscheidungen werden getroffen?) bestehen.

1.2.3     Kennzeichen unternehmerischer Unternehmungen

Unternehmerische Unternehmungen, die im Sinne des Entrepreneurship-Mindset geführt werden, sind gekennzeichnet von Innovationsfähigkeit und Umsetzungsstärke, Proaktivität, Risikobereitschaft sowie Flexibilität und Agilität (Abb. 4).10

Abb. 4: Kennzeichen unternehmerischer Unternehmungen (Eigene Abbildung erweitert nach Engelen et al. (2015), S. 31ff.)

Innovationsfähigkeit ermöglicht der Unternehmung, durch kreative Prozesse neuartige Lösungen zu finden, Umfeldveränderungen wahrzunehmen und darin Gelegenheiten zu entdecken und auf dieser Basis neuartige Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Oft sind Innovationen nicht das Ergebnis eines Denk- und Entwicklungsprozesses eines Einzelnen, sondern vielmehr die Lösung einer Problemstellung in einem interdisziplinären Team. Die Innovationsfähigkeit bezieht sich nicht nur auf externe Innovationen im Sinne von technologischen Innovationen oder Produkt-Markt-Innovationen, sondern auch auf interne Innovationen, im Sinne von Geschäftsmodellen und Organisationsstrukturen, Unternehmungsprozesse, Management-Systeme etc. (Kap. 5 und 6). Eine unternehmerische Unternehmung – sei es ein Start-up oder eine etablierte Unternehmung – kann aufgrund der hohen Wettbewerbsintensität ohne Innovationsfähigkeit nicht dauerhaft am Markt überleben. Die entwickelten Innovationen müssen durch gezielte Entscheidungen und Prozesse umgesetzt werden, denn erst durch die damit einhergehende Umsetzungsstärke entstehen Wettbewerbsvorteile. Proaktivität sorgt dafür, dass die Unternehmung Umfeldveränderungen antizipiert und durch eine schnelle Reaktion First-Mover-Vorteile realisieren kann (Abb. 5). Sie reagiert nicht, sondern agiert und setzt durch erfolgreiche strategische Initiativen Wettbewerber unter Druck. Vorübergehend kann durch diese Proaktivität sogar eine Monopolsituation herbeigeführt und Kostenvorteile können ggf. auch dauerhaft realisiert werden. Zudem können Kunden eine gewisse Markentreue zu den Innovationsprodukten entwickeln und Distributionskanäle gesichert werden. Allerdings stehen diesen Vorteilen i. d. R. höhere Entwicklungskosten und eine hohe Unsicherheit bezüglich der Nachfrageentwicklung entgegen. Die Geschwindigkeit der Markt- und Technologieentwicklung wirken nachhaltig auf die Erfolgswahrscheinlichkeit von Produktstrategien.11

Abb. 5: Proaktivität – Wettbewerbsvorteil der First Mover (Handelsblatt (2017))

Unternehmerische Tätigkeit ist grundsätzlich mit Risiken behaftet: Der Eintritt in neue Märkte, die Entwicklung neuer Produkte, die Investition in neue Technologien oder auch die Kombination all dessen bergen Risiken. Risikobereitschaft ermöglicht, dass unternehmerische Gelegenheiten ergriffen und Ressourcen dafür eingesetzt werden, auch wenn der zu erwartende Erfolg noch nicht abzusehen ist. Insbesondere bei radikalen Innovationen kann dieses Risiko schwer eingeschätzt werden. Risikoreiche Entscheidungen müssen gut fundiert, sorgfältig geplant und organisiert werden. Zudem kommt es auf die Zusammensetzung eines Portfolios an aus risikoreichen und risikoarmen und damit geschäftssichernden Handlungen damit die Varianz in den Ergebnissen nicht zu hoch wird.12

Flexibilität und Agilität beschreiben die Anpassungsfähigkeit der Unternehmung und die Reaktionsschnelligkeit, mit der sie flexibel und reaktiv auf vorhersehbare sowie agil und proaktiv auf unvorhersehbare Ereignisse, z. B. Umfeldveränderungen oder wechselnde Marktbedingungen oder Kundenbedürfnisse reagieren kann. Damit können sich unternehmerische Unternehmungen schnell an sich verändernde (äußere und innere) Bedingungen anpassen. Die Komplexität der Nicht-Vorhersehbarkeit von Ereignissen und Risiken wird in den Führungs- und Organisationsprozess mit einbezogen. Als Unternehmungsziel werden häufig der Abbau hierarchischer Strukturen, die bedarfsorientierte Zusammenstellung geeigneter, selbstorganisierter Projekt- und Netzwerkarchitekturen sowie die schnelle Reaktionsmöglichkeit auf neue Ereignisse und Kundenbedürfnisse formuliert.

Entrepreneurship als Mindset der Unternehmungsführung bedeutet, dass konkrete Maßnahmen auf allen Ebenen der Unternehmung getroffen werden. Die betrachteten normativen Fragestellungen bilden hierfür die Basis und werden in den im weiteren Verlauf zu betrachtenden Ebenen Vision und Leitbild, strategische Optionen, Organisation und Unternehmungskultur weiter konkretisiert. Abbildung 6 zeigt Ansatzpunkte und konkrete Beispiele für unternehmerische Unternehmungen in Bezug auf diese Ebenen.

Abb. 6: Ansatzpunkte für unternehmerische Unternehmungen

Gleichermaßen können Vision und Leitbild, Strategie, Organisation und Unternehmungskultur unternehmerische Tendenzen behindern, wenn nicht sogar verhindern; Abbildung 7 zeigt hierfür Beispiele.

Es gilt Vision und Leitbild, Zielplanung, Strategie, Organisation und Unternehmungskultur gezielt auf das Mindset Entrepreneurship auszurichten. Eingebettet in weitere Maßnahmen dominiert nicht der Wunsch nach Kontrolle, sondern eine Art der Fürsorge gegenüber den Mitarbeitern, die sicherstellen soll, dass die Mitarbeiter langfristig Sinn in ihrer Arbeit finden, unternehmerisch denken und ihre Leidenschaft und Kreativität im Sinne der Unternehmungsziele einsetzen.

Abb. 7: Hemmnisse für unternehmerische Unternehmungen

1.3       Herausforderungen der Unternehmungsführung im Zeitverlauf

Reicht Unternehmungsführung im traditionellen Sinne nicht mehr aus? Brauchen Unternehmungen eine Führung mit einem veränderten Mindset? Bei der Beantwortung dieser Fragen hilft ein Blick auf die zentralen Herausforderungen der Unternehmungsführung in der Vergangenheit. Die Historie zeigt, dass sich die Erfolgsfaktoren der Unternehmungen immer wieder verändert haben. Die Analyse der Entwicklung des Unternehmungsumfeldes zeigt deutliche Veränderungen der Herausforderungen in der Vergangenheit. Abbildung 8 zeigt einen zusammenfassenden Überblick der Entwicklung von der ersten bis zur vierten Industriellen Revolution.13

Im Zeitalter vor der Mechanisierung, d. h. in der vorindustriellen Zeit vor 1800, dominierte die handwerkliche Produktion das Wirtschaften. Einzelanfertigungen wurden angepasst an die Bedürfnisse einer (zumeist) kaufkräftigen Kundschaft – die Qualität war meist hoch, hatte aber ihren Preis. Die Produktivität lag auf einem niedrigen Niveau. Unternehmungen waren mangels effizienter Infrastruktur und Transportmöglichkeiten stark von ihren Standorten geprägt. Seit dem 18. Jahrhundert werden vier Industrielle Revolutionen unterschieden: Mit der Mechanisierung Ende des 18. Jahrhunderts wurde die ersteIndustrielle Revolution eingeleitet. Es kamen Maschinen und organisatorische Konzepte wie Arbeitsteilung

Abb. 8: Von der ersten zur vierten Industriellen (R)Evolution (In Anlehnung an Aunhofer (2013))

und -planung zum Einsatz. Technische Neuerungen wie die Dampfmaschine und damit die Mechanisierung von Wasser- und Dampfkraft ließen andere Formen der Arbeitsorganisation zu, der Taylorismus brachte einen erheblichen Fortschritt in der Produktivität. Die Dampfmaschinen machten die Produktion effizienter, unterstützen aber auch die Logistik mit dem Antrieb von Lokomotiven und Schiffen. Die Massenfertigung (z. B. von Automobilen) ließ eine flexible Produktion nicht zu, die Flexibilität in der Produktion ging extrem zurück. Andererseits schaffte die Massenfertigung Arbeitsplätze und relativ günstige Produkte und trug somit zu einer steigenden Kaufkraft bei. Die zweite Industrielle Revolution war ebenfalls von einer technischen Innovation geprägt, der Elektrifizierung. Die Elektrizität, die sich sehr viel genauer steuern lässt als die Dampfkraft, erhöhte die Produktivität und auch die Flexibilität in der Variantenproduktion der Unternehmungen erheblich. Reihen- und Linienproduktion wurden möglich, komplexe Arbeitsabläufe konnten durch eine Teilautomatisierung gesteuert werden. Die Automatisierung war prägend für die dritte Industrielle Revolution: Fortschritte in der Informatik machten es möglich, Gesamtprozesse zu automatisieren, was eine höhere Produktivität sowie eine höhere Flexibilität in der Produktion zur Folge hatte. Das Zusammenspiel von Maschinenbau, Elektrotechnik und Informatik und somit Mikroelektronik, verbunden mit flexiblen Fertigungssystemen, ließ leistungsstarke Fabriken entstehen. Standardisierung, Robotik sowie Fabrik- und Arbeitsplanung sind wesentlich für diesen Fortschritt. Die Welt wird als ein Markt gesehen, was Globalisierungstendenzen förderte. Damit wurde auch das Humankapital als wichtiger, wenn nicht sogar als wichtigster Produktionsfaktor erkannt.

Mit Beginn des 21. Jahrhunderts hat die vierteIndustrielle Revolution begonnen. Was für das 19. Jahrhundert die Elektrifizierung bedeutete, ist für die heutige Zeit die Digitalisierung. Damit verbunden sind die Möglichkeiten zur Datenanalyse, Vernetzung und Nutzung von virtuellen Realitäten sowie der künstlichen Intelligenz. Im Zentrum stehen Innovationen, die schnell und auf die Bedürfnisse der Kunden angepasste Produkte hervorbringen. Unternehmungen sehen sich der Herausforderung gegenüber, eine hohe Produktivität bei gleichzeitig hoher Flexibilität in den Leistungserstellungsprozessen zu liefern. Um diesen beiden Anforderungen gerecht zu werden, wird die Leistungserstellung von Produkten und Dienstleistungen nach innen vielfach durch Modularisierung standardisiert und der für den Kunden sichtbare Teil individualisiert. Das Ideenmanagement sowie die Entwicklung des kreativen Potenzials und der unternehmerischen Fähigkeiten der Mitarbeiter zählen zukünftig noch stärker zu den Aufgaben der Unternehmungsführung. Essenziell ist aber auch die Stellung und die Beantwortung ethnischer Fragestellungen. Damit stehen nicht Maschinen, sondern der Mensch mit seinem kreativen, sozialen und ethischen Potenzial im Mittelpunkt der Unternehmungsführung.

Getrieben sind alle Industriellen Revolutionen durch den technischen Fortschritt. Damit verbunden ist die sich auftuende Schere zwischen der Produktivität der Produktionsverfahren und deren Flexibilität und Agilität, d. h. der Anpassungs- und Wandlungsfähigkeit der Produktionsverfahren im Hinblick auf die Kundenbedürfnisse. Heute erwartet der Kunde ein auf seine Bedürfnisse zugeschnittenes Produkt oder eine entsprechende Dienstleistung, und das zu einem sehr guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Die Organisation der Unternehmung hat das Spannungsfeld zu überwinden zwischen Effektivität undEffektivität, d. h., bezüglich der schnellen Reaktion auf Kundenwünsche und einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Abbildung 9 zeigt die allgemeinen Definitionen von Effektivität und Effizienz.

Dieser Herausforderung bezüglich Effektivität, Effizienz und sehr schnellem Reaktionsvermögen auf Veränderungen gilt es mit unternehmerischem Denken und Handeln zu begegnen. Wie sehr sich die Unternehmungsführung mit Entrepreneurship beschäftigen muss, zeigen die Veränderungen des Unternehmungsumfeldes und vor allem auch die exponentiellen Entwicklungen im technischen Fortschritt, die fast jede Industrie disruptiert oder zeitnah disruptieren wird (z. B. in der Musik, im Handel, Tourismus, in den Medien, der industriellen Fertigung, Medizin, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung etc.).14 Neue Technologien, Organisationsstrukturen und Arbeitsweisen machen es möglich, diesem Spannungsfeld zwischen Effektivität und Effizienz zu begegnen. Dass viele Unternehmungen den beschriebenen Herausforderungen im Zeitverlauf nicht standhalten,

Abb. 9: Definitionen von Effektivität und Effizienz

zeigt die sinkende Lebensdauer von Unternehmungen: Lag die Lebensdauer einer Unternehmung 1960 noch bei 55 Jahren, sank diese 1980 auf 37 und im Jahre 2000 auf 22 Jahre.15 Heute liegt sie in Deutschland bei 9 bis 10 Jahren.16 Auch wenn die Gründe vielfältig sind – Insolvenz, Desinvestionen, aber auch Fusionen und Akquisitionen etc. –, bleibt die Tatsache, dass in der Vergangenheit sehr starke Unternehmungen ihre Vorreiterposition im Zeitverlauf nicht ausbauen konnten, teilweise sogar an Relevanz verloren haben, wie z. B. AOL, Nokia, Kodak, AEG u. a.17

Ein wesentlicher Treiber dieser reduzierten Lebensdauer von Unternehmungen sind die Veränderungen des Unternehmungsumfeldes sowie der Druck, immer schneller auf Trends reagieren zu müssen. Die Schere zwischen der Zeit, in der sich Veränderungen vollziehen, und der Zeit, die Unternehmungen zur Verfügung haben, um auf solche Veränderungen zu reagieren, geht weiter auseinander.

1.4       Veränderungen im Unternehmungsumfeld und aktuelle Trends

Das sich stark verändernde Umfeld der Unternehmungen wird als VUCA-Welt bezeichnet. VUCA ist ein Kunstwort, das sich aus den Anfangsbuchstaben der Begriffe Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität zusammensetzt. Gemeint ist eine unvorhersehbare Welt, in der Unternehmungen schnell und flexibel agieren müssen, wenn sie im Wettbewerb bestehen wollen. Annahmen müssen überprüft und Entscheidungen immer wieder hinterfragt werden. Die Komplexität der Systeme führt zu deren Unberechenbarkeit, ihre Ambiguität dazu, dass Informationen doppel- oder auch mehrdeutig sein können (Tab. 3).

Tab. 3: VUCA-Welt (In Anlehnung an Scheller (2017), S. 19ff.)

In einem VUCA-geprägten Unternehmungsumfeld

   müssen Unternehmungen immer schneller auf immer kürzer werdende Produkt- und Technologiezyklen und sich ändernde Kundenbedürfnisse reagieren,

   müssen Unternehmungen innovative Ansätze entwickeln, um die Veränderungen der Gesellschaft und der Demografie zu bewältigen,

   brauchen politische Entscheidungsträger gesichertes Know-how, um Rahmenbedingungen zukunftsgerichtet und in einem globalen Zusammenhang zu entwickeln, z. B. in den Bereichen Wettbewerb, Mobilität, Klima und Bildung.

Damit werden immer neue und höhere Herausforderungen an die Unternehmungen gestellt: Es ist fast unmöglich, Reaktionspläne für alle möglichen vorhersehbaren und unvorhersehbaren Risiken zu entwickeln, auf die dann auch noch schnell und flexibel reagiert werden soll. Die den Planungen zugrunde liegenden Annahmen ändern sich schnell, sodass Entscheidungen immer wieder überprüft und geändert werden müssen. Die Vorteile eines experimentellen Vorgehens müssen erkannt und Rückschlüsse daraus gezogen werden. Die Mehr- und Doppeldeutigkeit von Informationen macht deren Interpretation extrem schwierig.

Für Unternehmungen und deren Leitung können neben der hohen Veränderungsgeschwindigkeit aufgrund der VUCA-Welt im Wesentlichen vier bestimmende Trends, sogenannte Megatrends, identifiziert werden: Digitalisierung, globaler Wettbewerb, demografische Veränderungen und Wertewandel in der Gesellschaft. Aus diesen Trends ergibt sich für viele Unternehmungen eine nie dagewesene Dynamik, die von Führungskräften und Mitarbeitern unternehmerisches Denken und Handeln fordert.

Die Digitalisierung verändert die Wirtschaft im Ganzen und die Art, wie Unternehmungen geführt werden fundamental. Sie ermöglicht schnelle Information und Kommunikation und macht Konsumenten zu Mitgestaltern in Produktions- und Dienstleistungsprozessen. Vorreiter in diesem Bereich sind Unternehmungen der digitalen Kommunikation (z. B. Apple, Samsung), Unternehmungen des Handels und des Vertriebs (z. B. Amazon in der westlichen Welt sowie Alibaba im asiatischen Bereich). Es folgen Produktionsunternehmungen mit einer Fokussierung auf Internet of Things (Internet der Dinge), z. B. Unternehmungen der Automobil- und Maschinenbaubranche. Tabelle 4 gibt einen Überblick über ausgewählte digitale Technologien.

Auch für die Unternehmungsführung stellt die internetbasierte Technik vor allem durch die massive Verkürzung der Verbreitungsgeschwindigkeit steuerungsrelevanter Daten einen enormen Fortschritt dar. Lebten hierarchische Organisationsformen lange Zeit vom Informationsmonopol der Unternehmungsspitze, können nun, quasi in Echtzeit, relevante Informationen allgemein verfügbar gemacht werden und so Hierarchien unnötig machen. Neue Kommunikationstechniken, Transport- und Versandmöglichkeiten lassen die Welt kleiner werden und einen globalen Markt entstehen. In den letzten Jahrzehnten wurden die Möglichkeiten, zu reisen und die Welt kennenzulernen, erheblich verbessert. Kunden und Unternehmungen kaufen und verkaufen auf der ganzen Welt. Die Globalisierung verändert auch die Art sowie Entwicklungs- und Verbreitungsgeschwindigkeit von Innovationen, Ideen und Innovationen werden von einem Land auf das andere übertragen und ggf. angepasst. Der globale Wettbewerb zeigt sich in den

Tab. 4: Überblick über ausgewählte digitale Technologien (Erläuterungen aus BMWi (2018), S. 36ff. und BMAS (2017), S. 198ff.)

globalen Absatz- und Beschaffungsmärkten, in weltweiten Wertschöpfungsketten der Unternehmungen sowie in der Öffnung der Finanzmärkte und globalen Datenströme. Über digitale Plattformen haben nicht nur große Unternehmungen, sondern gerade auch kleine und mittelständische Unternehmungen die Möglichkeit, an der Globalisierung teilzunehmen. Gleichzeitig geht von ihr aber auch ein erheblicher Innovations- und Effizienzdruck aus und sie erfordert eine enorme Anpassungs- und Lernfähigkeit; denn das Tempo der Wirtschaft wird maßgeblich vom Wandel der technologischen Leistungen bestimmt. Bestimmende Themen wie Smart Factory, Künstliche Intelligenz, Virtual Reality, Big Data etc. waren bis vor ein paar Jahren noch weitgehend unbekannt.

Neue, flexible und agile Formen der Zusammenarbeit, z. B. mithilfe von Scrum oder Design Thinking, werden unter dem Stichwort Arbeitswelt 4.0 zusammengefasst. Sie fordern eine veränderte Art der Kooperation – meist zeit- und raumunabhängig – und fördern Inter- und Transdisziplinarität18; im besten Fall sprengen sie Abteilungsegoismen. Zudem stellen sie die Nutzerzentrierung in den Fokus. Tabelle 5 zeigt eine Auswahl an Methoden der Arbeitswelt 4.0.

Die Fokussierung auf ein gemeinsames Unternehmungsziel und die Steuerung der Prozesse darauf sind erheblich komplexer worden. Die Ausschöpfung des Effizienzsteigerungspotenzials durch digitale Technologien ist weniger eine Frage von technischen Lösungen als vielmehr eine Frage der »Veränderung in den Köpfen« hin zu einer digitalen Unternehmungskultur ( Kap. 7.5.2). Neben dem Fehlen einer klaren Digitalisierungsstrategie ist das Festhalten an alten Strukturen eines der größten Hemmnisse für die digitale Transformation. Zudem steigt die

Tab. 5: Auswahl an agilen Methoden

wirtschaftliche Leistung Asiens, allen voran Chinas, rapide an: Betrug im Jahr 2010 der Anteil Asiens am globalen Bruttoinlandsprodukt 20%, waren es 2017 schon 28%; für 2030 sind 35% prognostiziert.19 Innovationen sind hier ein wesentlicher Treiber: Unternehmungen müssen – wollen sie zumindest ihre Relevanz behalten – in der Lage sein, Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln und anzubieten, die den Bedürfnissen der Kunden bzw. der Nutzer entsprechen, und zwar zu einem Preis, den die Kunden auch bezahlen.